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„Guten Tag, ich, äh...“

Seniors
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20.11.2001
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„Guten Tag, ich, äh...“

Wieder packt er seine Tasche und ruft eine der Nummern in den Kleinanzeigen an, eine, die ihm besonders vielversprechend erscheint und wo vor allem auch die Maße passen. Seit einem halben Jahr macht er das nun schon so. Eine junge, sympathische weibliche Stimme meldet sich. Nachdem er seine besonderen Wünsche herausgestottert hat, die sie prompt freundlichst bejaht, und der erfragte Preis auch ganz annehmbar ist, vereinbart er einen Termin für in einer Stunde und notiert sich die Adresse.
Nach genauem Studium des Stadtplanes macht er sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg.
Das letzte Mal ist immerhin schon wieder fast zwei Wochen her und er hat es schon wirklich dringend nötig...

In Momenten wie diesem ist er richtig froh über den Tip seiner Ex-Frau, den sie ihm vor einem halben Jahr gegeben hat. Auch, wenn sie es nur tat, damit er nicht immer nur sie darum bittet. Aber er hat Verständnis dafür, schließlich sind sie ja geschieden und er weiß, wie froh sie damals war, diese lästige Verpflichtung loszuwerden. Und immerhin war sie ja hin und wieder dazu bereit, wenn sich gerade keine andere Gelegenheit für ihn ergab. So egal ist er ihr dann doch nun auch wieder nicht.

Er steigt von der U-Bahn in die Straßenbahn um und fährt bis zur Endstelle, von da noch drei Stationen mit dem Bus. `Daß die alle immer so weit draußen wohnen müssen...´, denkt er und schlußfolgert: `Vielleicht sollte ich mir doch wieder eine Eigene zulegen, damit ich sie zu Hause habe und nicht immer so weit fahren muß.´

Erwartungsvoll steigt er bis in den fünften Stock des Hauses und weiß schon jetzt: `Die nehm ich nicht, so weit trag ich sie nicht hinunter. Aber dieses eine Mal werd ich sie benutzen...´
Er läutet an, wartet kurz, dann öffnet sich die Tür, eine großgewachsene Frau blickt auf ihn herab, sagt freundlich „Grüß Gott“ und sieht ihn fragend an.
„Guten Tag, ich, äh...“
„Sie sind der Herr, der vorhin angerufen hat?“
„Ja, der bin ich.“
„Kommen Sie herein, hier gleich links um die Ecke.“
„Ich sagte ja schon am Telefon, daß ich...“
„Jaja, bereiten Sie alles vor, ich komme dann gleich zu Ihnen.“
„Ja, äh, gut.“

Eineinhalb Stunden später meint er verlegen: „Tut mir leid, ganz meinen Vorstellungen entsprechend war das leider nicht, ich suche eine, bei der das schneller geht. Gut, daß ich sie getestet habe. Ich bezahle Ihnen aber was für dieses eine Mal.“
„Aber nein, lassens das nur. Wir wollen doch nicht so kleinlich sein!“

Kurz darauf verläßt er das Haus, seine Tasche ist unglaublich schwer. Bei der U-Bahn-Station kauft er sich den neuesten Bazar. Zu Hause hängt er seine Wäsche auf, holt das Telefon zu sich und schlägt gleich wieder die gewohnte Seite der Kleinanzeigenzeitschrift auf: „Waschmaschinen zu verkaufen.“


Susi P.

 

Hi Häferl!
Ganz nette Geschichte, aber wirklich witzig war sie für mich nicht.

Du beabsichtigst durch eine ungeahnte Pointe Humor in die Geschichte zu bringen, aber gerade da die Story so "hinterhältig" geschrieben ist, war mir nach dem ersten Absatz schon klar, dass es sich nicht um schnellen Sex handelt - was Du wahrscheinlich vordergründig andeuten wolltest.

Mit "hinterhältig" meine ich, dass zwar alle Beschreibungen auf ein Thema (--> Sex) hindeuten, aber es nie klar genannt wird. Funktioniert bei noch kürzeren Geschichten vielleicht besser, da es dann evt. nicht so stark auffällt.

Naja, nichts für ungut. Humor ist wahrscheinlich eh nicht so meins. ;)

Ugh

 

Danke für Eure Kommentare, Bib und Paulchen!

Naja, wenn ihr das nicht lustig findet, weil es zu lang ist, werde ich es vielleicht noch kürzen. Aber heute nicht mehr... ;)

Allerdings: Ich hab doch gar nix von Sex geschrieben - was habt ihr denn für eine schmutzige Phantasie?! :naughty: :D Es geht doch nur einer eine gebrauchte Waschmaschine testen, im ganzen Text steht überhaupt nix anderes... :rolleyes: :D

 

Hallo Susi, keine Frage "Gut".
Allerdings wusste ich nach zwei Sätzen, daß es nicht um eine Frau gehen wird.
Trotzdem die Pointe steckt im letzten Satz und das mag ich ja auch so sehr. Der Leser ist in einer gewissen Erwartungshaltung und dann die Überraschung.
So möchte ich es auch immer machen.
Tja, ich wusste es, weil es offensichtlich war, weil ich Dich an mich schreiben sah, ....und da hab ich mir gedacht "Es wird einen Abschluß-Gag geben"
Guuuuuuuuuuuuut.


Liebe grüsee Archetyp, Stefan

 

Hi Häferl
Nette Idee das, dahätte ich mir aber viel Geld gespart, wenn ich da schon früher draufgekommen wäre...ganz schön hinterhältig...
Lord:baddevil: :naughty:

 

Danke Euch allen fürs Lesen - ich glaube, Lord ist bisher der einzige, der verstanden hat, um was es eigentlich geht... :D :D :D

 

Suuuuuuuuuussi, super!!!!!!!!

Ich habe es nicht geschnallt, erst beim zweitenmal.

Ich hab mir eben ganz schön gegen die Stirn gehauen, das tut noch n wenig weh, vielleicht hilft es ja für´s nächstemal.

Liebe grüsse stefan

 

Nun, da diese Geschichte in der Rubrik "Humor" steht, lässt sie ja schon zu Beginn und besonders nach dem ersten Absatz eine gewisse Erwarungshaltung in den Vorder - bzw. Hintergrund ;) - drängen.
Es ist sozusagen ersichtlich oder sollte zumindest ersichtlich sein, dass die potentiell offensichtliche Irreführung zwar ihren Teil zur Pointe beiträgt, jedoch nicht dessen Gesamtteil ausmacht.
Vielmehr dient sie zum stetigen Hervorrufen einer kleinen Belustigung während des Lesens und weist lediglich einen unterhaltsamen Charakter auf.

Es ist dir gelungen, den Schwerpunkt des Textes, die Arglist und Hinterhältigkeit des "Helden", trotz Andeutung im Laufe des Textes, nicht offenkundig zu servieren, so dass man doch ein zweites Mal drüberlesen muss.

Hat mir gefallen.


Gruß, Hendek

 

Was haben wir? Einen Protagonisten, der zu geizig ist, sich selbst eine Waschmaschine zu kaufen. Er geht deshalb Kleinanzeigen durch, belügt die Anbieter bzgl. seiner Kaufabsichten, sucht jene dann auf, wäscht seine Wäsche zwecks Probelaufs und verschwindet wieder.

Hm - Der Protagonist ist ein Idiot. Nicht nur das: er ist ein Ekel. Die Anbieter wiederum sind normale Menschen, die ausgenutzt werden.

Und dieser Umstand: dass ein normaler, hilfsbereiter Mensch von einem rücksichtslosen Ekel ausgenutzt wird, ist die "humorvolle Pointe".

Tut mir leid - aber ich finde das nicht komisch.

Klaus

 
Zuletzt bearbeitet:

@Hendek & Archetyp: Danke Euch beiden fürs Lesen, freut mich, daß sie Euch gefallen hat! :)

@Sternenkratzer: Nimm doch bitte nicht alles so ernst... ;)

@Paulchen, Danke für Deine Hilfe. :)

 

Susi, ich glaube Schlachtpaulchen hat schon etwas passendere Worte geschrieben. Wir wollen uns doch alle mal vor Augen halten, daß es sich um eine humorvolle Kurzgeschichte handelt. Das Leben ist ernst genug.

...und außerdem muss man für n guten Gag auch mal n paar Protagonisten über die Klinge springen lassen !!


So und jetzt halte ich mich aber hier raus!!

stefan

 

@ Häferl

Ich fand die Story cool, dein Protagonist macht sich als abgedrehter Geizkragen ziemlich gut. :)

Hab die Pointe anfangs auch net geschnallt, aber durch die hilfreichen Postings hat es letztendlich gefunkt ...

Eine feine kleine Geschichte, die einen durchaus zum Schmunzeln bringt!

Grüße!

 

hallo häferl - kam leider erst jetzt dazu, deine geschichte + die kritiken zu lesen. also ehrlich gesagt, habe ich mich mit der pointe "waschmaschine statt sex" beim ersten lesen begnügt. und diese pointe fand ich schwach, da schon im ersten drittel vorhersehbar. erst sternenkratzer hat mir die augen geöffnet. und DORT lag eigentlich der echte witz der geschichte (kostenloses waschen bei probeterminen). ich finde, das kam viel zu wenig klar rüber, bzw. der schwerpunkt der irreleitung des lesers liegt zu stark bei frau/sex. den wunsch nach kürzung möchte ich auch unterstreichen - alles wird dadurch klarer und unverkrampfter, finde ich. nichts für ungut - ernst

 

erst sternenkratzer hat mir die augen geöffnet.

<kicher> Das ist das erste Mal hier auf KG.de, dass jemand, wenn auch indirekt, an meiner eher rationalen Art, Texte zu lesen, etwas Positives findet.

 

hi häferl,

also ich kanns kurz machen: meine kritik ist genau das, was bib, arche und schlachtpaulchen schon gsagt haben. auch denke ich -offen gesagt- dass das verwirrspiel frau/sex/waschmaschine/gratiswaschen eindeutig zu wenig stoff für eine humoristische KG ist. sprich, selbst durch befolgen aller ratschläge, umändern, kürzen usw. wird keine wirklich witzige geschichte draus.......da fehlt noch etwas.

ich würde diese geschichte noch mit einer weitern pointe kombinieren, wie diese allerdings aussehen sollte weiß ich selbst noch nicht ;)

liebe grüße,
franzl

 

Hallo Susi,


gemessen daran, daß viele Kurzgeschichten - Schreiber sich um gar keine Pointe kümmern, verstehe ich manche Kritiken nicht. Vielleicht ist auch die Erwartung der Witzigkeit in dieser Rubrik zu hoch. In die Rubrik „Gesellschaft“ würde die Story auch passen, sie zeigt doch wie Rücksichtslos die Leute ihre Interessen vertreten. Um diesen Aspekt zu verstärken, möchte ich vorschlagen: 1. Man sollte sehen, daß der P. kein armer Schlucker ist (er fährt z.B. ein teures Auto) 2. Er sollte am Schluß vielleicht überheblich grinsen, damit man seine Geisteshaltung besser spürt.

Liebe Grüße,

tschüß... Siegbert

 

hallo häferl,

also ob lustig hin oder her, in humor passt die geschichte. erst fand ich´s auch nicht so gut, bis man mich dann auch ich auf die versteckte pointe gestoßen hat.
ich find´s witzig, weil du viele in die irre geführt hast.
wir sexlüsternen monster wir!

gruß

toxi

 
Zuletzt bearbeitet:

Au, da hab ich aber lang nicht geantwortet - verzeiht bitte. Das hab ich damals wohl gut verdrängt… :hmm:

Lieber Jo_oder_so!

Erst einmal Dir ein dickes Danke fürs Lesen und Deinen Kommentar, auch wenn Du glaub ich die zweite Pointe noch nicht gefunden hast, über die sich hier manche aufgeregt haben… ;)
Aber daß Du Dich trotzdem gut unterhalten hast, freut mich natürlich! :)


Verspätetes Danke auch an @Liz, Ernst Clemens, franzl, Woltochinon und toxinchen für die teils lobenden, teils kritischen Worte. :)

Dein Mißfallen, Wolto, beruht aber, glaub ich jedenfalls, auch auf einem Mißverständnis:

Woltochinon schrieb:
Man sollte sehen, daß der P. kein armer Schlucker ist (er fährt z.B. ein teures Auto)
In der Geschichte steht: "Nach genauem Studium des Stadtplanes macht er sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg", dann steigt er zwischendurch von der U-Bahn in die Straßenbahn um und am Schluß kommt noch einmal die U-Bahn-Station vor – da ist nirgends ein teures Auto…:susp:
Zeigt nicht auch der Tip der Ex-Frau, sich eine gebrauchte Waschmaschine zu kaufen, daß er doch eher zu den »armen Schluckern« gehört? :confused:

Aber ich laß mir das demnächst nochmal durch den Kopf gehen, vielleicht fällt mir ja noch was dazu ein, was ihn weniger geizig rüberkommen läßt, sondern mehr als einen, der aus der Not eine Tugend macht oder aus Laschheit gerne Provisorien beibehält… Es ist nur schwierig, das mit beiden Pointen in Einklang zu bringen…;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

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