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Zum Tod des antiken Dichters Anakreon

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29.01.2010
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Zum Tod des antiken Dichters Anakreon

Die Flamme der Öllampe erfüllte keinen Zweck mehr. Erste Sonnenstrahlen fluteten durch die offenstehende Terrassentür in den Raum. Papyri, dicht bekritzelt mit Schriftzeichen in ionischem Dialekt, lagen verstreut auf dem Tisch. Eines nur halb beschrieben, im Satz unvollendet, deutete darauf hin, dass der Schreibende mitten im Vers unterbrochen worden war. Wie achtlos fallengelassen, daneben eine Rohrfeder mit schwarzer Spitze und eine umgekippte Schale mit Weinbeeren.
Der Bewohner war früher an Fürstenhöfen, wie jenen von Polykrates oder von Hipparchos, ein gern gesehener Gast gewesen. Jetzt beanspruchte er seit Langem den schönsten Raum im Gasthaus Zum Nektar der Athene zu seiner Unterkunft. Trat man vor die Tür, erblickte man den Felsrücken mit der Akropolis, dem Sitz der Götter. Der Tempelbezirk hob sich mit seinen Säulenbauten erhaben gegen den wolkenlos blauen Himmel ab. Ein Jubeltag schien bevorzustehen. Vereinzelt traten Bürger ins Freie, Athen erwachte.

Als Nafsiká, das Hausmädchen des Gasthauses, auf ihr Klopfen keine Antwort bekam und die Tür öffnete, erschrak sie heftig. Der alte Mann lag am Boden, der Schemel umgeworfen. Sein von schlohweissem Haar umrahmtes Gesicht erstarrt zu einer Maske. Die Augen und der Mund weit aufgerissen, das Antlitz eines Toten. Er musste der Göttin Artemis begegnet sein, die ihn niedergestreckt hatte.

Jede zweite Stufe überspringend eilte Nafsiká hinab zum Schankraum, in dem Polykarpos, der Wirt, bereits an der Tagesarbeit war, die Gäste bewirtend. Vor dem Zeus verehrenden Hausaltar verharrte sie kurz.
Kaum hatte sie den Türbogen durchschritten, rief sie schwer atmend, «Anakreon, der Dichter, ist tot!»
Polykarpos hielt mitten in einer Handbewegung inne, einen Moment den Mund offen, ohne ein Wort zu sagen. Dann wie gedankenverloren: «Ich hoffe, in seinem Besitz finden sich genug Silbermünzen, um seine Zechen sowie seine Entsorgung zu begleichen.»
Orpheus, ein durchreisender Gast, der an einem Tisch sein Frühstück einnahm, lachte auf. Dem Wirt rief er zu: «Bringt mir einen Becher Wein. Der Tag will geehrt sein, an dem einer der letzten Vertrauten der Tyrannen, die ihn nährten, von dieser Welt abtrat.»
Nafsiká war entsetzt, sowohl die schamlosen Worte von Polykarpos als auch die des Orpheus schienen ihr zu dieser Stunde weit verfehlt. «Er war ein Dichter, der das Schöne pries. Der unseren gewöhnlichen Alltag mit seinen Versen aufhellte und das Wunderbare am Dasein in gelenker Form darbot, zur Freude aller. Wie könnt Ihr so ehrfurchtslos von ihm sprechen, da er nun gegangen ist.»
Orpheus vermochte den Spott nicht zurückhalten. «Anakreon, ein gepriesener Dichter? Vergleicht man seine Verse mit den erhabenen Strophen der Sappho, scheint er mir unbedeutend. Oder stellt man sein Schaffen dem unübertrefflichen Epos von Homer gegenüber, ist Anakreon doch nur ein vager Schatten im Tempel der Dichtkunst. Seine Kunstfertigkeit bestand wohl mehr darin, dass er zu hofieren wusste. Allem voran die weiblichen Seelen bezirzte, ihren Männern vorgab, mit seinen Versen im Herzen erlangten diese mehr Liebreiz. Was einzig für ihn spricht, ist sein Elan, mit dem er sein Tun bis ins hohe Greisenalter aufrechtzuerhalten vermochte. Nein, für mich ist sein Abgang kein Verlust.»
«Ihr gebt wohl nur das Geschwätz des gewöhnlichen Volkes wider, das Anakreon nie persönlich begegnete und von seiner Dichtkunst einzig hörte, ohne sie zu kennen und zu verstehen.» Es war der wohlhabende Bürger Xanthus, der Orpheus mit mahnenden Worten widersprach. «In meinem Haus war Anakreon stets willkommen. Er bereitete meiner Familie als auch unseren Gästen so manch frohe Stunde. Nur wer die Kunst in ihren verschiedenen Artungen und vollendeten Formen wirklich versteht, kann ihren Wert ermessen. So ist sein Tod ein wahrer Verlust, da diese eine Quelle nun versiegt ist. Ich bin mir sicher, seine Verse werden auf ewig Menschen erfreuen. Wer seinem Werk hingegen mit Missgunst begegnet, wird es beschämen.»
Einzelne Bürger unter den Anwesenden raunten deutliche Zustimmung, ohne aber das Wort selbst zu ergreifen.
«Einen kurzen Vers von ihm will ich Euch nicht verwehren, damit ihr seine Wesensart versteht», setzte Xanthus nochmals an. «Der Greis / Ich liebe einen heiteren Greis, / Ich liebe junger Tänzer Scharen; / Doch tanzt die Weise mir ein Greis, / So ist er alt zwar nach den Haaren, / Doch in dem Herzen glüht es heiss.»
Da brauste Helios auf, ein junger Mann, der sich bisher mit mässigem Erfolg im Verfassen von Dramen und dem neu aufgekommenen Satyrspiel versuchte. «Formvollendet erscheinen seine Worte einzig jenen, die ihre Sinne wie von einem berauschenden Nektar gleich betäuben lassen. Es ist nicht lange her, da schrieb er doch viel eindeutiger noch die Strophen: An ein junges Mädchen. / Du musst nicht fliehen, weil mir / Nur weisses Haar geblieben! / Weil dir die Jugend blühet, / Hold auf den Wangen glühet, / Verachte nicht mein Lieben! / Du weisst ja, wie sich zwischen / Der Lilien weisses Schimmern / Oft Rosen lieblich mischen!
Nicht wahres Heldenleben vermochte er zu besingen, nur Lüsternes, was seine Worte da umspielten, und das soll Kunst sein.»
Gelächter brannte bei einigen Gästen auf, böse Worte wurden von andern eingeworfen, fast tumultartig die Dispute zwischen den Anwesenden.
Da verschaffte sich Orpheus erneut Gehör. «Wie wahr Ihr sprecht, ein Verführer war er, sich der Sinnlichkeit des Gottes Eros bedienend und die Berauschung durch den göttlichen Dionysos schamlos nutzend. Wie ich schon andeutete, am Hofe von Tyrannen war dies wahrscheinlich ein gefälliger Brauch, zu gewissen Stunden der Wollust frönen. Das gewöhnliche Volk musste derweil darben.»
Der Bürger Xanthus nun auch in Rage rief laut: «Wer seid Ihr, dass Ihr so über einen ehrenwerten toten Dichter sprecht? Die Göttin Tisiphone wird diese Worte nicht so stehen lassen. Ihrer Pflicht zur Vergeltung wird sie bestimmt in geeigneter Weise nachkommen. Dass ihr dann noch zynisch lacht, denke ich nicht.»
Das Publikum reagierte teilweise belustigt, manche aber auch betroffen. Die Anrufung einer der drei Erinnyen war keine wohlwollende Entgegnung. Mit Tisiphone, die auch als Rächerin bei Mord auftrat, war unterschwellig ein solcher Tod in den Raum gestellt. So richtig wollte jedoch niemand daran glauben, ein reich erfülltes Leben, das nun seinen Tribut forderte, schien bei Anakreon durchaus angezeigt.
Nun mochte Polykarpos auch nicht zurückhalten, einen Nekrolog einzubringen. «Es ist wahrlich verwunderlich, wie sie ihm huldigten, ihn heimlich zu sich in die Häuser eingeladen hatten, damit er ihnen seine Verse rezitiere. Trotz seines hohen Alters begab er sich noch täglich auf den Weg, die Gemächer der Frauen und wohl auch die der hehren Töchter zu durchkreuzen, während ihre Männer geschäftlich unterwegs waren oder als ehrenwerte Bürger an der Volksversammlung teilnahmen. Stets kam er mit Silberlingen bereichert zurück, was ihm ermöglichte, sein Leben feudal zu gestalten, nicht darben zu müssen, wie manche Dichter, die für ihre Kunst hart arbeiten. In meinem Gasthaus beanspruchte er den besten Raum, verbat sich jeden Lärm, wenn er am Schreiben war. Doch letzte Nacht hörte ich ihn jämmerlich husten, keuchen, poltern. Ich wähnte ihn betrunken, dann war es plötzlich still. Die Altersbeschwerden hatten ihn zur Ruhe gezwungen, der Schlaf ihn übermannt, war mein Gedanke. Dass sie ihn gleich zur letzten Ruhe gebettet hatten, ahnte ich nicht.»
Nafsiká fand an den gehässigen Nekrologen und den Anfeindungen keine Freude. Es waren Worte, die den Mäulern boshafter Satyrn entsprungen sein mussten. Ein weiterer Widerspruch stand ihr jedoch nicht zu. So erhob sie ihre Stimme nur gegen die Deutung seines Todes. «Es scheint mir nicht, dass das Alter ihn dieser Welt entriss. Sein Geist war jung geblieben, gab ihm Ansporn und Lebensenergie die ausreichten, gut nochmals ein weiteres Dezennium unter uns zu weilen. Sein Gesicht ist verzerrt, als ob etwas Schreckliches ihn heimsuchte. Er musste der Göttin Artemis als Todesbotin persönlich begegnet sein, die ihm jemand feindlich gesinnt zusandte.»
Der Wirt, nun arg verunsichert, bemerkte: «Ich werde ihn mir selbst ansehen. Bei dieser Gelegenheit kann ich auch gleich klären, ob der Verstorbene seine Schulden zu decken vermag. Die Verehrerinnen werden mir für die Papyri mit seinen posthumen Worten wohl kaum mehr als einen kargen Obolus geben.»

Damasos, ein Kundiger der Heilkunst des Asklepios, untersuchte den Leichnam des Anakreon, sein Gesicht und seine Körperhaltung dabei ausführlich studierend. Polykarpos, der neugierig unter der Türe stand, vorgeblich um zuzugreifen, wenn eine helfende Hand notwendig war, wurde von Damasos weggeschickt. «Wartet im Schankraum auf mich, bis ich die Ursache seines Dahinscheidens geklärt habe. Und denkt daran, aus seinem Besitz steht mir eine angemessene Entschädigung zu, die ihr mir dann gleich überreichen könnt.»

Die Kunde vom Tod des Dichters Anakreon hatte in Athen schnell die Runde gemacht. Der Schankraum war voll von Neugierigen, auch draussen, standen sie herum und diskutierten. Es waren einzig Männer. Für Frauen galt es nicht als schicklich, sich öffentlich zu präsentieren. Dennoch hatte sich eine Anhäufung von Frauen weiter entfernt zusammengefunden, zum Gasthaus blickend. Orpheus, der dies bemerkte, empörte sich laut: «Nun kommen schon die Weiber an seine Totenstatt zum Wehklagen.»
Schlagartig verstummten sie alle, als Damasos in den Schankraum trat. Einen Moment war er verwundert, als er die Menge erblickte, die ihn fragend anschaute.
«War es die Göttin Artemis, die ihn heimsuchte?» Es war Nafsiká, die Damasos danach fragte.
«Ob es die Göttin Artemis war, welche die Weinbeere ihm reichte, kann ich nicht sagen. Aber diese Frucht führte zu seinem Tod.» Er hielt das inkriminierte Objekt zwischen zwei Fingern hoch.
«Vergiftet?» Die fragende Stimme kam aus der Menge. Das verschwörerische Wort löste ein Geraune aus. Die Blicke von einigen Anwesenden wandten sich auf Xanthus, der mit der Göttin Tisiphone doch nahezu ein Orakel präsentiert hatte, als ob er ahnte, was geschehen war.
«Also doch!», war ein Ruf aus der Menge zu hören.
Damasos hob beschwichtigend die Hand. «Nein, nicht vergiftet. Anakreon besang die Liebe, die Rosen und den Wein. So wurde es ihm zum letzten, krönenden Geschenk, dass er an einer Weinbeere erstickend sterben durfte.»

 

Hallo Bernhard

Es freut mich sehr, dass du dir zu dieser Geschichte deine Gedanken machtest und nebst dem Eröffnungslob, die dir unverträglich erscheinenden Aspekte einbrachtest. Ich musste Lächeln, als ich die Punkte sah, die dir dies ausdrücken.

Doch hier wirkt der Satz für mich verheddert - das steht vom Stil her im Gegensatz zu den ersten Sätzen

Zitat:
Der Bewohner, welcher seit Langem diesen schönsten Raum im Gasthaus zu seiner Unterkunft beanspruchte, war früher an Fürstenhöfen, wie jenen von Polykrates oder von Hipparchos, ein gern gesehener Gast gewesen.

Die ersten Sätze, welche dir in der Sprachmelodie gefallen, sehe ich nicht in einem krassen Gegensatz zu dem Obenstehenden. Zur Eröffnung schien mir ein kurzer Beschrieb des Raumes angezeigt, eine Darstellung, die dem Leser erlaubt visuell in diese fremde, antike Umgebung einzutreten. Doch nun galt es, auf den Bewohner einzugehen. Den Übergang schuf ich mit den Indizien, die auf dem Tisch verstreut lagen.

hier denke ich kommen wir zum Kernproblem aus meiner Sicht:

Zitat:
Trat man vor die Tür, erblickte man den Felsrücken mit der Akropolis, dem Sitz der Götter

zu oft streust du unverholen Information ein - abgesehen, davon dass meiner Meinung nach auf der Akropolis die Tempel der Götter stehen, ihr Sitz aber auf dem Olymp ist.

Natürlich, bereits die ersten Sätze waren Informationen. Wäre es eine beliebig fiktive Geschichte, bräuchte es diese nicht, und ich hätte gleich eintauchen können in die Handlung. Da ich sie aber unter die Prämisse Historik setzte, und der Dichter kaum zu jenen Gestalten gehört, die man allgemein kennt, war es mir doch wichtig seine Zeit und seine Person kurz darzustellen. Nur in zwei Punkten wich ich spekulativ von dem wenigen ab, das zu Anakreon überliefert ist, was für diese Geschichte selbst aber keinen Einfluss hat.
Dass der Berg Olympos in der griechischen Mythologie der Sitz der Hauptgötter war (heute Tahtalı Dağı), durfte ich als allgemein bekannt voraussetzen. In verschiedenen Kulturen der Welt sind es Berge, die so zugeordnet wurden, dem „Himmel am nächsten“. In der Zeit der mykenischen Kultur war die Akropolis in Athen eine sichere Festung der Könige. Erst mit der Einführung der Demokratie wandelte sich der Ort auf dem Felsen zu einem Tempelbezirk, einem Sitz der Götter. Mit dieser metaphorischen Bezeichnung wurde dem Olymp der Mythologie der Platz keineswegs streitig gemacht, aber die Menschen fühlten sich so – wie ich vermute – eben den Göttern näher. Hierbei stütze ich mich auf die Altertumswissenschaften, deren Vertreter keineswegs in allen Punkten immer alles exakt übereinstimmend beschreiben.

Zitat:
Anakreon, der Dichter, ist tot!»

hier wieder ein Zeichen von zu viel Information. In wirklichkeit glaube ich, sagt sie entweder: Der Dichter ist tot oder Anakreon ist tot. Heutzutage würde auch niemand sagen: Angela Merkel, die Bundeskanzlerin ist tot

Hier war mein Lächeln ausgeprägt, da ich erkannte, dass du den Text im Stil und der Lesart von Gegenwartsliteratur angehst. Ich versuchte einen Kompromiss zwischen der damaligen Sprache (direkte Rede) und der heutigen (Erzählerstimme) einzubinden. Da ich diese antike Sprachform natürlich nicht präzis bestimmen konnte, dienten mir annäherungsmässig Textübersetzungen als vergleichbare Vorlagen. Ich habe nun das umfangreiche Werk „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ von Gustav Schwab zur Hand genommen, um auch noch diesen Vergleich vorzunehmen. Mit doch ein wenig Befriedigung stellte ich fest, dass er im Stil auch so vorging.
Zur Analogie von dir ist zu bedenken, dass es damals keine Angela Merkel gegeben hätte, nur eine Angela, die Bundeskanzlerin. Dort, ebenso wie in andern Kulturen, gab es keine Nachnamen. Die Spezifikation, um welche Person es sich handelt, gleiche Vornamen waren wie heute keine Seltenheit, musste also über ein Attribut getroffen werden. Von dem her, es ist die direkte Rede von Nafsiká, finde ich dies folglich völlig korrekt. Die unterschwellige Information dient indirekt auch dem Leser, der Anakreon nicht kennt. Erstmals – nebst im Titel – wird erwähnt, wie sein Name lautet, und dass er ein Dichter ist.

Zitat:
«Ich hoffe, in seinem Besitz finden sich genug Silbermünzen, um seine Zechen sowie seine Entsorgung zu begleichen.»

ich denke, der Wirt ist ein einfacher Mensch. Meiner Meinung nach müsste er ca so sprechen: Hoffentlich hat er noch genug Silbermünzen. Ich bezahl seine Beerdigung sicher nicht ...

Auch in meiner Auffassung war der Wirt ein einfacher Mensch. Nur als Einschub sei aber bemerkt, dass dort damals die Eltern ihre Kinder in Lesen und Schreiben unterrichten liessen, obwohl es keine vom Staat finanzierte Schulen gab! Die von dir erwogenen Sätze wären durchaus möglich. Die Worte, die ich dem Polykarpos in den Mund legte, dünken mich für meine Absicht, ein ironisches Stück vorzulegen, aber treffender.

Zitat:
Mit Tisiphone, die auch als Rächerin bei Mord auftrat, war unterschwellig ein solcher Tod in den Raum gestellt.

hier wieder zu viel des guten. Ein Exkurs über die Erinnyen
Für mich wirkt der Text zu überlastet mit zuviel Information und mit zu vielen Charaktären.

Es ist Xantus, der in seiner Rede die Göttin Tisiphone einbrachte. Dass nun jeder Leser diese und gar ihre Charakteristika kennt, setze ich nicht voraus. Die Einflechtung des Vorstehenden erscheint mir deshalb durchaus gerechtfertigt, auch verdeutlicht es die Stimmungen über die Dispute hinaus. Wem die mythologischen Attribute aus dem Stegreif bestens vertraut sind, bedürfte dessen selbstverständlich nicht. Ich muss gestehen, ich gehöre nicht zu diesen.
Man hätte selbstverständlich auch einen reinen Dialogtext, etwa im Geiste von Platon (er wurde erst einige Jahrzehnte später geboren), anstelle dieser Geschichte schreiben können. Die Kritiken, die solches aber hervorgerufen hätte, wären absehbar – kurzum vernichtend.

Ich glaube vor lauter Konzentration auf die Beschreibung der griechsichen Kultur hast du vergessen, den Spannungsbogen aufzubauen.

Hier bin ich der Meinung, du schiesst mit dieser Interpretation weit über das Ziel hinaus. Ursprünglich hatte ich die Geschichte völlig frei geschrieben und erst im Nachhinein mit der damals gegebenen Realität abgedeckt. Dies führte nicht zu wesentlich mehr Informationen, doch teilweise zu Anpassungen, die schon im ersten Absatz mit der Raumbeschreibung begannen. Es dient dazu, jene Leser zu befriedigen, die im Genre Historik, nebst der gegebenen Fiktion einer solchen Geschichte, doch auch wirklichkeitsnahe Bilder suchen.

Und hier komme ich weiter zum Kern meiner Kritik. Ich möchte unterhalten werden und ich denke, da waren Ansätze da mit einem Konflikt zwischen pro Anakreon und contra Anakreon, aber es gibt da keine Steigerung, der Spannungsbogen bleibt flach

Okay, ich nehme dies als deine Meinung zur Kenntnis. Dir fehlt es an Unterhaltung – mir wiederum ist diese durchaus gegeben. Es scheint mir durchaus variabel, was dem Einzelnen unterhaltsam wirkt. Zudem denke ich, dass jede Geschichte sich im Aspekt Spannung noch steigern liesse, doch ist dies allein das Ausschlaggebende? Ich glaube nicht, nur jegliches Fehlen derselben würde sie vertrocknen lassen.

Zu schnell wird klar, dass Anakreon eines natürlichen Todes gestorben ist. Da ergäbe sich die Chance, seinen Tod mysteriöser darzustellen. dArauf hinzuweisen, das er bei bester Gesundheit war, dass seine Leiche auf einen Giftmord hindeutet, dann weiter zu vermuten, wer davon profitiert hätte. Vielleicht sogar der Wirt selbst, usw. Dass nur als Beispiel für einen Spannungsbogen. Weil es ist Schade um diese interessante Geschichte, die sonst nicht zur Geltung käme

Jetzt mal ehrlich, an welchen Indizien willst du erkannt haben, woran der Dichter gestorben war? Die Aufklärung kommt definitiv erst im letzten Abschnitt. Einen natürlichen Tod stellt es medizinisch übrigens nicht dar, wenn jemand an einem Fremdkörper erstickt. Auch sind die von dir vermissten Informationen durchaus vorhanden. Dass er bei guter Gesundheit gewesen sein muss, erwähnte Nafsikà. Früh äusserte sie auch den Verdacht, sein Tod könnte gewaltsam zustande gekommen sein. Indirekt steht im Text auch, dass der Wirt sich der Habe des Toten bemächtigt. Daraus folgernd kann ich deiner vorstehenden Argumentation nichts entnehmen, das nicht vorhanden wäre, ausser dass du einen dir zu flachen Spannungsbogen siehst. Diesem wiederum setze ich über bereits Gesagtes nichts entgegen, da ich selbstverständlich jedem Leser seine eigene Meinung zugestehe.
Eine tiefergehend „krimihafte“ Ausgestaltung des Geschehens erscheint mir nicht opportun, da es den Esprit dieser Geschichte, die diametralen Meinungen über die Fertigkeiten des Dichters und dessen sonderlichen Tod, aus dem Fokus nehmen würde.

Deine Kritik ermöglichte mir im Umkehreffekt jedoch, die von dir aufgegriffenen Aspekte nochmals eingehend zu prüfen, was meine Gewissheit der korrekten Darstellung erhärtete. Im ersten Moment verwünschte ich, dass ich die berücksichtigten Literaturquellen zum geschichtlichen Hintergrund nicht wie bei einem Fachartikel als Fussnoten im Manuskript festgehalten hatte. Auch konnte ich in den Büchern nicht mehr unbedingt präzis die damals unterlegten Passagen orten, doch liessen sich alle notwendigen Stellen durch parallele Angaben neu verifizieren.

Ich bedaure, dass du aus deiner Perspektive dem Inhalt nicht mehr abgewinnen konntest. Für das Lesen, die lobenden Worte zur Einleitung und die ausführliche Kritik danke ich dir um nichts vermindert herzlich.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

dein ganz spezieller Stil hat in anderen Geschichten manchmal etwas außergewöhnlich gewirkt, aber bei diesem Thema hat er seine natürlich Umgebung gefunden.

Normalerweise mache ich um die Rubrik "Historik" ehe einen Bogen, weil sie mich irgendwie an meine Schulzeit erinnert ;-)

Ich habe diesen Text gelesen, weil ich mir davon versprach, etwas über deinen Nick zu erfahren (hätte ich ja einfach nur mal googeln müssen!).

Aber so war es viel unterhaltsamer. Ich finde, man liest deinen Spaß am Text und an den Formulierungen deutlich heraus, und so kommt es auch bei mir als Leser an. Unterhaltsame kleine historische Lehrstunde, die mich nicht langweilte. Da hast du mehr erreicht, als sämtlicher meiner Geschichtslehrer, die teilweise an meinem Desinteresse verzweifelten.

Rick

 

Hallo Anakreon,
Ich möchte jetzt nicht den Eindruck hinterlassen, ich fände diese Geschichte schlecht. Was sie nicht ist. Das Thema Sprache, denke ich, ist etas, bei dem jeder seine Meinung und seine Vorlieben hat

Zitat:
Und hier komme ich weiter zum Kern meiner Kritik. Ich möchte unterhalten werden und ich denke, da waren Ansätze da mit einem Konflikt zwischen pro Anakreon und contra Anakreon, aber es gibt da keine Steigerung, der Spannungsbogen bleibt flach
Okay, ich nehme dies als deine Meinung zur Kenntnis. Dir fehlt es an Unterhaltung – mir wiederum ist diese durchaus gegeben. Es scheint mir durchaus variabel, was dem Einzelnen unterhaltsam wirkt. Zudem denke ich, dass jede Geschichte sich im Aspekt Spannung noch steigern liesse, doch ist dies allein das Ausschlaggebende? Ich glaube nicht, nur jegliches Fehlen derselben würde sie vertrocknen lassen.
also unterhalten war ich schon, trotzdem gebe ich zu bedenken, dass für mich der Spannungsbogen zu flach war. Wenn ich da in der Minderheit bin, dann möchte ich nicht weiter darauf herumreiten - es muss ja nicht unbedingt die Intention des Dichters sein, den Spannungsbogen möglichst hoch zu machen.

Zu meinem ersten Kritikpunkt:

Die ersten Sätze, welche dir in der Sprachmelodie gefallen, sehe ich nicht in einem krassen Gegensatz zu dem Obenstehenden. Zur Eröffnung schien mir ein kurzer Beschrieb des Raumes angezeigt, eine Darstellung, die dem Leser erlaubt visuell in diese fremde, antike Umgebung einzutreten. Doch nun galt es, auf den Bewohner einzugehen. Den Übergang schuf ich mit den Indizien, die auf dem Tisch verstreut lagen.
Ein Versuch konkreter zu werden: Ganz konkret stört mich diese Lösung des Satzes mit dem Einschub
welcher seit Langem diesen schönsten Raum im Gasthaus zu seiner Unterkunft beanspruchte,
Du fängst mit einer Person an, dann beschreibst du 2 weitere Eigenschaften, nämlich dass er schon lange hier ist und dann, dass der Raum schön ist und später geht es im gleichen Satz weiter damit, wo der Bewohner zu Gast war. Du schneidest also in einem einzigen Satz gleich drei Themen an
Es gibt durchaus Autoren, die sich eines solchen Stils bedienen, doch in deinem restlichen Text schreibst du geradlinige Sätze. Wenn du aus diesem einen Satz 2 machtest, klingt es meiner Meinung nach auf jeden Fall besser. Vielleicht denkst du ja nochmals drüber nach

lg
Bernhard

 

Hallo Rick

dein ganz spezieller Stil hat in anderen Geschichten manchmal etwas außergewöhnlich gewirkt, aber bei diesem Thema hat er seine natürlich Umgebung gefunden.

:lol: Genau das hatte ich erhofft, wenngleich die fossilen Zeiten gar noch um Äonen zurückliegen.

Normalerweise mache ich um die Rubrik "Historik" ehe einen Bogen, weil sie mich irgendwie an meine Schulzeit erinnert ;)

Da bist du wahrscheinlich im Einklang mit Heerscharen, die wahrscheinlich eher einen Film mit der Familie Feuerstein in Betracht ziehen würden, als hustend in verstaubten Annalen zu blättern. Im Archiv hier gibt es dennoch einige Geschichten, die ihre Reize gut auch in andern Rubriken hätten entfalten können.

Ich habe diesen Text gelesen, weil ich mir davon versprach, etwas über deinen Nick zu erfahren (hätte ich ja einfach nur mal googeln müssen!).

Da wären dir die Dispute um die Person doch glattwegs entgangen, die die Anakreontik nun etwas aufpeppt. Bei deinem Nick habe ich es da einfacher, wenn ich ihn lese, tritt die Assoziation zu Casablanca unweigerlich auf.

Aber so war es viel unterhaltsamer. Ich finde, man liest deinen Spaß am Text und an den Formulierungen deutlich heraus, und so kommt es auch bei mir als Leser an.

Das freut mich sehr.

Unterhaltsame kleine historische Lehrstunde, die mich nicht langweilte. Da hast du mehr erreicht, als sämtlicher meiner Geschichtslehrer, die teilweise an meinem Desinteresse verzweifelten.

Dass ich deinen ehemaligen Geschichtslehrern gar das Wasser abgraben konnte, lässt mich mein Haupt direkt etwas höher tragen.

Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar und freue mich, dass du den Weg in diese Rubrik gefunden und Spass daran hattest.


+


Hallo Bernhard

Dein Nachdoppeln freut mich. Ich glaubte auch nicht, dass die Geschichte bei dir total durchfiel, da ich annahm, dass du dir dann nicht die Mühe eines punktuell ausgerichteten Kommentars gemacht hättest.

trotzdem gebe ich zu bedenken, dass für mich der Spannungsbogen zu flach war. Wenn ich da in der Minderheit bin, dann möchte ich nicht weiter darauf herumreiten -

Dass der Spannungsbogen eher flach ist und darum manche Leser so einfach nicht packt, ist mir schon denkbar. Ob du darin mit deiner Meinung in der Minderheit bist, bin ich mir gar nicht sicher. Das Vakuum der schweigenden Mehrheit – an sich wohl eher ein Unwort, das ich da einbringe – ist ja wie eine geheimnisvolle Sphinx, man weiss nicht, was sie denkt.
Mein persönliches Problem, das dem Ruf nach einer durchgehend stärkeren Spannung gegenübersteht, ist, dass ich bei dieser Geschichte Leitplanken sehe, die nicht überschritten sein sollten.

Ganz konkret stört mich diese Lösung des Satzes mit dem Einschub

Zitat:
welcher seit Langem diesen schönsten Raum im Gasthaus zu seiner Unterkunft beanspruchte,

Du fängst mit einer Person an, dann beschreibst du 2 weitere Eigenschaften, nämlich dass er schon lange hier ist und dann, dass der Raum schön ist und später geht es im gleichen Satz weiter damit, wo der Bewohner zu Gast war. Du schneidest also in einem einzigen Satz gleich drei Themen an
Es gibt durchaus Autoren, die sich eines solchen Stils bedienen, doch in deinem restlichen Text schreibst du geradlinige Sätze.

Da habe ich jetzt wahrlich unzählige Male darüber hinweggelesen, dabei hast du vollkommen recht. Im Bemühen, die Einleitung der kurzen Geschichte knappzuhalten, hatte ich es arg verdichtet. Nun folgte ich deinem Rat und machte zwei Sätze daraus. Nach Versuchen mit verschiedenen Varianten wählte ich jene, die mir den Lesefluss nicht mehr hemmend erscheinen lässt. Zudem habe ich noch die Absatzschaltung danach weggenommen, sodass dieser Teil insgesamt kompakt wurde. Ich denke, damit hat es einen Mehrwert gewonnen.

Ich danke dir herzlich für dein nochmaliges Insistieren und Kommentieren, insbesondere auch zu dem Satz im einleitenden Teil.

Schöne Grüsse euch beiden

Anakreon

 

Salü Anakreon,

ja, ein schöner Tod, obwohl die Unordnung zwischen den Papyri, die aufgerissenen Augen und der offene Mund eher auf einen Todeskampf hindeuten. Aber gut, du schreibst von einem ‚krönenden Geschenk‘ und da man einem geschenkten Gaul… usw. so will ich das mal durchgehen lassen. :D Die Geschichte ist so hübsch wie die Gedichte Anakreons und so hoffe ich doch, dass es dem Autor dieser Geschichte beschieden sein darf, dass man ihn ebenfalls nach 2500 Jahren noch im Gedächtnis hat.

Einzig der Anfang und im zweiten Absatz. Oh, oh, da muss ich dir gestehen, dass ich das auch kann: mich warm schreiben und damit in Kauf nehmen, dass der Anfang verschwurbelt daherkommt. Die Zutaten wirbeln im Kopf herum, suchen ihren Ton, ihren Weg, ihre Fassung. Aber Äxgüsi, bei der Überarbeitung sollte dann Ordnung in die Sache kommen.

dass der Schreibende mitten im Vers unterbrochen worden war. Wie achtlos fallengelassen, daneben eine Rohrfeder mit schwarzer Spitze. Mittendrin eine umgekippte…
Um das zweite Mitten… zu umgehen, würde ich schreiben:
,daneben eine Rohrfeder mit schwarzer Spitze und eine umgekippte Schale mit Weinbeeren.

Der Bewohner war früher er an Fürstenhöfen, wie jenen von Polykrates oder von Hipparchos, ein gern gesehener Gast gewesen. Er beanspruchte seit Langem diesen schönsten Raum im Gasthaus zu seiner Unterkunft.
er > kann weg
Und dann: nachdem er nicht mehr, wie im vorherigen Satz, Gast an Fürstenhöfen ist, kannst du weiterfahren:
Jetzt beanspruchte er seit Langem (diesen, welchen?) den schönsten Raum im Gasthaus Zum Pegasos. (Oder Zum helikonischen Quell :) )

So, fertig meckern. Ja, eine hübsche Geschichte, ich bleibe dabei und grüsse dich herzlich,
Gisanne

 

Hallo Anakreon
Ein Vertippser :)

Der Bewohner war früher er an Fürstenhöfen, wie jenen von Polykrates oder von Hipparchos, ein gern gesehener Gast gewesen.

Ich habe nicht viel gewusst über den Dichter Anakreon. Mit Verlaub, er war ein Gigolo, der die Frauen küsste. Ich kann mir vorstellen, dass er nicht nur unter seinesgleichen polarisierte. Die Eifersucht auf dessen Muse, seine Leichtigkeit durchs Leben zu schlüpfen. Nicht jeder kann das. Dazu bedarf es einer gelassenen Einstellung zum Leben wie zum Tod. Selbst der Tod war gnädig und überraschte ihn. Nicht Krankheit verdammte ihn zu Siechtum, nein er frönte dem Genuss einer Weinbeere, als er starb und die Zeit seines Sterbens ließ ihm keine Zeit des Nachdenkens.

Mir hat der Ausflug in die griechische Antike gefallen. Ich weiß nicht, ob du hier eine Analogie zur heutigen Krise schaffen wolltest. Mir kommt es so vor, weil es einst die Dekadenz der Fürsten war, und heute sind es nicht die Fürsten aber die Verantwortlichen, die mit geschlossen Augen wissend in ihre(n) Ruin(en) laufen.

Gerne gelesen!

LG,GD

 

Salü Gisanne

Die Verlockungen der Antike waren gar nicht so sehr anders als heute, eine Weinbeere, der der alte Dichter nicht zu widerstehen vermochte. Da war mir die Versuchung zu gross, sein Wirken und seinen Tod mit einem Ränkespiel um seine Person in Erinnerung zu rufen.

ja, ein schöner Tod, obwohl … eher auf einen Todeskampf hindeuten. Aber gut, du schreibst von einem ‚krönenden Geschenk‘ und da man einem geschenkten Gaul… usw. so will ich das mal durchgehen lassen. :D

Der Widerspruch ist diabolisch gewollt, die Hässlichkeit seines Sterbens in jähem Kontrast zu jener holden Frucht, deren gegorener Saft er in seiner Dichtung oft besang. So deutete Damaso es wohl als Offenbarung des Dionysos, ihm einen solchen Abgang zu bescheren.

Die Geschichte ist so hübsch wie die Gedichte Anakreons und so hoffe ich doch, dass es dem Autor dieser Geschichte beschieden sein darf, dass man ihn ebenfalls nach 2500 Jahren noch im Gedächtnis hat.

Wenn man den Unkenrufen um das unvergängliche Gedächtnis des Internets glauben darf, stossen dereinst vielleicht Archäologen darauf und erweitern die Anakreontik des 18. Jahrhunderts um diesen Text. Er stände dann in bester Gesellschaft mit einigen namhaften Autoren jener Zeit. :shy:

Oh, oh, da muss ich dir gestehen, … Aber Äxgüsi, bei der Überarbeitung sollte dann Ordnung in die Sache kommen.

Oh weh, oh weh, trotz 2500-fachem Lesen hatte sich Klarheit nicht vollumfänglich durchgesetzt. Mittendrin ist rausgekippt und das teuflische er – ich meinte es bei einer Korrekturlesung bereinigt zu haben – ist nun, ich hoffe, endgültig eliminiert.

Jetzt beanspruchte er seit Langem (diesen, welchen?) den schönsten Raum im Gasthaus Zum Pegasos. (Oder Zum helikonischen Quell )

Da brachtest du mich arg ins Grübeln, nicht wegen der Präzisierung des Satzes, sondern mit der Namensgebung eines Gasthauses im Athen zu jener Zeit. Keines der nachgeschlagenen Werke von Altertumsforschern wusste da Rat. Das geflügelte Wort Pegasos gefällt mir persönlich ja gut, erinnert mich an jene Villa an der Strasse zwischen Nizza und Monte Carlo, auf deren Eingangssäulen zwei von diesen Figuren thronen. Aber hätte Polykarpos es wohl gewählt? Mein Sinnen ging da verschlungene Wege, es gibt doch die Stelle, da haucht Athene mit Hilfe von Nektar und Ambrosia dem erschöpften Achilles auf Zeus Drängen hin wieder Kraft ein. Ich denke, Polykarpos der Speis und Trank ausgab, fand seine Inspiration daran: Gasthaus Zum Nektar der Athene. So ist dem Marketing jener Zeit auch Genüge getan.

So, fertig meckern. Ja, eine hübsche Geschichte, ich bleibe dabei

Das freut mich sehr, nebst dem zu Ende gehenden meckern natürlich deine werte Einschätzung.

Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar, der mich sowohl schmunzeln als auch aufmerken liess, das Auffinden kryptischer Formulierungen, deren Eliminierung die Zornesfalten auf der Stirn des alten Dichters glätteten, und die netten Worte. :)


+


Hallo Goldene Dame

Ein Vertippser

Das freudsche er, welches sich bei einer Überarbeitung eingenistet hatte und sich krampfhaft festklammerte, obwohl ich es bereits früher bemerkte und gelöscht wähnte, hat nun endgültig den Garaus gefunden.

Ich habe nicht viel gewusst über den Dichter Anakreon.

Über seine Person ist auch kümmerlich wenig überliefert, obwohl er zum Kanon der neun lyrischen Dichter gezählt wird. Von seinen Gedichten sind auch nur deren Drei vollständig erhalten, von andern mehr Fragmente.

Mit Verlaub, er war ein Gigolo, der die Frauen küsste. Ich kann mir vorstellen, dass er nicht nur unter seinesgleichen polarisierte. Die Eifersucht auf dessen Muse, seine Leichtigkeit durchs Leben zu schlüpfen. Nicht jeder kann das.

:lol: Ja er war wohl ein leichtfüssiger Lebemann und Dichter, wobei man es im Geiste der damaligen Zeit sehen muss. Stellt man seine Dichtung etwa jener von Sappho gegenüber, zeigen sich schon klare Unterschiede und doch auch eine ähnliche Lebensfreude, welche die lyrischen Dichter damals beherrschte.

Selbst der Tod war gnädig und überraschte ihn.

Einen schrecklichen Moment hatte er wohl schon erlebt, die Luft blieb ihm weg, dennoch fand ich es amüsant, das ihn der Tod ausgerechnet durch diese Frucht ereilte.

Mir hat der Ausflug in die griechische Antike gefallen.

Das freut mich sehr. Es war mir daran gelegen, mit einem Augenzwinkern ein Stück Antike zur Unterhaltung darzubieten.

Ich weiß nicht, ob du hier eine Analogie zur heutigen Krise schaffen wolltest.

Nein, daran dachte ich nicht, obwohl es durchaus Parallelen zwischen diesen beiden Zeiten gab. Nicht allzu lange vor Anakreons Tod wurden die Tyrannen verjagt und die Demokratie eingeführt. Schaut man nach dem heutigen Athen, so sind sie noch mitten in den Wirren, wieder eine den Bürgern wohlgesinnte Staatsform zu finden.

Ich danke dir herzlich für das Lesen und deinen Kommentar, welcher mich in der politischen Analogie daran erinnerte, wie Geschichte sich in langen Zeiträumen stets wiederholt. Da ist es schön, wenn Dichter von der Unbill in den Zeiten den Blick auch auf andere Dinge lenken.

Schöne Grüsse euch beiden

Anakreon

 

Hallo appo

Dass ein Autor der beim Diogenes-Verlag ediert wird, dich indirekt animierte, hier ins antike Griechenland einzutauchen, freut mich.

Diese Zeilen klingen in meinen Ohren so, als hättest du sie mit einem Augenzwinkern für uns Amateurdichter geschrieben.

Ha, du unterschätzt die Amateurdichter. Die Etablierten stehen ihnen bezüglich erhaltener Kritiken in keiner Weise nach. Wohl kaum einer, der solchen Schmähungen jemals entgehen konnte. :D
Doch weshalb ich dieses ironische Wortspiel einbrachte, hat auch mit meinem Nick zu tun. Ich wählte diesen, da ein Altphilologe in seinem Werk den alten Dichter in einer Kürzest-Darstellung als unbedeutend klassiert hatte. Ob seine Äusserung darauf zurückgeht, dass Platon den Lyrikern nicht hold gesinnt war, oder aufgrund der Tatsache, dass nur drei Gedichte und einige Fragmente von Anakreon erhalten sind, entzieht sich meiner Kenntnis.

Schau an, der Wirt weiß Bescheid. Seine Beschreibung klingt nach Casanova, also nach jener Seite, die bei den Männern und Vätern nicht ausgeprägt war, von den Frauen und Töchtern aber gesucht wurde.

Damals wie heute sind es menschliche Regungen, die sich nicht änderten. Der Wirt könnte dein Nachbar sein, der deine Besucherinnen kennt, obwohl du sie ihm gar nicht vorgestellt hast. Beim Wirt kommt jedoch noch ins Spiel, dass er mit den Weisen der damaligen Dichter vertraut war. Diese Kunstform umfasste nicht nur die Dichtung, sondern gleichermassen Tanz und Gesang, verehrt wurde auch der Wein. Aus unserer heutigen Sicht wirkt es freizügig, meinetwegen ungesittet, doch ist die Differenz zur jetzigen Gesellschaft wirklich so frappant? Es ist eine Frage der Kultur. Auch was die Dichter damals schrieben, war Fiktion, und genau darauf bauten die Dialoge in der Geschichte auf. ;)

Lieber Anakreon, auch wenn es vielleicht keine KG im engeren formalen Sinn ist, weil solche Dinge wie Spannungsbogen, eine überraschende Wendung in den Hintergrund treten, habe ich sie sehr gern gelesen, erzählt sie doch von einer Zeit und einem Menschen, die mir bisher unbekannt waren.

Was formal eine KG ausmacht, wurde hier im Forum schon mehrfach diskutiert. Eindeutig ist es nicht und auch die Literaturwissenschaft hält sich hierin eher verdeckt. Der Ansatz geht also von einem literarischen Text an sich aus. Spannung und Handlung sind zwar nicht vorrangig, wenn andere Qualitäten wie philosophische, sprachliche und ästhetische zum Tragen kommen, aber sie sind für eine gelingende Geschichte kaum wegdenkbar.
Ich widerspreche dir nicht, dass in meiner Geschichte eine überraschende Wendung in den Hintergrund tritt, wenngleich ich der Todesursache eine Pointierung zumesse. Der Spannungsbogen zieht sich in den Disputen mehr um seine Person, auch wenn Nafsiká den Umstand eines unnatürlichen Todes nochmals in Spiel bringt, ist er für mein Empfinden doch vorhanden. Aber hier spielt natürlich auch die Subjektivität des Lesers mit, woraus er solchen wahrnimmt. – Mit den Geschichten von Petros Markaris lässt es sich natürlich nicht vergleichen, ist auch kein Krimi. :shy:
Es freut mich jedenfalls, dass du ungeachtet der diesbezüglich geringeren Faszination für dich, es gern gelesen hast.

Eine kleine formale Anmerkung. Ich hätte die zitierten Poeme gern unter einander gesetzt gelesen. Das ist aber eine Geschmacksfrage. Ich finde, so sieht es einfach besser aus:

Das verstehe ich, es bezirzt in seiner Wirkung mehr. Wenn ich diese Unterlassungssünde beging, so auch als Kompromiss, zwar nicht an die optische Kürze, aber, da lyrische Einbindungen in Kurzgeschichten hier nicht unbedingt gern gesehen sind. Ich halte es in der dargestellten Form vertretbar, da es im Rahmen der Disputation eingebracht wird, doch werde ich es vielleicht aus ästhetischer Überlegung irgendwann mal noch ändern.

Ich danke dir herzlich für deinen Kommentar und die Wertschätzung. Deine Ausführungen haben mich in den angesprochenen Aspekten zu erneutem Überlegen gezwungen, ob ich meiner Intention und gleichermassen meiner Pflicht den Lesern das mir bestmögliche darzubieten, treu geblieben war.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

du, als ich deine Geschichte las, war ich ganz schnell mittendrin! Das spricht sehr für deinen Schreibstil, der so locker Jahrtausende überwinden hilft. Die erste Variante hatte ich auch schon gelesen, jetzt gefällt mir deine Geschichte - vor allem aber das 'gehobenere' Ende - noch besser. Das mit der Namensgleichheit finde ich auch interessant, da man von beiden 'Anakreons' ja nur ein Phantasiebild zur Verfügung hat, kommt man da leicht durcheinander.
Auf deine nächste Geschichte freue ich mich schon!

Schöne Grüße,

Eva

 

Hallo Eva

Schön, dass du dich durch das boshaft-antike Geschehen in die Historik verlocken liessest.

als ich deine Geschichte las, war ich ganz schnell mittendrin!

Da muss schon was an dem Alten dran gewesen sein, dass sein einstiges Dasein auch heute noch lebendig aufscheint.

Das spricht sehr für deinen Schreibstil, der so locker Jahrtausende überwinden hilft.

Oh! Solche Labsal zu meinen Worten erfahre ich nicht jeden Tag. Wenn das meiner Inspiration nicht gehörig Auftrieb gibt, was vermöchte es mehr.

Das mit der Namensgleichheit finde ich auch interessant, da man von beiden 'Anakreons' ja nur ein Phantasiebild zur Verfügung hat, kommt man da leicht durcheinander.

Das mit dem Durcheinander kann ich gut nachfühlen. Beim Schreiben erging es mir beinah auch so und musste aufpassen, dass ich die Leute nicht über mich wettern liess, sondern eben über den Anderen.

Auf deine nächste Geschichte freue ich mich schon!

Jetzt hatte ich doch vor Kurzem hoch und heilig versprochen, nur noch selektiv und sorgfältig ausgewählt skurrile Geschichten hier feilzubieten. Na ja, ich bin schon selbst gespannt, welche Mutation als nächstes die Selektion überstehen und sich dreist hier positionieren wird.

Ich danke dir herzlich für das Lesen beider Fassungen und die anregende Kommentierung. Es freut mich sehr, dass die Geschichte bei dir guten Anklang gefunden hat.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

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