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Damals

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24.08.2003
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Damals

Als ich dich verlassen habe, blieb ein Stück von mir bei dir zurück. Vielleicht liegt es noch auf deiner Couch, und du nimmst es manchmal in die Hand. Vielleicht staubst du es manchmal ab, wenn du deine Wohnung sauber machst.
Ich weiß noch, damals. Wie überrascht ich gewesen bin von dem, was ich gefühlt habe. Und wie jung ich war. Wie du mich mit zu dir genommen hast, und wie…
Als sich deine Seile um meinen Körper wanden, liefen mir kalte Schauer über den Rücken. Wenn ich in jenem Moment gestorben wäre, es wäre gut gewesen. Deine Hände lagen auf meinen Hüften und strichen meine Oberschenkel empor, kniffen, streichelten und drehten mich wie du mich haben wolltest. Und ich habe es geliebt.
Früher, im Weichzeichner der Erinnerung, bin ich mit meinem Samtrock durch die Straßen gegangen, zu dir, in meinen Mantel gewickelt.
In jenen Tagen habe ich immer Strings getragen, denn du mochtest es, wenn ich sie trug.
Damals war es Winter, draußen fielen die Flocken. Manchmal standen wir da, am offenen Fenster, ich war nackt, an dich geschmiegt, wärmte mich an dir und fühlte die Kälte, wie sie in meinen Körper biss. Du hieltest mich fest, und ich genoss die Geborgenheit, die ich bei dir fand.
Damals beschlossen wir, es nur eine Affäre sein zu lassen. Wir schworen einander, niemals jemandem zu verraten, dass etwas passiert war. Es hätte sowieso nicht funktioniert. Ich war zu jung für dich. Wir gaben unser Wort, dass wir niemals mehr sein wollten als Freunde, die ein Geheimnis teilten.
Außer dem Geheimnis teilten wir noch das Bett, in diesen Tagen. Und wenn ich mich in deinen Armen immer weiter verlor, hörte ich nicht auf die Stimme der Vernunft, die mich anflehte, es nicht zu tun.
Damals verliebte ich mich in dich. Deswegen ist jetzt nicht einmal mehr die Freundschaft übrig.
Als ich dich verlassen habe, blieb ein Stück von mir bei dir zurück. Vielleicht liegt es noch auf deiner Couch, und vielleicht denkst du manchmal an mich, wenn du es siehst.

 

Hallo Vita!

Deine Geschichte ist Dir meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Plot, Gefühl und Sprache sind eine Einheit, d.h. passen gut zueinander. :)

Irgendwie finde ich zwei Aussagen in Deiner Geschichte. Die eine ist, daß die Protagonistin trotz ihrer Jugend in der Lage gewesen wäre, den viel älteren Mann richtig zu lieben - das gefällt mir als Aussage nicht so gut, aber ich laß es ausnahmsweise unkommentiert, weil mir die zweite Aussage wirklich gut gefällt: Daß eine Freundschaft als solche viel mehr wert ist, weil sie haltbarer ist, solange sich keiner in den anderen verliebt, oder man zumindest nicht miteinander ins Bett geht.
Ich kenne keine Statistik darüber, aber ich schätze mal, daß mehr Beziehungen und zu Affären ausgeweitete Freundschaften zerbrechen, als richtige, reine Freundschaften. :)

"Ich weiß noch, damals. Wie überrascht ich gewesen bin von dem, was ich gefühlt habe, und wie jung."
- das "und wie jung" wirkt irgendwie so dazugehängt, ich würde es als eigenen kurzen Satz schreiben: Und wie jung ich noch war. Eventuell könntest Du auch das "damals" in diesem Satz unterbringen (statt dem "noch") und es vorne samt dem Punkt streichen.

"Früher, als alles besser war"
- das klingt in meinen Ohren sehr öhm..., würde "als alles besser war" streichen

"Manchmal standen wir da, am Fenster, hatten es geöffnet, ich war nackt, an dich geschmiegt, wärmte mich an deinem Körper und fühlte die Kälte, wie sie in meinen Körper biss."
- statt "standen wir da, am Fenster, hatten es geöffnet" würde ich schreiben: standen wir am offenen Fenster, ich ...
- zweimal Körper

"Außer dem Geheimnis teilten wir noch das Bett, in diesen Tagen."
- "in diesen Tagen" würd ich zwischen "wir" und "noch" geben, dann fällt auch der Beistrich weg

"Und wenn ich mich in deinen Armen immer weiter von der Vernunft entfernte, hörte ich nicht auf ihre Stimme, die mich anbettelte, es nicht zu tun."
- Vorschlag: Und wenn ich mich in deinen Armen immer mehr verlor, hörte ich nicht auf die Stimme der Vernunft, die mich anbettelte, es nicht zu tun.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Häferl,

danke fürs Kritisieren... Ich war mir nicht ganz sicher, ob die Geschichte hier richtig ist, ist ja eher Scherben-Romantik, aber den Probelauf habe ich ihr dann gegeben.

Deine Anmerkungen habe ich umgesetzt - danke fürs Raussuchen!

Irgendwie finde ich zwei Aussagen in Deiner Geschichte. Die eine ist, daß die Protagonistin trotz ihrer Jugend in der Lage gewesen wäre, den viel älteren Mann richtig zu lieben - das gefällt mir als Aussage nicht so gut, aber ich laß es ausnahmsweise unkommentiert
Was an dieser Aussage findest du nicht gut? Ich denke, dass ein Altersunterschied nur in jungen Jahren eine Rolle spielt. Es ist eben ein riesiger Unterschied zwischen 30 und 24, aber es ist kein so großer Unterschied mehr zwischen 80 und 74...

Ganz lieben Gruß
vita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Vita,

auch mir hat deine Geschichte vom Stil und von der Geschlossenheit sehr gefallen. Häferls Gedanken hatte ich allerdings auch, denn deine Geschichte legt durch den Verweis auf den Altersunterschied und die Geheimhaltung die Assoziation zu einer Mann/Kind Beziehung nahe.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo vita,

auch mir hat deine kleine Geschichte gut gefallen.
Die Distanz, die deine Prot zu der Affäre hat, bringst du schön rüber. Ich hab es so empfunden, dass sie nicht mehr so fühlt wie damals, aber nichts bereut und die Gefühle noch als so schön beschreiben kann, wie sie damals für sie waren. Dieses unverbitterte, sachliche Zurückschauen - schön, wenn man das kann. Was ich mich gefragt habe: ist die Freundschaft aufgrund der Affäre zerbrochen?
Eins fand ich noch gelungen: der Anfang und das Ende bilden einen schönen Rahmen für die Geschichte, da du das Motiv wieder aufgreifst.

Liebe Grüße
Juschi

 

... und manche Menschen sind so freigiebig mit Stücken von sich selbst, dass man sich wundert, wie sie mit den Narben der herausgeschnittenen Teile überleben können.

Eine wunderschöne Geschichte, klein, aber nicht im Sinn von banal, sondern komprimiert auf das Wesentliche, ohne dass dem Leser viel fehlt. Häferls und Sims Bedenken kann ich nicht teilen, denn erstens ist explizit nicht von Liebe, sondern von Verlieben die Rede, und da sehe ich schon einen Unterschied. Außerdem deutet nichts darauf hin, dass die Prot kindlich oder blutjung ist. Ich hatte beim Lesen die Vorstellung einer zwar jungen, aber dennoch in sich ruhenden Person; warum soll die nicht in der Lage sein, Liebe zu entwickeln?

Ich sehe auch nicht das unverbitterte, sachliche Rückschauen, wie Juschi es nennt. Nein, die Prot ist in meiner Wahrnehmung nicht verbittert, aber sie ist resigniert, der Ton der Erzählung ist auf Moll gestimmt. Du gibst keinen Hinweis, woran die Freundschaft zerbrach (mein einziger Kritikpunkt), darum stelle ich mir vor, dass letztendlich doch die mehr als freundschaftlichen Gefühle zum Zerbrechen der Kameradschaft geführt haben. Auch wenn man es sich vornimmt: Die Entwicklung von Gefühlen lässt sich nur bedingt steuern und eigentlich ist es in solchen Konstellationen besser, den klaren Schnitt zu machen.

Danke für den Lesespaß!

Chica

 

Hi ihr,

danke fürs Lesen und kritisieren!

Chica: "... und manche Menschen sind so freigiebig mit Stücken von sich selbst, dass man sich wundert, wie sie mit den Narben der herausgeschnittenen Teile überleben können." Meinst du damit, dass du die Geschichte für autobiographisch hältst? Ich schreibe nicht nur autobiographischen kram :D

sim: Eine Mann/Kind-Beziehung hatte ich beim Schreiben eigentlich nicht im Sinn, dann wäre der Text auch in "Gesellschaft" gelandet und nicht hier ;) Ich hatte mir die Prot als junges Mädchen vorgestellt, also, zwischen vierzehn und sechzehn Jahren alt vielleicht.

Juschi: Du hast Recht, das werde ich noch mal bearbeiten, das ist nicht deutlich geworden. Aber die Antwort ist wahrscheinlich ja, meinst du nicht auch? :)

Schön, dass euch die Geschichte gefallen hat, ich hoffe weiterhin auf rege Kritik

Gruß
vita
:bounce:

 

Meinst du damit, dass du die Geschichte für autobiographisch hältst?

Nein. Frage zurück: Hältst du es für möglich, dass Kritiker auf der Basis ihrer eigenen Biografie und Menschenkenntnis kommentieren? ;)

 

Nein, ich wollte nur mal gefragt haben, nicht, dass dadurch die Interpretation der Geschichte verfälscht wird so a lá arme vita, so was Schreckliches :)

Beruhigten Gruß
vita

 

@Chica: Ertappt. ;)

Vielleicht ist es eine Rechtfertigung, ich denke allerdings, dass man immer auch seine eigenen Erfahrungen in die Geschichten liest.

@Vita: Vierzehn bis sechszehn? Ja, so um die vierzehn hatte ich sie mir auch vorgestellt. Daher mein bei dieser wirklich schönen Geschichte mein leicht ungutes Gefühl.

Einen lieben Gruß, sim

 

hej.
kurz, und knackig... vielleicht zu kurz?
dennoch, ziemlich auf den punkt, der gedankengang der rückschau, und des erinnerns.
interessant war der aspekt mit den seilen...sei es als bild, sei es als hinweis... mein fazit, der/die prot erinnert sich eher mit liebe an gewesenes, insofern für gut befunden.
Lord

 

Hi Lord,

vielen Dank fürs Lesen und kritisieren, freut mich, dass die Geschichte dir gefallen hat. Zu kurz - dazu kann ich nichts sagen, normalerweise schreibe ich immer Epen in Fantasy. Eigentlich kommt mir die Geschichte so rund vor, ich habe sie mir auch mehrmals durchgelesen und dachte dabei "eine halbe Seite, das ist doch viel zu wenig", aber offenbar ist es das nicht. Ich glaube, dass jeder Satz mehr das Bild verwischt...?

Gruß
vita

 

Als ich deine PM lass dachte ich mir schau doch mal rein und sieh dir an was die Vita so geschrieben hat
und als ich so schaute, da dachte ich mir "Respekt":

"Als sich deine Seile um meinen Körper wanden, liefen mir kalte Schauer über den Rücken. Wenn ich in jenem Moment gestorben wäre, es wäre gut gewesen. Deine Hände lagen auf meinen Hüften und strichen meine Oberschenkel empor, kniffen, streichelten und drehten mich wie du mich haben wolltest. Und ich habe es geliebt."

so ein, doch recht kleiner Absatz und so viele Emotionen ohne dabei schnulzig zu werden und ohne die Situation direkt mit Worten benannt zu haben.(Find ich gut gelungen)
Und auch das dein "Plot, Gefühl und Sprache eine Einheit bilden" (Häferl) hat mir auch sehr zugesagt.

Aber zwei Dinge musst du noch ins reine bringen, bevor ich mich mit der KG vollkommen anfreunden kann:

1"Wir schworen einander, niemals zu verraten, dass etwas passiert war."
macht keinen Sinn in seiner jetzigen Form. Warum nicht:
Wir schworen einander, Niemandem jemals zu verraten, dass etwas passiert war.(Für den Leser angenehmer)

2"Jetzt ist nicht einmal mehr die Freundschaft über, deswegen."
Igitt was ist dir den hier passiert?;)
"deswegen" entweder ganz raus oder an den Anfang. An seiner jetzigen Textposition löst das "deswegen" eine leicht Übelkeit in mir aus:(

Ansonsten war es mir ein Vergnügen diese KG weg zu schlingen
Nice

 

hej.
aus nice´s anmerkungen kannst du entnehmen, dass man da durchaus mit ein, zwei, oder drei sätzen noch etwas erklärendes, oder erhellendes an/hinzufügen könnte.
mfg.
Lord

 

Hi ihr drei,

Nice, danke fürs Lesen und die Anmerkungen, ich habe sie korrigiert, schön, wenn dir die Geschichte gefallen hat.

Sue, danke fürs Lesen und Kritisieren :)

Arion - ich war faul, ich habe nur umformuliert...

Gruß
vita

p.s.: ich liebe es, Leute per PM auf meine Geschichten anzusetzen... :D

 

Das mit der Webung per PM gilt aber zumeist als unfein... das wirst du schon noch merken... entweder, du schreibst so gut, dass man neue Sachen von dir einfach lesen MUSS, oder du schaffst es nicht, dann musst du üben... so ist das hier nun mal... Macht aber im schriftstellerischen Sinne echt Sinn...
Lord

 

Lord, das weiss ich, das war nur ein Scherz, deshalb auch der Smiley. Das, was du mir erzählt hast, habe ich schon gemerkt, vielen Dank, ich bin nicht ganz so präpubertär wie einige Andere in meinem Alter.
Trotzdem danke fürs Kritisieren, erneut.

Gruß
vita

 

Hej vita,

hat mir sehr gut gefallen, Deine kleine melancholische Geschichte! :thumbsup:

Ich kann Häferls und sims Bedenken auch nicht teilen. In meinen Augen ist das Mädchen um die sechzehn, sehr jung, aber nicht zu jung, um sich zu verlieben und um Sex zu genießen.

Eine Sache ist mir noch aufgefallen:

Deswegen ist jetzt nicht einmal mehr die Freundschaft über.
Das klingt so sehr umgangssprachlich in einem sonst so wunderbar formulierten Text, schreib doch "übrig", dann ist dieser Effekt weg.

Die Seile gefallen mir auch in ihrer dezenten Art - sehr nach meinem Geschmack, sowohl die Sache an sich als auch Deine Art der Unterbrringung!

LG
chaosqueen

 

Hi vita,

sehr schön. Wie immer mit viel Gefühl und Tiefe.
Ein junges Mädchen, verliebt in einen reifen Mann. Er kann ihr Wärme und Geborgenheit geben, meist nur für eine kurze Zeit.
Wahrscheinlich ist der Mann verheiratet.
Er sucht noch einmal die Jugend.
Sie sucht die Reife.
Beide wissen, es wird nur ein Moment in Ihrem Leben sein.
Sie erinnert sich mit zärtlichen Gefühlen.
Er hat sie etwas gelehrt, das sie in ihrem zukünftigen Partner hofft, wiederzufinden. (denke ich)

Einen ganz lieben Gruß an meine Süße :)
col.

 

Hi Queen und Col,

danke fürs Lesen und Kritisieren, es freut mich, dass euch meine kleine Geschichte gefallen ist. Vita goes minimalistic!

Die Anmerkung werde ich editieren...

Gruß und :kuss:
vita

 

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