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Friedliche Weihnacht

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18.04.2002
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Friedliche Weihnacht

Die Sonne war so hoch gestiegen, dass sich ihre Strahlen durch den Spalt zwischen Fensterbrett und Gardine durchmogeln konnten. Sie durchquerten das kleine Zimmer, ihrer Wärme gelang es, Staubteilchen dazu zu bewegen, einen vorsichtigen Tanz zu beginnen. Dieser führte bis zur – zugegebenermaßen nicht kleinen – Nase eines rhythmisch schnarchenden alten Mannes. Es war Carl-Ove Gustavson, der eben noch sanft vor sich hin schlafend im Bett gelegen hatte, diesen Zustand aber jetzt unterbrechen musste, denn ein Niesreiz ist eben ein Niesreiz.

Carl-Ove wollte sich eigentlich zur Seite drehen, doch dann entschloss er sich, diesen unerwarteten äußeren Impuls zum Anlass zu nehmen, aufzustehen.

Sein Blick fiel auf den Kalender. Heute war tatsächlich schon Weihnachten! Er erinnerte sich gerne daran, wie man das Fest der Lichter in seiner Jugend erlebt hatte: Diese ungeduldige Vorfreude auf die Bescherung in der von Kerzen erleuchteten Stube, das Singen auf dem Dorfplatz, der Pastor, der mit krächzender Stimme sagte „wenn ihr besser leben wollt, seid nett zueinander“, und dann, ganz selbstgefällig, „seid nett zueinander, wenn ihr besser leben wollt.“ So wie jedes Jahr.

Damals war ihm nicht sofort klar: Dies ist alles nur eine Illusion, bestehend aus Harmonie, aber auch unschuldiger kindlicher Weihnachtsfreude - eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.

„Alles hat zwei Seiten“ so lautete der Lieblingsspruch seines Klassenlehrers, worauf sein Bruder geantwortet hatte „… sagte der Würfel zur Kugel“, was ihm einen Verweis wegen ‚Ungehörigkeit‘ einbrachte.

Eine zweite Seite der Wirklichkeit hatte sich an diesem lange zurückliegenden Abend offenbart, die im krassen Gegensatz zu der behaglichen Weihnachtsstimmungswelt stand. Er hatte es genossen, der Taktgeber dieses gewaltigen, funkelnden Geschehens zu sein.

Das war jetzt Vergangenheit, aber immer noch Realität, die beharrlich weiterhin ihre Macht ausübte, ihn im Würgegriff des Vergangenen festhielt. ‚Die Rache ist mein‘, spricht der HERR, immerhin war Carl Ove Gustavson für kurze Zeit der HERR gewesen, der HERR des Lichts und Feuers in kalter Nacht, seit langem der ewig für seine Taten Verdammte.

Würden sie sich wieder vor seiner Blockhütte zusammenrotten, wie schon so oft zu Weihnachten, um ihn zu schmähen, wegen seiner grausamen Taten vor über sechzig Jahren zu bedrohen? Wie viele Leute waren damals verbrannt? Er wusste es nicht mehr. Damals wollte er sich nur gegen die Monster wehren, die für ihn so spürbar von allen Dorfbewohnern Besitz ergriffen hatten, ihn quälten! Wie verlogen sie waren, wenn sie einmal im Jahr so taten, als seien sie liebenswert. Es war ihm klar gewesen, dass heute der Tag ist, an dem sie das bekommen sollten, was sie wirklich verdient hatten! Diese Leute hatten sich schließlich ein Fest der Wärme und des Lichts gewünscht! Er würde schon für gewaltiges Licht aus Feuer und Funken sorgen! Hätte es diese Menschen nicht gegeben, wären seine Taten nie geschehen, außerdem hatte er ‚die Anderen‘ nie leiden können. Warum auch?

Carl Ove Gustavson wurde schlecht von seinen Erinnerungen, wie sollte man diese Konfrontation denn wieder ertragen? Panik breitete sich in ihm aus, er schwitzte, schnappte nach Luft. Dieser große Mann mit zerzausten Augenbrauen, spärlichem Haar, vor Schmerz hämmerndem Kopf, zitterte erbärmlich. Der Geplagte stapfte zum Fenster und öffnete es hastig, um frische Luft herein zu lassen. Zum Glück geschah das eigentlich Beunruhigende, für ihn jedoch Erlösende: Es waren keine immerfort krächzenden Krähen zu hören, es gab kein Rauschen des Windes, keine anklagenden Rufe. Nicht wieder dieses erbärmliche Jammern! Er war erleichtert, wie tiefgreifend sich der heutige Morgen von anderen unterschied: Es gab nicht nur nichts zu hören, es gab auch nichts zu sehen. Nicht einmal das Nichts, nun, das ist ja klar, wenn es doch nichts zu sehen gab. Selbst der vertraute Geruch der sumpfigen Wiese fehlte. Carl Ove Gustavson war erleichtert, plötzlich befreit, an Weihnachten geschahen eben Wunder!

Er hielt sich nicht für vom Schicksal geadelt genug, um über so etwas überhaupt nachzudenken: Wenn es da draußen nichts gab – gut, dann war es halt so. Ist ihm nicht schon öfters der Gedanke gekommen, dass das Fehlen von allem, da, außerhalb, nicht das Schlechteste sein würde? Schließlich hatte er sein Zimmer, eine Flasche Punsch mit leckerem Zimt, als kleinen Trost in harten Zeiten. Es gab verschiedene Vorräte, außerdem musste jeder einmal sterben, dann wäre sowieso alles vorbei. Wie bedeutungslos wäre das Leben ohne Tod? Oder gar der Tod ohne das Leben? Der Mann kam zur Ruhe: Niemand vor der Hütte, nur Nichts – etwas Besseres hätte nicht passieren können.

Er schloss das Fenster, begann sein spätes Frühstück.

Das hatte wieder einmal geschmeckt! Carl Ove Gustavson räumte ein wenig auf, alles hatte seinen Platz. Jetzt ein wenig lesen oder weiter an seiner selbst erfundenen Sprache arbeiten? Sie basierte auf Zufallszahlen. Carl Ove war sich sicher, dass diese Sprache für andere vollkommen unverständlich sein würde. Dann gäbe es wenigstens einen Grund, warum niemand ihn verstand. Nun – er nahm lieber ein Buch zur Hand, fläzte sich, Füße auf dem Tisch, in seinen Lesesessel. Der Alte las eine Seite und riss sie anschließend aus dem Buch. Niemals hatte eine andere Person etwas lesen wollen, was er gelesen hatte. Nach einer Weile stutzte der Mann – war da ein Geräusch gewesen? Ja, wirklich, aus Richtung der Tür waren Schreie zu hören, oder waren da Stimmen in seinem Kopf? „Ach, was solls“, murmelte Carl Ove, „da draußen ist nichts, da bin ich ganz sicher, um was soll ich mich also kümmern! Irgendwelche Aktivitäten kann es schließlich im Nichts nicht geben.

Ich weiß gar nicht, was die immer von mir wollen: Wenn der Sinn des Lebens nicht aus dem vergänglichen, inhaltslosen Erfolgsstreben besteht, dem so viele Menschen hinterherjagen – woraus besteht dieser Sinn dann? Aus Hilfsbereitschaft? Ist es denn für die Leute nicht ein unerträglicher Gedanke, dass man das Leid anderer brauchen sollte, damit edle Handlungen möglich sind? Ohne Menschen wie ihn hätte doch niemand Trauer, Zuwendung und Nächstenliebe in so einzigartiger Form ausüben können!“

Diese Gedanken verschafften Carl Ove Gustavson zusätzliche Zufriedenheit, er seufzte, vertiefte sich wieder in sein Buch, war mit sich und der Welt in Einklang, ihm schmeckte wieder mal der duftende Weihnachtspunsch.

 

Moin @Woltochinon,

alles hat zwei Seiten, sei es "Licht & Schatten", Schein und Sein, oder das Leid ist des anderen Freude (Schadensfreude grüßt) oder ganz banal Ursache und Wirkung etc, ein interessanter Ansatz! Ich verstand es aber nicht gleich bei ersten Mal. Vielleicht, weil diese vagen Andeutungen und die Distanz zum Protagonisten einem kein schlüssiges Gesamtbild ergeben. Nicht in dem Sinne, dass alles erklärt und kohärent ist, sondern das Gerüst der Geschichte, welche eine eigene schlüssige Interpretation ermöglicht, ein Bild im Kopf. Ich fand nur mühsam hinein und denke, dass ich nicht alle der Gedanken dahinter verstanden haben. Bin gespannt, wie du Dir das vorgestellt hattest.

Die Sonne war so hoch gestiegen, dass sich ihre Strahlen durch den Spalt zwischen Fensterbrett und Gardine durchmogeln konnten. Sie durchquerten das kleine Zimmer, ihrer Wärme gelang es, kleine Staubteilchen dazu zu bewegen, einen vorsichtigen Tanz zu beginnen. Dieser führte bis zur -zugegebenermaßen nicht kleinen – Nase eines rhythmisch schnarchenden alten Mannes. Es war Carl-Ove Gustavson, der eben noch sanft vor sich hin schlafend im Bett gelegen hatte, diesen Zustand aber jetzt unterbrechen musste, denn ein Niesreiz ist eben ein Niesreiz, einfach etwas Unvermeidbares.
In einem Film könnte man so eine Szene vermutlich umsetzen. Aber hier wirkt es kitschig, umständlich und überladen. Die Idee eines sanften Anfanges, welche das Verständnis des Protagonisten betont, fand ich aber gut. Mindestens habe ich diesen Anfang so wahrgenommen.

Was trieb Carl-Ove bzgl. seiner Tat? War er ein religiöser Mann und sah sich in höherer Mission unterwegs? Ein Fanatiker, ein Psychopath, oder spinnt er einfach? Er bleibt blass und schwer fassbar. Steckt er eigentlich im Knast und fabuliert er sei frei, oder lebt er frei in einer Wohnung?

Ist es denn für die Leute nicht ein unerträglicher Gedanke, dass man das Leid anderer brauchen sollte, damit edle Handlungen möglich sind? Ohne Menschen wie ihn hätte doch niemand Trauer, Zuwendung und Nächstenliebe in so einzigartiger Form ausüben können!“

Diese Gedanken verschafften Carl Ove Gustavson zusätzliche Zufriedenheit, er seufzte, vertiefte sich wieder in sein Buch, war mit sich und der Welt in Einklang, ihm schmeckte erst mal der duftende Weihnachtspunsch.


Oder doch ein Sadist? Scheinbar erfreut er sich nach 60 Jahren noch daran, dass man seine Tat nicht vergessen oder vergeben hat.

Für ihn eine friedliche Weihnacht: ist im Reinen mit sich und niemand von draußen stört niemand sein Weltbild.

Meiner subjektiver Wahrnehmung tritt die Challenge "Weiße Weihnachten war gestern" nur bedingt hervor. Als würde das Thema die fünfte Geige sein. Ja, Weihnachten wird erwähnt, ja, Weihnachten wurde durch ihn anscheinend nachhaltig beschädigt und nein, Weihnachten war für mich nicht präsent, durchwob die Geschichte nicht so wirklich, bildete keine Fundament. Es ging um ihn. Rein mein subjektives Empfinden.

Du merkst, die Geschichte hat mich schon beschäftigt und ich habe sie auch interessiert und aufmerksam gelesen. Fand Deine Ansätze und Gedanken spannend. Daher auch ein gerne gelesen :) . Und ich glaube auch, dass mit ein paar kleinen Änderungen das eigene Bild der Geschichte im Kopf für jeden verständlicher wird.

Beste Grüße
Kroko

 

Hallo Kroko,

vielen Dank, dass du dich mit dem Carl Ove beschäftigt hast.

Die Idee eines sanften Anfanges, welche das Verständnis des Protagonisten betont, fand ich aber gut
Genau das war die Idee, eine idyllische Bühne vorzubereiten, auf der später das Böse auftritt. Muss ich noch mal auf mich einwirken lassen, ob das kitschig ist.

Was trieb Carl-Ove bzgl. seiner Tat? War er ein religiöser Mann und sah sich in höherer Mission unterwegs? Ein Fanatiker, ein Psychopath, oder spinnt er einfach? Er bleibt blass und schwer fassbar. Steckt er eigentlich im Knast und fabuliert er sei frei, oder lebt er frei in einer Wohnung?
Was da geschah, ist eigentlich sekundär und kann der Fantasie des Lesers überlassen werden (obwohl es kleine Hinweise gibt, ich habe extra auf reißerische Gewaltszenen verzichtet). Wichtig ist, welche Konsequenzen im Hier und Jetzt die Vergangenheit für ihn hat. Er ist nicht im Knast, vor 60 Jahren war er ein Kind, wenn Knast, ist er jetzt frei (zumindest räumlich ...).

Oder doch ein Sadist? Scheinbar erfreut er sich nach 60 Jahren noch daran, dass man seine Tat nicht vergessen oder vergeben hat. Für ihn eine friedliche Weihnacht: ist im Reinen mit sich und niemand von draußen stört niemand sein Weltbild.
Ganz geht die Sache nicht an ihm vorbei, er hat allein von der Vorstellung, die Anwohner kommen wieder vorbei (wie immer an Weihnachten), hat er imensen Stress, der zu seinen Verdrängungs-Reaktionen führt. Frage: Sind die Dorfbewohner die Sadisten? (Können sie trotz ihrer Religosität nicht vergeben? Was sagte der Pastor?).

Meiner subjektiver Wahrnehmung tritt die Challenge "Weiße Weihnachten war gestern" nur bedingt hervor
Das erstaunt mich nun doch! Weihnachten ist immerhin der (immer wieder kehrende) Anlass für seine extremen Reaktionen um wieder eine friedliche Weihnacht für sich konstruieren zu können. Letztlich beinflusst das auch das Weihnachtsverhalten der Gegener des Alten.
Ich fand nur mühsam hinein und denke, dass ich nicht alle der Gedanken dahinter verstanden haben. Bin gespannt, wie du Dir das vorgestellt hattest.
Letztlich hat das zwei Ebenen: Einmal die psychologische, mit welchen Mechanismen der Mann seinen inneren Frieden rettet (kann man gut oder verwerflich finden) und seiner Selbstgerechtigkeit, die sogar Leid für seine Zwecke umdeutet (was durchaus ein philosophischer Aspekt ist).

Danke für deine Gedanken,

liebe Grüße,

Woltochinon

 

Mahlzeit @Woltochinon,

also ... schon klar, dass unter der Decke eine enorme Schuld liegt, aber ... bei diesem kurzen Text fühle ich mich wie beim Brotkrumen streuen im Wald, um wieder herauszufinden. Wenn ich zu wenig Brotkrumen streue, der Abstand zwischen ihnen zu groß ist, so dass ich von einem nicht zum nächsten finde, bleibt mir nur die Spekulation und ich werde mich mit hoher Wahrscheinlichkeit verirren.

So komme ich mir vor bei deinem Text. In der Tat ist unerheblich was geschehen ist, denn es reduziert nicht Schuld bzw. Verdrängung, aber dieser Verdrängung kann ich noch nicht ganz folgen. Ich muss nicht wissen, was er getan hat, um nachzuempfinden, dass es groß gewesen war. Aber über sein Jetzt würde ich gerne mehr erfahren. In dem Fall - ich fantasiere mal - hätte ich die Geschichte ausgedehnt von Aufstehen bis Bett gehen. Das müssen ja keine 20 Seiten sein, nicht mal annähernd. Doch es ist ja Weihnachten. Heiligabend. Ein Kulminationspunkt, geradezu prädestiniert, um sich der Schuld zu nähern, der Verdrängung. Über Gegenstände aus der Vergangenheit, einer bedrohlicher werdenden Stille, so dass ich als Leser diese Schwere auch spüren kann.

So weit meine Gedanken dazu.

Grüße
Morphin

 

Hallo @Woltochinon

Beim Lesen deiner Geschichte wurde meine Neugier geweckt. Ein geheimnisvoller Alter, dann die noch geheimnisvolleren Andeutungen auf ein mysteriöses Geschehen. Bei den Andeutungen ist es aber dann geblieben, so dass mich das Ende etwas enttäuscht hat. Da bleiben für meinen Geschmack einfach zu viele Fragen offen. Was hat dieser Ove denn angestellt? Wieso war er mal der HERR? Womit hält die Vergangenheit die Gegenwart im Würgegriff? Fragen über Fragen. Vielleicht sollte ich bei einem Gläschen Weihnachtspunsch noch mal darüber nachdenken.
Hier noch ein zwei Kleinigkeiten:

Ist ihm nicht schon öfters der Gedanke gekommen, dass das Fehlen von allem, da, außerhalb, nicht das Schlechteste sein würde?
war ihm nicht ...
Es gab verschiedene Vorräte, außerdem musste jeder einmal sterben, dann ist sowieso alles vorbei.
... dann war sowieso alles vorbei
Das war jetzt Vergangenheit, aber immer noch gegenwärtige Realität im Würgegriff des Vergangenen
"gegenwärtige Realität" finde ich zu sperrig. Wie wäre es einfach mit Gegenwart?

Grüße
Sturek

 

Hallo Morphin,

danke für deine Analyse. Ich habe schon befürchtet, dass diese Andeutungen problematisch sind, mir ist halt die Reduzierung auf das Wesentliche wichtig, du hast es schön ausgedrückt:

„In der Tat ist unerheblich was geschehen ist, denn es reduziert nicht Schuld bzw. Verdrängung“

In diesem Fall soll auch eine Art mysteriöser Schleier über dem Geschehen liegen, es gibt schon kleine Hinweise über das, was passiert ist.

„hätte ich die Geschichte ausgedehnt von Aufstehen bis Bett gehen. Das müssen ja keine 20 Seiten sein, nicht mal annähernd. Doch es ist ja Weihnachten“

Das geht nicht, da dieser Selbstschutz durch Verdrängung, zumindest über Weihnacht, anhält. Es wird sich einfach bis zum Abend nichts ändern – er hat schließlich sein Gleichgewicht gefunden (wenn auch nur in Selbstgefälligkeit und totaler Ignoranz seiner Umwelt. Hier ergibt sich der gesellschaftliche Aspekt der Geschichte: Wie verbreitet, wie graduell ist dieser Mechanismus. Hatte auch überlegt „Gesellschaft“ mit als Tag zu verwenden).

Jedenfalls danke ich dir für deine Anregungen, auch den Hinweis mit der „Schwere“.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Hallo Sturek,

„Beim Lesen deiner Geschichte wurde meine Neugier geweckt“

Das freut mich natürlich!:lol:

„Bei den Andeutungen ist es aber dann geblieben, so dass mich das Ende etwas enttäuscht hat“

Das freut mich natürlich nicht.:D Aber für die Aussage (das Geschehen) der Geschichte ist das nicht wichtig, es bringt die Handlung nicht voran (das war früher mal ein wiederholt genannter Kritikpunkt).

„Was hat dieser Ove denn angestellt? Wieso war er mal der HERR?“

Das beantwortet dieser Satz in der Geschichte:

(Er war) „der HERR des Lichts und Feuers in kalter Nacht, seit langem der ewig für seine Taten Verdammte.“

Der Zorn richtete sich gegen die Dorfbewohner („Schließlich hatte er sich nur gegen die Monster wehren wollen, die für ihn so spürbar von allen Dorfbewohnern Besitz ergriffen hatten, ihn quälten!“).

Woltochinon schrieb:

Ist ihm nicht schon öfters der Gedanke gekommen, dass das Fehlen von allem, da, außerhalb, nicht das Schlechteste sein würde?

Dein Vorschlag:

war ihm nicht ...

Geht nicht beides? Mit „ist“ wollte ich ausdrücken, dass da eine Überlegung, die er in der Vergangenheit hatte jetzt aktuell wiederholt wird.

Woltochinon schrieb:

Es gab verschiedene Vorräte, außerdem musste jeder einmal sterben, dann ist sowieso alles vorbei.

Dein Vorschlag:

... dann war sowieso alles vorbei

Ich schreibe ‚dann wäre alles vorbei‘, er lebt ja noch. Danke für den Hinweis.

Woltochinon schrieb:

Das war jetzt Vergangenheit, aber immer noch gegenwärtige Realität im Würgegriff des Vergangenen

"gegenwärtige Realität" finde ich zu sperrig. Wie wäre es einfach mit Gegenwart?

Das stimmt, da ist etwas faul. Ich schreibe:

Das (Geschehen) war jetzt Vergangenheit, aber immer noch Realität, die beharrlich weiterhin ihre Macht ausübte, ihn im Würgegriff des Vergangenen festhielt.

Ich danke für dein Feedback,

liebe Grüße,

Woltochinon

 

Moin @Woltochinon,

danke für Deine Geschichte.

Als ich den Tag „Philosophie“ über der Story erspähte, ahnte ich es bereits:
Ich hab nicht wirklich was verstanden. :lol:
Das liegt nicht zwingend an Deinem Text, eher an meiner grundlegenden Schwäche, philosophische Inhalte aufzunehmen und zu verarbeiten.
Dennoch wollte ich Dir im Sinne der Challenge einen Leseeindruck geben, aufgrund o.g. Hindernisse fällt er jedoch kurz aus.

Damals war ihm nicht sofort klar, dass dies ist alles nur eine dünne glitzernde Schicht aus Harmonie, aber auch unschuldiger kindlicher Weihnachtsfreude war, etwas Unnatürliches, eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.
die zwei dünnen Schichten lasen sich wiederholend

Er hatte es genossen, der Taktgeber dieses gewaltigen, funkelnden Geschehens zu sein.
Nachdem Du vorher den Pastor, den Klassenlehrer und den Bruder ins Spiel gebracht hast, strauchelte ich hier kurz, wer denn da jetzt zum Satzanfang gemeint war. Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich hier bereits ob der Gesamtsituation ins geistige Schlittern geriet. :dozey:

Ein alter Mann hat vor etwa 60 Jahren zur Weihnachtszeit etwas gemacht, wofür er bis heute von seinen Mitmenschen im Dorf geächtet wird.
War er vielleicht selbst früher der Weihnachtsmann?
Was es auch war, das er getan hat, heutzutage bleibt er am liebsten allein bei Punsch und seinen eigenen Gedanken und freut sich, wenn vor seinem Fenster „Nichts“ ist.

Das war leider das Einzige, das ich aus Deinem Text herausziehen konnte. Gerne lasse ich mich aufklären, womit ich es in Wahrheit zu tun habe. :xmas:

Beste Grüße
Seth

 

Hallo Seth Gecko,

du hast mich gerettet! Es ist verrückt, dass ich diese Wiederholung übersehen habe. Dieser Fluch begleitet mich durch meine Kurzgeschichtenzeit, obwohl ich mich bemühe, immer auf diese Dopplungen zu achten. (Hier ein besonderer Gruß an Lakita!)

Nachdem Du vorher den Pastor, den Klassenlehrer und den Bruder ins Spiel gebracht hast, strauchelte ich hier kurz, wer denn da jetzt zum Satzanfang gemeint war. Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich hier bereits ob der Gesamtsituation ins geistige Schlittern geriet

Das muss ich mir noch mal in Ruhe zu Gemüte führen, ich hoffe, dasss es eigentlich okay ist.
Nein, er war kein Weihnachtsmann, er hat echte Probleme, mit seiner Schuld, dem Verhalten der Mitmenschen und seiner Selbstgerechtigkeit.

Ich schätze deine Rückmeldung, gerade deshalb, weil das gemeine Philosophie-Tierchen wohl nicht gerade dein Lieblinswesen ist.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Lieber @Woltochinon ,

das sind schon eigenartige Gedankengänge deines Protagonisten, dessen Namensgebung mich an den Filmtitel "Ein Mann namens Ove" erinnerte, aber Ove ist nun mal, so vermute ich, ein ziemlich gängiger skandinavischer Name.

Die Anfangsszene fängt so an, dass man zunächst denkt, Carl-Ove ist betulich, gemütlich, vielleicht sogar witzig, denn die Szene mit dem Niesen geht in diese Richtung.
Zumindestens dachte ich daran, dass jetzt solch eine Figur von dir weiter gezeichnet wird.
Das verliert sich im Laufe des Textes komplett.

Ich frage mich die ganze Zeit, wieso er nie seine seltsame Sicht hinterfragt hat, das Leid und die Trauer und so weiter gebraucht werden, um Gutes tun zu können.
Also als These, es benötigt der Situationen, in denen sich Menschen in Not, Bedrängnis, Problemen befinden, damit sie auf diese Weise den anderen die Möglichkeit verschaffen, ihnen da rauszuhelfen.

Mag durchaus auch sein, dass ich dich da hochgradig falsch verstehe.
Der Sinn des Lebens kann doch auch ein anderer sein. Weswegen hat er nie nach einem anderen Sinn geforscht? Das hätte er doch schon deswegen tun müssen, um sein eigenes Handeln abzusichern. Da fehlt mir etwas in deinem Text.
Da entsteht kein Konflikt, sondern du schilderst nur seine Furcht, dass sich die Menschen wieder vor seiner Tür versammeln, um ihn vermutlich anzuklagen. Wieso aber nur zu Weihnachten? Das wäre ja eigentlich ein Dauerthema.

Irgendwie müsste es so eine Art Gegenspieler geben in seinen Gedanken, Erinnerungen zumindestens. Vielleicht ist der, der eine Gegenthese vertrat schon gestorben und er kann nur noch aus der Erinnerung schöpfen, was derjenige zum Sinn des Lebens für Ansichten vertrat.
Wie wäre es z.B., wenn diese Person davon überzeugt ist, dass der Sinn des Lebens darin besteht, jeden Lebenstag so glücklich wie möglich zu verbringen, ohne dabei anderen etwas wegzunehmen, ohne andere damit unglücklich zumachen? Das wäre dann das Gegenteil von Erschaffen von Elend.

. Sie durchquerten das kleine Zimmer, ihrer Wärme gelang es, kleine Staubteilchen dazu zu bewegen, einen vorsichtigen Tanz zu beginnen.
Sie durchquerten das kleine Zimmer und in der Wärme tanzten Staubteilchen. Beginnen heißt, es ist noch nicht soweit und klein sind Teilchen ja schon.

Der genannte Mann wollte sich eigentlich zur Seite drehen, doch dann entschloss er sich, diesen unerwarteten äußeren Impuls zum Anlass zu nehmen, aufzustehen.
Ich würde hier einfach seinen Namen nennen. Der genannte Mann klingt so distanziert.

die dann so unerwartet zerbrach.
So unerwartet? Du bringst dafür keinen Beleg. In diesem Absatz ist auch zweimal das Wort "Schicht" enthalten. Ist schwierig, es zu ersetzen, weil es nicht so viele Synoyme dafür gibt. Aber wie wär es, wenn du Eis nimmst, das kann dann auch unerwartet zerbrechen. Sonst gäbe es noch dünne Schale, Überzug, Kruste, feine Lage.
Das war jetzt Vergangenheit, aber immer noch Realität, die beharrlich weiterhin ihre Macht ausübte, ihn im Würgegriff des Vergangenen festhielt. ‚Die Rache ist mein‘, spricht der HERR, immerhin war Carl Ove Gustavson für kurze Zeit der HERR gewesen, der HERR des Lichts und Feuers in kalter Nacht, seit langem der ewig für seine Taten Verdammte.
Seltsam. Mir ist schon klar, dass du hierzu nichts weiter ausführen wirst. Meine Vermutung also, wie schon oben beschrieben, dass er das Elend unter die Menschen gebracht hat, damit sie den Sinn des Lebens finden?
Wenn der Sinn des Lebens nicht aus dem vergänglichen, inhaltslosen Erfolgsstreben besteht, dem so viele Menschen hinterherjagen – woraus besteht dieser Sinn dann?
Aus dem Streben nach Glück und Zufriedenheit.
Aus Hilfsbereitschaft? Ist es denn für die Leute nicht ein unerträglicher Gedanke, dass man das Leid anderer brauchen sollte, damit edle Handlungen möglich sind? Ohne Menschen wie ihn hätte doch niemand Trauer, Zuwendung und Nächstenliebe in so einzigartiger Form ausüben können!“
Ove ist also der Meinung, dass man das Leid der Menschen benötigt, damit man edle Handlungen vollbringen kann? Verstehe ich das so richtig?

Du hast ja auch "Seltsam" gewählt, so dass ich dir hier an dieser Stelle nur bestätigen kann: Ja, das hätte ich auch getan.

Deine kleine Geschichte lässt mich mit Fragezeichen zurück, hab sie aber trotzdem gern gelesen.

Lieben Gruß

lakita

 

Liebe Lakita,

du hast die Gdanken des Carl Ove schon recht gut verstanden. Ich danke dir auch für die vielen Anregungen!

sogar witzig, denn die Szene mit dem Niesen geht in diese Richtung.
Zumindestens dachte ich daran, dass jetzt solch eine Figur von dir weiter gezeichnet wird.
Das verliert sich im Laufe des Textes komplett.

Genau - es wird eine Idylle aufgebaut, in diesem Moment ist die Außenwelt noch eher etwas Freundliches, gibt ihm den Anreiz aufzustehen.

Ich frage mich die ganze Zeit, wieso er nie seine seltsame Sicht hinterfragt hat, das Leid und die Trauer und so weiter gebraucht werden, um Gutes tun zu können.

Diese Sichtweise ist eine Art nachträgliche Rechtfertigung, eine Relativierung (so ähnlich wie 'bei den Nazis war nicht alles schlecht'). Dieser Gedanke ist neu, er schafft ihm "zusätzliche Zufriedenheit" (abgesehen von der Ausblendung seiner Umgebung).

Weswegen hat er nie nach einem anderen Sinn geforscht?
Weil er total Selbstgerecht ist, ein Soziopath (soweit ich das als Nicht-Psychiater beurteilen kann). Es geht ihm um sich seinen Frieden - selbst wenn er sich dafür in seine Blase zurückziehen muss. Das ist natürlich extrem, aber graduell abgeschwächt durchaus ein bekanntes Phänomen.

Da entsteht kein Konflikt, sondern du schilderst nur seine Furcht, dass sich die Menschen wieder vor seiner Tür versammeln, um ihn vermutlich anzuklagen. Wieso aber nur zu Weihnachten?
Meiner Ansicht nach gibt es zwei Konflike: Carl Ove gegen Dorfbewohner und Carl Ove gegen sich selbst (eigentlich auch noch den Konflikt Carl Ove und Leser).

An Weihnachten wird gegen ihn randaliert weil die Tat zu dieser Zeit geschah, immerhin halten sie das schon einige Jahrzehte durch ...


Irgendwie müsste es so eine Art Gegenspieler geben in seinen Gedanken
wenn diese Person davon überzeugt ist, dass der Sinn des Lebens darin besteht, jeden Lebenstag so glücklich wie möglich zu verbringen, ohne dabei anderen etwas wegzunehmen,

Ich hoffe, der Leser ist der Gegenspieler. Im Prinzip münzt der Alte die Ansicht, dass Hilfsbereitschaft dem Leben einen Sinn geben kann (man denke an entsprechende religiöse Orden), für seine Rechtfertigungszwecke um.

Sie durchquerten das kleine Zimmer und in der Wärme tanzten Staubteilchen. Beginnen heißt, es ist noch nicht soweit und klein sind Teilchen ja schon.
Ja, sie beginnen, alles hat halt einen Anfang :D

Klein ist redundant, das stimmt.

Ich würde hier einfach seinen Namen nennen. Der genannte Mann klingt so distanziert.
Ich wollte halt den Namen nicht so oft wiederholen. Ich schau noch mal.


So unerwartet? Du bringst dafür keinen Beleg. In diesem Absatz ist auch zweimal das Wort "Schicht" enthalten. Ist schwierig, es zu ersetzen, weil es nicht so viele Synoyme dafür gibt. Aber wie wär es, wenn du Eis nimmst, das kann dann auch unerwartet zerbrechen. Sonst gäbe es noch dünne Schale, Überzug, Kruste, feine Lage.
Ich glaube nicht, dass jemand in dieser Weihnachtsstimmung einen Gewaltausbruch erwartet hat. Immerhin hat er sich in diesem Moment für eine Art alttestamentarischen Gott gehalten, der HERR des Feuers ist.

"Eine zweite Seite der Wirklichkeit hatte sich an diesem Abend offenbart, die im krassen Gegensatz zu der behaglichen Weihnachtsstimmungswelt stand."

Danke für den Hinweis mit der "Schicht", ich habe einen deiner Vorschläge eingefügt.


dass er das Elend unter die Menschen gebracht hat, damit sie den Sinn des Lebens finden?
Wie gesagt, ganz so ist es nicht. Es war eher ein Gewaltausbruch, getriggert durch das Fest: "Schließlich hatte er sich nur gegen die Monster wehren wollen, die für ihn so spürbar von allen Dorfbewohnern Besitz ergriffen hatten, ihn quälten! Hatten sich diese Leute nicht ein Fest der Wärme und des Lichts gewünscht?"

Aus dem Streben nach Glück und Zufriedenheit.
Ove ist also der Meinung, dass man das Leid der Menschen benötigt, damit man edle Handlungen vollbringen kann? Verstehe ich das so richtig?

Genau das ist der Punkt: Kann man glücklich und zufrieden sein, solange es anderen schlecht geht, inwieweit ist mein Glück auf Kosten des Glücks anderer Menschen? Und da wird Carl wirklich verrückt, weil er das, wie oben beschrieben für seine Zwecke sinnentfremdet.

Das war jetzt gut, sich mit deinen Anmerkungen zu beschäftigen! Vielleicht hätte ich besser meinen anderen, reinen Unterhaltungstext, gepostet ...

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Hallo @Woltochinon,
nach dem ersten Lesen dachte ich: "Was war das denn jetzt?" Es kommt mir so vor, als ob du mit einer Erzählerhaltung experimentierst. Ich habe dich so verstanden, dass du die Leser ein bisschen aufs Glatteis führen willst, puschelig beginnst und dann das schreckliche Ereignis aufdräuen lassen willst.

Dieser führte bis zur -zugegebenermaßen nicht kleinen – Nase eines rhythmisch schnarchenden alten Mannes.
Hier frage ich mich, wer da so neckisch/betulich erzählt. Bisschen märchenhaft.
Es war Carl-Ove Gustavson, der eben noch sanft vor sich hin schlafend im Bett gelegen hatte, diesen Zustand aber jetzt unterbrechen musste, denn ein Niesreiz ist eben ein Niesreiz, einfach etwas Unvermeidbares.
Das Fette würde ich weglassen, das ist so nachgeschoben, inhaltlich gedoppelt.
Der genannte Mann wollte sich eigentlich zur Seite drehen, doch dann entschloss er sich, diesen unerwarteten äußeren Impuls zum Anlass zu nehmen, aufzustehen.
Und das würde ich komplett weglassen.
der Pastor, der mit krächzender Stimme sagte „wenn ihr besser leben wollt, seid nett zueinander“, und dann, als Parallelismus „seid nett zueinander, wenn ihr besser leben wollt.“ So wie jedes Jahr.
auch hier finde ich das Fette als Erklärung überflüssig. Wenn du noch etwas dazwischen haben willst, würde ich vielleicht eher noch etwas Charakterisierendes über den Pastor schreiben, wie er sich über seinen Witz schon im voraus freut, oder dass er die Stimme erhebt.
Damals war ihm nicht sofort klar, dass dies ist alles nur eine zarte glitzernde Schicht aus Harmonie, aber auch unschuldiger kindlicher Weihnachtsfreude war, etwas Unnatürliches, eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.
zweimal Schicht, sehr sehr viele Adjektive
„Alles hat zwei Seiten“ so lautete der Lieblingsspruch seines Klassenlehrers, worauf sein Bruder geantwortet hatte „… sagte der Würfel zur Kugel“, was ihm einen Verweis wegen ‚Ungehörigkeit‘ einbrachte. Eine zweite Seite der Wirklichkeit hatte sich an diesem Abend offenbart, die im krassen Gegensatz zu der behaglichen Weihnachtsstimmungswelt stand. Er hatte es genossen, der Taktgeber dieses gewaltigen, funkelnden Geschehens zu sein.
Das gefällt mir, ein Spruch (kannte ich gar nicht mit dem Würfel:D), der gleich darauf aufgenommen wird und am Ende eigentlich noch einmal, wenn er seine Tat rechtfertigt.
Würden sie sich wieder vor seiner Hütte zusammenrotten, wie schon so oft zu Weihnachten, um ihn zu schmähen, wegen seiner grausamen Taten vor über sechzig Jahren zu ächten? Schließlich hatte er sich nur gegen die Monster wehren wollen, die für ihn so spürbar von allen Dorfbewohnern Besitz ergriffen hatten, ihn quälten! Hatten sich diese Leute nicht ein Fest der Wärme und des Lichts gewünscht? Hätte es diese Menschen nicht gegeben, wären seine Taten nie geschehen, außerdem hatte er ‚die Anderen‘ nie leiden können. Warum auch?
Ja, mir ist das doch zu schwammig. Da erfahre ich doch zu wenig über ihn, über die Dorfbewohner, da muss ich mir selber eine Geschichte basteln, denn im Hier und Jetzt gibt es da von ihm auch nur ein paar Gedanken.
Carl Ove Gustavson wurde schlecht von seinen Erinnerungen, wie sollte man diese Konfrontation denn wieder ertragen? Panik breitete sich in ihm aus, er schwitzte, schnappte nach Luft. Dieser große Mann mit zerzausten Augenbrauen, spärlichem Haar, vor Schmerz hämmerndem Kopf, zitterte erbärmlich. Der Geplagte stapfte zum Fenster, um frische Luft herein zu lassen. Hastig öffnete der Alte das Fenster, zum Glück geschah das eigentlich Beunruhigende, für ihn jedoch Erlösende: es waren keine immerfort krächzenden Krähen zu hören, es gab kein Rauschen des Windes, keine anklagenden Rufe.
Möglicherweise versuchst du hier Wiederholungen zu vermeiden? Ich glaube, ich würde einfach öfter das Pronomen "er" wählen. Du hast hier natürlich noch einmal den wertenden Erzähler vom Beginn, aber das ist doch zu viel, finde ich.
Der Alte las eine Seite und riss sie anschließend aus dem Buch. Niemals hatte eine andere Person etwas lesen wollen, was er gelesen hatte.
Das finde ich als Bild ziemlich stark und passt gut zum tag "seltsam".
Er hielt sich nicht für vom Schicksal geadelt genug, um über so etwas überhaupt nachzudenken: Wenn es da draußen nichts gab – gut, dann war es halt so. Ist ihm nicht schon öfters der Gedanke gekommen, dass das Fehlen von allem, da, außerhalb, nicht das Schlechteste sein würde? Schließlich hatte er sein Zimmer, eine Flasche Punsch mit leckerem Zimt, als kleinen Trost in harten Zeiten. Es gab verschiedene Vorräte, außerdem musste jeder einmal sterben, dann wäre sowieso alles vorbei.
Lebt er komplett als Einsiedler? Autark?
da draußen ist nichts, da bin ich ganz sicher, um was soll ich mich also kümmern! Irgendwelche Aktivitäten kann es schließlich im Nichts nicht geben. Ich weiß gar nicht, was die immer von mir wollen: Wenn der Sinn des Lebens nicht aus dem vergänglichen, inhaltslosen Erfolgsstreben besteht, dem so viele Menschen hinterherjagen – woraus besteht dieser Sinn dann?
Offenbar nicht, denn da gibt es welche, die etwas von ihm wollen.

Also, Woltochinon, "seltsam" passt voll. ;)Mir geht es wie @Morphin, wenn ich schon nicht das Geschehen aus der Vergangenheit erfahre, hätte ich gerne mehr von ihm heute gewusst. Ruhig auch mehr Handlung.

Einen schönen Abend noch und liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Chutney,

du die Leser ein bisschen aufs Glatteis führen willst, puschelig beginnst und dann das schreckliche Ereignis aufdräuen lassen willst.
Das war mein Ziel, der Mann wird aus seiner Komfortzone herausgerissen (u.U. auch der Leser).

Hier frage ich mich, wer da so neckisch/betulich erzählt. Bisschen märchenhaft.
Das Ganze soll von einem auktorialen Erzähler berichtet werden. Das "Unvermeidbare" habe ich eigentlich als Verstärkung angesehen, werde es auf deinen Rat hin entfernen.

Der genannte Mann wollte sich eigentlich zur Seite drehen, doch dann entschloss er sich, diesen unerwarteten äußeren Impuls zum Anlass zu nehmen, aufzustehen.
Und das würde ich komplett weglassen.

Ich glaube nicht, dass das geht. Wäre da nicht der Übergang zu dem nächsten Absatz zu abrupt? In dieser Phase ist das, was von außen kommt, für ihn noch nicht unangenehm, eher ein freundlicher Impuls, das soll man wissen.

Der Parallelismus, ist überflüssig, wird entfernt. Für den Pastor überlege ich mir was.

Damals war ihm nicht sofort klar, dass dies ist alles nur eine zarte glitzernde Schicht aus Harmonie, aber auch unschuldiger kindlicher Weihnachtsfreude war, etwas Unnatürliches, eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.
Zweimal Schicht,
ja, darauf hatte lakita auch hingewiesen. Ich hatte da so meine Zweifel, wie ich das ändere. Dank deinem erneuten Anschubser:lol: ist der Groschen jetzt hoffentlich in das richtige Fach gefallen.

Das gefällt mir, ein Spruch (kannte ich gar nicht mit dem Würfel:D), der gleich darauf aufgenommen wird und am Ende eigentlich noch einmal, wenn er seine Tat rechtfertigt.

Diese Anmerkung freut mich jetzt besonders, da der Spruch (wie der des Pastors) auf meinem Mist gewachsen ist. Wie oft hört man 'Alles hat zwei Seiten'!


Würden sie sich wieder vor seiner Hütte zusammenrotten, wie schon so oft zu Weihnachten, um ihn zu schmähen, wegen seiner grausamen Taten vor über sechzig Jahren zu ächten? Schließlich hatte er sich nur gegen die Monster wehren wollen, die für ihn so spürbar von allen Dorfbewohnern Besitz ergriffen hatten, ihn quälten! Hatten sich diese Leute nicht ein Fest der Wärme und des Lichts gewünscht? Hätte es diese Menschen nicht gegeben, wären seine Taten nie geschehen, außerdem hatte er ‚die Anderen‘ nie leiden können. Warum auch?
Ja, mir ist das doch zu schwammig.

Ich finde es natürlich nicht schwammig: Es wollen ihn Leute ächten. Warum? Wegen seiner Taten.
Was war mit ihm (damals)? Er hat (was auch immer) nicht mehr ausgehalten, sich gewehrt, gegen das, was ihm abwehrenswert erschienen ist.

Wahrscheinlich muss ich da nachlegen, es erscheint schließlich einigen Lesern wichtig, da mehr zu wissen. Ich habe das mehr wie bei einem Erdbeben gesehen: Wichtig sind die eingestürzten Häuser, die Verschütteten, nicht die geologischen Ursachen im Verborgenen.

Möglicherweise versuchst du hier Wiederholungen zu vermeiden? Ich glaube, ich würde einfach öfter das Pronomen "er" wählen. Du hast hier natürlich noch einmal den wertenden Erzähler vom Beginn, aber das ist doch zu viel, finde ich.
Mit der Suchfunktion habe ich nach 'er' geforscht. Da sind so viele aufgeblitzt, ich musste etwas tun. Wenn ich das ändere, kommt der Nächste und kritisiert die Wiederholung. Ich hoffe, eine Lösung zu finden. Außerdem ist der Ersatz von "er" nicht nur Selbstzweck: "Der Geplagte" sagt mehr aus, als "er". Mal sehen.

Das finde ich als Bild ziemlich stark und passt gut zum tag "seltsam".
Vielen Dank!

Lebt er komplett als Einsiedler? Autark?
Er lebt als eine Art Einsiedler, Autarkie wird er nicht durchhalten können. Als er das Fenster öffnet, ist um ihn herum nur Natur (die er aber ausblendet).

da draußen ist nichts, da bin ich ganz sicher, um was soll ich mich also kümmern! Irgendwelche Aktivitäten kann es schließlich im Nichts nicht geben. Ich weiß gar nicht, was die immer von mir wollen: Wenn der Sinn des Lebens nicht aus dem vergänglichen, inhaltslosen Erfolgsstreben besteht, dem so viele Menschen hinterherjagen – woraus besteht dieser Sinn dann?
Offenbar nicht, denn da gibt es welche, die etwas von ihm wollen.

Gut beobachtet. Die Leute sind nicht da, er weiß nur, dass sie, wie jedes Jahr, kommen werden. Um ihn davor seelisch zu schützen setzt diese Verdrängungs-Ignorierungs-Rechtfertigungs-Machinerie ein.

Also, Woltochinon, "seltsam" passt voll. ;)Mir geht es wie @Morphin, wenn ich schon nicht das Geschehen aus der Vergangenheit erfahre, hätte ich gerne mehr von ihm heute gewusst. Ruhig auch mehr Handlung.

Da gibt es offensichtlich ein Problem, hoffentlich finde ich eine Lösung. Ich dachte, man hat genug seiner Absurditäten und Verkorkstheiten erfahren (eine Sprache für Nicht-Kommunikation!), seine verqasten Rechtvertigungsversuche anhören müssen.
Schwierig ...

Jedenfalls war es interessant deine Hinweise zu durchdenken und auch hilfreich. Danke für deine Zeit!

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Hallo @Woltochinon,

für mich liest sich das wie eine gelungene Charakterzeichnung, aber mir hat die Geschichte gefehlt. Ich war gerade an deiner Figur interessiert und schon ist der Text vorbei gewesen. Das fand ich schade, weil ich gerade auch den Erzähler innerhalb deines Textes genossen habe. Für mich ist der Bezug zu Weihnachten schon gegeben und fand deine Argumentation überzeugend, dass Weihnachten der Anlass für seine Reflektionen ist.

Ich gehe im Detail auf meinen Leseeindruck ein:

Die Sonne war so hoch gestiegen, dass sich ihre Strahlen durch den Spalt zwischen Fensterbrett und Gardine durchmogeln konnten.
Ich bin über das Wort durchmogeln gestolpert, weil die Strahlen ja kein Bewusstsein haben.

Dieser führte bis zur -zugegebenermaßen nicht kleinen – Nase eines rhythmisch schnarchenden alten Mannes.
Dein Erzähler innerhalb des Textes hat mich fasziniert, es ist so, als würde diese Erzählstimme mir die Geschichte am Lagerfeuer erzählen und das hat mich gut reingezogen. Habe ich gerne gelesen.

Damals war ihm nicht sofort klar: dies ist alles nur eine Illusion, bestehend aus Harmonie, aber auch unschuldiger kindlicher Weihnachtsfreude, etwas Unnatürliches, eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.
Hier wird die Haltung deines Protas deutlich und das meinte ich weiter oben mit der Figurenzeichnung, er wird für mich greifbar und in meinem Kopf formt sich ein immer klareres Bild von seinem Persönlichkeit.

Würden sie sich wieder vor seiner Hütte zusammenrotten, wie schon so oft zu Weihnachten, um ihn zu schmähen, wegen seiner grausamen Taten vor über sechzig Jahren zu ächten?
Mich interessiert schon, was seine grausamen Taten waren und ich finde, dass du hier noch Potential hast. und das weiter auserzählen könntest.

Diese Gedanken verschafften Carl Ove Gustavson zusätzliche Zufriedenheit, er seufzte, vertiefte sich wieder in sein Buch, war mit sich und der Welt in Einklang, ihm schmeckte erst mal der duftende Weihnachtspunsch.
Schade, dass es schon vorbei ist, hätte mir hier noch mehr gewünscht.

Soweit mein Leseeindruck, gerne gelesen.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo MRG,

für mich liest sich das wie eine gelungene Charakterzeichnung, aber mir hat die Geschichte gefehlt. Ich war gerade an deiner Figur interessiert und schon ist der Text vorbei gewesen. Das fand ich schade, weil ich gerade auch den Erzähler innerhalb deines Textes genossen habe. Für mich ist der Bezug zu Weihnachten schon gegeben und fand deine Argumentation überzeugend, dass Weihnachten der Anlass für seine Reflektionen ist.
Vielen Dank dafür! Ich habe noch ein wenig zu dem Text hinzugefügt, hoffe, dass es jetzt mehr Geschichte ist.

Schade, dass es schon vorbei ist, hätte mir hier noch mehr gewünscht.
Das ist sehr nett, ich befürchte, es ist vorbei (zumindest für Carl Ove, den Ignoranten). Ich bin halt ein Kurzgeschichten-Schreiber ...

Die Sonne war so hoch gestiegen, dass sich ihre Strahlen durch den Spalt zwischen Fensterbrett und Gardine durchmogeln konnten.
Ich bin über das Wort durchmogeln gestolpert, weil die Strahlen ja kein Bewusstsein haben. Ein interessanter Aspekt! Auf so etwas hat noch nie jemand hingewiesen. Ich musste einen Moment überlegen, aber denke, es geht. Man sagt auch: der Berg ruft, fieser kalter Wind. Physikalisch gesehen müsste man schreiben: 'dass ihre Strahlen an den Kanten von Fensterbrett und Gardine gebeugt wurden. Oder im Fensterglas gebrochen.'

Dein Erzähler innerhalb des Textes hat mich fasziniert, es ist so, als würde diese Erzählstimme mir die Geschichte am Lagerfeuer erzählen und das hat mich gut reingezogen. Habe ich gerne gelesen
Freut mich! So ein auktorialer Erzähler ist selten geworden, weil er distanziert ist. Hat aber den Vorteil, dass er allwissend ist.

Hier wird die Haltung deines Protas deutlich und das meinte ich weiter oben mit der Figurenzeichnung, er wird für mich greifbar und in meinem Kopf formt sich ein immer klareres Bild von seinem Persönlichkeit.
Einigen Leser waren zu wenig Hinweise im Text. Bei dir hat meine Intention funktioniert, eine erleichternde Rückmeldung.

Soweit mein Leseeindruck, gerne gelesen.
:bounce: Liebe Grüße, Woltochinon
:bounce:

 

Hallo @Woltochinon,

schön, dass du bei der Challenge mitmachst!

Puh, das ist kein einfacher Text. Der Carl lebt zurückgezogen, ist nur für sich, die Welt da draußen interessiert ihn nicht (mehr?) … aber gleichzeitig doch irgendwie. Was er getan hat, wird nicht aufgelöst, aber man kann es sich ja doch denken. Klingt nach Brandstiftung mit Todesopfern. Wirkt fast so, als wäre die ganze Außenwelt futsch. Da frage ich mich dann, ob das Ganze nicht vielleicht metaphorisch ist. Doch viel Interpretation lässt der Text nicht zu, dafür ist er dann doch zu kurz. Ich empfand beim Lesen auch viel Einsamkeit, Schuld und Isolation bei deinem Prota. Was da draußen vorgeht oder nicht, scheint ihn doch sehr zu beschäftigen. Teilhaben will er dennoch nicht: Er ist froh, wenn er nichts hört und seine Ruhe hat.

Der Prota lebt auch so in den Tag hinein, irgendwie. Er hat nicht so recht Antrieb. Das wird alles erdrückt von einer nicht näher definierten Schuld. Und er rechtfertigt seine Taten und seine jetzige Isolation, indem er sich sagt: „Gut, so Menschen wie mich braucht es auch, damit sich alle anderen besser fühlen können.“ Na ja, kann man so sehen, aber es ist doch eher ein trauriger Gedanke.

So viel zu meinen etwas unstrukturierten Gedanken, ausgelöst durch die Lektüre deines Textes. :D Stilistisch ist das Ganze nicht unbedingt mein Fall, aber das muss es ja auch nicht. Liest sich auf jeden Fall gut und ich habe es gerne gelesen.

Dieser führte bis zur -zugegebenermaßen nicht kleinen – Nase eines rhythmisch schnarchenden alten Mannes.
Eines ist ein Minus, das andere ein Bindestrich. :D

Damals war ihm nicht sofort klar: dies ist alles nur eine Illusion, bestehend aus Harmonie, aber auch unschuldiger kindlicher Weihnachtsfreude, etwas Unnatürliches, eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.
Dies, da der Doppelpunkt einen vollständigen Satz einleitet. So auch hier:

Der Geplagte stapfte zum Fenster, um frische Luft herein zu lassen. Hastig öffnete der Alte das Fenster, zum Glück geschah das eigentlich Beunruhigende, für ihn jedoch Erlösende: es waren keine immerfort krächzenden Krähen zu hören, es gab kein Rauschen des Windes, keine anklagenden Rufe.
Im nachfolgenden Satz machst du es doch richtig! :D

So viel von mir. Ich wünsche dir noch einen erholsamen Sonntagabend.

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo gibberish,

schön, dass du bei der Challenge mitmachst!
Das ist sehr nett! Nach so langer Zeit musste ich doch eine gewisse Hemmschwelle überwinden.
Der Carl lebt zurückgezogen, ist nur für sich, die Welt da draußen interessiert ihn nicht (mehr?) … aber gleichzeitig doch irgendwie

Genau. Das vollständige Negieren der Außenwelt ist für ihn die einzige Möglichkeit, seinen (verlogenen) Seelenfrieden zu finden.
Klingt nach Brandstiftung mit Todesopfern. Wirkt fast so, als wäre die ganze Außenwelt futsch. Da frage ich mich dann, ob das Ganze nicht vielleicht metaphorisch ist.
Ja, er hat Brand gestiftet ...
Das Ganze metaphorisch zu sehen, ist ein interessanter Ansatz. Es war aber nicht meine Intension eine solche Interpretation zu initiieren, der Text würde sonst noch komplizierter.
Ich empfand beim Lesen auch viel Einsamkeit, Schuld und Isolation bei deinem Prota.
So soll es sein :D

„Gut, so Menschen wie mich braucht es auch, damit sich alle anderen besser fühlen können.“
Wobei diese Haltung schon sehr perfide ist. Sie zeigt aber auch, wie sehr er seine Schuld (egal wie) irgendwie verarbeiten muss.

Stilistisch ist das Ganze nicht unbedingt mein Fall,
Kann ich verstehen, der auktoriale Erzähler ist nicht mehr so modern. Ganz allgemein sehr ich schon die Gefahr, dass es zu einer Stil- und Inhaltsverarmung kommen kann.


Vielen Dank, dass du dich mit dem Text beschäftigt hast und deine informativen Gedanken. Außerdem für deine Adleraugen, die sogar das Minuszeichen entdeckt haben (im Original ist es nicht). Den Rest verbessere ich natürlich auch.

Viel Erfolg mit deinem Text!

LG,

Woltochinon


Hallo Henry K,

jetzt bin ich schon etwas sprachlos - du hast mit deinen Anmerkungen meine Intension, die ich mit dem Text hatte, genau so auf den Punkt gebracht.

Wenige Zeilen beschreiben ein ganzes Leben, und wir werden - so interpretiere ich es, auch aufgrund des Titels - Zeuge eines Wendepunktes: Carl Ove macht endgültig seinen Frieden mit allem.
Wie gesagt, es ist aber ein sehr selbstgerechter Frieden.
Die Sprache ist geschliffen und elegant
Das freut mich ungemein, so etwas zu hören:anstoss:
:bounce:

Beste Grüße,

Woltochinon

 

Hallo @Woltochinon

Der Text schildert eindringlich die Nöte eines Menschen, der Schuld auf sich geladen hat, den Kampf um Wahrhaftigkeit gegen+ber sich selbst.
Ich musste ihn langsam lesen, habe nach Bedeutunngsebenen gesucht und mir gedacht, dass eine stärker subjektive Perspektive, etwas mehr an Information, auch mehr von den Bildern seiner Tat, die ihn verfolgen, dem Text noch mehr an Tiefe geben könnten. Ein guter Text, der sicher noch ausbaufähig, sprachlich und stilistisch fein formuliert.

der Pastor, der mit krächzender Stimme sagte „wenn ihr besser leben wollt, seid nett zueinander“, und dann, ganz selbstgefällig, „seid nett zueinander, wenn ihr besser leben wollt.“ So wie jedes Jahr.
Da musste ich dreimal lesen und konnte die Selbstgefälligkeit außer aufgrund der Wiederholung nicht erkennen.
eine dünne Schicht von Selbstverständlichkeiten unter den verfrorenen Füßen der anwesenden Menschen, die dann so unerwartet zerbrach.
gefrorenen? oder gleich kalten Herzen
Er war erleichtert, wie tiefgreifend sich der heutige Morgen von anderen unterschied: Es gab nicht nur nichts zu hören, es gab auch nichts zu sehen. Nicht einmal das Nichts, nun, das ist ja klar, wenn es doch nichts zu sehen gab. Selbst der vertraute Geruch der sumpfigen Wiese fehlte. Carl Ove Gustavson war erleichtert, plötzlich befreit, an Weihnachten geschahen eben Wunder!
stark, wie der Wendepunkt, den Durchbruch aus dem Nichts heraus, gezeigt wird.

Wie bedeutungslos wäre das Leben ohne Tod? Oder gar der Tod ohne das Leben?
ist zwar eine Binse, aber so dargeboten, dass ich sie nicht also solche wahrnehme

Diese Gedanken verschafften Carl Ove Gustavson zusätzliche Zufriedenheit, er seufzte, vertiefte sich wieder in sein Buch, war mit sich und der Welt in Einklang, ihm schmeckte erst mal der duftende Weihnachtspunsch.
zum ersten Mal? duftend könnte weg, auch zusätzlich, weil ich glaube, es ist besser am Ende etwas Luft zu lassen.

Noch keine Zeit für den Punsch, aber heute Abend werde ich bestimmt was Wärmendes zu mir nehmen. :Pfeif: :lol:

Viele Grüße
Isegrims

 

Lieber @Woltochinon

endlich erlaubt es mir die Zeit, auch bei Dir vorbeizuschauen. Das ich mich irre gefreut habe, als ich gesehen habe, Du hast eine Geschichte zur Challenge eingestellt, habe ich ja bereits erwähnt. Nach all den Jahren ... immer wieder schön, wenn die Väter und Mütter des Forums mal wieder vorbeischauen.
Nun aber zu deinem Text! Deshalb bin ich ja schließlich hier.

Die Sonne war so hoch gestiegen, dass sich ihre Strahlen durch den Spalt zwischen Fensterbrett und Gardine durchmogeln konnten. ...
Der ganze erste Absatz macht so Lust auf einen märchenhaften, leichten und humorigen Text - nur, damit es dann ganz anders kommt. Teufel Du! ;)

Der genannte Mann ...
Ernsthaft? Der genannte Mann? Mehr Distanz geht wohl nicht mehr zwischen Autor und Protagonist. Aber gut, wer will einem wie Carl Ove schon gern nahe sein. Es fällt nur irgendwie aus dem Rahmen der Erzählstimme davor und danach, finde ich.

Er erinnerte sich gerne daran, wie man das Fest der Lichter in seiner Jugend erlebt hatte:
Aber! Aber! Lucia ist doch genau heute! Am 13.12. und nicht am 24.12. Und da Du doch auch einen skandinavischen Namen gewählt hast ... Aber schon klar, worauf Du hinaus wolltest.

Wie viele Leute waren damals verbrannt? Er wusste es nicht mehr. Damals wollte er sich nur gegen die Monster wehren, die für ihn so spürbar von allen Dorfbewohnern Besitz ergriffen hatten, ihn quälten! Wie verlogen sie waren, wenn sie einmal im Jahr so taten, als seien sie liebenswert.
Ein Amoklauf! Einer mit Feuer. Krass. Das Dorf hat ihn also schon vorher wie einen Aussätzigen behandelt.

Es war ihm klar gewesen, dass heute der Tag ist, an dem sie das bekommen sollten, was sie wirklich verdient hatten! Diese Leute hatten sich schließlich ein Fest der Wärme und des Lichts gewünscht! Er würde schon für gewaltiges Licht aus Feuer und Funken sorgen! Hätte es diese Menschen nicht gegeben, wären seine Taten nie geschehen, außerdem hatte er ‚die Anderen‘ nie leiden können. Warum auch?
Ich verstehe ja, dass deine Gewichtung des Textes eine andre ist und es daher egal ist, was genau damals passierte und ihn zu seiner Tat motivierte, aber spannend wäre das schon, wenn es auch ein ganz klein wenig den Rahmen sprengen würde. Ach! Kein Wunder, dass Romane mehr im Trend liegen :D

Carl Ove Gustavson wurde schlecht von seinen Erinnerungen, wie sollte man diese Konfrontation denn wieder ertragen? Panik breitete sich in ihm aus, er schwitzte, schnappte nach Luft.
Warum ist er da geblieben? Noch so eine spannende Frage, die als solche ganz einsam und unbeachtet ihr Dasein fristen muss. Und wenn er schon dableibt, so könnte er doch über Weihnachten fortfahren. Will er sich selbst strafen, indem er es Jahr für Jahr erträgt?

Carl Ove Gustavson war erleichtert, plötzlich befreit, an Weihnachten geschahen eben Wunder!
Okay, dieses Jahr nicht.

Er hielt sich nicht für vom Schicksal geadelt genug, um über so etwas überhaupt nachzudenken: ... Wie bedeutungslos wäre das Leben ohne Tod? Oder gar der Tod ohne das Leben?
Und dann ist er eben doch der Nachdenker :).

Ist es denn für die Leute nicht ein unerträglicher Gedanke, dass man das Leid anderer brauchen sollte, damit edle Handlungen möglich sind? Ohne Menschen wie ihn hätte doch niemand Trauer, Zuwendung und Nächstenliebe in so einzigartiger Form ausüben können!“
Boah, ist das (vor seinem Hintergrund) krank!

Diese Gedanken verschafften Carl Ove Gustavson zusätzliche Zufriedenheit, er seufzte, vertiefte sich wieder in sein Buch, war mit sich und der Welt in Einklang, ihm schmeckte erst mal der duftende Weihnachtspunsch.
Ich wünsche mir so, das Geräusch war nicht nur in seinem Kopf, wenn er das braucht, um moralisch auf Kurs zu bleiben.

Ich habe die anderen Kommentare nicht gelesen, falls sich etwas wiederholt, aber viel Textarbeit habe ich ja eh nicht mitgebracht. Ja, fies. Es ist auf die Kürze eigentlich alles erzählt, wenn es um die Wendung geht, weil er sich "freigesprochen" fühlt und dieser "Freispruch" bewirkt, dass er in seine Tat nun sogar etwas edles hineininterpretiert, aber ich hätte das auch in länger, doller, mehr genommen. Obwohl, weiß gar nicht, ob das dann noch die selbe Wirkung auf den Leser hätte. Wahrscheinlich nicht, weil das Ende dann eben doch verknappt daherkommen müsste und dann im krassen Bruch zum Rest stünde. Aber all die schönen Fragen mit den interessanten Antworten, die da am Wegesrand liegen ... Ach!

Ekliger Typ! Einfach nur widerlich. Mag den nicht. Aber ja, Isolation macht was mit einem und ich schätze, er ist ziemlich einsam und sein Leben lang gemieden worden. Egal. Ich will ihn nicht leiden können.

Ich wünsche Dir ein wunderbares Fest mit ganz viel Kerzenschein! Und nur nette Menschen um Dich rum! Ach ja, und ich würde seine Tat tatsächlich auf Lucia legen. Weihnachten hin oder her ;).

Liebe Grüße, Fliege

 

Hallo @Woltochinon,

es ist schon so viel geschrieben worden, deshalb keine Textarbeit, sondern eine Rückmeldung zu meiner Lesart. Ich habs jetzt dreimal gelesen. Für mich persönlich ist das ein interessanter Beginn einer Geschichte, viele Andeutungen, viele Rückblenden, Betrachtungen der Vergangenheit, Gedankengänge und Innenleben. Abgesehen davon, was genau passiert da? Auf die reine Handlung eingedampft: Prota wacht durch einen Niesreiz auf. er stapft zum Fenster, schaut raus, schließt das Fenster wieder, beginnt ein Frühstück, liest in einem Buch, trinkt einen Weihnachtspunsch. Für mich ganz persönlich ist das ein bissl wenig, da gehört mehr Fleisch an die Knochen!
Um dem Prota nahezukommen oder von seinem Schicksal berührt zu werden, fehlt mir einerseits Handlung, andererseits der persönliche Background. Um da was zu verstehen, müsste ich es erst einmal erzählt bekommen. Ich erfahre von einer Brandstiftung vor 60 Jahren aber leider nicht von den Umständen, die ihn dazu gebracht haben. Da bleibt für mich zu vieles im Dunklen, viele Leerstellen, die ich nicht füllen kann, weil ich keinen Stoff für die Lücken bekomme.
Das ist vielleicht letztlich auch eine Frage der Strecke. Ich hab deinen Text mal auf Normseite formatiert und komme auf drei. Kratzt am Flashfiction-Format. Mein persönlicher Geschmack liegt eher darin, in Geschichten abzutauchen, mich von ihnen tragen zu lassen. Mit den philosophischen Gedankengängen konnte ich persönlich leider nicht so viel anfangen. Sorry.

Ohne Menschen wie ihn hätte doch niemand Trauer, Zuwendung und Nächstenliebe in so einzigartiger Form ausüben können!
Heftiger Satz. Sehr zynisch und bösartig und gut. Nur warum ist der Prota so, wie er ist?

Peace, l2f

 

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