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Camposanto

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10.07.2015
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Camposanto

Du fühlst schon länger dieses Kribbeln. Seit einigen Monaten merkst du es mal etwas mehr, mal etwas weniger. Diese kaum spürbaren Vibrationen machen dich ganz verrückt. Du fährst oft ziellos durch die Gegend und hoffst, den Ursprung dieses Gefühls zu finden.

Heute bist du wieder unterwegs, plötzlich bist du ganz sicher – Volltreffer! Du merkst, wie die Vibrationen deinen Körper durchströmen und immer stärker werden., Du bist erregt und verwirrt zugleich, alles kribbelt und juckt, Du bist ganz nah dran. Du kommst in ein kleines Städtchen, lässt das Auto stehen und gehst langsam an den alten, teils renovierten, teils bröselnden Fassaden entlang. Am Rande der Altstadt siehst du ein Tor. Du bist sicher, den richtigen Ort gefunden zu haben. Du willst endlich wissen, was dich in den Wahnsinn treibt. Das Tor ist verschlossen. Du liest ungeduldig die Hinweistafeln: "Camposanto Friedhof ... 1591 ... Schlüssel beim Verwalter abholen ...“ Dir ist nicht klar, was du dort drin vorfinden wirst und ob du der Einzige bist, den dieser Ort ruft, aber du willst es endlich herausfinden. Du holst den Schlüssel beim Verwalter, machst das Tor auf und schaust dich erst mal um. Überall alte Grabsteine, die mit Flechten bedeckten Gesichter der Engel, der Kinder und der Toten schauen dich an. Da es langsam dunkel wird, merkst du, dass die steinernen Totenschädel immer gruseliger aussehen. Aber es sind nicht die Grabsteine, nicht die Skulpturen, nicht die Kreuze. An den Wänden der Seitengänge sind Grabsteinplatten angelehnt, einige dieser Nischen sind frei. Eine dieser freien Nischen scheint dich zu rufen, Du verspürst immer stärker werdende Vibrationen in Deinem Kopf. Du schaust dir die dunkelgraue Mauer an, dir ist klar – du hast die Stelle gefunden.*

Du streckst die Handflächen nach vorne und berührst die steinerne Wand – das Kribbeln ist unerträglich. Du hast es endlich gefunden, ohne zu wissen was du gefunden hast. Instinktiv schaust du dich um und brichst ein kleines weißes Stückchen Putz aus der Wand heraus. Du streckst wie ein Schlafwandler deine Hand aus und ziehst einige weiße Linien. Du machst einen Schritt rückwärts und schaust dir die Wand noch mal an. Du siehst eine Tür, eine unbeholfene Kreidezeichnung. Dir ist klar, dass die Zeichnung noch nicht vollkommen ist. Da fehlt etwas. Nun bist du sicher, es ist ein Übergang, ein Tor in eine andere Zeit, gar Parallelwelt. Du schreibst instinktiv und willenlos eine Jahreszahl mitten auf die Tür, erst eine eins, dann eine fünf, dann zwei weitere Ziffern.*

Du schaust dir die Mauer nochmal an und dir wird klar, dass nun alles vollkommen ist. Der Ort, du, die Tür, die Zahl. Alles perfekt. Alles einmalig. Es ist dein Ort, deine Tür, dein Weg aus dieser Realität heraus. Du berührst noch mal die Mauer mit beiden Handflächen und fühlst nun, dass sie zu leben scheint. Sie fühlt sich zäh und pulsierend an, sie zieht dich in sich hinein und du hoffst, dass du auf der anderen Seite eine andere, vielleicht bessere Welt finden wirst. Dir ist nicht mal klar, ob es nur dein Bewusstsein ist, das sich auf die Reise ins Ungewisse begibt, oder ob dein Körper dich begleiten kann. Es fühlt sich so schön an, dass auf einmal alles unwichtig scheint. Du vergisst alles um dich herum und lässt dich fallen.

Wo – und wann - auch immer du nun bist, du kannst nicht mehr sehen, wie der Friedhofsverwalter einige Stunden später deinen leblosen Körper findet, an der Wand angelehnt, mit dem riesigen, gusseisernen Schlüssel in der Brusttasche. Das Licht seiner Taschenlampe ist auf deinen Körper gerichtet, so dass er deine Kreidezeichnung im Dunkeln nicht sehen kann. Vielleicht ist sie schon wieder verschwunden, aber das kannst du ja nicht wissen. Du bist jetzt auf der anderen Seite.

 

Hallo marcbischof,
Insgesamt eine ganz gute Idee, das mit dem Portal in eine andere Welt, durch eine Zeichnung an die Wand erschaffen, und der Friedhofswärter, der den leblosen Körper findet. (Und wie geht es weiter?).
Aber: die Perspektive, die du wählst, dieses "Du" ist ziemlich ermüdend. Was schade ist, denn in der 1. oder 3. Form wäre daraus sicherlich eine spannende Geschichte zu machen. Aber so klingt das protokollarisch, gehetzt, und nervt. Sorry.
Nun gut. Der Beginn ist nicht schlecht, erzeugt Spannung, aber dann das:

Du fährst oft ziellos durch die thüringische Provinz und hoffst, dass das Gefühl stärker wird.
Tut mir leid, aber da musste ich dann lachen. "Thüringische Provinz" hat bei mir irgendwie sofort die Spannung zerstört.

Und wegen des (für mich) großen Mankos der "Du-Form" wüsste ich jetzt gar nicht, wie ich weiter auf den Text eingehen sollte. Ist für mich so nicht wirklich les- und erlebbar. Wie gesagt, ein interessanter Ansatz, der aber anders geschrieben sein müsste, damit ich damit klarkomme.

Beste Grüße,
Fraser.

 

Hallo marcbischof

Ich weiss nicht, ob du noch im Prozess drin bist, noch an der Geschichte arbeiten möchtest. Daher nur ein paar wenige Punkte meinerseits.

Das Du. Ich finde das jetzt nicht so schlimm, es gibt sogar Passagen, vor allem der Anfang, wo ich dem einfach gefolgt bin. Aber wenn die Dinge dann konkret werden, du streckst die Handflächen nach vorne usw., dann sage ich mir, ne, das mache ich nicht. Was ich damit sagen will, ist, dass sich dieses Du vielleicht für kürzere Passagen eignet, die eine allgemeine Erfahrung aussprechen. ("Frage: Wie geht es dir? Antwort: Stell dir vor, du bist in der Karibik. Warmes Wasser umspült deine Beine. Ein leichter Lufthauch kühlt dein Gesicht. Du trinkst einen Mangosaft. Etwa so geht es mir.") Wenn du aber den Leser an die Hand nehmen und ihn mit diesem Du mitten in das Geschehen ziehen, ihn zur Figur machen willst, dann geht das m.E. schief.

Aber, wie gesagt, ich fand das nicht so schlimm. Was ich eher kritisieren würde, ist, dass das alles so unspezifisch ist. Am genausten ist der Friedhof beschrieben. Da hattest du meine Aufmerksamkeit. Was danach aber warum geschieht, bleibt vage. Irgendwelche Zeichen, irgendein Portal. Alles ist perfekt, wird behauptet, aber ich als Leser habe da keinen Bezug dazu.

Sprachlich finde ich das eigentlich sehr ansprechend, das liest sich gut und flüssig. Ich bin insofern gespannt auf weitere Texte von dir.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo marcbischof,

Deine Geschichte ist schön erzählt. Von Anfang an baust du eine Spannung auf, die den Leser vorantreibt. Auch das Ambiente ist schön dargestellt und gelungen. Als dein "DU"-Erzähler die Hände in dei Mauer stecken wollte, dachte ich, gleich fängt der Horror an...
Aber dem ist nicht so, "Du" lässt sich in die Mauer ziehen und nur der tote Körper bleibt zurück.
Für mich persönlich, würde jetzt die Geschichte erst richtig beginnen. Das also alles eigentlich eher ein Intro ist. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. (Es soll ja auch eine Kurzgeschichte sein und kein Roman (obwohl das ja hier vielleicht der Anfang von einem werden könnte?))

Deine Idee hat mir jedenfalls gefallen: "Du" erschafft sich ein Tor in eine neue Welt. Alles ist etwas gruselig, wie Friedhöfe nunmal sind. Wirklich schön beschrieben, die Umgebung, "deine" inneren, irgendwie getriebenen Gefühle, diesen Ort aufsuchen zu müssen.

Dieser Satz hat mir besonders gefallen:
"Dir ist nicht klar, was du dort drin vorfinden wirst und ob du der Einzige bist, den dieser Ort ruft, aber du willst es endlich herausfinden."

Grüße
Lind

 

Hej marcbischof,

deine prämortale Challenge-Story ist von Beginn an düster und geheimnisvoll.
Und obwohl du sie in der 2. Person schreibst, fühle ich mich nicht angesprochen, vielmehr wundere ich mich über den Beobachter, der diese Szene zu begleiten scheint. Das ist schon gruselig.

Dass die Geschichte im Freitod (?) endet, ist sehr unbefriedigend und war für mich nicht abzusehen. So bleibe ich Unwissend zurück und das tut mir für den Protagonisten sehr leid. Ich werde nie erfahren, was ihn trieb.

Ein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hi marcbischof,

ich fange mal bei dir an mit den Kommentaren der langen Lesenacht, weil dein Text schön kurz ist. :)

Im Grunde gefällt mir die Geschichte gut. Ich fand aus irgendeinem Grund die Idee von Türen, die in andere Welten führen, schon immer sehr attraktiv. Als Kind habe ich zum Beispiel die Narnia-Bücher geliebt, obwohl es vieles daran gab, was ich kritikwürdig fand (die Liste ist mit zunehmendem Alter noch länger geworden) – weil die Vorstellung, durch einen alten Kleiderschrank oder ein Bild in eine Parallelwelt zu spazieren und Abenteuer zu erleben, etwas sehr Anziehendes hat.

Und Stephen King hat in der Reihe „Der Dunkle Turm“ die Suche nach so einer Tür so eindrücklich beschrieben, dass es mich regelrecht angesteckt hat, und ich zeitweise bei jeder Tür, die auch nur annähernd alt oder ungewöhnlich aussah, ein komisches Gefühl hatte.

Deine Beschreibung gefällt mir auch – obwohl die Vorstellung, dass jemand quasi fremdgesteuert in eine Parallelwelt hineinstolpert, und dann auch noch in so einer düsteren Umgebung, ja eigentlich beängstigend sein müsste, schafft es dein Text, die hypnotische Anziehungskraft dieser Tür glaubhaft zu machen.

Es gibt aber eine Sache, die nicht so gut funktioniert. Die ist in den Kommentaren schon mehrfach angesprochen worden, und es tut mir leid, dass ich in dieselbe Kerbe hauen muss, aber es ist halt so: Die zweite Person ist nur sehr sehr selten für das Erzählen einer Geschichte geeignet, das wirkt fast immer daneben.

Ich bin mir nicht sicher, warum das so ist. Möglicherweise liegt es bloß daran, dass es mit den Konventionen bricht, an die wir als Leser gewöhnt sind – aber ich glaube das eigentlich nicht. Andere „unkonventionelle“ oder zumindest selten gebrauchte Instrumente – etwa eine Geschichte chronologisch rückwärts zu erzählen – werden zwar auch immer zumindest bei einigen Lesern Ablehnung hervorrufen, aber ich glaube nicht, dass das so universell ist wie beim „Du“ in einer Geschichte.

So richtig hundertprozentig erklären kann ich mir das nicht – eigentlich ist es ja bei den meisten Geschichten so, dass mir der Autor quasi sagt: Stell dir vor, das und das passiert. Stell dir vor, du wärst in derselben Situation wie diese Figur. Und wenn er das mit einem Ich-Erzähler oder einem personalen Erzähler macht, dann ist man bereit dazu – ich bin/sehe/tue XY, er/sie ist/sieht/tut XY – das nimmt man einer Geschichte ohne weiteres ab, obwohl es nicht in Wirklichkeit geschieht. Wenn es ein gut geschriebener Text ist, denkt man da gar nicht weiter drüber nach.

Aber sobald es persönlich wird, sobald der Autor behauptet: Du bist/siehst/tust XY, ist die Reaktion: Nö :pah:. Vielleicht, weil einem dann die Sinne unmittelbar die Rückmeldung geben, dass es nicht der Wirklichkeit entspricht. Man kann sich vielleicht besser vorstellen, dass es jemand anderem widerfährt, und dann ist es auch leichter, sich vorzustellen, wie man sich selbst in der Situation fühlen würde.

Ich habe eine Weile überlegt, ob es Ausnahmen von dieser Regel gibt, also „Du“-Geschichten, die für mich funktioniert haben. Und da sind mir eigentlich nur Texte eingefallen, die im Prinzip verkappte Ich-Erzähler benutzen. Also wo das „Du“ nicht unbedingt mich persönlich meint, sondern bloß irgendein du, mit dem sich der Erzähler unterhält, und wo sich die Geschichte eigentlich um den Erzähler dreht. So was wie diese Geschichte hier im Forum, das war das einzige Beispiel, was mir spontan eingefallen ist, wo mich das „Du“ nicht gestört hat.

Was auch noch klappen kann, wäre ein Erzähler, der sich an ein konkretes Du richtet, das eindeutig nicht ich bin. Also wenn man zum Beispiel eine Hälfte eines Briefwechsels liest, wo man weiß, das angesprochene Du ist eine ganz bestimmte Figur.

Aber auch so was klappt glaube ich nur bei relativ kurzen Texten. Ich denke, niemand möchte einen ganzen Roman in dem Stil lesen.

Heißt das jetzt, dass du diese Geschichte zwingend überarbeiten musst?

Ich sage mal etwas Ketzerisches: Von mir aus nicht. :)

Ich denke, man soll solche Sachen ruhig mal ausprobieren, da lernt man unter Umständen mehr als wenn man immer wieder ähnliche Geschichten schreibt. Ich teile zwar die Meinung vieler Kritiker: Die Geschichte ist in der Form nicht so gut, wie sie in einer anderen Form sein könnte. Aber solange du von jetzt an nicht ausschließlich Texte in dem Stil schreibst, fände ich es auch völlig okay, das so stehen zu lassen, wenn du damit leben kannst, dass der Stil den meisten Lesern nicht so richtig behagt.

Wie gesagt, das Thema ist ansprechend, und ich finde die Geschichte zwar nicht perfekt, aber schon irgendwie … stimmungsvoll. Und abgesehen vom Du finde ich den Text sprachlich nicht schlecht, also ich habe den gerne gelesen.

Grüße von Perdita

 

Perdita, ich verstehe Dich nicht. Der Autor hat 15 Kommentare nicht mal mit einem Dankeschön gewürdigt. Und Du schreibst noch mal. Kopfschüttelnd Achillus

 

Achillus: Krieg das nicht in den falschen Hals, aber welche Texte ich kommentiere und warum, entscheide ich allein - du musst das weder verstehen noch gutheißen.

Ich will versuchen, ALLE Challenge-Texte zu kommentieren (was mir natürlich leichter fallen würde, wenn ich nicht quasi dazu aufgefordert würde, mich dafür zu rechtfertigen, mit welchen ich anfange).

Die ersten Kommentare zur Geschichte wurden schon beantwortet, und ich gehe schon davon aus, dass marcbischof auf den Rest auch noch reagieren wird. Um diese Jahreszeit kann es leicht passieren, dass man nicht mehr alles, was man sich vorgenommen hat, unter einen Hut bekommt. Das ist sicher keine böse Absicht.

 

Keine Sorge, kriege ich nicht in den falschen Hals. Trotzdem: So ein unsoziales Verhalten auch noch zu unterstützen, das finde ich ... Die Leute stecken viel Arbeit in ihre Kommentare und vom Autor kommt gar nichts. Echt ätzend, finde ich das. Naja. Gruß Achillus

 
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Perdita, ich verstehe Dich nicht. Der Autor hat 15 Kommentare nicht mal mit einem Dankeschön gewürdigt. Und Du schreibst noch mal. Kopfschüttelnd Achillus

Keine Sorge, kriege ich nicht in den falschen Hals. Trotzdem: So ein unsoziales Verhalten auch noch zu unterstützen, das finde ich ... Die Leute stecken viel Arbeit in ihre Kommentare und vom Autor kommt gar nichts. Echt ätzend, finde ich das. Naja. Gruß Achillus

Sorry, Asche auf meinen Haupt, aber der Autor war beruflich sehr angespannt und konnte sich um seine Onlineaktivitäten kaum kümmern. Habe es einfach Stressbedingt nicht geschafft.

Dazu kam auch die Tatsache, dass die Benachrichtigungsfunktion irgendwie versagte und ich nicht mitbekam, dass es neue Antworten gab... Nachdem ich die ersten Kommentare beantwortet habe, gab es keine Benachrichtigungsmails mehr und ich dachte, dass das Thema "nach unten durchgerutscht ist". Hätte ich - so wie nach den ersten Kommentaren - eine Mail bekommen, dann hätte ich um jeden Preis versucht, wenigstens eine kurze Antwort zu schreiben. Aber so kam das eine zu dem anderen...
Achillus: ich verstehe Deinen Standpunkt, aber wie gesagt, dass Leben hat mich etwas überfordert und ich musste das eine oder andere warten lassen.

An dieser Stelle bedanke ich mich erst mal - wie es sich gehört - für alle Tipps und Kommentare.

Nun bleibt die Frage, wie es mit dieser Geschichte weiter geht. Ich werde sie versuchen, irgendwie zu retten, aber trotzdem würde ich gerne die Originalversion irgendwie behalten. Im Endeffekt wird es vielleicht darauf hinauslaufen, dass ich einmal die kurze, "unbequeme" Fassung in überarbeiteter Form behalten werde, aber auch versuchen werde die zahlreichen Tipps umzusetzen und eine längere, anders gestaltete Version zu schreiben. Im Moment sieht es so aus, dass ich am Monatsende ein paar freie Tage bekomme. Sollte mein Urlaub genehmigt werden, wollte ich mich um die Geschichte kümmern - ich möchte nicht, dass es eine Endlosbaustelle wird.
Perdita: danke für Dein Verständnis, wie Du schon sagtest, mein Schweigen war nicht als Ignorieren zu verstehen.

 

Hallo marcbischof,

deine Geschichte lässt mich ratlos zurück, weil ich den Sinn leider nicht verstehe. Gerade bei fiktionalen Themen ist es unerlässlich, den Leser in die Phantasiewelt des Autors komplett mitzunehmen. Das erreichst du nicht, wenn du in der "Du-Form" schreibst. Da fühle ich mich ein wenig zu sehr gefangen, denn ich will das ja gar nicht sein.

Ich denke, dass man mit dieser Umsetzung sehr vorsichtig umgehen muss, sie passt vermutlich in den wenigstens Fällen als Stilmittel.
Aber auch, wenn ich einmal unterstelle, du würdest mich nicht direkt vereinnahmen, sondern einfach nur aus der Erzählperspektive berichten, fehlt hier Grundlegendes.

Bei fiktionalen Themen kann man nicht einfach seiner Phantasie freien Lauf lassen und nachher behaupten, "das ist nun mal so, ist ja auch nur Fiktion". Was veranlasst deinen Protagonisten in dieser Geschichte? Wieso fühlt er sich gezogen, gesteuert, zu einem bestimmten Ort gelenkt?
Wieso spürt er überhaupt solche Schwingungen? Was macht ihn anders? Wozu diese Todessehnsucht?
Weshalb hat er sie.


Dann frage ich mich, was will mir diese Geschichte inhaltlich geben? Was willst du aussagen? Oder anders gefragt: Wozu das Ganze?
Wenn du eine Abenteuergeschichte geschrieben hättest, dann läge der Sinn der Geschichte für mich darin, dass ich in eine andere Welt entführt werde, in der ein Held seine Abenteuer zu bestehen hat. Ich werde wie bei einem Film dahin mitgenommen.
Aber was passiert hier? Ich sehe keinen Grund, deinem Protagonisten zu folgen. Da fehlt der Anreiz. Und genau diesen Anreiz hättest du schreiben müssen.

Deine Geschichte enthält zudem Informationen, die mich eher irritieren, wobei ich unterstelle, dass sie es gar nicht sollen.

Z.B. "seit dem letzten Umzug", wozu muss ich das wissen?
Von Weimar nach Apolda fahren, wozu gerade dahin?
Den Ort, den der Protagonist dann aufsucht, benennst du dagegen nicht. Du meinst aber vermutlich den Friedhof in Buttstädt. Ich habe via Wiki die Fotos gesehen und finde, dieser Ort scheint einen ganz besonderen Zauber zu haben. Davon erlebe ich jedoch nichts in deiner Geschichte.

Dein Hinweis, von Weimar nach Apolda zu fahren und das Vibrieren wies mich auf eine völlig falsche Fährte, denn ich dachte, du wolltest mit dem Vibrieren andeuten, dass sich gleich, wie schon ab und zu geschehen, die Erde auftun wird, um sich mal wieder ein ganzes Haus oder auch nur ein Auto mitsamt Insassen reinzuziehen. :D Ich dachte, deine geographische Angabe sollte auf diesen Umstand bzw. diese Gefahr hinweisen. Die Gegend ist mir sehr gut bekannt, also nicht nur Weimar, sondern auch diesen Unort Apolda kenne ich gut. Daher dachte ich, jetzt kommt von dir noch mehr Lokalkolorit und Beschreibung der Gegend.

Ich finde auch das Vibrieren nicht gut gewählt. Dieser Satz hat mich gestört, weil er eigentlich nichts aussagt:

Diese unterschwelligen Vibrationen machen dich ganz verrückt.
Wobei es hauptsächlich an dem Wort "unterschwellig" liegt. Wie muss sich der Leser denn unterschwellige Vibrationen vorstellen? Das funktioniert leider nicht richtig das Bild. Du hast dir auch eine ziemlich schwierige Aufgabe gesetzt. Zu beschreiben, wie fiktionale Dinge im Körper eines Protagonisten zu spüren und zu erleben sind, das ist schon recht schwierig zu beschreiben. Es ist ja kaum greifbar, das macht das Problem aus.

Tut mir leid, dass ich so rein gar nichts Positives zu deiner Geschichte sagen kann.

Lieben Gruß

lakita

 
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Ich habe jetzt noch mal die letzten Kommentare gelesen und im Kopf verarbeitet.
So wie es aussieht, hat die Geschichte in dieser eigenwilligen Form keine Zukunft.
Ich habe noch einiges korrigiert bzw. leicht geändert, an dieser Stelle noch mal Danke für Eure Tipps (und Geduld).

Die Idee an sich würde ich gerne noch mal verwenden, dafür würde ich die Geschichte noch mal schreiben - anders, detaillierter und etwas länger. Dafür braucht man aber Zeit und Ruhe im Kopf und beides ist zur Zeit Mangelware. Bevor es aber wieder ein Schnellschuss wird, der nicht viel taugt, würde ich lieber warten und die Arbeit aufnehmen, wenn die Zeit reif ist.

Diesen ersten und nun endgültigen Entwurf werde ich trotzdem auf meinem Reader behalten.

Hier noch paar Kleinigkeiten:

Dazu musst du die Person des Protagonisten aber auch ausgestalten.
Damit werde ich wohl anfangen müssen.

Ein Fotograf und ein Friedhof,
Das Fotografieren von verlassenen Orten ist ein Hobby von mir, daher glaube ich, dass ich etwas davon in die Story einbauen könnte.

Perdita :
Ja, der dunkle Turm...
Ich kenne das Buch und habe es mehrfach gelesen. Trotz der Ähnlichkeiten kam die Idee aber nicht aus dem Turm-Universum, auch wenn die von Patrick Danville gezeichnete Tür schon sehr ähnlich ist.
Aber Jakes Satz: "(...) es gibt andere Welten als diese" beschäftigt mich schon sehr lange.

Dass die Geschichte im Freitod (?) endet, ist sehr unbefriedigend und war für mich nicht abzusehen. So bleibe ich Unwissend zurück und das tut mir für den Protagonisten sehr leid. Ich werde nie erfahren, was ihn trieb.
Freitod ist es nicht, aber Ungewissheit. Ich habe auch keine Ahnung, was auf der anderen Seite der Mauer war. Eine bessere Welt, oder Tod und Dunkelheit? Oder war das alles nur Einbildung und der Protagonist starb an Herzinfarkt? Das offene Ende hat Vor- und Nachteile, jeder Leser mag es anders.

 

Hallo marcbischof!

Auch ich tue mich damit schwer, dass du mir sagst, was ich zu tun, zu lassen und zu denken habe!;)
Diese Form der Erzählung ist wohl tatsächlich die "problematischste", eben weil du deinen Leser entmündigst und ihm die Möglichkeit der freien Entfaltung nimmst.

Vom Grundgedanken her ist deine Geschichte durchaus unterhaltsam, nur fehlt mir da noch ein bisschen (viel). Woher kommt denn diese Vorsehung oder das mystische Kribbeln, was ich habe? Ich meine, ich wache eines Tages auf und verspüre das Bedürfnis, kreuz und quer durch die Republik auf der Suche nach einem aufgegebenen Friedhof mit ner Dimensionstür zu fahren? Echt jetzt?
Also da muss schon ein bisschen mehr Butter aufs Brot, bevor ich mich vom Sofa schwinge und losziehe!
Siehst du - da liegt das Problem. Hans Müller oder Fritz Meier würden das vielleicht tun. Der gute alte Eisenmann jedoch nicht. Du beschreibst in deiner Story allerdings genau das - nämlich was ich tun würde.

Ich kann verstehen, dass du jetzt natürlich nicht die gesamte Form ändern willst. Das würde bedeuten, du müsstest im Endeffekt die Geschichte neu schreiben. Wenig motivierend, ist klar!;)
Allerdings musst du dir dann diesen Vorwurf wohl oder übel gefallen lassen. Und das finde ich bei der Geschichte, die eine interessante Handlung haben könnte, eigentlich schade.

Grüße vom EISENMANN

 

Hallo marcbischof,

auch von mir ein kurzer Kommentar zu Deiner Geschichte, der im Prinzip eine Wiederholung der vorherigen wäre, weswegen ich ihn auf meine zwei Hauptpunkte reduziere:

- auch ich mag die "Du"-Form nicht.
- auch ich fände die Handlung in neuem Gewand interessant. Sprich, falls Du einen gewissen Motivationsschub brauchst, ich würde die Geschichte nochmal lesen, wenn Du sie komplett überarbeitet hast.

Gruß und nichts für ungut
Geschichtenwerker

 
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Hallo marcbischof,
nicht uninteressant empfinde ich Dein Experiment, das ich für mich allerdings nicht Geschichte nennen möchte. Es gibt Riten zum Todesübergang in der orthodoxen Kirche, die mich ein wenig an Deine, wie kann man sagen, fast Anweisung zur Trennung von Körper und Seele erinnern. Ja, insofern hat Dein Text ja irgendwie was Religiöses, oder unkonfessionell etwas Esoterisches. Von daher ist die Verortung auf dem Camposanto ja ganz passend und die geheimnisvollen Zeichen und Anweisungen fügen sich auch in den unbekannten Gang ins Hinüber ein. Also, ich lese das wie einen Leitfaden zum Sphärenübergang, der dann allerdings mit der Autofahrt zu Beginn dann wieder zu konkret ist. In der ersten Lesart als Handlungsanweisung macht die Du-Form für mich Sinn. In Zusammenhang einer Erzählung fühle ich mich zu sehr aufgefordert, zu handeln, als mitzufühlen oder etwas zu beobachten. Insofern entscheidet Dein Text sich nicht eindeutig für eine Intention: Geschichte oder Anweisung für ein Ritual. Ebenso unentschieden bin ich als Leser und sehe weder klar Geschichte, noch eindeutig rituelle Formeln.
Herzliche Grüße
rieger

 

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