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Der Besuch

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31.01.2016
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Der Besuch

Gewohnheiten schlichen sich in Veras Leben und bauten sich auf wie ein schützendes Haus, bis aus ihnen schlechte wurden, nur noch Ruinen, in denen sie hauste. Als sie die Stellung im Büro antrat, hätte sie nie gedacht, an jedem freien Sonntagnachmittag im Park Enten zu füttern. Vera konnte Enten nicht mal leiden. Sobald sie sich näherte, watschelten sie gruppenweise auf sie zu, reckten die Hälse vor, schnatterten, als wollten sie sich über das Brot beklagen, noch bevor sie es bekommen hatten. Weil die Sonne sich nicht blicken ließ, dachte Vera daran, an diesem Tag nicht in den Park zu gehen, aber dabei knöpfte sie sich bereits im Flur den Mantel zu.

Sonntags war kein Ruhetag für Vera. Das sollte nämlich der Tag sein, an dem sie sich lebendig fühlen wollte. Etwas, das sie Leben nannte, sollte in jede Faser eindringen, sie füllen und sich darin für die Zeit speichern, die kommen mochte. Für die Jahre, in denen sie aufopfernd und fürsorglich wäre, in der sie sich um eine Familie kümmern würde. Mit der Zeit fühlten sich Verabredungen mit Kollegen und Werkstattkunden jedoch wie etwas an, das es sich abzugewöhnen galt, wie das Rauchen oder vor dem Fernseher Kekse zu essen. Schließlich ging sie immer wieder allein spazieren. Eine Tüte mit altem Brot in der Manteltasche.

„Du darfst die Enten nicht füttern.“
Für vorlaute Mädchen hatte Vera genauso wenig übrig wie für Enten. Sie warf den Vögeln eine Handvoll Brot vor die Füße. Rücksichtslos machten sie sich darüber her, hackten den Gefährten ins Gefieder, rissen sich die Brocken gegenseitig aus den Schnäbeln.
„Davon quellen die Bäuche auf und dann sterben die.“
Die Kleine war spindeldürr und gespenstisch blass und Vera kurz davor zu fragen, ob sie das nur sagte, um auch Brot zu bekommen.
„Außerdem kacken die den Teich voll und der stirbt dann auch.“
„Wir alle sterben. – Irgendwann.“ Vera traf eine Ente am Kopf, die augenblicklich zum Teich zurückrannte und mit schlagenden Flügeln über die Oberfläche davonstürzte.
„Ich glaube, du fütterst die Enten nur, weil du keine Kinder hast. Sich um Kinder zu kümmern bedeutet nämlich, dass man Hormone ausschüttet und sich glücklich fühlt.“
„Ich mag Kinder“, sagte Vera und schüttete den gesamten Inhalt der Tüte ins Gras.
„Aber du hast keine.“ Die Kleine zog die Schultern zu den Ohren und Vera wischte mit der flachen Hand über den Saum des Mantels, auf dem sie Krümel vermutete. Gleichzeitig vergrub das Mädchen die Hände in den Taschen ihrer Jacke, reckte das Kinn in die Höhe, dabei umwehte sie stürmisch der Oktoberwind, wirbelte Laub vor ihren Füßen im Kreis herum.
„Du hast wohl keinen warmen Mantel.“
„Und du hast wohl keine Kinder.“
„Wie heißt du überhaupt?“ Im Grunde interessierte sie das Mädchen nicht, dennoch war ihr zumute, als blickte sie in den Spiegel eines Spiegelkabinetts, wie sie der Kleinen gegenüberstand, klein und verzerrt.

Immer zum Herbstanfang gab es einen kleinen Jahrmarkt hier im Park. Es wurden Holzbuden aufgebaut, in denen Schausteller kandierte Früchte verkauften, geröstete Maronen und gebutterten Mais. In einem der Wagen waren die Spiegel aufgebaut. Vera und ihre Geschwister sprangen davor herum und konnten sich an sich selbst nicht sattsehen. Und während der jüngere Bruder am liebsten vor dem Spiegel stand, der ihn klein und rund aussehen ließ, dabei rückwärts durch seine eigene Beine blickte, um kurz darauf übermütig die kleine Schwester zu schubsen, die kerzengerade vor einem derer posierte, in dem sie übermäßig lang aussah, stand Vera am liebsten vor dem, der eine große Erscheinung aus ihr machte.

„Mama nennt mich Puppa.“ Ihre Zähne klapperten bereits aufeinander. Ein Püppchen aus Knochen mit Kniestrümpfen und die Haut darüber schimmerte lila, wie der Himmel über ihnen. Scheinbar von einer Minute zur anderen war es dunkel geworden. Überrascht suchte Vera eine Weile das sternlose Universum ab, als erwartete sie die Sonne noch in dieser Nacht zurück.
„Es ist spät. Musst du denn gar nicht nach Hause gehen? Deine Familie ist sicher beunruhigt.“ Das Satzende flatterte hinter ihr her, denn sie lief zügig Richtung Ausgang. Zu Hause nahm sie stets Tee, sobald sie vom Entenfüttern zurück war. Auch Gebäck. An besonderen Tagen, an denen sie beispielsweise fror, noch ein Glas Portwein oder einen Cognac. Heute war sie wegen der Kleinen spät dran. Sie würde die Naturdokumentation im Fernsehen nicht von Beginn an sehen können. Puppa eilte ihr nach. Vor der Haustür fiel Vera der Schlüssel aus den Händen und schlug zwischen ihnen auf die Stufe. Mit geweiteten Augen sah sie das Mädchen an, als würde sie erwarten, dass sie ihr sagte, was nun zu tun wäre. Doch das Kind war außer Atem, jetzt fast blau vor Kälte und starrte auch bloß auf den Schlüssel. Auf keinen Fall konnte man die Kleine als hübsch bezeichnen. Die Augen wirkten riesig in dem schmalen Gesicht und ohne bedeutende Farbe, genau wie die Haare. Durch ihre helle Haut zeichneten sich die Adern ab.
„Wo ist dein Mann?“
Um den Schlüssel vom Boden aufzuheben, musste Vera viel Kraft aufbringen. Schwerfällig bückte sie sich hinunter.
„Wichtiger ist doch: Wo ist deine Familie? Am besten, du gehst jetzt augenblicklich zu ihnen“, brachte sie keuchend hervor. Ihre Hände zitterten, als sie die Tür aufschloss.
„Mama sagt immer, ich brauch keinen Mann. Ohne bin ich unabhängig und muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Und irgendwann sind sie sowieso weg. – Darf ich mit hochkommen. Zum Aufwärmen? Du könntest mir einen Kakao kochen.“
Geistesabwesend rührte Vera im Tee, dem sie weder Milch noch Zucker zufügte, und inhalierte tief den Rauch ihrer Zigarette. Für eine lange Weile waren das die einzigen Geräusche im Zimmer und vor dem Fenster zog lautlos der Wind, trug welkes Laub mit sich. Ein Blatt blieb an der nassen Scheibe kleben. Das Kind umfasste die Tasse und blies Wellen auf die Oberfläche. Vera bemerkte die spinnenbeinartigen Wimpern, die unruhig zitterten.
„Wenn du ausgetrunken hast, gehst du, verstanden!“
Die Kleine pustete heftiger in die Tasse.
„Sind das deine Kinder?“, fragte sie und blickte über den Tassenrand auf die glänzende Anrichte.
„Nein.“
„Wie heißen die?“
„Robert und He … – Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man Leute nicht ausfragt?“
„Mama sagt immer, wenn ich nicht frage, bekomme ich keine Antwort. Wo sind Robert und Helene?“
Veras Augenlider begannen zu flattern und sie klopfte sich mit den Fingerspitzen aufs Dekolleté, bis es fleckig wurde.
„Tot. Sie sind alle tot. – Jeder stirbt irgendwann.“
Als Puppa die Zunge in den Kakao steckte und wie eine Katze darin zu schlabbern begann, schlug die Uhr zur halben Stunde.
„Kannst du den Kakao nicht ordentlich trinken?“ Mit einer Serviette tupfte Vera auf dem Marmortisch herum.
„Darf ich bei dir übernachten?“
Reflexartig flog Veras Hand zum Mund, aber der Tee sprühte durch die Finger hindurch auf das Makrameedeckchen. Beim Aufspringen fiel dann auch die Keksschale um und die Kleine nahm sich einen von dem Stoff, während Vera in die Küche eilte.
„Du isst zu viele Kekse. Du wirst dick“, murmelte Puppa kauend und konnte nicht sehen, wie Vera sich an die Spüle lehnte und ein großes Glas Cognac hinunterstürzte, sich nachschenkte.
„Trinkst du eigentlich jeden Tag Alkohol?“
Deutlich waren den Schritten die Empörung anzuhören, als sie ins Wohnzimmer zurückkam und abrupt vor der Kleinen stehenblieb. Sie stemmte auch die Fäuste auf die Hüften und sah auf sie herab.
„So. Jetzt hör mir mal gut zu, junge Dame …“ Der Rest des Satzes blieb ihr im Hals stecken. Puppas Augen glitzerten, das zitternde Kinn wie transparentes Porzellan, an dem bereits eine Träne hing und herabzufallen drohte. Einem General gleich drehte sich Vera auf dem Absatz um, marschierte in den Flur, riss den Mantel vom Haken und verließ die Wohnung, nicht ohne die Tür lautstark ins Schloss fallen zu lassen.

Dichter Nieselregen hatte eingesetzt und legte sich wie Morgentau im Spinnennetz über Veras Haare, denn sie blieb vor der Haustür stehen, unschlüssig, den nächsten Schritt zu gehen. Die Straßenlaternen beleuchteten den Gehweg und Vera steuerte schließlich unsicher durch die Pfützen, als wäre Glatteis. Schließlich eilte sie doch durch die Pforte zum Park, als hätte sie ein Ziel zu erreichen und die Zeit drängte wie das Wasser in ihre Schuhe. Nur wenige Menschen kamen ihr mit hochgeschlagenem Mantelkragen und gesenktem Kopf entgegen. Die meisten führten einen Hund an der Leine, einen Schirm in der anderen Hand. In wenigen Minuten würde der Park schließen. Veras Mantel flatterte hinter ihr her, sie hatte ihn nicht einmal zugeknöpft.
„Wieso läufst du jetzt wieder so schnell?“ Puppa verfiel in Trab.
„Geh nach Hause! Hörst du? Verschwinde endlich!“, flüsterte Vera.
„Hallo! Sie! Gehen Sie bitte zum Ausgang. Wir schließen in fünf Minuten.“
„Hast du den Mann nicht gehört? Es ist spät, Vera. Fünf vor.“
Alles hing herab. Die Arme pendelten, das Haar klebte am Kopf, vom Mantelsaum troff Wasser. Der Regen war stärker geworden und übergoss die Wege, verwandelte sie in flache Bäche, die zum Ausgang strömten. Die Enten hatten sicher längst Unterschlupf gefunden und steckten schläfrig ihre Schnäbel ins Gefieder, warteten auf einen neuen Tag.
„Es ist ja noch nicht zu spät.“
Mit beiden Handflächen wischte sie über das Gesicht, die Haare zurück, atmete tief ein und lange aus, stand mit beiden Beinen im seichten Wasser.
„Es tut mir so leid, Puppa. Ich war einfach feige … und überheblich. Ich glaubte, ich hätte viel mehr Zeit für … alles.“ Ob die Tropfen in ihren spinnenbeinlangen Wimpern sich mit Tränen vermischten, war nicht auszumachen.
„Komm. Wir gehen nach Hause.“

 

Liebe @Kanji
Mir gefiel die Suspense in deinem Text, allerdings erschien mir Puppa nicht als sympathisches inneres Kind, da sie durch ihre Erscheinung und den anklagenden Wiederholungen sehr unheimlich, ja gespenstisch daher kommt, was mich eher an ein böses Gewissen erinnert. Ob das an mir liegt, oder am Text, hm, schwierig.

„Wir alle sterben. – Irgendwann
Habs mehrmals gelesen und - nein, ich kann mich nicht daran gewöhnen, deshalb:
"Wir sterben alle – irgendwann.

Vera traf eine Ente am Kopf, die augenblicklich zum Teich zurückrannte
Hab ich noch nie erlebt, dass eine Ente vom Futter Reisaus nimmt. Selbst wenn sie am Kopf getroffen wird.

Überrascht suchte Vera eine Weile das sternlose Universum ab, als erwartete sie die Sonne noch in dieser Nacht zurück.
Finde ich zu dick aufgetragen, ein stern(en)loser Himmel tuts mM auch.

ohne bedeutende Farbe, genau wie die Haare.
"farblos, wie die Haare" fänd ich hübscher, fliessender.

gehst du, verstanden!“
Würde ich als Frage formulieren, das verstanden impliziert dabei bereits den Imperativ: ..., verstanden?"

Die Straßenlaternen beleuchteten den Gehweg und Vera steuerte schließlich unsicher durch die Pfützen, als wäre Glatteis.
du hattest da glaube ich "als wäre es Glatteis". @Nichtgeburtstagskind hatte dir dazu noch "aus" empfohlen, aber jetzt fehlt irgendwie ein Verb. Vorschlag: als herrsche Glatteis.

als hätte sie ein Ziel zu erreichen und die Zeit drängte wie das Wasser in ihre Schuhe.
Der Teilsatz verknotet sich in meinem Hirn, das ergibt für mich keinen Sinn, diese Doppelnutzung von Drängen. Die Zeit drängt sich ja nicht in ihre Schuhe, klar, da ist kein Komma, aber trotzdem - der Knoten bleibt.

Eine Frau sehnt sich nach einer Familie, deren Existenz sie möglicherweise selber verhindert (hat). Ihr inneres Ich in Gestalt der Puppa macht ihr dazu Vorhaltungen, in dem sie die richtigen und unangenehmen Fragen stellt. Am Ende rettet Puppa sie sogar, die Vernunft scheint zu siegen.

Mir geht es dabei ein wenig wie @Andrea H., das versöhnliche "Lass uns nach Hause gehen" passt mir nicht ganz zur gruseligen Erscheinung der Puppa.

Trotzdem gern gelesen, weil du die Atmosphäre bei Park- und Küchenszene plastisch rüber bringst, auch wenn ich deiner Intention der Geschichte wohl nicht ganz gefolgt bin.

Gruss dot

 

Hallo @Kanji

Es sind ja nun schon viele kluge, tiefe und ausführliche Kommentare zu deinem Text dagelassen worden. Das ist gut. Dann muss ich mich nicht mehr anstrengen.

Gerne hab ich die Geschichte gelesen und nicht nur, weil es vor Enten nur so wimmelt. So auf halber Strecke und dann am Ende auch wieder, hatte ich den selben Eindruck wie das @Nichtgeburtstagskind , nämlich, dass die kleine Puppa die gute Vera als Kind darstellt und Vera an die Dinge erinnert, die sie als kleines Mädchen wollte und toll fand. Ein bisschen wie und der Vergleich sei mir verziehen, Bruce Willis, der seinem achtjährigen Ich plötzlich leibhaftig begegnet als er gerade 40 wird und merkt wie uncool sein Leben aus der Sicht seines frühen Ichs ist. (Filmtitel (deutsch): "The Kid - Image ist alles"). Ein Film den ich sehr mochte, damals, als ich noch unter 40 lag.

Na, wenn ich falsch liege egal. Wenn nicht, um so besser!
Gute Nacht
VVK

 
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Liebe @wieselmaus ,

mit solch einer Auseinandersetzung hab ich nicht gerechnet.

Mir gefällt, wie du die Theorie in Bilder umgesetzt hast.

und weil das für mich schon nicht ohne war zu finden und formulieren, hab ich wenig Gewicht gehalten mit vielem anderen. Macht man nicht.

Die Verknappung ist vielleicht zu rigoros ausgefallen.
Lass dir Zeit mit den entsprechenden "Korrekturen".

Das Verhältnis erzählen/wegzulassen zu lernen kann wohl (m)ein Leben dauern. Aber gut. Die Zeit nehm ich mir.

Es ist die Assoziation von Wasser und schwimmenden Gegenständen (Enten).

Du bist eine Vorzeigeleserin für meine Texte. :kuss:

Danke erneut für deine Hinweise und freundlichen Worte, Kanji

Hej liebe @Chai ,

Das bezog sich weniger auf den Text, als auf die Tatsache, dass wieselmaus es bereits gesagt hat, und ich dann schrei:"Ja, hier! Hab ich auch gedacht!"

Ach, du bist die :D.

Ist halt kein oberflächlicher Alltagstext, sondern dasteht eine Menge zwischen den Zeilen, was man erst nach und nach entdeckt.

Hmh. Das weiß man ja vorher nie und geht mit seiner eigenen Lesart an die Texte. Da kann Verwirrung schon mal entstehen. Und dann bricht ein Leser ab oder er ist interessiert. Ich denke, da endet der Einfluss des Erzählers.

Auch mein Vergleich mit surrealistischen Filmen, die zunächst realistisch wirken.

Ich will kein Geheimnis daraus machen, dass ich den Surrealismus schätze, wo er mir begegnet, ob in Film oder Literatur. Ich mag es nämlich sehr mit Gewohnheiten zu brechen. Ich lebe lieber in Ruinen. Ich mag es, wenn ich denke, ich weiß, was geschehen wird und dann staune und nicht mehr denke.

Wirklich gemeckert habe ich nur über ein paar Sachen, die trotzdem unstimmig waren, aber ich denke, das sind eher strukturelle Sachen.

Auf meiner drängelnden Leseliste steht Herrndorfs Arbeit und Struktur. Das ist etwas, was mir nicht im Blut liegt (red ich mir ein).

Nur der doppelte "Spiegel" schien mir zuviel, da fühlte ich mich so mit der Nase draufgestoßen, das Bild als solches finde ich gut, nur vielleicht etwas subtiler.

Ich werde darüber brüten, versprochen.

So, das war nochmal mein Senf dazu. Hab auch schon viel Kaffee getrunken heute ...

Senf und Kaffee. Eine neue Idee.

Es ist freundlich und überaus hilfreich, noch einmal einzuhaken, wenn Missverständnisse oder Unverständnis auftauchen. Herzlichen Dank für dein Interesse an diesem Text und lieber Gruß, Kanji

Hej @felixreiner ,

das Gleiche gilt im hohen Maße für dich.

aus meiner Sicht hast Du eher ein wenig unter- als übertrieben.

Das hat mir auch noch niemand gesagt. ;) Ich werde das im Hinterkopf haben, wenn ich mich ans Werk setze, um zu bearbeiten.

Es spielt für mich als Leser auch keine Rolle, ob Puppa reine Fiktion ist oder eine „reale“ Entsprechung hat. Der Text lässt es offen und tut, wie ich meine, gut daran.

Das ist gut zu wissen.

Jeder Leser hat seine Sicht auf den Text,

Wohl wahr. Es ist mir nicht möglich, das zu beeinflussen und es gefällt mir.

Es hätte eine Spur beklemmender sein dürfen,

Klingt interessant und ich guck mal, ob ich dazu in der Lage bin.

Herzlichen Dank für deinen erweiterten Eindruck und einen schönen Wochenanfang, Kanji

Hej @Peeperkorn ,

unnötig zu sagen, dass es eine Wohltat ist, erneut von dir zu lesen, aber auch von dir, mir erneut zu schreiben, also im Sinne von einer guten Tat, nicht wahr?

Dank der Neuformulierung des ersten Abschnitts konnte ich jetzt gut in die Geschichte hineinfinden. (Wobei du "sonntagnachmittags" glaub streichen könntest, da bist du weit in die andere Richtung gelaufen, das finde ich jetzt übererklärt, weil du ja die Freizeit drin hast).

Den Einstieg darf ich nach wie vor nicht unterschätzen. Besser geschmeidig und gewöhnlich, im Sinne von gewohnheitsmäßig, mein ich, als den Leser gleich zu Beginn zu irritieren. Ich mag den Vergleich von Gewohnheiten und dem Haus, das peu à peu einbricht und dann nur noch aus Ruinen besteht, sobald aus ihnen schlechte werden, gefällt mir immer noch. Und es ist ja nicht so, dass diese Satzformulierung mir nicht bereits im Vorfeld etliche Einschlafschwierigkeiten bereitet hätte. :Pfeif: But so. Muss ja nicht leicht sein. Mal wieder nicht. :shy:

Dass die Kleine genau Bescheid weiss, wirkt nur für einen kurzen Moment irritierend.

Ich gebe zu, ich will den Text lang mit Irritationen spielen, mit ungewöhnlichen Lesarten, weil es eben zum Zustand der Protagonistin passt. Man möge sich vorstellen, welche Phase zu durchläuft. Zum anderen ist dieser Sonntagnachmittag ja bereits das Finale. Möglicherweise sollte ich darauf hinweisen, dass dieses Kind sich schon mehrmals angekündigt hat. Natürlich.

Ich hab hier auch an eine Abtreibung gedacht. Diese direkte Entschuldigung führt zumindest in meinem Kopf dazu, dass ich die Puppa=Prota-Interpretation wegschiebe. Das "feige" verstärkt die Abtreibungs-Hypothese. (Das "überheblich" schwächt sie dann allerdings wieder ab).

Das muss ich vermeiden, dass sich der Leser eindeutige Vorstellungen macht. Und es stimmt. Jetzt sehe ich es auch. Würde auch eher daran denken. Das versuche ich, zu vernebeln.

Du bleibst da halt sehr zurückhaltend mit den Hinweisen - was ich grundsätzlich gut finde. Aber auf der anderen Seite gibst du eben auch Hinweise. Vielleicht könnte man da noch radikaler sein

Na klar, warum nicht innerhalb einer Geschichte eben mal über sich hinauswachsen. ;)

Denn sobald diese Vorgeschichte angesprochen wird, beginnt der Leser zu rätseln, statt zu fühlen. Weisst du, was ich meine?

Stimmt. Das ist gar nicht was ich will und zeigt erneut auf, wie differenziert ich artikulieren muss. Ich will, dass er liest und fühlt, nicht denkt, schon gar nicht rätselt. @felixreiner formulierte da auch einen Hinweis
Es hätte eine Spur beklemmender sein dürfen, so dass einen nach der Lektüre das ungute Gefühl beschleicht, es sei einem ein Bissen im Hals stecken geblieben.

Insgesamt geht mir die Geschichte etwas zu glatt. Das Innere der Prota wird mir zu schnell aufgebrochen, mir wäre es lieber, wenn es noch mehr Widerstand, Konflikt mit Puppa geben würde.

Ich will mich nicht herausreden, nur habe ich beim Schreiben nicht daran gedacht, dass ein Leser so dicht kommen würde, um mehr von dieser Problematik erfahren zu wollen, so dass ich tatsächlich überstürzt enden lassen wollte. So in etwa: nun ist aber gut mit dem Quälkram. Mit der Resonanz habe ich nicht gerechnet, motiviert mich aber dahingehend, den Konflikt auf die Spitze treiben zu wollen. Danke dir.

Ansonsten ein Text, der mich berührt hat. Auf leise und zarte Weise traurig.

Wenn ich eingebildet wäre, würde ich mir jetzt darauf etwas einbilden.;)

Es bleibt mir nur ein formelles Dankeschön übrig für deine Zeit und hilfreichen Gedanken, Kanji

Hej @hell ,

ich schreib jetzt mal das Internet voll.
Die Herausforderung in deinem Kommentar für mich, liegt hauptsächlich darin, dass ich mich immerzu dazu ertappe, wie ich ja, aber ... sage und das gar nicht will.
Zum anderen schwappe ich über vor Freude über dein Engagement für diese kleine Erzählung. Aber nun mal strukturiert.

es fällt mir seltsam schwer, dir einen Kommentar zu schreiben,
Mir gefällt nämlich die Idee, das Thema, dieses "Schlüsselerlebnis" in Veras Leben, das du schilderst, zumindest empfinde ich es als solches.

Und mir gefällt, wie du es siehst. Und ich bin außerordentlich wachsam, was du zu sagen hast.

Ich finde es etwas schade, dass du den ersten Satz jetzt ganz rausgenommen hast.
aber das Bild "Gewohnheiten und Haus" finde ich an sich zu gut, um es zu streichen.
Vielleicht überlegst du dir das noch mal - der leitete doch so schön in deinen Text ein.

Da bohrst du natürlich in einer Wunde. So heilt die nie. Ich bin auch noch nicht durch damit, will aber vermeiden, erneut potentielle Leser zu verwirren.

Der Satz ist überladen, finde ich. Zu viele Infos: Werkstattbüro, neue Stellung, Freizeit, Sonntag, Park, Enten ...
Ich verstehe auch nicht ganz, wieso das Werkstattbüro einen so prominenten Platz einnimmt
Was von Bedeutung für den Text würdest du verlieren?

Jetzt wo du es aufzählst ... Mit dem Werkstattbüro wollte ich mehrere Fliegen schlagen. Zum einen, Vera ist ein gewöhnlicher Mensch mit einem gewöhnlichen Job, umgeben von Männern. (Klischee, okay, aber irgendwo muss ich Grenzen setzen). Zum anderen war eingangs noch der Gedanke vorhanden, eine Familientragödie in den Zusammenhang zu bringen, hab ich dann verworfen und die Werkstatt übrig gelassen. So gesehen, würde ich etwas verlieren, denk ich.

Mit dem Ruhetag finde ich suboptimal, ich verstehe zwar im Kontext, was du meinst (denke ich), aber ich bleibe dennoch kurz hängen, verquicke das mit Arbeit und so.

Das ging Andrea H. ebenso. Ich guck mal.

Wenn du Dates gemeint haben solltest, würde ich das schreiben

Ich möchte es eher zeitloser halten. Auch in meiner Wahl von Beschreibungen. Chai dachte auch an Kriegswitwe. Mir gefällt das.

Für mich bekäme er etwas mehr Struktur

Das könnte zu einem Codewort für einen Nervenzusammenbruch werden.

Würde ich streichen, für sich stehen lassen. Klingt auch nicht nach Kind.

Believe it or not, aber das soll so klingen, denn Puppa ist nicht nur Kind, sie weiß mehr und wenn sie darüber redet, sollte es sich bestenfalls und insgesamt unheimlich anhören. Bei dir klappt’s nicht.

Ich würde den ersten Satz einleitend im PQP schreiben. Nur den ersten.

Mach ich.

Vermeidbar.
Würde ich umschreiben oder streichen.

Ich könnt schwören, solange du die Worte nicht fett markierst hast, wäre sie nicht doppelt. :susp:

Zu lang, zu verschachtelt.

Ich liebe lang und verschachtelt. An einer Stelle in jedem Text brauch ich das.


Süß. Du meinst die Stelle, in der es von einer Minute zur anderen scheinbar dunkel geworden ist. Es zeigt mir, dass du bei einer Lesart bleibst, die das eben nicht zulässt. In diesem Fall wollte ich damit ihr Gefühl für Zeit ausdrücken, bzw. Zeitlosigkeit. Sehr subtil, aber in diesem Format gönne ich mir keine Ausführungen. Und dir eben auch nicht. Fies, oder?

Ich würde "Eltern" erwarten.

Aber wenn ich doch Familie meine. Es geht ja auch um eine Familie, die zu gründen wäre.

Weil ich den Text mehrmals gelesen habe, weiß ich, dass der Park hier einen Ein- bzw. Ausgang hat und nachts verschlossen wird. Beim ersten Lesen würde ich über "Ausgang" stolpern.

Ich gehe von mir aus und wenn ich einen Text lese, in dem der Park offenbar einen Ausgang/Eingang hat, dann hat er den eben. Und wenn sich das dann am Ende einer Geschichte bestätigt, umso besser. Ich merke aber auch, dass kritische Leser erst mal zweifeln und gerne daran hangeln, was sie gewohnt sind. ;)

Ein besonderer Tag ist einer, an dem sie friert?

Mehr eine Ausrede.

Kleinigkeit, aber hier würde ich präzisieren, den Namen der Sendung benennen.

Aber alles ist subtil und etwas unreal. Das wäre ein Bruch in meinem Kopf.

Würde ich streichen.

Tu ich.

Vorschlag: Mit geweiteten Augen sah sie das Mädchen an, als würde sie auf Anweisung warten.
Kann mir aber auch keinen rechten Reim darauf machen.

Schade. Andeuten wollte ich die Hilflosigkeit eines Kindes, die Unentschlossenheit, was in manchen Situationen, die leicht erscheinen, was zu tun wäre. Sie fragt das Kind (in ihr) und bekommt keine Antwort.

Weg mit den Füllseln.

Echt mal. Weg damit.

Dürfte auch raus, du beschreibst es ja im Anschluss und das nicht gerade so, als würde ich es hübsch vor mir sehen können.

Okay.

Gefällt mir nicht.

Du meinst die unbedeutende Augen-/Haarfarbe. Sie steht gleichbedeutend für das Gefühl für sich selbst. Kann man, muss man nicht so sehen, fürchte ich.

Glaub ich nicht - klingt halt komisch, meine ich.

Wenn du davon ausgehst, dass es anstrengend ist eine Schüssel aufzuheben, gebe ich dir recht. Aber Vera ist psychisch hochaktiviviert (sicher nicht richtig ausgedrückt) und in einer solchen Belastungsphase können einfache körperliche Bewegungen sich wie ein Kraftakt anfühlen. Gut, wenn du das nicht kennst. ;)

Ich bleibe dabei: Eltern fände ich stimmiger :).

Ich auch: Familie.

„Mama sagt immer, man braucht keine Männer.

Ich möchte gerne ganz dicht an Vera/Puppa bleiben und in der ersten Person.

Weder Milch noch Zucker interessieren mich.

Du meinst bestimmt, sie interessieren dich nicht. Das verstehe ich, aber für mich ist das ein weiterer Hinweis für ihre Gewohnheiten.

Sicher Geschmackssache, mir gefällt es nicht, weil ich ein Eigenleben der Wimpern vor mir sehe.

Da hab ich auch lange mit mir gerungen. Ich wollte eine Erkennung der beiden Figuren. Mir gefallen lange dünne Wimpern. Aber ich guck mal, ob ich die Lebendigkeit rauskriege.

Ist mir too much mit den flatternden Augenlidern, vor allem wegen der Flecken. Hat sie auch Schokoladenkuchen mit bloßen Händen gegessen?

Die Flecken auf der Haut entstehen wohl vom nervösen Klopfen. Sie hat auch eine empfindliche Haut. ;)

Meinst du das echt so?

Ich sehe diese Szene. In der Stille am Tisch im Zimmer will Puppa weiter auf sich aufmerksam machen. Das ist absurd und etwas unheimlich. Na ja, für dich eben nicht.

Das "Auskotzen" finde ich auch too much.
Die Szene wirkt ein wenig slapstickartig auf mich - mit der katzenartigen Schlabberei, dem Sprühnebel aus Tee und dem Cognacsaufen in der Küche. Würde das runterfahren.

Es ist eine Steigerung der Emotionalität/ der eskalierenden Situation, also ihres Innenlebens in diesem Moment. Ich habe kein anderes Mittel gefunden. Es ist auch mehr Teesprühnebel. ;)

Würde ich streichen.

Okay. Es wird nicht nachgeschenkt.

Wusste gar nicht, dass sie im Wohnzimmer saßen. Perspektivisch klingt das wie aus der Sicht des Kindes, wegen "zurückkam". Ich würde "in die Hüften" schreiben

Sie kann ja auch nicht in die Küche gucken und weiß es trotzdem. Nichts ist wie es scheint. Und ich würde immer in die Taille aber immer auf die Hüften schreiben. ;)

Transparentes Porzellan kann ich mir nicht
vorstellen.

Komm zum Tee vorbei. Ich habe chinesische, wundervoll transparente Porzellantässchen. Du bist sehr sehr kritisch. ;)

Weil sie vor der Tür stehen bleibt, legt sich Nieselregen wie Morgentau über Veras Haare. Und wenn sie nicht stehen bleiben würde?

Dann wären sie wohl nur nass?

Würde ich mir nochmals ansehen.

Du meinst die Glatteispfützen. Mach ich.

Du weißt schon.

Das war vorher keine Dopplung. Könnt ich schwören.

Ich würde darüber nachdenken, den letzten Satz zu streichen, alles ein wenig offener zu lassen. So klingt das irgendwie nach einem Abschluss, der mir etwas zu schnell vonstatten geht.

Das seh ich jetzt auch so.

ich mag den Text und ich meine, es würde sich sehr lohnen, wenn du ihn dir nochmals zur Brust nehmen würdest. Vielleicht erst mal alles etwas sacken lassen.

Der wird sich freuen, der Text. Und auf jeden Fall werde ich mir Zeit lassen.

ein wenig mehr Ordnung dürfte rein,

Struktur und Ordnung.

Da schwebt was mit, dass nicht nur interessiert, sondern auch berührt. Eine tiefe Wahrheit irgendwie ...

Das ist mehr als ich mir wünsche.

Lieber hell, was all deine freundlichen und schönen Vorschläge betrifft, klingen sie tatsächlich gefälliger und ich könnte sie bestimmt auch ansatzweise in meine Sprache üersetzen, aber dieser Text, dieses Thema kann ich nicht hübsch ausschreiben, nicht von Schwalbennestern und Vorgärten und auch nicht viel mehr von Hoffnungen und Gedanken. Ich kann sie nicht plaudern lassen und nichts sehen, was gefällig klingen könnten. Vera steckt in tiefen Zweifeln, ist in sich selbst gefangen, weiß nicht ein, noch aus, genießt nichts mehr, begegnet fast halluzinant (?) ihrem inneren Kind.
Aber du weißt, dein Kommentar war lehrreich und ich werde alles berücksichtigen, was du angemerkt hast.

Lieber Gruß, Kanji

Hej @dotslash ,

danke, dass du dich mit dem Text beschäftigt hast.

Mir gefiel die Suspense in deinem Text, allerdings erschien mir Puppa nicht als sympathisches inneres Kind, da sie durch ihre Erscheinung und den anklagenden Wiederholungen sehr unheimlich, ja gespenstisch daher kommt, was mich eher an ein böses Gewissen erinnert. Ob das an mir liegt, oder am Text, hm, schwierig.

Ich konnte sie nicht gut wie ein gewöhnliches Kind erscheinen lassen. Vielleicht war das zu gruselig. Was sie sagt ist es ja eher nicht.

Habs mehrmals gelesen und - nein, ich kann mich nicht daran gewöhnen, deshalb:
"Wir sterben alle – irgendwann.

Ich denke drüber nach.

Hab ich noch nie erlebt, dass eine Ente vom Futter Reisaus nimmt. Selbst wenn sie am Kopf getroffen wird.

Eine ungewöhnliche Ente.

Finde ich zu dick aufgetragen, ein stern(en)loser Himmel tuts mM auch.

Ich brauchte ein Synonym. Werde darüber erneut brüten.

"farblos, wie die Haare" fänd ich hübscher, fliessender.

Sie sind aber nicht farblos. ;)
Würde ich als Frage formulieren, das verstanden impliziert dabei bereits den Imperativ: ..., verstanden?"

Die einen sagen so, die anderen so. Verwirrend.

du hattest da glaube ich "als wäre es Glatteis". @Nichtgeburtstagskind hatte dir dazu noch "aus" empfohlen, aber jetzt fehlt irgendwie ein Verb. Vorschlag: als herrsche Glatteis.

Auch daran scheiden sich die Wortkrieger.

Der Teilsatz verknotet sich in meinem Hirn, das ergibt für mich keinen Sinn, diese Doppelnutzung von Drängen. Die Zeit drängt sich ja nicht in ihre Schuhe, klar, da ist kein Komma, aber trotzdem - der Knoten bleibt.

Entschuldige.

Mir geht es dabei ein wenig wie @Andrea H., das versöhnliche "Lass uns nach Hause gehen" passt mir nicht ganz zur gruseligen Erscheinung der Puppa.

Das sehe ich jetzt genauso. Die Aussöhnung kommt zu schnell.

Trotzdem gern gelesen, weil du die Atmosphäre bei Park- und Küchenszene plastisch rüber bringst, auch wenn ich deiner Intention der Geschichte wohl nicht ganz gefolgt bin.

Okay. Ich hab verstanden und versuche alles zu berücksichtigen. Hab vielen Dank und freundlicher Gruß, Kanji


Hej @ViertelVorKebap ,

super, dass du den Text gelesen hast.

Du magst also Enten. Und dass du Vera/Puppa gleich erkannt hast, ist echt beruhigend. Das verstehst du sicher. Und weil ich mich in all den Kommentaren zuvor auch sehr angestrengt habe, mach ich das hier bei dir mit weniger Energie. Du wirst Verständnis haben.
Es ist immer wieder ein gutes Thema und Gelegenheit in Literatur und Film sich mit dem Kind in einem auseinanderzusetzen. Ich mag das gern, so wie ich alle Themen über Menschen mag, die in Bilder verarbeitet werden. Egal in welcher Form.
Ich denke darüber nach, dem ein Format zu geben, das mir mehr Möglichkeiten bietet, zu erzählen.

Na, wenn ich falsch liege egal. Wenn nicht, um so besser!

Es gibt kein Richtig oder Falsch. Ein Text gibt eine Vorlage oder einen Rahmen. Du kannst da reinlegen, was dir entspricht oder gefällt, wünschte ich.

Danke dir und ein freundlicher Gruß zur neuen Woche, Kanji

 

Liebe @Kanji,

jetzt komm ich auch noch angewatschelt. Weißt ja, dass ich mich ungerne zu Geschichten äußere, die schon mit so viel Aufmerksamkeit bedacht wurden wie deine. Gleich nach dem Einstellen hab ich sie gelesen (konnte nicht früher reagieren, weil ich zum Mini-WK-Treffen war, haha) und da dacht ich: Die Kanji traut sich was. Und natürlich war mir sofort klar: Das wird eine interessante, aufregende, kontroverse Diskussion werden, die ich allerdings nicht lückenlos verfolgt habe.
Trotzdem lass ich dir ein paar Gedanken da, so durcheinander gewirbelt wie die Buntwäsche in meiner Waschmaschine.
Es ist mir einfach wichtig, dass du weißt, ich hab deine Neueste gelesen und sie hat es geschafft, mich zu fangen. Ich finde es wahnsinnig schwer, solche „Schwebetexte“ glaubhaft an den Leser zu bringen und ich denke, es ist dir mit dem Text gelungen. Für mich stellt er eine Art Weiterführung, Weiterentwicklung deiner vorherigen Geschichte (die mit der Möwenfrau) dar.

Ich gehe weder chronologisch noch thematisch durch den Text, halt ein Kessel Buntes.

Als sie die Stellung im Werkstattbüro antrat, hätte sie nie gedacht, in ihrer Freizeit sonntagnachmittags im Park Enten zu füttern.
Geistesabwesend rührte Vera im Tee, dem sie weder Milch noch Zucker zufügte, und inhalierte tief den Rauch ihrer Zigarette.
Du umgehst konsequent das PQP, findest du es so schrecklich? Für mich wäre es logischer – liegt doch keine Gleichzeitigkeit vor -, wenn die Sätze lauten würden:
Als sie die Stellung im Werkstattbüro angetreten hatte, wäre ihr nie in den Sinn …

Geistesabwesend rührte Vera im Tee, dem sie weder Milch noch Zucker zugefügt hatte, und inhalierte tief den Rauch ihrer Zigarette.
PQP gilt als unschön, aber doch erst in der Häufung ist es nicht zu ertragen.

Falls es dich interessiert, den früheren Einstieg mit den schlechten Gewohnheiten und dem Brückenschlag zum Haus – Ruinen (ärgere mich, das ich den Text nicht rechtzeitig kopiert habe) hab ich als ein ansprechendes Bild erfahren. Das hat sicherlich seine Ursache darin, dass ich mich mit schlechten Gewohnheiten besser auskenne als mit Werkstätten. :D
Wenn ich bedenke, dass der erste Satz im Idealfall schon den Konflikt der KG in sich tragen sollte, dann stellt der momentane mehr eine Hürde dar, anstatt den Leser in die KG zu saugen. Jetzt sag ich aber nicht: Alles zurück auf Anfang, sondern bitte, bitte lass dir Zeit, prüfe genau und entscheide in Ruhe.

Sobald sie sich näherte, watschelten sie gruppenweise auf sie zu, reckten die Hälse vor, schnatterten, als wollten sie sich über das Brot beklagen, noch bevor sie es bekommen hatten.
Den Satz mag ich, da verhält sich das Entenvolk wie manche Menschen, die immer irgendetwas auszusetzen haben, und schon mal vorbeugend Kritik üben.

Die Dialoge zwischen den beiden Figuren finde ich sehr gelungen, authentisch. Die Kleine altklug und vorlaut, die Große fühlt sich ertappt und weist zurecht.
Das Mädchen hab ich übrigens nicht als bedrohlich oder geisterhaft wahrgenommen, ehe nervig, unerbittlich, quälend wie eben ein „mahnendes Gewissen“ bzw. die „Stimme“ aus dem Unterbewussten sein kann, wenn sie sich ins Bewusstsein drängt, kritische Fragen stellt, zum Überdenken des bisherigen Lebens auffordert. Und sei es nur deshalb, um liebgewordene Gewohnheiten abzustellen oder darauf hinzuweisen, dass es Zeit wird, mal eine neue Kurzgeschichte oder einen Komm fürs Forum zu schreiben.:bonk:

Die Kleine war spindeldürr und gespenstisch blass und Vera kurz davor zu fragen, ob sie das nur sagte, um auch Brot zu bekommen.
schön, eine Kostprobe des Autorinnen-Humors

Dann bringst du die Thematik Sterben, Verlust ins Spiel. Noch nachvollziehbar für mich, weil ja gerade unsere Vergänglichkeit die Tragik eines vertanen Lebens ausmacht.
„Wir alle sterben. – Irgendwann.“
Vera spielt die Bedeutung herunter, es ist eben der Lauf der Welt, na und.
„Robert und He … – Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man Leute nicht ausfragt?“
„Mama sagt immer, wenn ich nicht frage, bekomme ich keine Antwort. Wo sind Robert und Helene?“
Veras Augenlider begannen zu flattern und sie klopfte sich mit den Fingerspitzen aufs Dekolleté, bis es fleckig wurde.
„Tot. Sie sind alle tot. – Jeder stirbt irgendwann.“
Allerdings irritiert mich diese Textstelle, weil sie der Thematik Tod größeren Raum gibt.
Sicher willst du das so, aber mich führt das in eine Sackgasse. An den Reaktionen der erwachsenen Vera lese ich nämlich, dass ihr das Thema mehr als unangenehm ist, sie sich verantwortlich, möglicherweise sogar schuldig fühlt für den Tod der Geschwister. (Vom Alter her kann es sich um einen Unfall gehandelt haben. Bloß nicht am Ententeich!) Damit lenkst du meine Aufmerksamkeit weg von Einsamkeit und ungenutzten Chancen hin zur Schuld. Übersehe ich etwas oder sehe ich mehr als geschrieben steht? Ist die Familie vielleicht nur zerstritten?

Aber mit der Zeit fühlten sich die Verabredungen mit Kollegen und Werkstattkunden an den Sonntagen an wie etwas, das es sich abzugewöhnen galt, wie das Rauchen oder vor dem Fernseher Kekse zu essen.
Das ist jetzt ein Stellvertreter für viele harmonische Sätze, die ich ins Herz geschlossen habe. Die restlichen kann ich nicht auch noch alle zitieren! :thumbsup:

Liebe Kanji, ich hoffe, dass ich dich nicht verunsichert habe. Nein. Du bist ja Profi und weißt, wie solche Anmerkungen zu nehmen sind.

Liebe Grüße von peregrina und carpe diem oder wie der Holländer sagen würde: Pluk de dag!

 

Liebe @Kanji,

wie üblich komme ich erst, wenn der Kuchen schon gegessen ist. Also Krümelpicken. ;)

Etwas, das sie Leben nannte, sollte in jede Faser eindringen, sie füllen und sich darin für die Zeit speichern, die kommen mochte.
Ich stolpere über das "sich speichern", alternativ vllt. sich festsetzen?

Für die Jahre, in denen sie aufopfernd und fürsorglich wäre, in der sie sich um eine Familie kümmern würde.
Hier ist es das wäre, das ich durch sein würde ersetzen täte.

Aber mit der Zeit fühlten sich die Verabredungen mit Kollegen und Werkstattkunden an den Sonntagen an wie etwas, das es sich abzugewöhnen galt, wie das Rauchen oder vor dem Fernseher Kekse zu essen. Schließlich ging sie allein spazieren.
An der Stelle raffe ich nicht, ob sie sonntags eigentlich arbeiten muss, oder nicht mehr oder zunehmend weniger? Kann sie sich das aussuchen?

Weil die Sonne sich nicht blicken ließ, dachte Vera daran, an diesem Tag nicht in den Park zu gehen, aber da knöpfte sie sich im Flur bereits den Mantel zu.
Aha, eine Getriebene.

legte sich wie Morgentau aufs Spinnennetz über Veras Haare
dat musste ich zweimal lesen und fragte mich: Warum hat sie denn jetzt ein Spinnennetz im Haar? Wenn du es umdrehen tätest, wäre es mMn einfacher: legte sich auf Veras Haare wie Morgentau auf Spinnennetze.

Das Motiv, das ich herauslese, ist: Durch den Tod ihrer Geschwister (und Eltern?) hat die Prota große Bindungsängste. Dennoch geht sie immer wieder in den Park, obwohl sie keine Enten mag, weil mit ihm Erinnerungen verknüpft sind an eine glücklichere Zeit, in der alles anders war. Und doch, tief unten sehnt sie sich nach Familie und Bindung, denn sie will Lebensenergie für später quasi aufsparen. Weil das nicht reicht, personifiziert sich ihr zartes Bedürfnis in Puppa, einer Mischung aus Erinnerung und Gewissen, die sie mit sich selbst und ihrem Schicksal versöhnen will.

Oha, da steckt viel Zunder drin, aber die Fallgruben des emotionalen Schmalzes umschiffst du gekonnt, weil du halt auch die leisen Töne beherrscht und in Andeutungen erzählst. Schöner Text.

Peace, linktofink

 

Hej @peregrina ,

leuk je te zien (oder so:shy:).

jetzt komm ich auch noch angewatschelt.

Aber eine leise Ente.

und da dacht ich: Die Kanji traut sich was.

Zum Glück bin ich immer wieder naiv und unbedarft, stürze mich in die Fluten. Kann ja schwimmen.

Trotzdem lass ich dir ein paar Gedanken da, so durcheinander gewirbelt wie die Buntwäsche in meiner Waschmaschine.

Schön. Wenn wir beide Glück haben, verfärbt sich am Ende alles rosarot.

Ich finde es wahnsinnig schwer, solche „Schwebetexte“ glaubhaft an den Leser zu bringen und ich denke, es ist dir mit dem Text gelungen.

Ich auch und ich werde noch heaps of Überarbeitungen brauchen, um ihn so hinzukriegen, dass er (mir) vielen gefällt. :D

Für mich stellt er eine Art Weiterführung, Weiterentwicklung deiner vorherigen Geschichte (die mit der Möwenfrau) dar.

Irgendwie schon, da geb ich dir recht. War aber keine Absicht. Ist wohl grad die Zeit in mir dafür.

Ich gehe weder chronologisch noch thematisch durch den Text, halt ein Kessel Buntes.

Kein Problem für mich (hab’s ja nicht so mir Ordnung und Struktur).

Du umgehst konsequent das PQP, findest du es so schrecklich?

:shy: Scheint so

Falls es dich interessiert, den früheren Einstieg mit den schlechten Gewohnheiten und dem Brückenschlag zum Haus – Ruinen (ärgere mich, das ich den Text nicht rechtzeitig kopiert habe) hab ich als ein ansprechendes Bild erfahren. Das hat sicherlich seine Ursache darin, dass ich mich mit schlechten Gewohnheiten besser auskenne als mit Werkstätten.

Ja, Mensch. Echt wahr. Der Gedanke sitzt auch wie ne fette Tante am Kaffeetisch und will bedient werden. Ich hab ihn erstmal entfernt, weil ich keinen weiteren Kommentar ertrage, der damit beginnt. Dann lieber ne olle Werkstatt.

Wenn ich bedenke, dass der erste Satz im Idealfall schon den Konflikt der KG in sich tragen sollte, dann stellt der momentane mehr eine Hürde dar, anstatt den Leser in die KG zu saugen.

Jaha. Verstanden.:sealed:

Den Satz mag ich, da verhält sich das Entenvolk wie manche Menschen, die immer irgendetwas auszusetzen haben, und schon mal vorbeugend Kritik üben.

Schlag ein! Obwohl ich weniger manche Menschen als vielmehr eine Horde Männer im Hirn hatte, die auf die Arme zusteuern und nörgelnd die Checkliste durchgehen und immer das Haar in der Suppe, bzw. etwas zu bemängeln finden. :sealed:

Die Dialoge zwischen den beiden Figuren finde ich sehr gelungen, authentisch. Die Kleine altklug und vorlaut, die Große fühlt sich ertappt und weist zurecht.
Das Mädchen hab ich übrigens nicht als bedrohlich oder geisterhaft wahrgenommen, ehe nervig, unerbittlich, quälend wie eben ein „mahnendes Gewissen“ bzw. die „Stimme“ aus dem Unterbewussten sein kann, wenn sie sich ins Bewusstsein drängt, kritische Fragen stellt, zum Überdenken des bisherigen Lebens auffordert.

So war es in etwa gedacht.
Auch okay. Irgendwie neige ich mittlerweile dazu: jeder wie er mag (oder es in sich trägt).

Und sei es nur deshalb, um liebgewordene Gewohnheiten abzustellen oder darauf hinzuweisen, dass es Zeit wird, mal eine neue Kurzgeschichte oder einen Komm fürs Forum zu schreiben

Guck, wofür’s noch so gut ist, hier reinzugucken.

Dann bringst du die Thematik Sterben, Verlust ins Spiel. Noch nachvollziehbar für mich, weil ja gerade unsere Vergänglichkeit die Tragik eines vertanen Lebens ausmacht.
Allerdings irritiert mich diese Textstelle, weil sie der Thematik Tod größeren Raum gibt.
Sicher willst du das so, aber mich führt das in eine Sackgasse.
Damit lenkst du meine Aufmerksamkeit weg von Einsamkeit und ungenutzten Chancen hin zur Schuld. Übersehe ich etwas oder sehe ich mehr als geschrieben steht? Ist die Familie vielleicht nur zerstritten?

Das ist ein guter Punkt und da liegt meine Intention auf keinen Fall. Ich werde die Dopplung abändern. Dankeschön.


Liebe Kanji, ich hoffe, dass ich dich nicht verunsichert habe. Nein. Du bist ja Profi und weißt, wie solche Anmerkungen zu nehmen sind.

Doch klar, aber das geht eh eierleicht. Mach dir keine Gedanken. Wer sich hier ins Haifischbecken wirft, bekommt mehr als schöne Haut an den Füßen. Weiß ich ja.

Wunderbar, dass du wieder hier bist und mitmischst.

Bis bald, Kanji

Hej @linktofink ,

denk nur nicht, dass du mich mit deinen Avatars neidisch machen kannst, da so im Urlaub. ;) (Ich könnt mich jetzt direkt an den Tisch dort setzen und aufs Meer glotzen, bis mir die Augen zufallen)
Aber du sitzt da und liest Texte und kommentierst und ich freu mich darüber. Hab also gar keinen Grund zum Neid.

wie üblich komme ich erst, wenn der Kuchen schon gegessen ist. Also Krümelpicken. ;)

Keine Sorge, Kuchen und Suppe sind immer genug da und vorrätig. Dein (also jeder) Eindruck ist sowieso speziell und kann nicht zu spät kommen.

Ich stolpere über das "sich speichern", alternativ vllt. sich festsetzen?

Einmal nicht speichern, einmal nicht polstern. So der Verlauf. Ich prüfe. ;)

Hier ist es das wäre, das ich durch sein würde ersetzen täte.

Auch hier wird sorgsam geprüft.

An der Stelle raffe ich nicht, ob sie sonntags eigentlich arbeiten muss, oder nicht mehr oder zunehmend weniger? Kann sie sich das aussuchen?

Also das ist wohl wirklich missverständlich. Das entwirre ich.

Aha, eine Getriebene.

Auch ne Möglichkeit, Vera zu sehen.

dat musste ich zweimal lesen und fragte mich: Warum hat sie denn jetzt ein Spinnennetz im Haar?

Das kann echt weg. Du bist das I-Tüpfelchen auf dem Kuchen.

Durch den Tod ihrer Geschwister (und Eltern?) hat die Prota große Bindungsängste. Dennoch geht sie immer wieder in den Park, obwohl sie keine Enten mag, weil mit ihm Erinnerungen verknüpft sind an eine glücklichere Zeit, in der alles anders war. Und doch, tief unten sehnt sie sich nach Familie und Bindung, denn sie will Lebensenergie für später quasi aufsparen. Weil das nicht reicht, personifiziert sich ihr zartes Bedürfnis in Puppa, einer Mischung aus Erinnerung und Gewissen, die sie mit sich selbst und ihrem Schicksal versöhnen will.

Und das ist spannend. Die Gewohnheit des Entenfütterns als eine Erinnerung zu sehen. Why not?
Und ein personifiziertes zartes Bedürfnis ist megasweet. Und man kann es quasi gar nicht besser sagen: Mischung aus Erinnerung und Gewissen (plus das eigene Kind), das sich in Erinnerung bringt und Vera sich mit dem Leben aussöhnen lässt.

Ich danke dir vielmals fürs Kommen und Dalassen deine Bemerkungen und Hilfe.

Habs weiterhin schön und lieber Gruß, Kanji

 

Hallo @Kanji,

ich komme leider nicht so schnell zum Kommentieren, wie du Geschichten schreibst, zu dieser wollte ich mich längst schon melden: Doch dann war bereits alles gesagt, dann habe ich auf die Überarbeitung gewartet … und wahrscheinlich bist du nun fertig. Also dann, jetzt:
Eine schöne Idee ist das, diese Begegnung von Vera mit ihrem inneren Kind. Puppa hast du echt nervig dargestellt, die lässt nicht locker und bohrt sich immer weiter in Veras Bewusstsein hinein. Allerdings hatte ich bis zu dem Zeitpunkt, als du dich dazu geäußert hast, auch wie einige andere angenommen, es würde sich um ein abgetriebenes Kind handeln. Deshalb nämlich:

„Es tut mir so leid, Puppa. Ich war einfach feige … und überheblich. Ich glaubte, ich hätte viel mehr Zeit für … alles.“

Den Einstieg in die Geschichte finde ich jetzt viel besser, und den Übergang zur Begegnung mit Puppa finde ich klasse:
„Du darfst die Enten nicht füttern.“ Für vorlaute Mädchen hatte sie auch nichts übrig.

„Davon quellen die Bäuche auf und dann sterben die. … Außerdem kacken die den Teich voll und der stirbt dann auch.“
Wunderbar! :D

Darf ich mit hochkommen.
Vllt ein Fragezeichen?

„Sind das deine Kinder?“, fragte sie und blickte über den Tassenrand auf die glänzende Anrichte.
Wieso habe eigentlich nur ich nicht kapiert, dass das Veras Geschwister sind?

„Du isst zu viele Kekse. Du wirst dick“, murmelte Puppa kauend
Ein echtes Miststück! ;)

Die meisten führten einen Hund an der Leine, einen Schirm in der anderen Hand.
Führen die den Schirm?

Veras Mantel flatterte hinter ihr her,
Huh! Stelle ich mir lustig vor, bzw. gruselig. Ich sehe da wirklich den kompletten Mantel ohne Vera drin herumfliegen! Vllt. Mantelschöße?

Alles hing herab. Die Arme pendelten,
Das mit den pendelnden Armen finde ich nicht so gelungen als Bild, welches du damit erzeugen willst. Herabhängende, pendelnde Arme sind doch der Normalzustand beim Laufen und kein besonderes Zeichen für Traurigkeit oder für extremes Vollgeregnetsein …

„Es ist ja noch nicht zu spät.“
Wer sagt das denn eigentlich, könnten beide sein?

Ich wette ja, du hast die Oktobergeschichte schon fast im Sack, stimmt’s? Diese hier habe ich jedenfalls sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße von Raindog

 

Hej @Raindog ,

es ist wirklich auch schön, mit etwas Abstand nach einem anfänglichen run, mit dir in aller Ruhe auf den Text zu gucken.

Doch dann war bereits alles gesagt, dann habe ich auf die Überarbeitung gewartet … und wahrscheinlich bist du nun fertig.

An dieser Stelle bemerke ich, dass ja doch nicht alles gesagt ist: Guck mal wie lang die Liste noch geworden ist. ;)

Allerdings hatte ich bis zu dem Zeitpunkt, als du dich dazu geäußert hast, auch wie einige andere angenommen, es würde sich um ein abgetriebenes Kind handeln.

Und das wird definitiv noch geändert. So viel zur Überarbeitung. Denn obwohl ich ja gern dem Leser überlasse, gerade in diesem Text, was er herauslesen will, geht es hier nicht um Abtreibung. Das gefällt mir gar nicht.

Den Einstieg in die Geschichte finde ich jetzt viel besser,

Oje. Dabei habe ich wirklich noch vor, das Routine-Haus, dass zu Ruinen zerfällt zu zeigen. Aber du musst das ja dann nicht mehr lesen. :shy:

Wieso habe eigentlich nur ich nicht kapiert, dass das Veras Geschwister sind?

Gute Frage. Hast du sicher nicht. Vielleicht sollte ich das an einer Stelle deutlicher machen, obwohl, in der Spiegelszene findet man sie ja bereits :hmm:

Ein echtes Miststück!

Ihr Job.

Führen die den Schirm?

Das hier nämlich ist ein ... ganz ein elitärer Schirm, der will nicht gehalten werden. :confused: Ich kümmere mich.

Huh! Stelle ich mir lustig vor, bzw. gruselig. Ich sehe da wirklich den kompletten Mantel ohne Vera drin herumfliegen! Vllt. Mantelschöße?

Ich verstehe, was du siehst. Wäre das nicht irgendwie ... übergenau? Ich geh mal in mich.

Das mit den pendelnden Armen finde ich nicht so gelungen als Bild, welches du damit erzeugen willst. Herabhängende, pendelnde Arme sind doch der Normalzustand beim Laufen und kein besonderes Zeichen für Traurigkeit oder für extremes Vollgeregnetsein …

Auch das verstehe ich. Mir erschien es passend für ein Reset, eine Komplette Resignation. Ich denke drüber nach.

Wer sagt das denn eigentlich, könnten beide sein?

Da stolperst nur du drüber. Weil ich dachte, an diesem Punkt sind sie sich am nächsten (von nah :sealed:) fast eins und es spielt keine Rolle, wer es von beiden sagt. Du bist sehr aufmerksam.

Liebe raindog, ich danke dir für deinen hilfreichen Blick auf den Text und freue mich immer darüber.

Freundlicher Gruß und einen schönen Tag, Kanji

 

Gude @Kanji,

deine Geschichte habe ich sehr gut weggelesen – sauber, klar und rein grammatisch sehr gut verständlich. Aber das als Lob zu verkaufen wäre eine Beleidigung deines Könnens, daher gleich weiter:
Ich habe mich sehr über die Art des Dialoges zwischen Vera und Puppa gewundert. Das Kind wirkte mir sehr oppositionell und wusste immer genau, was es zu kritisieren galt. Zum fragte ich mich, ob es ein „Zu viele Kekse“ für Kinder wirklich gibt ;) und war überrascht, dass Puppa den einen Schluck Alkohol sehr präzise als Trinkgewohnheit erfasste. Daher habe ich ab dem Teil in der Wohnung vermutet, dass Puppa eine Projektion Veras ist (oder wie dotslash schrieb: eine Art Gewissen).

Ich glaube, nachdem ich auch die weiteren Kommentare hier gelesen habe, dass das ungefähr das ist, worauf du hinauswolltest – also kurzgesagt: Du hast bei mir, ohne es direkt zu schreiben, durch deine Art des Schreibens das Ziel getroffen. Dafür kann ich dann schon mal Chapeau sagen und es für angemessen halten :)
(und ein bisschen hoffen, dass das nicht nur in meinem Kopf stattgefunden hat, was zwar auch irgendwie toll ist, sich aber immer etwas merkwürdig anfühlt, wenn man seine eigene Realität schildert, als wäre die für alle da und es stimmt gar nicht … oder so)

Du hast nun aber selbst geschrieben:

Die Konfrontation der Protagonistin mit dem Kind, das kein anderes sein soll als das Kind in ihr, ist mir nicht gelungen.

Ich weiß nicht, ob das noch aktuell ist, denn ich bin ziemlich spät dran. Davon will ich mich aber mal nicht aufhalten lassen und dir meine Ideen/Vorschläge/Wünsche präsentieren, die mir beim Nachdenken zu deinem Text gekommen sind – dabei bewegt sich das Meiste allerdings im Bereich „Ich will mehr“, was wahrscheinlich mittlerweile nicht mehr sonderlich ergiebig für dich sein wird. Aber sei’s drum, du kannst ja raussuchen, was dir hilft und ich habe Spaß dran, zu fabulieren.

Mir sind zwei Dinge aufgefallen:
1. Der Text hält für mich ein schwermütiges Gefühl fest umklammert. Das beginnt mit der Schilderung des monotonen Lebens und endet mit einem Finale im Regen. Darin wirkt die aufgeweckte, kindliche Natur isoliert bis zum Schluss.
2. Das Kind agiert vor allem negativ: Du darfst nicht die Enten füttern, nicht so viele Kekse essen, keinen Alkohol trinken. Ich würde mir wünschen, dass das Kind aktiver wie ein Antreiber agiert.

Dafür könnte ich mir eine Erweiterung in der heimischen Szene vorstellen. Entweder „laut“ wie eine kleine Pippi Langstrumpf (jongliert mit Geschirr oder so) oder vielleicht auch eher „leise“ durch weitere Nachfragen. Sie könnte bspw. an einem Bücherregal entlangschlendern, das nur aus Gewohnheit da steht und angesichts all der Bücher fragen: „Hast du die alle gelesen?“
„Nun ja …“
„Warum nicht?“
„Keine Zeit …“
„Wirklich?“

Hier würde die Konfrontation mit dem Kind für mich etwas an „Helligkeit“ gewinnen. Für das Ende könnte ich mir dann eine Verschärfung vorstellen: Puppa fragt nicht, ob sie übernachten kann – sondern ob sie bleiben kann. Also womöglich für immer.
So wie ich es verstehe, geht es um die Konfrontation mit dem inneren Kind und vielleicht auch darum, es bei sich zu behalten. Da wäre ein „bleiben“ für mich passend – und würde auch den Schock Veras erklären, sodass sie erst einmal flüchten muss (in den ihr grauen Regen, der ihr die vertraute Tristheit bietet), ehe sie sich berappelt.

Nach diesem Rundumschlag gewohnt wenig von mir zu Kleinigkeiten; sogar nur eine Sache:

Im Grunde interessierte sie das Mädchen nicht, dennoch war ihr zumute, als blickte sie in den Spiegel eines Spiegelkabinetts, wie sie der Kleinen so gegenüberstand.

Daraus würde ich machen: „als blickte sie in einen Zerrspiegel, wie …“
Das spart die Dopplung und falls jemand auf Anhieb nicht wissen sollte, was ein Zerrspiegel ist, wird es ja mit dem Rückblick auf den Jahrmarkt erklärt.
Alternativ ginge auch Vexierspiegel, was ich zwar weniger geläufig finde, aber nicht ganz so „hart“ klingt wie ZeRRRRRRspiegel.

Hoffentlich hilfreich oder wenigstens unterhaltsam,

Vulkangestein

 

Hallo @Kanji

habe deinen Text gleich am Anfang gelesen. Und upps... plötzlich viel passiert. Bei den Antworten bin eben (mal abgesehen von @Friedrichard :idee:) bei @hell hängen geblieben:

Du hast schon einiges geändert. Ich finde es etwas schade, dass du den ersten Satz jetzt ganz rausgenommen hast. Mir war der in der Form auch noch zu schräg, kann mir auch denken, dass du schlicht die Nase voll davon hattest, weiter an ihm rumzuschrauben, aber das Bild "Gewohnheiten und Haus" finde ich an sich zu gut, um es zu streichen.

Na ja, und dafür würde hell ne Menge anderes ändern und so fort. Ist ja auch der Sinn dieses Austausches hier. Alles gut, muss mich nur eingewöhnen bevor ich mit einsteige.;)
Wenn du alle Vorschläge umsetzt, frage ich mich ob die Urfassung inhaltlich noch so bleibt. Wie soll ich es sagen? Stell dir vor es gibt eine Parallelwelt, da gibt es die "Wortkrieger" auch, aber die leben einen Monat früher, die kennen deine Geschichte noch nicht. Reich doch dort bitte mal die bis hier korrigierte Fassung ein. Bin gespannt wie die Antworten von den gleichen Mitgliedern ausfallen. Verflixt... was werde ich schreiben?

Aber, sorry, alles nur Gedankenspiele.

Bin gerade mal zwei, drei Tage in eurer Welt, für mehr als das folgende bin hier noch zu grün:

Mir hat allein die Idee gefallen. Bin auch an manchen Stellen gestolpert. Hat was trauriges, schon klar, ich kann mir auch einen gruseligen Abstecher gut vorstellen. Wie auch immer, da kommen einige Bilder. Und das macht es für mich aus.

Danke @malabin

 

Hej, liebes @Vulkangestein ,

ich freu mich, dass du dabei bist und hilfst.

Ich habe mich sehr über die Art des Dialoges zwischen Vera und Puppa gewundert. Das Kind wirkte mir sehr oppositionell und wusste immer genau, was es zu kritisieren galt. Zum fragte ich mich, ob es ein „Zu viele Kekse“ für Kinder wirklich gibt ;) und war überrascht, dass Puppa den einen Schluck Alkohol sehr präzise als Trinkgewohnheit erfasste. Daher habe ich ab dem Teil in der Wohnung vermutet, dass Puppa eine Projektion Veras ist (oder wie dotslash schrieb: eine Art Gewissen).

Uiuiui, das war ja wohl knapp. Ich hab versucht, also sehr versucht :shy:, die Kleine unglaubwürdig reden zu lassen, dass einem Zweifel kommen, in welche Richtung auch immer, aber das Kind zitiert Erwachsenen-Floskeln, von denen sie eigentlich noch keine Ahnung hat. Sie war, wie @wieselmaus schon bemerkte, allwissend (s. die Namen der Geschwister und dass sie weiß, was Vera in der Küche treibt). Ich wollte diese Aussagen klingen lassen wie die Anklagen einer (nicht so netten und weniger vertrauenden ) Mutter oder Eigenanklage, so ein gefährliches Gemisch.

dass das ungefähr das ist, worauf du hinauswolltest – also kurzgesagt: Du hast bei mir, ohne es direkt zu schreiben, durch deine Art des Schreibens das Ziel getroffen.

Absolut und sehr erfreulich.

(und ein bisschen hoffen, dass das nicht nur in meinem Kopf stattgefunden hat, was zwar auch irgendwie toll ist, sich aber immer etwas merkwürdig anfühlt, wenn man seine eigene Realität schildert, als wäre die für alle da und es stimmt gar nicht … oder so)

Warum nicht? Mit all dem, was nicht geschrieben steht, aber doch meist erkannt wird, eben weil jeder seine eigene Realität hat, seine eigene Festplatte hat und darauf zurückgreift, wenn er etwas liest … oder so ;)

Ich weiß nicht, ob das noch aktuell ist, denn ich bin ziemlich spät dran. Davon will ich mich aber mal nicht aufhalten lassen und dir meine Ideen/Vorschläge/Wünsche präsentieren, die mir beim Nachdenken zu deinem Text gekommen sind – dabei bewegt sich das Meiste allerdings im Bereich „Ich will mehr“, was wahrscheinlich mittlerweile nicht mehr sonderlich ergiebig für dich sein wird. Aber sei’s drum, du kannst ja raussuchen, was dir hilft und ich habe Spaß dran, zu fabulieren.

Sehr sehr schön, denn das ist ja keine Rallye und die Geschichten müssen ja auch nicht schnell abgearbeitet werden. Im Gegenteil, jetzt habe ich nötigen Abstand, um Kritik viel näher an mich heranzulassen und nicht daran zu kleben, was ich mir so wunderbar ausgedacht habe. Dieses Forum lässt sich ja vielfältig nutzen. Und deinem Wunsch nach mehr kann ja durchaus entsprochen werden. Die Geschichte darf sich gerne entwickeln. Ich hänge nicht so sehr am ‚Original‘. Es kann auch ein Spiel werden, denk ich und wir lassen sie als Gemeinschaftsgeschichte wachsen. Es ist doch auch eine schmeichelhafte Anerkennung, wenn du solches Interesse daran zeigst und Spaß deinen hast.

Der Text hält für mich ein schwermütiges Gefühl fest umklammert. Das beginnt mit der Schilderung des monotonen Lebens und endet mit einem Finale im Regen. Darin wirkt die aufgeweckte, kindliche Natur isoliert bis zum Schluss

Wohl wahr. Ich traute mir nicht zu, die beiden getrennt voneinander zu zeigen, wenn sich die Stimmung verändert. Die Kleine sollte unbedingt irreal wirken. Es durfte nicht der Gedanke auftauchen, sie könnte tatsächlich existieren. Obwohl das ja auch vorkam. Fröhliche Leichtigkeit vs. Schwermut wäre für mich eine Hürde geworden, wenn ich sie vermischt hätte.

. Das Kind agiert vor allem negativ: Du darfst nicht die Enten füttern, nicht so viele Kekse essen, keinen Alkohol trinken. Ich würde mir wünschen, dass das Kind aktiver wie ein Antreiber agiert.

Deine Pippi wäre schon ein Beitrag zur Fröhlichkeit, aber ich weiß nicht, ob dann nicht die Gefahr bestehen würde, dass Vera bloß genervt ist und es nicht mit ihrer Erwachsenenhaltung und der momentanen Fehlschaltung in Zusammenhang bringt.
Das ist schwierig für mich. Aber es stimmt schon, das Innere Kind ist ja nicht nur nörgelig. Es könnte vielleicht mehr erreichen, wenn sie positiver wäre. Die Frage ist dann nur, wo es hinführen soll. :hmm:

So wie ich es verstehe, geht es um die Konfrontation mit dem inneren Kind und vielleicht auch darum, es bei sich zu behalten. Da wäre ein „bleiben“ für mich passend – und würde auch den Schock Veras erklären, sodass sie erst einmal flüchten muss (in den ihr grauen Regen, der ihr die vertraute Tristheit bietet), ehe sie sich berappelt.

Das ist echt eine schöne Idee, liebes Vulkangestein. Sowohl das Innere Kind nicht mehr gehen zu lassen, als auch die Irritation zu vergrößern. Das geht mir jetzt ohnehin nicht mehr ausm Kopp, du.
Was den doppelten Spiegel angeht, gefiel mir Zerrspiegel wirklich nicht. Klingt Vexierspiegel an der Stelle einer einfachen Frau nicht etwas … unpassend?

Hoffentlich hilfreich oder wenigstens unterhaltsam

Beides und noch inspirierend obendrein und ich bedanke mich sehr für dein Interesse.

Lieber Gruß, Kanji

Hej @malabin ,

Du warst ja schon recht früh aktiv. Schön, dass du dabei bist.

Wenn du alle Vorschläge umsetzt, frage ich mich ob die Urfassung inhaltlich noch so bleibt. Wie soll ich es sagen? Stell dir vor es gibt eine Parallelwelt, da gibt es die "Wortkrieger" auch, aber die leben einen Monat früher, die kennen deine Geschichte noch nicht. Reich doch dort bitte mal die bis hier korrigierte Fassung ein. Bin gespannt wie die Antworten von den gleichen Mitgliedern ausfallen. Verflixt... was werde ich schreiben?

Das ist ein interessanter Gedanke. Aber ich bin nie ganz davon überzeugt, dass meine Texte gut genug und fertig sind, wenn ich sie hier einstelle. Die Urfassung verträgt gut Ratschläge und Hinweise und Schliff und andere Gedanken. Deswegen bin ich hier. Damit ich nicht immer in meinem eigenen Saft schmore, sondern, das was da ist, zu vergrößern quasi. Dabei messe natürlich mit meinem Geschmacksmaßstab und manchmal nicht mal nur mir richtig oder falsch. Es kam auch schon vor, dass eine Geschichte derart entfremdet wurde, dass ich wenig von dem gespürt habe, als ich sie schrieb. Es ist schon eine Gratwanderung, inwieweit ich mich von der Geschichte und mir entferne oder nur das was vorhanden ist durch kleine Eingriffe verschönere. Das lerne ich hier auch. Ich würde gerne nach all diesen aufgehübschten Texten eines Tages the one-and-only-Text hier eingeben, der kaum Schönheitsoperationen nötig hat und meinen eigenen Stempel trägt. So übe ich weiter und hoffe, dass ich hier immer wieder die Hilfe bekomme, die ich will und nötig habe.

Mir hat allein die Idee gefallen. Bin auch an manchen Stellen gestolpert. Hat was trauriges, schon klar, ich kann mir auch einen gruseligen Abstecher gut vorstellen. Wie auch immer, da kommen einige Bilder. Und das macht es für mich aus.

Das meine ich ja. Du denkst an Grusel und ich nicht und selbst wenn ich das könnte und diesbezüglich schreiben würde, wäre es ja immer noch meine Geschichte. Ursprung hin oder her. Vielleicht wäre sie besser oder voller oder mehr würden sie lesen und Gefallen daran haben.

Grün und neu hin oder her: Frisches Blut ist immer gut und belebt. Danke, dass du mir deine Gedanken mitgeteilt hast .

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hola @Kanji,

jetzt scheint der richtige Moment zu sein, Dir zu schreiben, denn ich lese in Deiner Antwort an Vulkangestein:

... jetzt habe ich nötigen Abstand, um Kritik viel näher an mich heranzulassen und nicht daran zu kleben, was ich mir so wunderbar ausgedacht habe.

Aber wie gesagt – ich will Dir schreiben, nicht kritisieren.
Denn das dürfte bei Deinem Thema schwierig sein, dazu sind zu viele verschiedene Ansichten denkbar. Ich finde die Idee hochinteressant und die Ausführung sehr gut und anspruchsvoll. Gerade die Deutungsmöglichkeiten machen für mich den Reiz Deiner Geschichte aus - nach dem Lesen sinniert man noch ein bisschen vor sich hin:).

Winzigkeiten:
Gleich zu Beginn bleibe ich beim ‚Ruhetag’ hängen:

Als sie die Stellung im Werkstattbüro antrat ... ... Sonntags war kein Ruhetag.
Kenn ich; die haben Tag der offenen Tür etc. Die Angestellten sollen lächelnd anwesend sein, für lau. Nein, nur eine kleine Irreführung. Der nächste Satz klärt auf. Trotzdem bleibe ich hier hängen:
... hätte sie nie gedacht, in ihrer Freizeit Enten zu füttern. Sonntags war kein Ruhetag. An dem Tag wollte sich Vera lebendig fühlen.
Ganz gleich, wie ich es lese – es gleitet nicht. Könnte es nicht sein, dass sich Vera auf diesen Tag freut, weil ...? Denn warum muss der Leser wissen, was der Sonntag nicht ist?

Deshalb hakelt es (bei mir) auch beim Brot:

... reckten die Hälse vor, schnatterten, als wollten sie sich über das Brot beklagen, noch bevor sie es bekommen hatten.
Eine Möglichkeit:
... schnatterten vor Ungeduld, um endlich ihr Brot verschlingen zu können, oder so –
denn wie können sie sich über Brot beklagen, bevor sie es bekommen haben?

Dann kommt der Dialog mit der Kleinen. Die sagt unter anderem:

Sich um Kinder zu kümmern bedeutet nämlich, dass man Hormone ausschüttet und sich glücklich fühlt.

Ja, das sagt die Kleine! Die doziert, da bin ich baff. Und sie weiß, dass Vera Kinder hat. Grübelgrübel. Woher, zum Kuckuck, weiß die das?

„Du hast wohl keinen warmen Mantel.“
„Und du hast wohl keine Kinder.“
Erfordert das ‚wohl’ nicht ein Fragezeichen?


Scheinbar von einer Minute zur anderen war es dunkel geworden. Überrascht suchte Vera eine Weile das sternlose Universum ab, als erwartete sie die Sonne noch in dieser Nacht zurück.
Von einer Minute zur anderen / noch in dieser Nacht? Bei einer ‚normalen’ Geschichte hätte ich Dir das nicht abgekauft, doch hier ist sowieso etwas nicht ganz geheuer – also sei es so.

... die Zeit drängte wie das Wasser in ihre Schuhe.
Ich meine, die Zeit drängt, und Wasser dringt in die Schuhe (ein). (Eindringling statt Eindrängling:shy:).

In wenigen Minuten würde der Park schließen.
Reibt sich ein bisschen mit ‚noch in dieser Nacht’. Lass den Park doch offen!
Aber Du brauchst den Zeitdruck, um auf Veras Situation hinzuweisen. Vielleicht besser die plötzlich alles vereinnahmende Nacht fahren lassen? Parks schließen meist 18.00 Uhr.


So, bin durch. Hätte auch die Klappe halten können. Unnötiger Kleinkram, großartige Geschichte! Denn das, Verehrteste, muss Dir der Neid lassen: Dieses Dein Werk ist in vielerlei Hinsicht genial – und niemand kann sagen: Glaub ich nicht / das kann so nicht / unlogisch, denn eine hervorragend geschriebene Geschichte (wie Deine – Kompliment!) aus dem Leben ist immer glaubwürdig. Also – mich haste auf jeden Fall!

Feine Sache!
José

PS: Beim Titel frag ich mich allerdings: Warum Besuch? Die treffen doch im Park aufeinander?

 

Gude @Kanji,

Die Frage ist dann nur, wo es hinführen soll. :hmm:
Meine Interpretation des inneren Kindes wäre, dass es sich gegen die eingefahrenen Routinen richtet (Sonntags werden die Enten gefüttert und an allen Tagen Schokolade und Alkohol konsumiert). Als Zielpunkt für das Kind könnte also ein Ausbruch aus Routinen sein. Einen solchen beispielhaft durchzuspielen könnte langatmig werden, aber ein Fragengewitter von Puppa könnte das andeuten: "Ich habe gehört in der Nähe ist ein Zirkus, wollen wir da hin? Und gar nicht weit weg ist doch ein schönes Schloss, wo du noch nie warst. Wollen wir uns das anschauen? Und die Malediven sollen zu dieser Jahreszeit besonders schön sein!"
"Aber wann sollen wir das alles machen?"
"Wenn ich bei dir bleiben dürfte, hätten wir Zeit für all das."

Oder so. Oder so ähnlich. Vielleicht regt es ja was an, deswegen lasse ich es mal stehen :lol:

Klingt Vexierspiegel an der Stelle einer einfachen Frau nicht etwas … unpassend?
-> Guter Punkt, wäre tatsächlich etwas bizarr.

Liebe Grüße,
Vulkangestein

 
Zuletzt bearbeitet:

Als sie die Stellung im Werkstattbüro antrat, hätte sie nie gedacht, in ihrer Freizeit Enten zu füttern. Sonntags war kein Ruhetag. An dem Tag wollte sich Vera lebendig fühlen. Etwas, das sie Leben nannte, sollte in jede Faser eindringen, sie füllen und sich darin für die Zeit speichern, die kommen mochte.

Ich noch ma‘, wenn ich darf,

liebe Kanji,

weil die ersten Zeilen genau das umfassen, was den Schabbes (jiddisch) ausmacht, abgeleitet vom hebräischen „schabat“ (aufhören, ruhen), Rast und Ruhetag jenseits von Arbeit und Fremdbestimmung, selbst wenn sie den Tag als „Ruhetag“ leugnet.

(Unternehmerische Geister wissen aber, dass schon in der Genesis dieser „freie“ Tag mit Mehrarbeit am folgenden Tag verbunden war, angefangen mit der Vertreibung aus dem Paradies über den Konflikt von Kain und Abel [noch heute wird am Ruhetag des Herrn gedacht und geopfert und er ist nicht von Ungleichbehandlung durch Gott, Vorgesetzte usw. geschützt] bis hin zur Neuauflage der Schöpfung nach der Sintflut, wenn man das so sagen darf)*. „Schabat“ meint ja nicht aufhören zu leben, sondern einen Tag zu haben, an dem man nicht seine (die Ware) Arbeitskraft z. V. stellen muss.

Aber zum Text!

Hier ein erstes Aufleuchten zu Veras Zerrissen-, aber auch Unsicherheit, wenn die Sonne sich nicht zeigt

..., dachte Vera daran, an diesem Tag nicht in den Park zu gehen, aber da knöpfte sie sich im Flur bereits den Mantel zu.
bis hin zum
Dichter Nieselregen hatte eingesetzt und legte sich wie Morgentau aufs Spinnennetz über Veras Haare, denn sie blieb vor der Haustür stehen, unschlüssig, den nächsten Schritt zu gehen. Die Straßenlaternen beleuchteten den Gehweg und Vera steuerte schließlich unsicher durch die Pfützen, als wäre Glatteis.
Ob es der Vereinzelten (einsamen?) besser ginge, hätte sie sich nicht an die mütterliche Weisheit oder Erkenntnis
„Mama sagt immer, ich brauch keinen Mann. Ohne bin ich unabhängig und muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Und irgendwann sind sie sowieso weg. ...“
gehalten, weiß man nicht, aber Puppa als personifiziertes „Gewissen“ anzusehen, ist keine schlechte Idee.

Schließlich äußert das Gewissen sich i. d. R. als „schlechtes“ (bekanntermaßen ist das „gute“ ein bewährtes Ruhekissen). Ahd. „gewiʒʒenī“, mhd. „gewiʒʒen/e“ meinen buchstäblich schon das „Gewisse“ und „mit Wissen/Mitwissen“ ist schon im Bewusstsein benannt. Freud hat mit dem Über-Ich eine gesellschaftliche Instanz in seinem Modell benannt, denn niemand ist eine einsame Insel, alle Psychologie taugt nix, wenn es nicht zugleich Sozialpsychologie ist, selbst wenn man das Single- und Eremiten-Dasein bevorzugt - Gewissheiten nimmt man mit in seine Höhle oder wie ein Robinson auf seine Insel. Kann sein, dass der auf die Spitze getrieben Individualismus im Single von der Wirtschaft gefördert und befeuert wird (nicht umsonst ist das Leben in der Gruppe – die ja schon im Paar beginnt – auf den Kopf bezogen kostengünstiger als jeder Single-Haushalt). Somit ist die Entscheidung, „Familie“ den „Eltern“ (= „Kernfamilie“) vorzuziehen allemal richtig.

Eine Trivialität ist noch anzuzeigen in der Erzählung zum Spiegelkabinett von den Geschwistern. Da hätt‘ ich dann doch eine Frage, wenn es heißt

Und während der jüngere Bruder am liebsten vor dem Spiegel stand, der ihn klein und rund aussehen ließ, dabei rückwärts durch seine eigene Beine blickte, um kurz darauf übermütig die kleine Schwester zu schubsen, die kerzengerade vor einem derer posierte, in dem sie übermäßig lang aussah, stand Vera am liebsten vor dem, der eine große Erscheinung aus ihr machte.
Warum der Genitiv?
Weg mit ihm!
Entweder „vor einem (der) Spiegel posierte ...“, oder einfacher, kürzer – weil wir ja wissen, dass Spiegel gemeint sind, schlicht "vor einem (anderen)" posierte ..."

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

* Natürlich ist der Ruhe-Tag gefährdet – durch die neuen Medien und die ständige Erreichbarkeit, aber vor allem durch die unheilige Allianz von Konservativen mit der Rechten und den (Neo)Liberalen, die den zwölf Stunden Tag einführen wollen (Österreich gibt da momentan den Vorreiter, angedacht ist es überall) und ganz nebenbei die arbeitsrechtlich definierte Ruhezeit zwischen den Schichten kappen müssen, was wiederum die wöchentliche Arbeitszeit „flexibler“ zu gestalten erzwingen wird. Da wird sich der verkaufsoffene Sonntag gar bald als regulärer Arbeitstag herausstellen.
So kommt man gar nicht erst auf dumme Gedanken und man opfert sich in den Konsumtempeln.

 

Hej @josefelipe ,

wie aufmerksam von dir. Unnötig zu erwähnen, wie er erfreut ich bin, dich hier zu finden. Du hast so viele gute Nachrichten und Einwände mitgebracht, die mich sehr motivieren und natürlich in erster Linie glücklich machen.

Gerade die Deutungsmöglichkeiten machen für mich den Reiz Deiner Geschichte aus - nach dem Lesen sinniert man noch ein bisschen vor sich hin:).

Das vor allem. ;)

Gleich zu Beginn bleibe ich beim ‚Ruhetag’ hängen:
Kenn ich; die haben Tag der offenen Tür etc. Die Angestellten sollen lächelnd anwesend sein, für lau. Nein, nur eine kleine Irreführung. Der nächste Satz klärt auf.

Das ja blöd und kam mir gar nicht in den Sinn. mal gucken, ob ich das eindeutig hinkriege, denn nachdenken sollte der Leser, ginge es nach mir, an anderer Stelle.

Könnte es nicht sein, dass sich Vera auf diesen Tag freut, weil ...? Denn warum muss der Leser wissen, was der Sonntag nicht ist?

Ja, warum die Negativierung? Jetzt muss ich sinnieren. Für mich ist Vera eine negative Person. Sie sieht nur, was nicht ist und das, was ist, gefällt ihr so nicht. Das scheint chronisch zu werden und deswegen kommt ja auch Puppa zur Hilfe. So in etwa dachte ich.

Eine Möglichkeit:
... schnatterten vor Ungeduld, um endlich ihr Brot verschlingen zu können, oder so –
denn wie können sie sich über Brot beklagen, bevor sie es bekommen haben?

Wie eben auch hier als Beispiel. Sie denkt sogar schlecht über die Enten, obwohl sie die nun wirklich nicht verstehen kann.

Ja, das sagt die Kleine! Die doziert, da bin ich baff. Und sie weiß, dass Vera Kinder hat. Grübelgrübel. Woher, zum Kuckuck, weiß die das?

Na ja, Puppa ist Vera als Kind und verbindet beide sozusagen miteinander. Kennt eben auch die erwachsene Vera, die sich und die somit angelegten Eigenschaften eines Kindes, das ja erst mal von Grund auf positiv ist, verdrängt. Die Gründe werden nicht deutlich.

Erfordert das ‚wohl’ nicht ein Fragezeichen?

In meinen Ohren klingt es wie eine bedauerliche Feststellung. :shy: Sie hat wohl leider offensichtlich keinen Mantel.

Von einer Minute zur anderen / noch in dieser Nacht? Bei einer ‚normalen’ Geschichte hätte ich Dir das nicht abgekauft, doch hier ist sowieso etwas nicht ganz geheuer – also sei es so.

Das sollte ihre verdrehte Wahrnehmung verdeutlichen. Vera wird durch Puppa aus ihrer Routine losgelöst und verliert Zeitgefühl.

Ich meine, die Zeit drängt, und Wasser dringt in die Schuhe (ein). (Eindringling statt Eindrängling:shy:).

Du hast ja recht. Dieses wackelige Wortspiel drängte sich mir aber penetrant auf und ich habs einfach gemacht. ;)

Reibt sich ein bisschen mit ‚noch in dieser Nacht’. Lass den Park doch offen!
Aber Du brauchst den Zeitdruck, um auf Veras Situation hinzuweisen. Vielleicht besser die plötzlich alles vereinnahmende Nacht fahren lassen? Parks schließen meist 18.00 Uhr.

Das sprichst du eine Schwachstelle an. Ganz sicher. Ich werde deinem Rat folgen und die Nacht entfernen, denn ich brauch das „fünf vor ...“ schon.

So, bin durch. Hätte auch die Klappe halten können.

Lieber nicht.

denn eine hervorragend geschriebene Geschichte (wie Deine – Kompliment!) aus dem Leben ist immer glaubwürdig.

Ist es nicht so? Ich denke auch so oft im Alltag: wenn ich das aufschreiben würde, würde ma denken, das kann nicht wahr sein. Meine Oma sagte immer: Sachen jibts, die jibts jar nich.

PS: Beim Titel frag ich mich allerdings: Warum Besuch? Die treffen doch im Park aufeinander?

Wahr. Die erste Begegnung ist im Park, aber sicher nicht zufällig. Ich wollte das Kind nicht einfach so bei einer fremden Frau klingeln lassen. Da habe ich mir nicht zugetraut, den Bogen zu kriegen und das verständlich und halbwegs plausibel zu machen. Das Vers sowieso sonntags im Park ist, schickte ich die Kleine eben dorthin. Easy.:D

Natürlich war es mir ein Vergnügen, gemeinsam mit dir über den Besuch nachzudenken.

Ich wünsche dir einen schönen Sonntag, auch wenn ich dann immer wie eine gute Fee klinge, Kanji

Hej, liebes @Vulkangestein ,

Meine Interpretation des inneren Kindes wäre, dass es sich gegen die eingefahrenen Routinen richtet
Als Zielpunkt für das Kind könnte also ein Ausbruch aus Routinen sein.

Klar, denn weswegen sollte ich die wohl angeführt haben. Ich könnte noch ein bisschen zeigen, wie und warum Vera aus der Routine ausbricht und was oder ob sie anstelle etwas anderes macht, ob sie neue Routinen aufbaut, so lange, wie sie wieder Ruinen sind oder ob sie ihr Leben beleben und die Momente nutzen kann, die sich ihr bieten.
Es ist ein Vergnügen, mit dir darüber nachzudenken. Selbst wenn all diese Zusätze nur von dir gelesen werden. :lol:

Guter Punkt, wäre tatsächlich etwas bizarr

Vexierspiegel - Zerrspiegel - doppelter Spiegel. :hmm: Ich denke weiter darüber nach.

Danke noch mal für dein Engagement, Kanji

Hej @Friedrichard ,

klar darfste. Freu mich doch.

Rast und Ruhetag jenseits von Arbeit und Fremdbestimmung, selbst wenn sie den Tag als „Ruhetag“ leugnet.

Ruhe ist dann wohl auch eine Frage der Definition. Ich saß mal äußerst ruhebedürftig in der Natur an einem rauschenden Bach neben blökenden Schafen im scharfen Wind und fand keine Ruhe. An diesem Tag war ich mir auch selbst zu viel.

„Schabat“ meint ja nicht aufhören zu leben, sondern einen Tag zu haben, an dem man nicht seine (die Ware) Arbeitskraft z. V. stellen muss.

Wohl wahr. Denn selbst wenn ich nicht für Geld und jemanden Fremden arbeite, irgendetwas mach ich ja doch, was vergleichbar sein könnte mit Arbeit und dennoch in den Ruhetag fällt. Vera will Geselligkeit und Unterhaltung mit dem Gedanken an die Gründung einer Familie, bzw, die Erweiterung derer.

Hier ein erstes Aufleuchten zu Veras Zerrissen-, aber auch Unsicherheit, wenn die Sonne sich nicht zeigt

Ich freu mich jedesmal wie der besungene Bolle, wenn ich lese, wie du meine Geschichte liest. So war es gemeint. Erste Anzeichen von Zweifel und dem Wunsch zu handeln. Das ist wohl Puppas Zeichen aufzutauchen und einzuhaken.

Ob es der Vereinzelten (einsamen?) besser ginge, hätte sie sich nicht an die mütterliche Weisheit oder Erkenntnis
gehalten, weiß man nicht, aber Puppa als personifiziertes „Gewissen“ anzusehen, ist keine schlechte Idee.

So gehts auch. Gewissen, innere Stimme, das Kind im Erwachsenen ... was immer einen weiterbringt und glücklicher macht im Leben.

Somit ist die Entscheidung, „Familie“ den „Eltern“ (= „Kernfamilie“) vorzuziehen allemal richtig.

Ist wohl so. Obwohl es auch noch andere Familienkonstrukte gibt. Sicherheit können sie alle geben. Im Prinzip jedenfalls.

Warum der Genitiv?
Weg mit ihm!

Hinfort mit ihm!

Natürlich ist der Ruhe-Tag gefährdet

Man sollte aufbegehren. Auch der heilige Feierabend muss ... feierbar sein.

Da wird sich der verkaufsoffene Sonntag gar bald als regulärer Arbeitstag herausstellen.

Das würde mir nicht gefallen und sonntags sieht mich kein Geschäft - halt, außer der Tankstelle vielleicht.

Mach dir gerne einen schönen Sonntag, lieber Friedel. Gruß, Kanji

 

Hi Kanji!

Ich hab deine Story gerne gelesen. Im Grunde finde ich mich fast komplett in den Vorkommentaren wieder.

Auch mir sprang der erste Absatz (noch immer) negativ ins Auge

Als sie die Stellung im Werkstattbüro antrat, hätte sie nie gedacht, in ihrer Freizeit Enten zu füttern. Sonntags war kein Ruhetag. An dem Tag wollte sich Vera lebendig fühlen. Etwas, das sie Leben nannte, sollte in jede Faser eindringen, sie füllen und sich darin für die Zeit speichern, die kommen mochte. Für die Jahre, in denen sie aufopfernd und fürsorglich wäre, in der sie sich um eine Familie kümmern würde. Aber mit der Zeit fühlten sich die Verabredungen mit Kollegen und Werkstattkunden an den Sonntagen an wie etwas, das es sich abzugewöhnen galt, wie das Rauchen oder vor dem Fernseher Kekse zu essen. Schließlich ging sie allein spazieren. Eine Tüte mit altem Brot in der Manteltasche. Vera konnte Enten nicht mal leiden. Sobald sie sich näherte, watschelten sie gruppenweise auf sie zu, reckten die Hälse vor, schnatterten, als wollten sie sich über das Brot beklagen, noch bevor sie es bekommen hatten. Weil die Sonne sich nicht blicken ließ, dachte Vera daran, an diesem Tag nicht in den Park zu gehen, aber da knöpfte sie sich im Flur bereits den Mantel zu.
Wieso wird mir das als Leser erzählt? Was für eine Bedeutung hat das, was ich hier lese, mit der letztendlichen Begegnung mit Puppa? Gut, sie ist einsam und hat keine Familie. Das ist vielleicht der wichtigste Punkt, den der Leser hier mitbekommen sollte.
Stattdessen wird mir viel über Ruhetag, neue Arbeitsstelle, Verabredungen mit Kollegen, ja, einer allgemeinen Langweile und eine irgendwie ... "unsympathische" Ablehnung gegenüber allen Leuten, sogar gegenüber Enten, erzählt. Ich finde diese Infos einerseits - tut mir leid, wenn ich das so direkt sage, hoffe, du nimmst es mir nicht übel - ein wenig banal und "unpersönlich", eigentlich eine ein wenig oberflächliche Charakterisierung. Und andererseits sind viele dieser Infos im ersten Absatz eigentlich überflüssig - die Arbeit, Enten, Fernseher, Kekse. Ich fand das den langatmigsten Abschnitt in deiner Geschichte, was schade ist.

Zum Rest der Geschichte: Ich habe ihn ganz gerne gelesen, in einem Rutsch auch; ich glaube, Peeperkorn war es, der meinte, ihm fehle hier allerdings ein wenig der Konflikt, ihm ginge das alles zu glatt mit Puppa. Das ging mir beim Lesen ähnlich. Ich dachte mir: Ok, ich sehe, der Autor will die beiden jetzt zusammenbringen, es wirkt auch nicht ganz unlogisch beim Lesen, aber es fühlt sich irgendwie seltsam an, dass dieses Mädchen einfach auftaucht und ihr hinterher läuft. Ist das normal? Was ist die Motivation für Puppa, einfach zu einer fremden Frau zu gehen und sie zu beschimpfen, sie hätte keine Kinder?
Letztendlich ist mir der Text etwas zu uneins. Was will der Text? Einerseits habe ich das Gefühl, er will eine Obdachlosen-Geschichte erzählen; mit Puppa, wie sie hinterher läuft usw.
Andererseits - und das ist ja die zweite Lesart - kann man das so lesen, dass Puppa eine Art Geist ist, der deiner Prot erscheint, um etwas in ihr selbst widerzuspiegeln. Meinem Gefühl nach hast du mit erster Intention begonnen, und mit letzterer geendet. Ist jetzt nur ein Vorwurf und mein persönliches Gefühl. Im Grunde finde ich den Text nicht schlecht und sehe Potential, aber ich glaube, du müsstest dich entscheiden, was du hier erzählen willst. Willst du Puppa als Geist haben, fehlt mir einfach die Resonanz in der Prot - was bedeutet das genau? Ich verstehe es nicht ganz, und ich glaube, es liegt nicht bloß an meinem verminderten Intellekt, sondern, weil es auch lediglich etwas schattenartig im Text angerissen wird.
Toll fände ich in diesem Zusammenhang natürlich, wenn du im ersten Absatz deine Prot so Charakterisieren und Biografisieren (gibt es das?) würdest, dass man die Puppa-Erscheinung und das In-den-Fluss-Steigen zum Schluss verstehen würde, dass da der Zusammenhang bestehen würde. Nur ein Gedanke.

„Es ist spät. Musst du denn gar nicht nach Hause gehen? Deine Familie ist sicher beunruhigt.
Würde Vera das so sagen? "Deine Familie macht sich bestimmt schon Sorgen", fände ich authentischer

Mein Kommentar klingt böse! Ist nicht so gemeint, im Grunde habe ich es gerne gelesen, aber der Text wirkt auf mich etwas unausgewogen und unauserzählt, sodass leider nicht all die Fragen, die er in mir aufgeworfen hat, klären konnte, was ich etwas schade fand.


Alles Beste!
zigga

 

Hej @zigga ,

schön, dass du reinliest. Ich hoffe, du bist mir auch nicht böse, wenn ich dir sage, dass ich über deinen Kommentar an einigen Stellen echt lächeln musste, also im besten Sinne, denn du bist scheinbar noch voll drin in deiner Obdachlosen-kids-story, denn ich habe hier keines gedacht. Puppa ist für dich bestenfalls ein Geist. Das geht durch, aber sie ist keinesfalls real. Es ist wohl so, dass man als Leser entweder drin ist oder denken muss und dann auf wilde Sachen kommt. Sicher könnte ich das eingrenzen, also sicher geht das, meine ich, ob ich das könnte, weiß ich nicht.
Aber das will ich nicht. Jeder findet darin etwas oder eben nicht. Du bist dann wohl mehr der Eben-nicht-Typ. :shy:

Du empfindest den Charakter der Prot oberflächlich und banal, unpersönlich und viele Informationen über sie überflüssig.

Verwirrend, das musst du mir zugestehen. Ich kann das nicht so gut nachvollziehen, weil es auch paradox klingt. Du musst schon wissen, wie sie lebt, dass sie allein und einsam ist. Wenn ich das in deinen Augen nicht gut hingekriegt habe, okay, aber irgendwie muss das schon sein, oder? Sie hat n öden Job, sie hat eine langweilige Freizeit, Verabredungen mit Männern, an denen ihr nichts liegt, sie ist unsympathisch. Ja. So ist es. Aber das ist eben nur am Rande wichtig. So etwas Langweiliges wollte ich nicht auch noch ausdehnen und spannend aufpimpen. Sollte ich?

Willst du jetzt nichts über sie wissen? Hab ich es doof erzählt? Willst du eine andere Lebensweise, einen aufregenden Style. Ich komm nicht klar, zigga.

Was ich allerdings für mich vermute ist, dass diese Informationen ohne den ursprünglichen Hintergrund der Routine, die ich hier anlegen wollte und dann wieder davon abgelassen habe wegen … Unfähigkeit, und Verwirrung, ein angemessenes Gerüst gewesen wären. Ich wollte ihre Lebensroutine darstellen. Und ja, die ist langweilig und belanglos; Arbeit, Enten, Kekse, Fernsehen. Das ist die Geschichte. Das ist irgendwie lustig, finde ich, dass ich das betonen und beinahe entschuldigen muss.

Peeperkorn meinte, glaub ich, den Konflikt, der am Ende zu schnell aufgeht. Es gibt ihn ja.

Puppa geht nicht unmotiviert mit. Puppa ist Vera. Das bringt mich in echte Schwierigkeiten, wenn das nicht klar wird. Ich verstecke anscheinend die Hinweise zu gut.

Klar ist das alles weird, wenn es ein echtes Kind wäre. Puppa hat keine Motivation. Sie ist da, weil Vera sich erinnert. Ach zigga, du machst mit fettich. Ich würde es so gerne besser machen, damit du da nicht so rumirren müsstest und jetzt ich.

Ich habe mich entschieden, was ich sagen will: ich will Vera mit sich selbst konfrontieren und deswegen habe ich ihr das Kind, das sie war und ja noch in ihr steckt, weil man das eben nicht los wird, auf sie gehetzt, sie penetrant mit Fragen attackiert, die sie sich eben selbst stellt. Sie stellt ihr Leben in Frage. Dazu brauchte sie Puppa. Ich hätte sie auch zum Psychologen schicken können. Aber die kenn ich nicht.

Ich war entsetzt, als du dir fast dafür die Schuld dafür gegeben hast, den Text nicht einordnen zu können.
Ich verstehe dich leider auch nicht so richtig, wenn du von in-den-Fluss-steigen schreibst. Es regnet doch bloß. :hmm:

Dass du diese Geschichte dann aber trotzdem gerne gelesen hast, ist auch komisch und ich bin dir an keinem Punkt deines Kommentares böse gewesen und habe auch deinen nicht als böse aufgefasst, nur weiß ich nicht, was ich tun soll, um die Geschichte besser zu machen. Aber ich versuche es irgendwie, weil ich das Thema mag und ich weil ich will, dass es nicht verwirrt.

Vielleicht hattest du ja auch gar keine große Lust, dich auf eine langweilige Story einzulassen und hast es bloß … "mir zuliebe" gemacht, was ich dann auch zu schätzen wüsste? :sealed::shy:

der Text wirkt auf mich etwas unausgewogen und unauserzählt, sodass leider nicht all die Fragen, die er in mir aufgeworfen hat, klären konnte, was ich etwas schade fand.

Ich hab zu tun. Hab vielen Dank für deine Zeit und deine Gedanken und bis dann, Kanji

 

ziggas Kommentar war jetzt das berühmte Tröpfchen, oder Tropfen und ich habe mich bemüht, weniger anzudeuten, mehr auszuerzählen und all eure wertvollen Hinweise einzuflechten.
Ich habe versucht, deutlicher zu machen, wer Puppa ist und was Vera verunsichert. Ich habe vermutlich zu viel Pathos verwendet, vermutlich, weil ich eben dadurch dichter an das Dilemma heranging. Aber schaut selbst, wenn ihr überhaupt noch Lust auf den Besuch habt. Ist ja auch schlechtes Wetter dort. :shy:

 

Deine Geschichte hat mir sehr gefallen. Ich bin schnell reingekommen. Fand sie spannend, geheimnisvoll und stimmungsvoll. Mir gefällt dein Schreibstil! Du bist eine ausgezeichnete Beobachterin, das merkt man :)

Die Wände ihres Hauses bröckelten und bald blieben nur Ruinen übrig, in denen sie hauste.
Ich habe die ganzen Kommentare nicht gelesen, dazu sind es zu viele. Ich bin über diesen Satz gestolpert. Und dachte, warum nicht: ...und bald blieb nur eine Ruine übrig, in der sie hauste...?

Als sie ihre erste Stellung im Büro antrat, hätte sie nie gedacht, jeden Sonntagnachmittag im Park Enten zu füttern. Vera konnte Enten nicht mal leiden. Sobald sie sich näherte, watschelten sie gruppenweise auf sie zu, reckten die Hälse vor, schnatterten, als wollten sie sich über das Brot beklagen, noch bevor sie es bekommen hatten. Weil die Sonne sich nicht blicken ließ, dachte Vera daran, an diesem Sonntag nicht in den Park zu gehen, aber da knöpfte sie sich im Flur bereits den Mantel zu. Sonntags war der einzige arbeitsfreie Tag. Das sollte der Tag sein, an dem sich Vera lebendig fühlen wollte.
Das wirkt natürlich paradox, zog mich aber gleich komplett in die Geschichte hinein.

„Ich glaube, du fütterst die Enten nur, weil du keine Kinder hast. Sich um Kinder zu kümmern bedeutet nämlich, dass man Hormone ausschüttet und sich glücklich fühlt.“
War mir zu viel an dieser Stelle, als ich noch ein reales Mädchen vermutete.

Und während der jüngere Bruder am liebsten vor dem Spiegel stand, der ihn klein und rund aussehen ließ, dabei rückwärts durch seine eigene Beine blickte, um kurz darauf übermütig die kleine Schwester zu schubsen, die kerzengerade vor einem posierte, in dem sie übermäßig lang aussah, stand Vera am liebsten vor dem, der eine große Erscheinung aus ihr machte.
Der Satz ist mir zu lang.

Ein Püppchen aus Knochen mit Kniestrümpfen und die Haut darüber schimmerte lila wie der Himmel über ihnen.
Sehr schönes Bild. Sind auch noch andere ganz tolle Bilder, habe ich jetzt nicht alle zitiert...

Feiner Nieselregen hatte eingesetzt und legte sich wie Morgentau aufs Spinnennetz über Veras Haare, denn sie blieb vor der Haustür stehen, unschlüssig, den nächsten Schritt zu gehen.
Dass du die Situation in der Wohung aufgelöst hast, indem sie geht, finde ich sehr gelungen....ich lobe ja hier nur:sealed:

„Es tut mir leid, Puppa. Ich glaubte, ich hätte viel mehr Zeit für … alles.“
Hier war mir der Übergang von Flucht zu ihrer Zugewandheit zu schnell.

Schule, Beruf, Mann und Kinder. So ist es nicht. Sie haben alles Wichtige verschwiegen.“
Über diesen Satz könnte man eine eigene Kurzgeschichte schreiben.:D

Liebe Grüße
effa

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej @effa ,

schön, dass du dich mit dem Text befasst hast und überhaupt, dass du hier aktiv bist bei Wortkrieger. :)
Ich leg mal gleich los und gehe auf alles ein, was du angemerkt hast. Ist ja nicht so viel.;)

Und dachte, warum nicht: ...und bald blieb nur eine Ruine übrig, in der sie hauste...?

Ich lese auch selten alle Kommentare unter Geschichten, gerade wenn sie viele und über einen langen Zeitraum entstanden sind. Ich möchte unvoreingenommen bleiben. Manchmal aber doch, nachdem ich selbst einen Kommentar geschrieben habe, aber oft verunsichert mich das dann. Und an dieser Stelle hast du recht: warum denn nicht so. Das lag vermutlich an meinem Gedanken, alle abgetragenen Wände im Haus als eigene Ruine zu sehen, was ja Quatsch ist. Das Haus ist eine Ruine.

Das wirkt natürlich paradox, zog mich aber gleich komplett in die Geschichte hinein.

Cool, dass es bei dir so funktioniert hat.

War mir zu viel an dieser Stelle, als ich noch ein reales Mädchen vermutete.

Kann ich verstehen, aber irgendwie musste ich die Weiche langsam legen, den Leser ins Grübeln zu bringen.

Der Satz ist mir zu lang.

:D

Sehr schönes Bild. Sind auch noch andere ganz tolle Bilder, habe ich jetzt nicht alle zitiert...

Ich mag zu langen Sätze, dicke fette Bilder.

Dass du die Situation in der Wohung aufgelöst hast, indem sie geht, finde ich sehr gelungen....ich lobe ja hier nur:sealed:

Da sagst du was, denn mir ist gerade gestern aufgefallen, dass ich das in meinen Geschichten ziemlich oft so mache. Ich muss mal überlegen, ob es nicht auch weniger impulsive Maßnahmen geben könnte.

Hier war mir der Übergang von Flucht zu ihrer Zugewandheit zu schnell.

Oha, zum Glück hast du nicht eine von den Verfassungen gelesen - da ging’s noch fixer. Okay, ich denke weiter nach.

Über diesen Satz könnte man eine eigene Kurzgeschichte schreiben.:D

True. Ich bin dabei. ;)

Liebe effa, es war mir ein Vergnügen und Hilfe, von deinen Eindrücken zu lesen. Ach und lieben Dank für den lobenden Beginn zu Anfang. :shy:

Weiterhin viel Spaß hier und lieber Gruß, Kanji

 

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