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Anleitung zum Schreiben einer Schauergeschichte

Monster-WG
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10.07.2020
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Anleitung zum Schreiben einer Schauergeschichte

1.

Das Schreiben einer Schauergeschichte erfordert Ruhe und Konzentration.
Warte, bis es Abend ist und still im Haus. Bleibe eine Weile vor der Schlafzimmertür stehen und vergewissere dich, dass nur noch ein schwaches, rasselndes Atmen zu hören ist und das regelmäßige Fiepen der Schmerzpumpe.
Sehr gut.
Gehe nach vorne und schließe die Wohnungstür ab. Drehe den Schlüssel zweimal im Schloss. Schalte die Klingel aus.
Arbeite dich dann systematisch durch alle Zimmer. Verschließe die Fenster, lasse die Rollläden herunter und klebe die Spalte zwischen Fenstern und Fensterrahmen mit Paketklebeband ab. Gehe langsam und sorgfältig vor. Achte darauf, dass kein Tageslicht eindringt.
Die Welt deiner Erzählung ist jetzt klar definiert. Innerhalb ihrer Grenzen gelten deine Gesetze.
Ebenso wichtig ist der Zeitraum der Geschichte. Nutze die dir zur Verfügung stehenden Mittel, um deiner Erzählung einen klaren zeitlichen Rahmen zu geben:
Drehe den Gasherd an.

2.

Eine Schauergeschichte braucht eine gewisse Tiefe. Reine Effektgeschichten wirken juvenil und werden schnell vergessen.
Räume den Küchentisch frei. Stopfe Arzt- und Anwaltsbriefe, Versicherungsschreiben und alle Lieferscheine und Rechnungen von Apotheken und Sanitätshäusern in die unterste Schublade, zu den großen Töpfen und Pfannen. Für deine Geschichte brauchst du weder die Papiere noch das Kochgeschirr.
Der Laptop liegt auf der Kommode im Flur. Im Vorbeigehen siehst du dein Spiegelbild im Wandspiegel. Und die Schatten dahinter.
Stelle den Laptop auf den Küchentisch, klappe ihn auf und drücke auf den Ein-/Aus-Schalter. Der Desktop ist voller Dokumente. Arztbriefe für Martha. Die Sachen vom Medizinischen Dienst. Mails vom Pflegedienst. Medikamentenpläne. Dann sind da noch deine Sachen. Die Kündigung. Die Schreiben der Anwälte. Die Vorladung zur Verhandlung.
Mit einem Doppelklick öffnest du ein neues Dokument.
Du bist jetzt bereit zum Schreiben.

3.

Während das Gas sich in der Wohnung ausbreitet und die Schatten im Wandspiegel zusammen- und auseinanderfließen, tippst du die ersten Zeilen. Du speicherst regelmäßig ab.
Bis auf das Klackern der Tastatur ist es ganz still in der Wohnung. So still, dass du es deutlich hörst, als die Schlafzimmertür geöffnet wird.
Martha könnte sich nicht einmal anschleichen, wenn Sie es versuchte. Ihr rasselndes Atmen verrät sie. Es hört sich an, als saugte man die letzten Reste Eisschokolade durch einen aufgeweichten Strohhalm.
Sie braucht einige Minuten. Ihre Schritte sind langsam und unsicher. Immer wieder fiept die Schmerzpumpe, die an ihre Unterarm hängt wie ein mechanischer Parasit.
Die Schatten im Wandspiegel flüstern.
Dann steht sie in der Küchentür.
Du speicherst die Geschichte ab und drehst dich um.
Ihr Körper — derselbe, der vergangenen Sommer noch einen Marathon absolviert hat — ist abgemagert. Nicht mal das Nachthemd kann verbergen, wie dürr sie inzwischen ist: Unter den Comic-Schäfchen zeichnen sich ihre Rippen ab. Zwischen den Beinen hängt eine schwere Windel wie ein überdimensionierter Teebeutel. Ihr Kopf ist kahl, nur zwei, drei nasse Strähnen hängen in die Stirn. Die Augen sind weit aufgerissen.
Sie hebt einen Arm und zeigt auf den Ofen.

4.

Geschichten haben die lästige Eigenschaft, ein Eigenleben zu entwickeln. Abzweigungen zu nehmen, die ihre Erzähler nicht eingeplant hatten — von denen sie oft nicht einmal wussten, dass es sie gibt!
Der Gasgeruch ist jetzt überall. Du spürst leichte Kopfschmerzen. Deine Zeit ist begrenzt. Du darfst dich nicht ablenken lassen.
Die Schatten im Spiegel flüstern jetzt nicht mehr. Sie rufen.
Du versuchst, die Frau in der Küchentür anzulächeln. „Wir werden zusammen sein“, sagst du, drehst dich um und drückst Strg-Z.
Tu das nicht
Strg-Z
Tu das
Strg-Z
Nicht

5.

Ruhe und Konzentration sind die Voraussetzungen für das Verfassen einer Schauergeschichte. Der Pflicht-Teil, wenn du so willst. Mit einer guten, gewissenhaften Vorbereitung lassen sich Ruhe und Konzentration zuverlässig herstellen.
Inspiration ist die Kür.
Inspiration bedeutet, dass du nicht nur einen Gegenstand hast, über den du schreiben kannst, sondern auch einen besonderen Dreh, eine Perspektive. Etwas, das deine Geschichte einzigartig macht.
Wie die Schatten im Spiegel. Thomasina, die 1831 in diesem Haus an der Grippe starb. Oder der Junge, den eine Blutvergiftung tötete, nachdem er sich an einer Scherbe geschnitten hatte — gleich hier, ziemlich genau dort, wo jetzt die Küche ist. Oder Hermann, der sich in der Badewanne die Pulsadern geöffnet hat.
Menschen, die in diesem Haus sterben, haben die seltsame Eigenschaft, dazubleiben.
Es ist jetzt ganz still in der Wohnung. Die Schlafzimmertür ist fest verschlossen. Du meinst, das Zischen des Gases zu hören, das aus dem Ofen strömt; aber das kann Einbildung sein.
Schließe deine Augen.
Atme tief ein.
Die Schatten erwarten euch.

 
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Hallo @Christophe ,

wie schön, dass du wieder ins Forum gefunden hast! Ich freue mich schon sehr auf Kommentare von dir, die waren immer gut durchdacht. :gelb:

Schau doch noch mal über den Text, da haben sich unzählige überschüssige Leerzeilen und auch fehlerhafte Zeilenumbrüche eingeschlichen. Geschichten stehen im Fließtext. Ganz vor allem muss Redebegleitsatz und wörtliche Rede derselben Figur direkt hintereinander stehen.
Zeilenumbrüche werden gesetzt, wenn Sprecherwechsel stattfindet, bzw. in Dialogen auch, wenn eine Person etwas sagt und eine andere etwas tut. Oder, um lange Absätze an inhaltlich passenden Stellen aufzulockern.
Absätze werden nur gesetzt, wenn ein relevanter Settingwechsel stattfindet (also nicht von einem Zimmer ins andere gehen), eine längere Zeitspanne zwischen zwei Passagen vergangen ist, Perspektivwechseln etc..

Es tut mir wirklich leid, weil ich dich schätze, aber die Geschichte funktioniert für mich gar nicht. In den 2010ern gab es Massen solcher Texte hier und in anderen Foren, eigentlich immer von Anfängern und / oder Teenagern, und diese Welle war ganz offensichtlich inspiriert von Silence of the Lambs und noch mehr von American Psycho bzw. später auch den fiktionalen Bearbeitungen des Mordes an Sylvia Likens.
Kennzeichnend sind: ein zu simpler, vorhersehbarer Handlunsgbogen (würde es nicht mal Plot nennen); ein empathiegestörter Erzähler, der irgendwie sonstwie sophisticated tut, aber weder eine wirklich ungewöhnliche Haltung hat noch tatsächlich irgendwie intelligente Dinge sagt; Gewaltszenen stehen aus derHandlung heraus wie ein sore thumb, weil sie null eingebunden sind und durch die Schalblonenhaftigkeit aller Figuren keine Wirkung entfalten können. Das Ganze auf allersimpelstem Leichtprach-Niveau. Solche Texte wirken auf mich stark penälerhaft und ich denke, dass du es wirklich Tausend Mal besser kannst, als solche abgenudelten Szenarien runterzuschreiben.

Ich beschäftige mich seit sehr langer Zeit laienhaft, aber seriös mit Serienmördern und auch Mördern im Kindes-/Jugendalter. Und anders als Blockbuster den Eindruck erwecken könnten, reicht narzisstische, dumpfe, extreme Gewalt allein nicht aus, um einen (Serien)Täter zum Star werden zu lassen bzw. interessant zu machen (vllt. mit Ausnahme von Dahmer und Killer-Paaren, weil dort die Umstände / das Umfeld so ungewöhnlich sind). Heute gibt es ja bereits Kids, die morden, weil sie berühmt werden möchten. Ich könnte hier eine lange Liste mit Mörder*innen erstellen, von denen - glücklicherweise - kaum jemand je gehört hat, obwohl die Taten abartig grausam waren. Die Mörder von James Bulger werden keinen Starruhm erlangen, weil an der Tat - egal wie schockierend - kein interessanter Aspekt ist.

Hannibal Lecter oder Sevens John Doe funktionieren nicht in Isolation, sondern nur durch ihre Konflikte, das sorgsam aufgebaute motivische Umfeld, ggfs. ihre Gegenspieler (mit eigenen Konflikten), v. a. das gesamte Set-up der Plots. Das wird in Texten wie deinem immer missachtet, und dadurch funktionieren sie nicht. American Psycho ist eine ironische politisch-wirtschaftliche Parabel, die Taten sind eh nur Fantasien und dort geht es um die impliziten Motive (shark tank), der Prota wird als hohl entlarvt (abgesehen davon halte ich das Buch für völlig überbewertet).

Es gibt sicher mit einer Menge Umschreiben und Editing Möglichkeiten, aus diesem Prota / Text was zu machen. Z. B. ein Umfeld mit interessanten Konflikten schaffen, in dem seine platte, pedantische und fake-naive Art plötzlich ein spannender Gegenpart wird. Oder du gibst ihm Anteile, die seine momentan noch durch nix untermauerte Coolness tatsächlich objektiv auch für den Leser nachvollziehbar machen - also eine runde, komplexe Figur mit anderen Eigenschaften als nur stumpfe, dümmliche Empathielosigkeit. Oder du lässt die Figur wie sie ist und gehst ins Surrealistisch-Weirde-Absurde mit verrückten, unvorhersehbaren Elementen und Twists - wie z. B. Carlton Mellick III es manchmal schafft. Halt so eine Achterbahnfahrt mit Alice im Wonderland.

Ich finde noch ungünstig, dass du einen imA unmotivierten und nicht eingeleiteten Mix an Horrormotiven verwendest - es startet mit einer semihumorvollen Meta-Ebene, geht über in 'klassisch derangierter (Serien)Mörder', schwenkt dann ins Paranormale bzw. scheinbar Paranormale (wenn er nur halluziniert) mit allem Möglichen: Schattenwesen, Jenseitswelten, physisch anwesende Geister mit historischem Hintergrund, was nirgends tatsächliche Backstory bekommt.

Also: Das kannst du wirklich besser, so in dieser Form ist das imA viel zu unausgegoren und stützt sich auf sehr schwache, bereits von anderen schlecht kopierte Genretexte.

Nix für ungut, hoffe, du machst noch etwas daraus! Und sei es wirklich guten Splatter.
Herzlichst,
Katla

 
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Hey @Christophe

Im Vergleich zu @Katla habe ich, wie mir scheint, einen völlig anderen Text gelesen, nämlich die Geschichte eines erweiterten Suizids. Der Titel und die Einführung einer Metaebene führen zunächst auf eine falsche Spur. Ich finde das als Versuchsanordnung recht interessant, normalerweise wird ja diese Metaebene und / oder die zum Teil flapsige Sprache eingesetzt, um den Horror ins Lustige zu ziehen, das Brutale zu entschärfen. So dachte ich, sei auch dieser Text angelegt. Aber dann wird schnell deutlich, dass es um eine äusserst tragische Geschichte geht. Der Einbezug einer Metaebene wird dadurch auf einmal unangenehm unpassend, und das fand ich durchaus spannend. Konsequenter hätte ich es insofern gefunden, wenn du auf das hier:

Wie die Schatten im Spiegel. Thomasina, die 1831 in diesem Haus an der Grippe starb. Oder der Junge, den eine Blutvergiftung tötete, nachdem er sich an einer Scherbe geschnitten hatte — gleich hier, ziemlich genau dort, wo jetzt die Küche ist. Oder Hermann, der sich in der Badewanne die Pulsadern geöffnet hat.
verzichtet hättest. Das stellt sich nämlich der Konzeption ein bisschen quer, den Leser hinterrücks in ein Szenario zu ziehen, das keinen typischen Horror, sondern eben den "realen Horror" (Krankheit im Endstadium, Schmerzpumpe, Windel, kahler Schädel. Aber auch Vorladungen und Schreiben der Versicherung. Und natürlich das Gas aus dem Ofen) beschreibt. Das wirkt, als ob du den Lesern doch noch ein wenig klassischen Schauer gönnen möchtest. Ich fände es deutlich radikaler, wenn du dieses Entgegenkommen verweigerst. Die Schatten finde ich okay, die dürfen in meinen Augen bleiben. ;)
Sie könnte sich nicht einmal anschleichen, wenn Sie es versuchte.
Hier würde ich den Namen "Martha" nennen, um den Lesern sogleich klar zu machen, dass seine todkranke Frau auftritt.

Der Text hat mich nicht so ganz aus den Socken gehauen, aber die Konzeption finde ich wie gesagt sehr interessant. Zumindest habe ich mich gefragt, ob man das darf: Eine solche Geschichte auf diese Weise erzählen. (Natürlich darf man, aber dennoch.)

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Katla und @Peeperkorn,

schön, mal wieder hier zu sein - und vielen Dank für Eure ausführlichen Kommentare - ich freue mich sehr darüber, es ist - ganz ernsthaft - ziemlich cool, wenn der eigene Text so auf Herz und Nieren geprüft wird. :D

Und deshalb fange ich, bevor ich auf die Details eingehe, kurz mit dem "big picture" an - da hast du, @Peeperkorn, meine Intention herauslesen können. Die Idee, in aller Kürze, lautet:

Der oder die Protagonist:in lebt mit Martha, seiner:ihrer Partnerin zusammen, und Martha liegt im Sterben. Der:die Protagonist:in hat Martha über Monate hinweg begleitet - darauf deuten Arztbriefe etc. hin - und dabei auch selbst einiges verloren - mutmaßlich seinen:ihren Arbeitsplatz, deshalb Kündigung, Briefe von Anwälten usw. Letztlich ist Marthas Krankheit aber nicht aufzuhalten. Der:die Protagonist:in beschließt, dass sie zusammen sterben sollen, und bereitet einen erweiterten Suizid vor.

Das ist die mehr oder weniger sichere Ebene. Dann gibt's da aber noch den Teil mit der Anleitung zum Schreiben einer Schauergeschichte. Anleitung, das bedeutet ja: Ich zeige dir, Schritt für Schritt, wie man's macht. Das tut der:die Protagonist:in - von "Die Welt deiner Erzählung ist jetzt klar definiert. Innerhalb ihrer Grenzen gelten deine Gesetze" - bis zu den übernatürlichen Elementen am Ende, den Spiegelmenschen, lies: Geister im Haus verstorbener Menschen. Der:die Protagonist:in erzählt uns das und baut dabei eine Rationalisierung seines Handelns auf: Wenn's die Spiegelmenschen wirklich gibt, dann ist das hier eigentlich kein erweiterter Suizid, sondern so eine Art Evakuierung in letzter Sekunde.

Die Sache mit übernatürlichem Grusel ist bloß: In Wirklichkeit gibt's sowas nicht. D.h. die romantische, post-mortale Zusammenführung der Liebenden, die der:die Portagonist:in sich da herbeifantasiert, ist genau das - Fantasie. Eine Ausflucht. Rationalisierung. Darauf deutet der Teil hin, in dem der:die Protagonist:in die Realität buchstäblich umschreibt, als Martha sich ihm:ihr von hinten nähert. Der:die Protagonist:in ist der Realität so weit entrückt, dass er:sie das kann - und das deutet daraufhin, dass die Fantasie, man könne nach dem Tod im Spiegel weiterleben, vergebens ist.

Aber das bleibt offen. Das Ganze heißt "Anleitung zum Schreiben einer Schauergeschichte", und an dieser Stelle darf der:die Leser:in entscheiden: Ist der Text als Ganzes eine Schauergeschichte? Dann wären die Spiegelmenschen echt und der:die Protagonist:in würde mit Martha hinter die Spiegel ziehen. Oder ist "Anleitung" das, was der Protagonist mit uns macht - baut er nach und nach seinen Wahn vor uns auf, bis wir selbst an die Spiegelmenschen glauben? Anders ausgedrückt: Ist der:die namenlose Protagonist:in eine Figur in einer Schauergeschichte - oder ist er:sie Autor:in einer Schauergeschichte?

Puh, selbst die Zusammenfassung braucht drei Absätze! Das spricht vermutlich nicht für die Stringenz der Story. :dozey: @Peeperkorn kommt mit seinem Ansatz dem, was ich im Kopf hatte, nahe - aber ich kann dir, @Katla, keinen Vorwurf machen, wenn du etwas anderes in der Geschichte liest. Schließlich müssen Texte für sich selbst stehen. Wenn der Autor sie in drei langen Absätzen erklären muss, dann ist offensichtlich etwas schiefgegangen.

Nochmal - herzlichen Dank euch beiden für die substanziellen Beiträge - die Qualität der Kritiken auf dieser Seite ist phänomenal!

Jetzt noch ein paar Antworten auf eure Details:

wie schön, dass du wieder ins Forum gefunden hast! Ich freue mich schon sehr auf Kommentare von dir, die waren immer gut durchdacht. :gelb:

Gleichfalls - ich freue mich sehr! Bin zwischendurch Vater geworden, das verkürzt die Tage und Nächte ziemlich heftig, aber mit ein bisschen Glück wird's jetzt etwas ruhiger - dann ist vielleicht mal ein halb-durchdachter Kommentar drin. ;)

Schau doch noch mal über den Text, da haben sich unzählige überschüssige Leerzeilen und auch fehlerhafte Zeilenumbrüche eingeschlichen. Geschichten stehen im Fließtext. Ganz vor allem muss Redebegleitsatz und wörtliche Rede derselben Figur direkt hintereinander stehen.
Zeilenumbrüche werden gesetzt, wenn Sprecherwechsel stattfindet, bzw. in Dialogen auch, wenn eine Person etwas sagt und eine andere etwas tut. Oder, um lange Absätze an inhaltlich passenden Stellen aufzulockern.
Absätze werden nur gesetzt, wenn ein relevanter Settingwechsel stattfindet (also nicht von einem Zimmer ins andere gehen), eine längere Zeitspanne zwischen zwei Passagen vergangen ist, Perspektivwechseln etc..

Mache ich, vielen Dank!

Es tut mir wirklich leid, weil ich dich schätze, aber die Geschichte funktioniert für mich gar nicht. In den 2010ern gab es Massen solcher Texte hier und in anderen Foren, eigentlich immer von Anfängern und / oder Teenagern, und diese Welle war ganz offensichtlich inspiriert von Silence of the Lambs und noch mehr von American Psycho bzw. später auch den fiktionalen Bearbeitungen des Mordes an Sylvia Likens.
Kennzeichnend sind: ein zu simpler, vorhersehbarer Handlunsgbogen (würde es nicht mal Plot nennen); ein empathiegestörter Erzähler, der irgendwie sonstwie sophisticated tut, aber weder eine wirklich ungewöhnliche Haltung hat noch tatsächlich irgendwie intelligente Dinge sagt; Gewaltszenen stehen aus derHandlung heraus wie ein sore thumb, weil sie null eingebunden sind und durch die Schalblonenhaftigkeit aller Figuren keine Wirkung entfalten können. Das Ganze auf allersimpelstem Leichtprach-Niveau. Solche Texte wirken auf mich stark penälerhaft und ich denke, dass du es wirklich Tausend Mal besser kannst, als solche abgenudelten Szenarien runterzuschreiben.

Ich beschäftige mich seit sehr langer Zeit laienhaft, aber seriös mit Serienmördern und auch Mördern im Kindes-/Jugendalter. Und anders als Blockbuster den Eindruck erwecken könnten, reicht narzisstische, dumpfe, extreme Gewalt allein nicht aus, um einen (Serien)Täter zum Star werden zu lassen bzw. interessant zu machen (vllt. mit Ausnahme von Dahmer und Killer-Paaren, weil dort die Umstände / das Umfeld so ungewöhnlich sind). Heute gibt es ja bereits Kids, die morden, weil sie berühmt werden möchten. Ich könnte hier eine lange Liste mit Mörder*innen erstellen, von denen - glücklicherweise - kaum jemand je gehört hat, obwohl die Taten abartig grausam waren. Die Mörder von James Bulger werden keinen Starruhm erlangen, weil an der Tat - egal wie schockierend - kein interessanter Aspekt ist.

Hannibal Lecter oder Sevens John Doe funktionieren nicht in Isolation, sondern nur durch ihre Konflikte, das sorgsam aufgebaute motivische Umfeld, ggfs. ihre Gegenspieler (mit eigenen Konflikten), v. a. das gesamte Set-up der Plots. Das wird in Texten wie deinem immer missachtet, und dadurch funktionieren sie nicht. American Psycho ist eine ironische politisch-wirtschaftliche Parabel, die Taten sind eh nur Fantasien und dort geht es um die impliziten Motive (shark tank), der Prota wird als hohl entlarvt (abgesehen davon halte ich das Buch für völlig überbewertet).

Es gibt sicher mit einer Menge Umschreiben und Editing Möglichkeiten, aus diesem Prota / Text was zu machen. Z. B. ein Umfeld mit interessanten Konflikten schaffen, in dem seine platte, pedantische und fake-naive Art plötzlich ein spannender Gegenpart wird. Oder du gibst ihm Anteile, die seine momentan noch durch nix untermauerte Coolness tatsächlich objektiv auch für den Leser nachvollziehbar machen - also eine runde, komplexe Figur mit anderen Eigenschaften als nur stumpfe, dümmliche Empathielosigkeit.


Ja, wie gesagt - das war tatsächlich gar nicht meine Intention. Umso blöder für mich, wenn man es rauslesen kann ... Was hat dich denn auf die Spur eines Serienkillers, Patrick Bateman usw. gebracht?

Oder du lässt die Figur wie sie ist und gehst ins Surrealistisch-Weirde-Absurde mit verrückten, unvorhersehbaren Elementen und Twists - wie z. B. Carlton Mellick III es manchmal schafft. Halt so eine Achterbahnfahrt mit Alice im Wonderland.

Im Grunde ist das ja die Idee: Es soll die tragische Geschichte eines erweiterten Suizids sein, die gestört wird durch Hinweise auf einen unzuverlässigen Erzähler. Die Frage, die am Ende offenbleiben soll, lautet: Ist das hier nun eine Schauergeschichte mit übernatürlichen Elementen - wird der:die Protagonist:in seine:ihre Partnerin ins Jenseits hinter den Spiegeln "retten" können? Oder ist das die Wahnvorstellung eines:einer Verzweifelten, der:die keinen anderen Ausweg mehr sieht?

Tricky, das Ganze - aber deine Kommentare, liebe @Katla, sind wie immer treffend und präzise. Ich werde versuchen, meine ursprüngliche Intention besser herauszuarbeiten.

Lieber @Peeperkorn,

auch dir vielen Dank - und hello again!

Der Einbezug einer Metaebene wird dadurch auf einmal unangenehm unpassend, und das fand ich durchaus spannend.
Danke - das wäre meine Hoffnung. Die große Frage, die die Story offen lassen soll, lautet: Wer konstruiert hier vor den Augen der Leser eine Schauergeschichte - der Autor oder der Protagonist?

Konsequenter hätte ich es insofern gefunden, wenn du auf das hier:
Wie die Schatten im Spiegel. Thomasina, die 1831 in diesem Haus an der Grippe starb. Oder der Junge, den eine Blutvergiftung tötete, nachdem er sich an einer Scherbe geschnitten hatte — gleich hier, ziemlich genau dort, wo jetzt die Küche ist. Oder Hermann, der sich in der Badewanne die Pulsadern geöffnet hat.
verzichtet hättest. Das stellt sich nämlich der Konzeption ein bisschen quer, den Leser hinterrücks in ein Szenario zu ziehen, das keinen typischen Horror, sondern eben den "realen Horror" (Krankheit im Endstadium, Schmerzpumpe, Windel, kahler Schädel.
Guter Punkt! Gleichzeitig ging es mir genau darum: je nachdem, wie man den Text liest, flüchtet sich der:die Protagonist:in in eine romantische Spuk-Fantasie, um den erweiterten Suizid zu rechtfertigen. Vor dem Hintergrund sind vielleicht sogar die Topoi - die junge, tote Frau usw. - okay?


Sie könnte sich nicht einmal anschleichen, wenn Sie es versuchte.
Hier würde ich den Namen "Martha" nennen, um den Lesern sogleich klar zu machen, dass seine todkranke Frau auftritt.
Danke - mache ich!


Der Text hat mich nicht so ganz aus den Socken gehauen, aber die Konzeption finde ich wie gesagt sehr interessant. Zumindest habe ich mich gefragt, ob man das darf: Eine solche Geschichte auf diese Weise erzählen. (Natürlich darf man, aber dennoch.)
Ja, er klemmt noch ... ich bastle. Darf man das? Da sind wir uns einig - klar darf man. Ich habe in den vergangenen Jahren mehrere Menschen verloren, u.a. durch Krebs, und vielleicht steckt in dem Ganze sogar ein Hauch Verarbeitung ... ;)

Vielen Dank euch beiden!

 

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