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Zizi geht einkaufen

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16.06.2002
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Zizi geht einkaufen

Gut gelaunt ist Zizi heute. Das neue Einkaufszentrum wird eingeweiht, ein wunderbarer Tag. Gesinge, Geklinge, der Bürgermeister auf der Tribüne. Kurz ist seine Rede, er wolle doch die Feier nicht mit langatmigen Worten stören, er danke jedenfalls den Konzernen.

Rechtzeitig haben sie es noch geschafft, Zizi und ihre Freundin Dada. Im neuen Automobil mit beheizten Ledersitzen. Rasch ein Blick in den Rückspiegel, die Perlonperücke von Bulubul sitzt perfekt. Bulubul muss man besitzen, Dada trägt nur eine Haarspange jener Marke. Es ist sich nicht ausgegangen mit dem Geld, sonst hätte Dada auch eine Perlonperücke wie Zizi. So ist es eben bei der Plastikhaarspange geblieben, in gelb und rosarot. Dazugehören möchte sie eben, so wie ihre Freundin.

Sie haben den Beginn verpasst, laufen eilig in die neu eröffnete Wunderwelt. Glänzend in Marmor die Wände, der Boden, edler Stahl im Licht der Lampen, blank poliert die Schaufenster. Die Bühne glüht im Scheinwerferlicht. Wächserne Ebenmäßige harren der groß angekündigten Darbietung. Einer neben dem anderen. Es ist kaum mehr Platz. Zizi und Dada drängeln sich nach vorne. Getöse, ein Tusch, ein Lichtspiel mit dem Markenzeichen von Pampu Kosmetik.

Mumu, der berühmte Mumu, habe sich bereit erklärt, seine neueste Nummer hier darzubieten. Blechern und süß die Stimme aus Hunderten von Lautsprechern, die Ankündigung des Festtages. Rufe der Entzückung, Gestöhne, Schreie der Freude. Die Wächsernen sind hingerissen. Vollständig in Neusprech werde er singen, zu neuen Takten. Zizi ist begeistert, Dada ebenfalls.

Die ersten Hämmertöne schlagen an. Nach vorn und zurück wippen die Ebenmäßigen, im Rhythmus, hin und her. Mumu erscheint im Glitzerkostüm, ergreift das Mikrofon. „Faka faka machen mit du", ein Welterfolg. Erregt bebt die Menge, schreit den Text des Liedes. Nach zwei Minuten beendet Mumu den Rausch aus Tönen.

Zwei Nummern werden noch angekündigt, erfreuen sich nicht so großer Beliebtheit. Alt seien die Lieder, meint Zizi und Dada stimmt zu. Die Menge zerstreut sich allmählich, Mumu singt vor ein paar lustlos Wippenden.

Schöne Dinge werden am flachen Bildschirm vorgestellt. Kremen von Pampu, neue Garderobe von Lullo. Zizi muss diese haben, betritt ein Geschäft, probiert, bezahlt. Dada steht daneben, beobachtet ihre Freundin, sieht sich schließlich nach zu Erwerbendem um. Ein Leibchen leistet sie sich, selbst wenn die Kreditkarte überzogen wird. Dada kann mithalten, ein wenig zumindest, lächelt deshalb. Heute ist auch sie glücklich, so glücklich wie Zizi. Vergnügt und heiter schlendern die beiden durch die Menge, ein wenig Kosmetik, eine Plastikuhr in Stirnbandform, für die kalten Tage, von Hompo, fein und teuer. Eine Folge der Serie Plimp flimmert über die Bildschirme. Babompa, die schönste Darstellerin aller Zeiten, weint, abgewiesen vom stählernen Helden. Schlimm, meint Zizi, auch Dada hat Mitleid mit der bewunderten Bapomba.

Abermals Geklinge, Gesinge, schließlich die honigsüße Blechstimme. Es wird gelauscht. Intimschau einer Kette für Koitalwaren in wenigen Minuten. Die Ankündigung des Tages, viel versprechender noch als Mumu. Hurtig strömen die Ebenmäßigen zur Bühne. Zizi nimmt Dada bei der Hand, nimmt noch eine Dose Üpsom mit auf den Weg, reicht der Freundin während des Eilens das Getränk. Dada verschluckt sich, speit gezuckerte Flüssigkeit zu Boden. Trommeln lärmen aus digitalen Maschinen. Ein Muskulöser im Lederanzug tanzt auf der Bühne. Mit einem Ruck ist das ärmellose Oberteil heruntergerissen. Die linke Brustwarze trägt er durchstochen von einem Eisenring. Zwei Tänzerinnen erscheinen. Stahlspitzen tragen sie an ihren Brüsten. Ihre Hüften kreisen um den Muskelkörper. Wollüstig zerren sie an dem Eisenring. Mumus Lied wird gespielt. „Faka faka machen mit du". Noch ein Tänzer, schlank, zart, nackt. Kleine, zierliche Gewichte baumeln an seinem Gemächt. Die Masse gerät in Hitze, bebt. Blusen werden aufgeknöpft, Hemden von Leibern gerissen. Hände berühren andere Körper, fahren lüstern auf Haut, berühren durch Stoff Gesäße, Geschlechter. Man könne in der Filiale im anderen Flügel auf Ebene Tse Faka faka machen, später die Erzeugnisse zum Sonderpreis erwerben, wispert die Blechstimme. Kreischend tobt die Masse, setzt sich in Bewegung. „Faka faka machen!"

Zizi ist entbrannt in Lust. „Faka faka machen!" Im Rausch lässt sie sich laufen von der Masse. Dada möchte eine Prise Lolo, hätte sie sich doch nur eine Packung gekauft. Lolo tut so gut, aber sie konnte ja nicht wissen, dass die Schau so großartig sein würde. Neuerlich Mumus Nummer, wieder und wieder. Alle rennen. Dada stolpert, fällt zu Boden. Niemanden kümmert es. In Hitze geraten, trampeln sie im Feuer der Erwartung über Dada, mit wunderlich starren Blicken ins Kommende. Sie schreit, brüllt. Ungehört bleiben die Schmerzensrufe. „Faka faka machen mit du", erhallt das Gejohle, lässt Dada unbemerkt ihr Leben aushauchen. Zu Brei getrampelt wird sie. Zizi hat sich nicht nach ihr umgesehen. „Faka faka machen", grölen sie, „Faka faka machen!"


 

Hallo Echna!

Es gibt viel zu viele Momente als anspruchsvoller Leser, wo man bass des Entsetzens auf den Monitor starrt, während die Zunge aus dem aufgerissenen Mund langsam zu Boden gleitet, und man sich fragt, ob Jahrtausende der Sprachentwicklung völlig spurlos am Autoren vorbei gerauscht sein könnten.

Und viel zu selten gibt es dann jene versöhnlichen Momente, wo man sofort in einer Geschichte gefangen ist und sich wünscht, dem Autor auf die Schulter klopfen zu können.
So wie bei dieser Geschichte.

Mit "realen" Namen und Markenartikeln versehen, bar der absurden Elemente, wäre daraus wohl eine Holzhammer-Kritik an der bösen Konsumgesellschaft geworden.
Deine - im wahrsten Wortsinne - "dadaistischen" Einsprenkel entstauben ein komatöses Untergenre und wirbeln es mit Leichtigkeit auf. Wunderbar!
Als Leser sehe ich alles ganz deutlich vor Augen und erkenne die zahllosen Anspielungen, ohne mich erst durch seitenweise Anmerkungen wühlen zu müssen, an welcher Stelle ich an was erinnert werden soll. Die abstruse Überhöhung der Wirklichkeit macht die Geschichte geradezu hyperrealistisch - was will man mehr?

Ich weiß nicht, ob du Anthony Burgess "Clockwork Orange" kennst. Eines meiner Lieblingsbücher. Rein vom nur scheinbar naiven, und doch treffsicheren Stil her hat mich die Geschichte ein bisschen daran erinnert. Falls du den Roman nicht kennst, musst du ihn unbedingt lesen.

Fazit: Die schwülstigen, melancholischen Beschreibungen deiner anderen Texte findet man hier nicht. Trotzdem ist das ein unheimlich starker, aussagekräftiger Text, der sich in einem Zug durchlesen lässt, ohne irgendwo zu haken. Faszinierend, was dir da gelungen ist.
Großes Kompliment!

Ach ja, meine Lieblingsstelle:

Intimschau einer Kette für Koitalwaren

 

Lieber Rainer,

danke fürs Lesen und Deinen Kommentar. Wieder werd ich ganz rot... hm.

Ich kann diese Welt nur mehr als absurdes Theater betrachten und den Protagonisten dazu passende Namen geben, zu entfremdet ist sie mir einfach.

Den Göttern seis gedankt, ist was ich erbrechen wollte rübergekommen, ohne mit dem oft zitierten Holzhammer draufzuschlagen. Derzeit kommt mir einfach nur diese Art von Texten aus den Fingern, das andere steht leider (Schreibblockade), das heißt eher diese Art Text mit leicht surrealem Anstrich.

Ich kenne den Roman leider nicht, hab nicht einmal den Film gesehen, ich denke, da habe ich etwas versäumt.

danke nochmals fürs Lesen und die ausgesprochen erfreuliche Kritik, möglicherweise komme ich doch mit meinen Stilexperimenten weiter. Klassischeres kommt hoffentlich wieder, wenn ich wieder besser drauf bin.

liebe Grüße aus Wien

Echna

 

Mahlzeit Echnaton,
dein Text verbreitet trotz Neusprech und Einkaufszentrum einen Odem aus den brummenden Zwanzigern, kippt für mich erst langsam, unter dem Gewicht der Satire, um in Richtung Moderne.
Sehr vergnüglich zu lesen, jedoch stören ein paar unten aufgeführte Holpereien.

PS:
Empfehlungsaspirant, trotz Schreibsperre.

Viele Grüße aus Würzburg,
...para

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Dazugehören möchte sie eben, so wie ihre Freundin.
Lässt sich streichen.

edles Stahl im Licht der Lampen,
"edler Stahl"

Vollständig in Neusprech werde er singen, zu neuen Takten.
Ah, very good... Or well? ;)

Alt seien die Lieder meint Zizi und Dada stimmt zu.
Komma.

Ein Leibchen geht sich für sie aus, selbst wenn die Kreditkarte überzogen wird.
Deine Herkunft in allen Ehren, aber mir ist erster Satzteil unverständlich.

Babompa, die schönste Darstellerin aller Zeiten weint
Komma.

Hände berühren anderer Körper,
"andere"

 

Lieber Para,

danke fürs lesen und Deinen Kommentar. Freut mich, daß die Geschichte bei Dir Anklang gefunden hat. Danke auch für die Hinweise. Die Kommata müßten jetzt passen, den Satz hab ich rausgestrichen.

Das mit dem Neussprech hab ich jetzt in etwas anderes geändert, damit's nicht gar so ... klingt (abgekupfert, schäm Dich Echna)

Das Leibchen möcht ich auch lassen. Das Leibchen hier ist das Oberteil (T-Shirt schmerzt mich zu sehr, tut mir Leid, ich versuche ohne jeglichen Anglizismus auszukommen, das würde mein Konstrukt zerstören).

Möglicherweise ändere ich es in Oberteil, auch wenn's mich schmerzt, aber wenn man es außerhlab Österreichs nicht versteht, macht es natürlich wenig Sinn.

danke nochmals und liebe Grüße aus Wien (heute mit Kaiserwetter)

Echna

 

Salve te,
Warum hast du diese Anspielung gestrichen? Fand ich gar nicht schlecht.
Das Leibchen hat mich weniger gestört als das "geht sich für sie aus", welches ich bemängeln wollte. Diese Konstruktion kenne ich überhaupt nicht und sie hört sich doch arg verbogen an.

 

Sodali,

Hier sagt man "etwas geht sich für jemanden/sich aus", wenn die Mittel/Zeit, etc. gerade eben noch verschmerzbar sind. Ist aber zugegebenermaßen ziemlich umgangssprachlich, hab es jetzt umgeändert.

 

Hallo Echnaton,

auch wenn ich so ziemlich alle deiner geschichten lese, melde ich mich selten zu wort - immer wieder derselbe einwand... du weißt schon..;) die zwei seiten der medaille..

diese geschichte hier, finde ich jedoch trotzdem "gewaltig"... gerade durch den stil und die entfremdung trommelfeuerartig abgeschossener, dutzender namen und marken hat die geschichte mich richtig überrollt - und damit den inhalt sehr eindringlich rüber gebracht.. das tempo im stil erhöht noch die geschwindgkeit im inhalt und das passt zu den zuckenden, wenig denkenden massen der geschichte und der realität...echt stark..

besonders gut hat ir der "flache Bildschirm" gefallen -da steckt was drin, in dem wortspiel..

viele grüße, streicher

 

Servus Streicher,

danke fürs Lesen und Deinen Kommentar. Ich denke über das Thema "heutige Zeit" werden wir beid euns wohl nie einige sein :D

Freut mich aber, daß Dir die Geschichte zugesagt hat.

liebe Grüße aus Wien

Echna

 

Obwohl ich dir nicht ganz verziehen habe, dass du das "Neusprech zu neuen Takten" gestrichen hast, werd ich mir mal einen Text für die Empfehlungsbegründung ausdenken.

 

Erinnert mich total an Brave New World. Wirkt deswegen nicht so auf mich. Weil kennt man ja schon. Obwohl die Sprache ja schon lustig ist. Naja, ich geh mir mal die Schmink- und Frisiertipps in der "Für Dada" anschauen. Dabei lege ich meine Füße hoch. Shoppen war heute so anstrengend...

 
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Para,

bleibt jetzt so. Danke.

Zaza,

tut mir von ganzem Herzen leid, daß Du so erschöpft bist vom Kaufikaufi machen.

Das von Dir zitierte Werk nennt man in unserer Sprache (in Österreich spricht man zumindest noch Deutsch)

Schöne Neue Welt

 

Hehe, ich hatte vergessen, wie sehr Du Denglisch liebst. Das Stück ist von Aldous Huxley, und damals im E-LK haben wir eben Brave New World gelesen. Deswegen werde ich es auch weiter so nennen, von Übersetzungen halte ich nämlich nicht viel. Und zwischen Denglisch und Englisch sollte man differenzieren können.

 

Das von Dir zitierte Werk nennt man in unserer Sprache (in Österreich spricht man zumindest noch Deutsch)

Schöne Neue Welt

Der Mensch ist neurotisch! Der Alltag zeigt es immer wieder...

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Echnaton!

Ich kann mich den lobenden Worten voll und ganz anschließen. Auch mir gefällt diese Geschichte ausgesprochen gut! :thumbsup:

Du nimmst die Konsumwelt gekonnt aufs Korn, zeigst, wie ferngesteuert die Menschen werden, wie sie sich vermeintliches Selbstwertgefühl kaufen, und wie rücksichtslos und blind sie dabei werden – schöne heile Welt. Und das alles, ohne daß sich jemand dabei auf die Füße getreten fühlt (glaub ich jedenfalls). :)

Deinen Stil finde ich sehr erfrischend – ganz besonders auch die Namen, die Dir für Menschen, Dinge und Tätigkeiten immer wieder einfallen. Nicht nur, daß es mir sowieso schwer fallen würde, überhaupt Namen zu erfinden, sind die aus Deiner Feder auch noch immer dermaßen treffend, daß einen wirklich der Neid fressen kann…:D
Zu Deinen Beschreibungen von Menschen fallen mir im Moment gerade die Deix-Karikaturen ein…;) Ein Buch mit Deinen Geschichten, von Manfred Deix illustriert, könnt ich mir gut vorstellen…:D …auch, wenn er sonst mehr politische Karikaturen macht. Aber ich glaub, ihr würdet gut zusammenpassen, da sein Stil zu zeichnen ungefähr Deiner Art zu schreiben entspricht… Sicher würden ihm auch Deine Geschichten gefallen.

(Für alle, die Deix nicht kennen, ein paar Beispiele: hier und hier und hier und hier und hier)


Zwei kleine Anmerkungen hab ich nur:

»sieht sich schließlich um nach zu Erwerbendem.«
– würde das „um“ ans Ende stellen

»viel versprechender noch als Mumu.«
– vielversprechender (zusammen)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Servus Echnaton!

Ganz großartig ist sie geworden, die Geschichte über Zizi und Dada! Alt zählt nicht mehr. Neu und angesagt muss sein, was die Kaufenden erstreben. Gewollter wird es, wenn ein Hauch von Faka faka den Namen der Marke überweht. Schrilles Tun zertrampelt rasch das Unbesondere, wenn es nicht mithalten kann.

... eine Plastikuhr in Stirnbandform, für die kalten Tage, ...
Vollständig in Einweltsprech werde er singen, zu neuen Takten.
Ausgesprochen gut beobachtet und herrlich bissig mit ausgeklügelten Worten beschrieben!

Einzig dieser Satz wirkt noch befremdlich:

Es ist sich nicht ausgegangen mit dem Geld, sonst hätte Dada auch eine Perlonperücke wie Zizi.

:huldig:
Antonia

 

So, ich habe noch einmal genauer drüber nachgedacht, warum mir der Text nicht gefällt. Es sind nicht allein die Parallelen zu Brave New World.

Es liegt viel mehr an der oberflächlichen Beleuchtung des Phänomens. Gut, ich bin da etwas voreingenommem, weil Shoppen kein Problem in meinen Augen darstellt. Aber ganz ehrlich: Kennt jemand 10 Leute in seiner Umgebung, die sich durchs Shoppen kaputt machen?

Du bedienst das Klischee der bösen, triebgesteuerten Konsumgesellschaft. Schön, draufhauen kann inzwischen aber jeder. Anstatt differenziert das Problem zu beleuchten und herauszufiltern, worin eigentlich das Problem liegt, findet man bei Dir die reiche Freundin Zizi, die sich alles leisten kann und die sich auch gedankenlos und egoistisch alles leistet und Dada, die Freundin, die mit allen Mitteln mithalten will. Also bitte, wenn das nicht an eine Endlosschleife erinnert...
Das ist das typische Pärchen, das Shoppen geht. So ist es immer. Aber eigentlich nur in Filmen. Ach ja, und in der Schulzeit. Das ist die einzige Zeit, in der meine Mitmenschen (mich eingeschlossen) verrückt spielten und wirklich alles was Rang und Namen hatte, in die Einkaufstüte stopften. Im Gegenteil, heute ist Geiz geil und billig in. Das ist so der Trend. Auch ein Grund, warum Deine Story etwas unzeitgemäß daher kommt.
Mal die ganzen Ramschläden beobachtet, die wie Unkraut aus dem Boden schießen? Wo man ein Snickers-Cruncher-5-Pack für einen Euro bekommt, weil die Haltbarkeit in zwei Monaten abläuft? Glaub mir, darauf stehen die Leute, ganz zum Leidwesen der Markennamen/Einkaufsketten. Deswegen gibt es bei uns auch die Plakat- und Fernsehwerbungaktion "Nur Marken kommen in meine Tüte." (so ähnlich).

Kaufrausch mit einer Orgie zu vergleichen ist ja auch etwas Naheliegendes, aber das kommt bei Dir so unrealistisch und haltlos daher. Wenn Du schon Mithalten-Wollen oder Dazu-Gehören-Wollen als Grund für blindes sich Reinstürzen angibst, dann wäre es auch nicht schlecht das etwas psychologisch auszuschmücken. Jemand, der dazu gehören will, fühlt sich anders. Der sieht sich als ein Außenseiter und versucht aus dieser Position herauszukommen. Nimmt man deswegen gleich alles in Kauf? Nur deswegen? Klischee. Oder sinnlose Überspitzung.
Du stellst den Menschen an Stellen als böse dar, wo er einem nur Leid tun kann. Anstatt auf menschliche Schwächen einzugehen, lässt Du all die Verhaltensweisen als böse Geltungssucht im Raum stehen.
Das ist so dermaßen einseitig.

Deswegen: Du nimmst die Konsumwelt beliebig oberflächlich aufs Korn, so wie es das schon hundertfach gab. Du bedienst das Klischee des ferngesteuerten, rücksichtslosen, geltungssüchtigen Menschen, ohne auch nur im Ansatz Stoff dafür zu bieten (warum sollte dahinter auch was stecken? jeder lacht ja gerne über andere oder grenzt sich von ihnen ab).

Wer in Gesellschaft postet, möchte, dass über seine Texte nachgedacht wird, der will ein gesellschaftliches Phänomen vielleicht aufzeigen. Dein Text ist gute Unterhaltung (den Schreibstil mag ich), bietet aber keinen Denkstoff, da Du gnadenlos wiederkäust, was andere vorgekaut haben und dazu noch die surreale Schiene fährst, so dass alles einen humorvollen Anstrich bekommt, was hier eher verklärend wirkt (sieht man ja an den Kommentaren). Abgesehen davon ist Dein Text von gestern. Wer über die Gesellschaft schreibt, sollte sie erst einmal kennen oder zumindest ansatzweise beobachtet haben.

Bitte, wir sind doch nicht hier im Kindergarten, dass ich mir was vorkauen lassen muss!

 
Zuletzt bearbeitet:

Ja, dass nur Bestätigung bekommst und keine Kommentare, in denen man sich mit dem Phänomen auseinandersetzt, unterstreicht mein Posting noch. Das ist Talk-Show-Niveau. Lasst uns mal alle auf die Schenkel klopfen und über die Zizis und Dadas der Gesellschaft lachen!

 

Liebe Häferl,

danke fürs Lesen, freut mich, daß Dich die Geschichte angesprochen hat. viel versprechend ist neue Deutsche Rechtsschreibung, hab da snochmals überpürft (ich schreib ja in alter Rechtsschreibung und lasse das ganze dann automatisch von einem Programm in neue rechtsschreibung umwandeln, aber da können Hauer passieren, deshalb nochmals im Duden nachgesehen).

danke nochmals

liebe Grüße

Echna


Batch: also ein Franzose oder Italiener würde mich nicht als neurotisch bezeichnen, das ist wiede reinmal ein beweis für die Selbstverleugnung des Deutschsprachigen Raumes, wie auch immer... Ferner werden Deutsche Titel in Großbritannien auch in übersetzter Version zitiert...

Darfst mich aber weiterhin einen Neurotiker nennen

 
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Antonia,

danke auch Dir fürs lesen, freut mich, daß die Geschichte bei Dir Anklang gefunden hat. Den Satz laß ich aber so stehen, hehe.

liebe Grüße

Echna

Zaza,

erst mal möchte ich mich wirklich bedanken dafür, daß Du Dich mit dem Text dermaßen intensiv auseinandergesetzt hast (das mein ich jetzt ehrlich). Gut er hat Dir nicht gefallen, da kann ich nichts dran ändern.

Er war nicht als Auseinandersetzung gedacht, sondern als Ausdruck meiner Wut über eine Welt, über die man sich nur mehr auf derbe Art lustig machen kann. Wie ich die heutige Zeit sehe, hab ich, so denk ich, ohnehin schon kundgetan. Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte. Wenn's wiedergekaut wirkt, an ja, irgendwie kann ich dmait leben.

Für mich hat diese Neue Zeit einfach nur den Holzhammer verdient.

Die Billigläden sind ein Phänomen, stimmt schon; sind für Proleten wie mich gedacht, die nicht so großartig verdienen. Jeder dritte Österreicher ist verschuldet, da Konten für sinnlose Dinge überzogen werden. In Deutschland wird es nicht anders sein.

Und ich denke doch, daß der Großteil der Menschen von Heute einfach nur Konsum und Geschlechtsverkehr im Kopf hat. Es tut mir leid, aber ich gehe auch nicht blind und taub durch die Straßen.

Du stellst den Menschen an Stellen als böse dar, wo er einem nur Leid tun kann.

Er wird durch das System böse gemacht und läßt es sich nur allzugern gefallen. Das ist ja der Sinn des Kapitalismus die Menschen gegeneinander auszuspielen (was ja so schön mit "Wettbewerb" umschrieben wird) und ihn dazu anzuhalten noch mehr zu konsumieren. Damit nicht allzuviel nachgedacht wird, gibt es koitale "Genüsse" an jeder Ecke und es wird angenommen, da ja ein Urinstinkt angesprochen wird.

Markenware wird heutzutage in den selben Fabriken in Haiti zusammengeflickt wie das billige Klumpert (Zeug, Ramsch) von diversen Billigketten, nur ist es halt entsprechnd teuer. Lug und Trug.

Die Menschen fallen drauf rein, selbst der hiesige Finanzminister (der sich ja in einem Wochenmagazin hier sich für seine Lieblingsmarke ins Zeug geworfen hat).

Gut, langer Schreibe kurzer Sinn, wir sehen die Welt vermutlich anders, was ja kein Nachteil ist.

In diesem Sinne, danke für Deinen langen Kommentar und liebne Grüße aus Wien (nebelig und kalt)

Echna

 

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