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„Guten Tag, ich, äh...“
Wieder packt er seine Tasche und ruft eine der Nummern in den Kleinanzeigen an, eine, die ihm besonders vielversprechend erscheint und wo vor allem auch die Maße passen. Seit einem halben Jahr macht er das nun schon so. Eine junge, sympathische weibliche Stimme meldet sich. Nachdem er seine besonderen Wünsche herausgestottert hat, die sie prompt freundlichst bejaht, und der erfragte Preis auch ganz annehmbar ist, vereinbart er einen Termin für in einer Stunde und notiert sich die Adresse.
Nach genauem Studium des Stadtplanes macht er sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg.
Das letzte Mal ist immerhin schon wieder fast zwei Wochen her und er hat es schon wirklich dringend nötig...
In Momenten wie diesem ist er richtig froh über den Tip seiner Ex-Frau, den sie ihm vor einem halben Jahr gegeben hat. Auch, wenn sie es nur tat, damit er nicht immer nur sie darum bittet. Aber er hat Verständnis dafür, schließlich sind sie ja geschieden und er weiß, wie froh sie damals war, diese lästige Verpflichtung loszuwerden. Und immerhin war sie ja hin und wieder dazu bereit, wenn sich gerade keine andere Gelegenheit für ihn ergab. So egal ist er ihr dann doch nun auch wieder nicht.
Er steigt von der U-Bahn in die Straßenbahn um und fährt bis zur Endstelle, von da noch drei Stationen mit dem Bus. `Daß die alle immer so weit draußen wohnen müssen...´, denkt er und schlußfolgert: `Vielleicht sollte ich mir doch wieder eine Eigene zulegen, damit ich sie zu Hause habe und nicht immer so weit fahren muß.´
Erwartungsvoll steigt er bis in den fünften Stock des Hauses und weiß schon jetzt: `Die nehm ich nicht, so weit trag ich sie nicht hinunter. Aber dieses eine Mal werd ich sie benutzen...´
Er läutet an, wartet kurz, dann öffnet sich die Tür, eine großgewachsene Frau blickt auf ihn herab, sagt freundlich „Grüß Gott“ und sieht ihn fragend an.
„Guten Tag, ich, äh...“
„Sie sind der Herr, der vorhin angerufen hat?“
„Ja, der bin ich.“
„Kommen Sie herein, hier gleich links um die Ecke.“
„Ich sagte ja schon am Telefon, daß ich...“
„Jaja, bereiten Sie alles vor, ich komme dann gleich zu Ihnen.“
„Ja, äh, gut.“
Eineinhalb Stunden später meint er verlegen: „Tut mir leid, ganz meinen Vorstellungen entsprechend war das leider nicht, ich suche eine, bei der das schneller geht. Gut, daß ich sie getestet habe. Ich bezahle Ihnen aber was für dieses eine Mal.“
„Aber nein, lassens das nur. Wir wollen doch nicht so kleinlich sein!“
Kurz darauf verläßt er das Haus, seine Tasche ist unglaublich schwer. Bei der U-Bahn-Station kauft er sich den neuesten Bazar. Zu Hause hängt er seine Wäsche auf, holt das Telefon zu sich und schlägt gleich wieder die gewohnte Seite der Kleinanzeigenzeitschrift auf: „Waschmaschinen zu verkaufen.“
Susi P.