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Omas Messer

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21.04.2004
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Omas Messer

Ich bin im Haus, lege die Hand auf eine Wand wie an den Hals eines Pferdes, dem man vorsichtig in die Nüstern bläst; sehe Opa, wie er in den Kamin pustet, um die Glut zu entfachen.

Was ich geerbt habe, liegt verstreut auf dem Küchentisch, zwei Leben verblasst wie die Couch, die orientalischen Teppiche, alles wertlos. Ein Holzelefant mit echten Stoßzähnen. Das Bilderbuch von Opa: Meine Dienstzeit. Mit stolzgeschwellter Brust. Reservist. Und ein farbloses Foto von Oma in den Bergen als Backfisch. Silberlöffel in einer Schatulle. Alte Zeitungen, Bunte und die Illustrierte, vergilbt, gestapelt auf einem Haufen. Muffiger Geruch, obwohl ich durchgelüftet habe … Küchenfenster auf Kipp und Gardinen gelb vom Nikotin.

Mit Opa durch die Felder mit dem Hund, ich erinnere mich an stahlblaue Brombeeren im Sommer. An den weiten Himmel. An den störrigen Efeu vor den Fenstern, der die Hauswand bedeckte, und es war schön. Noch stehen zwei Sträucher ohne Namen. Ich erinnere mich an den Geruch von Kalk und eingemachten Bohnen, unten im Keller, der ausgeräumt ist. An Marmelade, an den glitschigen Gartenschlauch. Fanta, die wir nur hier trinken durften. Oben haben mein Bruder und ich immer ferngesehen, ein Colt für alle Fälle und MTV, während die Erwachsenen unten saßen, an diesem Eichentisch mit Wachsdecke bei einem Likörchen lachend über … über was eigentlich? Fußball, Kohl, Loriot? Wir haben mit Kieselsteinen weiße Pfeile in den Asphalt geritzt, in den Büschen nach Schätzen gesucht. Und ich hatte einen Kassettenrekorder, der mir kostbar war, mit TKKG oder den Drei Fragezeichen drin. Schrecklicher Wecker!

Diese Szene im Kinderzimmer: Mein Bruder hat meinen Rekorder in beiden Händen, wutentbrannt zwischen Weltraumlego und Castle Grayskull – wie Moses mit einer göttlichen Tafel, über den Kopf gestreckt, um ihn auf dem Straßenteppich zu zerschmettern! Wir schreien uns an, mein Bruder kickt ein Matchboxauto weg, dieser jähzornige Teufel – und Mama kommt rein, mit dem Kochlöffel aus Plastik und versohlt uns beiden den Hintern, obwohl ich unschuldig war. Seitdem ist die Welt dunkler, aber ich war ihr nie böse.

Ich packe die Sachen in einen Umzugskarton, klappe die Laschen zu. Urnen und Überreste, was halt so übrigbleibt, ordentlich vergraben und verstaut. Ich seufze. Hole mir einen Kurzen und ein Bier aus dem Kühlschrank, das ich mitgebracht habe, dazu BiFi aus Geflügel, lieber Truthahn als Schweine fressen. Ich setze mich aufs Sofa. Das Alte ist weg, das Neue rauscht wie der Frühling ins Land, heute, genau jetzt könnte ein Neuanfang sein! Aber ich glaube nicht dran. Ich trinke.

Im Flur stehen letzte Kartons. Die guten Möbel holt die Brockensammlung ab, die billigen stehen am Straßenrand bei den Schallplatten, alles Klassik: keine Beatles, kein Elvis, nichts Seltenes, Teures, obwohl meine Mutter ihn glühend verehrt hat. Sie ist in diesem Kaff aufgewachsen. Seltsam, sie im Nähzimmer zu sehen, das damals ihre kleine Welt war, vielleicht mit Postern von Ted Herold oder Audrey Hepburn, sie sah ihr ähnlich – und am Wochenende raus im Opel, ein Firmenwagen, an den algengrünen See. Opa war Konstrukteur von Turbinen. Oma war Sekretärin. Papa war Finanzbeamter, Mama war Bürofachkraft. Heirate nicht die, mit der du feierst. Heirate die, mit der du arbeitest. Und das Ergebnis sitzt jetzt auf dem Sofa mit fadenscheinigem Distelmuster und trinkt Schnaps.

Brauche Geld, es nützt nichts. Ich weiß nicht, auf wie viel ich hier sitze. Erst meine Schulden abbezahlen, dann den Rest ausgeben für … für was eigentlich? Ich starre auf das nussbraune Monstrum von Uhr, die auf der Kommode steht, sie geht noch. Tickt. Tickt. Ein Vogel zirpt draußen, ein Auto fährt vorbei. Die Zeit steht.

Ich denke an Omas Messer, rostig, nicht aus Edelstahl, sondern mit kantiger Schneide, aber so scharf wie eine Rasierklinge. Ich weiß nicht warum. Vielleicht hält die Oxidation die Klinge sauber oder so; alte Schule, wird nicht länger hergestellt. Meine Messer sind stumpf von Zwiebeln, Ingwer, Lauch, Tomaten, Salamiwurst. Von Jungesellenkost und altem Brot. Es liegt noch in dieser Schublade, in der Küche, ganz oben. Im Fach drunter sind Kochtöpfe mit Messingdeckeln gestapelt. Ich stelle mir vor, wie sie es rausgezogen hat, als Opa wieder betrunken und wütend war. Wie Mama daneben stand und alle gebrüllt haben, aufzuhören. Ist das so passiert?

Heute könnte ein Neufang sein, aber nein. Ich nehme mir ein zweites Bier aus diesem Kühlschrank von AEG mit den vielen Kratzern, den Rostflecken; aber er brummt zufrieden.

Dann, plötzlich, ein hartes Quietschen an der Terassentür: Da ist ein Kater, der rein will, beide Pfoten am Glas, scharrend und maunzend. Man sieht seine Klöten, und ich lache. Kam hergestreunt zwischen Spargelbeeten und Birnbäumen. Ich lasse ihn machen, der wird schon müde und verzieht sich, sicher vom Nachbarn, der gerade im gleichen Haus lebt wie ich – in dieser schrecklich öden Wohnsiedung, die der Energiekonzern in den 50ern hochgezogen hat für seine Ameisen. Spüre den Alkohol, ein Kribbeln in den Fingern. Nicht gut, vielleicht das Herz.

Als ich aus der Küche komme, ist der Kater noch da, sitzt auf den Marmorfliesen und schaut mich an mit Augen aus Bernstein. Kusch, sage ich; stelle das Bier auf den Fliesentisch. Mir ist schwindlig, und ich bin müde. Die Tür bleibt zu.

Das Quietschen schreckt mich hoch! Verdammt noch eins, fluche ich – gehe zur Tür und lasse den Kater rein, und er beachtet mich nicht weiter, stolziert an mir vorbei als wäre ich ein Möbelstück, springt auf die Couch, klettert auf ein Kissen, dreht sich, dreht sich erneut, um sich dann gemütlich niederzulassen.

Tout suite, Herr Baron!, rufe ich. Seine Ohren zucken. Rocher dazu? Ich proste ihm zu. Dann sehe ich mich im Wohnzimmer um: leere Eichenschränke für das gute Geschirr, eine Kommode für den Fernseher, der draußen an der Straße steht, diese fettigen Gardinen, diese ganze Tristesse aus Wirtschaftswunder und Kartoffelsalat – und ein altes Sofa, auf dem der Kater schläft. Vom Nachbarn? Ein Streuner?

Habe Hunger. Könnte eine Suppe machen, mit BiFis oder so, auch Maggie ist da, zwar abgelaufen, aber sicher ... unkaputtbar. Jaja. Ich nehme das Messer und gehe raus in den Garten, bücke mich, steche es tief in die Erde, um Spargel abzuschneiden, es knirscht.

Dann habe ich das Messer am Hals, und alles fällt in sich zusammen: Wehrmacht, Aufbau; meine Mutter in den 60ern, noch fröhlich ohne meinen Vater, ohne uns, ohne diesen Kochlöffel in der Hand; wir – als Kinder, die auf Einkaufbeuteln im Schnee einen Hügel runterrutschen. Das A-Team und K.I.T.T., verrauscht auf einem holländischen Sender, gerade so reingekriegt mit der lausigen Antenne auf dem Dach. Der C-64. Amiga. 368. Nie war der Zeitstahl ein Regenbogen, weder Abitur noch Fachhochschule; erst Mädchen, dann Frauen – und dann Heirat, Scheidung. Und. Jetzt. Hocke ich betrunken im Garten meiner Großeltern.

Miau.

Ach, gottverdammt!

Wir haben uns arrangiert: Er kriegt die rechte Seite des Sofas mit den ollen Kissen, er mag den muffigen Geruch, und ich die linke, und ich behalte das Haus mit einer Hypothek. Salami will er nicht. Das Messer liegt wieder in der Schublade, habe den Rost mit einem Putzschwamm entfernt. Manchmal träume ich davon, wie ich mit Benzin durch die Räume laufe und alles niederbrenne. Manchmal kann ich große Kartoffeln ernten.

FIN.

 

Hallo @Henry K.,

Habe mal die Erzählkommente ersatzlos gestrichen ... Du hast Recht: Der Text wird dadurch stärker. Andere Details schaue ich mir später an ...

Danke dir. <3

Der Dante

 
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Hallo @Dante,

deine Erzählung gefällt mir sehr gut! Die Beschreibungen der Gegenwart wie auch der Vergangenheit lassen einen mitgehen, mitschauen, mitriechen.

Was ich geerbt habe, liegt verstreut auf dem Küchentisch, zwei Leben verblasst wie die Couch, die orientalischen Teppiche, alles wertlos.
Oh wie pessimistisch 'alles wertlos' - aber für die Story gut.
Und ein farbloses Foto von Oma in den Bergen als Backfisch.
Da passt das alte, heute gar nicht mehr gebräuchliche Wort 'Backfisch' prima hin.
" ...ich erinnere mich an stahlblaue Brombeeren im Sommer." Da schließe ich mich @Henry K. an, das passt für mich nicht. Burgunderrot? Samtiges Violett? Fast schwarz?
Papa war Finanzbeamter, Mama war Bürofachkraft. Heirate nicht die, mit der du feierst. Heirate die, mit der du arbeitest. Und das Ergebnis sitzt jetzt auf dem Sofa mit fadenscheinigem Distelmuster und trinkt Schnaps.
Okay, den Tipp würde er jetzt anderen nicht geben - lustigerweise erhielt meine Mutter (inzwischen 95) ganz genau diesen vor ihrer Verlobung :-). Sehr schön beschrieben, wie er sich selbst als 'Fehlbilanz' einschätzt.
Ich nehme mir ein zweites Bier aus diesem Kühlschrank von AEG mit den vielen Kratzern, den Rostflecken; aber er brummt zufrieden.
Ein erster Hoffnungsschimmer - wenn er den Kühlschrank als zufrieden brummend wahrnimmt, wird auch etwas in ihm drin zufriedener.
Wir haben uns arrangiert: Er kriegt die rechte Seite des Sofas mit den ollen Kissen, er mag den muffigen Geruch, und ich die linke, und ich behalte das Haus mit einer Hypothek. Das Messer liegt wieder in der Schublade, habe den Rost mit einem Putzschwamm entfernt. Manchmal träume ich davon, wie ich mit Benzin durch die Räume laufe und alles niederbrenne. Manchmal kann ich große Kartoffeln ernten.
Das alles niederbrennen bezieht sich sicher auf die Vergangenheit - aber die lässt sich halt nicht ändern, wenn auch der Blick darauf. Bei aller Ambivalenz - das Ende feier ich! Ein bescheidenes, fast glückliches: Kater bleibt bei ihm (er ist nicht mehr allein) und es gibt frische Kartoffeln statt abgelaufenem Fertigzeugs.

Sehr gerne gelesen
Eva

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Eva,

vieleln Dank für dein Feedback.

Mit Opa durch die Felder mit dem Hund, ich erinnere mich an stahlblaue Brombeeren im Sommer.

Das soll eine Reminiszenz, ein Nachhall auf die Nazizeit des Opas sein. Es ist mittlerweile friedlich geworden und doch ... hart wie Kruppstahl! :D

Danke dir. :)

Dante

 

Hallo @Dante

Das ist eine, für meinen Geschmack sehr gelungene Gesellschaftsbeobachtung.

Klar, wir sind alle individuell. Aber, wie es @Henry K. schon so schön anmerkte, gleichen sich die Erinnerung oft erstaunlich, wenn man zur selben Generation gehört.

Es muss also was dran sein, wenn man bestimmte Jahrgänge unter einem Schlagwort zusammenfasst… Trümmergeneration, Baby-Boomer, Generation X...

Mir gefällt besonders, dass du trotz der Kürze jede dieser Generationen mit ihren Träumen, Ewartungen und typischen Verhaltensweisen schön charakterisieren kannst.

Das hier sind wunderbare Beispiele dafür:

Das Bilderbuch von Opa: Meine Dienstzeit. Mit stolzgeschwellter Brust. Reservist. Und ein farbloses Foto von Oma in den Bergen als Backfisch. Silberlöffel in einer Schatulle. Alte Zeitungen, Bunte und die Illustrierte, vergilbt, gestapelt auf einem Haufen.

Soldatenleben und die spießige Nachkriegsgeneration der Kleinstädter in so einem kurzen Absatz beschrieben. Toll gemacht!

Oben haben mein Bruder und ich immer ferngesehen, ein Colt für alle Fälle und MTV, während die Erwachsenen unten saßen, an diesem Eichentisch mit Wachsdecke bei einem Likörchen lachend über … über was eigentlich? Fußball, Kohl, Loriot?

Nochmal dasselbe, nur ein paar Jahrzehnte weiter. Der gemeine Sonntagsbesuch bei den Großeltern, für den man als Kind/Jugendlicher nichts übrig hatte. Und der ja genaugenommen auch immer Charade war. Du hast es hier auf den Punkt gebracht: Man hat sich einen Schwips angetrunken und über Belangloses geredet. Die wichtigen Themen (Kriegstrauma, Prügelnde Eltern, Gewalt in der Ehe) hat man ganz tief vergraben. Natürlich gab es Ausnahmen. Trotzdem dürften das viele kennen, diese Mauer des Schweigens.

und Mama kommt rein, mit dem Kochlöffel aus Plastik und versohlt uns beide den Hintern, obwohl ich unschuldig war. Seitdem ist die Welt dunkler, aber ich war ihr nie böse.

Perfide und auch gut bekannt. Die Gewalt, welche die Männer aus dem Krieg mitgebracht haben, verschwindet nicht durch Schweigen. Sie wird von Generation zu Generation nur ein wenig schwächer.

Ich stelle mir vor, wie sie es rausgezogen hat, als Opa wieder betrunken und wütend war. Wie Mama daneben stand und alle gebrüllt haben, aufzuhören. Ist da so passiert?
Man möchte instinktiv ,,Ja‘‘ rufen. Aber auch hier: Schweigen. Aber diese Abgründe lassen sich eben nicht verheimlichen.

Dann habe ich das Messer am Hals, und alles fällt in sich zusammen: Wehrmacht, Aufbau; meine Mutter in den 60ern, noch fröhlich ohne meinen Vater, ohne uns, ohne diesen Kochlöffel in der Hand;

Und der letzte große Sargnagel. Nicht umsonst stellen Psychologen schon ganz am Anfang der Therapie die Frage: Waren sie ein gewolltes Kind? Wird dann geschwiegen, liegt meistens etwas im Argen.

Wobei das bei deinem Prot nicht so ersichtlich wird. Zweifelsohne gab es schlechte männliche Vorbilder. Der Großvater, der gewalttätig war. Und der eigene Vater, der kaum erwähnt wird. Und wenn, dann im Kontext mit Schlagworten Scheidung oder der trocken nüchternen Kategorisierung als Finanzbeamter.

Auch der Bruder wird als jährzornig beschrieben.

Und das lese ich dann auch als Subtext heraus. Wie gehen wir mit der brutalen Seite um, die in uns Männern schlummert? Und können wir alte Muster aufbrechen? Oder sind wir verdammt, so zu leben, wie wir geprägt wurden?

Das liest man hier sehr schön:

Das Alte ist weg, das Neue rauscht wie der Frühling ins Land, heute, genau jetzt könnte ein Neuanfang sein! Aber ich glaube nicht dran. Ich trinke.

Und besonders am Ende:

Manchmal träume ich davon, wie ich mit durch die Räume laufe und alles niederbrenne. Manchmal kann ich große Kartoffeln ernten.

Die Gewalt wiederholen oder friedlich bleiben… So lese ich das!

Ein paar Kleinigkeiten habe ich noch gefunden:

An das störrige Efeu vor den Fenstern, das die Hauswand bedeckte,

Den Efeu… der die… bedeckte

Plastik und versohlt uns beide den Hintern,

Uns beiden

Ist da so passiert?

das

Gerne gelesen, danke dafür!

Liebe Grüße
Rainbow Runner

 

Hallo @Rainbow Runner,

vielen Dank für deine ausführliche Text-Analyse. Ich sehe das so ähnlich, gerade diese "stillen Wände" zwischen den Generationen – und dennoch viel so vieles weitergereicht. :)

Fehlerteufel nehme ich jetzt raus. :)

Viele Grüße!

Der Dante

 
Zuletzt bearbeitet:

Hm, ich hab ein letztes, heute wohl eher museumsreife Messer noch, in dessen Griff unter der eckigen Lilie des Bundes Deutscher Pfadfinder - finanziert von der DDR!, wie ich später erfahren durfte - das Hakenkreuz sich verbirgt,
sozusagen ein gesamtdeutsch-eigentümliches Museumsstück … aber

bester @Dante hierorts,

alles schon gesagt, dass wir noch einige Kleinigkeiten korrigieren können, wie direkt zu Anfang, wo natürlich nix falsch ist –

Ich bin im Haus, lege die Hand auf eine Wand wie an den Hals eines Pferdes, dem man vorsichtig in die Nüstern bläst; sehe Opa, wie er in den Kamin pustet, um die Glut zu entfachen.
aber bei mir die Frage zur Präposition auftaucht:
Warum das „um“?,
das eher entbehrlich ist (nicht aber das Komma)

Und warum hier

Ich erinnere mich an den Geruch von Kalk und eingemachten Bohnen, unten im Keller, der ausgeräumt ist.
(eine mutmaßlich regieanweisungsmäßig gedachte Atem/Sprechpause, wie ich es vom Theater kenn.
Weg mit ihm!)

Ein Vogel zirpt draußen, ein Auto fährt vorbei. Die Zeit steht.
Was da vielleicht nur so zu sein scheint, ist physikalisch korrekt, was Gottfried Keller schon verdichtet hat („Die Zeit geht nicht, sie stehet still, / Wir ziehen durch sie hin; / Sie ist die Karawanserei,/ Wir sind die Pilger drin …“ vollständig unter
https://www.abipur.de/gedichte/analyse/6143-die-zeit-geht-nicht-keller.html)

Wie dem auch wird,

gern gelesen vom

Freatle

 

Hallo @Friedrichard,

dein Kommentar ist iwie komplett bei mir untergegangen ist ... Wo war die E-Mail? :susp: :D Egal! Vielen Dank auch! <3

Liebe Grüße.

Dante

 

Hallo @Dante,

eine ansprechend geschilderte Szenerie, nur mit einigen deiner Vergleiche hadere ich (s. u.).
Die Thematik ist zwar nicht gerade unbekannt, aber doch so dargestellt, dass ich das ganze gerne gelesen habe. Das Wechselspiel zwischen Frust und Neuanfang, alten Erinnerungen und neuen Überlegungen, ist interessant.

stahlblaue Brombeere
Weder Stahlblau, noch Stahl oder Blau passt zu den weichen, roten, dann schwarz werdenden Brombeeren.


wie Moses mit einer göttlichen Tafel, über den Kopf gestreckt, um ihn auf dem Straßenteppich zu zerschmettern!
Dass ist gut, weil es Wucht hat und dem Akt der Zerstörung eine übergeordnete Bedeutung zuschreibt.
"Straßenteppich" - na ja, eine Straße auf der etwas zerschmettert wird, assoziiert man nicht unbedingt mit einem Teppich.


Seitdem ist die Welt dunkler, aber ich war ihr nie böse.
Ein eleganter Satz, weil er eine gewisse Reife des Protagonisten aufzeigt, in aller Kürze.

Besonders zwischen diesen Aussagen und dem Schluss entsteht ein interessanter Spannungsbogen:

Das Alte ist weg, das Neue rauscht wie der Frühling ins Land, heute, genau jetzt könnte ein Neuanfang sein! Aber ich glaube nicht dran. Ich trinke.
Heirate nicht die, mit der du feierst. Heirate die, mit der du arbeitest. Und das Ergebnis sitzt jetzt auf dem Sofa mit fadenscheinigem Distelmuster und trinkt Schnaps.
Heute könnte ein Neufang sein, aber nein. Ich nehme mir ein zweites Bier aus diesem Kühlschrank von AEG mit den vielen Kratzern, den Rostflecken; aber er brummt zufrieden.

Dann die Lösung der Spannung:
Wir haben uns arrangiert:
Der nicht bewältigte Neuanfang stellt sich ein, eine Art Friedensschluss - jetzt 'brummt nicht nur der Kühlschrank zufrieden'.

Dieser Heiratstipp passt wunderbar in die beschriebene Zeit: Es gibt schon die Idee der Zweckungebundenheit einer Ehe, aber dann schlägt doch wieder die Focussierung auf das Alltägliche, Pragmatische zu - da muss man halt schauen, dass man mit Arbeit über die Runden kommt.

Ein Vogel zirpt draußen, ein Auto fährt vorbei. Die Zeit steht.

Ein Ton mit Anfang und Ende, ein Auto, das einen Zeitablauf repräsentiert: Da steht keine Zeit still. Das Problem kannst du ganz einfach lösen: Dann steht die Zeit still.

um einen Spargel abzuschneiden, es knirscht.
Nicht besser 'um Spargel ...' (für was soll man einen Spargel ernten?)

Dann habe ich das Messer am Hals, und alles fällt in sich zusammen:
Das ist eine entscheidende Stelle deiner Geschichte, dieses Messer, einmal Werkzeug, einmal Ausdruck einer Notlage, dann diese Assoziationslawine, das ist gut gemacht.


Beste Grüße,

Woltochinon

 

Hey @Woltochinon!

Es tut mir so leid. Ich bin nur sporadisch angemeldet ... Mea Culpa für die lange Wartezeit auf meinen Kommentar, der da wäre ...

Weder Stahlblau, noch Stahl oder Blau passt zu den weichen, roten, dann schwarz werdenden Brombeeren.
Oh doch! Es gibt sie in Blau mit einem silbernen Überzug wie bei Blaubeeren.

"Straßenteppich" - na ja, eine Straße auf der etwas zerschmettert wird, assoziiert man nicht unbedingt mit einem Teppich.
Google mal Straßenteppich. ^^

Nicht besser 'um Spargel ...' (für was soll man einen Spargel ernten?)

True. Geändert. :)

Vielen Dank. :-*

Der Dante.

 

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