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Zehn Dinge, um besser einzuschlafen

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02.09.2011
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Zehn Dinge, um besser einzuschlafen

Gerade hatte er den Postkasten geöffnet, da sah er schon den hellgrünen Umschlag, der maschinell bedruckt worden war. Ohne besondere Vorsicht öffnete der Schriftsteller den Brief und entfaltete das Blatt Papier:

Sehr geehrter Herr Block,

die Qualität Ihrer Texte entspricht nicht länger unseren Vorstellungen. Nicht nur, dass diese von Rechtschreib- und Grammatikfehlern übersät sind, sondern auch die Tatsache, dass manche Sätze einfach keinen Sinn ergeben, erleichtert uns unsere Entscheidung, die Zusammenarbeit mit Ihnen zu beenden. Wie es scheint, stand diese nie unter einem guten Stern.

Hochachtungsvoll

Maria Stricker
Abteilung für Schriftsätze - Bereich Belletristik und Prosa
i.V. Behörde für Kultur in der Bundesrepublik Deutschland/Kiel

Erschrocken stand er jetzt im Hauseingang und rang um Fassung. Dann stieg er langsam die Treppe hoch, Stufe um Stufe, während er wiederholt den Brief las, als wäre dieser in einer unbekannten Sprache geschrieben. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, holte ein leeres Blatt Papier hervor, zog es in die Maschine und hackte auf die Tasten, als wäre das Tintenband in sein kochendes Blut getaucht worden:

Sehr geehrte Frau Stricker,
ich habe Ihre Nachricht erhalten und bin empört, ja geradezu erschüttert. Nicht nur, dass ich mein ganzes Leben dem Schreiben gewidmet habe und davon überzeugt war, Ihre Behörde setze sich für dessen Verwertung ein, sondern dass Sie so schicksalsschwanger von "keinem guten Stern" sprechen, trifft mich ganz persönlich.

Hochachtungsvoll

Malte Block
Angestelltennummer: 1881182
Bezirk 7

Sorgfältig steckte er das Blatt in den Umschlag, leckte den bittersüßen Klebestreifen ab und schloss den Brief. Dann nahm er eine volle Flasche Wein vom Tisch und wartete in seinem Sessel auf der Veranda, bis es dunkel wurde, bevor er zu Bett ging und berauscht einschlief.

Unterwegs mit dem Zug Richtung Nordsee fällt ihm plötzlich ein, dass er weder Geld noch einen Schlafplatz hat. Darum ruft er einen seiner verlässlichsten Freunde an. Der antwortet nicht. Der Zug fährt immer schneller. Nach mehreren Versuchen hebt plötzlich der Vater seines Freundes ab, der diesen aber leugnet und unter einem Vorwand das Gespräch beenden muss. Der Zug fährt jetzt so schnell auf den festen, harten Schienen, dass er jeden Moment im Bahnhof ankommen müsste. Was soll er bloß tun? Er gerät in Panik und springt aus dem Fenster des rasenden Zuges in einen Abgrund.

Er wachte auf. Es ist zu früh am Morgen, doch er konnte nicht wieder einschlafen, bis er es ließ. Schon beim ersten Frühstück kamen ihm der Tag schwerer und die Zeit länger vor als sonst. Er erwischte sich dabei, wie er gegen Mittag in seinem Sessel saß und grübelte, ohne eine Entscheidung zu treffen. Er vergnügte sich mit der üblichen Litanei, die er sich angewöhnt hatte, wenn er nicht schreiben konnte, las die Zeitung und schaltete den Fernseher ein und aus. Sie hatte noch nicht geantwortet. Schließlich ging er zum Arzt.
Das Wartezimmer war wie immer voll und angenehm ruhig. Der Duft des Kaffees, den die Frau des Doktors für die Patienten zubereitete, zog an ihm vorbei, durch die Eingangstür hinaus zum Innenhof. Einige der Wartenden schienen ernsthaft krank zu sein. Die Vorstellung, sich anzustecken, ekelte ihn. Er spürte, wie sich Bakterien in seinen Atemwegen orgiastisch vervielfältigten, und vernahm erste Anzeichen eines Fieberschubes, während er in einer Frauenzeitschrift blätterte. Dann bat ihn die Frau des Doktors, sich in eines der Sprechzimmer zu setzen.
Das Zimmer wirkte gemütlich eingerichtet. Wie üblich waren die Wände von Bücherregalen voller Fachliteratur verdeckt und mit Postern behängt, die anatomische Strukturen darstellten oder landläufig bekannte Erkrankungen erklärten. Von draußen kam soviel Licht, wie die Wolkendecke zuließ, durch die breite Terrassentür. Es erhellte den in der Mitte thronenden Eichentisch, auf dem ein altertümlicher Computer stand. Der Eingang wurde verdeckt von zwei deckenhohen Palmen, die aus sandbraunen Tonbottichen ragten. In diesem Dschungel der medizinischen Versorgung saß er nun. Er wusste nicht, worüber er mit dem Doktor sprechen sollte, als dieser durch die Tür trat, ihm die Hand schüttelte, sich schräg gegenüber an den Computer setzte und nach dem Grund des Besuches fragte.

Etwa zehn Minuten, nachdem er das Rezept gegen die ihm verordneten Medikamente - darunter einen Beruhigungstee und Tabletten gegen die Halsschmerzen - in der Apotheke getauscht hatte, setzte er sich in das nächstgelegene Café auf einen belebten Platz des Molochs. Er hatte dem Doktor gesagt, dass er, der arbeitslose Schriftsteller, der nicht mehr schreiben durfte, nicht wusste, was er mit seiner Zeit anfangen sollte, ja geradezu daran verzweifelte, dass ihm das Schreiben verboten worden war und er somit nicht mehr die Kraft besaß, einen einzigen weiteren Tag zu überleben. Er habe Panikattacken bekommen, sei nervös in seiner Wohnung herumgelaufen, ohne zu wissen, wohin mit seiner Energie. Er fühle sich, als würde er sich jeden Tag erneut in eine Sackgasse manövrieren. Es fiele ihm nichts weiteres ein, was er statt des Schreibens hätte tun könnte, nachdem er gegessen, geduscht, den Haushalt erledigt und die Wochenzeitung gelesen habe, und er säße wohl für den Rest des Tages auf der Veranda und starre in die Luft, wenn nicht etwas geschehe. Nicht, dass er sich dort unwohl fühle, nur sei das seiner Meinung nach ein merkwürdiges Verhalten eines dreißigjährigen Mannes. Er habe das Gefühl, für alles bereit zu sein, nur leider passiere nichts, es käme kein Anruf eines Freundes oder die Bitte eines Nachbarn. Zu gerne hätte er etwas unternommen oder geholfen, nur schätze offenbar niemand seine Anwesenheit oder Hilfe. Vielleicht läge es daran, dass er in einem anderen Rhythmus als die meisten seiner Mitmenschen lebe. Schließlich habe er keinen Job, der ihn zur Anwesenheit zwinge, und auch keine Kinder oder eine Partnerin, um die er sich kümmern müsse. Seine einzige zwischenmenschliche Verpflichtung bestehe darin, ab und zu seinen Eltern Bescheid zu geben, dass es ihm gut gehe. Dann informiere er sich über die Neuigkeiten, zu denen er selten eine Meinung äußern könne, denn dazu sei die geographische und emotionale Distanz zu groß. Und jetzt, da ihm die Behörde die Schriftstellergenehmigung entzogen habe, sei seine einzige Aufgabe, die er für sein Leben als erfüllend betrachte, plötzlich verschwunden, und er empfinde Abneigung gegen die Idee, sich eine neue zu suchen, in der Form einer anderen Arbeit, der Mitgliedschaft in einem Verein oder der Anschaffung eines Hundes. Warum solle er sich nach Problemen umschauen, die ihm am Ende nur seinen Nerven kosten würden? Um Finanzielles brauche er sich aufgrund der guten Verkäufe seiner Schriften nicht zu kümmern, und mit dem, was er verdiene, wolle er sich zufriedengeben, zumindest sehe er nicht ein, sich für mehr Geld auch mehr anzustrengen, das führe doch zu nichts. Dies sei sein grundsätzliches Problem und das Symptom seien die Halsschmerzen, die ihn beim Schlucken störten. Es käme ihm so vor, als würde sein Körper das Essen und Trinken verweigern, ja sogar das Atmen erschweren. Was solle das bedeuten, fragte er sich und ob es vielleicht daran läge, dass er seinem Körper nur selten zu einer Berührung verhelfe und ihn schinde mit sportlicher Aktivität, gesundem Essen und Wein. Dies alles liefe letztendlich auf keine wirkliche Befriedigung hinaus, und er zweifele daran, ob er überhaupt noch Mensch sei oder Maschine oder sogar schon längst tot. Ob er ohne jegliche Bedeutung sei außer der als Verbraucher, Mieter und Steuerzahler. Daher wünsche er sich einfach, zu vergessen, zu schweben und voller Euphorie auf dem höchsten Punkt zu spazieren, so leicht und locker, ohne die Qualen dieser durch zeitlichen Überfluss zustande kommenden Beschwerden, die ihm, ehrlich gesagt, etwas peinlich seien, ja, er schäme sich geradezu dafür angesichts des Terrors in dieser Welt, der auch ihm Angst mache. Aber er wolle nicht schwach werden und kämpfe mit soviel Stärke gegen das Verlangen nach Zerstreuung und Betäubung, dass er an manchen Tagen total erschöpft davon sei, sich zu wehren und nichts zu tun. Denn schließlich sei es ja als Künstler seine Aufgabe, sich den Verführungen und Manipulationen zu widersetzen, etwas Wahrhaftiges und Lebendiges zu erschaffen und somit dem Leben einen Sinn zu geben. Gerade er, und damit meinte er den Doktor, könne dies doch wohl sehr gut verstehen, schließlich müsse ihm doch in seiner Funktion als Heiler genug an der Gesundheit seiner Patienten gelegen sein, und so dürfe ein Doktor selten ausschweifend werden und müsse stets versuchen, ein gutes Vorbild zu bleiben für die Berauschten und Ohnmächtigen auf dieser Welt. Mit ein paar Pillen wäre es da ja wohl nicht getan. Hätten wir nicht alle unsere Verpflichtungen? Seine sei das Schreiben gewesen. Was solle er nun tun? Solle er nochmal von vorne anfangen, die Demütigungen auf sich nehmen, vielleicht sogar am Ende bemerken, dass er einfach nur lästig war, aber niemand sich traute, es ihm mitzuteilen, bis er schließlich - womöglich mit Demenz - in eines dieser Pflegeheime eingeliefert, an ein Bett gefesselt wurde und sich einschiss? Das erscheine ihm nicht erstrebenswert und so spiele er mit dem Gedanken, seinem Leben ein Ende zu setzen, wozu er nach seiner Überzeugung jedes Recht besitze. Nur habe er so schreckliche Angst vor dem Tod, dem Nichts oder Nirwana oder davor, etwas von dieser Welt zu verpassen, dass er sich nicht eindeutig dafür entscheiden könne, aus dem Leben zu treten. Daher sei das größte Problem des Schriftstellers, dass er morgens nie wisse, wie er sich den restlichen Tag lang am besten amüsieren könne. Das treibe ihn zur Verzweiflung! Und so sei er nur zu dem Herren Doktor gekommen, um etwas Zeit zu verschwenden und mal mit jemandem über seine Gedanken zu reden, der versuche, ihn zu verstehen. Die meisten seiner Mitmenschen hätten ihn schon längst aufgegeben und sich ihren eigenen Problemen zugewandt, die er nicht verstehe, das sei nun mal so.
Er dankte vielmals, wünschte dem Doktor noch einen guten Tag und verabschiedete sich mit einem „Auf Wiedersehen!“
Der Doktor verstand es als Bedrohung.

Der Besuch beim Doktor gab ihm das Gefühl, etwas Produktives geleistet zu haben. Doch während er so die Kellnerin betrachtete, die wie eine Biene von einem zum nächsten Tisch flog, freundlich lächelte und auf etwas Trinkgeld spekulierte, bei diesem Anblick, da fühlte er sich unwohl und rutschte mehrmals auf seinem Stuhl hin und her, bis er aufstand und ging.
Die Straßenbahn klingelte eine träumende Fußgängerin von den Schienen, und nebenan pries der Gemüsehändler in gebrochenem Deutsch seine Waren an, während Autos gegen Fahrräder um Platz auf den engen Gassen kämpften. Ein Obdachloser schob seinen vollgepackten Einkaufswagen über den unebenen Bürgersteig und machte dabei soviel Lärm, dass er die Italiener am Nebentisch nicht mehr einander anschreien hören konnte. Aber alle schienen ein Ziel zu haben, als wüssten sie, woher sie kämen (das zumindest schienen die Italiener nicht vergessen zu können). Deswegen ging er jetzt schneller als sonst, um beschäftigt auszusehen und nicht aufzufallen, allerdings ohne zu wissen, wo genau er hinwollte. So bog er einfach an den Straßenecken ab, die ihm am sympathischsten erschienen. Er dachte, vielleicht würden diese ihm ja einen Weg weisen, der zu einer Lösung führte, aber stattdessen landete er vor einem beigen Reihenhaus in einer Sackgasse. Er schaute noch kurz nach einem Pfad hinter dem Haus und sah eine rostige Schaukel, die seit einer Ewigkeit nicht mehr benutzt worden war. Es war schon dunkel, als er endlich vor seiner Tür stand. Für den Rest des Tages saß er auf seiner Veranda, bis er müde wurde und berauscht einschlief.

In einer dunklen Bar begegnet er mehreren aufgrund von dumpfem Licht schimmernden menschlichen Körpern, die alten Freunden ähneln und ihn von der Seite ansprechen. Er kann sie nicht verstehen und lächelt verlegen, um nicht unhöflich zu wirken. Je weiter er in die Bar eintaucht, desto mehr Hände wollen nach ihm greifen und mehr Füße wollen ihn treten, ohne das er dies hinter sich sehen kann. Am Ende des Ganges sieht er von weitem seine ehemalige Freundin sitzen, alleine an einem Tisch im Kerzenschein mit einem Whiskyglas in der einen und einer brennenden Zigarette in der anderen Hand. Sie bemerkt ihn nicht, doch er geht geradewegs auf sie zu. Allerdings kommt er ihr keinen Schritt näher. Plötzlich steht sie auf, mit dem Rücken zu ihm, und bewegt sich in seine Richtung. Sie hat ihn noch nicht bemerkt. Die greifenden Hände und tretenden Füße nimmt er nicht mehr wahr. Er konzentriert sich voll und ganz auf die bevorstehende Begegnung. Sie trägt eine hellbraune Jacke, die ihre Taille betont, verwaschene enge Jeans und dicke Turnschuhe. Hinter ihren blonden Haaren lässt sich ihr feines Gesicht erkennen, dass erst beim zweiten Hinschauen den Schmerz offenbart, den sie versucht zu verstecken. Seine Anspannung steigt mit jedem ihrer Schritte. Er fühlt sich magnetisch von ihr angezogen. Er atmet immer schneller. Sein Puls rast. Als sie sich umdreht und ihren Blick langsam auf ihn richtet, schnürt ihm das den Atem ab: Er bekommt keine Luft mehr und erstickt.

Plötzlich schreckte er auf. Er rang nach Luft, als wäre er beinahe ertrunken. Er suchte nach Orientierung. Es dauerte ein paar Sekunden, bevor er erkannte, dass er geträumt hatte. Zur Beruhigung trank er etwas Wasser, aber er verschluckte sich, da er immer noch außer Atem war. Dabei stieß er die Leselampe um, die auf dem Nachttisch neben dem Bett stand und leuchtete: Ein Geschenk seiner Freundin. Er hatte sie nach ihrem Auszug behalten. Um wieder schlafen zu können, onanierte er und dachte dabei an den Morgen, als er eine Bekannte auf seiner Veranda gefickt hatte, nachdem sie zusammen Kokain geschnupft hatten. Der Gedanke reichte für den Erguss nicht aus, also rief er sich das Bild in Erinnerung, wie ihm am Swimmingpool einer geblasen wurde: Er fickt sie fies in den Mund. Sein Sperma verteilt sich fließend auf seinem Bauch und er putzt sich die Hände an ihren Boxershorts ab. Dann schafft er es gerade noch, sich wieder anzuziehen.

Am nächsten Tag schlief er bis mittags, schaute verkatert in seine Post und fand den Brief der Behörde:

Sehr geehrter Herr Block,

ich habe wirklich keine Zeit, in allen Einzelheiten meine Entscheidung zu begründen, daher nur eine kurze Erklärung, die Sie zufriedenstellen sollte:
Zur Zeit ist die Nachfrage nach Ihren Büchern nicht besonders hoch. Deswegen müssen wir notwendigerweise rationalisieren. Das hat nichts mit der Qualität Ihrer Texte zu tun. Wir müssen nunmal darauf achten, dass unser Kanon den Ansprüchen des deutschen Volkes gerecht wird, und thematisch verfehlen Sie dieses Ziel. Bitte sehen Sie davon ab, uns mit ihren Nachfragen zu belästigen, da wir nicht die Kapazitäten haben, individuell auf Sie einzugehen. Falls Sie das trösten sollte: Einige Kollegen schätzen Ihre Arbeit.

Hochachtungsvoll

Maria Stricker
Abteilung für Schriftsätze - Bereich Belletristik und Prosa
i.V. Behörde für Kultur in der Bundesrepublik Deutschland/Kiel

Er warf den Brief in den Müll und frühstückte. Dabei sah durch das Küchenfenster nach draußen in die Ferne. Niemand war dort zu sehen. Der stürmische Regen hatte eine nasse Langeweile hinterlassen. Als er sein gekochtes Ei salzte, überkam ihn eine Laune. Dann stieg die Temperatur über den Siedepunkt, und er verbrachte viele Stunden damit, auf der Veranda zu liegen, seinen Bauchnabel mit Schweiß volllaufen zu lassen, eisgekühlten Orangensaft mit Wodka zu trinken und elektronische Musik zu hören. Langsam steigerte sich die Intensität des Liedes, das von einem erregenden Herzschlagrhythmus getrieben wurde, bis ein Fass voll mit Glück überquoll und alle schönen Farben versprühte. BamBamdada BamBamdada. Aus der Mitte des Stückes entsprang ein reißender Fluss, der wie ein Adler über das Tal zu schweben schien und einen Schweif aus glitzernden Sternen hinterließ. Er wurde von einer bombastischen Schallwelle mitgerissen und versuchte, im Rausch nicht zu ertrinken. Er verlor die Orientierung, vergaß Raum und Zeit. Er war ganz oben. Er hatte den vollen Überblick und hätte mit Gott telefonieren können, doch ihm fiel kein Grund dafür ein. Es war perfekt. Es kam ihm so vor, als wäre die Geschichte schon längst da, als schwebe sie irgendwo im Raum und er müsse sie nur noch einfangen, kanalisieren und auf Papier bringen. Der Fluss der Wörter, der Sätze, ja ganzer Seiten erfreute ihn: Schon lange hatte er keine so starke Eingebung gehabt. Während er schrieb, sah er ihn direkt vor sich im Rollstuhl sitzen, ihn, die allmächtige Vortrefflichkeit, ein weißes Kaninchen streichelnd und die Zeichen der Zeit und des Alters nicht verstecken könnend, so menschlich in seinem Wesen, so erhaben war seine Ausstrahlung. Da klingelte es an der Tür. Er erschrak, das Klingeln wurde immer lauter und eindringlicher, als wollte es ihn vom Schreiben abhalten. Schließlich musste er aufgeben und schlich leise zur Tür. Durch den Spion sah er nur die dunkelgrüne Farbe des gewachsten Anoraks und darunter ein hellblau und weiß kariertes Hemd. Er drückte die Klinke runter und zog die Tür auf. Vor ihm stand ein um einen Kopf größerer Mann in dunklen Lederschuhen, eine schwarze Mappe unter dem Arm, und starrte ihn über seine tiefsitzende randlose Brille eindringlich an.
„Ja?“, fragte der Schriftsteller, wobei er genau wusste, dass es die Behörde war, die ihm die Finger brechen wollte.
Was immer es auch war, es war ihm egal. Er setzte sich in die S-Bahn, die
in einem Ring um den Moloch fuhr. Nach drei Stationen zeigte das LSD die erste Wirkung.

Umhüllt von feinstem Sternenstaub reitet er auf einem strahlend weißen Einhorn von Wolke zu Wolke.

 
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Hallo Alexander Boeckmann,

Wegen der fehlerhaften Rechtschreibung und Zeichensetzung habe ich Deine Geschichte aus Gesellschaft ins Korrekturcenter verschoben.

Schon im Titel ist was schief, denn Entlasstung gibt es nicht, und durch die Klammer bietest Du nur das t alternativ an. Stünde da Entlas(st)ung, könnte man zwar zwei korrekt geschrieben Wörter bilden, aber das Gesamtding sähe ebenso ungeschickt aus.

Dann die fehlenden Umlaute und ß: Die gehen nicht als Stilmittel durch und transportieren auch keine Stimmung, sondern sind ärgerliche Bremsklötze. Warum tust Du Deinem Text das an? Am Ende geht es doch auch, zumindest mit den Umlauten. :)

Sieh Dir als Beispiel diesen Abschnitt an, ich hab alle Fehler unterstrichen:

Er wachte frueh auf Komma wär besser und schon beim Fruehstueck kam der Tag ihm schwerer und die Zeit laenger vor als sonst. Er erwischte sich dabei Komma fehlt wie er schon gegen mittag auf der Veranda sass und gruebelte. Er vergnuegte sich mit der ueblichen Litanei, die er sich angewoehnt hatte, wenn er nicht Schreiben konnte. Sie hatte noch nicht geantwortet. Schliesslich ging er zum Arzt.
Das Wartezimmer war wie immer voll und angenehm ruhig. Nur der Kaffee, den die Frau des Doktors fuer die Patienten zubereitete, brodelte und zischte Komma fehlt und der Duft zog an ihm vorbei hinaus durch die Eingangstuer, die zu einem bepflanzten Innenhof fuehrte. Einige der Wartenden schienen ernsthaft krank zu sein Komma wär besser und es ekelte ihn, sich bei Ihnen anzustecken.

Zusätzlich sind Grammatik und Bezüge an manchen Stellen verkehrt, so zum Beispiel hier:
Einige der Wartenden schienen ernsthaft krank zu sein und es ekelte ihn, sich bei ihnen anzustecken.
Er steckt sich ja nicht tatsächlich an, und selbst wenn, wäre das erstmal weder fühlbar noch sichtbar. Korrekt wäre sowas wie
Er ekelte sich vor ihnen/ihren Krankheiten
Er fürchtete, sich bei ihnen anzustecken
Es ekelte ihn bei der Vorstellung, sich bei ihnen anzustecken
Er ekelte sich bei der Vorstellung, sich bei ihnen anzustecken

So sähe die Passage korrigiert aus:

Er wachte früh auf(,)und schon beim Frühstueck kamen der Tag ihm schwerer und die Zeit länger vor als sonst. Er erwischte sich dabei, wie er schon gegen Mittag auf der Veranda saß und grübelte. Er vergnügte sich mit der üblichen Litanei, die er sich angewöhnt hatte, wenn er nicht schreiben konnte. Sie hatte noch nicht geantwortet. Schließlich ging er zum Arzt.
Das Wartezimmer war wie immer voll und angenehm ruhig. Nur der Kaffee, den die Frau des Doktors für die Patienten zubereitete, brodelte und zischte, und der Duft zog an ihm vorbei durch die Eingangstür hinaus, die zu einem bepflanzten Innenhof führte. Einige der Wartenden schienen ernsthaft krank zu sein(,) und die Vorstellung, sich anzustecken, ekelte ihn.

Hier hast Du vier Wochen Zeit für eine gründliche Überarbeitung. Hinweise und Beispiele zu Kommasetzung, Groß-/Kleinschreibung etc. findest Du in den hiesigen Hilfethreads oder hier.

Bei Fragen oder wenn Du fertig bist, wende Dich per pn an Tserk oder mich. Wir können die Geschichte auch zurück in die Rubrik schieben, sobald sie fehlerfrei ist.

Viel Erfolg!
Makita.

 

Hallo Makita,

vielen Dank für deine Antwort, Anregung und deine Mühe. Hier, sowie auch generell auf KG.de.

Schon im Titel ist was schief, denn Entlasstung gibt es nicht, und durch die Klammer bietest Du nur das t alternativ an. Stünde da Entlas(st)ung, könnte man zwar zwei korrekt geschrieben Wörter bilden, aber das Gesamtding sähe ebenso ungeschickt aus.

Wie lässt sich der Titel ändern? Zum Beispiel in "Am Swimming Pool einen Geblasen bekommen und zehn andere Dinge, um besser einzuschlafen"

Dann die fehlenden Umlaute und ß: Die gehen nicht als Stilmittel durch und transportieren auch keine Stimmung, sondern sind ärgerliche Bremsklötze. Warum tust Du Deinem Text das an? Am Ende geht es doch auch, zumindest mit den Umlauten. :)

Das soll keine Entschulding sein, sondern nur eine Erklärung: Ich schreibe mit einer spanischen Tastatur, da ich gerade in der Nähe von Barcelona bin. Das Ende hatte ich schon in Deutschland geschrieben.

So sähe die Passage korrigiert aus:
... Einige der Wartenden schienen ernsthaft krank zu sein(,) und die Vorstellung, sich anzustecken, ekelte ihn.

Den Satz habe ich so übernommen, falls es für dich ok ist.

Gruss

Alex

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo nochmal,

schön, daß Du Dich gleich rangemacht hast. :)

Meist lohnt es sich aber, von den vier Wochen Korrekturfrist wenigstens eine zu nutzen. Die Statistik besagt, daß bei zu hastigen Korrekturen vieles übersehen wird.

Wie es uns scheint, stand diese nie unter einem guten Stern.

Hochachtungsvoll

Maria Stricker
Abteilung für Schriftsätze - Bereich Belletristik und Prosa
i.V. Behörde für Kultur in der Bundesrepublik Deutschland

Er setzte sich an seinen Schreibtisch und starrte eine unbestimmte Zeit lang durch das Poster mit der Tuschezeichnung auf die weiße Wand. Als er begriff, dass er nie wieder schreiben werden dürfe, holte er sofort ein leeres Blatt Papier hervor, zog es in die Maschine und hackte auf die Tasten, als wäre das Tintenband in sein Blut getaucht worden:

Sehr geehrte Frau Stricker,
ich habe Ihre Nachricht erhalten und muss ehrlich zugeben, dass ich erschüttert bin. Ich habe mein ganzes Leben dem Schreiben gewidmet und war davon überzeugt, dass Ihre Behörde sich für dessen Verwertung und nicht für dessen Vernichtung einsetze. Jedenfalls fühle ich mich stark getroffen. Welche Nachsicht meinen Sie, wenn Sie so schicksalsschwanger von "keinem guten Stern" sprechen? Warum kommt diese Entscheidung so plötzlich, ohne Vorwarnung, als wären meine Präferenzen nichts wert und meine Dienste vergessen kein Punkt ?

Das Fette markiert Stellen, an denen Du Fehler übersehen hast, das Unterstrichene krause Formulierungen. Durch das Poster die Wand ansehen: Absicht oder Vertipper? Nachsicht: Wie kommt er da auf dieses Wort? Mir kommt das auch vor wie ein Versehen. Und Präferenzen meint Vorlieben, sind da vielleicht eher Referenzen gemeint?

Er spürte, wie sich Bakterien in seinen Atemwegen orgastisch vervielfältigten, und vernahm Anzeichen eines ersten Fieberschubes, während er in einer Frauenzeitschrift blätterte. Als die Frau des Doktors ihn bat, sich in eines der Sprechzimmer zu setzen
Es sind noch ziemlich viele Kommafehler im Text. Auch Flüchtigkeitsfehler:
nachdem er die ihm verordneten Medikamnte - darunter einen Beruhigungstee und Tabletten gegen die Halsschmerzen - in der Apotheke gekauft hatte, setzte er sich in das nächstgelegende Café (falscher Akzent) auf einem belebten Platz in der Innenstadt. Er hatte dem Doktor gesagt, dass er, der Schriftsteller, jetzt, wo er arbeitslos war und nicht mehr schreiben durfte

Der Besuch beim Doktor gab ihm das Gefühl, etwas Produktives geleistet zu haben. Doch jetzt, wo er im Café saß

jetzt, wo hast Du mehr als einmal drin. Das ist verkehrt, denn jetzt ist keine Ortsangabe. Das altmodische jetzt, da kann helfen, denn da ist in diesem Fall ein Zwitter aus Ort und Zeit. Ansonsten gibt es während, als und Co.

Wie lässt sich der Titel ändern? Zum Beispiel in "Am Swimming Pool einen Geblasen bekommen und zehn andere Dinge, um besser einzuschlafen"

Den Titel kann nur ein Moderator ändern. Sag an, welchen Du haben willst. Den vorgeschlagenen könntest Du natürlich auch verwenden, nur müßtest Du geblasen klein schreiben, da es sich um ein Verb handelt. :aua:

Nimm Dir Zeit, ein Autor ist ja kein D-Zug.

Gruß,
Makita.

 

Hallo,

vielen Dank nochmal für die Unterstützung. Ich habe den Text nochmal überarbeitet. Den Titel hätte ich dann gerne so:
Am Swimming Pool einen geblasen bekommen und zehn andere Dinge, um besser einzuschlafen

Lieben Gruss

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Autor,

ich bin die Geschichte auch nochmal durchgegangen und habe weitere hundertunddrölf Fehler gefunden. Zwanzig fand übrigens sogar die stinknormale Rechtschreibprüfung. :deal:

Damit das hier nicht zur ewigen Buustelle wird, hab ich Dir eine Korrektur hinterlegt und eine pn mit dem Link geschickt. Für die Zukunft empfehle ich Dir, über ß-oder-ss sowie über Groß-/Kleinschreibung ausgiebig zu meditieren.

Weil in Deiner Geschichte aber zwei Sätze enthalten sind, an denen man besonders schön sehen kann, wie groß der Einfluß von Kommata auf Sinn & Bedeutung sein kann, wollte ich, daß die hier öffentlich stehen. Über sowas freu ich mich nämlich immer. :shy:

Wo Du diese Kommas nachher einbaust, ist Deine Entscheidung.

Daher wünsche er sich einfach zu vergessen
Daher wünsche er, sich einfach zu vergessen.
Daher wünsche er sich, einfach zu vergessen.
Daher wünsche er sich einfach, zu vergessen.

versuchte im Rausch nicht wieder zu ertrinken
Er versuchte, im Rausch nicht wieder zu ertrinken.
Er versuchte im Rausch, nicht wieder zu ertrinken.
Er versuchte im Rausch nicht, wieder zu ertrinken.
Er versuchte im Rausch nicht wieder, zu ertrinken.

In der korrigierten Version hab ich Dir ganz, ganz viele Konjunktive verbessert. Und mindestens ebensoviele (nämlich 80% der Konjunktive außerhalb des Monologs beim Arzt) hab ich ignoriert, weil ich es da für weniger wichtig hielt, das ganz streng durchzuhalten.
Falls Du jemals so richtig in die Kunst des korrekten Konjunktivs einsteigen willst, empfehle ich Dir, mit Friedrichard Kontakt aufzunehmen. Der ist da Spezialist. :D

Gruß,
Makita.

P.S. Beim Versuch, den Titel wunschgemäß zu ändern, hat sich leider herausgestellt, daß der neue zu viele Buchstaben hat. Darum heißt es jetzt Pool statt Swimming Pool. Das einfach zusammenzuschreiben hätt's auch nicht gebracht, denn es waren zwei Buchstaben zuviel. Ich hoffe, das geht in Ordnung. :)

 
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Hey Autor!

Nachdem die Formsachen erledigt sind, habe ich Meinung zum Inhalt. :)

Für manches, das ich im Folgenden bemäkeln werde, ist Michel Houellebecq mitverantwortlich. Das ist kein Plagiatsvorwurf und auch nicht schlimm. Sowas fällt mir oft auf, Voraussetzung ist halt, daß ich den mitverantwortlichen Autor kenne. Irgendwo hab ich mal gelesen, man müsse sich manchmal von dem freischreiben, was man zuletzt Beeindruckendes gelesen hat. Oder man schreibt seinen nächsten Text sozusagen unterbewußt als Hommage, keine Ahnung, jedenfalls kann ich Michel Houellebecq nicht leiden. :D

Wofür ich ihn mitverantwortlich mache:

Dieser verquaste Held, diese Hohlfrucht mit Bildung und Mitteilungsdrang. Tiefschürfendes und Generelles wird sorgsam in Worte gekleidet, bis auch dem letzten Optimisten klar wird, daß unterm Strich alles egal und nichts möglich ist. Handlungen werden zuerst durchschaut und für handlungsunwert betrachtet, um dann, wenn sie im Startloch verwelkt und erkaltet sind, angeekelt drauf herumzukauen. Dadurch fängt es unten an, geht meistens abwärts, ist dann alle und hört irgendwo auf.

Vielleicht wolltest Du die innere Leere des Helden auf diese Weise zeigen. Geschwätzigkeit, die aus Isolation geboren ist. Unfähigkeit, sich allein zu befreien oder andere zu erreichen, damit sie helfen wollen.
Ich glaube, Du siehst an ihm viel mehr als ich: Mitfühlens- und betrachtenswertes Innenleben in einer schweren Situation. Tiefes Empfinden und einwandfreie Grammatik!
Sowas kann an einem Menschen nur sichtbar werden, wenn er mit etwas oder jemandem in Bezug tritt und daraus was wird, z.B. Reaktion, Wechselwirkung, fühlbarer Zeitverlauf.

Ich hab ja in Deiner Geschichte dienstlich viel herumgelesen, und das fiel mir auf (Trommelwirbel):

Dein Held tritt zu keiner Zeit mit irgendwas in Bezug, nichtmal im Traum. Weder geistig noch emotional oder gar körperlich, weder in Dialog, Rückblick noch Vorausdenken: Lieber vorher ersticken, und bloß kein Absatz im Monolog! :D

Beim Lesen hielt ich Ausschau nach Stellen, an denen er mit irgendwem oder -was gleichzeitig & gemeinsam handelt, und ich hab keine gefunden. Deine Worte sind zwischen ihm und allem.

Da ist nur diese eine Stelle:

Der Doktor verstand es als Bedrohung.

Da ich mit dem Helden unterwegs bin, weiß ich nicht, was der Doktor denkt oder fühlt. Das erklärt mir also der Autor. Erklärt mir, da sei ein Bezug, eine Wirkung, und nimmt seinen Helden damit in Schutz. Was genau steht da?
Der Doktor fürchtet, der Schriftsteller werde wiederkommen. Er kann ihn also weder als Patienten sehen noch als Spinner rauswerfen. Er kann nicht helfen und kann sich nicht wehren, da muß also was Gewaltiges mit kaltem Atem auf der nonverbalen Schiene durchgesickert sein!

Und hier fängt mein Problem an, denn das glaub ich nicht. Der Monolog enthält zwar Unmengen von Widersprüchen und Zweifeln, spiegelt aber keinen Konflikt wider, sondern zeigt einfach, wie ein verlorener Mensch ausgiebig in das Ohr eines anderen kotzt, ohne diesen anderen wahrzunehmen, ohne ihn zu erreichen und das Ohr füllen zu können, obwohl die Kotze nicht alle wird.

Ganz klar: Dein Held hat einen Dachschaden. Aber hat er den, den Du an ihm gesehen hast?
Das ist ja kein starker, schmerzlicher, fruchtbarer, explosiver, temporärer oder sonstwie interessanter Schaden, sondern einer, mit dem er nur Zeit stiehlt und Atemluft ansäuert.


Ein Held ohne Bezug ist nicht einsam, sondern er ist nicht. Sein Mahlwerk läuft nicht leer, weil niemand Korn reinschüttet, sondern es läuft, obwohl es keinen Trichter hat, in den man Korn schütten könnte. Eine Fehlkonstruktion, eine Sackgasse der Natur, ein Montagsauto: So einer ist das, wenn Du ihn nicht wenigstens einmal mit oder durch oder für oder wegen wem oder was existieren, fühlen, handeln, reden, denken lässt.


die Qualität Ihrer Texte entspricht nicht länger unseren Vorstellungen. Nicht nur, dass diese von Rechtschreib- und Grammatikfehlern übersät sind, sondern auch die Tatsache, dass manche Sätze einfach keinen Sinn ergeben
Wie kann jemand, dessen Sätze keinen Sinn ergeben und übersät von Fehlern sind, einen Dauerauftraggeber für Texte auch nur gehabt haben?
Später heißt es:
Zur Zeit ist die Nachfrage nach Ihren Büchern nicht besonders hoch. Deswegen müssen wir notwendigerweise rationalisieren. Das hat nichts mit der Qualität Ihrer Texte zu tun.
Er hat vorher mit keinem Wort seine Rechtschreibung und Grammatik verteidigt. Die diesbezüglichen Vorwürfe hat er so im Raum stehen lassen. Das würde man nicht tun, wenn die Schreibe korrekt wäre und der Fehlervorwurf offenbar ein billiger Vorwand, um jemanden wegen falscher Themenwahl, weil er nicht zu einer Ideologie paßt!, rauszumobben. Ich weiß also bis zuletzt nicht, was an seinen Texten verkehrt war, welchen Vorwurf er zugibt, welchen nicht und aus welchem Grund, dabei betrifft das angeblich seinen Lebensfaden.

Diese ganze Kündigung, die Behörde, die Frau und den Schriftstellerberuf seh ich nicht. Glaub ich so nicht.

Nicht nur, dass ich mein ganzes Leben dem Schreiben gewidmet habe und davon überzeugt war, Ihre Behörde setze sich für dessen Verwertung ein (...), trifft mich ganz persönlich.

Es trifft ihn also ganz persönlich, so quasi persönlich als solchen oder gar als Mensch, daß er sein Leben dem Schreiben gewidmet hat. Was tut er? Er setzt sich in
das nächstgelegene Café auf einen belebten Platz des Molochs
Der Moloch steht da so rum: Tralali, ich bin der Moloch! Hier bin ich!

Es ist aber des Molochs nicht würdig, ihn einfach irgendwo hinzustellen und zu erwarten, daß er da ohne Futter und Lohn mal schnell ein ungeheuerlich gewaltiges, archaisches Brutalbild erzeugt. Wenn der Autor zu faul ist, seinen Moloch artgerecht auszuführen, soll er halt einen Wellensittich kaufen. :D

Die Stadt also: Seh ich nicht.

Und am allerwenigsten seh ich, was das LSD da soll. Das ist so unwahrscheinlich, daß die betreffende Zeile schamhaft zu verblassen und sich hinter der Hinterzeile zu verstecken versucht, sobald ich sie lesen will, und ich kann sie verstehen.

Ein Kokainbild als Teil einer Wichsphantasie reicht nicht, um diesem Helden urplötzlich ausgerechnet LSD in den Kopf zu dichten und ihn damit auch noch gleich in die S-Bahn zu setzen,

die in einem Ring um den Moloch fuhr.
Tralali! :Pfeif:

Wo hat er das LSD her? Ok, meinetwegen: Vielleicht aus dem

beigen Reihenhaus in einer Sackgasse.
Aber wahrlich, ich sage Dir: Das glaub ich überhaupt nicht. Weder, daß er das kennt, noch, daß er es gerade zum ersten Mal genommen hat. Nicht, daß er durch Zufall darauf gestoßen wäre oder gezielt danach gesucht, geschweige denn, daß er dabei welches gefunden und bekommen hätte.
Noch eine Einstiegsvision oder -halluzination von der Stange, und dann nimmt der Autor den Notausgang! :susp:

Laß doch irgendwelche Pillen wirken. Die könnte er vom Arzt bekommen haben, und damit kann man nicht so viel falschmachen, ich meine: Es ging doch hauptsächlich darum, den Helden vollends aufzulösen, aus dem Bild und aus der Welt zu schubsen.
Den Arzt würde das auch freuen. :shy:

Gruß!
Makita.

 

Hallo Alexander Boeckmann,

Schade. Berufsverbot oder die untersagte Möglichkeit für Veröffentlichungen, das ist ja ein schickes Thema, wie "Künstler" damit umgehen, wenn an Ihnen den Raum verbietet, in dem sie wirken. Da gibt es ja zahlreiche Tagebücher, Aufzeichnungen, Biographien aus dem letzten Jahrhundert, ein hartes für viele Schriftsteller, Maler, Musiker, und Filmleute.
Du ersetzt den Vorwurf der "Ideologie" durch mangelnde RS und Grammatik. Das wäre gut für eine Satire geeignet. Wegen Einsparungen im Verlagswesen musste man auf Lektoren verzichten und kann desweiteren nur mit Autoren zusammenarbeiten, die diesen Service nicht gebrauchen, der Druck des Marktes und die damit verbundenen Kosteneinsparungen führen dazu, richtig geschrieben geht vor Qualität.
Aber das tust Du nicht, Du versuchst durch eine fiktive Behörde in den realen Alltag zu integrieren, das geht nicht auf, die Behörde löst sich selbst in ihrer Bedeutung im restlichen Text auf. Den zu einer fiktiven Behörde gehört eine fiktive Umwelt, in der sie ihren Platz und ihr Wirkungsfeld findet ... dabei hätte das so spannend werden können, etwas über diese "neue" Gesellschaft zu erfahren. Das hatte ich mir ein bisschen erhofft, nachdem ich den Anfang gelesen habe. (Noch schlimmer, als das der zweite Brief dem ersten widerspricht. Da dachte ich nur noch, naja. Schade um diese Behördenidee.) Aber das tust Du nicht. Bei Dir spielt alles Weitere im hier und jetzt und das schlimmste ist, Dein Prot ist so ein Jammerlappen, so ein Selbstmitleider, das man ihm eigentlich nur in den Hintern treten will, das der Leser eine Antipathie aufbaut und ihm somit der Held und dessen Werdegang egal ist - ein ganz schlechter Prot. um die Spannung zu halten und das Interesse des Lesers auf seine Seite zu ziehen.
Das Ende hat mich überhaupt nicht versöhnen und befriedigen können. Das wirkt wie aus der Luft gegriffen und angeklebt. Muss ja jetzt mal fertig werden mit der Geschichte. Besser hätte mir ein weiterer Traum gefallen, in der Fortsetzung der anderen beiden. Er läuft und läuft und läuft und plötzlich erreicht er das Ende der Welt und kann nicht aufhören und läuft nun in das All, in das grenzenlose Nichts, immer weiter ins Nichts und fort von hier. Das hätte in seiner Symbolik weit mehr hergemacht, als dieses LSD Ding.

Fazit, der Anfang verspricht mir weit mehr, als der Autor am Ende einzuhalten vermag. Aus der Idee wird ein Null-acht-fünfzehn Jammerlappen- Selbstmitleidsmonolog mit angepappten Ende, weil, muss ja auch mal Schluss sein ;).
Aber das entspricht nun meinen Vorlieben, meinen Erwartungen. Wenn Du Dich lieber im hier und jetzt aufhalten möchtest, dann sei es so. Aber dann braucht der Text ein paar Kurven, die ihn spannend machen, das Ding läuft so geradlinig - da kommt keine Spannung auf. Das plätschert eben seinem Ende zu, von dem nach dem ersten Drittel weiß, wie es aussehen wird. Und der Text überrascht mich an keiner Stelle und lässt mich aufmerken, bietet mir kein aha oder wow, nee, ganz brav ist der ;).

So, jetzt hab ich soviel drüber nachgedacht und verdammt neidisch auf die Behördenidee! Ich grübel schon die ganze Zeit über dazugehörige Umwelt nach und einen Plot - na da haste was schönes angerichtet!

Viel Freude Dir hier! Auch wenn das jetzt nicht so positiv war, so werde ich doch mit Interesse Deinen nächsten Text anlesen und darauf warten, dass sich der Autor was traut ;).

Beste Grüße Fliege

 

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