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Wos is'n des?

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28.11.2005
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84

Wos is'n des?

Hallo,

Momentan schreibe ich an einer Geschichte, in der auch Charaktere vorkommen, die sich beim Sprechen der Umgangssprache bedienen.
Ich habe mich an meine vergangenen Leseerlebnisse zu erinnern versucht, kann mich aber in den seltensten Fällen an die Verwendung von Dialekten, Akzenten oder Sprachstörungen in der direkten Rede erinnern.
Um ein bekanntes Beispiel zu nennen: Jim in Huckleberry Finn.

Die Ausdrucksweise eines Menschen ist auch Teil seiner Persönlichkeit.
Man stelle sich einen volkstümlichen Musiker vor, der wie ein Germanistik-Professor spricht.
Würde ich das so schreiben, schwächte ich das Charakterbild.
Jedoch besteht die Gefahr, dass das Gesagte nicht verstanden wird.
Wieviele von euch wissen zB., was ein "Jaukerl" ist?

Momentan überlege ich, Besonderheiten in der Ausdrucksweise in einem Nebensatz zu erwähnen, was aber mMn einerseits zur erwähnten Schwächung des Charakterbilds führt und andererseits zur Frage des ahnungslosen Lesers, wie denn nun dieser Dialekt klingt.

Nun zu meiner Frage: Wie geht ihr mit diesem "Problem" um?

 

Es ist nicht ganz das gleiche Thema, weil es dabei nicht um Dialekte, sondern um regionale aber hochsprachliche Varianten geht, aber vielleicht hilft dir ja dieser Thread

 

Hallo,

@sim

Fußnoten?

Finde ich unschön. Außerdem geht es mir generell um die Verwendung von Dialekten in der direkten Rede.

@Woodwose:

Danke für den Link, seh' ich mir gleich an.

 

Nun zu meiner Frage: Wie geht ihr mit diesem "Problem" um?
Wenn ich mal dialektisch schreibe (meistens Norddeutsch oder irgendeinen selbstausgedachten Pseudo-Ruhrpott-Dialekt), erkläre ich die "Fachbegriffe" gar nicht, das verwässert den Text unnötig. Meistens ergeben die Bedeutungen aus dem Zusamenhang einen Sinn und wenn nicht, kann der Leser (zumindest hier im Internet) nachfragen.

 

Hi Miller

Zu an Jaukerl kau ma a Spritz'n sogn ;)

Sehe das ähnlich wie gnoe. Ich finde gerade die Tatsache reizvoll, daß ich mich drum umschauen muß was ein Dialektausdruck bedeutet. Da lernt man gleich einiges dazu. Die adäquate Übertragung von Laut auf Schrift sollte halt stimmen.

Hierzu: www.ostarrichi.org.

bg, LE

 

Danke für eure Antworten.
Die Frage um die Verwendung einzelner Fachbegriffe hat sich, dank Woodwose Thread, mittlerweile geklärt.

Wie aber geht ihr damit um, wenn sich zwei Personen unterhalten und zB. einer annähernd hochdeutsch und der andere im Dialekt spricht?
Schreibt ihr bei zweiterem einfach die direkte Rede in Hochdeutsch und schreibt dann: . . . ", sagte er in wienerischem Dialekt.
Oder lasst ihr die Beiden miteinander reden und geht davon aus, dass der Leser das Gesagte aus dem Zusammenhang heraus erkennt?

 

hi Miller,

nein, dass ist nur authentisch, wenn du die wörtliche Rede auch in entsprechendem Dialekt oder Slang ausführst.
Bei einigen besonders schweren Wörtern kannst du den hochdeutsch sprechenden Prot ja zum Beispiel nachfragen lassen.

 

@sim:

nein, dass ist nur authentisch, wenn du die wörtliche Rede auch in entsprechendem Dialekt oder Slang ausführst.

Danke, dass wollte ich wissen.
Ein Gedanke, abgesehen von der stilistischen Komponente, war auch, dass ein Leser durch einen ihm unbekannten Dialekt abgeschreckt werden könnte, auch wenn das Wiener-Deutsch, abgesehen von einigen speziellen Ausdrücken, leichter verständlich und dem Hochdeutsch auch weit näher ist, als so mancher ländliche Dialekt (auf Österreich bezogen).

 

Miller schrieb:
Schreibt ihr bei zweiterem einfach die direkte Rede in Hochdeutsch und schreibt dann: . . . ", sagte er in wienerischem Dialekt.
Das, Kollege, hört sich zumindest in den Ohren derer, die des Wienerischen mächtig sind, an wie: "Nein", sagte sie verneinend. ;)

FLoH.

 

Miller, ich habe einmal ein bisschen geforscht. In amerikanischen Romanen habe ich es teilweise tatsächlich so gefunden, dass die wörtliche Rede hochdeutsch war und nur darauf hingewiesen wurde, dass der Prot in starkem Südstaatensläng redete.
Auch beim Cockney Englisch habe ich diese Variante gefunden. Nur kann ich leider nicht sagen, ob das ein Manko der Übersetzung war oder es auch im Original so gelöst war.

 

die direkte Rede in Hochdeutsch und schreibt dann: . . . ", sagte er in wienerischem Dialekt
Das würde ich dann tell nennen, während Du die originalgetreue Wiedergabe nicht erläutern mußt, weil sie das show darstellt.

Ich jedenfalls finde es schöner, wenn originalgetreu gesprochen wird. Und was das Wienerische speziell betrifft: Bei meinen Mundart-Geschichten gab es bisher eigentlich keine Verständnisprobleme (also wird es sie auch nicht bei vereinzelten Zitaten geben), obwohl ich anfangs auch davon ausgegangen bin, daß es sie geben wird. Es wird wohl vieles durch den Zusammenhang verständlich.
Und besonders ausgefallene Wörter, wie z.B. "Spompanadln", kann man ja am Ende des Textes oder im Posting drunter übersetzen. (Wenn man dann selbst nicht weiß, wie man es übersetzen soll, dann läßt man die Übersetzung bleiben und wartet auf die Vorschläge der Kritiker. :D)

 

Meines Wissens ist es am besten, einen Kompromiss einzugehen. Wenn der Leser eine ungefähre Vorstellung davon hat, wie sich ein Dialekt anhört, dann ist es nicht nötig, die Schreibweise ganz anzupassen, sondern lediglich einige Worte dialektisch zu färben. Es schadet nicht, vorher zu erwähnen, welchen Dialekt die Figur spricht ( "Und sein ununterbrochener wienerischer Redeschwall/Redeschwall auf wienerisch ging ihm mal wieder tierisch auf den Sack" ).
Die Vorstellungskraft des Lesers lässt dann die Figur auf wienerisch palavern, zwar nicht lupenrein, aber das wäre sowieso zu viel verlangt, egal, bei welcher Schreibweise. Wichtig ist ja, dass die Sprechweise die Figur charakterisiert.

Außerdem: Gibt es eine offizielle Rechtschreibung bei den Mundarten? ;)

 

Hallo,

@sim:

In amerikanischen Romanen habe ich es teilweise tatsächlich so gefunden, dass die wörtliche Rede hochdeutsch war und nur darauf hingewiesen wurde, dass der Prot in starkem Südstaatensläng redete.

Das war einer der Gründe meiner Verunsicherung.

Nur kann ich leider nicht sagen, ob das ein Manko der Übersetzung war oder es auch im Original so gelöst war.

Hängt wohl eher mit der Übersetzung zusammen, da von der Schriftsprache (Hochdeutsch usw.) stark abweichende Dialekte nicht authentisch übertragbar sind und es bei einem Übersetzungsversuch wahrscheinlich zu seltsamen Wort- und Satzgebilden kommen würde, die dem Leser nicht Authentizität liefern würden, sondern ihn nur verwirren.
Ich bilde mir ein, einmal ein Buch gelesen zu haben in dem ein amerikanischer Dialekt durch einen deutschen ersetzt wurde.

@Häferl:

Bei meinen Mundart-Geschichten gab es bisher eigentlich keine Verständnisprobleme (also wird es sie auch nicht bei vereinzelten Zitaten geben), obwohl ich anfangs auch davon ausgegangen bin, daß es sie geben wird.

Gut zu wissen, danke.

Außerdem: Gibt es eine offizielle Rechtschreibung bei den Mundarten?

@Megabjörnie:

Laut Lems Erbe:

Die adäquate Übertragung von Laut auf Schrift sollte halt stimmen.

Hierzu: www.ostarrichi.org.

 

Das Problem mit Dialekten ist, daß sie anstrengend sind. Damit meine ich nicht das Verständnis einzelner Wörter, sondern das ungewohnte Schriftbild. Ich hasse es, in Geschichten auf Figuren zu treffen, die mit Sprachfehler oder in breitem Dialekt gesegnet sind. Wohlgemerkt, in Mundart-Geschichten ist das kein Problem, weil man ja weiß, worauf man sich einläßt, aber in hochdeutschen Texten plötzlich und nur vereinzelt über so etwas zu stolpern, finde ich nervtötend. Daher bevorzugte ich in solchen Fällen immer das tell anstelle des show.
Die Frage ist eben, wieviel Zugeständnisse man der Lesbarkeit machen will.

 

Hallo Miller,

mein Lieblingsbeispiel für den Umgang mit Dialekt ist Carl Amery. Vielleicht kannst du ja mal "An den Feuern der Leyermark" ausprobieren, ob dir diese Methode liegt.

Die Sprachvariante des Gesprächspartners kann übrigens ansteckend sein. Einem Menschen, der mich im Dialekt anspricht, antworte ich oft in meinem Dialekt. Richtig kriminell wird es, wenn mehrere Leute mitreden, davon einige hochdeutsch und andere Dialekt. Da kriege ich keinen geraden Satz mehr raus.

 

In der direkten Rede sollte man keine Kompromisse machen, wenn der verwendete Dialekt wesentlich für die Geschichte ist. Freilich darf man in so einem Fall dann den Leser nicht im Ungewissen lassen, was da gesagt wurde - sonst wäre das Gesagte ja nicht wesentlich und könnte gestrichen werden. :D

Das kann man entweder durch den Erzähler erledigen (Beispiel: es wird vom Peterswagen gesprochen, aber die Ambulanz oder der Notarztwagen kommt an) oder, wie sim schon sagte, der hochdeutsch sprechende Partner fragt nach. Wenn beides nicht geht, müssen die wichtigsten Wörter in Fußnoten erklärt werden, allerdings ohne Verweise im Text, damit die Wissenden nicht gestört werden und eine Erzählung nicht wie eine wissenschaftliche Abhandlung aussieht.

Ich finde: Wenn man eine Geschichte schreibt und sie auch veröffentlicht, dann muß auf jeden Fall dafür gesorgt werden, daß das Publikum sie versteht – es sei denn, die Veröffentlichung findet in einem Lokalblatt statt -, alles andere wäre Mißachtung des Lesers.

 

@falk:

Das Problem mit Dialekten ist, daß sie anstrengend sind. Damit meine ich nicht das Verständnis einzelner Wörter, sondern das ungewohnte Schriftbild. Ich hasse es, in Geschichten auf Figuren zu treffen, die mit Sprachfehler oder in breitem Dialekt gesegnet sind. Wohlgemerkt, in Mundart-Geschichten ist das kein Problem, weil man ja weiß, worauf man sich einläßt, aber in hochdeutschen Texten plötzlich und nur vereinzelt über so etwas zu stolpern, finde ich nervtötend. Daher bevorzugte ich in solchen Fällen immer das tell anstelle des show.
Die Frage ist eben, wieviel Zugeständnisse man der Lesbarkeit machen will.

Ich denke, dass es auch eine Frage der Authentizität ist.
Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass man nicht irgendwann mit Leuten zu tun hat, die sich auf eine Weise ausdrücken, die nicht dem Hochdeutsch entspricht.
Zu deiner Abneigung gegen das ungewohnte Schriftbild: Natürlich ist es mühsam, wenn einem statt des angelernten Schriftbildes ein anderes vorgesetzt wird.
Würde man jedoch alle Charaktere Hochdeutsch reden lassen, erschiene das wenig glaubwürdig.
Deswegen auch meine Frage, wie ihr als Autoren mit diesem Konflikt (Authentizität vs. Lesbarkeit) umgeht.

@Prof. Anderling:

Vielleicht kannst du ja mal "An den Feuern der Leyermark" ausprobieren, ob dir diese Methode liegt.

Danke für den Vorschlag, werde ich mir bei meinem nächsten Bücherei-Besuch ausleihen.

Die Sprachvariante des Gesprächspartners kann übrigens ansteckend sein. Einem Menschen, der mich im Dialekt anspricht, antworte ich oft in meinem Dialekt. Richtig kriminell wird es, wenn mehrere Leute mitreden, davon einige hochdeutsch und andere Dialekt. Da kriege ich keinen geraden Satz mehr raus.

Ich hoffe, du verstehst mich nicht falsch, aber passt du in Gegenwart anderer nicht nur deine Sprachgewohnheiten, sondern auch dein Verhalten an?

@dion:

Du bringst es wohl auf den Punkt: Es gilt einen Weg zu finden zwischen Authentizität und Verständnis.

Eine meiner Befürchtungen war, wie bereits geschrieben und von "falk" bestätigt, dass sich Leser von der ungewohnten Sprache abschrecken lassen, auch wenn sie nur vom einen oder anderen Nebencharakter verwendet wird.

Ich denke, dass ich, dank der erhaltenen Antworten, nun weiß wie ich mit diesem Problem umgehen werde.
Weitere Meinungen und Vorschläge sind natürlich willkommen.

MfG

Miller

 

@Miller
Ich sehe keinen Konflikt, da für mich nicht klar ist, warum der Verzicht auf Dialekte der Authentizität abträglich sein soll. Die Tatsache, daß viele Menschen nicht Hochdeutsch sprechen, ist kein Argument. Wäre die Umsetzung dieses Faktes für die Frage der Authentizität relevant, wären historische Romane per definitionem überhaupt nicht, nie!, authentisch, weil die Lesbarkeit es unmöglich erlauben kann. Das ist, finde ich, ein höchst seltsames Kriterium.

Authentizität wird mMn durch ganz andere Dinge geschaffen, etwa durch eine akurate Beschreibung der Umgebung oder einen glaubwürdigen Protagonisten.
Die Sprache kann auch dazu beitragen, aber das ist dann eine völlig andere Ebene als die der "normalen" Historienromane o.ä. Daher gehören Dialekte für mich in Mundartgeschichten und zwar ausschließlich dahin.

 

@falk: Sprachgewohnheiten bzw. -besonderheiten sind natürlich nur Teil einer guten Geschichte.
Den Konflikt sehe ich darin, dass das fiktive, vom Autor erschaffene Bild von dem abweicht, dass der Leser in seinem Kopf hat.
ZB.: Der Protagonist geht in eine Disco, ein Lokal oder Ähnliches, wo er sich mit diversen Personen unterhält.
Da, vermutlich, jeder Leser schon einmal einen dieser Orte aufgesucht hat, hat er eine gewisse Vorstellung von der Verschiedenartigkeit der Lokalbesucher.
Würde der Autor die Personen alle eine annähernd einheitliche Ausdrucksweise verwenden lassen, statt darin zu variieren, würde das eventuell den Erfahrungen des Lesers widersprechen, worunter die Atmosphäre und Authentizität leiden könnte.
Natürlich heißt das nicht, dass man jetzt die unverständlichsten Dialekte verwenden muss.

Bezüglich historischer Romane:
Ich denke, der Vergleich der direkten Rede in einem H-Roman mit dem in einem zeitgenössischen ist unpassend.
In einem H-Roman müssten alle Charaktere eine, von der heutigen Sprache, (stark) abweichende Ausdrucksweise verwenden, was wahrscheinlich viele Leser abschrecken würde, weswegen es unterlassen wird.
Mir ging es nur um die Verwendung des Dialekts bei vereinzelten Nebencharakteren, etwa bei einem kurzen Gespräch an einer Bar.

 

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