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Bindung

Monster-WG
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07.01.2018
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Bindung

Früher waren Ninas Haare kurz. Wie ein Junge sah sie aus, wie ein Junge rannte sie auf dem Bolzplatz dem Ball hinterher und kletterte im Wald auf Bäume. Heute sind ihre Haare lang, die blonden Locken fallen auf die Schultern, kringeln sich auf der Stirn.
»Hi, Sepp«, sagt sie. Das Lächeln weicht aus ihrem Gesicht. »Oh, Entschuldigung. Alte Gewohnheit.«
»Ist gut«, sage ich, obwohl ich schon ewig nicht mehr so genannt wurde. Seit der Grundschule nicht mehr. Ich weiß nicht, wo ich hinsehen soll. Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt. Sogar auf den Ohrläppchen sind welche. Sie trägt einen Ring an der Unterlippe. »Komm rein«, sage ich.
»Danke.« Sie tritt über die Schwelle, streift die Sneakers ab. Um das linke Fußgelenk baumelt ein Fußkettchen. Mein Blick wandert über ihre Knöchel, die langen Beine hinauf.
»Ich bin ein bisschen aufgeregt«, sagt sie.
»Ach.« Ich blicke auf ihren lächelnden Mund, schaue in die grünen Augen. Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch ihre sind ruhig, als sie sich das Haar aus der Stirn streicht.
Die Küche meiner Wohnung ist zugleich das Wohnzimmer. Sie ist vollgestellt. Ich lebe aus Kartons, alles ist improvisiert. Heute habe ich den Abwasch gemacht und den Tisch gewischt. Ich nehme die Kanne aus der Kaffeemaschine.
»Ich habe Kaffee gekocht«, sage ich, angele eine Tasse mit Blümchenmuster aus dem Schrank.
»Hast du auch Tee?«, fragt sie.
Ich stelle die Tasse wieder hin, Porzellan schlägt auf Holz. Wische die Hand am Hosenbein ab. »Ich muss gucken.«
»Okay.« Sie betrachtet die Postkarten, die am Schrank hängen. Ihr Blick wandert weiter zu dem Basilikum, das auf der Fensterbank vertrocknet. »Schöne Wohnung«, sagt sie. »Gemütlich.«
Ich sehe auf, ziehe eine Augenbraue hoch. Wir schauen einander an. Mir schießt das Blut in den Kopf, und ich wende mich ab, beginne, in den Kisten zu wühlen. Irgendwo habe ich letztens einen einsamen Teebeutel gesehen.
»Was machst du so?«, fragt sie.
»Ausbildung zum Bauzeichner«, sage ich. Ich fahre mit bebenden Fingern in die Ritzen des Kartons mit dem Gemüse. Irgendetwas Matschiges liegt ganz unten. Ich hebe den Kopf, Nina sieht nicht hin, schaut aus dem Fenster.
»Ah ja.«
Meine Finger ertasten einen schmalen, in Papier gehüllten Gegenstand. Ich ziehe ihn hervor, das Blut rauscht in meinen Ohren. »Ist schwarzer okay?«, frage ich.
»Ja, super.«
Ich schalte den Wasserkocher ein, gieße Kaffee in die Blümchentasse. Ich angele eine weitere Tasse aus dem Schrank, hänge den Teebeutel hinein.
»Tee kommt gleich.«
Wir setzen uns an den Küchentisch. Nina zieht einen Laptop aus ihrer Tasche.
»Ich habe dir ja gemailt, dass ich eine Audioaufzeichnung machen muss«, sagt sie. »Ist das immer noch okay?«
Ich nicke.
»Also, ich mache dieses Interview für eine Seminararbeit. Wir interviewen Bekannte zur Übung. Da habe ich gleich an dich gedacht. Keine Sorge, alles, was du sagst, wird vertraulich behandelt.«
»Klar.« Ich nehme einen Schluck und verbrenne mir die Zunge. Als ich die Tasse hinstelle, schwappt Kaffee über den Rand. »Ist es okay, wenn ich rauche?«
Sie kraust die Nase. »Es ist deine Wohnung.«
Ich nicke. »Okay.« Ich behalte die Zigarettenpackung in der Hosentasche, stehe auf, gieße das heiße Wasser auf den Tee, stelle die Tasse vor sie hin.
»Danke.« Sie schiebt den Laptop zwischen uns. Ein Lämpchen blinkt, aber wartet noch auf das Startsignal. Sie nimmt einen Stapel Papier und einen Bleistift aus ihrer Tasche.
»Keine Angst wegen der Zettel«, sagt sie und lacht wieder. »Das ist nur meine Gedächtnisstütze.« Sie wirft sich das Haar über die Schulter. Ich rieche ihr Shampoo, eine Wolke von Orange. »Ich freue mich, dass du das machst. Es ist sicher … ziemlich interessant.« Ihre Augen weiten sich kurz. »Oh, Entschuldigung. Ich wollte nicht …«
»Schon gut. Du warst früher schon so …«
»Direkt?« Nina lacht wieder. Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen. Ein Grübchen gräbt sich in ihre linke Wange. »Ja, ich weiß. Hat sich nicht geändert.«
Ich schlucke, will etwas sagen, fürchte aber, dass ich mich verhaspele. Presse die Lippen aufeinander.
»Gut, dann legen wir mal los«, sagt Nina und startet die Audioaufzeichnung. »Ich stelle dir ein paar Fragen zu deiner Kindheit und wie sie sich auf deine Persönlichkeit ausgewirkt hat.« Sie liest von einem Zettel ab. »In Ordnung?«
Ich nicke.
»Könntest du damit beginnen, mir zu sagen, mit wem du als Kind gelebt hast?«
Ich warte darauf, dass sie weiterspricht. Doch jetzt sieht sie mich an.
»Ja«, sage ich. »Klar. Also, ich habe bei meinem Onkel und meiner Tante gelebt. Wie … Spiderman.« Mir schießt das Blut in den Kopf, meine Wangen glühen, doch Nina lächelt, also spreche ich weiter, schnell. »Hast du den letzten Film gesehen?«
Sie sagt nichts, nickt, ihre Miene verändert sich nicht.
»Nicht ganz wie Spiderman, natürlich. Meine Eltern sind nicht gestorben, nicht beide. Mein Vater war bei meiner Geburt im Gefängnis, und meine Mutter ist gestorben, zwei Monate nach meiner Geburt. Also wurde ich von meinem Onkel und meiner Tante aufgezogen. Und mein Onkel ist am Leben, anders als Peter Parkers Onkel.«
»Hm-m.« Sie schiebt sich eine Haarsträhne hinters Ohr, linst mir unter ihren dichten Wimpern zu. »Haben in eurem Haushalt noch andere Personen gewohnt? Kinder von deinem Onkel und deiner Tante oder andere Leute?«
»Ja, mein Onkel und meine Tante hatten ein Kind, Toni.« Unter der Tischplatte verschränke ich die Hände ineinander. »Sie war … sechs Jahre jünger.«
Nina nickt. Diesmal macht sie keine Notiz. In ihren grünen Augen schimmert etwas.
Mein Hals ist sehr eng, zu eng, um zu sprechen.
Aber sie weiß sowieso Bescheid. Damals kam sie vorbei, brachte eine Flasche Vanille-Coke mit, meine Lieblingscola. Obwohl ich am Telefon gesagt hatte, dass ich sie nicht sehen wollte.
Sie hüstelt, nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse. »Die nächste Frage ist schwierig«, sagt sie. »Wenn du an deinen Onkel oder an deine Tante denkst, was ist deine frühste Erinnerung?«
Ich atme tief ein, löse die Hände voneinander. »Mein Onkel und ich standen uns sehr nahe. Er war ja zu Hause, meine Tante hat gearbeitet. Mein Onkel war Schwimmtrainer. Er sagt, ich habe früher schwimmen als laufen gelernt. Wir waren oft am Badesee, da haben wir nach Steinen getaucht, die lagen unter dem Schlamm. Ich hatte einen schönen Stein, blau mit grauen Sprenkeln.« Ein Lächeln stiehlt sich wie ein Fremder auf mein Gesicht. Unsicher, ob er erwünscht ist. »Den hat er hochgeholt, hat ihn mir geschenkt. Er lag immer auf der Fensterbank.«
»Wie schön«, sagt sie und lächelt ebenfalls.
»Aber beim Umzug hat meine Tante ihn weggeworfen, meinte, das sei Plunder, den niemand braucht.«
Sie leckt sich über die Lippen, schaut kurz auf, senkt den Blick auf ihre Notizen. »Ja. Jetzt hast du etwas über deinen Onkel gesagt. Wie war deine Beziehung zu deiner Tante, als du ein Kind warst?«
Ich starre sie an, sie starrt zurück.
Schließlich rutscht sie auf ihrem Stuhl umher und lacht wieder. »Sepp?«, fragt sie.
»Das ist schwierig«, sage ich.
»Ich weiß.«
»Nein, es ist wirklich schwierig.« Ich ziehe die Finger unter dem Tisch hervor, strecke sie, beuge sie. »Ich weiß nicht, soll ich Wörter für davor oder danach finden?«
Sie runzelt die Stirn. »Davor oder danach?«
»Du weißt schon.«
»Sepp«, sagt sie. »Geh einfach davon aus, wir würden uns nicht kennen, okay?«
»Das mit Toni«, sage ich, umklammere die Kaffeetasse. »Danach hat sich alles verändert. Nach ihrer Geburt. Aber auch … danach-danach.«
Ihr Gesicht wird starr. Unmöglich, etwas darin zu lesen. Kein Lächeln, so sehr ich danach suche. »Ich weiß auch nicht.« Sie beißt sich auf die Unterlippe. »Aber das wäre natürlich wichtig zu wissen. Also …«
Ich fahre mir über die Augen. In meinem Magen rumort es, vielleicht habe ich den Kaffee zu schnell getrunken. »Ich kann nicht«, sage ich. »Ich kann darüber nicht sprechen.«
»Du musst das nicht tun.« Eine Falte gräbt sich in ihre Stirn, ihre Augen sind dunkel, schattig.
»Du brauchst das für deine Seminararbeit«, sage ich und hebe die Mundwinkel. Sie lächelt, mein Herz macht einen Satz. »Ich brauche nur eine Pause.«
Sie stößt geräuschvoll Luft aus. »Danke.«

Ich gehe raus, rauche zwei Zigaretten. Starre vorüberfahrenden Autos nach. Mein Nacken schmerzt, und meine Augen brennen. Als ich wieder hochgehe, scheint die Treppe mehr Stufen zu haben als sonst.
»Okay«, sagt Nina, während ich mich setze. »Du sagst, du standst deinem Onkel näher … Warum war das so?«
Ich kratze mich am Kopf. »Na ja, als ich klein war, war er immer da. Nur wir zwei.«
»Und deine Tante?«, fragt sie.
»Sie hat ja gearbeitet. Und sie war sehr streng. Ich hatte Angst vor ihr. Du weißt doch, wie sie war. Räum dein Zimmer auf. Sprich nicht beim Essen. Sei nett zu Toni.« Ich rolle mit den Augen, warte darauf, dass sie mit den Augen rollt wie früher, kichert, mit dem Fingernagel gegen die Schneidezähne tickt.
»Verstehe«, sagt sie. Sie sitzt mit einem angewinkelten Bein an die Wand gelehnt auf ihrem Stuhl und schaut auf ihre Unterlagen, während sie mit der Zunge am Lippenpiercing spielt.
»Weißt du nicht mehr?«, frage ich, die Stimme leise.
Sie blättert um. »Wenn es dir als Kind schlecht ging, was hast du gemacht?«
Ich starre das Basilikum in ihrem Rücken an, daran vorbei aus dem Fenster. »Wenn es mir nicht gut geht, bin ich lieber allein. Ich bin dann zum See gelaufen. Oder habe ferngeguckt. Bevor wir umgezogen sind, da bin ich gerne mit dir rausgegangen. Unser Baumhaus, da habe ich dran gebaut, wenn es mir schlecht ging.«
Draußen raschelt die Kastanie mit den Blättern. Ninas Bleistift kratzt auf dem Papier.
»Ferngeguckt oder gebaut«, sagt sie. »Aber kannst du dich an irgendetwas erinnern, wenn es dir nicht gut ging und du zu deinem Onkel oder deiner Tante gegangen bist?«
»Doch, ganz früher, wenn ich mir wehgetan habe, dann hat mein Onkel mir ein Pflaster gegeben. Na ja, und später …« Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich die Zigaretten aus der Hosentasche gefischt habe. Ich starre die Packung an, sie liegt in meiner Hand, als hätte sie sich dorthin gezaubert.
»Sepp?«
»Ja.« Ich huste. »Toni war oft krank, da hat mein Onkel sich um sie gekümmert. Wenn sie dann wieder das … dieses Flimmern gekriegt hat … Ich war ja auch schon älter, ich wusste dann, wo die Pflaster waren, und ich durfte fernsehen, wenn ich nicht zur Schule gehen konnte. Ich hatte einen Fernseher im Zimmer. Habe ich zu Tonis erstem Geburtstag bekommen. Also, das war … gut.« Ich stopfe die Schachtel zurück in meine Hosentasche, sehe Nina nicht an.
»Danke«, sagt sie. Sie schaut wieder auf ihre Unterlagen, befingert ihr Piercing. Schließlich setzt sie sich aufrecht hin. »Hast du dich als Kind einmal alleingelassen gefühlt?«
»Alleingelassen?« Ich schlucke an dem Kloß im Hals.
»Oder ignoriert«, sagt sie.
Ich kratze mich am Kopf. »Von meinem Onkel oder meiner Tante? Ja. Ich weiß noch, als Toni das erste Mal mit am See war. Meine Tante ist auch mitgekommen, dabei waren sonst immer mein Onkel und ich allein …« Im Sommerwind, der durch das auf Kipp stehende Fenster hereinweht, fröstele ich. »Es ging wieder los bei Toni. Du weißt ja, wie das war. Sie war nervös, ganz weiß. Erinnerst du dich?«
Nina schreibt etwas auf ihrem Zettel, der Bleistift kratzt auf dem Papier.
»Nina?«
»Ja«, sagt sie, ohne aufzublicken.
Ich lege meine Hand zwischen uns auf den Tisch, betrachte ihre kurzen Fingernägel. »Sie wollten sofort mit Toni nach Hause fahren. Ich wollte, dass mein Onkel bleibt. Ich wollte ihm den Stein zeigen, den ich aus dem Schlamm geholt habe. Ich wollte …«
Nina beugt sich vor, ihre Hand liegt ganz dicht vor meiner, unsere Fingerspitzen berühren sich fast. »Es muss schwer sein, darüber zu sprechen«, sagt sie.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, halte ihrem Blick stand. »Ich wollte doch nur, dass er bei mir bleibt. Ich habe mich auf den Boden geworfen, mich nicht von der Stelle gerührt. Sie sind ohne mich gefahren.«
»Wann war das?«, fragt sie.
»Ich war so egoistisch«, sage ich. »Weißt du noch, das hast du zu mir gesagt. Ich habe nur an mich gedacht.« Ich probiere ein Lächeln, doch diesmal gelingt mir kein Heben der Mundwinkel. Genauso gut hätte ich versuchen können, mit den Ohren zu wackeln – ich kann die richtigen Muskeln nicht finden. »Ich war wütend. Heute verstehe ich das. Du hattest recht.« Die Worte hinterlassen einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge.
»Und wie alt warst du da?«
»Du warst doch dabei.« Ich will die Hand ausstrecken, ihre Haut berühren. Wie damals, als ich abends zu ihr rannte, die ganze Nacht bei ihr blieb, ihrem Atem lauschte, ihrem leisen Schnarchen. Ob sie heute noch schnarcht? Ganz leicht, kaum hörbar?
Sie seufzt. »Bitte, geh einfach davon aus, wir würden uns nicht kennen. Schaffst du das?«
Ich presse die Lippen aufeinander. Steche mit den Fingernägeln in die weiche Haut am Unterarm. »Zehn, glaube ich. Oder elf?«
Sie macht sich eine Notiz. »Haben dein Onkel oder deine Tante dich irgendwann einmal bedroht? Vielleicht aus erzieherischen Gründen oder auch aus Spaß?«
Ich hole tief Luft. Meine Augen brennen. »Ja.«
»Möchtest du davon erzählen?«
»Meine Tante hat gesagt, sie würde mich weggeben. Eigentlich …« Ich reibe mir die Augen, blinzele etwas weg, das irgendwie hineingeraten ist. »… war es keine Drohung. Sie wollte es tun. Mein Onkel hat sie zurückgehalten. Er hat mir geglaubt. Sie nicht. Sie war so wütend, hat geschrien. Ich glaube, wenn ich nicht gewesen wäre, wären sie noch verheiratet.«
»Kannst du da … konkreter werden?«
»Es war danach-danach«, sage ich. Mein Atem ist flach, meine Stimme klingt seltsam. »Nach Toni.«
Sie schweigt. Sieht mich an. Ich wünschte, sie würde meinem Blick ausweichen und etwas aufschreiben.
»Ich wollte, dass alles wieder so wird wie vor Toni.« Ich hebe die Arme, meine Hände flattern durch die Luft. Meine Exfreundin hat gesagt, ich würde nur gestikulieren, wenn ich mich rechtfertige. Ich setze mich auf meine Handflächen. »Das war dumm, das weiß ich jetzt.«
»Und?«, fragt Nina, sieht mich an. »Wie war es nach Toni? Wie ist es jetzt?«
Es ist still. Ich kann meinen Atem hören, das Rascheln der Kastanie. Ich höre sogar ihren Atem.
»Das alles«, sage ich, und meine Stimme klingt fest, beherrscht, »hat dazu geführt, dass ich mich schwer fühle, unsichtbar und trotzdem störend. Wie ein Stein im Schlamm. Wenn ich daran denke, dann …« Ich begegne ihrem Blick, ihre Lippen bewegen sich, sie hat den Bleistift aus der Hand gelegt.
»… dann fühlst du dich schuldig?«, fragt sie.
»Ja.«
»Warum?«
»Ich habe das nicht geplant«, sage ich. Ich hebe die Schultern. Ich fische die Zigarettenpackung aus meiner Hosentasche, klemme mir eine Zigarette zwischen die Lippen. Auf diese Weise kann ich nicht sprechen, ich nehme die Kippe in die Hand. »Es ist einfach passiert. Wir waren allein im See, ich wollte nach Steinen tauchen, mein Onkel ist zur Eisdiele gegangen. Toni war das Wasser zu schlammig, sie hat geschrien.« Ich lege die Kippe auf den Tisch, rolle sie unter meinem Zeigefinger vor und zurück.
»Sepp.« Ninas Hand schnellt vor, legt sich auf meine. Ihre Haut ist warm, heiß. »Es ist nicht deine Schuld.«
»Das hast du gesagt. Haben alle«, sage ich. Ich ziehe meine Hand nicht weg, lasse sie liegen. Ich atme aus. »Es war ganz leicht. Ihren Kopf unter Wasser zu drücken. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich gewehrt hat.«
Nina starrt mich an. Eine Locke hängt vor ihren grünen Augen, der Mund ist leicht geöffnet, die Lippen glänzen.
In der Stille ziehe ich meine Hand unter ihrer hervor, stecke mir die Zigarette an.
»Was?«, fragt Nina, sie flüstert.
Ich schaue den blauen Rauchfähnchen nach, die zur Decke treiben. »Ja.«
»Was soll das? Warum sagst du das?«
»Ich wollte es dir immer sagen. Du hast mir nicht zugehört.«
Sie lehnt sich im Stuhl nach hinten, weicht vor mir zurück, hält sich an den Zetteln fest. Sie öffnet den Mund, schließt ihn wieder.
Mein Herz rast, das Blut pumpt in meinen Adern. »Jetzt hast du mich gehört. Hast du, oder?«
»Du verarschst mich«, sagt sie, haucht sie. »Was soll der Scheiß?«
Ich ziehe an der Kippe, verschlucke mich am Rauch, huste. »Scheiß? Wirklich?« Der Husten unterbricht mich, Tränen schießen mir in die Augen.
»Das ist so typisch«, sagt sie. »Du denkst nur an dich, willst immer im Mittelpunkt stehen. Du machst das Interview nur, weil sich dann wieder alles um dich dreht.«
Ich zerdrücke die Kippe im Aschenbecher, kann nicht sprechen. Ich versuche, nicht zu blinzeln. Wenn ich blinzele, werden die Tränen fließen.
»Ich gehe jetzt.« Ninas Augen blitzen. Sie richtet sich auf, schiebt die Zettel zusammen, wirft den Stift in die Federtasche, stoppt die Audioaufzeichnung.
Ich schaue ihr zu, als sie ihre Sachen zusammenpackt, ich blinzele. Keine Tränen. Hitze kriecht meine Luftröhre hinauf. Ich schlucke, aber die Hitze wandert weiter, steigt höher.
Zuletzt habe ich mich so gefühlt, als wir in meinem Zimmer saßen, umgeben von Kuscheltieren, zwei Gläser Vanille-Coke. Als sie mein Haar streichelte und, obwohl die Worte in meiner Kehle brannten, immer wieder sagte: Es ist nicht deine Schuld. Es ist nicht deine Schuld.
Ich laufe ihr nach, als sie zur Tür eilt, ihre Tasche unter dem Arm. Sie fährt in die Sneakers, reißt die Wohnungstür auf. Ich mache einen Schritt auf sie zu, noch einmal streift ihr Blick mein Gesicht. Dann schlägt sie die Tür zwischen uns zu, ich spüre den Luftzug, das Zittern im Trommelfell.

 
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Hej TeddyMaria,

ich liebe dieses Forum, weil es eben nicht bei einer artikulierten Unzufriedenheit bleiben muss, sondern weil das gemeinsame Arbeiten daran wertvoll und extrem hilfreich ist, einem den Blick von außen zeigt, an Schwachpunkten und missverständlichen Ausdrücken. love it.

Ich habe mir Deine Kritik zum „Gedankenleseapparat“ sehr zu Herzen genommen, versucht, nichts extrem Erwartbares zu erzählen. Du schreibst hier die ganze Zeit, dass Du ohnehin weißt, wie die Geschichte ausgeht. Ist das, weil es wieder so erwartbar ist oder weil Du die Kommentare gelesen hast? Das sagst Du leider nicht. Wäre für mich natürlich wichtig zu wissen.

Oje. Ich muss noch besser aufpassen, was ich wie sage. Dennoch, so ist es gemeint. Ich habe die Kommentare nicht verfolgt, nur dass es schnelle eine Menge wurde. :D Ich gehe gerne unbedarft an zu kommentierende Texte. Meist weiß ich vorher, ob ich etwas sagen will. Ich kann deine Frage ja gut jetzt noch beantworten. Am Ende hätts dich gar nicht so brennend interessiert und ich hätte mich unnötig wund geschrieben. Und ja, es war absolut erwartbar. Lediglich, dass er sich wirklich schuldig gemacht hat, nicht. Aber das spielt doch für den psycholgischen Verlauf keine Rolle. Ist doch bloß ein Leckerchen, ein Schockmoment. Mir tat er so oder so leid genug. Nun verachte ich ihn eher, weil er Nina auch benutzt hat. Was ja an und für sich ein interessanter Verlauf ist. :hmm:

Dass Nina eigentlich komplett abwesend ist, sich mit ihren Zetteln beschäftigt, ihr Interview durchzieht, komme, was wolle, das war intentional.

Das habe ich nicht so aufgefasst. Abwesend vom ganzen Geschehen ? Ich dachte nur, dass sie keine Spur Interesse am Sepp hat, bloß an ihrer Audioaufnahme. Dieses Wort hätte ich übrigens auch nicht dreimal ziemlich hintereinander gebraucht.

Tatsächlich habe ich mir eher vorgestellt, dass sie seit der Grundschule keinen Kontakt mehr hatten, dass Nina nur jetzt auf ihn zurückgreift, weil seine Geschichte so „interessant“ (sic!) ist. Deshalb nennt sie ihn ja „Sepp“, obwohl …

Okay, das habe ich nicht berücksichtigt. Vermutlich weil Sepp sich so verhält, als gäbe es immer bloß Nina.

Jetzt, wo Du sie schon so extrem unsympathisch wahrnimmst, bin ich mir nicht mehr sicher, ob das dann nicht völlig übertrieben wäre (aber viele andere haben das wohl eher nicht gespürt, zumindest bist Du die Erste, die das so zurückmeldet).

Dann würde ich es tatsächlich hier und da deutlicher machen. Damit es wirklich passt. Die soll so!

Genau das wollte ich ja. Aber tatsächlich wollte ich ja auch, dass dieses Verhältnis umkippt. Dass die Rücksichtslosigkeit praktisch von einer Person zur anderen wandert. Und da hast Du recht, da müssen Zwischenstadien eingezogen werden, mehr Ambivalenzen, kein plötzliches Umkippen, sondern ein Wandern.
Hmh, gewandert ist sie ja nicht. Jeder benutzt hier jeden. Das könnte dann vielleicht deutlicher zum Tragen kommen, wenn du das wolltest. Aber seine Schwärmerei irritiert da bloß, sie kommt mir dann eher so vor, als würdest du ihn bloß brauchen, um mir Nina zu zeigen.

Was meinst Du, wenn ich versuche zu zeigen, dass sie sich daran mehr festklammert, um auszublenden, dass gerade was Schlimmes passiert?

Dass sie also nicht auf den Punkt kommt, sondern weiter ihren Fragenkatalog abarbeitet, weil sie ahnt und fürchtet, was da vergraben liegt. Eine erfahrenere Interviewerin würde das direkt ansprechen, wenn sie die Vibes spürt. Das müsste ich nur noch rüberbringen.

Ja, das wäre gut. Denn so ist Nina oberflächlich und sie interessiert mich gar nicht. Ist nicht bloß für Sepp Mittel zum Zweck, sondern auch für mich als Leser. Dass Sepp von Anfang an Nina für seine Beichte benutzen wollte, hast du leider komplett mit seiner schwärmerischen Art konterkariert. Da wären Andeutungen, nicht bloß abwesender oder rauchender Art eine gute Möglichkeit. (glad, it’s your job:shy:)

Den Fragenkatalog werde ich anpassen. An der Beziehung zwischen Nina und Sepp werde ich arbeiten. Auch daran, wie Sepp ist und sich zeigt. Dass das Verhältnis zwischen den beiden nicht plötzlich umkippt, sondern sich langsam wandelt.

Ja. Ja. Jajaja. Ich liebe deine Auffassungsgabe. War ganz leicht bei dir, mein Empfinden deutlich zu machen. Das spricht eindeutig für dich. Bin darin oft ungeschickt. So habe ich es gemeint.

Woah, ich dachte, ich musste nur noch feine, sehr feine (nicht aber unkomplizierte) Anpassungen vornehmen. Jetzt habe ich das Gefühl, den ganzen Text umschmeißen zu können (oder zu müssen?).

Aber vergiss nicht: ich bin nur ein Leser. Wenn du und die anderen klar damit sind ... muss ja nicht. Mir täts eben gefallen, gerade weil du die psychologische Variante anschiebst. Da darfs dann eben ruhig ein Gramm mehr sein. ;)

Ich merke aber, dass Ninas Unachtsamkeit (im Sinne von mangelnder Empathie), die ja auch ihre Amateurhaftigkeit zeigen soll, schon ganz gut funktioniert. Da werde ich versuchen, Ambivalenz reinzubekommen, einen Twist.

Japp. Gute Idee.

Und ja, verflucht, ich muss mehr auf Sepp achten. Auch der braucht einen Twist und zwar keinen U-Turn, sondern eine Ambivalenz, ne? Nicht nur von Bewunderung zu Rücksichtslosigkeit, sondern ein Wunsch nach Befreiung, ein Wunsch nach Zuspruch …?

Lass dich umarmen, Maria!

Huh, in mir rattert es, liebe Kanji. Ich brauche jetzt auf jeden Fall wirklich Zeit.

Isses nich herrlich? Aber Zeit haste ja, nimm sie. Is genug für alle da. Bin da großzügig.

Es gibt zwei „Danach“s. Einmal nach Tonis Geburt. Und dann „nach Toni“, das ist „danach-danach“. Es gibt praktisch drei Stadien der Beziehung zu Sepps Bezugspersonen: Vor Tonis Geburt, während Toni und nach Toni. Aber auch darauf werde ich in Version 2 detaillierter eingehen (eigentlich wollte ich eine kurze Geschichte schreiben, aber ich weiß nicht genau, wie das alles gleichzeitig gehen soll, also wird es wohl länger).

Das mag so gewesen sein, als er ein kleiner Junge war. Mittlerweile sollte er das eindrücklicher und deutlicher klarmachen können. Mir ist das zu infantil und wenig reflektiert, dafür, dass er heute sein comin out hat. - Sag ich jetzt mal ganz vermessen. (was denn los mit mir?) :shy:

Ich habe die Geschichte schnell runtergeschrieben, sie kam einfach zu mir. Das hat zur Folge, dass ich diese Stellen ziemlich 08/15 gewählt habe. Das zu kritisieren, ist vollkommen richtig.

Was ja wunderbar ist. Schnell einstellen ist dann wieder das andere. Kenn das :Pfeif: Und gerade diese Feinheiten ... ich steh drauf. Wenn alles irgendwie Sinn macht, selbst wenn auch nur für mich oder auf Nachfrage. Love it.

Für mich war es wichtig zu zeigen, dass er den Fernseher wegen Toni bekommen hat. Dass also die Aufmerksamkeit seiner Bezugspersonen ihm gegenüber wegen ihr abgenommen hat. Funktioniert das wirklich überhaupt nicht? Wäre „nach Tonis Geburt“ besser?

Das habe ich schon auch so verstanden. Nur fühlte ich mich, also als Leserlein, so als würdest du mir den Brocken eben schnell vor die Füße werfen, damit das eben auch geklärt ist. Ich fress das aber so nicht so gerne. Lieber ein zwei Sätze, einen Gedanken mehr. Der Sepp hat das Zeug dazu.

Hat mich unglaublich gefreut und auf jeden Fall einiges in mir bewegt.

Dafür bin ich auf der Welt (glaub ich:shy:).

Wie sagst du immer : make it work!

Gruß, Kanji

 
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Hey Maria,


der Text gefällt mir. Hat mich ein bisschen an die Serie "Mindhunter" erinnert. Kennst du die? Da geht es um die Anfänge von 'Profiling'. Es werden Fragebögen ausgearbeitet, die dabei helfen sollen, Täterprofile zu erstellen, Tätertypen zu klassifiziere und so. Im Speziellen geht es um Massenmörder, die systematisch interviewt werden (sollen). Wirklich spannend und interessant, auch was die Psychologie anbelangt - historisch (forensisch) gesehen. Spielt in den Siebzigern und spiegelt sowohl Zeitgeist, als auch die charakteristische Bürokratie und Denke des FBI (gerade nach der Hoover-Zeit) - bzw. die Vorbehalte gg staatlicher Einrichtungen von der akademischen Schicht - ziemlich glaubwürdig wider.

Aber ich will ja keine Rezension über diese Netfix-Serie verfassen, sondern deinen Text kommentieren :). Wobei sie mich dabei beeinflusst. Mir drängt sich auf, dass ich es sehr spannend gefunden hätte, wenn deine Nina mehr im Schilde geführt hätte, als das Bestreben, eine Seminararbeit zu schreiben. Wenn sie Sepp gezielt hätte überführen wollen oder von einem Psychologie-Profi-Profiler dazu benutzt worden wäre, nach Schulung und Anweisung, dem mutmaßlichen Täter von damals ein Geständnis abzutrotzen. Und das auf Tonband aufzuzeichnen (Vielleicht ist mir auch mein Replika-Text noch zu präsent :D). Und wenn sie - wie der Prota bei 'Mindhunter' - vom "wissenschaftlichen" Schema abweichen würde. Durch erotische Provokation oder so. Ich meine, gerade die Verbindung der beiden Protagonsten (Kindheitstage) könnten doch dazu führen, dass Sepp auspackt.
Da wären wir nämlich beim ersten Kritikpunkt von mir. Klar, der Täter möchte insgeheim gestehen, bestraft (aufgehalten?- spontane Idee jetzt: Sepp hat mehrmals getötet!) werden, doch mir geht das ein wenig zu schnell. Jahrelang hält er die Klappe, hat in der Vergangenheit gelogen und so, jetzt packt er einfach aus? Ich würde noch deutlicher herausschälen, dass das unmittelbar mit Nina zu tun hat (in die Richtung gehst du ja schon, nicht?), vielleicht macht sie ihn auch ein bisschen an und so - du weißt schon - und der Clou für mich wäre eben, wenn sie das beabsichtigt hätte, die Seminararbeit nur Vorwand gewesen wäre, dann hättest du ganz andere Möglichkeiten, das Ende der Geschichte zu gestalten. Das Ende nämlich - mein zweiter Kritikpunkt jetzt - ist mir auch zu lasch. Der zum bersten gefüllte Ballon explodiert nicht, dem geht nur langsam - pfffff - die Luft aus.

Aber ist natürlich dein Text, ist auch nur so 'ne Idee von mir. Vielleicht kannst du trotzdem etwas mit ihr anfangen.


Textkram:


Früher waren Ninas Haare immer kurz. Einmal im Monat legte ihre Mutter ihr ein buntes Tuch um die Schultern und schnippelte drauflos. Ich war manchmal dabei, saß auf der Treppe, während Nina jammerte, dass sie wieder rauswollte, dass wir gerade einen Baum entdeckt hatten, auf dem man ganz nach oben klettern konnte. Heute fallen die Locken lang auf die Schultern.
Hast du seit gestern bereits überarbeitet? Ich meine, ja, mir war nämlich ein Doppler aufgefallen, jetzt finde ich ihn nicht mehr. Egal.
Ich fand, der Anfang zog nicht wirklich. Das mit den Haaren von kurz bis lang, ja, nette Idee, um zeitliche Abstände zu verdeutlichen, eine Beziehung anzudeuten, aber, jo. Das reichte nicht, finde ich.

Jetzt untermauerst du das noch weiter, mit der Mutter und so - da erwarte ich natürlich, dass was in die Richtung folgen wird.
Interessant fände ich hier, wenn du Nina mit Hilfe der Haareschneiderei auch ein "Trauma" setzen würdest. Ich kenne zwei Frauen, deren Mutter ihnen die Haare immer raspelkurz geschnitten und sie beinahe wie Jungs gekleidet hat. Die haben so richtig darunter gelitten in der Kindheit. Das geht denen bis heute nach. Da ging es nicht um den Baum draußen, den man lieber erklettern mochte, als den Haarschnitt zu ertragen. Verstehst du? Die Zutaten, die du hast, finde ich interessant, du müsstest sie dann aber auch später im Text verwenden - zünden lassen. Vielleicht war sie mal in Sepp verschossen, und ausgerechnet er beobachtete, wie es zum "Männerhaarschnitt" kam. Ich würde sie also so richtig zur Wehr setzen lassen, nicht nur jammern, einen handfesten Konflikt andeuten und den später zielführend verwenden.
So, als Idee, dann hätte auch der Anfang gleich mehr Pfiff - vielleicht gibt's ja noch 'ne Backpfeife obendrein :baddevil:.

Ich weiß nicht genau, wo ich hinsehen soll. Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt. Sogar auf den Ohrläppchen sind Sommersprossen.
Bewusst gemacht? Ich sehe keinen Mehrwert in der Dopplung (Verstärkung). Stattdessen: "welche", vielleicht.

Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch ihre Hände sind ruhig, als sie sich das Haar aus der Stirn streicht.
Auch hier. Würde ich einfach streichen.

Die Küche meiner winzigen Wohnung ist auch das Wohnzimmer. Sie ist vollgestellt. Ich lebe aus Kartons, finde sie praktischer als Regale.
Das dürfte raus, ist doch klar im Kontext, nicht? Also wenn Küche und Wohnzimmer eins sind, dann die Kartons und so, ich bekomme schon ein Bild von der Bleibe.
"Gleichzeitig", an Stelle von "auch", gefiele mir übrigens besser.

Mir schießt das Blut in den Kopf. Fühlt sich an, als zöge die Gesichtshaut sich mit einem Mal fest zusammen.
Ja, du hast überarbeitet, der Krebs ist weg. Finde ich gut, das Bild hier allerdings recht schief. Ein ziehendes Gefühl, wenn Blut ins Gesicht strömt? Hm, ich weiß nicht. Du suchst nach Originellem, trotzdem wird nicht viel mehr als ein Hitzegefühl entstehen, meine ich.

»Sieht nicht so aus, als hättest du einen grünen Daumen.« Mit ihrem Daumen weist sie auf das Basilikum, das auf der Fensterbank vertrocknet.
Sehe da auch keinen Mehrwert, sorry, sollte das humorvoll wirken?

Wir setzen uns an den Küchentisch, wir trinken beide unseren Kaffee schwarz.
Vorschlag: Wir setzen uns an den Küchentisch und trinken den Kaffee schwarz.

Ich nehme einen Schluck vom Kaffee und verbrenne mir die Zunge. Meine Hände zittern. Als ich die Tasse hinstelle, schwappt Kaffee über den Rand. »Ist es okay, wenn ich rauche?«
Dass sie Kaffe trinken, weiß ich jetzt; auch dass er schwarz getrunken wird :).
Das Zittern würde ich rausnehmen, nur durchs Überschwappen andeuten.
In etwa derart: Ich nehme noch einen Schluck und verbrenne mir die Zunge. Als ich die Tasse hinstelle, schwappt Kaffee über den Rand. »Ist es okay, wenn ich rauche?«

Sie schiebt den Laptop zwischen uns, ich kann das Audioaufzeichnungssymbol blinken sehen, aber es wartet noch auf das Startsignal.
Vorschlag: Sie schiebt den Laptop zwischen uns. Ein Lämpchen blinkt, aber es wartet noch aufs Startsignal.

Nina lacht auf, wieder. Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen. Ein Grübchen gräbt sich in ihre linke Wange, nur die linke.
Schönes Detail mit dem Grübchen.
Trotzdem: Nina lacht wieder. Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen. Ein Grübchen gräbt sich in ihre linke Wange.
Würde mir reichen. Dass er genau hinsieht, wird mir auch so klar.

Ich schlucke, will etwas sagen. Aber Direktheit, das habe ich noch nie hinbekommen. Wann immer ich es versuche, verstricke ich mich in den Worten.
Gefällt mir nicht.
Vorschlag: Ich schlucke, will etwas sagen, fürchte aber, dass ich mich verhaspele. Ist immer so, wenn ich direkt sein möchte.

Ich warte, warte darauf, dass sie weiterspricht. Ihre Stimme ist gelassen, tief für eine Frau. Manchmal hat sie einen leichten Ausschlag nach oben, dann schluckt sie, blickt kurz von ihrem Zettel auf und spricht danach weiter.
Du hast die Eigenart "Verstärker" setzen zu wollen, indem du wiederholst. Ich finde, das ist ein Stilmittel, das nur sehr gezielt verwendet werden sollte. Du nutzt das mMn ab.
"Tief für eine Frau": Mja, ziemlich nichtssagend, meine ich.
Das mit dem Ausschlag? Ne, will mich nicht überzeugen, gefällt mir nicht. Ausschlag hat was von Pocken oder so.
Vorschlag (irgendso): Ich warte darauf, dass sie weiterspricht. Hört man ihre Stimme, könnte man glauben, ein junger Mann spräche (zu einem). Manchmal schlägt sie nach oben aus, dann schluckt Nina, blickt kurz von ihrem Zettel auf und spricht danach weiter.

Wieder zwickt mich der Krebs in den Kopf,
Hattest du den nicht gestrichen?

stolpere über meine Worte. »Also, nicht ganz wie Spiderman, natürlich. Meine Eltern sind nicht gestorben, nicht beide. Mein Vater war bei meiner Geburt im Gefängnis, und meine Mutter ist gestorben, zwei Monate nach meiner Geburt. Also wurde ich von meinem Onkel und meiner Tante aufgezogen. Und mein Onkel ist auch nicht gestorben, nicht so wie Peter Parkers Onkel.«
Das klingt so gar nicht nach Stolpern.

Mein Hals ist sehr eng, zu eng, um zu sprechen.
Noch mal zu deiner Marotte - unterstelle ich dir jetzt einfach -, hier passt das mMn gut rein, diese Verstärkung durch Wiederholungen, aber man sollte sie sehr bedacht und vorsichtig verwenden, um den Effekt nicht inflationär werden zu lassen.

Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Wie ein Fremder, unsicher, ob er erwünscht ist.
Den Vergleich finde ich gut, durch den Punkt dazwischen konnte ich den Fremden allerdings nicht gleich hundertprozentig dem Lächeln zuordnen.
Vorschlag: Ein Lächeln stiehlt sich wie ein Fremder auf mein Gesicht. Unsicher, ob er erwünscht ist.

»Könntest du jetzt einmal versuchen, fünf Eigenschaftswörter zu finden, die die Beziehung zu deiner Tante beschreiben? Du kannst ruhig eine Minute nachdenken.«
Ja, sie ist Anfängerin, ja, sie liest immer mal wieder von ihrem Zettel ab, dennoch finde ich das überaus ... hm, ungelenk?
Erlaube mir noch einen Vorschlag: »Könntest du jetzt einmal versuchen, mit fünf Wörtern die Beziehung zu deiner Tante zu beschreiben? Du kannst ruhig eine Minute nachdenken.«

Mein Atem klingt wie das Schnaufen eines Nilpferds.
Abgesehen von der Frage, ob man so denken würde, geht das so nicht, finde ich. Du vergleichst eine "Sache" mit einer Tätigkeit. Schnaufen ist dabei die Tätigkeit, der Atem ist, wenn du so willst, das Resultat einer Tätigkeit, also die Luftmenge, die durch die Tätigkeit (Atmen, Schnaufen) bewegt wird. Mache ich mich verständlich genug :silly:?

Sie lächelt und stößt geräuschvoll Luft durch den Mund aus.
Okay, könnte auch durch die Nase geschehen (oder den Anus/ After :D), für mich ist das trotzdem ein Streichkandidat. Wichtig ist doch nur das geräuschvolle Ausstoßen, nicht?

Während zweier Zigaretten finde ich fünf Wörter für die Beziehung zu Tante Friederike. Entfernt, tiefsinnig, offen, kompliziert, emotional. Ich finde auch fünf Wörter für die Beziehung zu Onkel Uwe – liebevoll, nah, unkompliziert, fröhlich, aktiv. Nina fragt mich, ob ich meine Wahl erklären kann. Ich kann es nicht.
Ich trinke meinen Kaffee aus, um neuen zu kochen.
Während der Zigarette gefällt mir hier nicht so.
Und Possessivpronomen können auch gerne durch Artikel ersetzt werden.
Vorschlag (zum Verdeutlichen, irgendwie so): Während ich die zweite Zigarette anzünde, fällt mir das fünfte Wort zu Tante Friederike ein: unnahbar. Also, tiefsinnig, offen, kompliziert, emotional und unnahbar. Ich finde schneller fünf Wörter für Onkel Uwe: liebevoll, vertraut, unkompliziert, fröhlich, aktiv.
Nina fragt mich, ob ich die Wahl erklären kann. Ich kann es nicht.
Ich trinke den Kaffee aus, um neuen zu kochen.

Ich kratze mich am Kopf. »Na ja, als ich klein war, war er immer da. Meine Tante hat ja gearbeitet. Und sie war sehr streng. Ich hatte Angst vor ihr. Ich glaube, sie wusste alles über mich.«
»Verstehe«, sagt sie. Sie sitzt mit einem angewinkelten Bein an die Wand gelehnt auf ihrem Stuhl und schaut auf ihre Unterlagen, während sie mit der Zunge am Lippenpiercing spielt.
Den letzten unterstrichenen Satz würde ich streichen. Die zwei zuvor würde ich später einfügen, Nina nochmals nachhaken lassen.
Vorschlag: Ich kratze mich am Kopf. »Na ja, als ich klein war, war er immer da. Meine Tante hat ja gearbeitet.«
"Deshalb hätte sie dir doch trotzdem nahe sein können, oder?"
"Ach, sie war sehr streng. Irgendwie hatte ich Angst vor ihr."

Das finde ich einfach unterstreichenswert, nicht?

»Wenn es dir als Kind schlecht ging, was hast du getan?«
"gemacht", fände ich näher an der Figur - authentischer.

»Aber kannst du dich an irgendeine Gelegenheit erinnern, wo es dir nicht gut ging, du dir wehgetan hast oder krank warst, wo du zu deinem Onkel oder deiner Tante gegangen bist
Vorschlag: »Aber kannst du dich an (irgend)was erinnern, wenn es dir nicht gut ging, du dir wehgetan hast oder krank warst und du zu deinem Onkel oder deiner Tante gegangen bist?«

dass ich die Zigarettenpackung aus meiner Hosentasche gefischt habe. Ich starre die Packung an an, sie liegt in meiner Hand, als hätte sie sich dorthin gezaubert.
Noch mal exemplarisch: Ersteres Pp ließe sich problemlos ersetzen.

Ich schlucke an dem Kloß in meinem Hals, betrachte die schwarze Oberfläche des Kaffees in meiner Tasse.
"im Hals", "in der Tasse"

Ich beiße mir auf die Unterlippe, muss mich bremsen. Mein Herz schlägt hinter meinen Rippen, langsam, beständig.
Er zeigt Nervosität, muss sich bremsen, aber sein Herz schlägt ganz ruhig?

Ich versuche ein Lächeln, doch diesmal gelingt mir nicht einmal ein Heben der Mundwinkel. Genauso gut hätte ich versuchen können, mit den Ohren zu wackeln – ich kann die richtigen Muskeln nicht finden.
Vorschlag: Ich will lächeln, doch diesmal gelingt mir kein Heben der Mundwinkel. Genauso gut hätte ich versuchen können, mit den Ohren zu wackeln – ich finde die richtigen Muskeln einfach nicht.

»Denkst du, dein Onkel wusste, dass du dich zurückgewiesen fühltest?«
"gefühlt hast" fände ich authentischer. Präteritum wird ja in der Direkten Rede kaum verwendet.

»Toni war müde und hat geweint. Er hatte Besseres zu tun.«
Unsauberer, falscher Bezug.

Ich hole tief Luft. Meine Augen brennen plötzlich.
Ist was ganz Persönliches, meine extreme Abneigung gegen diese Wort. Teile ich dir einfach mal mit.

»… war es keine Drohung. Sie wollte es tun. Mein Onkel hat sie zurückgehalten. Er hat mir geglaubt. Sie nicht. Sie kannte die Wahrheit. Sie war so wütend, hat geschrien. Ich glaube, wenn ich nicht gewesen wäre, hätten sie sich nicht scheiden lassen.«
Würde ich rausnehmen, lass' ihn eiern, entfaltet sich dann später besser, denke ich. (Weiter oben hast du das mit der Wahrheit auch irgendwo; würde ich ebenso streichen).

Ich gestikuliere. Meine Exfreundin hat gesagt, ich würde nur gestikulieren, wenn ich mich rechtfertige.
Werde doch konkreter. Was macht er genau? Fände schön, wenn du ein Bild zeichnen würdest.

Es ist still. Ich kann meinen Atem hören, das Rascheln der Kastanie vor dem Küchenfenster. Ich höre sogar ihren Atem.
Ist schon sehr viel "Atem" im Text.

rolle sie unter meinem Zeigefinger umher.
Kleinlich jetzt: Bei "umher" denke ich an was Großflächiges, was aber nicht funktioniert. "Vor und zurück" oder - von mir aus - "hin und her" würde besser für mich funktionieren.

Ninas Hand schnellt vor, legt sich auf meine. Ihre Haut ist warm, so heiß.
Wieso diese Steigerung? Das sticht so raus, dass ich irgendwas erwarte, was ja der Text nicht hergibt; v.a. durch dieses "so".

Ich atme aus
Siehe weiter oben.

der Mund steht leicht geöffnet
Der Mund steht? Ich weiß nicht. Ein schlichtes "ist geöffnet", fände ich besser.

Sie richtet sich auf. Sie schiebt ihre Zettel zusammen, wirft ihren Stift in ihre Federtasche. Sie stoppt die Audioaufzeichnung.
Der Effekt zündet nicht bei mir; würde eher mit Kommata und Konjunktion arbeiten.

Anders als sie. Zuletzt habe ich mich so anders gefühlt, als Tante Friederike mich aufforderte, das Haus zu verlassen, mir sagte, ich hätte ihr Leben zerstört. Wie ein Fremdkörper.
Ein Fremdkörper muss ja kein Leben zerstören, weshalb ich das "Wie" entfernen würde. Stattdessen vielleicht: Ich sei nichts weiter als ein Fremdkörper, oder so. Also lieber eine weitere Aussage und keine Ergänzung der vorherigen.

Ich trete ans Küchenfenster, asche in das Basilikum.
"aufs" gefiele mir besser.

Spüre das Lächeln auf meinen Lippen, diesmal erreicht die Wärme auch mein Herz.
Zumindest überdenkenswert; ich würde das streichen.


So, das war's.
Ich wiederhole mich gerne: Hat mir insgesamt sehr gefallen, ich sehe aber noch weiteres Verbesserungspotential, um das Ding richtig erstrahlen zu lassen.
Sprachlich hat mir der Text auch gefallen - gibt natürlich immer irgendwas, das man anders machen könnte, klar.
Nimm dir, was du brauchen kannst, Maria, den Rest ... du weißt schon.


Vielen Dank fürs Hochladen!


hell

 
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Hallo TeddyMaria ,

Alltag
Bindung
Es geht um eine ... alleinstehende Frau, die sich nach Bindung sehnt, schätze ich.

Früher waren Ninas Haare immer kurz. Einmal im Monat legte ihre Mutter ihr ein buntes Tuch um die Schultern und schnippelte drauflos.
Also hat die Mutter, als Nina jung war, ihre Sexualität unterdrückt?

»Hi, Sepp«, sagt sie. Im gleichen Augenblick weicht das Lächeln aus ihrem Gesicht. »Oh, Entschuldigung. Alte Gewohnheit. Sebastian.«
Sie haben sich lang nicht gesehen, schätze ich.Vielleicht wurden beide als Kinder misshandelt und haben jetzt eine Bindungsstörung.

Sie hat volle Lippen, trägt einen Ring an der Unterlippe. »Komm rein«
Da ist eine erotische Zweideutigkeit vorhanden.

Also, ich stelle dir jetzt ein paar Fragen über deine Kindheitserfahrungen und wie diese Erfahrungen sich auf deine Persönlichkeit ausgewirkt haben.
Ja, Missbrauchserfahrung mit Bindungsstörung.

»Ja, mein Onkel und meine Tante hatten ein Kind, Toni. Sie war … sechs Jahre jünger.«
Was? Ich dachte, Nina hat mit ihm zusammengelebt, weil er mitbekommen hat, wie Ninas Haare kurzgeschnitten wurden.

»Das mit Toni«, sage ich. Mein Atem klingt wie das Schnaufen eines Nilpferds. »Danach hat sich alles verändert. Nach ihrer Geburt. Aber auch … danach-danach.«
Toni ist gestorben. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das den Prot so sehr traumatisieren würde, dass es ihm nach so vielen Jahren immer noch schwer fallen würde, darüber zu sprechen. Vielleicht ist Toni besonders grausam gestorben.

»Ich mache das gerne«, sage ich und hebe die Mundwinkel. »Du kannst Sepp sagen.«
Sie lächelt und stößt geräuschvoll Luft durch den Mund aus. »Danke.«
Wenn Nina weiß, dass der Prot Probleme mit seiner Familie hat, warum benutzt sie gerade ihn für ihre Seminararbeit?

Während zweier Zigaretten
Wieso nicht zwei?

»Das haben alle gesagt«, sage ich. Ich ziehe meine Hand nicht weg, lasse sie liegen. Ich atme aus, die Schultern hängen. »Es war ganz leicht. Ihren Kopf unter Wasser zu drücken. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich gewehrt hat.«
Aww :(

Ich hätte es besser gefunden, wenn du von Anfang an aus der Perspektive Ninas erzählt hättest. Im jetzigen Zustand habe ich das Gefühl, dass du den Twist zum Schluss vorwegnimmst. Außerdem finde ich Nina als Figur recht platt. Sie ist halt schön und studiert Psychologie. Bei einem Interview kann man doch auch viel von der Interviewerin erfahren.
Außerdem wundere ich mich, warum du die romantische Atmosphäre, die du so bedächtig aufbaust, nicht fortführst. Warum ist sie plötzlich so abgestoßen von ihm. Sie sagt doch selber, dass er nur ein Kind war.

Aber naja, die Geschichte hat mir trotzdem gefallen. Hab sie in einem Rutsch gelesen. :D

Liebe grüße,
Alexei

 

Hallo TeddyMaria,

ich habe jetzt nicht alle Kommentare gelesen, also erstmal das obligatorische sorry, falls sich was wiederholt.

Ich mag deine Art zu erzählen sehr, von daher konntest du mich mit dem ersten Absatz gleich packen. Auch Atmosphäre und vor allem deine Figurenzeichnung haben mich gepackt. Da sitzt jeder Blick, jede Geste, jede Empfindung. Ich hatte die beiden sehr gut vor Augen, auch durch geschickt eingeflochtene Informationen über ihr Äußeres.

Inhaltlich ist mir aber einiges unklar. Ich begreife bis zum Schluss nicht, was die beiden eigentlich für ein Verhältnis haben. Der erste Absatz erzählt von einer offenbar recht engen Kinderfreundschaft, und obwohl er mir, wie gesagt, als Szene sehr gefallen hat, steht er im Verhältnis zum Rest der Geschichte für sich, finde ich. Irgendwie hatte ich hier die Erwartung, Ninas Frisur spiele eine besondere Rolle in der Geschichte, eben weil es die Eingangsszene war. Und selbst, wenn nicht, habe ich, bezüglich zum Rest der Geschichte, Schwierigkeiten. Die beiden gehen so unendlich steif miteinander um. Klar, dass man vielleicht ein wenig fremdelt, wenn das gemeinsame auf Bäume klettern schon eine Weile her ist, aber so? Ich persönlich habe nach langjährigem Wiedersehen mit Kinder-oder Jugendfreunden oft eine bedondere Vertrautheit gespürt, weil diese Freundschaften meist viel intensiver waren, als die, die ich erst als Erwachsene geschlossen habe. Aber vielleicht geht das auch nur mir so.
Jedenfalls hat mich das Verhalten der beiden irritiert, und für mich kommt auch nicht klar raus, warum die so steif miteinander sind. Dass Nina davon weiß, dass etwas passiert ist, kommt für mich schon klar raus, also hab' ich's einfach auf die unangenehme Situation an sich geschoben, aber irgendwie ... Nee. Schon, dass sie sich dafür entschuldigt, ihn Sepp zu nennen, fand ich komisch. Die beiden waren früher dicke Freunde. ( Zumindest las sich das eingangs für mich so.) Sie hat ihn doch immer so genannt. Wieso ist das jetzt so ein Problem? Das passt für mich nur, wenn klar wäre, dass er das schon früher gehasst hat, aber das ist es nicht. Also irgendwie komisch das Ganze, auch, dass sie immer wieder "Sebastian" zu ihm sagt, ihn also mit Namen anspricht. Das wirkt wie eine strenge Lehrerin. Also das Verhältnis ist mir nicht wirklich klar geworden.

Die Spannung hast du bis kurz vor Schluss schon ziemlich gut aufgebaut, finde ich, weil ich eben auch ganz nahe an die Figuren gezoomed werde, du deutest geschickt an, dass da noch was kommt.

Aber dann hatte ich das Gefühl, du wolltest ganz schnell fertig werden. Er gesteht, Aufregung weg, Nina ist aufgebracht und geht. Ende. Aus.
Da fehlt mir was. Auch im Verhältnis zur ermordeten Cousine. Das wurde mir zu schnell abgehandelt. MMn hätte das im Dialog mehr entwickelt werden müssen, sodass ich als Leser merke, oh, jetzt wird's schräg. Wegen einem verwehrten Eis und des sich zurückgewiesen fühlens, bringen die meisten Leute ja in der Regel nicht gleich ihre jüngeren Geschwister um die Ecke. Sonst wäre das ja an der Tagesordnung. Also war der Typ wohl schon als Kind ein Psychopath. Davon hätte ich gerne mehr gehabt im Dialog, dann könnte ich auch Ninas Reaktion nachvollziehen. So fehlt mir da was.

Trotzdem gerne gelesen.

Viele Grüße,
Chai

 
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Hey, Kanji

ich liebe dieses Forum, weil es eben nicht bei einer artikulierten Unzufriedenheit bleiben muss, sondern weil das gemeinsame Arbeiten daran wertvoll und extrem hilfreich ist, einem den Blick von außen zeigt, an Schwachpunkten und missverständlichen Ausdrücken. love it.

Ja. Das liebe ich auch. :herz: Und deshalb freue ich mich natürlich, dass Du nochmal zurückkommst, um weiterzuarbeiten.

Und ja, es war absolut erwartbar. Lediglich, dass er sich wirklich schuldig gemacht hat, nicht. Aber das spielt doch für den psycholgischen Verlauf keine Rolle. Ist doch bloß ein Leckerchen, ein Schockmoment. Mir tat er so oder so leid genug. Nun verachte ich ihn eher, weil er Nina auch benutzt hat. Was ja an und für sich ein interessanter Verlauf ist.

Ich glaube, bei Dir hat mein Text tatsächlich schon ganz gut funktioniert. Dass Sepp ein Geheimnis hütet – oder eben nicht mehr hüten wird –, dass das von Anfang an klar ist, haben schon andere angemerkt. Dass Du diesen Verlauf von Verliebtheit zu Rücksichtslosigkeit schon mal interessant findest – und ihn bemerkst –, ist eine gute Sache. Dass da ein Verlauf ist und kein U-Turn, darum werde ich mich kümmern.

Dann würde ich es tatsächlich hier und da deutlicher machen. Damit es wirklich passt. Die soll so!

Dann mache ich das.

Das habe ich nicht so aufgefasst. Abwesend vom ganzen Geschehen ? Ich dachte nur, dass sie keine Spur Interesse am Sepp hat, bloß an ihrer Audioaufnahme.

Ja, Letzteres meine ich. Dass sie halt nur auf die Zettel achtet, nicht auf ihn. Was ihn angeht, abwesend ist. Das habe ich versucht zu zeigen, indem sie so oft keinen Blickkontakt herstellt, weil sie irgendetwas suchen oder aufschreiben muss.

Aber seine Schwärmerei irritiert da bloß, sie kommt mir dann eher so vor, als würdest du ihn bloß brauchen, um mir Nina zu zeigen.

Aaah! Jetzt gehst Du daran, was viele andere kritisiert haben, was mich echt verwirrt: Warum ich nicht aus Ninas Perspektive schreibe. Und jetzt geht mir ein Licht auf. War keine bewusste Entscheidung, ist einfach so passiert. Ich würde es aber auch ungern ändern, weil ich es ganz reizvoll finde zu zeigen, wie er sich abrackert, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, und sie es halt (zunächst, bevor ich die erarbeitete Entwicklung anschubse) nicht bemerkt, weil sie so sehr an ihm vorbeischaut. Aus Ninas Perspektive funktioniert das nicht. Wow, jetzt hab ich’s. Danke!

Was ja wunderbar ist. Schnell einstellen ist dann wieder das andere.

Du hast vielleicht mitgekriegt, dass ich es hasse, wenn Leute das tun. Wenn nicht: Das hasse ich. Man merkt es sofort. Würde ich nie machen. Ich habe das schnell runtergeschrieben, ja. Aber danach habe ich die Geschichte noch einen Monat gewälzt, korrigiert, aufpoliert, gekürzt. Aber ich bin ohne äußeren Blick drauf schlecht darin, inhaltliche Schnitzer zu bemerken. Also, bitte: No, no, never. Da wird mir eiskalt.

make it work!

Gurl, I will!

Inspirierte Grüße,
Maria

@Hey, hell

der Text gefällt mir.

Dankeschön. Das als ersten Satz zu schreiben, ist aber wirklich sehr nett.

Hat mich ein bisschen an die Serie "Mindhunter" erinnert. Kennst du die?

Ich habe, glaube ich, jede einzelne Serie gesehen, die Netflix zum Thema Profiling hat. Neben politischer Psychologie ist die forensische tatsächlich meine liebste Fachrichtung. „The Alienist“ ist aber deutlich schwächer als „Mindhunter“. MH ist eine der wenigen, die mich wirklich fesseln konnten. Cool, dass Du an so etwas denkst. Das legt die Latte natürlich hoch, aber tatsächlich geht es ja um etwas anderes. Was Du erkennst, ist richtig, dass es ja um die Durchführung eines strukturierten Interviews geht.

Und wenn sie - wie der Prota bei 'Mindhunter' - vom "wissenschaftlichen" Schema abweichen würde. Durch erotische Provokation oder so. Ich meine, gerade die Verbindung der beiden Protagonsten (Kindheitstage) könnten doch dazu führen, dass Sepp auspackt.

Danke! Viele haben gesagt, dass es langweilig und umständlich ist, sich so an den Fragenkatalog zu halten. Ich wollte das aber nicht einfach wegwerfen, weil es nun einmal ist, wie die Dinge laufen. Für mich macht es das sehr einfach, Nina zu schreiben. Das, was Du sagst, ist schwieriger, aber auf diese Weise kann ich es tatsächlich tun. Guter Ratschlag!

Wenn sie Sepp gezielt hätte überführen wollen oder von einem Psychologie-Profi-Profiler dazu benutzt worden wäre, nach Schulung und Anweisung, dem mutmaßlichen Täter von damals ein Geständnis abzutrotzen.

Das wiederum halte ich für Quatsch. Das hast Du wahrscheinlich erwartet. Mehr als einen Mord zu begehen, ist (zumindest in Deutschland, in den USA gibt es mehr Serienmörder (und auch Profiler)) selten. Und dafür müsste die Figur Sepp schon was Spezielles sein. Natürlich ist er speziell, aber ich möchte keinen Massenmörder aus ihm machen. Und seien wir mal ehrlich: Wer, wenn nicht vielleicht die Tante, interessiert sich heute dafür, einen vor mehr als zehn Jahren geschehenen Mord an einem Kleinkind aufzuklären? Zumal für Außenstehende, abgesehen von der Tante, völlig klar ist, dass es kein Mord war. Was für neue Beweise sollen da aufgetaucht sein, um das zu drehen? Und selbst wenn: Wahrscheinlich könnte man Sepp dafür nicht einmal einsperren. Also, der Aufwand lohnt nicht. Zumal wir mit großer Sicherheit davon ausgehen können, dass er niemals mehr jemanden umbringen wird. Mord ist eine der Straftaten mit der geringsten Rückfallquote. Das kann man hier gut darstellen, denn das, was Sepp dazu bringt, einen Mord zu begehen, ist ja weg. Und das (Toni) kommt nicht wieder. Ende Gelände.

Puh. Lange Rede, kurzer Sinn: Nein.

Das Ende nämlich - mein zweiter Kritikpunkt jetzt - ist mir auch zu lasch. Der zum bersten gefüllte Ballon explodiert nicht, dem geht nur langsam - pfffff - die Luft aus.

Das haben viele Leute auch schon angemerkt, und Du hast vollkommen recht. Ich bin schlecht darin, ein gutes Ende zu schreiben, wie sich zeigt. War bei der letzten Geschichte schon so Holterdipolter. Ich bin immer so happy, wenn ich gefühlt am Schluss bin, dass ich dann plötzlich (sorry!) alles fallen lasse. Kommt auf meine To-Do-Liste (die ich mir jetzt für diese Geschichte bald anlegen werde, weil ich in der Masse der Anmerkungen langsam den Überblick verliere). Ich werde die Beziehung zwischen Sepp und Nina feiner gestalten, Sepps Kindheitsgeschichte vertiefen und das Ende aufpeppen. Wie, das … zeigt sich dann hoffentlich.

Ich fand, der Anfang zog nicht wirklich. Das mit den Haaren von kurz bis lang, ja, nette Idee, um zeitliche Abstände zu verdeutlichen, eine Beziehung anzudeuten, aber, jo. Das reichte nicht, finde ich.

Ja, den Anfang habe ich gestern spontan neu geschrieben. Cool, dass das so viele Anmerkungen bei Dir lostritt. Da sind viele tolle Hinweise dabei. Werde mal ein bisschen was davon abgreifen und einflechten.

Noch mal zu deiner Marotte - unterstelle ich dir jetzt einfach -, hier passt das mMn gut rein, diese Verstärkung durch Wiederholungen, aber man sollte sie sehr bedacht und vorsichtig verwenden, um den Effekt nicht inflationär werden zu lassen.

Ui, endlich wird mir eine Marotte unterstellt. Das fehlte noch. Ja, ich mache das gerne und ärgere mich immer, dass meine Omi mir das rausstreicht. Diesen Text hat sie nicht gelesen, deshalb ist es noch drin. Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben. Ich werde das behutsamer einsetzen.

Nimm dir, was du brauchen kannst, Maria, den Rest ... du weißt schon.

Den restlichen Ausdrucksfirlefanz arbeite ich ein. Danke dafür, das war ja super ausführlich! Für den ganzen inhaltlichen Kram brauche ich jetzt erstmal Zeit – und einen freien Kopf.

Mindhunter-Grüße,
Maria

Hallo, alexei

Es geht um eine ... alleinstehende Frau, die sich nach Bindung sehnt, schätze ich.
Also hat die Mutter, als Nina jung war, ihre Sexualität unterdrückt?
Sie haben sich lang nicht gesehen, schätze ich. Vielleicht wurden beide als Kinder misshandelt und haben jetzt eine Bindungsstörung.

Ich weiß nicht genau, was ich denken soll. Ist das ein Stream of Consciousness beim Lesen (wenn ja: Cool!), ein Vorurteil (wenn ja: Komm mal rüber ins 21. Jahrhundert) oder ein Witz (wenn ja: Hab sehr gelacht)? Wie auch immer, witziger Einstieg in den Kommentar, zeigt mir, wie heftig man als Leser losinterpretieren kann. Das ist immer schön zu sehen für eine Autorin.

Ich hätte es besser gefunden, wenn du von Anfang an aus der Perspektive Ninas erzählt hättest. Im jetzigen Zustand habe ich das Gefühl, dass du den Twist zum Schluss vorwegnimmst. Außerdem finde ich Nina als Figur recht platt. Sie ist halt schön und studiert Psychologie. Bei einem Interview kann man doch auch viel von der Interviewerin erfahren.

Du bist nicht der Erste, der das sagt. Zu Anfang habe ich angenommen, dass das ein wenig daran liegt, dass die Leute mich in ihr sehen, weil sie zu viel (oder zu wenig) über mich wissen. Das ärgert mich natürlich. Inzwischen aber habe ich herausgearbeitet, dass das Problem tatsächlich in dieser Einseitigkeit liegt. Und das betrifft beide Figuren. Ich möchte gerne zeigen, wie Sepp versucht, Zugang zu ihr zu bekommen, und wie sie ihn zunächst ständig abblockt. Das würde aus ihrer Perspektive nicht funktionieren. Ich setze mich jetzt aber nochmal hin und arbeite das auf.

Außerdem wundere ich mich, warum du die romantische Atmosphäre, die du so bedächtig aufbaust, nicht fortführst. Warum ist sie plötzlich so abgestoßen von ihm. Sie sagt doch selber, dass er nur ein Kind war.

In diesem Zuge werde ich auch an der Beziehung zwischen den beiden und an dem Holterdipolter-Ende arbeiten. Also: Stay tuned!

Aber naja, die Geschichte hat mir trotzdem gefallen. Hab sie in einem Rutsch gelesen.

Wie schön, dass es Dir trotz allem gefallen hat. Es macht mich sehr glücklich zu hören, dass sich ein Leser nicht durch meinen Text quälen muss, sondern sich auch ein bisschen amüsiert hat.

Habe mich über Deinen Besuch und Deine Rückmeldung sehr gefreut.

Bindungsgestörte Grüße,
Maria

Hallo, Chai

Ich mag deine Art zu erzählen sehr, von daher konntest du mich mit dem ersten Absatz gleich packen. Auch Atmosphäre und vor allem deine Figurenzeichnung haben mich gepackt. Da sitzt jeder Blick, jede Geste, jede Empfindung. Ich hatte die beiden sehr gut vor Augen, auch durch geschickt eingeflochtene Informationen über ihr Äußeres.
Die Spannung hast du bis kurz vor Schluss schon ziemlich gut aufgebaut, finde ich, weil ich eben auch ganz nahe an die Figuren gezoomed werde, du deutest geschickt an, dass da noch was kommt.

Wow! Ich muss das mal loswerden: Das zu lesen, macht mich sehr glücklich. Spannung, packende Figurenzeichnung, Atmosphäre … Das wäre vor vier Monaten noch völlig undenkbar gewesen. Was Du hier lobst, das habe ich hier gelernt. Und ich freue mich auf all die Lektionen, die noch folgen. Umso mehr freue ich mich, dass Du ein Teil davon bist.

Irgendwie hatte ich hier die Erwartung, Ninas Frisur spiele eine besondere Rolle in der Geschichte, eben weil es die Eingangsszene war.

Ja, darauf wurde ich tatsächlich schon aufmerksam gemacht. Ich habe versucht, einen catchigen Anfang zu schreiben, und dabei vergessen, ihn mit der eigentlichen Geschichte zu verflechten. Wird nachgereicht.

Die beiden gehen so unendlich steif miteinander um. Klar, dass man vielleicht ein wenig fremdelt, wenn das gemeinsame auf Bäume klettern schon eine Weile her ist, aber so? Ich persönlich habe nach langjährigem Wiedersehen mit Kinder-oder Jugendfreunden oft eine bedondere Vertrautheit gespürt, weil diese Freundschaften meist viel intensiver waren, als die, die ich erst als Erwachsene geschlossen habe. Aber vielleicht geht das auch nur mir so.

Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber mit wirklichen Sandkastenfreundschaften habe ich heute riesige Schwierigkeiten. Wir gehen tatsächlich unglaublich steif miteinander um. In dieser Geschichte merke ich wieder und wieder, dass Dinge, die mir völlig natürlich erscheinen, für andere Leute halt echt schwierig zu begreifen sind. Es ist wichtig, dass Du das sagst, denn das muss ich natürlich berücksichtigen.

Aber dann hatte ich das Gefühl, du wolltest ganz schnell fertig werden. Er gesteht, Aufregung weg, Nina ist aufgebracht und geht. Ende. Aus.

Ja, so ist es leider. Ich bin schlecht darin, Geschichten zu Ende zu bringen. Ich bin immer so: Puh, geschafft. Und dann lasse ich alles fallen (beim Schwimmen höre ich auch immer zwei Meter vor der Wand auf - ist das nicht interessant?). Daran muss ich dringend arbeiten, das sehe ich jetzt klar vor mir. Auch an der erzählten Handlung, an dem, was Sepp als Kind erlebt habe, werde ich arbeiten. Ich überlege nur noch, wie ich das alles unter einen Hut bekomme, ohne dass die Geschichte dreimal so lang wird.

Danke für Deinen Besuch. Ich finde es toll, dass Du so detailliert auf Beziehungen eingehst, Nina und Sepp, Sepp und Toni. Da sind auf jeden Fall noch viele neue Einfälle und Gedankenanstöße dabei. Ich vergrabe mich jetzt mal wieder.

Beziehungsgrüße,
Maria

------------------

Meine lieben Wortkrieger und Wortkriegerinnen,

Über Pfingsten bin ich mit meiner Mutter im Urlaub, werde also nicht mehr so schnell wie gewohnt auf Kommentare reagieren. Mindestens einmal am Tag schaue ich aber rein, versprochen.

Ich hoffe, dass ich zwischendurch mal Ausgang bekomme, um die Geschichte zu überarbeiten. :D Aber insgesamt wird das wohl etwas Zeit in Anspruch nehmen, also seid geduldig mit mir.

Habt schöne Pfingsten!

 
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Hey Maria,


ich noch mal.
Eigentlich hake ich ungern nach, möchte trotzdem nochmals meinen Senf abgeben; vermutlich wegen dem Reizwort "Quatsch" :).
Die Idee(n) war(en) natürlich spontan, ja, deswegen aber nicht gänzlich unbedacht.

Das wiederum halte ich für Quatsch.
Darauf möchte ich gerne eingehen.

Mehr als einen Mord zu begehen, ist (zumindest in Deutschland, in den USA gibt es mehr Serienmörder (und auch Profiler)) selten.
Na, deswegen aber doch nicht unmöglich.

Und dafür müsste die Figur Sepp schon was Spezielles sein.
Klar, das habe ich vorausgesetzt; also, die Figur müsste natürlich vielschichtiger angelegt werden.
"Spezielle Figuren": Sind nicht gerade diese von größtem Interesse :)?

... ich möchte keinen Massenmörder aus ihm machen.
Das ist absolut legitim und nachvollziehbar. Ist doch völlig klar, dass das deine Geschichte ist. Ich glaube, du hast in irgendeiner Antwort darauf hingewiesen, dass dir noch so was wie eine Idee fehle, weshalb ich mir mal ein paar Gedanken gemacht habe.
Aber nur weil du die Idee ablehnst, kannst du doch nicht schreiben, sie sei Quatsch :susp:. Der Punkt ist doch - du schreibst es ja selbst -, du willst keinen Massenmörder aus Sepp machen.

Und seien wir mal ehrlich: Wer, wenn nicht vielleicht die Tante, interessiert sich heute dafür, einen vor mehr als zehn Jahren geschehenen Mord an einem Kleinkind aufzuklären?
Dem widerspreche ich. Selbst wenn es keine Angehörigen gibt, die von einer Straftat ausgehen, gibt es durchaus Ermittler, die sogar nach Jahrzehnten ungeklärten, nicht eindeutigen Fällen nachgehen. Manchmal sogar aus einem Bauchgefühl heraus. Denke nur mal an DNA-Analysen, daran, dass viele Fälle neu aufgerollt wurden, über denen längst Gras gewachsen zu sein schien.
Hier kommt eben noch zusätzlich eine Angehörige mit ins Spiel, die ganz klar von einer Straftat ausgeht. Ich glaube schon, dass da Interesse besteht. Die Tante reicht da auch schon aus, meine ich, und sei es nur, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Jetzt kommt noch hinzu, dass sie Nina ja kennt ...

Zumal für Außenstehende, abgesehen von der Tante, völlig klar ist, dass es kein Mord war.
Das entnehme ich nicht unbedingt dem Text (vom Onkel abgesehen), das ist so in deinem Kopf, ja.
Aber natürlich müssten Änderungen an der Geschichte vorgenommen werden. Auch das setzte ich eben voraus.

Was für neue Beweise sollen da aufgetaucht sein, um das zu drehen?
Keine, weswegen eben das Geständnis wichtig wäre, bräuchte es sonst ja nicht unbedingt.
Es müsste auch nicht unbedingt die Strafverfolgung im Vordergrund stehen, sondern einfach die Suche nach der Wahrheit.

Wahrscheinlich könnte man Sepp dafür nicht einmal einsperren. Also, der Aufwand lohnt nicht.
Das wird die Tante aber anders sehen. Und der Aufwand wäre ja alles andere als groß, oder?
Aufklärung von Straftaten wird zudem auch aus idealistischen Gründen betrieben, selbst wenn es niemanden mehr gibt, der bestraft werden könnte. Solch einen Fall gab es sogar schon bei Aktenzeichen XY.
Wir untersuchen doch alles, sogar den vermeintlichen Totschlag an Ötzi :D.

Zumal wir mit großer Sicherheit davon ausgehen können, dass er niemals mehr jemanden umbringen wird.
Das mag auf Sepp deswegen zutreffen, weil du ihn so angelegt hast. Das ließe sich ja ändern :).

Mord ist eine der Straftaten mit der geringsten Rückfallquote.
Da wären wir bei dem Gedanken, Sepp zum Massenmörder zu machen. Die grundlegende Idee war ja nur, dass Ninas Motivation zum Interview nicht die Semesterarbeit sein müsste, sondern eben was anderes, von mir aus auch von der Tante initiiert.

Das kann man hier gut darstellen, denn das, was Sepp dazu bringt, einen Mord zu begehen, ist ja weg. Und das (Toni) kommt nicht wieder.
So hast du deinen Text angelegt, ja, und du willst eben daran festhalten. Klar, finde ich auch gut so, keine Frage.


Bitte nicht missverstehen, ich will dir weder meine Idee(n) aufzwingen, noch in einen Rechtfertigungsmodus schalten. Mir liegt aber daran, klarzustellen, dass ich mir Gedanken gemacht habe, aus oben erwähnten Gründen, und ich es etwas despektierlich fand, sie als Quatsch abzutun.
Aber nein, beleidigt bin ich nicht :). Und ich hoffe, du kannst den Komm hier richtig einordnen.


Lieber Gruß


hell


PS: Schönen Urlaub euch beiden!

 
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Hey, hell

Ich finde es gut, dass Du nochmal zurückkehrst, obwohl ich Deine Idee als Quatsch von mir gewiesen habe, und dass Du so freundlich aber bestimmt bist. Das ist die Art, wie man mit hochnäsigen Autorinnen reden muss. Denn jetzt verstehe ich besser, worum es eigentlich geht.

"Spezielle Figuren": Sind nicht gerade diese von größtem Interesse ?

Ich möchte natürlich, dass Sepp speziell ist, finde ihn aktuell aber auch nicht wirklich langweilig. Ich denke, der Knackpunkt liegt eher hier:

Die grundlegende Idee war ja nur, dass Ninas Motivation zum Interview nicht die Semesterarbeit sein müsste, sondern eben was anderes, von mir aus auch von der Tante initiiert.

Ninas Motivation. Du sagst, mehr als eine Seminararbeit, und hier wiederum kann ich Dir folgen.

Weshalb ich so lapidar reagiert habe, hat zwei Gründe. Erstens hatte ich den Eindruck, das war so eine Weil-ich-an-Mindhunter-gedacht-habe-hatte-ich-gerade-voll-die-verrückte-Idee-Idee. Deshalb habe ich nicht damit gerechnet, Dir damit zu nahe zu treten. Und zweitens reagiere ich allergisch auf voll die verrückten Dinge. Dafür muss ich jetzt mal weiter ausholen, was meine Motivation anbelangt.

Ich habe zuletzt psychologische Geschichten geschrieben, als ich so vierzehn war und das meeega cool fand. Danach habe ich das irgendwann nicht mehr gemacht, weil ich das Gefühl hatte, dass ich das nicht richtig abgebildet bekomme. Hier lese ich aber, dass viele Leute es tun. Und dass da viel, Entschuldigung, Quatsch bei rauskommt. Das ist aber gut, denn das motiviert mich zum Schreiben. Ich versuche, hinter Vorurteilen hinterherzufeudeln. Und deshalb ist mir Authentizität auch so wichtig.

Ich habe z.B. den Film „Split“ gesehen, und alle haben mich gefragt: „Mariechen, willst Du das wirklich tun. Du als Psychologin?“ Und ich muss sagen, mit der multiplen Persönlichkeit hatte ich kein Problem. Für mich war das völlig klar als Fantasy markiert. Ein Problem hatte ich mit der Psychotherapeutin. Die wurde expositioniert, als sie sich im Treppenhaus von einer Patientin verabschiedet und sagt: „Das schaffen Sie schon.“ Was? Waswaswas? Was ist los mit der Frau?

Du siehst, man kann über viele Kleinigkeiten stolpern, und solche Kleinigkeiten versuche ich, zurechtzurücken. Das würde einem unbedarften Leser wahrscheinlich nicht auffallen. Aber aus solchen Fauxpas ziehe ich nun einmal meine Inspiration.

Na, deswegen aber doch nicht unmöglich.

Und deshalb ist es mir im Sinne der Authentizität wichtig, dass die erzählten Dinge in unserer Welt zumindest denkbar sind. Ich meine, dass jemand als Kind seine kleine Cousine ertränkt, ist schon relativ unwahrscheinlich. Aber dass Nina eine Seminararbeit schreibt und jemanden interviewt: Super wahrscheinlich. Dass man sich ausgerechnet einer Person gegenüber öffnet, zu der man irgendwie eine gute Beziehung hat: Weiß nicht, wie wahrscheinlich das ist, aber es erscheint mir zumindest fühlbar (das muss ich jetzt nur noch rüberbringen).

Aber in Deutschland einen Profiler treffen: extrem unwahrscheinlich. Dass der auch gerade nichts zu tun hat: extrem unwahrscheinlich. Dass der keine andere Möglichkeit sieht, als eine Anfängerin mit einer solchen Situation zu konfrontieren: zumindest fragwürdig. Dass er das nicht selbst machen kann: Sehe ich keinen Grund zu (da wären wir dann bei seiner Motivation). Da bewegen wir uns zu etwas, was ich als Leserin – und ich habe hier gelernt, auch meine Texte als Leserin zu lesen – in den Kommentaren als Quatsch bezeichnen würde. Oder sogar als Bullshit. Da bin ich ziemlich schmerzbefreit. Und ich sage das nicht, um fies zu Dir zu sein. Ich müsste das auch zu mir sagen. Weil das wirklich so ist, wie ich das empfinde. Das war meine Direktheit ... Hoppla. Aber ich müsste als Autorin dann damit leben, dass ich als Leserin meine Geschichte für Quatsch halte, und das würde mir echt schwerfallen. Du merkst, ich stehe da Null hinter. Und das geht natürlich nicht.

Jetzt sagst Du aber, dass es darum ja gar nicht richtig geht. Es geht auch um Ninas Motivation. Und irgendwie geht es immer wieder um Sepps Motivation. Da dürfte mehr sein. Dass die Tante Nina bittet, etwas aus ihm herauszuholen, halte ich für gar nicht so abwegig. Momentan bereitet der Gedanke mir aber extreme Bauchschmerzen.

Ich werde auf jeden Fall über die Motivation der beiden Figuren nachdenken, versuchen, da mehr rauszuholen. Aber vergiss das Profiling. Nicht, wenn ich die Geschichte auch noch lesen muss. Und ich muss sie ja sogar noch verteidigen. Das könnte ich nicht. Es ist etwas, das ich wirklich in aller Deutlichkeit von mir weisen muss. Ich persönlich will das nicht machen. Ich persönlich hätte das Gefühl, Quatsch zu erzählen. Du kannst es ja mal versuchen, so was zu schreiben und es mir dabei glaubhaft zu machen. Bei „Replika“ z.B. hat das ja vollkommen Sinn ergeben. Der Typ war ja aktiv im Geschäft, d.h., es ist wichtig, ihm das Handwerk zu legen. Und ja, so leid es mir tut, die Ressourcenfrage spielt auch in der Forensik eine Rolle. Deinem Prot würde man sicher lange vor meinem Prot nachgehen. Ja, klar, es wäre nicht unmöglich, dass es trotzdem mal einer macht. Aber ... wenn jemand mir das vorsetzen würde, ich würde das nicht schlucken wollen.

Danke, dass Du nochmal zurückgekehrt bist, um das mit der Motivation klarzustellen. Ich hoffe, Du kannst so ein bisschen nachvollziehen, warum der Vorschlag für mich eine Reizung war. Es geht halt stark an die Gründe, aus denen ich solche Geschichten schreibe. Und da hast Du natürlich …

du willst keinen Massenmörder aus Sepp machen.

… schon einen Punkt gemacht. Man könnte sagen, ich solle aus meiner „Komfortzone“ kommen. Da muss ich widersprechen, dass ich gar nicht in meiner Komfortzone bin. Ich habe vor zwei Monaten erst angefangen, plüschologische Geschichten zu schreiben, und, ja, ich habe vielleicht ein paar Ansprüche an mich, die nicht jeder sofort nachvollziehen kann. Aber das ist meine Motivation. Und die ist schon stark genug. Ich werde an der Motivation meiner Figuren arbeiten. Deshalb finde ich es super, dass Du das nochmal hervorgehoben und mehrere Ideen reingegeben hast. Ich hoffe, ich habe das jetzt alles richtig verstanden. Wenn meine Wortwahl manchmal etwas hart oder etwas flachsig war, dann liegt das daran, dass das ein emotionales Thema für mich ist. Jetzt hast Du die Gedanken aber losgetreten. Vielen Dank dafür.

Schönen Urlaub euch beiden!

Auch dafür. Ich düse dann nochmal zum letzten Arbeitstag.

Motivierte Grüße,
Maria

 

Hallo TeddyMaria!

Du hast ja schon eine Menge Komms bekommen, die habe ich aber nicht gelesen. Von mir bekommst du einen ganz unabhängigen Kommentar.

Dein Text lässt sich gut lesen. Das ist zwar Alltag und am Anfang sitzen da bloß zwei in der Wohnung und reden recht konfliktlos, aber ich bleibe trotzdem dran.
Du machst hier alles richtig, das erwähne ich extra, nicht nur, weil es vom mir sonst oft viel Kritik hagelt. Du streust zwischen deinen Dialog Setting ein (von einer ganz normalen Wohnung, Kaffeetassen und so, klar, aber eben so viel, dass ich das Setting wirklich sehen kann) und über das Setting auch Charakterinfos. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Die perfekte Mischung.

Erster Kritikpunkt, diese Stelle, da stolpere ich:
»Könntest du damit beginnen, mir zu sagen, wo und mit wem du als Kind gelebt hast, wer dich aufgezogen hat und so weiter?«
Ich warte darauf, dass sie weiterspricht. Ihre Stimme ist gelassen, ruhig. Manchmal zittert sie, schlägt nach oben aus, dann schluckt Nina, blickt kurz von ihrem Zettel hoch und spricht danach weiter. Doch jetzt sieht sie mich an.
»Ja«, sage ich
=> Er wartet darauf, dass sie weiterspricht, aber das tut sie nicht, aber trotzdem zittert manchmal ihre Stimme ...?

Allgemein merkt man deinem Text an, dass du genau weißt, worüber du erzählst, und das macht deinen Text richtig gut.
Bei deinem letzten, den ich kommentiert habe, war das nicht so. Da hatte ich den Eindruck, du wolltest etwas an den Leser bringen, das du selbst nicht richtig verstanden hast.

Also, ich finde deinen Text richtig gut.
Aber ich würde ihn sogar noch besser finden, wenn Sepp Toni nicht umgebracht hätte, jedenfalls nicht mit Absicht. (Obwohl ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, ob es wirklich so passiert ist, wie Sepp es jetzt erzählt.) Die Schuldfrage (also sich schuldig fühlen, auch wenn man nicht schuldig ist) ist nämlich eine sehr interessante. Ich hätte da gerne noch mehr drüber gelesen.

Letzter Punkt, ebenfalls das Ende, zu Nina. Interessant, dass sie Sepp das einfach so abkauft. Er sagt, er hätte Tina umgebracht und die baldige Psychotherapeutin nimmt es sofort für bare Münze. Da frage ich mich schon, ob sie wirklich geeignet ist für den Beruf.

=> Zusammengefasst ist mir dein Ende nicht auserzählt genug. Mir bleiben da zu viele offene Fragen.

Grüße,
Chris

 

Hallo, Chris Stone

Du machst hier alles richtig, das erwähne ich extra, nicht nur, weil es vom mir sonst oft viel Kritik hagelt.

Ja. Da ich Deine Kommentare kenne, habe ich tatsächlich eine Gänsehaut gekriegt, als ich gesehen habe, dass Du wieder hier warst. Bitte verstehe das nicht falsch. Ich lese Deine Kommentare sehr gerne, und ich finde es richtig, dass Du kein Blatt vor den Mund nimmst. Dein Anspruch ist sehr hoch.

Umso mehr freut es mich, dass Du Dich so positiv äußerst.

Nicht zu viel, nicht zu wenig. Die perfekte Mischung.
Also, ich finde deinen Text richtig gut.

Dass Du hier sogar von „perfekt“ sprichst, das freut mich natürlich nicht nur. Es macht mich stolz. Vieles habe ich gelernt, weil ich auch Deine Kommentare unter anderer Leute Geschichten verfolge. Und weil Du irgendwann mal Sol Stein erwähnt hast. Habe mich direkt draufgestürzt. Also aus vielerlei Gründen: Danke!

Aber ich würde ihn sogar noch besser finden, wenn Sepp Toni nicht umgebracht hätte, jedenfalls nicht mit Absicht. (Obwohl ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, ob es wirklich so passiert ist, wie Sepp es jetzt erzählt.) Die Schuldfrage (also sich schuldig fühlen, auch wenn man nicht schuldig ist) ist nämlich eine sehr interessante. Ich hätte da gerne noch mehr drüber gelesen.

Es ist super, dass Du das ansprichst. Ich wollte die Charaktere ja noch farbiger gestalten, und dass Du hier auf den besonderen Aspekt Schuld hinweist, bewegt auf jeden Fall was in mir. Ich werde darüber nachdenken und sehen, wie ich das einflechten kann.

Zusammengefasst ist mir dein Ende nicht auserzählt genug. Mir bleiben da zu viele offene Fragen.

Das Ende ist Holterdipolter, schnell zum Ende kommen, hurra, ich bin fertig. Das scheint allgemein ein Problem von mir zu sein. War beim GLA nicht groß anders. Sobald ich das Gefühl habe, alles reingeschmissen zu haben, was geht, lasse ich alle Schnüre einfach fallen und gehe weg. Daran muss ich auf jeden Fall arbeiten. Nicht nur hier in der Geschichte, sondern generell.

Interessant, dass sie Sepp das einfach so abkauft. Er sagt, er hätte Tina umgebracht und die baldige Psychotherapeutin nimmt es sofort für bare Münze.

Hier muss ich einhaken, dass es nicht die Aufgabe von Psychotherapeutinnen ist, die Wahrheit herauszufinden. (Da tun sich existenzielle Fragen auf, die in der Praxis unmöglich zu beantworten sind.) Es geht ja darum, wie der Patient sich fühlt und was er denkt, was seine Einstellungen sind und ob er sich vielleicht besser fühlt, wenn man umstrukturiert (in einer kognitiv-verhaltenspsychologischen Denkweise). Stichwort: Lösungsorientiertheit. Was bringt es einem Patienten, wenn man sagt: "Das, was Du sagst, ist nicht wahr." Richtig: nichts. Die Wahrheit herauszufinden, das kommt wahrscheinlich am ehesten in der Aussagepsychologie zum Tragen. Etwas, das wir hier tatsächlich gebrauchen könnten. Aber das ist ein höheres Level (genauso wie die Psychotherapie), und es war mir wichtig, Nina als Amateurin zu zeichnen. Sie ist einfach schockiert. Nicht als Studentin, sondern als Mensch.

Was danach passiert, das habe ich versaut. Holterdipolter eben. Das werde ich auf jeden Fall ändern, die Spannung nicht einfach wegschmeißen.

Es gibt viel zu tun, Chris. Und diesmal – Du sagtest ja selbst mal zu mir, das sei wichtig – wird es länger dauern als eine Woche. Nicht nur, weil ich das Gefühl habe, extrem behutsam vorgehen zu müssen, um den Text den großartigen Vorschlägen entsprechend angemessen zu überarbeiten. Ich habe die Geschichte mit viel Fingerspitzengefühl geschrieben, und ich denke, ich brauche noch mehr davon, um sie besser zu machen. Auch, weil momentan erstmal viele andere Dinge vorgehen müssen. Beides wird mich dazu bringen, den Prozess zu verlangsamen. Und Du sagst ja selbst: Gut Ding will Weile haben.

Ich melde mich, wenn ein besseres Ende dabei rauskommt.

Die Stolperstelle werde ich schnell und ohne weiteres Drumherum überarbeiten und die Änderung in ein paar Tagen hochladen.

Holterdipolter und gute Nacht,
Maria

 

Gude TeddyMaria,
ich mag die Idee deiner Geschichte. Wenn sich allein über einen Dialog Spannung entfaltet, dann finde ich das immer ganz große Klasse. Besonders beeindruckend finde ich deine Beschreibungen, gerade was Ninas Körpersprache angeht. Ich konnte so ein sehr gutes Bild in meinem Kopf entwickeln, das habe ich (eher so ein persönliches Ding) nicht oft beim Lesen. Daher hier gleich mal drei Daumen hoch.
Allerdings bleiben bei mir am Ende einige Fragen offen.
Zuerst:

»Hi, Sepp«, sagt sie. Im gleichen Augenblick weicht das Lächeln aus ihrem Gesicht. »Oh, Entschuldigung. Alte Gewohnheit. Sebastian.«
»Ist gut«, sage ich, obwohl ich schon ewig nicht mehr so genannt wurde. Seit der Grundschule nicht mehr.
-> Warum ist es ein Problem, dass sie ihn Sepp nennt? Sie haben sich lange nicht gesehen, aber sie verhält sich meinem Empfinden nach, als wäre es wirklich „schlimm“, dass sie ihn so nennt. Als sei das ein Name, der noch irgendeine besondere, zweite Bedeutung neben dem „Kosen“ hätte.
Dann frage ich mich nach Schlüssigkeit der Grundsituation:
»Ich überlege mir fünf Wörter, dann machen wir weiter. Du brauchst das für deine Seminararbeit.«
»Du musst das nicht tun, Sebastian.«
-> Ich bin kein Psychologiestudent und kann daher nicht auf Realbezüge zurückgreifen. Meinem Gefühl nach, wirft diese Ausgangslage aber zwei Fragen auf:
1. Warum befragt die Studentin jemanden, den sie persönlich kennt? Solche Verwicklungen sind doch eigentlich höchst unprofessionell, würde ich mir vorstellen und könnten Einfluss auf das Gespräch haben.
Hier wäre es vielleicht möglich einzubetten, dass sie am Anfang etwas erwähnt wie: „Ich würde dich niemals mit so etwas belasten, aber ich habe wirklich keinen anderen Interviewpartner gefunden …“
Wenn die Arbeit eine „Abschlussarbeit“ wäre (je nachdem wie das bei Psychologie im Studium abläuft) wäre eine gewisse Dringlichkeit auch zu erklären.
2. Ich habe mich etwas gewundert, dass eine Studentin überhaupt außerhalb eines gewissen Schutzraumes mit jemanden über kindheitliche Traumata spricht, inklusive Todesfall der Schwester mit eventuellen Verwicklungen und Schuldgefühlen. Ist sie schon sehr weit fortgeschritten im Studium? Ist es eventuell ihre „Abschlussarbeit“?

Und dann natürlich die große Frage nach dem Ende. Dazu haben ja meine Vorkommentatoren bereits viel geschrieben, ich hoffe aber noch etwas Neues hinzufügen zu können.
Mein Eindruck war, dass die Handlung Sebastians zum Schluss nicht schlüssig wirkt. Im Text stellst du ihn ja zunächst eindeutig als nervös dar:

Mir schießt das Blut in den Kopf. …
»Ja«, sage ich. »Klar. Also, ich habe bei meinem Onkel und meiner Tante gelebt. Wie … Spiderman.« Wieder schießt mir das Blut in den Kopf, meine Wangen glühen, doch Nina lächelt, also spreche ich weiter, schnell.
Das finde ich soweit sehr geschickt, dass du hier mit einem „Psychopathen“ (oder Soziopathen oder whatever, ich wird’s mir nie merken können …) arbeitest, der sich – so erkläre ich es mir – verstellt, bevor er Nina am Ende schockieren will.
Diese Darstellung kränkelt für mich allerdings damit, dass du dem Leser eine Mitsicht seines Innenlebens gibst:
Ich nehme die Kanne aus der Kaffeemaschine und wünsche mir, ich hätte den Abwasch gemacht.
Ein Lächeln stiehlt sich wie ein Fremder auf mein Gesicht. Unsicher, ob er erwünscht ist.
Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen.
Ich schlucke, will etwas sagen, fürchte aber, dass ich mich verhaspele.
Als Leser erfahre ich also, was eigentlich im Protagonisten vor sich geht – bis zum Schluss offenbar wird, dass das alles nicht stimmt und er auf etwas ganz anderes hingearbeitet hat. Ich fühle mich als Leser am Ende getäuscht statt überrascht und dass er das mit einer neunmalklugen Bemerkung garniert nimmt mir auch etwas den Schrecken:
»Wenn Du Psychotherapeutin bist und jemand erzählt dir so was, dann darfst du niemandem was sagen«, sage ich. »So etwas kann dir immer wieder passieren.«
Ich würde dir hier (sehr weitgreifend) vorschlagen, seine Gedankengänge und all seine Deutungen herauszustreichen – sodass man nur die Situation und die beiden Figuren vor sich hat und nie weiß, was hinter der Fassade abläuft (also wie im Film oder literarisch gesprochen „extern fokalisiert“). Dann ist das Ende tatsächlich eine Überraschung hinsichtlich seiner Absichten und keine Täuschung – denn man könnte ja durchaus ahnen, dass all seine Aktionen nur Fassade sind.
Ich würde so eine Textversion wirklich gerne von dir lesen, weil du die Dinge so gut beschreiben kannst, dass man nicht mal Deutungen draufsetzen müsste.
Mein Vorschlag ist jetzt natürlich sehr extrem, aber ich lass das mal so stehen – auch wenn es natürlich Stimmen wie von Kanji gibt, die das Ende kommen sahen; für mich bleibt es unschlüssig.

Zum Schluss habe ich noch etwas Kleineres:

»Du glaubst also … Du glaubst, alle möglichen Leute haben … haben …«
-> Diese Schlussfolgerung ergibt sich für mich nicht logisch aus der Geschichte. Aus einem dahergesagten „kann dir immer wieder passieren“ übernimmt Nina direkt eine Schablone für „alle möglichen Leute“. Sie scheint meinem Eindruck nach plötzlich zu denken, alle Menschen wären Mörder. Das wäre für mich nur dann schlüssig, wenn Sebastian weitere Beispiele anführen würde – was wiederum die Geschichte sehr aufblähen würde. Und dass Nina erst nach dieser Aussage flüchtet, hinterlässt bei mir die Überlegung, dass sie über diese wacklige These mehr erschrickt als über die Tatsache, dass ihr Gegenüber behauptet als Kind seine Schwester umgebracht zu haben.

So, das klingt jetzt irgendwie als würde ich deinen Text „voll unlogisch und so“ finden, aber ich denke nur, dass er bereits gut ist und noch viel mehr Potenzial hat – deswegen so viele Anmerkungen :)
Hoffentlich hilfreiche Anmerkungen!

Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Hallo, Vulkangestein

Schön, dass Du da bist – und das zu einem perfekten Zeitpunkt. Ich habe gerade meine Überarbeitungs-To-Do-Liste geschrieben und angefangen, Kindheits-Zurückweisungs-Momente zu sammeln, bin also noch im Brainstorming. Da kommt mir inhaltliche Kritik gerade recht. V.a., da sie so farbenfroh formuliert ist.

ich mag die Idee deiner Geschichte.

Du hast mich ganz schön erschreckt. So fange ich meine Kommentare immer an, wenn mir sonst nichts Positives aufgefallen ist. :D Aber alles gut. Da spüre ich, dass ich am Leben bin. Wie Achterbahnfahren.

Wenn sich allein über einen Dialog Spannung entfaltet, dann finde ich das immer ganz große Klasse. Besonders beeindruckend finde ich deine Beschreibungen, gerade was Ninas Körpersprache angeht. Ich konnte so ein sehr gutes Bild in meinem Kopf entwickeln, das habe ich (eher so ein persönliches Ding) nicht oft beim Lesen. Daher hier gleich mal drei Daumen hoch.

Denn Du meinst es ja offenbar nicht so. Und gerade, dass Du den Dialog schätzt, finde ich super. (Wäre ja auch nichts übrig von der Geschichte ohne den Dialog.) Da habe ich meine Stärken doch mal exzessiv ausspielen können, hehe. Was gute Bilder im Kopf angeht, das freut mich gleich noch mehr. Das übe ich gerade.

Warum befragt die Studentin jemanden, den sie persönlich kennt? Solche Verwicklungen sind doch eigentlich höchst unprofessionell, würde ich mir vorstellen und könnten Einfluss auf das Gespräch haben.

Kurz zum Psychologiestudium: Ja. Dass die Situation vollkommen amateurhaft und keinesfalls professionell ist, wollte ich herausarbeiten. Das ist Absicht. Und ja, tatsächlich läuft es am Anfang so. Im ersten Semester Bachelor habe ich eine Studie geplant und dann gefragt, woher ich die VPn (Versuchspersonen) bekommen soll. Die Antwort war: Sind ja Weihnachtsferien, frag einfach Familie oder Freunde. Im Master habe ich andere Ansprüche auch an meine Semesterprojekte (weshalb ich eine totale No-Liferin bin (und wegen Wortkrieger)), einige Kommilitoninnen befragen aber nach wie vor Familie und Freunde. Also, die Situation ist durchaus realistisch. Ich werde noch stärker herausarbeiten, dass Nina eine Amateurin ist, versuche aber, es nicht zu übertreiben, damit sie nicht einfach nur unsympathisch und fehl am Platze wirkt. Habe aber auch schon ein paar Ideen.

Ich würde dir hier (sehr weitgreifend) vorschlagen, seine Gedankengänge und all seine Deutungen herauszustreichen – sodass man nur die Situation und die beiden Figuren vor sich hat und nie weiß, was hinter der Fassade abläuft (also wie im Film oder literarisch gesprochen „extern fokalisiert“). Dann ist das Ende tatsächlich eine Überraschung hinsichtlich seiner Absichten und keine Täuschung – denn man könnte ja durchaus ahnen, dass all seine Aktionen nur Fassade sind.
Ich würde so eine Textversion wirklich gerne von dir lesen, weil du die Dinge so gut beschreiben kannst, dass man nicht mal Deutungen draufsetzen müsste.
Mein Vorschlag ist jetzt natürlich sehr extrem, aber ich lass das mal so stehen – auch wenn es natürlich Stimmen wie von Kanji gibt, die das Ende kommen sahen; für mich bleibt es unschlüssig.

Puh. Ich finde Deine Gedanken zu Sepps Entwicklung super. Denn eigentlich wollte ich, dass er im Laufe des Gesprächs eine Entwicklung durchmacht. Von der Schüchternheit zur Rücksichtslosigkeit. Ja, am Ende kam er mir auch psychopathisch vor, das war aber eigentlich gar nicht meine Intention. Ich hätte mir überlegen müssen, was ich falsch gemacht habe, als es mir selbst aufgefallen ist.

Auf Innenleben komplett verzichten, hm, das wäre ein interessantes Experiment. Mein Problem damit hat sehr persönlich mit meiner Übung als Autorin zu tun: Als ich hier angefangen habe, habe ich nur erklärt, nie gezeigt. Danach war ich von dem Zeigen so verwirrt, dass ich das Innenleben komplett rausgeschnitten habe. Diese Geschichte ist für mich auch eine Übung, Innenleben zu zeigen. Deshalb habe ich gerade, ohne Deiner Idee jeglichen Wert absprechen zu wollen, das Gefühl … Na ja, nicht dass es ein Rückschritt wäre. Aber dass es kein Schritt ist, für den ich bereit bin.

Mein Kunstlehrer hat immer gesagt, dass auch Maler/innen, die Farben aufs Bild schmieren, naturalistisch malen könnten. Sie haben das Handwerk und haben sich bewusst für ein Stilmittel entschieden. Was Du vorschlägst, ist so ein Stilmittel. Nun habe ich aber das Gefühl, dass mein Handwerk noch nicht ausgereift genug ist, um direkt mit Experimenten zu beginnen.

Da Du in meine Brainstorming-Arbeit reinfällst, kann ich ja die Gelegenheit nutzen, um kurz meine aktuelle Idee zu illustrieren: Was ich zu tun gedenke, um Sepp nicht so plötzlich unglaubwürdig werden zu lassen, ihn umfallen zu lassen von schüchterner Typ zu Psychopath. Denn das ist richtig, das ist ein Problem des Textes.

Die frühe Bindungserfahrung ist ja in der Theorie ein Arbeitsmodell für jede weitere Beziehung im restlichen Leben. Das muss man nicht unbedingt wissen, um meine geplante Version 2 zu verstehen, aber so bin ich auf die Idee gekommen: Dass Sepp, obwohl er sich nach Nähe sehnt, in der Beziehung zu seinen primären Bezugspersonen ständige Zurückweisungen erlebt. Dass er also zu extremen Maßnahmen greift, um Beachtung zu erlangen. Das gleiche würde ich gerne übertragen auf die Beziehung zu Nina, dass er also die ganze Zeit versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, sie aber total aufs Interview fokussiert ist. Er also am Ende den Mord an Toni raushaut, ihn möglicherweise sogar herbeifabuliert (gute Gelegenheit, um meinem Publikum die Deutung zu überlassen), damit sie ihn endlich beachten möge.

Ich denke, dass die Anlagen, um diese Geschichte zu erzählen, auf jeden Fall da sind. Ich habe angefangen, seine Bewunderung zu Nina aufzubauen, seinen Wunsch nach Nähe zu ihr. Das werde ich jetzt stringenter durchziehen, nicht einfach fallenlassen.

Das geht natürlich in eine komplett andere Richtung als Dein Vorschlag. Und ich möchte sagen, dass ich Deinen Vorschlag beeindruckend finde. V.a., weil Du mir das zutraust. Ich werde die Idee für zukünftige Geschichten mitnehmen, denn vielleicht will ich ja wirklich mal einen Psychopathen schreiben – etwas, das ich mir momentan noch nicht zutraue, aber jetzt habe ich ja schon einen guten Vorschlag, wie man das macht. :p

Also: Was meinst Du? Würdest Du das auch lesen wollen?

Sie scheint meinem Eindruck nach plötzlich zu denken, alle Menschen wären Mörder.

Zum Schluss was zum Schluss: Der Knackpunkt war für mich in Ninas Satz das „Du glaubst“. Dass nämlich er glaubt, dass ihr das immer wieder passieren kann, dass er also glaubt, dass viele Menschen Mörder/innen sind. Dass das Ende aber eher ein Ende mit Schrecken ist und dass ich da einiges hingeschmiert habe – dazu gehört auch dieser Satz –, steht außer Frage. Dafür rechtfertige ich mich nicht. Wird in Version 2 nicht mehr vorkommen.

Du siehst, Dein Besuch hat mich dazu gebracht, klar auszuformulieren, womit ich in Version 2 hinwill. Wenn Du mir zu der Richtung noch einen Gedanken dalassen möchtest, freue ich mich natürlich umso mehr. Denn Du hast hier viele wirklich gute Vorschläge gemacht. Und ich denke mal über eine Psychopathen-Geschichte nach. Anscheinend ist die Nachfrage da.

Psychopathische Grüße,
Maria

 

Hey, Ronja

Ich freue mich, dass Du nochmal zurückkommst und so genau hinschaust. Das kommt mir gerade recht, denn ich habe eben mit der Überarbeitung begonnen. Deshalb war ich etwas überrascht darüber …

Im Großen und Ganzen hat sie mir aber besser gefallen, als die vorherige Version. Das liegt sicher auch an der Entwicklung von Sepp und Nina, die jetzt subtiler dargestellt ist.

Das ist die gleiche Version. Ich habe den Anfang schon geändert und ein paar Überarbeitungen eingearbeitet, aber sonst nichts Inhaltliches. Ab dem zweiten Absatz ist das das gleiche, nur mit weniger Pronomen und einigen umgestellten Sätzen. Keine Sorge, ich finde das cool. Einerseits zeigt das, dass schon das Flusensuchen, was Du ja auch machst (Danke!) viel bringt. Andererseits passt das zu meiner Überzeugung, dass es sich lohnt, einen Text mehrmals zu lesen. Viele Dinge kristallisieren sich beim zweiten Lesen nochmal aus. Das passt auch dazu, dass ich das Gefühl hatte, viele Dinge zu subtil eingepackt zu haben, sodass sie einigen Leuten beim ersten Lesen durch die Lappen gegangen sind. Ich werde trotzdem weiter überarbeiten, aber versuchen, es damit nicht zu übertreiben, weil es offenbar schon gar nicht so verkehrt ist. Ich finde subtil erzählen auch besser, als den Holzhammer zu schwingen. Danke für die Rückmeldung.

Mich haben die vielen Wortwiederholungen im Text sehr gestört. Das ist mir bei deiner ersten Version nicht ganz so stark aufgefallen. Ich habe viel gemeckert, aber das kannst du ja ertragen.

Stimmt, Du hast recht. „Okay“, „Klar“, „Kaffee“, „Zigaretten“, „Lächeln“ und „Atmen“, da habe ich etwas über die Stränge geschlagen. Ich habe gerade ein wenig ein schlechtes Gewissen, weil ich die zweite Version mit einem Kuddelmuddel zwischen Tee und Kaffee begonnen habe (ein bisschen inspiriert durch meine Tippfehler). Da denke ich nochmal drüber nach. Und ertragen kann ich das. Ich habe hier im Forum gelernt, dass, wer einsteckt, auch austeilen darf. (So geht es ja los.) Und nachdem man ausgeteilt hat, gilt das natürlich auch wieder andersherum. ;) Geben und Nehmen halt.

dass ich die Zigarettenpackung aus der Hosentasche gefischt habe. Ich starre die Packung an, sie liegt in meiner Hand, als hätte sie sich dorthin gezaubert.

An dieser Stelle bin ich etwas ratlos. Ich hatte bei der zweiten Packung zuerst „sie“ stehen, aber dann hat jemand vorgeschlagen, dieses „sie“ durch „Nina“ zu ersetzen. Da ist mir klar geworden, dass ich es deutlicher machen muss. Nicht dass jemand denkt, Sepp hätte Nina in seine Hand gezaubert.

Den restlichen Kleinkram habe ich schon in Version 2 eingearbeitet. Du wirst davon erstmal hier nichts zu sehen bekommen, weil ich das auf keinen Fall bruchstückhaft hochladen werde und ein bisschen Zeit brauche. Also hab bitte Geduld mit mir. Ich freue mich, wenn Du dann nochmal wiederkommst.

Du hast gar nichts zum Titel gesagt. :( Da hatte ich Dich gefragt, ob das wirklich gar nicht geht. Wird sich vielleicht im Licht von V2 nochmal ändern, weil ich da mehr Beziehungen bauen will, aber vielleicht möchtest Du noch etwas dazu sagen.

Habe mich sehr übers Doppeltlesen gefreut und übers Flusensuchen. Da gibt es ja immer was zu finden, und unnötige Wörter kann ich offenbar immer noch. Wie gesagt, ich bin selbst immer wieder erstaunt, wie anders ein Leseeindruck beim zweiten Mal sein kann. Jetzt vergrabe ich mich wieder in V2, damit ich bald ein wirklich neues Leseerlebnis bieten kann. I got to make it work.

Hab einen wundervollen Tag.

Subtile Grüße,
Maria

 

Gude TeddyMaria,

ja, so ein Start mit "Ich mag die Idee" hängt doch häufig mit einem "aber die Umsetzung ..." zusammen, da hast du recht :lol:
Hier zum Glück nicht der Fall :)

Danke für deine ausführliche Antwort, insbesondere zum Studium, sehr interessant!

Ich werde noch stärker herausarbeiten, dass Nina eine Amateurin ist, versuche aber, es nicht zu übertreiben, damit sie nicht einfach nur unsympathisch und fehl am Platze wirkt. Habe aber auch schon ein paar Ideen.
-> Das klingt sehr gut, dann kann auch ein Amateur wie ich die Situation nachvollziehen. :)

Die frühe Bindungserfahrung ist ja in der Theorie ein Arbeitsmodell für jede weitere Beziehung im restlichen Leben. Das muss man nicht unbedingt wissen, um meine geplante Version 2 zu verstehen, aber so bin ich auf die Idee gekommen: Dass Sepp, obwohl er sich nach Nähe sehnt, in der Beziehung zu seinen primären Bezugspersonen ständige Zurückweisungen erlebt. Dass er also zu extremen Maßnahmen greift, um Beachtung zu erlangen. Das gleiche würde ich gerne übertragen auf die Beziehung zu Nina, dass er also die ganze Zeit versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, sie aber total aufs Interview fokussiert ist. Er also am Ende den Mord an Toni raushaut, ihn möglicherweise sogar herbeifabuliert (gute Gelegenheit, um meinem Publikum die Deutung zu überlassen), damit sie ihn endlich beachten möge.
-> Das finde ich richtig gut und meinem Gefühl nach, hast du die Ausgangslage dafür schon bereitet. Insbesondere die ganzen präzisen Beschreibungen von Nina und ihren Bewegungen, die ja aus seiner Sicht heraus geschehen, wecken bereits den Eindruck, dass er Zuneigung (oder etwas in der Art) hat und vielleicht auch Zuneigung fordert. Das zu verbinden mit seinem Trauma wäre sehr gelungen - ich freue mich drauf (Verlinkung erwünscht ;) )

Ich werde die Idee für zukünftige Geschichten mitnehmen, denn vielleicht will ich ja wirklich mal einen Psychopathen schreiben – etwas, das ich mir momentan noch nicht zutraue, aber jetzt habe ich ja schon einen guten Vorschlag, wie man das macht. :p
-> Darauf freue ich mich schon mal ganz geheim. Ich denke wirklich, dass du das sehr gut hinkriegen würdest - aber jetzt hast du natürlich erstmal ganz schön Arbeit vor dir.

Also: Was meinst Du? Würdest Du das auch lesen wollen?
-> Auf jeden Fall. Ich bin sehr neugierig, wie du es angehen wirst, denn wenn ich es so recht bedenke, geht es mir zurzeit ähnlich wie dir: Wie stellt man denn so ein Innenleben wiederum gut dar? Da wird "show, don't tell" echt schwer; ich meine, Bewegungen zu beschreiben wie man sie sieht und nicht "abzukürzen" ist das eine - aber wirkliche einzelne Gedankengänge herauszuschälen, damit das ganze nicht plump und mit einem Satz abgehandelt ist, das ist noch mal was anderes (finde ich). Immerhin sieht man ja nicht, was man zeigen möchte.

Du siehst, Dein Besuch hat mich dazu gebracht, klar auszuformulieren, womit ich in Version 2 hinwill. Wenn Du mir zu der Richtung noch einen Gedanken dalassen möchtest, freue ich mich natürlich umso mehr.
-> Das freut mich, das Dir meine Vorschläge hilfreich waren. Ich finde Deine Pläne sehr interessant und bin sehr neugierig, wie Sebastians Suche nach Zuneigung sich entwickelt.
An konkreten Ideen / Vorschlägen dazu, habe ich nicht viel. Vielleicht könnte sein Drängen nach Zuneigung sich als Feedback-Wunsch äußern? Z.B. wenn er die fünf Begriffe sammelt, könnte er die Frage anhängen: "Ist das gut?"
Wahrscheinlich wird Nina da ausweichen und nicht werten - ist ja nicht ihr "Job" - es gibt also nicht das erhoffte Lob für sein Produkt. Wie er da wohl reagieren würde? Enttäuscht, bockig, zornig ...

Viel Spaß beim Tüfteln!

Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Hallo, Vulkangestein

Freue mich sehr, dass Du zurückkehrst, um nochmal über Psychopathen und Sensibelchen zu diskutieren. :D

Das finde ich richtig gut und meinem Gefühl nach, hast du die Ausgangslage dafür schon bereitet. Insbesondere die ganzen präzisen Beschreibungen von Nina und ihren Bewegungen, die ja aus seiner Sicht heraus geschehen, wecken bereits den Eindruck, dass er Zuneigung (oder etwas in der Art) hat und vielleicht auch Zuneigung fordert. Das zu verbinden mit seinem Trauma wäre sehr gelungen - ich freue mich drauf (Verlinkung erwünscht )

Super, dass Du mir nicht böse bist, dass ich Deine Idee zurückweise, sondern Dich trotzdem freust. Wenn Leute sich über meine Geschichte freuen können, ist das wunderbar. Ich werde Dich auf jeden Fall verlinken, denn …

An konkreten Ideen / Vorschlägen dazu, habe ich nicht viel. Vielleicht könnte sein Drängen nach Zuneigung sich als Feedback-Wunsch äußern? Z.B. wenn er die fünf Begriffe sammelt, könnte er die Frage anhängen: "Ist das gut?"
Wahrscheinlich wird Nina da ausweichen und nicht werten - ist ja nicht ihr "Job" - es gibt also nicht das erhoffte Lob für sein Produkt. Wie er da wohl reagieren würde? Enttäuscht, bockig, zornig ...

Du machst die ganze Zeit wunderbar konkrete Vorschläge. An die Sache mit dem Fragen habe ich auch schon gedacht. Jetzt merke ich, dass ich auf dem richtigen Dampfer bin. Ich habe ja übrigens eine extreme Angst davor, Dinge zu verschlimmbessern, deshalb bin ich über konkrete Vorschläge, wie Du sie machst, sehr, sehr dankbar. Ich denke auch, dass Sepp in dieser Version sehr passiv ist. Klar ist er schüchtern, das wird er auch bleiben, aber ich werde mir Mühe geben, echte Annäherungsversuche herauszuarbeiten. Dafür sind Rückfragen ein hervorragendes Mittel. Ich finde es bemerkenswert, wie gut Du Sepp verstanden hast, denn Rückfragen, um sich anzunähern, passen hervorragend zu seiner unsicheren Art. Du hast ein wirklich gutes Auge. Wie er wohl reagieren wird? Ich wette, Du fühlst es schon.

ich meine, Bewegungen zu beschreiben wie man sie sieht und nicht "abzukürzen" ist das eine - aber wirkliche einzelne Gedankengänge herauszuschälen, damit das ganze nicht plump und mit einem Satz abgehandelt ist, das ist noch mal was anderes (finde ich). Immerhin sieht man ja nicht, was man zeigen möchte.

:cry: Aaah, ja, ich habe extreme Angst, dass das Ergebnis meiner Tüftelei schlechter wird als das hier. Aber das kannst Du ja dann sicher gut beurteilen so sorgfältig, wie Du schon gelesen hast. Wird ein toller Tag! Genauso toll wie der Tag, an dem ich einen Psychopathen schreibe.

Bis dahin …

Tüftelnde Grüße,
Maria

 

Hey, Ronja

echt interessant, dass ich mich total getäuscht habe und dachte, dass es sich um eine inhaltliche Überarbeitung handelt. Deine Erklärung macht aber für mich Sinn, dass ich sie beim zweiten Lesen besser verstanden habe und daraus meine Fehleinschätzung resultierte. Wahrscheinlich mag ich sie beim dritten Lesen noch mehr. Hatte schon Sorge, dass ich langsam dement werde.

Danke für Deine Antwort und super, dass Du nicht böse bist, dass ich Dir eine solche Fehleinschätzung unterstellt habe. :D Noch superer (hihi), dass Du die Geschichte noch ein drittes Mal lesen willst. Habe heute das Ende geändert, dann eine Panikattacke gekriegt und erstmal was anderes gemacht. Ich habe das Gefühl, dass hier ganz schöne Erwartungen auf mir lasten. Aber das hat ja auch viel Positives. Ich hoffe, ich enttäusche Dich nicht.

Kannst du nicht einfach Zigarettenpackung "packung" löschen, dann hast du keine Doppelung mehr?

Gute Idee. Direkt eingearbeitet. Danke!

Ich finde "Bindung" als Titel nicht so optimal, da schließe ich mich linktofink an. Er weckt keine Neugierde und bildet das Grundthema deiner Geschichte m.E. nicht ganz ab. Ich finde "die Beichte", die linktofink als Titel vorgeschlagen hat, sehr gut. Er suggeriert etwas Geheimnisvolles, einen Tabubruch, etwas Intimes. Da werde ich hellhörig und möchte wissen, was ist denn hier passiert. Außerdem verrät der Titel nicht zu viel. Ich weiß lediglich, dass noch etwas gebeichtet wird, alles weitere bleibt offen.

Und danke, dass Du nochmal auf den Titel zurückkommst. Ich war mir bei Deinem Kommentar einfach unsicher, ob Du meine Expertensicht darauf kritisierst oder tatsächlich auch den Titel selbst. Mit Ersterem hätte ich es mir schön einfach machen können.

Ich war eigentlich zufrieden mit dem Titel. :cry: Aber jetzt bin ich wirklich unsicher. "Beichte" oder "Interview", das ist mir zu offensichtlich, nicht komplex genug. "Bindung" ist ein wirklich komplexer Titel, und ich verstehe, was das Problem dabei ist. Aber ich hätte gerne etwas mit mehreren Ebenen, etwas, etwas Subtiles.

Du hast natürlich recht, was Du über die Beichte sagst, dass der Titel Intimität und Tabubruch ankündigt. Was cool ist. Aber das hat auch was Religiöses, und die Note will ich da nicht reinbringen. Irgendjemand hatte auch gefragt, warum Sepp das keinem Priester erzählt, was so mein letzter Gedanke wäre. Wenn die Geschichte habe "Beichte" heißen würde, müsste das der erste Gedanke sein. Uff. Ich hoffe, Du verstehst meine Einwände, was diesen Titel angeht.

"Interview", linktofink nochmal, das ist mir zu einfach. Ich habe mal überlegt, was das auf Deutsch heißt. "Zwischenschau"? Hm. Das ergibt keinen Sinn, schade.

Okay, Ronja und Andreas, jetzt denke ich wirklich nochmal drüber nach. Man darf gespannt sein.

Bis dann!

Betitelte Grüße,
Maria

 

Hallöchen TeddyMaria,

echt lustig, es scheint als hätten alle auf eine neue Geschichte von dir gelauert. Da warte ich doch mal, bis du mit deiner Überarbeitung durch bist und geb dann meinen Senf dazu.

Nur mal so in die Runde geworfen als Titelidee: Befreiung.

Bindung gefällt mir auch nicht. Diese Bindungstheorie kennt doch kaum jemand, oder?

Liebe Grüße,
NGK

 

Ich schlucke, will etwas sagen, fürchte aber, dass ich mich verhaspele. Ist immer so, wenn ich direkt sein möchte.
...
»Klar. Also, ich habe bei meinem Onkel und meiner Tante gelebt. Wie … Spiderman.«

Ich noch mal,

liebe Maria,

weil Titel und Leben Se[pz] mich an ein Hundeleben erinnert - der beste Freund des Menschen als Familienmitglied und vor allem Kind's Ersatz für Onkel-Herrchen und Tante-Frauchen (da würde sogar zu passen

Meine Eltern sind nicht gestorben, nicht beide. Mein Vater war bei meiner Geburt im Gefängnis, ...
quasi im Zwinger, und selbst der Tod der Mutter zwei Monate nach der Geburt passt: Der rüde Wolfswelpe bleibt, wie das weibliche, wenigstes 21 Monate bei der Mutter, alles Notwendige zum Überleben zu erlernen, der Hundewelpe wird spätestens nach acht Wochen von der Mutter getrennt - er darf nicht mal die Intelligenz eines Vorschulkindes erwerben.

Und zur Hälfte seines Lebens kommt ein Konkurrent zur Welt

»Ja, mein Onkel und meine Tante hatten ein Kind, Toni. Sie war … sechs Jahre jünger.«
Weiter unten (siehe zur Lebenserwartung eines Hundes) wird die Katastrophe vielleicht erst richig klar ...

»Mein [Herrchen] und ich standen uns sehr nahe. Er war ja zu Hause, meine Tante hat gearbeitet. ...
(es hätte also auch umgekehrt sein können, Frauchen daheim und Herrchen auf Arbeit ...)

Wir haben immer Eisenbahn gespielt.
In die Sprache des Hundes übersetzt: Wir sind immer im Kreis/den gleichen Weg gelaufen. Da kann man schnell folgen - einem immer gleichen Weg zum Schnüffeln (Zeitung-lesen), pinkeln und markieren und vor allem kacken ...
Wie soll der Hund wissen, ob sein Alpha auch die Kacke wegräumt ...

»Könntest du jetzt einmal versuchen, mit fünf Wörtern die Beziehung zu deiner Tante beschreiben?
Selbst der Fünf-Wörter-Wortschatz passt!, selbst der Name des dumm gehaltenen Wolfsderivates darf höchsten zweisilbig sein, Hadschi Halef" wäre schon unerträglich lang ... für den Hund

Und dann der Konkurrent um des/r Alphas Gunst

Das mit Toni«, ... »Danach hat sich alles verändert. Nach ihrer Geburt. Aber auch … danach-danach.«

So spinnt/schkeicht/drängt sich eins ans andere, dass ich nicht mehr weitergehen brauch, außer vielleicht noch die geradezu hündische
»Ich überlege mir fünf Wörter, ...
denn mehr kennt er nicht und die sind an sich -
Imperative ...
Gebellte Befehle ...

Wobei Hunde Angst kennen, vor allem, etwas durch den Konkurrenten zu verlieren ...
Um einfachste Dinge zu reflektieren, muss schon der Wolf wieder durch den früh von der Mutter getrennten Balg durchbrechen, etwa um Bündnisse mit einem anderen Rüden zu schmieden, der noch kein neues Rudel (nix anderes als eine Familie) und somit Mitkämpfer gebildet/gefunden hat -

und die entscheidende Stelle

»Wenn es dir als Kind schlecht ging, was hast du gemacht?«
... »Wenn es mir nicht gut geht, bin ich lieber allein. ...«
Heißt: Ohne ins Ohr kneifende, dummes Vorschulkind

»Und wie alt warst du da?«
»Sieben, glaube ich. Vielleicht nicht ganz sieben.«

Da müsste man wissen, wie groß und reinrassig (Zücht"erfolge", als reichten nicht die Mendelschen Gesetze!) ein Hund ist. Die Faustregel ist eben nicht, dass ein Hunde(lebens)jahr einem bestimmten Vielfachen des Menschen- und somit Sonnenkalenders entspräche, sondern schlicht je größer und schwerer der Köter, je geringer die Lebenserwartung ...

So viel oder eher wenig aus einem Hundeleben ...

He's nothing like a hounddog ...

meint der

Friedel

 

Hallo TeddyMaria,

was ich an der Geschichte wirklich bemerkenswert fand, war nicht der Plot selbst (ziemlich künstliche, unglaubwürdige Situation, Versuchsanordnung, besonders am Schluss, wenn er ihr den Mord mit der Bemerkung gesteht, sie sei ja Psychologie-Studentin, da sei ein solches Geständnis bestimmt hilfreich), auch nicht der Twist (na ja, gleich ein ungesühnter Mord…), auch nicht die für meinen Geschmack übertriebene Beschreibung der Körperhaltung und Gestik der Protagonisten, nein, das klang schon „machwerkmäßig“ (mit einem erstaunten Grinsen über die horizonztbeschränkte Wortwahl des wunderlichen Kinaski, dessen Kritik nunmehr verschwunden ist – während ich den Kommentar wordgesichert habe), overpaced. Richtig richtig stark finde ich allerdings die Dialoge, Gesprächsführung, all das, was du im Gesagten zwischen den Zeilen unterbringst.

Textstellen:

Ich frage mich, woran man sieht, dass sie nervös ist.
frage ich mich auch, da wäre eine Beobachtung besser, glaube ich

Ich gieße Kaffee in Tassen – die eine hat ein Blümchenmuster, die andere einen Werbeaufdruck. Es hätte keinen Sinn, nach zusammenpassendem Geschirr zu suchen. Trotzdem stelle ich mich kurz auf die Zehenspitzen, spähe ganz hinten in den Schrank, werfe auch einen Blick in den Karton unter der Spüle, um zu schauen, ob ich nichts übersehen habe. Habe ich nicht.
wozu brauchst du diese Info

Ich schlucke, will etwas sagen, fürchte aber, dass ich mich verhaspele. Ist immer so, wenn ich direkt sein möchte.
mm, recht viel Innenperspektive, könnte man auch auf: ich schlucke reduzieren

»Ich weiß, dass er mir eine rote Lok geschenkt hat, die war toll. Da war ich vielleicht vier.«
toll beschrieben wie er hier wieder zum Kind wird, auch mit der Wortwahl umgesetzt

Ich probiere ein Lächeln, doch diesmal gelingt mir kein Heben der Mundwinkel. Genauso gut hätte ich versuchen können, mit den Ohren zu wackeln – ich kann die richtigen Muskeln nicht finden.
wozu brauchst du das Ohrenwackeln, die Wirkung wäre starker, wenn er nur vergeblich den Mundwinkel hebt

»Sepp.« Ninas Hand schnellt vor, legt sich auf meine. Ihre Haut ist warm, heiß. »Was damals passiert ist, ist nicht deine Schuld.«
»Das haben alle gesagt«, sage ich. Ich ziehe meine Hand nicht weg, lasse sie liegen. Ich atme aus, die Schultern hängen. »Es war ganz leicht. Ihren Kopf unter Wasser zu drücken. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich gewehrt hat.«
die Dielaogstelle fällt allerdings niveaumäßig ab, klingt künstlich, nach den Worten des Autors

Ich schaue ihr dabei zu, wie sie ihre Sachen zusammenpackt, ich konzentriere mich auf meine Zigarette, auf meine Hände, meinen Atem. Ruhig, routiniert, unaufgeregt. Anders als sie. Zuletzt habe ich mich so gefühlt – wie ein Fremdkörper –, als Tante Friederike mich aufforderte, das Haus zu verlassen, mir sagte, ich hätte ihr Leben zerstört.
Ich begleite Nina nicht zur Tür. Sie findet selbst raus, in kürzester Zeit. Ich trete ans Küchenfenster, asche auf Basilikum. Spüre das Lächeln auf meinen Lippen
für mein Gefühl könnte die Hälfte weg

Viele Grüße und einen Sonnenstart ins Wochenende
Isegrims

 

Oh mein Gott, Leute, hier ist ja einiges verloren gegangen. Zwei Kommentare von mir, einer von Friedrichard und einer von Kinaski, wenn ich das richtig überblicke. Da ich nichts gesichert habe, versuche ich mal, die Fäden aufzuheben. Zum Glück bin ich nicht nur ein Trampeltier, sondern habe auch ein Elefantengedächtnis.

Nichtgeburtstagskind

Da ich manchmal „Wer ist online“ auschecke, glaube ich, Du hast meine Antwort auf Deinen Kommentar gelesen, bevor sie ins schwarze Loch gesaugt wurde, oder?

Zusammenfassung: Freue mich auf Deinen nächsten Besuch, und „Befreiung“ klingt ganz okay, denke drüber nach. Wenn Du doch noch Details brauchen solltest, sag mir Bescheid. Ich bin gerade etwas in Eile, deshalb knalle ich das hier so hin.

Lieber Friedrichard

Bei Dir weiß ich, dass Du meine Antwort gelesen, dass Du sogar darauf geantwortet hast. Da lässt man sich einmal Zeit mit der Beantwortung Deines wunderbaren Kommentars, und dann verschwindet er einfach. :cry:

Aber ich weiß noch, dass Deine Antwort zwei wesentliche Elemente enthielt:

Erstens: die Bemerkung, dass ja auch Nicht-Experten/Expertinnen wissen könnten, was die Bindung zur … Mutter kommt mir immer so schwer über die Lippen, aber darum geht es ja irgendwie … ist. Du hast es natürlich viel weniger plump formuliert, deshalb hoffe ich, ich konnte es trotzdem auf den Punkt bringen. Also ein tolles Eintreten für den aktuellen Titel.

Jetzt stehe ich vor der einen Seite, wo mehrere Leute sind, die den Titel anders haben wollen und auch schon Vorschläge gemacht haben – und vor Dir, der meiner Meinung ist und das auch noch viel besser gesagt hat. Meine Güte. Vielen Dank. Ich denke weiter nach.

Zweitens: Sagtest Du, ich solle mich schnell davon erholen, anzunehmen, ich sei eine unechte Autorin. So süß. :herz: Anders als der Roboter und der Hund denke ich allerdings nicht, dass meine Hoffnung, einmal eine echte zu werden, vergebens ist. Ich werde mich schon machen. Es geht einfach weiter, weiter und weiter.

Hallo, Kinaski

Auch hier ist ein Kommentar von mir verschwunden ...

Meine Antwort auch. :/ Den eingängigen Dreizeiler kann ich mir aber natürlich gut merken, also keine Sorge.

Verschluckte Grüße,
Maria

Und nun zu Dir, Isegrims

Hallohallo, ich freue mich über Deinen Besuch und dass Du Dich darum bemühst, das Machwerk zu erklären. Jetzt kann ich es nicht einfach nur von mir weisen, schade.

war nicht der Plot selbst (ziemlich künstliche, unglaubwürdige Situation, Versuchsanordnung, besonders am Schluss, wenn er ihr den Mord mit der Bemerkung gesteht, sie sei ja Psychologie-Studentin, da sei ein solches Geständnis bestimmt hilfreich), auch nicht der Twist (na ja, gleich ein ungesühnter Mord…), auch nicht die für meinen Geschmack übertriebene Beschreibung der Körperhaltung und Gestik der Protagonisten, nein, das klang schon „machwerkmäßig“

Womit ich gar nicht klarkomme, ist, dass so viele Leute die Situation nicht glauben. Ich finde sie vollkommen authentisch. Künstlich ist sie natürlich trotzdem. Künstliche Räume schaffen, eben Versuchsanordnungen, das ist es, was wir so machen. Ich muss wohl mal Zweitis mit Paper-Pencil-Tests bei jedem von euch vorbeischicken. :D Eine Freundin von mir hat doch bei WG-Castings tatsächlich immer Fragebögen vorgelegt (als sie Bewerberin war – sie hat dann auch sehr lange nach einer Wohnung gesucht).

Der Mord, ja, das ist viel, und die Bemerkung, das ganze Ende, das habe ich schon geändert, gestrichen, sogar Motive umgeschmissen.

Ja, ich war schon fleißig an Version 2, denn ja, Deine Kritik ist natürlich vollkommen berechtigt. Dass Versuchsanordnung und Mord nicht rausfliegen, ist wahrscheinlich eindeutig. Die Geschichte hat so vielen Leuten gefallen, und dafür wäre mir die Änderung zu groß. Ich nehme das einfach mit in die nächste Geschichte, versuche, es nicht zu übertreiben, und auf meiner Mission, ein bisschen wahres Studentendasein zu zeigen, nicht zu viel von der Leserschaft zu erwarten.

Da ich die ganze Versuchsanordnung ursprünglich nur gestartet habe, um Spannungsaufbau und Zeigen zu üben, kann ich die Kritik, das sei ein Machwerk, nun auch so annehmen, habe ich die Geschichte doch selbst lange als Fingerübung betrachtet. So was kommt wohl von so was.

Richtig richtig stark finde ich allerdings die Dialoge, Gesprächsführung, all das, was du im Gesagten zwischen den Zeilen unterbringst.

Meine Stärken wollte ich aber auch ausspielen, und deshalb freue ich mich natürlich, dass Du das bemerkst, dass Du das gut findest, dass Du mir das sagst. Da starte ich doch mit einem Lächeln in den Tag.

frage ich mich auch, da wäre eine Beobachtung besser, glaube ich

Hier habe ich das Problem, dass er es eben nicht sieht. Die Beobachtung dazu ist ihre ruhige Hand. Habe die Sätze mehrmals umgestellt, aber nie ist jemand zufrieden. :( Dinge, die man nicht sieht, sind so schwierig. Genauso bei Hausarbeiten. Ich schreibe: Dazu gibt es keine Quelle. Dozentin: Kannst Du diese Aussage belegen? Weiß nicht, wie man so was löst. Na ja, werde ich jetzt einfach streichen. Außer, Du hast einen Vorschlag dazu.

Bei allen anderen Stellen kann ich entweder verkünden, dass in Version 2, die ich gestern fertiggestellt habe, schon vieles gestrichen ist, v.a., da ich das Ende komplett umgeworfen habe. Ich kann sie leider noch nicht hochladen, weil ich noch korrekturlesen, aufpolieren, mich bei manchen Leuten rückversichern muss, dass das kein Müll ist (habe ja tierische Panik vor Überarbeitungen), und auf keinen Fall eine unpolierte Version hochladen will.

Oder ich muss sagen: Das sind verdammt viele Darlings, die Du da auf die Abschussliste gesetzt hast. :cry: Andererseits will ich ja auch noch kürzen … Hm … Ich beschäftige mich mal eingehender damit.

Änderungen wirst Du aus oben genannten Gründen erst in einiger Zeit sehen können. Wie gesagt, ich werde das in den nächsten Tagen in meine Arbeitsversion einarbeiten, aber auf keinen Fall will ich Arbeitsversionen hochladen. Daran hätten wir alle keinen Spaß. Also hab bitte Geduld mit mir.

Danke, dass Du da warst. Da sind auf jeden Fall bedenkenswerte Vorschläge dabei. Ich bin ja eigentlich eine Verfechterin von Kill your Darlings. Da muss ich wohl durch. Werde auf jeden Fall ein paar davon, vielleicht auch alle, absägen. Wie das ausgeht, sehen wir demnächst. Über Deinen Besuch habe ich mich gefreut.

Viele Grüße und einen Sonnenstart ins Wochenende

Ja, Sonne ist immer toll, wenn man das ganze Wochenende im dunklen Theatersaal hockt. Da wäre Kälte gut. Aber ich habe schonmal die kurzen Hosen rausgeholt und düse jetzt mal los.

Sonniges Wetter wünsche ich allen anderen, auch Dir.

Gemachte Grüße,
Maria

 

Hallo, maria.meerhaba

Du weißt, liebe TeddyMaria, wie ich derzeit ticke, und dass höchstwahrscheinlich meine Kritik negativ ausfallen wird, weil mir derzeit keine Geschichte gefallen möchte und ich auch dementsprechend mich von der Seite ferngehalten habe.

Oh ja. Als ich gesehen habe, dass Du kommentiert hast, war das das gleiche Gefühl, wie wenn ich sehe, dass die Statistik-Noten eingetragen wurden: Dieses Schaue-ich-mir-das-jetzt-an-und-bringe-es-hinter-mich-oder-lese-ich-es-lieber-später-um-mir-den-Tag-nicht-zu-versauen-Gefühl. Ich bin total froh, dass ich es einfach direkt gelesen habe. Die ganze Zeit habe ich auf Dein charakteristisches (sorry, dass ich Dir das unterstelle) Also-nein-die-Geschichte-funktioniert-für-mich-nicht gewartet. Weiterscrollen, Luft anhalten, weiterscrollen.

Wow. Dass Du am Ende zu diesem Schluss kommst, v.a. mit diesem Anfang (übrigens sehr fair von Dir, mich vorzuwarnen):

Dennoch: ich habe sie gern gelesen und du hast hier eine tolle Arbeit abgeliefert. Yay positive Kritik :3

Krass. Das ehrt mich auf so viele Weise. Da es mich so überrascht hat, hat es mich unfassbar glücklich gemacht, das zu lesen. Denk daran, wo wir zwei angefangen haben, bei „Chaosfahrt“. Also, ich klopfe mir nochmal kurz selbst auf die Schulter.

So, fertig. Kommen wir ans Eingemachte. Ich sitze ja gerade an Version 2, da versuche ich, noch was mitzunehmen.

Aber für meinen Geschmack hat die Aufzählung ein abruptes Ende gefunden und ein weiteres Beispiel hätte dem Rhythmus gut getan. Dann kommt der Satz „Heute fallen …“ und hier hätte ich mir einen Zeilenumbruch gewünscht, damit es einen gewissen Effekt hat.

Für Version 2 habe ich jetzt tatsächlich eine kurze Szene geschrieben und, ja, danach einen Zeilenumbruch gemacht. Du hast völlig recht, das tut dem Text und dem Auge sehr, sehr gut. Das mit Aufzählungen von mehr Szenen ist ein guter Ratschlag. Ich behalte ihn im Kopf, falls es nicht so funktioniert, wie ich mir das aktuell vorstelle.

Und gefällt mir auch.

Mist. Damit bist Du ziemlich allein (abgesehen von Madame LaAutorin). Hm … Wollte ich eigentlich heute als erstes rausschmeißen, jetzt bin ich mir aber wieder unsicher.

Toni ist weiblich?

Äh … ja. Ganz zu Anfang hat er hier noch „Antonia“ gesagt und ist dann dazu übergegangen, sie „Toni“ zu nennen. Das habe ich dann geändert, weil manche Leute das irritiert hat. In meinen Augen ist dieser Name ziemlich geschlechtsneutral. Ich kenne Männer und Frauen, die so genannt werden, und ich finde, etwas Neutrales, zugleich irgendwie Niedliches passt zu Toni, weil sie für ihn ja mehr so ein Objekt ist, der ewige Störfaktor eben, kein richtiger Mensch. Also, wie gravierend ist diese Anmerkung für Dich? Wäre es besser, er würde mit „Antonia“ anfangen und zu „Toni“ wechseln, oder war der Stolperer gering genug?

Am Anfang, vor dem Interview, da gab es ein gewisses Knistern im Text, da war etwas zwischen den beiden, zumindest aus der Sicht von Sepp und das hat für Spannung gesorgt, für eine Atmosphäre. Das Interview hat dann alles weggemacht und ich muss zugeben, ich hätte so ein Interview sicherlich nicht besser machen können, aber da ist irgendwie die Spannung abgesackt und es hat mich gequält und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wann denn etwas passiert, ob eine Auflösung wirklich kommen wird oder ob du so ein grausamen offenes Ende haben wirst, das vom Leser Eigeninterpretation verlangt.

Ich finde es super, dass Du hier so genau hinschreibst, wie Du Dich fühlst. Knistern am Anfang, Langeweile mit dem Interview, dann die Auflösung: Bam! Dass die Auflösung für Dich funktioniert, freut mich schon mal. Das war einer der Gründe, aus dem ich die Geschichte geschrieben habe. Dass das mit dem Interview nicht so gut funktioniert, versuche ich, in Version 2 zu reparieren. Ich werde die Fragen weniger steril formulieren, mehr menschlich, außerdem versuchen, die Beziehung zwischen den beiden durch den gesamten Text zu tragen, nicht einfach wegzuschmeißen. Da habe ich nicht aufgepasst, war unachtsam, habe mich selbst an diesem Interviewgedöns verloren.

Jetzt versuche ich, mehr zu zeigen über die Beziehung zwischen den beiden, über ihre Motivation. Ich weiß, ich habe mir meine Ziele hochgesteckt und ich kann nicht versprechen, dass es mir gelingen wird. Aber vielleicht kann ich die Geschichte sogar so schreiben, dass Du sie noch einmal lesen magst. Und wenn es nur ist, um den Text doch noch vollzukotzen. … ;) (Wat soll’s, den Zwinker-Smiley wage ich jetzt, obwohl ich bestimmt am Boden zerstört wäre.)

Die restlichen Sachen habe ich eingearbeitet.

Ich habe mich sehr über Deinen Besuch gefreut. Er war auch schön geschrieben mit der Ankündigung am Anfang, dass was Schlimmes passiert, und dann lese ich und lese ich und erwarte was Schlimmes – das nicht kommt. Also, toller Kommentar. Habe ihn gestern schon gelesen und kann sagen: Made my day. Und da Du Deine Gefühle über die Geschichte so detailliert zu Papier bringst, kann ich versuchen, die Geschichte auch für Dich noch besser zu machen. Vielen Dank!

Überraschte Grüße,
Maria

 

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