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Zerbrechlicher Frühling

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02.01.2011
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Zerbrechlicher Frühling

Schicksale der Ampel


„Ja i woas a net, warum die nimma kimmt,“ meinte die Frau Grainer vom Metzger. Ihre kräftige Stimme wirkte fast schon beleidigt. "Irgendwas mit am Mann."
„Na, tot ist die net. - Ja, i bin sicher!“ äffte sie den Herren in senfgrün nach und klatschte die Leberwurst kurz darauf mit Nachdruck auf die Theke. Sie war sicher.
„Hamas jetzat?“
_

Frühling. Die Stadt blüht auf. Die Luft beherbergt noch einen letzten Rest winterlicher Frische. Die ersten Jogger suchen die Straßen und Parkanlagen auf während einige mürrische Mienen sich auf den Weg zur Arbeit machen. Sie binden ihre Mäntel um sich wie einen Druckverband und starren auf ihren gepflasterten Weg. Jeder in seiner Welt. Immer mehr Menschen in den Betonschluchten. Viele eilen hinab in die Gefilde von Neonröhren und Klimaanlagen.
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Sie nicht. Sie fährt keine U-Bahn mehr.
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Er lächelt sanft wie er es so oft tut. Das regelmäßige Mimen eben dieses gleichen, sanften Gesichtsausdruckes mindert seine Ernsthaftigkeit nicht. Er kauft die Blumen ohne auf den Preis zu achten, denn darum geht es ja nicht. Wenn es nach ihm ginge müssten Blumen gar nichts kosten. Symbolik for free.
Sein Arbeitsweg ist heute wieder ein anderer. Anderer Bodenbelag, anderes Licht, ein ganz anderes Stück Matrix. Er genießt die alten Häuser, respekteinflößend blicken sie mit ihren fensternen Augen auf ihn herab. Aber er hat sich vor nichts zu schämen. Liebe dich selbst, sein erstes Gebot. Er geht eine weitere Straße hinunter, ein weiterer Abschnitt. Schönheit überall.
_

„Kruzefix!“ Herrn Kreuzner ist so etwas schon lang nicht mehr passiert. In 31 Jahren ist er erst zweimal zu spät zur Arbeit gekommen. Herr Kreuzner trinkt selten. Heute brummt sein Kopf und sein Magen fühlt sich viel zu leicht an. Stolpernd hastet Herr Kreuzner von Zimmer zu Zimmer auf der Suche nach den fehlenden Teilen seines Anzugs. Im Arbeitszimmer muss er kurz innehalten und seine schwachen Finger in das massive Eichenholz seines Schreibtisches krallen um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Dann eilt er zum alten Opel, das Wetter lautstark verfluchend. Der junge Chef, der neue Lackaffe, der wird wieder sauer auf ihn sein. Der hat es ja sowieso auf ihn abgesehen. Hoffentlich springt er heute an.
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Die Männer schauen ihr auch nicht mehr nach. Die Männer, die ihr einst in der Bank oder im Supermarkt die Tür aufhielten, die nervös wurden wenn sie „Danke“ sagte. Und sie kann es auch nicht nur der steigenden Anzahl an elektronischen Schiebetüren zuschreiben. Sie wird nicht beachtet, ist einfach grau. Wie alles hier. Ein Chamäleon im Dschungel der Normalität.
_

Das Lächeln verschwindet nicht, trotzdem rumort es in seinem Inneren auf einmal. Die emotionale Flut die jeden das eine oder andere mal erfasst trifft ihn mit Wucht. Er bleibt abrupt stehen. Vor ihm steht die Armseeligkeit seiner Existenz, bewaffnet mit einem Blumenstrauß und einem schmalen schwarzen Anzug. Der dreckige Jungendliche der versucht den Engel zu spielen.
_

Herr Kreuzner ist tief in Gedanken versunken in seinem Opel. Der Sitz ist schaumig weich und die Post noch weit. Der plötzlich veränderte Ablauf der Dinge beunruhigt ihn. Seine Zähne fühlen sich flaumig an. Er biegt rechts ab und fährt mit mutigen 53 km/h die Weisenhausstraße runter. Die Ampel Ecke Dom-Pedro-Straße schaltet, Herr Kreuzners nahender Ankunft wohl bewusst, schnellstmöglich auf Rot. „Wieso ich?“ schießt es dem Paketsortierer durch den Kopf. Aber schon im nächsten Augenblick erfüllt ihn wieder ein anderer Gedanke. Die Reue die er empfindet wenn er Zeuge seiner eigenen Abstumpfung wird. Nostalgie. Früher hat er sich noch andere Fragen gestellt. Fragen des Lebens. Wollte glücklich sein. Seiner Frau alles geben, für sie alles geben, beim Postamt. Der Michaela, die war ja auch immer so fürsorglich. Aber irgendwann war ihm Heirat dann zu endgültig vorgekommen. Schade, Michaela hätte ihn aufgeweckt. Aber eigentlich war es Helgas Schuld warum es nicht gehalten hatte. Die alte Sekretärin vom jungen Chef. Sie musste dann gefeuert werden. Verführung eines Untergebenen oder so. Herr Kreuzner musste als Zeuge aussagen.
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Er kann kein Engel sein. Der Teer verklebt seine Flügel. Der Strudel aus Gedanken zieht ihn in seine Vergangenheit, breitet sich aus wie ein Tropfen schwarzer Tinte, seinen Kopf infizierend. Tage an denen er den halben Tag ohnmächtig war. Die Zeit in der er alles verlor, bis er irgendwann das Gefühl hatte nicht einmal sein Blut sei noch sein eigenes. Der Drang, die Sucht. Alles zurück, alles wieder da. Er zuckt.
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Sie denkt nicht mehr und macht die Daunenjacke bis oben zu. Diese Reißverschlüsse funktionieren ja inzwischen echt gut. Sie schlendert an einem weiteren Supermarkt vorbei, beäugt die Super-Sonderangebote und ärgert sich ein wenig, weil sie die Orangen bei der Konkurrenz für teureres Geld gekauft hat. Dann steht sie an der Ampel vor dem Rotkreuzkrankenhaus. Ein siebzehnstöckiger Block massiver Hässlichkeit. Der verblichene Anstrich und die schwarzen Abgasschlieren lassen das Haus selbst eher ungesund, fast kränklich erscheinen. Ein großer Geländewagen, so ein arrogantes Teil, fährt rechts abbiegend direkt vor ihrem Gesicht vorbei. In den getönten Scheiben sieht sie Pauls Tod. Wie immer. Zu Hause hat sie keine Spiegel mehr.
Sie hatte Lachsfilet und Mangold gekauft, damals, um ihn zu überraschen. Der Deal in Berlin war besser gelaufen als erwartet und sie war zwei Tage früher heimgekommen. Von eben dem Supermarkt der die billigen Organen verkauft war sie dann runter auf den Bahnsteig um sich die Ampel zu sparen. Dort traf sie Paul, ihren Freund, zufällig. Er sah aufgeregt aus, hatte sie noch nicht entdeckt und trat trotzdem schon vom einen Bein auf das andere. Sie dachte an diesem Tag, den sie feiern wollte, schon an Kinder und ein Haus im Grünen. Sie wollte keine moderne Zukunft, sie wollte klassisch. In guter Hoffnung und mit guter Kunde schlenderte sie Paul entgegen, nachdem sie rennen als unangemessen eingestuft hatte. Der Windzug kam, ein Scheinwerfer am Ende des Tunnels. Sie beschleunigte ihre Schritte, die Mangoldblätter wippten mit. Der Zug fuhr ein, sie schrie, etwas quietschte und ihr Licht ging aus.
Die Ampel sprang auf grün.
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Er zuckt, öffnet seine vor Anstrengung zusammengepressten Augenlieder und erblickt zuerst den Strauß violetten Gewächses in seiner Hand. Er weiß nicht wie sie hießen, denn darum geht es ja nicht. Der zarte Duft wirkt beruhigend. Der Sog wird schwächer. Farbe und Ton kehren zurück in die urbane Szenerie und mit ihnen auch sein sanftes Lächeln. Nachdem er die Tintenwellen überwunden hat, fühlt er sich immer stark. Glücklich über seinen erneuten Sieg fängt er wieder an zu gehen.
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Nun ja, vielleicht war es auch zum Teil sein Fehler. Herr Kreuzer hätte einfach stärker sein sollen. Hätte sein damals noch feuriges Temperament für seinen romantischen Lebensabend mit seiner Michaela sparen sollen. Jetzt ist er leer und die nächste ist schon wieder rot. Eine heimtückischen Entzündung am oberen Augenlied der Ampel. Herr Kreuzer wird sie nicht los. Er hasst sich in seinem Opel, an roten Ampeln wartend, zur Post fahrend um doch nie ankommend. Viele Pakete kommen nicht an, werden nie zugestellt. Manchmal sortiert Herr Kreuzer einfach eins ins falsche Fach. Der Gedanke an die Macht die er so über das Schicksal hat gefällt ihm. Manchmal.
_

Sie steht immer noch. Der Van ist zum Glück längst vorüber, aber das Meer aus Kummer lässt sie erst langsam wieder frei. Sie hasst dunkles Wasser.
_

Er weiß, dass die Blumen für sie gedacht sind. Jeder weiß es. Sie stehen sich gegenüber und starren sich an. Die anderen Wartenden, gelangweilt weil wartend, schütteln grinsend den Kopf. Belustigt von dem Maß an Interesse der zwei Menschen aneinander und deren Trennung durch diesen Fluss aus Asphalt. Ihr Gesicht ist verquollen, die Augen gerötet und sie blickt unsicher drein. Grüner Mensch leuchtet, die Brücke ist errichtet. Die Menschenmassen traben an und in deren Mitte stehen die zwei sich gegenüber. Sie nimmt die Blumen und er lächelt sanft. Er tut das häufig, aber sie weiß es nicht. Dann ist die Herde davon, das Publikum entflohen, das Stück vorbei und Herr Kreuzner ist immer noch zu spät. Der Opel brummt. Alle Lichter sind rot. Kein Seitenairbags und eine verlorene Blume auf der Windschutzscheibe. Frühling.

 
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hey nikonotiz

das finde ich mal eine feine Geschichte. Eigentlich hab ich nur mal so draufgeklickt, weil, ach weiß auch nicht, aber dein Zerbrechlicher Frühling hat mich gleich reingekriegt, mit sowas, wart mal ...

Sie binden ihre Mäntel um sich wie einen Druckverband und starren auf ihren gepflasterten Weg. Jeder in seiner Welt. Immer mehr Menschen.

Druckverband, ja, das ist ne interessante Perspektive.

Er kauft die Blumen ohne auf den Preis zu achten, denn darum geht es ja nicht. Wenn es nach ihm ginge müssten Blumen gar nichts kosten. Symbolik for free.
Sein Arbeitsweg ist heute wieder ein anderer. Anderer Bodenbelag, anderes Licht, ein ganz anderes Stück Matrix.

Hehe, die Matrix. Dieser ganze Computerscheiß wird noch unsere letzte Metapher.

Heute brummt sein Kopf und sein Magen fühlt sich viel zu leicht an.

Feine Beobachtung, das mit dem leichten Magen.

Vor ihm steht die Armseeligkeit seiner Existenz, bewaffnet mit einem Blumenstrauß und einem schmalen schwarzen Anzug. Der dreckige Jungendliche der versucht den Engel zu spielen.

Ich nehme hier mal ganz forsch an, Armseeligkeit ist so geschrieben gewollt, find ich schön.

Über die ersten beiden Absätze muss man aber erstmal hinwegkommen, wenigstens ich, Dialekte sind mein Ding einfach nicht und im zweiten Absatz brauchts mehr Begriffssicherheit.

Kristallklare Frische erfüllt die diesige Luft, besprüht die Ameisen der Stadt wie Zimmerpflanzen.

Kristallklar ist für mich - was klares. ;) Diesige Luft ist trüb. Und wie da jetzt was die Menschenameisen besprühen soll, und dann auch noch wie Zimmerpflanzen, das geht für mich gar nicht zusammen. Am besten komplett kicken den Satz, schlag ich vor. Den brauchts net.

Hundekotbelastete Grünstreifen kämpfen gegen die alltäglichen Abgaseschauer an und bringen ein zartes, fast zerbrechliches Grün zustande

Zweimal Grün gibt schon mal Abzüge in der Haltungsnote. Na und dann bleibts halt noch ein Grünstreifen, der Grün zustande bringt, also ... inhaltlich bisschen mau.

Die ersten Jogger suchen die Straßen auf und Parkanlagen auf während einige mürrische Mienen sich auf den Weg zur Arbeit

Ich würde eins der drei "auf" streichen. Ich sag aber nicht, welches.

Betonschluchten geflutet von Status und Identität. Die zähe, graue Masse versucht abzufließen. Weg vom Licht, in die Gefilde von Neonröhren und Klimaanlagen.

Also wenn du hier nicht von einer Art Massenidentität sprichst, beißt sich Identität auf jeden Fall mit der grauen Masse, denn die ist ja gesichtslos, besteht aus ununterscheidbaren Menschprodukten, die ist ja das Gegenteil von Identität und Individuum. Kannste die graue Masse nicht rausnehmen? Das ist doch echt schade, so eine Plattitüde hier in diesem Text.

Liebe dich selbst, seine erstes Gebot

e streichen!

Ein Chamäleon im Dschungel der Normalität.

Das ist cool. Den Satz hätt ich gern gefunden.

Diese Reisverschlüsse funktionieren ja inzwischen echt gut.

Also ich nehme mal an, das Ding ist nicht essbar. Dann mach mal ein ß aus dem s beim Verschluss.

Sie schlendert an einem weiteren Supermarkt vorbei, beäugt die Super-Sonderangebote und ärgert sich ein wenig, weil sie die Orangen bei der Konkurrenz für teureres Geld gekauft hat.

Das find ich auch stark, diese kleine Beobachtung, die machen Geschichten für mich mit authentisch, ganz davon abgesehen, dass solche Gedanken wohl kaum einem fremd sind.

die Mangoldblätter wippten mir

wippten mit.

Ein großer Geländewagen, so ein ignorantes Teil, fährt rechts abbiegend direkt vor ihrem

Ich weiß jetzt nicht, einem Geländewagen Ignoranz zuzuschreiben ...

Eine heimtückischen Entzündung am oberen Augenlied der Ampel. Herr Kreuzner wird sie nicht los.

Yeah, das ist echt gut!

Ja, also gefällt mir wirklich, stelle ich grad fest, wie du die verschiedenen Menschen dort an der Ampel zusammenführst und diese unterschiedlichen Existenzen so ausleuchtest. Auch der szenische Aufbau. Zwei Fäden sind ja eher düster-resignativ, da ist es natürlich freundlich von dir, dass du die Geschichte sozusagen positiv enden lässt, für den jüngsten, diesen flügellahmen Engel mit unendlichem Unwahrscheinlichkeitsantrieb.

Viele Grüße
Kubus

PS: Wenn man deine Geschichte anklickt, sieht man erstmal das:

Zerbrechlicher Frühling

Schicksale der Ampel
Leute meinten sie sei eine Blume gewesen. Eine so lebhafte Person.

Etwas fülle, mein ich.

 

Danke vielmals Kubus.

Ich war sehr erstaunt über das Lob. Meine Freundin und beste Kritikerin war von den vielen Metaphern wenig angetan und fand vor allem diese Ein-Wort-Dramatik etwas platt.
Deine differenzierte Kritik aber ist wirklich gut. Ich gebe dir in allen Punkten recht. Manchmal braucht man einfach ein zweites oder dritte paar Augen. Danke!

Grüße,
Nikonotiz

PS: Ich weiß nicht, aber in München fahren diese SUVs mit getönten Scheiben und Bonzen(stanberger)-Kennzeichen rum. Und weil man nicht wirklich reinsieht und dem Auto kein Menschen zuordnen kann, dachte ich, dass man vielleicht einfach negative Emotionen gegen das Auto schürt. Weiß nicht....

 
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hi Nikonotiz

freut mich, wenn du was mit meinem Senf anfangen konntest, hat ja auch Spaß gemacht, da rumzudenken. Ich fands gar nicht platt, wie geschrieben.

Bei uns in Hamburg fahren diese Dinger natürlich auch rum, solche Geräte braucht man in der Großstadt einfach, wenn man beispielsweise zum Bäcker um die Ecke muss oder so. Dem eine schlechte Eigenschaft anzuhängen, finde ich gar nicht verkehrt. Nur Ignoranz hab ich als nicht ganz passend empfunden, so ein benzinfressender PS-Schwanz macht auf mich eher einen hochmütigen oder eitlen Eindruck.

Grüße
Kubus

PS: Arroganz passt besser in die Zeit als Hochmut oder Eitelkeit, stimmt.

 

Hallo nikonotiz,

und Willkommen im Forum.

Also, für mich fügt sich das Ganze nicht so wunderbar zusammen wie für Kubus. Ich habe eher manchmal das Gefühl, das die Absätze mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten, dass der Autor mich da nicht zu lenken und führen weiß. Das ist schade, weil ich denke, dass da wirklich was hinter steckt. Was, Wer, Wann und Warum - war mir echt nicht immer klar und es wird auch nicht besser, je häufiger ich den Text lese. Und ich habe mich wirklich bemüht und den Text mehrmals gelesen. Aber dadurch, dass Du das alles so schmal hältst und so kryptisch angehst, lese ich eben genau das - irgend etwas Kryptisches, was sich an manchen Stellen erhellt und dann wieder im Dunkeln verschwindet. Schade!

Sprachlich gesehen ist das nicht ganz unspannend und hat sehr schöne Momente. An anderen Stellen jedoch ist es einfach nur unelegant und wackelig.

„Ja i woas a net, warum die nimma kimmt(kein Komma)“(hier Komma) meinte die Frau Grainer vom Metzger.

Das Komma kommt nach der Rede, wenn der Satz weitergeht.

„Na, tot ist die net. - Ja, i bin sicher!“(Komma) äffte sie den Herren in senfgrün nach ...

Sie binden ihre Mäntel um sich wie einen Druckverband und starren auf ihren gepflasterten Weg. Jeder in seiner Welt. Immer mehr Menschen in den Betonschluchten. Viele eilen hinab in die Gefilde von Neonröhren und Klimaanlagen.

Schön. Das hat Atmosphäre.

Symbolik for free.

Finde ich überflüssig.

respekteinflößend blicken sie mit ihren geschlossenen Augen auf ihn herab.

Das ist unglücklich. Mit geschlossenen Augen kann man nicht schauen oder blicken oder so.

Und man kann es auch nicht nur der steigenden Anzahl an elektronischen Schiebetüren zuschreiben. Sie wird nicht beachtet, ist einfach grau. Wie alles hier.

Man oder sie? Wörter wie auch und nur sollte man nur da einsetzen, wo sie unverzichtbar sind. Hier wirken sie wie Staubfänger.

Er bleibt abrupt stehen. Vor ihm steht die Armseeligkeit seiner Existenz, bewaffnet mit einem Blumenstrauß und einem schmalen schwarzen Anzug.

Hier mal ein Beispiel für meine Verwirrung. Wer trifft da wenn, wo? Wer ist wessen Existenz? Hä?

Herr Kreuzner ist tief in Gedanken versunken in seinem Opel. Der Sitz ist schaumig weich und die Post noch weit. Der plötzlich veränderte Ablauf der Dinge beunruhigte ihn. Seine Zähne fühlten sich flaumig an.

Tempuswechsel und ich weiß nicht warum.

usw. - da fehlen auch etliche Kommata, da ich aber nu auch nicht der Profi bin, wage ich es nicht, sie Dir zu berichtigen :). Aber ein paar fehlen da schon, da bin ich mir sicher.

Ja, schöne Idee, zum Teil auch sehr schöne Bilder, aber im Ganzen ist mir das zu wirr.

Viel Freude Dir hier im Forum!

Beste Grüße Fliege

 

Hallo Forum, danke Fliege,

vielen Dank für das (mehrfache) Lesen. Einiges sehe ich klar ein, vor allem Grammatikprobleme sind einfach meine klare Stärke. Inhaltlich muss ich jetzt einfach mal sagen: Naja die Kritik ist leider so vage wie meine KG zu seien scheint - nichts für Ungut, ich weiß wie unklar manchmal das Gefühl ist, was von einem gelesenen Text zurückbleibt.
Dem Leser nicht alles offensichtlich ins Gesicht zu klatschen, sondern es eher anzudeuten (kryptisch:)), ist definitiv Absicht, ja! Aber ich kann dein Gefühl der Unzufriedenheit verstehen, nicht alle Flächen sind hier ausgemalt. Den Raum um mit der eigenen Phantasie, grade die Charaktere, etwas mit zu gestalten wollte ich einfach niemandem wegnehmen. Aber wenn das Empfinden der Unzufriedenheit beim Lesen der Geschichte überhand nimmt, war das nicht meine Absicht. Hoffentlich werden sich noch andere dazu melden, damit ich mir ein Bild machen kann, ob die KG tragbar ist.

Danke für deine Gedanken,

Grüße,

Nikonotiz

 

Hey Nikonotiz,

Er biegt rechts ab und fuhr mit mutigen 53 km/h die Weisenhausstraße runter
hier biste (bei fuhr)in die Vergangenheit jerutscht.

Ja, also gefällt mir wirklich, stelle ich grad fest, wie du die verschiedenen Menschen dort an der Ampel zusammenführst und diese unterschiedlichen Existenzen so ausleuchte
Diesem Zitat von Kubus möchte ich mich anschließen. Deine Sprache ist individuell, du fühlst dich gekonnt in deine Figuren ein, und die Perspektive der Geschichte ist ebenfalls orginell. Also mir hats gefallen. Es sind noch ein paar Kommafehler drin, aber da bin ich gerade zu faul für.....

Das Kryptische...Naja, es hinterlässt eine Stimmung bei mir und damit funktioniert eine Geschichte für mich. Bin gespannt auf zukünftige Werke

Gruß
Jan

 

Guten Abend nikonotiz,
Als Dankeschön für Deine Kritik, möchte ich nun meinen "Senf" zu Deiner Geschichte geben. Das ist jetzt wirklich keine Rache, wäre ja totaler Quatsch, aber besonders spricht mich Deine KG nicht an. Vielleicht bin ich nicht in der richtigen Stimmung, alles auch Geschmackssache. Auf jeden Fall, merkt man, dass Du gut schreiben kannst.
LG Damaris

Frühling. Die Stadt blüht auf. Die Luft beherbergt noch einen letzten Rest winterlicher Frische. Die ersten Jogger suchen die Straßen und Parkanlagen auf

während einige mürrische Mienen sich auf den Weg zur Arbeit machen.
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Sie nicht. Sie fährt keine U-Bahn mehr.

find ich sprachlich plumb, außerdem würde dies bedeuten, dass sie von Beruf U-bahn-fahrerin war
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Er genießt die alten Häuser, respekteinflößend blicken sie mit ihren fensternen Augen auf ihn herab. Aber er hat sich vor nichts zu schämen.

FÜR nichts zu schämen

Der junge Chef, der neue Lackaffe, der wird wieder sauer auf ihn sein. Der hat es ja sowieso auf ihn abgesehen.Hoffentlich springt er heute an.
ungewollt? lustig, da sich das Anspringen auf den Chef bezieht
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Die Männer schauen ihr auch nicht mehr nach. Die Männer, die ihr einst in der Bank oder im Supermarkt die Tür aufhielten, die nervös wurden
wenn sie „Danke“ sagte. Ein Chamäleon im Dschungel der Normalität.
schönes Bild
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Das Lächeln verschwindet nicht, trotzdem rumort es in seinem Inneren auf einmal. Die emotionale Flut die jeden das eine oder andere mal erfasst

trifft ihn mit Wucht.
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Herr Kreuzner ist

besser: fläzt im weichen Autositz,
tief in Gedanken versunken
in seinem Opel würde ich streichen
. Der Sitz ist schaumig
schaumig gefällt mir gar nicht, Schaum ist nass
weich
und d, würd ich streichen, dafür: Die Post ist noch weit.
Der plötzlich veränderte Ablauf der Dinge beunruhigt ihn. Seine Zähne fühlen sich flaumig an. Er biegt rechts ab und fährt mit mutigen 53 km/h die Weisenhausstraße runter. Die Ampel Ecke Dom-Pedro-Straße schaltet, Herr Kreuzners nahender Ankunft wohl bewusst, schnellstmöglich auf Rot. „Wieso ich?“
besser: Wieso immer bei mir?
schießt es dem Paketsortierer durch den Kopf. Aber schon im nächsten Augenblick erfüllt ihn wieder ein anderer Gedanke. Die Reue die er empfindet
wenn er Zeuge seiner eigenen Abstumpfung wird. Nostalgie. Früher hat er sich noch andere Fragen gestellt. Fragen des Lebens. Wollte glücklich sein. Seiner Frau alles geben, für sie alles geben, beim Postamt. Der Michaela, die war ja auch immer so fürsorglich. Aber irgendwann war ihm Heirat dann zu endgültig vorgekommen. Schade, Michaela hätte ihn aufgeweckt
ich weiß nicht: aufgerüttelt vielleicht?
. Aber eigentlich war es Helgas Schuld
warum es nicht gehalten hatte.

Die Zeit in der er alles verlor, bis er irgendwann das Gefühl hatte

nicht einmal sein Blut sei noch sein eigenes.
_

Sie schlendert an einem weiteren Supermarkt vorbei, beäugt die Super-Sonderangebote und ärgert sich ein wenig, weil sie die Orangen bei der Konkurrenz für teureres Geld

nein, teureres Geld geht überhaupt nicht!: teurer eingekauft hat
gekauft hat.
Von eben dem Supermarkt der die billigen Organen
Orangen
verkauft war sie dann runter auf den Bahnsteig
um sich die Ampel zu sparen.
In guter Hoffnung und mit guter Kunde schlenderte sie Paul entgegen, nachdem sie rennen als unangemessen eingestuft hatte. Der Windzug kam, ein Scheinwerfer am Ende des Tunnels. Sie beschleunigte ihre Schritte, die Mangoldblätter wippten mit. Der Zug fuhr ein, sie schrie, etwas quietschte und ihr Licht ging aus.
das klingt, als würde sie sterben, aber es stirbt doch Paul?

Nachdem er die Tintenwellen überwunden hat, fühlt er sich immer stark.
Er fülht sich immer stark, nach dem er die Tintenwellen überwunden hat. find ich besser

Jetzt ist er leer und die nächste ist schon wieder rot. Eine heimtückischen Entzündung am oberen Augenlied der Ampel.
sehr gut!
Herr Kreuzer wird sie nicht los. Er hasst sich in seinem Opel, an roten Ampeln wartend, zur Post fahrend um
doch nie ankommend. Viele Pakete kommen nicht an, werden nie zugestellt. Manchmal sortiert Herr Kreuzer einfach eins ins falsche Fach. Der Gedanke an die Macht die er so über das Schicksal hat
gefällt ihm.
_

Sie steht immer noch. Der Van

der was? Wahn?
ist zum Glück längst vorüber,

Er weiß, dass die Blumen für sie gedacht sind. Jeder weiß es. Sie stehen sich gegenüber und starren sich an. Die anderen Wartenden, gelangweilt weil wartend, schütteln grinsend den Kopf

wenn sie sich belustigen, sind sie nicht mehr gelangweilt
.
Dann ist die Herde davon, das Publikum entflohen, das Stück vorbei und Herr Kreuzner ist immer noch zu spät. Der Opel brummt. Alle Lichter sind rot. Kein Seitenairbags
und eine verlorene Blume auf der Windschutzscheibe. Frühling.

 

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