- Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
- Kommentare: 4
Zwischen Növenich und Jülich
Zwanzig Luftkilometer bis Növenich, ebenso viele bis Jülich. Dort saß er. Im Zug, Zweite-Klasse-Abteil. Er führte seine Hand zu seinen Lippen, öffnete leicht seinen trockenen Mund und schob die Zigarette ein wenig hinein. Das Ende glühte, er schloss die Augen, atmete aus. Rauch, im Sonnenstrahl glitzerte er.
Eine Idylle war es hier nicht, zwischen Növenich und Jülich, auf keinen Fall, niemals war es eine gewesen. Aber warm war es, bewölkt, schwül. Und gemütlich, gepolstert waren die Sitze.
Klägliche Sonnenstrahlen durchdrangen hin und wieder die Decke aus unbeweglichem Grau.
Der Mann war still. Kein Wort, kein Geräusch. Durch das geöffnete Fenster drang der Gestank von Industrie, ließ ihn den Kopf schütteln. Doch kurz wurde es laut. Die Schiebetür bewegte sich knarrend und wimmernd. Zwei Frauen traten hinein. Sie waren alt, lachten, kicherten.
Der Mann tat einen Zug, einen langen Zug, lange glühte das Ende auf, er schloss seine Augen. Die alten Jungfern lachten. Über wen? Über ihn? Wohlmöglich. Stille.
Beide kramten in ihren Taschen. Bonbons fielen auf den Boden, Erdbeer- und Himbeergeschmack. Es raschelte, das Papier ließen sie liegen. Auf dem Boden.
Er tat einen langen Zug. Dann schnippte er den Stummel aus dem geöffneten Fenster. Er flog hinaus in die öde Welt zwischen Növenich und Jülich, fast bei Jülich, allein. Seine Finger glitten in seine Tasche. Ein Zettel. Weiß. Er öffnete ihn, die Frauen hörten auf zu rascheln, zu lachen. Er las. Lange. Tränen tropften auf das Papier, der Weg der Liebe ist unberechenbar, dachte er. Warum, warum trifft es mich, warum musste sie gehen? Für immer?
Dann stand er auf und ging, denn der Zug hielt. In Jülich.