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gesellschaft

Genre: gesellschaft

  1. Drei Tage

    Alles wie immer, hatte sie gesagt. Seit drei Tagen bin ich bei meiner Mutter und seit drei Tagen machen wir alles wie immer. Einkaufen, kochen, spülen, die blauen Messer in die linke, die silbernen in die rechte Schublade. Wie immer radeln wir nebeneinander in ihrer Muckibude, wie sie es nennt...
  2. Und plötzlich war alles anders

    Es gab keinen bestimmten Tag, an dem ich trans wurde. Es gab bloß den Tag, an dem ich es mir eingestand. Erst viel später fand ich den Mut, mein soziales Umfeld daran teilhaben zu lassen, endlich bereit, alle Konsequenzen dieser Offenbarung zu ertragen. Seit meinem ultimativen Schritt, das...
  3. Bericht von unten

    Das Rattern der Förderbänder, das Hämmern der Faltpressen, der großen Industrietrockner und Waschmaschinen, alles vermischt sich zu einem Dröhnen. Ohne Unterbrechung von Schichtanfang bis Schichtende. Die Luft ist feucht und heiß, das Atmen fällt schwer. Ich stehe am Band in Halle A und meine...
  4. Fisch is Mus

    Als im großen idiotischen Ozean ein kleiner Wahlfisch des Wählens überdrüssig wird, wählt er, vielleicht aus Verblendung, vielleicht aus Verbitterung, die Verzierung durch eine Schiffsschraube. Das Ergebnis ist einschneidend. Die Wahlfischhaut ist gezeichnet. Blut überall. Der Wahlfisch bereut...
  5. Festhalten

    Und dann heißt die Band auch noch Memory Bane. Sven findet, sie klingen wie Knocked Loose mit Trompete. Ob das mutig ist oder bescheuert, muss das Internet entscheiden. Sven macht nur Fotos. Den Kids gefällt es. Den Hardcore-Kids. Ein paar davon sind sechzehn, ein paar sind sechsundvierzig...
  6. Königliche Einsicht

    Im Schatten eines Baobabs hielt der König der Tiere Thronrat. Er schlug träge mit dem Schweif und hörte sich den Bericht eines Ministers an. „… die Tiere hungern und dürsten, Majestät, und die Gefängnisse sind übervoll.“ Der Gepard hatte mit ernster Stimme gesprochen. Ein Raunen ging durch den...
  7. Wie der Himmel beinahe nicht entstand

    Gott stand auf und machte sich einen Kaffee. Zufrieden kam er zurück und schlürfte den Kaffee in langen Schlucken. „So, dann wollen wir mal. Heute ist der Himmel dran, nicht?“ Petrus schaute erst etwas neidisch auf den Kaffee, dann zu Gott. „Ja, wenn wir im Plan bleiben wollen.“ „Hölle ist...
  8. Das Ende der Flucht

    Willem ließ die Pütz ins Wasser fallen, holte sie an der Leine ein, betrachtete sein Spiegelbild in dem dunklen Eimer. Es gefiel ihm nicht. Missmutig ging er nach achtern zum Eingang der Kajüte, holte heißes Wasser in einem Messingkessel und schüttete davon in die Pütz. Er ging noch einmal...
  9. Busfahrt

    Früher war es ganz normal für mich mit dem Bus zu fahren. Voll-gepackt mit Aldi-Tüten nach Hause. Wenn man dann aber jahrzehnte nicht mehr auf Bus und Bahn angewiesen ist, sieht man das mit anderen Augen. Heute nehme ich mal wieder den Bus! Ich habe alle Zeit der Welt und stürze mich in das...
  10. Weihnachten & Ordnung

    Am 24. Dezember, 14 Uhr, begann der Sicherheitsmann Philipp Klages seine letzte Schicht vor dem Weihnachtsfest. Der Krankenstand verlangte es, ebenso das Pflichtbewusstsein gegenüber Kollegen wie Arbeitgeber. „Es ist eine herausfordernde Zeit“, erklärte er seiner Frau Lisa, als er die schwere...
  11. Fünfzehn Stufen

    Seine Schwester schläft. Er ist aus dem Zimmer geschlichen, hat die Klinke langsam heruntergedrückt und die Tür hinter sich zugezogen. Sie ist nicht aufgewacht. Er ist ihr auch nicht mehr böse, dass sie ihn verpetzt hat beim Vater. Er weiß, warum, kennt ihre Angst. Sie hofft, dass der Vater ihr...
  12. Gabi & Bumpel

    Seit Tagen erwacht Gabi mit einem Gefühl von Endlichkeit. Am Himmel sieht sie letzte Sterne verblassen, es hat zu dämmern begonnen. Neben ihr schläft Bumpel, die Decke ist mit Raureif überzogen. Die Sterne waren immer schon da, denkt Gabi, werden immer da sein, auch wenn sie jeden Morgen aufs...
  13. Fäulnis im Wurzelsystem

    Die einzige Stütze nach dem Verlassen des Hauses wäre die verschmutzte Wand links neben mir. Ich versuche die Blicke der Passanten auf mich zu ziehen, doch sie gleiten über mich hinweg, noch bevor ich den Mund geöffnet habe. Es muss so gehen. Nach einigen Schritten steigt mir der...
  14. Gefrierfleischorden

    Mein Großvater steht vor dem Herd und rührt in einem großen Topf, feuchter Dunst zieht durch das angekippte Fenster. Er schöpft mit einer Kelle Schaum ab, und erst jetzt sehe ich den Kopf, der auf dem kochenden Wasser schwimmt. Hier, sagt er und schneidet mit einem seiner Ausbeinmesser ein Stück...
  15. Hackordnung

    Als ich um kurz vor acht zur Baustelle kam, standen sie schon da. Zwei große Kerle Ende zwanzig. Einer mit zu viel auf den Rippen, der andere mit rasierten Seiten und Zöpfchen am Hinterkopf. Ich stieg aus und grüßte: „Morgen!“ Der mit der eigenwilligen Frisur kam näher, streckte mir die Hand...
  16. Chli stinke muess es!

    Ich stelle meinen Fünf-Franken-Kaffee auf den kleinen Tisch eines Viererbereichs und setze mich ans Fenster. Kurz darauf werde ich eingezwängt von einer Gruppe Senioren in Funktionsjacken und mit bester Wanderlaune. Es ist Dienstag und gerade mal halb neun, aber ich bin solche...
  17. Reise nach Methusalem

    Grau und schwer hängen die Wolken über der Arche, und das endlose Wasser hat alles verschlungen, was ich einst kannte. Die Menschen der neuen Welt werden sich kaum vorstellen können, wie es war, in einer Familie aufzuwachsen, in welcher der Großvater sein erstes Jahrtausend noch vor sich hatte...
  18. Als mein Vater schön wurde

    Ich erinnere mich an unsere zwei letzten Begegnungen. Nummer eins, ich sitze in der Bahn und spüre seinen Blick in meinem Nacken, ich starre aus dem Fenster und draußen zieht die Nacht vorbei, ich spiegele mich in der Scheibe und sehe: Ihn. Ich steige aus, gehe den Weg entlang, vorbei an den...
  19. Gelbes Haus

    "Die Nachbarn - es waren insgesamt sechs weiße Leute, die in Sego Desert Lake lebten - erzählten, dass die alte Hattie allein nicht mehr zurecht käme."** Der Mann, der in unserem Haus am Ostkreuz Hausmeister ist, sagt zu mir: „Ich hasse das Internet. Mein Sohn sitzt den ganzen Tag nur noch vorm...
  20. Omas Geheimnis

    Überrascht blicke ich von meinen Arbeitsblättern auf, als das durchdringende Klingeln meines Handys ertönt. Kurzerhand schiebe ich den dicken Ordner von meinem Schoß, strecke kurz den Rücken durch und nehme den Anruf meiner Mutter entgegen. „What‘s up?“, frage ich gut gelaunt in den Hörer, doch...

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