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Zizi geht einkaufen

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16.06.2002
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Zizi geht einkaufen

Gut gelaunt ist Zizi heute. Das neue Einkaufszentrum wird eingeweiht, ein wunderbarer Tag. Gesinge, Geklinge, der Bürgermeister auf der Tribüne. Kurz ist seine Rede, er wolle doch die Feier nicht mit langatmigen Worten stören, er danke jedenfalls den Konzernen.

Rechtzeitig haben sie es noch geschafft, Zizi und ihre Freundin Dada. Im neuen Automobil mit beheizten Ledersitzen. Rasch ein Blick in den Rückspiegel, die Perlonperücke von Bulubul sitzt perfekt. Bulubul muss man besitzen, Dada trägt nur eine Haarspange jener Marke. Es ist sich nicht ausgegangen mit dem Geld, sonst hätte Dada auch eine Perlonperücke wie Zizi. So ist es eben bei der Plastikhaarspange geblieben, in gelb und rosarot. Dazugehören möchte sie eben, so wie ihre Freundin.

Sie haben den Beginn verpasst, laufen eilig in die neu eröffnete Wunderwelt. Glänzend in Marmor die Wände, der Boden, edler Stahl im Licht der Lampen, blank poliert die Schaufenster. Die Bühne glüht im Scheinwerferlicht. Wächserne Ebenmäßige harren der groß angekündigten Darbietung. Einer neben dem anderen. Es ist kaum mehr Platz. Zizi und Dada drängeln sich nach vorne. Getöse, ein Tusch, ein Lichtspiel mit dem Markenzeichen von Pampu Kosmetik.

Mumu, der berühmte Mumu, habe sich bereit erklärt, seine neueste Nummer hier darzubieten. Blechern und süß die Stimme aus Hunderten von Lautsprechern, die Ankündigung des Festtages. Rufe der Entzückung, Gestöhne, Schreie der Freude. Die Wächsernen sind hingerissen. Vollständig in Neusprech werde er singen, zu neuen Takten. Zizi ist begeistert, Dada ebenfalls.

Die ersten Hämmertöne schlagen an. Nach vorn und zurück wippen die Ebenmäßigen, im Rhythmus, hin und her. Mumu erscheint im Glitzerkostüm, ergreift das Mikrofon. „Faka faka machen mit du", ein Welterfolg. Erregt bebt die Menge, schreit den Text des Liedes. Nach zwei Minuten beendet Mumu den Rausch aus Tönen.

Zwei Nummern werden noch angekündigt, erfreuen sich nicht so großer Beliebtheit. Alt seien die Lieder, meint Zizi und Dada stimmt zu. Die Menge zerstreut sich allmählich, Mumu singt vor ein paar lustlos Wippenden.

Schöne Dinge werden am flachen Bildschirm vorgestellt. Kremen von Pampu, neue Garderobe von Lullo. Zizi muss diese haben, betritt ein Geschäft, probiert, bezahlt. Dada steht daneben, beobachtet ihre Freundin, sieht sich schließlich nach zu Erwerbendem um. Ein Leibchen leistet sie sich, selbst wenn die Kreditkarte überzogen wird. Dada kann mithalten, ein wenig zumindest, lächelt deshalb. Heute ist auch sie glücklich, so glücklich wie Zizi. Vergnügt und heiter schlendern die beiden durch die Menge, ein wenig Kosmetik, eine Plastikuhr in Stirnbandform, für die kalten Tage, von Hompo, fein und teuer. Eine Folge der Serie Plimp flimmert über die Bildschirme. Babompa, die schönste Darstellerin aller Zeiten, weint, abgewiesen vom stählernen Helden. Schlimm, meint Zizi, auch Dada hat Mitleid mit der bewunderten Bapomba.

Abermals Geklinge, Gesinge, schließlich die honigsüße Blechstimme. Es wird gelauscht. Intimschau einer Kette für Koitalwaren in wenigen Minuten. Die Ankündigung des Tages, viel versprechender noch als Mumu. Hurtig strömen die Ebenmäßigen zur Bühne. Zizi nimmt Dada bei der Hand, nimmt noch eine Dose Üpsom mit auf den Weg, reicht der Freundin während des Eilens das Getränk. Dada verschluckt sich, speit gezuckerte Flüssigkeit zu Boden. Trommeln lärmen aus digitalen Maschinen. Ein Muskulöser im Lederanzug tanzt auf der Bühne. Mit einem Ruck ist das ärmellose Oberteil heruntergerissen. Die linke Brustwarze trägt er durchstochen von einem Eisenring. Zwei Tänzerinnen erscheinen. Stahlspitzen tragen sie an ihren Brüsten. Ihre Hüften kreisen um den Muskelkörper. Wollüstig zerren sie an dem Eisenring. Mumus Lied wird gespielt. „Faka faka machen mit du". Noch ein Tänzer, schlank, zart, nackt. Kleine, zierliche Gewichte baumeln an seinem Gemächt. Die Masse gerät in Hitze, bebt. Blusen werden aufgeknöpft, Hemden von Leibern gerissen. Hände berühren andere Körper, fahren lüstern auf Haut, berühren durch Stoff Gesäße, Geschlechter. Man könne in der Filiale im anderen Flügel auf Ebene Tse Faka faka machen, später die Erzeugnisse zum Sonderpreis erwerben, wispert die Blechstimme. Kreischend tobt die Masse, setzt sich in Bewegung. „Faka faka machen!"

Zizi ist entbrannt in Lust. „Faka faka machen!" Im Rausch lässt sie sich laufen von der Masse. Dada möchte eine Prise Lolo, hätte sie sich doch nur eine Packung gekauft. Lolo tut so gut, aber sie konnte ja nicht wissen, dass die Schau so großartig sein würde. Neuerlich Mumus Nummer, wieder und wieder. Alle rennen. Dada stolpert, fällt zu Boden. Niemanden kümmert es. In Hitze geraten, trampeln sie im Feuer der Erwartung über Dada, mit wunderlich starren Blicken ins Kommende. Sie schreit, brüllt. Ungehört bleiben die Schmerzensrufe. „Faka faka machen mit du", erhallt das Gejohle, lässt Dada unbemerkt ihr Leben aushauchen. Zu Brei getrampelt wird sie. Zizi hat sich nicht nach ihr umgesehen. „Faka faka machen", grölen sie, „Faka faka machen!"


 

Batch: also ein Franzose oder Italiener würde mich nicht als neurotisch bezeichnen, das ist wiede reinmal ein beweis für die Selbstverleugnung des Deutschsprachigen Raumes, wie auch immer... Ferner werden Deutsche Titel in Großbritannien auch in übersetzter Version zitiert...

Darfst mich aber weiterhin einen Neurotiker nennen

Ich bin Italiener und jetzt?

:lol:

 

Ist doch egal, ob wir die Welt anders sehen. Schreiben aus Wut kann niemals gut durchdacht sein. Jedenfalls übersieht man in seiner Wut oft auch Wesentliches: Wut setzt Einseitigkeit frei. Ich finde es schade, wenn man sich immer nur auf die eine Seite der Medaille festlegt. DAS gefällt mir in erster Linie nicht.

Schaue ich mir Dein letztes Posting an, so fällt mir auf, dass Du viele verschiedene Dinge in einen Topf schmeißt. Worum geht es in diesem Text eigentlich? Schreibst Du nur, um Deine Sicht der Dinge irgendwo festzuhalten? Da man Dir sonst nicht zuhört? Versteh das bitte nicht falsch, aber Du sagst ja selbst, dass Du Deiner Wut Platz machen musstest. Ehrlich gesagt halte ich das für ein sehr zweifelhaftes Motiv fürs Schreiben.

Ich habe extra darauf verzichtet, es zu erwähnen. Jedoch war mein Eindruck richtig. Es ist tatsächlich eine überhebliche Art, die Du da an den Tag legst. So habe ich den Text nämlich gelesen und das habe ich gedacht: Gott, wie überheblich ist das! Und das ist es, was mir auch nicht gefällt.

Diese überhebliche Art, mit der der Text durchzogen ist, ist ziemlich destruktiv. Du nimmst Dir doch selbst einen großen Teil des möglichen Publikums, wenn Du Dich über "den Großteil der Menschen" lustig machst!
Das alles kommt mir vor wie: Hey, ich begebe mich jetzt einfach in die Außenseiterrolle, da ihr mich alle ankotzt! Das kanns doch nicht sein.

Ich empfehle Dir Taubenfänger von Frederik. Vielleicht merkst Du ja dann mal, in was für ein schwarzes Loch, Du Dich da selbst begibst!

 

Liebe Zaza,

Versteh das bitte nicht falsch, aber Du sagst ja selbst, dass Du Deiner Wut Platz machen musstest. Ehrlich gesagt halte ich das für ein sehr zweifelhaftes Motiv fürs Schreiben.

Ich nicht. Das muß jeder halten wie er möchte. Wenn ich aus Wut schreibe, dann schreibe ich eben aus Wut.

Eine Überzeichnung ist nicht überheblich, dann wäre ja jede Kabaretnummer überheblich, weil die nämlich genau davon lebt.

Mag sein, das ich mich in einem schwarzen Loch befinde, was mich aber nicht davon abhalten wird, weiter so zu schreiben, wie ich es eben für richtig halte.

So, damit diese Rubrik nicht mit Grundsatzdiskussionen zugemüllt wird, schlage ich vor, daß wir uns anderen Geschichten widmen, oder uns per PM bzw. Email befetzen.

 

Es geht nicht um die bloße Überzeichnung, es geht um Deine Einstellung, die klar durch die Geschichte hindurchschimmert. Ich hätte es auch nicht erwähnt, wenn Dein Posting diese Einstellung, die ich herausgelesen habe, nicht bestätigt hätte. Nur deswegen habe ich es überhaupt thematisiert.

Sorry, ich dachte, es ginge um etwas anderes als befetzen. Keine Angst, ich unterlasse das weitere Zumüllen. Deine Vorstellung von Austausch, die ist wohl auch schon durch und durch verkalkt. Kannst ja Bescheid sagen, wenn ich Dich falsch verstanden habe.

 

Ach ja, das wollte ich eh relativieren: Nicht Wut ist als Motiv zweifelhaft, sondern blinde Wut. Die repräsentierst Du wunderbar.

 
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Sorry, ich dachte
Schon wieder Englisch nun denn:

Mi dispiace, aber selbst die rabbia cieca ist ein legitimes literarisches Mittel, über welches sich auch die Geister scheiden dürfen. Mag sein, daß für Dich, mia cara, die Welt anders aussieht, Dein Menschenbild ein freundlicheres ist. Nur ist eben mein Blickwinkel auf die heutige Zeit ein solcher. Naturalmente, ich bin ein misantropo sclerotizzato.

Eine Welt, in welcher man Politiker nach dem Aussehen wählt, in welcher immer mehr Menschen unter die Räder kommen und man das auch noch gut heißt, eben weil ja die kapitalistische Konsumwelt das Allheilmittel für alles zu sein schient, da soll man keine Wut bekommen? In einer Welt, carissima, in welcher man sich einlullen läßt von sesso e divertimento a prezzo basso und deshalb aufgibt, sich auch nur zu krümmen, da soll man keine Wut bekommen. Ich gehe ja auch nicht blind durch die Straßen, aber was ich da sehe und höre läßt mein Bild eben nicht abändern. Und perchè soll ich meine Wut nicht in Texten umsetzen?

Comunque sia, mein letzter commento zu diesem Thema.


distinti saluti

 
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Ich glaube nicht, dass mein Menschenbild unbedingt viel positiver ist. Jedoch sind meine Augen auch dafür geöffnet, was aus Wut und Verzweiflung entsteht. Wenn Du Deine Mitmenschen der Blindheit anklagst, dann darfst Du Dich leider nicht ausschließen. Du gehst den gleichen Weg nur mit anderen Prioritäten.

Schau Dir unser Gespräch an. Ich versuche Dir zu erklären, warum Wut alleine nichts bewegen kann, nichts aufbauen kann, und Du reagierst damit, mir zu erklären, warum man nicht wütend sein sollte (warum man wütend sein muss!): "Schau Dir doch die Welt an!" ist Dein Ton.

Deine Wut will ich Dir gar nicht nehmen. Wütend darf jeder sein. Doch bevor man sich mit diesen gesellschaftlichen Problemen ernsthaft auseinander setzt, muss man die Wut beiseite schieben, um offen genug zu sein, alle Seiten zu verstehen.

Du begibst Dich in diese typische Opferrolle, in die sich Juden nach dem Holocaust, und heute Araber, oder besser gesagt Muslime begeben. Anstatt Probleme zu lösen, anstatt es mal zu versuchen, wird immer mit dem Finger auf andere gezeigt, die ja soooooo schlecht sind. Wir sind ja nur die Opfer, wir können nichts für dieses und nichts für das. Das Fatale darin ist eben, dass man all sein Tun mit dem Hinweis, dass man ja Opfer ist, entschuldigen kann, während der andere für immer böse bleibt.

Mich kotzt das einfach nur noch an.

 
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Hallo Echna,

Um gleich den Knüppel aus dem Sack zu holen: Mit deiner Geschichte halte ich es ähnlich wie Zaza und ich glaube nicht, dass du verstanden hast was ihr an Zizi geht einkaufen nicht passt. Also versuche ich mal es anders zu erklären:

Unmittelbar macht deine Geschichte Spaß zu lesen. Man fühlt sich darin bestätigt, man nickt mit, klopft sich auf die eigene Schulter, gratuliert sich selbst dazu, dass man nicht so blöd wie die wimmelnden Massen ist und lacht über Dadas jämmerlichen Abgang. Soweit also so gut.

Ungefähr eine Minute und dreißig Sekunden später fängt man dann an über den Text zu reflektieren, und Dinge die einem eben noch als Vorzug der Geschichte erschienen sind auf einmal problematisch. Man wird sich bewußt, dass

- der Text niveaulos auf die Eitelkeit des Lesers zielt, indem er ihm ein falsches Gefühl der kulturellen Überlegenheit übermittelt, und zwar ironischerweise auf genau die selbe Art wie der Kapitalismus dem modernen Menschen den freien Willen vorgaukelt! (<- fällt dir sowas nicht auf?!? :eek: )

- der Text, entgegen den Vermutungen beim Lesen der ersten Hälfte, keinerlei moralische Problematik darstellt, sondern auf simpelste Art moralisiert und schwarz-weiß malt.

- der Text - und das ist der wichtigste Punkt! - durch die überzogene Darstellung keinerlei Bezug zu unserer Realität hat. Keiner in unserer Welt shoppt so viel wie Zizi und Dada. Keiner vergisst einfach die Freundin die von verblödeten Massen zertrampelt wird. Leute heißen nicht "Zizi" und "Dada". Aber trotz diesem ist der Text auch nicht wirklich allegorisch, da hier nicht die abstrakten Prozesse des Kapitalismus' in Zizi und Dada dargestellt werden, sondern nur die "Symptome". In anderen Worten, man erfährt nicht warum wir shoppen, man erfährt nur, dass wir shoppen. Es fehlt also auch noch der Bezug zur Darstellung der Realität in der Theorie (Marx) auf die der Text vorgibt sich zu beziehen. Zizi geht einkaufen ist demnach einfach ein Simulakrum und steht nicht, wie es möchte, ausserhalb des Diskurses, sondern ist Teil davon, weil es gängige Klischees und Pop-Marxismus ("Hey Mann, das System, Mann, das ist voll Scheiße, ey!") re-produziert. Wie ich schon unterm ersten Punkt sagte, der Text bewegt sich auf der gleichen koitalen Ebene wie das Einkaufserlebnis im neuen Shopping-Center.

Damit ich mich jetzt mit meiner Kritik nicht auch noch auf elitäres Gewichse beschränke, möchte ich genau das tun, was dein Text nie schafft: Mal einen Vorschlag machen wie es anders geht.

Entscheide dich ob du die Gesellschaft satirisieren oder darstellen möchtest. Momentan machst du keines davon, sondern du verarschst auf zynischste Holzhammer-Art eine Gesellschaft die nicht wirklich existiert. Um zu satirisieren müsstest du nicht nur das Wie sondern auch das Warum, wie ich schon angesprochen habe, einfügen. Um zu portraitieren musst du den Bezug zur Realität wieder herstellen (Marken bei ihren Namen nennen, etc.) und konkreter charakterisieren. Aber so wie jetzt, kann ich deine Zizi Geschichte nicht ernst nehmen.

 

Was genau bezeichnet für dich der Begriff "Simulakrum"? Ich habe ihn zwar in vielen verschiedenen Zusammenhängen gefunden, aber aber er wird leider nirgends definiert (und ich war nicht schlampig bei der Suche).

Beste Erklärung bisher:

Baudrillards Simulationsmodell besteht aus mehreren Ebenen von "Simulakra", die sich historisch ablösen:

Simulakrum erster Ordnung = Äquivalenzphase (histor.: Renaissance). Ziel ist Abbildung von Natur. Prinzip der Homogenität, Imitation, Identität.
Simulakrum zweiter Ordnung = Ersetzen von Imitation durch Produktion (histor.: industrielle Revolutuion). Ziel ist Beherrschung und Bearbeitung von Natur. Prinzip der Serialität, Dialektik. Beginn der Abwendung vom und Auflösung des Realen: Bezug von Signifikat/Signifikant wird im kapitalistischen Warenaustausch erstmals aufgehoben.
Simulakrum dritter Ordnung = Ersetzen von Produktion durch Reproduktion und Simulation (histor.: Mediengesellschaft). Realität wird vollständig überdeckt, es gibt kein Außerhalb der Welt des Codes. Prinzip der Indifferenz, Sinnleere/-losigkeit. Semantische Äquivalenz von Signifikat und Signifikant verschwindet: Marxsches Wertgesetz erfährt Ausdehnung zum strukturalen Wertgesetz des Codes, d.h. Gleichsetzung aller Bedeutungen, Differenzen etc.
Früher: Zeit der Metapher = Spiel mit Differenz und Illusion der Differenz. Metaphorische Form: Körper, Konturen, unterscheidbare Absichten/Ziele, Ein-/Mehr-Deutigkeit.
Heute: Metapher unmöglich, stattdessen Metonymie = allgem. Kommutation der Begriffe. Metonymische Form: Wasser, Permutation, Konturlosigkeit, alles aufsaugend, zugleich ohne Ziel. Kein-Deutigkeit.

(http://www.t0.or.at/~punktstoerung/disk/sem1.htm).

Bitte um Klärung!

 

Lieber 13en,

also

der Text niveaulos auf die Eitelkeit des Lesers zielt

Ich verstehe nicht, weshalb manche meinen, der Text ziele auf die Eitelkeit des Lesers ab, nur weil er überzeichnet, übertreibt?

indem er ihm ein falsches Gefühl der kulturellen Überlegenheit übermittelt, und zwar ironischerweise auf genau die selbe Art wie der Kapitalismus dem modernen Menschen den freien Willen vorgaukelt!

Dass dem nicht unbedingt so ein muß, hat ja ohnehin Dein Kommentar gezeigt. Also wenn Du Dich vom Autor veräppelt, an der Nase herumgeführt fühlst, zeigt ja schon, daß Du Dir vom Autor nichts weismachen lassen willst und deshalb den Text ablehnst, ist ja auch gut so.

durch die überzogene Darstellung keinerlei Bezug zu unserer Realität hat. Keiner in unserer Welt shoppt so viel wie Zizi und Dada. Keiner vergisst einfach die Freundin die von verblödeten Massen zertrampelt wird. Leute heißen nicht "Zizi" und "Dada". Aber trotz diesem ist der Text auch nicht wirklich allegorisch, da hier nicht die abstrakten Prozesse des Kapitalismus' in Zizi und Dada dargestellt werden, sondern nur die "Symptome". In anderen Worten, man erfährt nicht warum wir shoppen, man erfährt nur, dass wir shoppen. Es fehlt also auch noch der Bezug zur Darstellung der Realität in der Theorie (Marx) auf die der Text vorgibt sich zu beziehen.

Gut es hätte ja auch eine Abhandlung über Marx werden können, die Theorie des Mehrwertes, die Konsequenzen aus Überproduktion, Marktübersättigung, demnach Mangel an Nachfrage, Preisverfall. Aber ist das dann noch ein literarischer Text, eine Geschichte?

und konkreter charakterisieren. Aber so wie jetzt, kann ich deine Zizi Geschichte nicht ernst nehmen.
dann tu's ganz einfach nicht ;)

Ich werde von meiner Ansicht, daß die Überzeichnung ein durchaus legitimes Mittel ist, nicht abkommen.

Um zu satirisieren müsstest du nicht nur das Wie sondern auch das Warum

Dann müßte jede Kabaretnummer mit "weil, etc." erklärt werden, na ja, dann ist die Würze weg, auch die Provokation, von der Kabaret ja lebt.

ausserhalb des Diskurses, sondern ist Teil davon, weil es gängige Klischees und Pop-Marxismus ("Hey Mann, das System, Mann, das ist voll Scheiße, ey!") re-produziert

Also Popmarxismus kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Eine Überzeichnung ist eben eine Überzeichnung. Wenn Du sie als Holzhammer empfindest. Es sei Dir unbenommen.

Jedenfalls werde ich an dem Text kein Jota ändern. Und wie ich eine Geschichte schreibe, entscheide immer noch ich.

In diesem Sinne

liebe Grüße aus Wien

Echna

 

Das Echna-Manöver: Verstehe nichts, was Du nicht hören willst. Hehe.

 
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@Echna

Jedenfalls werde ich an dem Text kein Jota ändern. Und wie ich eine Geschichte schreibe, entscheide immer noch ich.

OK, klar, deine Geschichten haben Kritik nicht notwendig, hätte ich wissen müssen. :hmm: Somit war dies auch der letzte Kommentar, den ich zu einem deiner Texte schreibe.

Nur eine Frage noch: Wenn du keinen Bedarf an konstruktiver Auseinandersetzung mit deinen Geschichten hast, warum stellst du sie dann überhaupt in ein öffentliches Diskussionsforum?

@Batch

Ja! Genau den Begriff von Baudrillard meine ich. :thumbsup:

Um mal ein konkretes Beispiel für die verschiedenen Ebenen der Simulakra zu geben:

1. Ebene: Ein Gemälde von Monet, 1865, im Atelier des Künstlers
2. Ebene: Ein Gemälde von Monet, 1920, im Museum
3. Ebene: Ein Poster von Monet, 1985, bei den Hüppenstedts im Wohnzimmer

Anderes Beispiel:

1. Ebene: Das kommunistische Manifest
2. Ebene: Che Guevara in Kuba
3. Ebene: Che Guevara T-Shirts im Kaufhaus in Deutschland

d.h. Simulakra sind eine immer weitergehende Entfremdung von einer ursprünglichen Bedeutung.

Und Echna's Geschichte, so meine ich, befindet sich eben auf dieser dritten Ebene, wenn wir uns mal die Evolution gesellschaftskritischer Literatur ansehen: Das wäre dann zB Jack London -> Elfriede Jelinek -> Echnaton

Bei Echnaton ist vom eigentlichen Gesellschaftskritischen Moment nicht mehr viel übrig geblieben. Genau was an der Gesellschaft nicht gut ist erfährt man ja nie bei Zizi geht einkaufen. Es ist einfach alles scheiße, irgendwie. Und was soll sich ändern? Es soll einfach nicht mehr scheiße sein, alles.
Somit folgt Zizi zwar äusserlich der Form eines gesellschaftskritischen Signifikats, wurde aber von unlängst von jeglicher realitätsbezogener Bedeutung getrennt. Die wirklich Bedeutung ist hier, dass sich Leser und Autor toll finden dürfen, weil sie nicht so sind, wie sie sich ihre schlimmsten Albtraum-Konsumkinder ausmalen.

 
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Bedarf an konstruktiver Auseinandersetzung

der Text niveaulos auf die Eitelkeit des Lesers zielt, indem er ihm ein falsches Gefühl der kulturellen Überlegenheit übermittelt,

wie erkenntnisreich..

ein völlig leeres argument... über jede satire und übertreibung wird herzlichst gelacht - im stillen kämmerlein, bzw. in diesem fall beim anstehen an der megaschlange während des weihnachtlichen einkaufsbummels wird vielleicht mancher an echnas geschichte zurückdenken..

der Text - und das ist der wichtigste Punkt! - durch die überzogene Darstellung keinerlei Bezug zu unserer Realität hat.

echnas geschichte ist verdammt nah beim ansturm auf das neue potter buch, der täglich kostenlosen werbung von journalisten für dieter B. und beschreibt, dass daniel kübelböck auf platz 16 der besten deutschen aller zeiten gewählt wird..man möge sich einmal die hysterischen 12-14jährigen mädels auf seinen konzerten anschauen...natürlich existiert diese gesellschaft - und der text ist näher dran als so manche satire..

das warum?

das reflektieren - dieses so ach geliebte wort - sollte auch der leser beherrschen...ein holzhammer wäre es, in langen sätzen darzulegen, warum die gesellschaft dem kaufrausch verfällt und möchtegernstars hinterherjagt..die symptome zu überziehen ist völlig legitim.. über die ursachen mag sich jeder bei sich selbst oder seiner näheren umgebung ein bild machen - und dazu regt die geschichte an..

wo wir beim thema talkshow waren: die kritik an der geschichte erinnert mich an diejenigen, die sich in einer talkshow zu wort melden und der silikonlady auf dem stuhl erzählen, dass doch charakter viel wichtiger ist als dicke titten..dass dann noch ein link zu einem "abstrakten irgendwas" lobend hervorgehoben wird, wo jemand eben keine klare aussage macht, passt dazu..

dieser geschichte ist vorzuwerfen - wie fast allen geschichten echnas - das sie einseitig das (meist bekannte) negative hervorhebt, das positive ignoriert und keine lösungsansätze bietet..das negative trifft sie aber und das stilistisch einwandfrei..

grüße, streicher

 

@Streicher

Es gibt verschiedene Arten sich mit Freunden zu unterhalten. Ein bevorzugtes Gesprächsthema 14-jähriger Schülerinnen (die womöglich auf Daniel Küblböck stehen) dürfte wohl das Lästern über andere Leute, die einem missfallen, sein. Irgendwann wird man aber erwachsen, und man schätzt eher die Gespräche mit Freunden, in denen einem andere Meinungen und interessante Perspektiven zuteil werden. Lästern über andere, das hinterläßt dann nur noch eine unzufriedene Leere.
Diese Geschichte, allerdings, entspricht genau dem Lästern von Jugendlichen. Kurzzeitig und oberflächlich unterhält sie ("Schau nur! So dumm sind diese Leute!"), bald aber macht sich die Leere breit, der nur die allerhärtesten Zyniker entkommen können.

 

Verdammter Mist.
Soviel Diskussion und keine Zeit.

Warum habe ich diese Geschichte empfohlen?

Kaum jemand schafft es, nicht nur den Finger in eine Wunde zu legen, sondern auch noch Heilungsvorschläge zu machen, nicht in diesem kurzen Genre, nicht so, dass ich es gerne lesen würde und für empfehlenswert hielte (Achtung! Subjektivität!).

Gerne gelesen habe ich Echnatons Geschichte, freilich mehr Satire als Gesellschaftskritik.
Die Geschichte mag oberflächlich "lästern", aber ist damit auch nur Kind ihrer Zeit, spiegelbildlich zu sehen, denn unsere Zeiten werden oberflächlicher, bis hin zum Neusprech aus der Urfassung (dessen streichen ich Echna noch nicht verziehen habe).
Es mag Leute geben, die noch interessante Perspektiven schätzen. Doch davon begegnen mir nicht viele, entlarven sich die meisten schon bald als Gefangene "simulakrativer" (oder wie auch immer) Ideen und Ideologieen.
Wer übt denn heute noch die von Zaza geforderte fundierte Kritik an Miß-Ständen? Und wer wird gehört, geht nicht unter unter Schlagwörtern, sei es "Antisemitismus", "Rentenreform", "Globalisierung", "Nachhaltigkeit" oder "Terrorkrieg" oder sonst was?

Insofern lässt Echnatons Geschichte auf unsere Gesellschaft blicken, wenn wohl auch anders, als gewollt, denn in ihrer Machart passt sie perfekt in diverse Abläufe, die sich immer mehr im Denken manifestieren... Konditionierung, eben.

So, und jetzt muss ich schon wieder weg.
...para

 

Hallo Echna

Absurd und trotzdem nachvollziehbar ist die Geschichte für mich.
Wenn Rainer dabei an Uhrwerk Orange denken muss, so erinnert sie mich an "the Holy Mountain" von Jodorowsky. Bilder entstanden vor meinen Augen, bunte Bilder von Frauen mit Perücken, die Tand kauften um sich zu befreidigen.

hat mir sehr gut gefallen :)

Heli

 

Hallo Echnaton!

Du hast zwar bei den Namen überzogen, ansonsten aber eher die krasse Realität der Shoppingüberalleswelt, BigbrothersuchtdensuperstarnachmittagsdauertalkTV & Boyodergirlgroupvergötterung gezeichnet. Dabei hast du zwar keine neuen Erkenntnisse verbreitet und „Lösungsansätze“ geboten, aber das braucht so ein Text nicht. Er spiegelt in überzeichneter Form Zustände wider, wie es in der Satire üblich ist.

Die vielen kurzen Sätze passen meiner Ansicht nach gut zur „Schnellschnellundexundhopp“-Gesellschaft. Bei einem längeren Text wirken derart viele Kurzsätze zwar meist ermüdend auf mich, aber bei der Textlänge hier sehe ich da kein Problem.

Gut gelaunt ist Zizi heute. Das neue Einkaufszentrum wird eingeweiht, ein wunderbarer Tag. Gesinge, Geklinge, der Bürgermeister auf der Tribüne. Kurz ist seine Rede, er wolle doch die Feier nicht mit langatmigen Worten stören, er danke jedenfalls den Konzernen.

Rechtzeitig haben sie es noch geschafft, Zizi und ihre Freundin Dada. Im neuen Automobil mit beheizten Ledersitzen. Rasch ein Blick in den Rückspiegel, die Perlonperücke von Bulubul sitzt perfekt. Bulubul muss man besitzen, Dada trägt nur eine Haarspange jener Marke.

Beim Satzbau bzw. den Satzanfängen könntest du vielleicht etwas stärker variieren, vor allem in den ersten Absätzen.

„Faka Faka machen“ hat mich übrigens an „Dadada“ vom unseligen Trio erinnert, und damit wurden uns schon vor über fünfzehn Jahren die Ohren vollgedudelt ... :D

Viele Grüße
Christian

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Echnaton!

Auch Deine Geschichte habe ich in den Empfehlungen gesehen (deshalb die verspätete Reaktion).

Die Geschichte zog mich sofort total mit, wirbelte mich herum und spuckte mich dann wieder aus. Es ist ein sehr gut geschriebener Text, der irgendwie "echt" wirkt. Ich kann es nicht gut beschreiben, also gebe ich den Versuch auf und spreche Dir hiermit ein grosses Lob aus und belass es dabei.

Er erinnerte auch mich an "Brave New World" (von der Übersetzung des Titels "Schöne Neue Welt" halte ich nichts, da es nicht korrekt übersetzt ist), allerdings an den Film. Das Buch las ich bloss in einer einfachen Version im Englisch, es wirkte ganz anders. Der Film wirkt ähnlich, wie Dein Text.

Meiner Meinung nach kommt der Text gut aus ohne diverse Lösungsansätze und so etwas - das gehört vor allem in Zeitungsartikel und Sachbücher. In Kurzgeschichten kann es sein, muss aber nicht - denke ich jedenfalls. Der Text stellt die Wirklichkeit dar, bloss etwas intensiver, so empfand ich es jedenfalls.

Liebe Grüsse,
DyingOrDead

 

DyingOrDead,

danke fürs Lesen und Deinen Kommentar. Freut mich, daß Dich die Geschichte angesprochen hat. Was die Übersetzung von Titeln literarischer Werke und Filmen betrifft, sind die fast nie korrekt übersetzt, sondern oftmals einfach mit dem "Stimmigsten", darüber kann man geteilter Meinung sein.


danke nochmals

liebe Grüße

Echna

 

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