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Cranberries

Monster-WG
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10.09.2014
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Cranberries

Es ist Sommer, weit in Kanadas Westen, hoch im Norden.
Am Morgen dampft die Erde, das weißliche Sonnenlicht durchdringt mühsam die Wolkenfelder.
Stromschnellen glitzern; auf der anderen Flussseite stehen Bisons wie Felsbrocken. Dunkel und unbeweglich, nichts kann sie beeindrucken.
Ein offener Jeep brettert über den schlecht erkennbaren Weg, schleudert, taucht ein in Bodenwellen, macht einen Satz und hält mit kreischenden Bremsen.
Astrid steigt aus und nimmt ihr Kopftuch ab.
„Du fährst wirklich wie ein Verrückter“, sagt sie. "Hoffentlich kannst du einen Moment warten, bis ich meine Sachen raus hab.“
„Wenn es denn sein muss ...“ Jeffs Worte spiegeln seinen Gesichtsausdruck wider.
Die Frau presst die Lippen zusammen. „Ich melde mich, wenn ich fertig bin.“ Sie legt Kameraausrüstung und Funkgerät ins Gras.
Erdbrocken schleudern hoch. Er prescht davon, als ginge es ums nackte Leben. Blaue Schwaden wabern in der Luft.
Sie streckt den Mittelfinger, ohne die Hand zu heben.

* * *

Diese Seite ist waldbestanden. Etwas spärlich am Fluss, dichter im ansteigenden Gelände. Cranberries überall – grellrote Punkte im immergrünen Laub.
Der wilde Truthahn streicht vom Baum, die Sonne steigt, alles erhellt sich, glänzt und leuchtet. Der Wapiti steht am Hang und schaut auf sein Reich. Hoch reckt er den Kopf, das mächtige Geweih berührt seinen Rücken. Von oben nähert sich der Grizzly, unhörbar, unsichtbar, jede Deckung nutzend.
Er macht einen mächtigen Satz, der Wapiti geht rücklings zu Boden. Der Grizzly verbeißt sich in dessen Kehle, genießt den Geschmack von Macht und Blut.
Die Hufe des Hirschs zucken wie im wildesten Galopp, wollen in den Himmel schlagen. Dann wird er ruhig, auch die Kiefer des Bären entkrampfen sich. Er reißt die Bauchdecke auf.
Lunge, schaumig und rosarot. Knackige Nieren. Dunkelrote Leber, prall und edel. Der aufsteigende Duft schürt seine Gier. Als er Maß nimmt für den Königsbiss, ertönt vom Fluss wütendes Knurren.
Ein Koloss nähert sich mit schwingendem Schritt, das Gebiss entblößt, gesträubtes Fell, bereit zur Attacke. Grizzly gegen Grizzly – Fressen ist Leben.

Der erste Hieb ist furchtbar, auch alle folgenden. Beide versuchen, eine günstige Position am Hang einzunehmen, sich von oben auf den Gegner zu werfen. Das ist kräftezehrend.
Der Kampf verlangsamt sich, wird zum Massaker. Die Kontrahenten richten sich auf, verbeißen sich ineinander. Mit ihren Reißzähnen und sichelscharfen Klauen zerfetzen sie sich Stück um Stück.
Dann holen sie aus zum letzten Hieb, ausgelaugt, mit bleiernen Pranken, mit dem Rest ihrer gigantischen Kraft. Ihre Kehlen stoßen Geröchel und rötliche Nebel aus wie kranke Geysire, die Muskeln zucken und zittern im Krampf.
Die tödliche Umklammerung löst sich und jeder verendet im eigenen Blut; eben noch cranberryrot, wird es dunkel, beinahe schwarz. Es vermengt sich mit dem des anderen – Blutsbrüder im Tod.
Der prächtige Wapiti liegt in der prallen Sonne, sein Gedärm wird bald stinken.

* * *

Astrid verwünscht die neuen Schuhe, am liebsten würde sie barfuß gehen. Die langen Stunden stehen in keinem guten Verhältnis zur Ausbeute. Allerweltsbilder halt, von genialen Schnappschüssen keine Spur.
Plötzlich erstarrt sie. Was zum Teufel ...? Zwei stattliche Grizzlys auf verwüstetem Gelände, das Fell in Fetzen, blutverkrustet; ein Zwölfender-Wapiti in seiner ganzen Herrlichkeit, mit durchbissenem Hals und offenem Bauch, auf einem Teppich von Schwarzlack und Grasgrün mit roten Pünktchen – darüber sirrende Fliegen im Blutrausch. Sie besinnt sich und fotografiert wie besessen.

Der Abendschein färbt den Fluss, verkitscht Wald und Auen mit einem schrecklichen Rosa.
Zwischen den Felsblöcken taucht der Jeep auf. „He“, schreit Jeff, „Mach hin!“
„Zehn Minuten noch.“
„Die sind bei dir eine halbe Stunde.“ Er steigt aus und kommt näher. Dann hält er die Hand gegen die tiefstehende Sonne. „Oh verdammt – was war denn hier los?“
Sie macht letzte Bilder und steckt die Kamera weg. „Siehst du doch. Die Bilder sind Gold wert.“
„Das meinst du. Aber auch das wird in die Hose gehen.“
Sie schweigt, er schiebt nach: „Und ich hab keine Lust mehr, deine teuren Hobbys zu finanzieren. Mir reicht’s.“
„Mach, was du willst. Ich komme auch ohne dich klar.“
Jeff fasst sie am Arm und zwingt sie, ihn anzuschauen. Sein Gesicht wird unglaublich breit: „Wie in den letzten zwanzig Jahren? Du hast mich schon ein Vermögen gekostet. Immer den Kopf voller Rosinen: Ballettschule, Ashram, Mal-Karriere, dein Super-Restaurant – alles Scheiße, verjuxtes Geld, aber Jeff hat’s ja. Für’s Foto-Atelier ist auch schon jede Menge Kies draufgegangen, aber wen juckt das? Dich doch nicht!“
Sie gehen zum Jeep zurück. Plötzlich bleibt sie stehen, dreht sich langsam um und schaut nochmals zum Kampfplatz.
„Kannst dich nicht sattsehen, was?“ Astrid verkneift sich die Antwort und öffnet die Heckklappe.
Er startet den Motor und spielt mit dem Gaspedal.
„Jetzt hör auf mit dem Scheiß!“, schreit sie ihn an. „Du machst mich ganz verrückt.“
Jeff lacht wie ein Idiot, drückt auf die Hupe und lässt den Jeep einen Hopser machen.
„Das bist du sowieso schon!“, brüllt er in den Lärm. Dann lässt er den Motor aufjaulen und Astrid steht in einer Dieselwolke.
Sie muss husten und speien. Jeff feixt, ihr kommen vor Machtlosigkeit und Wut die Tränen. Als sie mit blinzelnden Augen Taschen und Stativ neben Verbandszeug, Feldspaten, Reservekanister und Warndreieck verstaut, lässt Jeff den Jeep nochmals springen. Eine eiserne Hand presst ihr Hirn, es schmerzt wie eine Kolik.
Jeff dreht den Rückspiegel, um ihre Verzweiflung besser genießen zu können, sieht sie immer größer werden, ihren verzerrten Mund – der Schlag trifft ihn mit voller Wucht.
Er rutscht mit offenen Augen aus dem Wagen ins rotgesprenkelte Grün.

Astrid hält den Spaten mit beiden Händen, starrt mit aufgerissenen Augen auf das verschmierte Metall, dann auf Jeff, erbricht sich, würgt, bis nichts mehr kommt.
Plötzlich bewegt sich sein Arm.
Wie von der Viper gebissen schreit sie auf, wirft sich in den Jeep, tritt das Gas durch, lässt die Kupplung springen, wühlt mit allen vier Rädern über Jeffs Kopf und Bauch. Sie schreit zusammenhangslos und hysterisch, dann findet sie Worte: „Jetzt fick dich selbst, du Schwein“, wütet sie, dann noch lauter und schriller: “Verrecke, du miese Sau“. Durch Cranberries und feuchte Erde setzt sie zurück. „Geh zum Teufel, du widerliches Stück!“, kreischt sie mit geschwollenen Halsadern und fährt mit Vollgas über seine Beine. Ihr treten die Augen aus den Höhlen. „Und das ist für Debbie! Die kann dir im Himmel einen blasen“. Mit entstelltem Gesicht schreit sie: „Danke schön auch für Dawson. Was bist du doch für ein Schwein!“ und fährt nochmals über Kopf und Brust.
An einer mächtigen Wurzel kommt der Jeep zum Stehen. Sie schlägt mit der Stirn aufs Lenkrad und kollabiert. Zuckt wie der Wapiti in seiner schwersten Stunde, wird geschüttelt, gepackt von den Waldgeistern, kann vor Schluchzen kaum Luft holen.
Sie schreit, flüstert, wimmert, kichert irre.
Der Motor erstirbt, mit einem Mal ist es still. Am Himmel kreisen schwarze Vögel, die Fliegenschwärme werden größer.

Längst ist es dunkel geworden. Astrid öffnet die Augen und erblickt im Schein des vollen Mondes ein schreckliches Schlachtfeld. Koyoten raufen um die besten Stücke, etwas Schwarzes flattert dazwischen. Benommen beginnt Astrid Jeff zu entkleiden, nimmt seine Uhr, Schuhe, Socken und das Kettchen, das sie ihm zum Fünfzigsten geschenkt hat. Und das Toupet. Immer wenn er kam, verschob es sich auf groteske Art. Sie zieht ihn hinüber, dorthin, wo es schmatzt, knurrt und knirscht.

Mit leerem Blick lässt sie seine Hände los. Sollte sie ihm noch etwas sagen?
Sie geht stumm zurück, holt ein paar Mal laut und tief Luft und startet den Motor.

Der Weg wird allmählich besser, sie erreicht die Straße nach Careton. Die folgt dem Fluss, der immer breiter wird.
Astrid bringt die Meilen bis zur Brücke hinter sich, fährt auf den Zubringer und befindet sich über dem Strom. Auf der Standspur hält sie an.
Der Mond ist weitergewandert, Positionslichter schaukeln auf dem Wasser.
Sie wickelt Jeffs Sachen um den Wagenheber, zurrt seinen Gürtel darum und wirft das Bündel übers Geländer.

 

Hallo josefelipe

Mir gefällt deine Sprache ungemein.
Astrids suche nach dem sinn oder ziel Ihres Lebens, das immer wieder scheitert. Fand ich besonders gut formuliert.
Jeff der sie darin immer unterstützt, aber in zwei drei Sätzen alle hilfe, der Glaube an sie, Ihre Träume als Geld Verschwendung betitelt, und so alles Zerstört.
Danach wirds ein bisschen Hardcore. :)
Ich gelobe mich weiterhin, respektvoll und unterstützend, meiner Frau zu begegnen. Das dies mir nicht wieder fahren möge.

Unterhaltsame Geschichte, mit für mich einer schön gewählten Sprache.


Gruss Thelos

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen, lieber josefelipe,

soll mir schon wieder das Brot im Hals steckenbleiben?

Es beginnt mit so schönen, impressionistischen Landschafts- und Naturbildern. Selbst den Kampf ums Fressen zwischen den Giganten der Prairie kann ich noch genießen. So ist es halt in der Tierwelt, Fressen und Gefressen werden.

Und dann benutzest du den Ausdruck Massaker. Das macht mich stutzig. Massaker verweist auf Massenmord, absichtlich herbeigeführt und im Blutrausch gipfelnd. Das ist für mich ein ein Begriff, der auf menschliches Verhalten zielt, aber zutiefst unmenschlich ist. Kann es also sein, dass Jose, der sich mit Wörtern auskennt, hier schon auf die Protagonisten verweisen möchte?

Der Kampf tobt zwischen Astrid und Jeff, zunächst mit Worten, dann mit physischer Gewalt unter Verwendung des Autos, Symbol des technischen Fortschritts. Wow! Toll, wie weit es der Mensch gebracht hat.

Was unterscheidet den Mensch vom Tier? Können Tiere hassen? Ich weiß es nicht. Hier scheint es so, dass der Mensch, wenn man ethische Prinzipien ernst nimmt, den Tieren unterlegen scheint. Wolltest du das mit dieser Geschichte zeigen?

Noch ein paar Anmerkungen:
Jeffs lange Tirade über sein Verhalten Astrid gegenüber scheint mir in ihrer elaborierten Ausführlichkeit mehr an den Leser als an die Prota gerichtet. Mir würden hervorgestoßene Sprachfetzen genügen. Ich muss die Details gar nicht wissen, um den Hass zwischen den beiden zu verstehen. Dasselbe gilt auch für Astrid. Geld und Sex sind sehr oft Triebfeder für Zerwürfnisse zwischen Paaren.

... verkitscht Wald und Auen mit einem schrecklichen Rosa

Dies ist eine Wertung aus dem Off. Oder empfindet Astrid so?

Ab und zu hast du Wechsel der Perspektive. Ich stelle es nur fest, vielleicht ist es Absicht?

Auf jeden Fall ein bildreicher, spannender Text. Ich werde ihn nochmals in Ruhe lesen.

Allerfreundlichste Grüße
wieselmaus

 

Hola wieselmaus,

vielen Dank für den Tipp:

Jeffs lange Tirade über sein Verhalten Astrid gegenüber scheint mir in ihrer elaborierten Ausführlichkeit mehr an den Leser als an die Prota gerichtet. Mir würden hervorgestoßene Sprachfetzen genügen.
Da hast Du völlig recht, hab's gleich (hoffentlich) verbessert.
Ausführliche Antwort folgt, auch an Thelos.
Schönen Sonntag!
José

 

Hallo José,

dir gelingt es wunderbar Bilder vor meinem geistigen Auge zu erzeugen, schon die Eröffnung zieht einen in die Landschaft. Fast fühle ich mich mittendrin in den Szenen.

Am Morgen dampft die Erde, das weißliche Sonnenlicht durchdringt mühsam die Wolkenfelder.
Erinnert mich an Zeltlager, wenn man morgens aus dem Zelt kriecht. So manches mal überrascht einen die Natur mit magischen Lichspielen.
Ein wenig stört mich allerdings das "weißlich", für mich nimmt es irgendwie Stimmung weg.

Ein offener Jeep brettert über den schlecht erkennbaren Weg
Brettert, passt hervorragend.

Erdbrocken schleudern hoch.
Mehr braucht es nicht. Drei Worte und man weiß genau, was da abläuft.

Lunge, schaumig und rosarot. Knackige Nieren. Dunkelrote Leber, prall und edel.
Finde ich wunderbar formuliert, vor allem das "prall und edel". In meinem Kühlschrank wartet auch noch ein Stück einer solchen Leber auf mich. Wird wohl heute Abend verputzt.

Ihre Kehlen stoßen Geröchel und rötliche Nebel aus wie kranke Geysire,
Kranke Geysire? Herrlich.

sein Gedärm wird bald stinken.
Eben noch opulent Attribute verteilen und dann einen solchen Kontrapunkt setzen. Super. Musste bei ersten Lesen doch ziemlich grinsen.

Ist hier ein Meteor eingeschlagen?
Kann mich mit diesem Bild nicht anfreunden, passt für mich nicht. Ich sehe da einen wüsten Krater vor mir, aber keine zerfetzten Tierkadaver.

Jeffs fasst sie am Arm und
Jeff fasste ...

Eine Nichtigkeit bringt ein Fass zum überlaufen und zwei Menschen ticken völlig aus. Die müssen echt zwanzig Jahre alles in sich hineingefressen haben, ohne sich mal halbwegs gesittet ausgesprochen zu haben. Und warum hält die Beziehung, trotz der Seitensprünge und Nicklichkeiten. Traurig, aber leider auch zu oft Realität.

Was ich nicht ganz verstehe: Wieso holt Jeff Astrid genau an dieser Stelle wieder ab? Das wirkt für mich etwas konstruiert. Er setzt sie ab, sie schleicht stundenlang in der Gegend rum, und genau da findet er sie. Und wann hat sie ihn angerufen, dass er sie abholen soll? Das muss, wenn überhaupt, VOR dem entdecken des "Massakers" passiert sein, also an einer anderen Stelle.

Danke für diese intensive Kurzgeschichte.

Holger

 

Hola Jose,
Deine Geschichte über den Rosenkrieg eines ungleichen Paares hat mir gut gefallen. Du beginnst mit einer idyllischen Landschaftsbeschreibung, sozusagen die Ruhe vor dem Sturm. Doch dann wird das Ganze durch den bretternden Jeep unterbrochen. Sehr bildhafter Einstieg, wie im Film.
"Eine schlanke Frau Mitte dreißig" passt für mich nicht zum restlichen Stil, das klingt so nach Zeitungsartikel. Das Alter hätte mMn eher im Dialog erwähnt werden müssen. Wichtig ist es wohl auf jeden Fall, denn für mich steht die schlanke, relativ junge Frau konträr zu dem 50+-Jeff. Und dann auch noch mit Toupet. Trägt man so was noch? Jedenfalls lässt es mich darauf schließen, das da eine attraktive Frau einen sehr viel älteren und zudem noch unattraktiven Mann wegen seines Geldes geheiratet hat, er ihre teuren Hobbies finanziert, die für sie nur dazu dienen, irgendwie beschäftigt zu sein. Der Name "Astrid" lässt für mich darauf schließen, dass sie möglicherweise Europäerin ist, vermutlich Deutsche und ihn möglicherweise auch wegen der Aufenthaltsgenehmigung geheiratet hat. Ich habe also eine gute Vorstellung davon, was das für ein Paar ist.
Dann der Kampf der Giganten - ebenfalls eindrucksvoll beschrieben. Hier war ich allerdings kurz irritiert. Findet das direkt vor Astrids Augen statt? Offenbar nicht, denn sie betritt die Szenerie erst, als der Kampf vorbei ist.
Der Dialog zwischen Astrid und Jeff wirkt dann ein wenig konstruiert auf mich, wieso hat Jeff erst da keine Lust mehr, ihre teuren Hobbies zu finanzieren? Er hat sie doch da hingefahren. Das hätte für mich früher kommen müssen.
Der Vergleich mit der Furie klingt mir persönlich zu abgegriffen, da wäre mir ein originelleres Bild lieber gewesen.
"Verrecke du miese Sau". Da würde ich nur:" Verreck" schreiben, ansonsten klingt das in meinen Ohren künstlich.
Insgesamt spannend zu lesen und ja, ich stimme wieselmaus zu, der Mensch ist weitaus schlimmer als ein Tier, weil er eben nicht tötet, um zu überleben, sondern aus Hass. Üble Sache.
Gerne gelesen.
Viele Grüße, Chai

 

Hallo José,

diesmal entführst du deine Leser also nach Kanada. Fast hätte ich mir noch mehr Landschaftsbeschreibung gewünscht, schade, dass so etwas in modernen Texten wenig nachgefragt ist (Es gibt da aber Szenen z. B. bei Yasar Kemal, die darauf pfeifen - wunderschön) Aber ein wenig kanadische Wildnis vermittelst du zum Glück doch und setzt dem Überlebenskampf der Tiere - wenn ich den Text verstanden habe - eine Frau gegenüber, die ebenso instinktiv um ihre Existenz ringt und den Sieg davonträgt.

weit in Kanadas Westen, hoch im Norden

Hat mich geographisch ein wenig verwirrt, aber ich verlaufe mich ohnehin ständig.

Astrid, eine schlanke Frau Mitte dreißig

Ist mir zu sehr Tell, wenn wir schon bei Musts und Don'ts für moderne Texte sind.

Wenn es denn sein muss ...“ Jeffs Worte spiegeln seinen Gesichtsausdruck wider

So emotional fand ich seine Worte gar nicht, dass ich mir dazu einen Gesichtsausdruck denken kann.

Sein Gesicht wird unglaublich breit

Ich habe versucht, mir das vorzustellen ... :eek:

Eine eiserne Hand presst ihr Hirn, es schmerzt wie eine Kolik. Jeff dreht den Rückspiegel, um ihre Verzweiflung besser genießen zu können

Diese Stelle finde ich total gelungen, weil sich das Verhältnis der beiden darin widerspiegelt und weil sie im Erzählungsaufbau genau dorthin passt.

Am Himmel kreisen schwarze Vögel, die Fliegenschwärme werden größer

Und das Toupet. Immer wenn er kam, verschob sich das auf groteske Art

Übelst gut :D

Im Moment sind hier bei den Wortkriegern ja einige Horrorgeschichten unterwegs. Deine Geschichte hat so typisch josémäßig den Flair der großen, weiten Welt. Nicht gerade ein entspannter Urlaub, aber auf jeden Fall gruselig spannend!

Viele Grüße

Willi

 

Yo José!

Nette kleine Splatterstory und eine schöne Parallele zwischen "Elton" und "John" bzw. "Pedro" und Astrid und Jeff. War insgesamt kurzweilig zu lesen und aufgrund deines Sprachtalents wie immer flüssig und sehr plastisch beschrieben.

Ein paar Kleinigkeiten als Anmerkung, weniger als negative Kritik im eigentlichen Sinne:

Knackige Nieren. Dunkelrote Leber, prall und edel.
Würd ich streichen! Machen die Szene in meinen Augen eher kaputt, als dass sie den Erzählfluss bereichern. Was soll denn auch ne "knackige" Niere und "edle" Leber sein?!

Königsbiss
Wat soll'n das sein, ey? Echt, nie gehört, den Begriff. Meine Lieblingssuchmaschine wirft da auch nix passendes aus und im Übrigen klingt das Wort doof - vor allem in dem Kontext. Elton ist doch schon hinüber - soll der "Königsbiss" jetzt den Verzehr des besten Stücks Fleisch bedeuten?

„Wie in den letzten zwanzig Jahren? Du hast mich schon ein Vermögen gekostet. Immer den Kopf voller Rosinen: Ballettschule, Ashram, Mal-Karriere, dein Super-Restaurant – alles Scheiße, verjuxtes Geld, aber Jeff hat’s ja. Für’s Foto-Atelier ist auch schon jede Menge Kies draufgegangen, aber wen juckt das? Dich doch nicht!“
Wenn Astrid so ne Bitch ist, die ihn nur einen riesigen Haufen Geld kostet, warum schickt er sie denn dann nicht in die Wüste? Nen bisschen maso, der Gute, oder?:D

„Danke schön auch für Dawson. Was bist du doch für ein Schwein!“
Ich finde Andeutungen gut und - wenn sie passend und irgendwo auch nachvollziehbar sind - immer sehr bereichernd. Hier jedoch habe ich nicht verstanden, was es mit Dawson auf sich hatte? War das eine männliche Affaire? Der gemeinsame Sohn, der gestorben ist und wegen dem die Beziehung zerbrochen ist? Der Gärtner? Oder doch der Butler? Oder ein zweiter Elch ...äh... Wapiti? Hier hätte ich mir doch eine etwas tiefere Erklärung gewünscht.

Dem gegenüber haben mir diese Stellen hier wiederum sehr gut gefallen:

„Und das ist für Debbie! Die kann dir jetzt im Himmel einen blasen“.
Cool!!!:D

Und das Toupet. Immer wenn er kam, verschob sich das auf groteske Art.
Auch schön trocken! Gefällt mir!

Die ganze Jeep-Plattmach-Szene war auch sehr bildlich und eindringlich beschrieben. Ich konnte formlich die umherfliegenden Steinchen und den Split fühlen.:thumbsup:

Eine gute und mit sehr souveränem Stil geschriebene Story. Hat mir gut gefallen und ich hab sie gern gelesen.

Buenas noches wünscht der EISENMANN, hermano!;)

 

Hola Josefelipe,

hab ich sehr gern gelesen! :thumbsup: Ein paar Anmerkungen habe ich:

Cranberries überall – Billionen von grellroten Punkten im immergrünen Laub.
Eine Billion ist im Deutschen eine Eins mit zwölf Nullen. Sind es wirklich sooo viele? Ich geb ja zu, dass das Wort klanglich wunderschön ist, aber ein paar weniger täten es für mich auch ... :)

Der wilde Truthahn streicht vom Baum
Es klingt gut. Ich weiß aber nicht, was es genau bedeutet. Und ja, meine Muttersprache ist Deutsch. :D

Jeff fasst sie am Arm und zwingt sie, ihn anzuschauen. Sein Gesicht wird unglaublich breit: „Wie in den letzten zwanzig Jahren? Du hast mich schon ein Vermögen gekostet. Immer den Kopf voller Rosinen: Ballettschule, Ashram, Mal-Karriere, dein Super-Restaurant – alles Scheiße, verjuxtes Geld, aber Jeff hat’s ja.
Oh ja ... Was ist das mit den beiden? Solche Verhältnisse gibt es zuhauf, auch unter Geschwistern oder zwischen Eltern und Kindern. Der eine finanziert den anderen, und da ist da immer diese unterschwellige Wut. Bei jeder Gelegenheit kommt das zur Sprache ... Vielleicht ist erlernte Hilflosigkeit dabei, und der vermeintliche Gönner braucht das, dieses Überlegenheitsgefühl, dieses "ich bin lebenstüchtig und du nicht!" ...

Jeff feixt, ihr kommen vor Ohnmacht und Wut die Tränen.
Hier bin ich kurz gestolpert. Mir ist schon klar, dass du nicht die körperliche Ohnmacht mit Bewusstlosigkeit meinst, trotzdem stocke ich hier. Evtl. besser: Hilflosigkeit und Wut?

Koyoten vollführen einen Veitstanz um die besten Stücke,
Ein Tanz würde mir schon ausreichen. Veitstanz ist mir persönlich too much. Da denke ich an die Erbkrankheit Chorea Huntington.

Der Mond ist weitergewandert, Positionslichter schaukeln auf dem Wasser.
Stark, dass es so kurz vor Schluss dann wieder besinnlich wird! ;)

LG, Anne

 

Hola Thelos,

möchte mich für Deinen Kommentar bedanken. Prima, dass Dir die Geschichte zugesagt hat – und mein Schreibstil:

Thelos: schrieb:
Mir gefällt deine Sprache ungemein.
Das freut mich sehr. Naturgemäß sprechen / schreiben alte Autoren anders als die jüngeren, auch ich (75) neige zur Geschwätzigkeit und schrieb deshalb Erzählungen. War dann auf der Suche nach einem passenden Forum, jedoch erfolglos. Nur die frische Art der Wortkrieger konnte mich überzeugen, allerdings musste ich auf ‚Kurzgeschichte’ umschalten. Das brauchte einige Zeit.
Jetzt bin ich über zwei Dinge froh: No. 1, dass ich noch die Kurve gekriegt habe – bei einer KG muss man doch schärfer aufpassen, dass jeder Satz stimmt, als bei einer redseligen Erzählung.
Und, No. 2, dass Du die richtigen Lehren aus der Geschichte ziehst:
Ich gelobe mich weiterhin, respektvoll und unterstützend, meiner Frau zu begegnen. Das dies mir nicht wieder fahren möge.
Das wird nicht nur Dein Eheglück, sondern auch Dein Überleben garantieren.

Glückwunsch und beste Grüße!

José

PS: Du liest Pascal Mercier ? Interessant. Vielleicht wirfst Du mal einen Blick in mein ‘Lisboa’ ? dotslash meinte, ich hätte vielleicht ein bisschen abgekupfert.
Solltest Du auch zu diesem Schluss kommen, zerreiße ich die Geschichte und gehe ins Wasser:hmm:.

 
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Hola José,


hat mir auch ganz gut gefallen, wenngleich ich mir nicht sicher bin, was du mir letztendlich mit deinem Text vermitteln wolltest.
Ich sehe es ähnlich wie Willi: Du stellst den Existenzkampf der Tiere den des Paares gegenüber. Die Beweggründe sind natürlich unterschiedlich. Würde ich durchgängig menschliche Maßstäbe akzeptieren, befänden sich Elch, Bär und Paar auf unterschiedlichen Ebenen der Bedürfnispyramide. Wobei mir die Vermenschlichung der Wildtiere durch die Namensgebung nicht so gefallen mag. Das hätte es nicht gebraucht, finde ich. Hat was von Holzhammer und lässt das ganze eher künstlich erscheinen.
Auch schneidest du zu viel an für den kurzen Text, finde ich. Der Altersunterschied (wenn sie Mitte dreißig ist, war das ja schon ein pädosexuell motiviertes Kennenlernen, wenn sie bereits mehr als zwanzig Jahre ein Paar sind) wird nicht näher thematisiert. Willst du diesen als mögliche Ursache für das Zerwürfnis der Beiden haben? Dann bräuchte es mehr Unterfütterung, mMn. So, wie es dasteht, scheint es mir wurscht sein zu können, ob sie gleichaltrig sind oder nicht.


Einiges, was mir aufgefallen ist, haben bereits andere Kommentatoren erwähnt, was aber ja ganz hilfreich für dich sein könnte:

Es ist Sommer, weit in Kanadas Westen, hoch im Norden.
Den ersten Satz würde ich komplett streichen. Zum einen bekommt man später eh eine Ahnung, wo und wann sich dein Massaker abspielt (Cranberries, Bisons), zum anderen finde ich die folgenden Beschreibungen - im Gegensatz zu Sommer, Westen, Norden - ansprechend bildhaft und sinnlich geschildert; kurz: die Neugier entfachender.

Astrid, eine schlanke Frau Mitte dreißig, steigt aus und nimmt ihr Kopftuch ab.
Amtsdeutsch. (Willst du wirklich den Altersunterschied im Text? Falls nicht, wäre es mir egal, wie alt sie ist, dass sie schlank ist. Falls doch, ließe sich die Info eleganter einbauen.)

„Du fährst wirklich wie ein Verrückter“, sagt sie. »Hoffentlich kannst du einen Moment warten, bis ich meine Sachen raus hab.“
„Wenn es denn sein muss ...“ Jeffs Worte spiegeln seinen Gesichtsausdruck wider.
Klare Streichkandidaten für mich.

„Ich rufe dich an, wenn ich fertig bin.“
Irgendwie würde ich in der Wildnis eher einen Funkspruch erwarten.
Später stolpere ich übrigens auch darüber, dass er genau weiß, wo er sie abzuholen hat.
Wie wäre es damit, wenn sie sich einfach an einem vorher bestimmten Ziel - zu verabredeter Zeit -
wieder treffen würden? Am Carltons Rock , oder so.

Cranberries überall, – Billionen von grellroten Punkten im immergrünen Laub.
Billionen will mir auch nicht gefallen.

Der Kampf verlangsamt sich, wird zum Massaker.
Laut Duden: Massaker = das Hinmorden einer großen Anzahl [unschuldiger, wehrloser] Menschen.
Würde ich ersetzen.
Ansonsten finde ich das Kapitel sehr gelungen. Bis auf die Vermenschlichung, die bräuchte es, wie oben schon erwähnt, nicht für mich. In dem Zusammenhang würde ich auch auf ("Knackige Nieren. Dunkelrote Leber, prall und edel") das Fette in Klammern verzichten.

Die langen Stunden stehen in keinem guten (schlechtem) Verhältnis zur Ausbeute. Allerweltsbilder halt, von genialen Schnappschüssen keine Spur.
Ginge einfacher und die Wiederholung wäre weg.

Der Abendschein färbt den Fluss, verkitscht Wald und Auen mit einem schrecklichen Rosa.
Auktorial, ja, klar, aber diese wertende Stimme aus dem Off ... Hm, bin mir nicht sicher. Ähnliches findet sich hie und da im Text.

„Zehn Minuten noch.“
„Die sind bei dir eine halbe Stunde.“
Ich bin kein Freund von genauen Zeitangaben, wenn es nicht zwingend erforderlich ist.
Vielleicht eher: "Bin gleich soweit" oder so.

„Siehst du doch. Die Bilder sind Gold wert.“
„Das meinst du. Aber auch das wird in die Hose gehen.“
Sie schweigt, er schiebt nach: „Und ich hab keine Lust mehr, deine teuren Hobbys zu finanzieren. Mir reicht’s.“
„Mach, was du willst. Ich komme auch ohne dich klar.“
Das geht mir etwas zu schnell. Nach dem Schweigen würde ich sie noch ein wenig nachlegen lassen, um das schlüssiger zum "Mir reicht's" zu führen. Bisschen mehr verbaler Schlagabtausch.

Die Eskalation dann ist dir sehr gelungen. Dir ist stimmig geglückt, anzudeuten, wie ein Ventil platzt, das wohl schon lange unter gehörigem Druck steht.


So viel mal von mir. Letztendlich vor allem Kleinvieh. Du weißt selbst, dass du schreiben kannst, was du auch bei dieser Geschichte unter Beweis gestellt hast.
Ja, hat mir gefallen, José. Den Text könntest du gerne noch etwas unterfüttern, den Fokus klarer ausrichten und dir nochmals Gedanken über die Perspektive machen. Ich denke, die Geschichte ließe sich noch weiter aufpolieren, wenn du das beabsichtigst.


Vielen Dank fürs Hochladen!


hell

 
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Hola wieselmaus,

das Drängendste zuerst:

wieselmaus: schrieb:
soll mir schon wieder das Brot im Hals steckenbleiben?
Aber nein, um Gottes Willen! Trinke etwas Kakao oder Kaffee dazu – und dann rutscht es schon. Gut gebutterte Brote, besonders die mit den köstlichen Belägen, rutschen fast von selbst.
Aber lass uns mal nach Kanada schauen:
Und dann benutzest du den Ausdruck Massaker. Das macht mich stutzig. Massaker verweist auf Massenmord, absichtlich herbeigeführt und im Blutrausch gipfelnd.
Die perfekte Definition.
Das ist für mich ein Begriff, der auf menschliches Verhalten zielt, ...
So gesehen, hätte ich dieses Wort in meiner Szene gar nicht verwenden dürfen. Du unterstellst mir ja liebenswürdigerweise, dass ich das bewusst getan habe, um ... Gute Idee, leider nicht von mir. Ich habe ‚Massaker’ als Synonym für sinnloses Abschlachten benutzt (hier minimiert auf zwei Figuren), auch weil mir die tierische Variante einfiel, bei der Wölfe oft viel mehr Schafe reißen – im Blutrausch – als sie fressen könnten.

Der Kampf tobt zwischen Astrid und Jeff, zunächst mit Worten, dann mit physischer Gewalt unter Verwendung des Autos, Symbol des technischen Fortschritts.

Das musste unbedingt sein. Der nächste Mord findet in der Küche statt – mit einem Thermo-Mix:D. Wozu sind wir so intelligent?

Was unterscheidet den Mensch vom Tier? Können Tiere hassen? Ich weiß es nicht.
Ich weiß es auch nicht. Ich kenne aber zwei Beispiele, bei denen sich Tiere (Hunde) rächten.

Hier scheint es so, dass der Mensch, wenn man ethische Prinzipien ernst nimmt, den Tieren unterlegen scheint. Wolltest du das mit dieser Geschichte zeigen?
Hier müsste ich ein bisschen um den heißen Brei herumreden, aber die grobe Ähnlichkeit der beiden Schlachtszenen Tier und Mensch sollte die Geschichte ausmachen.

Jeffs lange Tirade über sein Verhalten Astrid gegenüber scheint mir in ihrer elaborierten Ausführlichkeit mehr an den Leser als an die Prota gerichtet. Mir würden hervorgestoßene Sprachfetzen genügen.
Das hab ich gleich nach Eingang Deines Posts geändert – hoffentlich in Deinem Sinne, denn Recht hattest Du allemal.

... verkitscht Wald und Auen mit einem schrecklichen Rosa
Dies ist eine Wertung aus dem Off. Oder empfindet Astrid so?
Glaub ich nicht. Hier habe ich mir ‚unerlaubte Freiheiten’ genommen, wie auch an anderen Stellen. Vielleicht steckt ein kleiner Revolutionär in mir.

Ab und zu hast du Wechsel der Perspektive. Ich stelle es nur fest, vielleicht ist es Absicht?
Nein, aber sehr großzügig, meine Liebe.
Entweder war es der Revoluzzer oder reine Gedankenlosigkeit.

Jedenfalls hast Du mir einen aufmerksamen und treffenden Komm geschickt, von dem ich profitiere und für den ich Dir herzlich danke.

Viele Grüße!
José

 

josefelipe

:) Sobald, ich das Buch fertig gelesen habe.
Lese ich deine Lisboa Geschichte und gebe dir bescheid ob ich Parallen endeckt habe. :)

Gruss Thelos

 
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Hola HoWoA,

ich habe mich über Deinen Kommentar gefreut – vielen Dank! – und darüber, dass Dir mein Text überwiegend gefallen hat.
Viel hast Du nicht kritisiert, und dazu will ich gerne Stellung nehmen:

So manches mal überrascht einen die Natur mit magischen Lichspielen.
Ein wenig stört mich allerdings das "weißlich", für mich nimmt es irgendwie Stimmung weg.
Das verstehe ich. Hier geht jeden Morgen die Sonne auf mit viel Rot, Orange, Gelb und Gold; so haben wir das gern. Im Norden dagegen, so erinnere ich mich, war das Farbspektrum oft ein anderes, und es gab häufig dieses ungewohnte weißliche Licht, das mir so wenig wie Dir gefällt.
Ist hier ein Meteor eingeschlagen?
Kann mich mit diesem Bild nicht anfreunden, passt für mich nicht. Ich sehe da einen wüsten Krater vor mir, aber keine zerfetzten Tierkadaver.
Da hast Du Recht! Hab ich gleich, nachdem ich Deinen Komm gelesen hatte, geändert:
Plötzlich erstarrt sie. Was zum Teufel ...?
Passiert immer mal wieder, dass ich eine Stelle, die ich als nicht so toll empfinde, erst dann verbessere, wenn mir jemand einen Stoß gibt. Danke für den Stoß!
Eine Nichtigkeit bringt ein Fass zum überlaufen und zwei Menschen ticken völlig aus. Die müssen echt zwanzig Jahre alles in sich hineingefressen haben, ohne sich mal halbwegs gesittet ausgesprochen zu haben. Und warum hält die Beziehung, trotz der Seitensprünge und Nicklichkeiten. Traurig, aber leider auch zu oft Realität.
Tatsächlich. Die Realität übertrifft oftmals die Fantasie der verrücktesten Autoren. Da staunt man und begreift es nicht.
Es wird auch unbegreiflich bleiben, weil unendlich viele Faktoren zusammenkommen, von denen selbst die Prots keine Ahnung haben.
Was ich nicht ganz verstehe: Wieso holt Jeff Astrid genau an dieser Stelle wieder ab? Das wirkt für mich etwas konstruiert. Er setzt sie ab, sie schleicht stundenlang in der Gegend rum, und genau da findet er sie
.
Ja – das hab ich leider nicht überzeugend rübergebracht, hell hat’s auch bemängelt.
Ich habe das geändert, jetzt hat sie ein Funkgerät.
Und wann hat sie ihn angerufen, dass er sie abholen soll?
Das hab ich absichtlich weggelassen, weil ich der Meinung war, das wäre nicht so wichtig. Aber Du hakst nach:
Das muss, wenn überhaupt, VOR dem entdecken des "Massakers" passiert sein, also an einer anderen Stelle.
Möglichweise haben wir unterschiedliche Vorstellungen. Ich dachte, Astrid entdeckt den Kriegsschauplatz und ruft an oder funkt. Hier kommt der oder das Smiley mit dem hmm:hmm:.
Danke für diese intensive Kurzgeschichte.
Bitte sehr; viel gelabert wird nicht. Nur das Nötigste. Aber es wird viel gestorben – vier Tote auf wenigen Zeilen ist ganz ordentlich. Und es ist ja nicht so, dass ich mich selbst loben würde:D. Lieber HoWoA, hab Dank für Deinen Kommentar. Lernen als Dauerzustand ist doch ganz sympathisch.

Schöne Grüße!
José

 

Hej josefelipe,

holla, die Waldfee, mit dieser Geschichte hast du aber böse Seiten in mir geweckt. Erstaunlich, wie du das immer wieder auf so kurzer "Distanz" hinkriegst. (Ich stand nämlich neben dem Jeep und habe Astrid angefeuert :sealed:). Viel Energie hat sie, die komplette Geschichte, jeder der Protagonisten in Harmonie mit der Wildheit der Natur. Sehr stimmig.

Es ist Sommer, weit in Kanadas Westen, hoch im Norden.

Also ich hätte bei dieser Beabsichtung der Dramatik einen Punkt nach Westen gesetzt.

Der wilde Truthahn streicht vom Baum, die Sonne steigt, alles erhellt sich, glänzt und leuchtet.

Wieso macht er das? Und was macht er genau? :D

Elton steht am Hang und schaut auf sein Reich. Stolz reckt er den Kopf, das mächtige Geweih berührt seinen Rücken. Von oben nähert sich John, unhörbar, unsichtbar, jede Deckung nutzend.

Wie kommen die denn zu ihren Namen?

Er macht einen mächtigen Satz, der Wapiti geht rücklings zu Boden, und John, der Grizzly, verbeißt sich in dessen Kehle, genießt den Geschmack von Macht und Blut.
Eltons Hufe zucken wie im wildesten Galopp, wollen in den Himmel schlagen. Dann wird er ruhig, auch Johns Kiefer entkrampfen sich. Er reißt die Bauchdecke auf.

Hast du dich dieses Mal von einer Filmdokumentation in Canadas Wildnis inspirieren lassen? ;)

Zwischen den Felsblöcken taucht der Jeep auf. „He“, schreit Jeff, „Mach hin!“

Da dachte ich noch, na wenigstens kommt er wieder und lässt sie nicht zurück. So aussichtslos ist die Beziehung ja nicht.

Sie schweigt, er schiebt nach: „Und ich hab keine Lust mehr, deine teuren Hobbys zu finanzieren. Mir reicht’s.“

Nachdem er sie hinfährt, abholt und die Situation als außergewöhnlich betrachtet, erscheint mir diese Reaktion nicht ganz schlüssig.

Astrid hält den Spaten mit beiden Händen, starrt mit aufgerissenen Augen auf das verschmierte Metall, dann auf Jeff, erbricht sich, würgt, bis nichts mehr kommt.

Bin nicht so die Tathergangslogikerin :hmm:, aber mit einem Spaten jemanden in einem Wagen zu erschlagen, ist doch schon eine gewagte These, nicht wahr? Knallt man da nicht an den Rahmen und prallt ab? Aber was weiß ich schon von Gewalt?

Also, diese Astrid ist ja etwas neben der Spur. Aber ok, gelungen ist es allemal und Menschen sind schon seltsame Exemplare. Dennoch, josefelipe, durch wird sie damit nicht kommen. :klug:

Danke für diese Unterhaltung und freundlicher Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Chai,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich befürchtete einen kräftigen Verriss, weil ich an Deiner KG bisschen herumgepörkelt hatte, aber Du behandelst mich gut.

"Eine schlanke Frau Mitte dreißig" passt für mich nicht zum restlichen Stil, das klingt so nach Zeitungsartikel.
Deswegen habe ich es herausgenommen – aber auch aus dem Grund, den hell anführte.
... ... Ich habe also eine gute Vorstellung davon, was das für ein Paar ist.
Genau wie ich – passt.
Dann der Kampf der Giganten - ebenfalls eindrucksvoll beschrieben. Hier war ich allerdings kurz irritiert. Findet das direkt vor Astrids Augen statt? Offenbar nicht, denn sie betritt die Szenerie erst, als der Kampf vorbei ist.
Stimmt alles, genau so war es gedacht.
Der Dialog zwischen Astrid und Jeff wirkt dann ein wenig konstruiert auf mich, wieso hat Jeff erst da keine Lust mehr, ihre teuren Hobbies zu finanzieren? Er hat sie doch da hingefahren. Das hätte für mich früher kommen müssen.
An den Dialogen habe ich mir fast einen abgebrochen. Bei Blödel-Dialogen (Blaue Guramis) habe ich kein Problem, aber hier musste Schwelendes und Hasserfülltes erkennbar sein. Das brauchte seine Zeit, aber das Fette sagt mir dennoch, dass es nicht so richtig schön rund läuft.
Trotzdem muss ich es so lassen, besser kann ich’s nicht.
Der Vergleich mit der Furie klingt mir persönlich zu abgegriffen, da wäre mir ein originelleres Bild lieber gewesen.
Wie Recht Du hast! Hab’s rausgenommen. Ich schrieb schon HoWoA:
Passiert immer mal wieder, dass ich eine Stelle, die ich als nicht so toll empfinde, erst dann verbessere, wenn mir jemand einen Stoß gibt. Trägheitsprinzip, um nicht sagen zu müssen: pure Faulheit.
Obwohl, Faulheit ist es nicht – es kommt aber ein Punkt, wenn man – gefühlt – genug verbessert, gefeilt und geschliffen hat, an dem man sagt: ’Jetzt muss es gut sein’.
Na klar, jeder Text wäre immer und immer noch weiter zu bearbeiten, aber ob das in jedem Fall ’verbessern’ bedeutet, bezweifle ich.
Gesegnet sind diejenigen, die emotionsgeladen ihre Geschichte auf einen Rutsch schreiben. Ich las bei Bas’ Geschichte, was ihm Chutney schrieb:
Ich habe mich bei der Geschichte mehr von Gefühlen als vom Verstand leiten lassen. Das ist kein wohldurchdachter Text, der über Wochen entstanden ist. Genaugenommen habe ich ihn mit einer groben Vorstellung an einem Stück runtergeschrieben und im Anschluss nur noch an einzelnen Formulierungen gefeilt
.
Da beneide ich dich ja ein bisschen, dieses rauschhafte Schreiben kenne ich kaum.
Davon träume ich auch. Bislang hab ich alle Texte, die so entstanden sind, in einer Geheimschublade verwahrt. Morgen werfe ich den Schlüssel weg.
"Verrecke du miese Sau". Da würde ich nur:" Verreck" schreiben, ansonsten klingt das in meinen Ohren künstlich.
Ist plausibel. Aber ich seh’s bisschen anders: Bevor sie all das herausschreit, was sich angesammelt hat, schreit sie nur:
(Sie schreit zusammenhangslos und hysterisch, ...)
... dann findet sie Worte:
Jetzt fick dich
selbst, du Schwein
“, ...
Ich brauche das eigentlich Überflüssige (Fette), damit sie stoßweise schreien kann – wie eben so ein Ventil arbeitet.
Insgesamt spannend zu lesen und ja, ich stimme @wieselmaus zu, der Mensch ist weitaus schlimmer als ein Tier, weil er eben nicht tötet, um zu überleben, sondern aus Hass. Üble Sache.
Lasst mich der Dritte im Bunde sein – ich sehe es auch so. Bleiben wir Zuschauer, mit der Beweglichkeit, auch wegschauen zu können.
Gerne gelesen.
Danke. Und es bleibt dabei:
Lieber Jose,
wie bereits erwähnt, schmeichelt es mir sehr, dass Du offenbar so große Stücke auf mich hältst.
Ohne den geringsten Abstrich. Und was ich noch fragen wollte: „Während des Monsuns wachsen den Einheimischen Schwimmhäute zwischen den Zehen.“ Ich weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe – aber ist das wahr?

Die besten Grüße von
mir:).

 

Hola Jose,
echt, Du hast gedacht, ich verreiß Deine Geschichte, weil Du meine verrissen hast? Nein, keine Angst, aus dem Kindergarten bin ich schon lange raus. Vielleicht beim nächsten Mal ...
Nochmal eben zu Deiner Geschichte: Du willst den Dialog nicht ändern, okay, aber wieso sagst Du, Du kannst es nicht besser? Jeff bräuchte das doch bloß früher sagen. Das kriegst Du schon hin.
Mit "verreck" meinte ich schon den ganzen Satz. Meine Schuld, ich weiß, hab mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich meinte, dass " verreck, du miese Sau" natürlicher klingt als "verrecke". Das klingt so nach Theatersprache.
So, das wars nochmal von mir. Auf die Schwimmhäute muss ich mal achten, guck den Leuten nicht so direkt zwischen die Zehen. Ich meine aber, bei mir selbst in den letzten Tagen Ansätze dazu bemerkt zu haben.
Liebe Grüße, Chai

 

Hola Willi,

für Deinen Kommentar besten Dank! Mal sehen, wie Du den Text findest:

Fast hätte ich mir noch mehr Landschaftsbeschreibung gewünscht, schade, dass so etwas in modernen Texten wenig nachgefragt ist
Kann man das so sagen? Ist es nicht eher so, dass ‚viel Landschaft’ nur in Kurzgeschichten als geschwätzig empfunden wird?
Und dessen eingedenk, hab ich mich auch kurz gefasst.
(Es gibt da aber Szenen z. B. bei Yasar Kemal, die darauf pfeifen - wunderschön)
Bist eine gute Patriotin:).
... setzt dem Überlebenskampf der Tiere - wenn ich den Text verstanden habe - eine Frau gegenüber, die ebenso instinktiv um ihre Existenz ringt und den Sieg davonträgt.
Ja – im weitesten Sinne. Existenziell bei den Tieren, bei den Menschen in unserem gebenedeiten Weltenteil eher aus niederen, materiellen Beweggründen – oder im Affekt.
Astrid, eine schlanke Frau Mitte dreißig ...
Ist mir zu sehr Tell, wenn wir schon bei Musts und Don'ts für moderne Texte sind.
Hab ich rausgenommen, ist auch von anderen beanstandet worden.

Wenn es denn sein muss ...“ Jeffs Worte spiegeln seinen Gesichtsausdruck wider
So emotional fand ich seine Worte gar nicht, dass ich mir dazu einen Gesichtsausdruck denken kann.
Sie sind das Gegenteil von emotional – blasiert, demütigend, beleidigend.
Sein Gesicht wird unglaublich breit
Ich habe versucht, mir das vorzustellen
Ich hab’s auch versucht. Bei mir hat’s geklappt, geht Richtung Mongole:cool:.
Nicht gerade ein entspannter Urlaub, ...
He, gute Idee. Chai wähnte die beiden verheiratet, ich dachte an ein Zweckbündnis – aber Fotosafari in Kanada? Das isses!

Liebe Willi, bedankt und alles Gute!

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Mann, José! Da hast du eine ungemein packende Idee, denkst dir einen wirklich originellen Plot dazu aus, machst daraus – sprachlich gewohnt eindringlich und wort-und bildgewaltig – eine Geschichte, und dann … na ja, und dann das:
.
Elton Hirsch, John Grizzly, Pedro Bär

Dein Ernst? :confused:
Sind nur drei winzige Wörter, aber mit diesen drei verdammten winzigen Wörtern machst du den tollen Eindruck, den deine Geschichte im Begriffe stand, bei mir auszulösen, nachhaltig zunichte.

Mag sein, dass viele höherentwickelte Tiere so was wie ein Ich-Bewusstsein besitzen, mag sein, dass dieses ihr Ich-Bewusstsein sie auch Artgenossen als Individuen begreifen lässt, mag sein, dass sie auf vielfältigste Weise mit diesen ihren Artgenossen kommunizieren und sich gegenseitig vielleicht sogar mit bestimmten Lauten gleichsam benennen, usw. - aber dass sie sich Namen aus der Menschensprache geben? Wie soll das bitte gehen?

Dass wir Menschen im Grunde nichts anderes als vorwiegend instinkt- und reflexgesteuerte Primaten sind - zumindest diejenigen unter uns, die die extravaganten Gehirn-Features, die uns die Evolution mittlerweile beschert hat, wie Bewusstsein, Denkfähigkeit, Selbsterkenntnis, Sprache, Reflektionsvermögen, usw. nicht zu nutzen wissen - wissen wir ja und mit dieser eindrucksvollen Gegenüberstellung der „tierischen“ und der „menschlichen“ Gewaltszenen stellst du diese Tatsache auch recht drastisch dar. Aber anstatt nun einfach nur diese Drastik wirken zu lassen, bringst du mit den Namen ein Element in die Geschichte, das ich für vollkommen fehl am Platz halte. Und dessen Funktion ich einfach nicht verstehe. Was soll diese anthropomorphe Personifizierung der Tiere dem Text bringen? Dass du den Tieren nicht nur Namen, sondern obendrein menschliche Gefühle (Elton blickt stolz über sein Reich, John genießt den Geschmack von Macht, usw.) unterstellst, würde besser in ein Märchen passen als in ein ernsthaftes Drama.
Finde ich echt schade. Denn hättest du auf diese albernen Namen verzichtet, müsste ich die Geschichte schlichtwegs als großartig bezeichnen. Aber so kann ich sie nicht richtig ernst nehmen, sie nicht als so eindrücklich empfinden, wie sie sein könnte. Sie hinterlässt mich mit dem stirngerunzelten Eindruck, ein eigenartiges Crossover aus einem Beziehungsdrama und „Bambi“ gelesen zu haben. Und ich weiß nicht, ob das in deiner Absicht lag.

Aber, wie gesagt, José, sind ja nur drei winzige Wörter. Vielleicht willst du über die noch mal nachdenken.

offshore

 

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