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Thema des Monats Wolfswind

Lev

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06.02.2007
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Wolfswind

Beugt euch, Brüder und Schwestern, die ihr nicht seid. Die Monde sind finster dieser Nächte – dieser Tage auch. Berstet in meinem Angesicht. Wie ich euch hasse, so wird mein Hass euer sein. Die mächtigen Geister schlafen, um nicht in Furcht zu erstarren, denn selbst für sie bin ich, was alle Hoffnung erstickt.

Pierre Lafitte lief unruhig in der stickigen Blockhütte herum. Alsoomse hätte schon längst zurück sein müssen. Nicht einmal der gut befeuerte Kamin konnte der Eiseskälte widerstehen, die der heftige Wind ins Haus trieb.
Pierres dritter Winter hier an der Grenze zu den Großen Wäldern, und so sehr er das Land und dessen Kinder, die Ojibwa, liebte – an die unbarmherzigen Jahreszeiten konnte er sich nicht gewöhnen. Zum tausendsten Mal verfluchte er seinen Schwager Tihkoosue und seine Weigerung, mit dem Clan weiterzuziehen. Stattdessen musste er, der große Jäger, unbedingt mit Frau und Kind an einer Stelle, an der angeblich alles Wild überwinterte, seinen Wigwam errichten. Doch bei jedem seiner seltenen Besuche sah er abgemagerter und hohläugiger aus, und beim letzten Mal war Tihkoosues Blick so starr gewesen, dass Alsoomse Angst um Schwester und Neffen bekommen hatte. Kaum war sein Schwager gegangen, hatte sie aus süßlich duftenden Zedernnadeln, harzigen Fichtenrinden und getrockneten Farnköpfen sowie den mit bitterem Grünzeug gefüllten Mägen der letzten Herbsthasen Medizin und ein paar Otemans bereitet. Es hatte keinen Sinn, Alsoomse nach ihrem Tun zu befragen, denn wie alle Algonkin war sie freimütig gegenüber ihm und seinen französischen Landsleuten, doch niemals würden Ojibwa ureigene Geheimnisse offenbaren. Danach packte sie eilends Waffen und Proviant, zog ein warmes Gewand aus Hasenhäuten an und wollte aufbrechen. Kurz nur hatte sie sich ihm zugewandt, ihn umarmt und geküsst und zum Abschied geflüstert: „Wenn der Wind wolfsgleich singt, rette dich.“
Zu viel Zeit war seither vergangen, und das klagende und wütende Lied des rüttelnden Sturmes ließ Pierre erschauern.

Sein eisiger Griff hatte den Winter zu einem Teil des Landes gemacht. Pierre schritt zügig auf den Schneeschuhen aus. Ständig schien ein Heulen um ihn zu sein, selbst dort, wo kein Wind wehte. Aus dem winterstarren Wald drang Stöhnen und Kreischen, als ob ermüdetes Holz berste. Immer mehr glaubte sich Pierre verfolgt und von gierig bohrenden Blicken beobachtet, doch wann immer er sich umdrehte, verschwand der mysteriöse Verfolger gerade noch aus seinem Sichtfeld. Rätselhafte Spuren im Schnee wie von einem mit Krallen bewehrten Riesen ließen ihn vermuten, dass da tatsächlich irgendetwas war. Die Angst um Alsoomse trieb ihn weiter und weiter.
Plötzlich stand er vor Shanias und Tihkoosues Wigwam, nach dem bedrohliche Schatten griffen.

Mit gezogenem Messer tauchte Pierre in das Halbdunkel des Wigwams. Seine angespannten Sinne nahmen alles wahr: das heruntergebrannte Feuer, den leichten Ekel erregenden Geruch von Exkrementen und kalter, abgestandener Luft und auch Shania, die, sich wiegend und eine Ojibwa-Weise singend, den kleinen Ahanu säugte. Erleichtert steckte er das Messer weg und sprach seine Schwägerin an:
„Entschuldige die Störung, doch ich bin in Sorge. Alsoomse müsste schon längst zu Hause sein.“
Shania zeigte keinerlei Reaktion und verharrte in ihrem Tun. Plötzliche Panik erfasste Pierre.
„Sie war doch hier? Oder? Rede mit mir. War sie hier? Und wo ist dein Mann? Verdammt noch mal! Shania! So sag doch etwas!“
Pierre ging zu der Indianerin, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. Shania schien ihn weiterhin nicht wahrzunehmen – ihr Singsang wurde schriller und schriller. Mit einem erstickten Aufschrei prallte Pierre zurück, als er etwas entdeckte, was ihn zutiefst verstörte.
Shanias entblößte Brust bestand nur mehr aus einer blutigen Masse und Ahanu saugte an dem rohen und fleischigen Hügel, blutverschmiert mit herausgelutschten Fetzen im Mund.
„Heilige Mutter Gottes!“ Reflexartig riss Pierre das Kleinkind von der Mutterbrust und warf es angeekelt zu Boden. Kein Weinen drang aus dem mit Gewebeteilen besudelten Kindermund – stumm starrte Ahanu zu dem Erwachsenen hoch – gefangen im Saugreflex und mit dem Blick eines uralten Mannes.
Der Franzose hätte nicht sagen können, ob es dieser Blick war, der in ihm hemmungslose Wut weckte. Er trat auf das „Ding“ ein, als wollte er es durch den Boden stampfen. Ein entsetzlicher Schmerz ließ Pierre aufschreien. Shania war auf seinen Rücken gesprungen, krallte sich mit unglaublicher Kraft fest und biss ein Stück seines Ohres ab. Pierre taumelte durch den Wigwam und sogar aus diesem hinaus in dem verzweifelten Versuch, seine wild auf ihn einbeißende Last loszuwerden. So stolperte er bis zum Ufer eines kleinen Sees, auf dessen zugefrorene Fläche er rücklings stürzte. Knirschende und splitternde Geräusche vermischten sich mit Shanias Schmatzen und Kauen, das ihn nahezu wahnsinnig machte. Während sein Leben aus ihm herausfloss, gelang es endlich, das Messer zu ziehen und an Shanias klammernden Fingern zu säbeln. Dieses Bemühen und ziehendes Eiswasser halfen ihm, sich vom Griff der Indianerin zu befreien und keuchend auf festen Boden zurückzukehren. Am liebsten hätte er sich ewig ausgeruht, doch seine Sorgen um Alsoomse ließen ihn sowohl Verletzungen als auch Shania vergessen, und er schleppte sich zum Wigwam zurück, wo seine Muskete abgestellt war.
Frischer Schnee milderte die Blutungen und er machte seine Waffe bereit. Gehetzt schaute sich der Franzose nach einem Lebenszeichen seiner Frau um und begann zu hoffen, als er flackernden Feuerschein tiefer im Wald wahrnahm.
Ohne Rücksicht auf Äste und Unebenheiten rannte er dort hin. Schon bald kam Pierre zu einem uralten, senkrecht geborstenen Baum, in dem ein Lagerfeuer errichtet war. Pierre brach schluchzend in die Knie. Kopfüber hing dort Alsoomse, nackt mit aufgeschlitztem Bauch, unter ihr ein befeuerter Topf und neben ihr Tihkoosue, der gerade Innereien heraustrennte, welche in den Topf platschten. Der Ojibwa-Jäger hatte Pierre gehört, drehte sich mit glückseliger Miene um und sagte mit einladender Geste:
„Sieh meine Beute. Eine junge, starke Karabu-Kuh voll Saft und reich an Fleisch. Shania wird ein Festmahl daraus machen. Wir werden nicht mehr hungern müssen.“
Pierre hob unter Tränen die Muskete und schoss. Der Einschlag der Kugel ließ Tihkoosue gegen den Topf prallen und ins Feuer rutschen – heulend verteilte der Wind den Geruch verbrennenden Fleisches zwischen den Bäumen. Pierre stolperte schluchzend zu dem kalten und ausgeweideten Körper seiner Frau und umarmte ihn weinend. Plötzlich krallte sich eine Hand durch das Gewand in seine Weichteile und riss ihm diese mit einer einzigen Bewegung aus dem Leib. Als er schreilos zu Boden sank, sah er ein triumphierendes Leuchten in den greisenhaften, leblosen Augen seines Schwagers.

Mit dem Wind wandere ich und er ist mir untertan. Erstarren werden alle Herzen, die meinen Weg beschmutzen und mein wird sein, wo Manabus Schutz versagt, denn ich bin der Wendigo und so hört denn mein Lied.

 
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Ein paar Begriffserklärungen:

Ojibwa: Eine der größten und bedeutendsten Indianerstämme früher und heute, vielleicht besser bekannt unter dem Namen Chippewa.
Algonkin: Die übergeordnete Sprachgruppe, deren wichtigste Gruppe eben die Ojibwas sind.
Oteman: Totem im Ojibwa-Dialekt

 
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Moi Lev,

:) hee, wie cool! Gefällt mir total gut - der Franzose, der sich nicht wie üblich überlegen, sondern fast assimiliert fühlt, was uns Leser erstmal in Sicherheit wiegt, den Angriff von ganz außerhalb zu vermuten. Sehr schön, wie ihm die Sache entgleitet. Und sicher Bilder, die ich jeweils nicht habe erwarten können - zumal man durch Autoren wie Jack London Indianerinnen immer als Opfer oder Handelsgegenstand zu sehen gewohnt ist. Spannend, daß ich gleichzeitig den Blick von außen (Pierre als Prot, dem wir folgen, der aber nicht zur lokalen Kultur gehört) und den von innen - nämlich durch die Angriffsszenen, die eine eigene spirituelle Kulturlogik haben. Und damit ist die "Gewalt" zugleich abstoßend wie auch anziehend.

Feine Sache, auch passender Stil. Sehr spannendes setting!

Ein paar Vorschläge hätte ich:

hohläugiger aus(KOMMA) und beim letzten Mal war
zwischen zwei möglichen Hauptsätzen Komma.
Kaum war sein Schwager weg gewesen,
Umgangssprache, besser: gegangen
Mägen der letzten Herbsthasen Medizin
An sich gefällt mir dieser ganze Satz extrem gut, statt der letzten würde ich aber - weil man hier langsam gen Satzende den Bezug verliert - einiger vorziehen. Zumal es strenggenommen sicher nicht die letzten sind, da danach vllt ziemlich erjagt, aber nicht ausgerottet.
seither vergangen(KOMMA) und das klagende
s.o. Hauptsätze
Ein eisiger Griff hatte den Winter zu einem Teil des Landes gemacht.
Das Bild gefällt mir sehr gut, ungewöhnlich - schöner noch würde ich Sein eisiger Griff finden. Denn genau den Bezug stellst Du ja im gleichen Satz noch her. Ein hieße 'unbekannt'.
Seltsames war im Gange und Pierre schritt zügig auf den Schneeschuhen aus.
Fettes würde ich streichen, und wenn Du diese klassische Ankündigung aus Stilgründen möchtest, wäre etwas anderes als so ein umgangssprachliches "im Gange" nötig. Der Bruch ist zu harsch.
Bedrohliche Schatten der Dämmerung griffen nach Shanias und Tihkoosues Wigwam, vor dem er plötzlich stand.
Zeitlogik wäre besser umgedreht: Plötzlich stand er ... , nach dem bedrohliche Schatten ... griffen. Denn wenn er das mit den Schatten sieht, muß er zwangsläufig auch schon den Wigwam gesehen haben.
Mit einem mulmigen Gefühl und gezogenem Messer tauchte Pierre in das Halbdunkel des Wigwams.
Fettes würde ich auch streichen/ändern, siehe "im Gange".
das nahezu heruntergebrannte Feuer,
Nahezu raus: runtergebrannt bedeutet schon, daß es noch brennt, aber nicht mehr richtig. Nahezu würde heißen, daß es dolle brennt, da noch nicht richtig runtergebrannt, also noch dabei - dann wäre wieder runtergebrannt unpassend.
(Meine Pedanterie wird mich nochmal umbringen *murmelmurmel*)
Oder? Hallo! Rede mit mir
Hallo raus, klingt wie Großstadtslang. ;)
Auf alle Fälle trat er auf das „Ding“ ein,
"" raus, höchstens kursiv, braucht es mEn nicht. Das wird durch keine Betonung stärker als es ist. Die Fälle kicken, Umgangsspache, verzögert auch die heftige Handlung zu sehr.
als wollte er es durch den gefrorenen Boden stampfen.
Da stimmt glaube ich was nicht, auch wenn ich mehr über Inuit als Indianer weiß: der Boden dürfte dick mit Fellen ausgelegt sein, sicher sitzt da niemand auf dem blanken (Gras)Boden.
und zunehmend saugendes Eiswasser halfen ihm
:confused: Öh, das ergibt in mir kein logisches Bild. Auch nicht mit Strömung. Eiswasser sticht z.B., wenn Du da was willst.
als auch Shania vergessen(KOMMA) und er schleppte
s.o.
nach irgendeinem Lebenszeichen
besser vllt einem?
Ohne Rücksicht auf wegversperrende Äste oder irgendwelche Unebenheiten rannte er dort hin.
Hält auf, ist auch zu austauschbar: Ohne Rücksicht auf Äste (Zweige), die sein Gesicht peitschten, lief er weiter, wäre für mich greifbarer.
Pierre stolperte, „Alsoomse“ schluchzend,
Würde ich streichen, nur schluchzend wäre stärker, zumal der Satz mit dem Einschub sehr an Tempo verliert.
Plötzlich krallte sich eine Hand durch das Gewand in seine Weichteile und riss ihm diese mit einer einzigen Bewegung aus und als er geschockt und schreilos zu Boden sank, sah er ein triumphierendes Leuchten in den greisenhaften und leblosen Augen seines Schwagers.
Ahhhh, fiiiiieees, das hab ich nicht kommen sehen!! Hehe. Ganz dringend zwei Sätze draus machen:
Plötzlich krallte sich eine Hand durch das Gewand in seine Weichteile und riss ihm diese mit einer einzigen Bewegung aus dem Leib. 'Geschockt' ist Teenieslang wie 'panisch', was Du zum Glück oben vermieden hast mit 'in Panik', was ich sehr mag. Als er schreilos zu Boden sank, sah er ein triumphierendes Leuchten in den greisenhaften(KOMMA) leblosen Augen seines Schwagers. Am Ende besser ein Komma als noch ein und. 'Schreilos' ist ein extrem legeres Wort, das es evt. nichtmal gibt, gefällt mir aber - andere Stimmung als 'ohne einen Laut' oder so.

Was mir super gefallen hat:
Natürlich überhaupt die Sache mit dem Kind und der Brust, daß die Frau so unbeteiligt, in Trance, ist. Die alten Augen im Kind, immer fies!

Kein Weinen drang aus dem mit Gewebeteilen besudelten Kindermund – stumm starrte Ahanu zu dem Erwachsenen hoch – gefangen im Saugreflex und mit dem Blick eines uralten Mannes.
Sehr fein, auch vom Rhythmus her.
und an Shanias klammernden Fingern zu säbeln.
Iiiih, das sieht man so richtig, schrgschrg, viel besser als schneiden oder sowas.
„Sieh meine Beute. Eine junge, starke Karabu-Kuh voll Saft und reich an Fleisch.
Uuuäääh, hehe, wie gemein. Man sieht aber natürlich auch die andere Logik darin. Das Glück, irgendwie unschuldig, naiv.
(...) hatte sie aus süßlich duftenden Zedernnadeln, harzigen Fichtenrinden und getrockneten Farnköpfen sowie den mit bitterem Grünzeug gefüllten Mägen der letzten Herbsthasen Medizin und ein paar Otemans bereitet.
Obwohl es sehr aufzählend ist, wirken all die Zutaten sehr sinnlich, 'riechbar und fühlbar' auf mich, nur dieser Satz alleine hat das ganze Szenario für mich greifbar gemacht. Da würde ich auch mal keine Adjektive kicken (nur das eine ändern, wie gesagt).

Anfang und Ende gefallen mir auch, weil es ziemlich eigenwillig, aber nicht zu kitschig oder pathetisch ist.

Interessante Geschichte, vielen Dank! Hoffe, Du kannst was mit meinen Anmerkungen anfangen.

Liebe Grüße,
Katla

 

hallo lev,

gutes Fast Food. Habe die Geschichte gerne gelesen.

Trotzdem denke ich, dass man aus dem Stoff mehr machen könnte, jedenfalls eine längere Geschichte entwickeln. Der Übergang geht mir fast zu schnell. Ich konnte mich nicht richtig in deinen Prot hineinversetzen, finde auch, dass du erklären musst, was ein Franzose bei Indianern zu suchen hat. Man stellt sich mehr Fragen als man Antworten bekommt. Ich finde die Thematik nicht schlecht angestochen. Jedoch fehlte mir die glaubwürdige Würze, die so eine Geschichte zum Kochen bringen kann sowie die genauen Beweg- und Hintergründe.

Plötzlich krallte sich eine Hand durch das Gewand in seine Weichteile und riss ihm diese mit einer einzigen Bewegung aus und als er geschockt und schreilos zu Boden sank, sah er ein triumphierendes Leuchten in den greisenhaften und leblosen Augen seines Schwagers.

Der von den Toten Wiedererweckte. Hat gleich richtig zugelangt.:lol:

mfg mantox

 

Hallo Katla,

danke fürs Lesen, gute Vorschläge machen und insgesamt für gut befinden. Die meisten deiner Anmerkungen habe ich verbessernd in meinen Text eingebracht.

Zitat:
Mägen der letzten Herbsthasen Medizin

An sich gefällt mir dieser ganze Satz extrem gut, statt der letzten würde ich aber - weil man hier langsam gen Satzende den Bezug verliert - einiger vorziehen. Zumal es strenggenommen sicher nicht die letzten sind, da danach vllt ziemlich erjagt, aber nicht ausgerottet.


Neee, das ist anders. Ich muss "letzten" lassen, denn es geht definitiv um jene, die letzten im vergangenen Herbst erlegten Hasen und dieses "gefüllte Mägen-Zeugs" gilt als hervorragendes Heilmittel gegen z.B. Husten.

Hält auf, ist auch zu austauschbar: Ohne Rücksicht auf Äste (Zweige), die sein Gesicht peitschten, lief er weiter, wäre für mich greifbarer.

In der Tat mein ursprünglicher Ansatz, aber bei der Kälte die mir vorschwebte, peitscht gar nix mehr.

'Schreilos' ist ein extrem legeres Wort

Gelle, find' ich auch, :D und gleichfalls war ich der Meinung, dass dies ein viel tolleres Bild abgibt.

Obwohl es sehr aufzählend ist, wirken all die Zutaten sehr sinnlich, 'riechbar und fühlbar' auf mich, nur dieser Satz alleine hat das ganze Szenario für mich greifbar gemacht.

Ja, und vor allem wichtig, was Wendigo-Bekämpfung betrifft, aber, wie man sieht, letztendlich doch nutzlos.

Hoffe, Du kannst was mit meinen Anmerkungen anfangen.

Immer doch.

Hallo Mantox,

auch dir Dank, dass dir das Fastfood geschmeckt hat.

dass du erklären musst, was ein Franzose bei Indianern zu suchen hat.

Gut, so will ich denn nicht so sein. Die Ojibwas sind und waren, wie auch in meinen Anmerkungen vermerkt, eine der größten nativen Gruppierungen. Ihr Überlebenstrick war simpel: im Unterschied zu vielen anderen Volksgruppen haben sie auf Vermischungen mit anderen Gruppen gesetzt (außer den Irokesen, die waren und sind pfui) Ihr Siedlungsraum ist Kanada und nördliches Nordamerika und dort waren die Franzosen erstens die wichtigste Gruppe der Siedler und bald auch Bündnispartner der Algonkin-Gruppen. Die Franzosen haben sie in erster Linie mit Waffen beliefert, welche die Ojibwas leidenschaftlich in ihren eigenen territorialen Ansprüchen einsetzten (eben gegen die Irokesen und später dann gegen die Engländer, die Bündnispartner der Irokesen waren) Die Franzosen waren darum willkommene Partner ihrer eigenen Leute.

So, hoffe, zufriedenstellend geantwortet zu haben.
Noch einmal danke, ihr beiden.
lg
lev

 

Grüß dich, Lev!

Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch.

Das kann man so nicht schreiben. "Die Monde dieser Nächte sind finster - die der Tage auch."

Du sagst ja auch "Der Sonnenaufgang dieses Sommers ist schön" und nicht "Der Sonnenaufgang ist schön dieses Jahres."

Die mächtigen Geister schlafen, um nicht in Furcht zu erstarren, denn selbst für sie bin ich das, wo alle Hoffnung erstickt.

"das, wo" ist Umgangssprache und passt nicht zum restlichen Ton. "Ich bin der, wo dir sagt, dem Tomas sein Auto ist kaputt."

Und auch örtlich passts nicht. Dann müsste es heißen: "Ich bin der Ort, wo alle Hoffnung erstickt (wird)"

Besser: "denn selbst für sie bin ich der, der alle Hoffnung erstickt".

Pierres dritter Winter hier an der Grenze zu den Großen Wäldern und so sehr er das Land und dessen Kinder, die Ojibwa, liebte – an die unbarmherzigen Jahreszeiten konnte er sich nicht gewöhnen.

Der erste Teil hängt da so unmotiviert herum. "Es war sein dritter Winter ..., und so sehr ..."

Stattdessen musste er, der große Jäger, unbedingt mit Frau und Kind an einer Stelle, wo angeblich alles Wild überwintert, seinen Wigwam errichten.

"Die Stelle, wo das passiert ist." Naja ... "Die Stelle, an der angeblich ..."

und beim letzten Mal war Tihkoosues Blick so starr gewesen,

Sein eisiger Griff hatte den Winter zu einem Teil des Landes gemacht.

Wessen?

Pierre schritt zügig auf den Schneeschuhen aus.

"mit den"

Aus dem winterstarren Wald drang Stöhnen und Kreischen, als berste ermüdetes Holz.

gelang es ihm endlich, das Messer zu ziehen und an Shanias klammernden Fingern zu säbeln.

Pierre brach schluchzend in die Knie. Kopfüber hing dort Alsoomse, nackt(Komma) mit aufgeschlitztem Bauch,

Das ist ein interessantes Setting. Lange nichts mehr über Indianer gelesen, und dann auch noch Horror.

Ja, man hat das eigentlich anders im Kopf, insofern finde ich es schön, dass hier keine Klischees neu angestrichen wurden. Den Franzosen fand ich schön, und auch die Atmosphäre am Schluss, als sich dann alles verdichtet hat.

Ist ja schon viel gesagt worden ... darum: Hat mir gefallen! :)

Bis bald,

yours

 

Hallo yours,

Danke für Lesen und Kritik, deine Verbesserungsvorschläge habe ich nur teilweise übernommen. Warum? Nun denn ...

Zitat:
Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch.

Das kann man so nicht schreiben. "Die Monde dieser Nächte sind finster - die der Tage auch."


Ich geb's ja zu, ein Satz zum Gehirnwindungendurchbrennen ;) Ich glaub' aber, dass ich richtig liege. Monde ist Monate, nicht na eben Mond und so gesehen haut's hin, oder?

Zitat:
Die mächtigen Geister schlafen, um nicht in Furcht zu erstarren, denn selbst für sie bin ich das, wo alle Hoffnung erstickt.

"das, wo" ist Umgangssprache und passt nicht zum restlichen Ton. "Ich bin der, wo dir sagt, dem Tomas sein Auto ist kaputt."

Und auch örtlich passts nicht. Dann müsste es heißen: "Ich bin der Ort, wo alle Hoffnung erstickt (wird)"


:eek: das, wo .... das, was - ein ewiges Schrecknis für mich und in der Tat eine österreichische Ausgeburt von Dialektik schlimmsten Ausmaßes, aber ich habe hier leider ein Problem, welches mit der Figur oder auch Nichtfigur des Wendigo, Windigo, Riese Wolfswind und wie auch immer man es nennen mag. Wendigo ist nach meinen Recherchen weder Person noch Ort noch sonst irgendetwas. Bestenfalls kann man Wendigo als Entität bezeichnen und darum auch mein Problem, wie benennen. Ich lass es, auch wenn's weh tut.

Zitat:
Sein eisiger Griff hatte den Winter zu einem Teil des Landes gemacht.

Wessen?


Besser? Der eisige Griff des Winters hatte sich selbst zu einem Teil des Landes gemacht.
Glaub ich nicht.

Zitat:
Pierre schritt zügig auf den Schneeschuhen aus.

"mit den"


Hier irrst du. Schneeschuhe sind keine Schuhe sondern Tennisschläger oder so was ähnliches.

Zitat:
Aus dem winterstarren Wald drang Stöhnen und Kreischen, als berste ermüdetes Holz.

Laut meinem Wörterbuch passt barst, obwohl dein Vorschlag mir besser gefallen würde.

Zitat:
Pierre brach schluchzend in die Knie. Kopfüber hing dort Alsoomse, nackt(Komma) mit aufgeschlitztem Bauch,

Für mich klingt "nackt (ohne Komma) mit aufgeschlitzem Bauch" schneller und besser. Ein Komma würde eine kleine Zögerung heraufbeschwören, die ich unpassend fände.

Ist ja schon viel gesagt worden ... darum: Hat mir gefallen!

Also das hat mich ehrlich überrascht. Nach deiner bisherigen Kritik habe ich angstbibbernd den finalen Hammer erwartet. Darum um so herzlicher: Dankeschön fürs Gefallen.

lg
lev

 

Hey nochmal :)

Ich spalte mal ein paar Haare ... ja?

Die Monate sind finster dieser Nächte.

Ich finde es spannend, wie man auf so etwas kommt. Hmm. Du willst sagen, dass in diesen Monaten die Nächte finster sind, oder?

Die Nächte dieses Monats.

Dieses Monats Nächte.

Dieses Monats Nächte sind finster.

Finster sind dieses Monats Nächte.

... aber ich hab keinen Plan, wie man zu deinem Satzbau kommt. :)

Weil wenn du deinen Satz umstellst, kommt raus: Die Monate dieser Nächte sind finster. Und das ist ja gerade nicht das, was du sagen willst ... hm.

Sein eisiger Griff hatte den Winter zu einem Teil des Landes gemacht.

Der Winter war also so hart, und die Härte hat ihm zum Teil des Landes werden lassen?

"Der eisige Griff des Winters prägte das Land."

So vielleicht?

Hier irrst du. Schneeschuhe sind keine Schuhe sondern Tennisschläger oder so was ähnliches.

Joa, ich kenne Schneeschuhe ... trotzdem schreite ich mit den Schuhen aus und nicht darauf ... weil sie ja dabei mitgehen. Sonst klingts, als wären sie eine Fläche und ich würde drauf wandern. Aber egal.

Laut meinem Wörterbuch passt barst, obwohl dein Vorschlag mir besser gefallen würde.

Hmmm ... das ist ein Vergleichssatz "Es klingt, als ..." - und da kommt eigentlich Konjunktiv II hin, und das ist für "bersten" eben "berste". Barst ist Indikativ.

Anderes Beispiel:

"Es hörte sich an, als käme jemand." (Konjunktiv II "käme", aber nicht Indikativ: "Es hörte sich an, als kam jemand.")

Oder in der Ersatzform, das klingt geläufiger: "Es hörte sich an, als würde jemand kommen."

Joa. :)

Bis bald!

yours

 

Hallo Lev,

oh, das ist nichts fuer mein Hasenherz, so ein Wolfwind. Und Kind mit uralten Augen ist ja ganz pfui (Ich hab mal so ein Bild gesehen, da hatten sie nem Kind, die Augen vom Ratzinger eingesetzt - man hats sofort an den augenringen erkannt)
Hat mir also gut gefallen. Ich mag auch den unaufgeregten, etwas altertuemlichen Erzaehlstil (um die paar umstaendlichen Formulierungen sollen sich andere kuemmern). Nur das Kursive finde ich noch deutlich verbesserungswuerdig.

Beugt euch, Brüder und Schwestern, die ihr nicht seid.
Das versteh ich einfach nicht.

Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch.
das ist mir seltsam

Die mächtigen Geister schlafen, um nicht in Furcht zu erstarren, denn selbst für sie bin ich das, wo alle Hoffnung erstickt.
und das "wo" finde ich auch komisch.

Das ist schon recht viel fuer so nen kleinen Absatz zum Einstieg. Und gerade son Geschwurbel muss sitzen damits wirkt.

Aber egal, zum Grundsaetzlichen: Ich haette mir einen etwas breiter angelegten Text gewuenscht, wo man ueber einen laengeren Zeitraum die wachsende Verzweiflung ob der fehlenden Nahrung, Isolation, Kaelte etc. miterleben kann. Langsamer Wahnsinn ist immer so schoen gruselig. Und wenn man die Figuren auch in normal kennt, ist ihr Wahn oder Tod auch dramatischer.
Ich wuensch mir mehr, weil das Setting wirklich gut, und das Geschehen echt schroecklich ist - da kann man so viel mehr draus machen.

lg
fiz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo feirefiz,

so hasenherzig hätt' ich dich gar nicht eingeschätzt, darum muss ich dir um so mehr danken, dass du dich so mutig durchgegruselt hast.

Was den Anfang betrifft (irgendwann war ich so stolz darauf, aber jetzt :drool: )

Zitat:
Beugt euch, Brüder und Schwestern, die ihr nicht seid.

Das versteh ich einfach nicht


Dieser Einsatz hat mit dem Auftreten des Wendigos nach nativen Legenden zu tun. Wenn der Wolfswind kommt beugen sich sämtliche Gräser und Sträuche und die meisten der Bäume. Und das Bruder-Schwester-Zeugs hat mit der Konträreinstellung Manibus (Manitous) zu tun, das alles eins ist und zusammengehört. Nicht nach Wendigo-Sicht.

Zitat:
Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch.

das ist mir seltsam


Oh, seltsam ist gut. Ne, ich geb's zu. Da habe ich gekünstelt und das nicht sehr überzeugend - scheinbar. Yours versucht mich eh schon, zu überzeugen, doch noch bin ich starrsinnig.

Zitat:
Die mächtigen Geister schlafen, um nicht in Furcht zu erstarren, denn selbst für sie bin ich das, wo alle Hoffnung erstickt.

und das "wo" finde ich auch komisch.


Nicht nur du, ich mittlerweile auch. Da überleg ich daran herum, ob mir nicht was anderes Schönes einfällt. Bleibt vorerst so, aber ich hoffe, nicht mehr lange.

Danke für Lesen und Kritik
lg
lev

Edit: Habe das "wo"-Problem zu lösen versucht, vielleicht geht es jetzt besser. lg lev

 

„Paulus schrieb an die Komantschen:
Erst kommt die Taufe, dann das Plantschen.“*

>Beugt euch, Brüder und Schwestern, die ihr nicht seid. Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch< ist eine Einleitung, wie sie nur mit dem Hammer, besser, da präziser: der Keule, eben dem tomohawk geschrieben werden kann und auf eine düstere Geschichte vorbereitet.

Obwohl kein Freund des aufgesuchten Genres, da der gesamte Zustand der Welt mehr als genug Horror in der besten aller Welten derzeit bietet, der i. d. R. wenig unterhaltend ist. Gleichwohl haben mich die ersten Sätze hineingezogen in eine Welt lange vor Tecumseh, das ich keineswegs widerwillig einige Anmerkungen geben will, da ich nicht glaube, dass Dein geschilderter Ort,

lieber Lew,

so fiktiv wäre als etwa Brechts Chicago und/oder Mahagonny. Und damit

wa lakota,

Freunde des literarischen Grusel(n)s & show-derns!

Zu der Zeit, da der Protagonist dieser kleinen Geschichte M. Lafitte lebte, waren die „Sioux“ sesshafte Nachbarn der Ojibwa, die noch Jäger/Fischer und Sammler (vor allem von Wildreis) waren und als Nebengewerbe aus der Jagd Pelzhandel betrieben.
Die „Sioux“ aber bestellten das Feld – was einige der „Sioux“-sprachigen Stämme beibehielten, selbst als die größere Zahl regredierte und wieder in eine graue Vorzeit mit der Nutzung des Pferdes zurückfiel, das unstete Nomadenleben des Jägers und Sammlers wählte, als das Hollywood uns glauben machen will, dies wäre das wahre Leben der native American gewesen.
Warum erzähl ich das?

Diese genannten Nachbarn wurden von den Algonkin Natowessiwak (plural, sing.: Natowessiw) genannt, was die Franzosen lautmalerisch in Nadouessioux verwandelten, was in der weiteren Folge zum „Sioux“ [ausgesprochen i. d. R. als 'sioks/'siuks, korrekt aber su:z] verkürzt wurde. Natowessiwak heißt aber nichts anderes als kleine Schlangen – was keineswegs von allzu großem Vertrauen gegen Nachbarvölker zeugt und die in den Anmerkungen genannte Beziehung zu den Irokesen – die ihrerseits Hackbauern, Jäger und Fischer waren - mE relativiert. Der Irokesenbund war mutterrechtlich organisiert und doch nicht friedfertiger als irgendein patriarchalisch organisiertes Gebilde.

Die >„Heilige Mutter Gottes!“< hätte auch der missionierende Black Robe angerufen, der wie Lafitte (wenn auch fiktiv in der Filmbranche) Franzose und mit einer handvoll Algonkin auf dem Weg zu den Huronen war, die bereits 1649 von ihren lieben Verwandten des Irokesenbundes – einer Union aus zunächst fünf, später sechs Stämmen irokesischer Zunge - vernichtet wurden, deren Stämme wir gemeinhin den Irokesen gleichsetzen. Zu dieser Zeit etwa müsste Deine Geschichte handeln.
Die Muskete lässt es mich vermuten, ging doch in den folgenden Jahren die Entwicklung der Handfeuerwaffen weiter. Es ist eher unwahrscheinlich, dass der Franzose die Muskete als Schusswaffe sinnvoll einsetzen konnte – wenn nicht einfach als Keule. Man betrachte einmal einen natürlichen mit einem unserer Wälder, die bis auf wenige Ausnahmen wie etwa am Brocken gar nicht so natürlich sind wie sie vorgeben: wachsen im naturbelssenen Wald die Pflanzen, wie sie wollen, so stehen sie in Mitteleuropa idR in Reih und Glied.

Und noch ein grundlegender Einwand: ich bezweifel, dass ein Jäger der Ojibwa je eine Frau für ein Karibu halten könnte – zudem der Jäger und sein Opfer noch eng verwandt miteinander wären als Geschwister, denn in seiner Sprache ist das ein ototeman und Tihkoosue wird sich hüten, ein Totem oder überhaupt einen Menschen seinesgleichen (Totems) zu töten, überhaupt zu berühren (Tabu).
Wenn es auch in europäischen Augen grausam zuging, von Inzest, gar Kannibalismus unter den Stämmen, selbst bei größtem Hunger, ist mir nichts bekannt.

Kein Zweifel, Kälte und Hunger vermögen Wahnvorstellungen zu erzeugen und das scheint mir hier der Fall zu sein. Bei solchen Vorstellungen muss man vorsichtig sein: mehr als zwo Jahrhunderte nach Deiner Geschichte brachte die Geistertanzbewegung den Dakota (eben den o. g. „Sioux“) und ihren Verbündeten nach anfänglichen Erfolgen Niederlage und Untergang durch die Blauröcke. Den Beginn dieser Geschichte zeigt das Schicksal des Mannes, den sie Pferd nannten. Richard Harris setzt sich als Man Called Horse unendlichen Qualen aus, niemals wird aber dort gezeigt, welche Vorstellungen ihn dabei heimsuchen, weil sie den anderen eh unvorstellbar sind.
Da waren die Filmemacher vorsichtiger als Du, lieber Lew. Doch auch die Filmemacher stießen an ihre Grenzen: um auch möglichst authentische Kleidung zu zeigen, hatte man Nachkommen der Dakota um Auskunft gebeten und auch erhalten. Aber da saß man letztlich einem Klischee auf: die Vorstellung der befragten Dakota End der 1960-er Jahre über die Kleidung ihrer Vorfahren ein Jahrhundert zuvor beruhte auf Bildern aus Hollywood, das nun wahrlich nicht durch ethnologische Glaubwürdigkeit hervortritt.

So geht es selbst ernsthaften Forschern, dass sie die Welt von ihrer Herkunft her interpretieren, selbst als teilnehmendem Beobachter, da man selbst in dieser Position die Beobachteten beeinflusst. Ein besonderes Beispiel an Naivität finde ich den Beitrag Mantox’ mit dem Höhepunkt, nach dem/den Franzosen in Indianerland zu fragen bzw. um Erläuterungen innerhalb des Textes zu bitten – denn was können Europäer im fernen Land wollen? Spaß am Horror?

Aber zum Trost: auch unter den Chefs der algonkinsprachigen gab es einen, dem jeder religiöse Wahn fremd blieb: eben Tecumseh, der dann das Pech hatte, dass ausgerechnet einer seiner Brüder religiösem Wahn verfiel und die Shawnee gleich mitriss.
Schon in dieser Formulierung kommt ein weiteres Problem zum Vorschein: Die Algonkin selbst waren ein relativ unbedeutender Stamm von Jägern und Fallenstellern, deren Name freilich erhalten blieb, indem er einer großen Sprachfamilie geliehen wurde (die berühmten Mohikaner aus den Lederstrumpferzählungen zählten dazu wie auch die Shawnee, die Blackfeet und die Cheyenne, um zu zeigen, in welch großem Gebiet Algonkin Dialekte/Sprachen vorherrschten, bevor sie von europäischen verdrängt wurden).

Was nun wäre die Deutung, die mir bliebe, nachdem Tihkoosue als Täter ausscheidet, da er das Tabu niemals um den Preis einer wenig angenehmen psycho-somatischen Reaktion brechen wird?

Lafitte ist es, der seinen Schwager dämonisiert. Kälte und Hunger bringen dem Franzosen Wahnvorstellungen und was der Europäer sich wünscht dichtet er dem Wilden an, den er zugleich zum Sündenbock seiner potenziellen Tat nimmt: er hat Hunger und der wird gleich befriedigt durch die Frau, die er zum Fressen gern hat. Dabei krallt sich das Gewissen (das sich idR nur als „schlechtes“, selten als „gutes“ meldet) an ihm fest.

„Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.“*

Wie dem auch sei: einige Bemerkungen zur verwendeten Sprache in Deiner Geschichte.

>Bei so etwas brauchte Pierre nicht einmal wagen, …< Der Volksmund hat nicht immer recht, doch hier meint er: „Wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht erst zu brauchen.“

> …, doch niemals würde eine Ojibwa ureigene Geheimnisse offenbaren.< Warum umgangssprachliche Konj. II? Kann man sich da nicht sicher sein, dass ein(e) Ojibwa – wie überhaupt alle andern native Amercan - ureigene Geheimnisse niemals offenbaren werde – was auch das Schweigen des Lords Man Called Horse erklären könnte?

>Pierre ging zu der Indianerin< Verwendestu den Ausdruck, dass auch der letzte wisse, was eine Ojibwa ist? Oder warum diese Bezeichnung aus europäischem Irrtum („Bewohner Indiens“) heraus? Es ging doch vorher ohne Diskriminierung (Ojibwa oder Namen, selbst der Verwandtschaftsgrad gibt was her).

Letztlich wäre in den Erläuterungen # 2 bei den >Chippewas< das s entbehrlich.

Wunderschön, eben aus einer fremden und fernen Welt (ohne Ironie!) find ich den Satz >Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch.< Schon dafür hat sich das Lesen gelohnt, wenngleich der Satz schon sehr verdreht wirkt, und doch zugleich sehr poetisch. Um dem mainstream entgegenzukommen könnte vielleicht auch gesagt werden „Die Nächte dieser Monde sind finster wie der Tag“ oder „Dieser Monde Tag(e) sind finster wie (als) die Nacht.“

Gruß

Makata Taka Hela

* Aus „Weils so schön war“ von Robert Gernhardt

 

Hallo Bluff of God,

Dir kann ich nur danken für's "bayrische" Gefallen, selbstverständlich auch für Lesen und Kritik.

Bleibt nur noch von meiner Seite zu sagen, dass mir auch diese kleinen Texte am Anfang und am Schluss sehr gefallen haben, sind das Original-Zitate oder erfunden?

Sprachlich ist es an Legenden und originalen (zumindest nach irgendwelchen ÜberliefererInnen und NiederschreiberInnen) Ausdrucksweisen orientiert, der genaue Inhalt ist größtenteils erfunden.

Hallo Friedrichard,

auch dir danke für Lesen und Kritik und mir scheint, Gefallen. Du hast ja immer so einen "anderen" Blick auf Geschichten, die auf kg.de erscheinen, den ich durchaus schätze, doch in deinen Anmerkungen zu "Wolfswind" irrst du in manchen (bzw. verwirrst du andere eventuell geneigte LeserInnen) oder vielleicht doch die nahezu ein Dutzend Quellen, die ich verwendet habe und "wikipedia" war definitiv nicht dabei.

Die Algonkin selbst waren ein relativ unbedeutender Stamm von Jägern und Fallenstellern, deren Name freilich erhalten blieb, indem er einer großen Sprachfamilie geliehen wurde (die berühmten Mohikaner aus den Lederstrumpferzählungen zählten dazu wie auch die Shawnee, die Blackfeet und die Cheyenne, um zu zeigen, in welch großem Gebiet Algonkin Dialekte/Sprachen vorherrschten, bevor sie von europäischen verdrängt wurden).

Das ist als solches richtig, doch ich rede niemals vom Stamm der Algonkin, sondern vom Stamm (was als Bezeichnung sowieso fraglich ist) der Ojibwa.
Fakt ist, die Ojibwa waren und sind eine der größten Gruppierungen der Algonkinsprachgruppe.

Die Muskete lässt es mich vermuten, ging doch in den folgenden Jahren die Entwicklung der Handfeuerwaffen weiter. Es ist eher unwahrscheinlich, dass der Franzose die Muskete als Schusswaffe sinnvoll einsetzen konnte – wenn nicht einfach als Keule.

Ich halte eher für unwahrscheinlich, dass der Franzose die Waffe nicht sinnvoll einsetzen könnte. Tatsache ist (ja ja - selbst für den einen Schuss habe ich recherchiert), dass die Franzosen die Musketen ins Land gebracht haben und an die Einheimischen (in diesem Fall die Algonkin-Gruppen) verteilt haben (wurde als Indian Musket bekannt). Natürlich hatten die Zuwanderer aus Europa die neueren Modelle und die Handfeuerwaffenentwicklung ging gleichfalls weiter, aber noch nicht zum Zeitpunkt und am Ort meiner Handlung.

Und noch ein grundlegender Einwand: ich bezweifel, dass ein Jäger der Ojibwa je eine Frau für ein Karibu halten könnte

Ich hoffe doch, dass er dies im Normalfall auch nicht tut. Aber wir sind in "Horror" zum einen, zum zweiten ist, wie du ein Stück weiter vermutest, Hunger und Kälte und Wahnvorstellungen in "Unform" des Wendigo Wolfwind wahrer Schuldiger.

Pierre ging zu der Indianerin< Verwendestu den Ausdruck, dass auch der letzte wisse, was eine Ojibwa ist? Oder warum diese Bezeichnung aus europäischem Irrtum („Bewohner Indiens“) heraus? Es ging doch vorher ohne Diskriminierung (Ojibwa oder Namen, selbst der Verwandtschaftsgrad gibt was her).

Letztlich wäre in den Erläuterungen # 2 bei den >Chippewas< das s entbehrlich.


In der Tat zum einen des besseren Verständnisses wegen, zum zweiten probiere ich bei Geschichten, die in alter Zeit spielen, Begrifflichkeiten zu verwenden, die damals gültig waren. Und von Nativen hat damals noch keiner gesprochen.

Chippewa-Fehler wird korrigiert. Du bist absolut rechtens.

Nochmal Dank euch beiden.
lg
lev

 
Zuletzt bearbeitet:

Nein, verwirren möchte ich nun niemand durch Anmerkungen, und Du bräuchtest Dich auch nicht zu rechtfertigen/verteidigen – ich weiß dass wir uns im Horror-Genre bewegen und nicht in der Historik, dennoch will ich nun auf meinen nächsten Irrtum vorbereiten,

lieber Lew,

und doch ein bisschen skeptischer machen gegenüber dem, was so verbreitet wird, denn dass Franzosen veraltete, rückständige und damit schlechte Waffen den native American überließen und die es nicht einmal begriffen, dass der Bogen einfacher und vor allem schneller zu handhaben war, steht außer Zweifel. Und was sollte einen daran hindern, andere daran zu erinnern, dass Kanada einmal als Neufrankreich (bis 1763) bezeichnet wurde?

Zur Beziehung der native American untereinander nannte ich bereits die Bezeichnung der Dakota als kleine Schlangen (Natowessiwak), was wir gerne verkürzt als Sioux wiederkäuen, was aber das Vertrauen dieser Gruppen untereinander beschreibt – die ja gerade erst die Steinzeit hinter sich ließen. Ähnliches gilt für die Bezeichnung Ojibwa: auch die ist den Betroffnen von Außen gegeben worden. Sie sind innerhalb der Sprachfamilie der Algonkin selbst eine der größeren Untergruppen und sprechen unterschiedliche Dialekte, lassen sich also weiter unterteilen.

Jetzt pack ich das Problem mal von einer andern Seite an, indem ich behaupte: Als feindlich galt nicht nur der/die/das Fremde, der fremde Stamm (siehe Irokesenbund und Huronen) und das andere Volk. Jenseits bestimmter, auch tabuierter Grenzen, „galt bereits das Nachbardorf, der nächste Häuptling mit seinem Clan oder die andere Sippe vom gleichen Stamm [als feindlich]“. Hier käme dann auch die Funktion des Totems zum Tragen, dass Träger gleichen Totems als Geschwister/Verwandte gälten – selbst am entferntesten und feindlichsten Ende der Welt.
Einen Hauch latenten Misstrauens verspürt man im zwoten Teil des Man Called Horse, wenn das nahezu vernichtete Dorf seine befreundeten Nachbarn gleicher Zunge vergeblich um Hilfe gegen das Fort und deren Verbündete bittet.

Die oben zitierte Stelle stammt weder von James Fenimore Cooper oder einem seiner Nachfolger, auch nicht aus den traurigen Tropen Lévi-Strauss’ oder einem Werk seiner Vorläufer oder Nachkommen in der Ethnologie, sondern über eine ganz andere Zeit und einen gänzlich anderen Ort, aber mit ähnlichen Strukturen, nämlich aus Herwig Wolframs Geschichte der Goten, einem Standardwerk der Geschichtsschreibung.

Einen wahren Schuldigen zu suchen ist an sich müßig, wo natürliche Bedingungen dergleichen Wahnvorstellungen zu erzeugen vermögen – darum sind auch die Bedingungen des Alb-Traumes wie Kälte und Hunger zu benennen, aber auch das Misstrauen gegeneinander.

Selbst Rimbaud hat Klischees verwendet wie im trunkenen Schiff:
„…
De Peaux-Rouges criards le avaient pris pour cibles,
Les ayant cloués nus aux poteaux de couleurs.
…” aus Le bateau au ivre, was man eher einem Karl May, denn dem Ahn aller echten Rock/Popstars zuschriebe.

Noch abschließend eine kuriose Sache, dass ich zu Anfang immer wieder einen kleinen Schnitzer übersehen hab: >... und beim letzten Mal war Tihkoosues Blick so starr gewesen, dass Alsoomse Angst um Schwester und Neffe bekommen hatte.< Der >Neffe< bittet um ein n.

Gruß & schönes Wochenende

Friedel

 

Hi Lev!

So nun deine Schmadder-Geschichte.
Angenehm kurz, prägnant und größtenteils auf den Punkt gebracht.

Eigentlich sehr schön, dass du uns nicht mit allzu vielen Erklärungen kommst. Bis auf den zweiten, den langen Absatz, der sich scheinbar endlos ziehen wollte. Mir sind das zu viele unbekannte Worte, Namen und Begriffe.

Es ist nicht so, dass ich zu faul wäre, nachzuschlagen. Aber erstens stoppt das den Lesefluss, zweitens ist der, der mir eine Geschichte erzählen will, mein Freund. Und Freunde erklären.
Nicht wahr?

Ein entsetzlicher Schmerz ließ Pierre aufschreien.

Hmmh, mit "Schmerz" und "aufschreien" hast du zwei Signal-Wörter drin. Eigentlich drei mit "entsetzlich". Ich würde das ändern.


...seine wild auf ihn einbeißende Last loszuwerden.

Das klingt ein wenig ... abstrakt.

..., der gerade Innereien heraustrennte, welche mit platschenden Geräuschen...

Sag mir, aus welchem Grund du hier "welche" schreibst, und nicht "die"!

schreilos

Ich habe lange nachgedacht über diese Vokabel und war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Aber ich denke, sie gefällt mir.


Mir gefällt außerdem das kurze, lakonische Anreißen der Grausamkeiten. Nicht ausgewalzt, mit kleinen fiesen Bildern, die größtenteils wirken.

Hat mir gefallen, wirklich!

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hanniball,

auch dir Dank für Lesen und Kritik

Bis auf den zweiten, den langen Absatz, der sich scheinbar endlos ziehen wollte. Mir sind das zu viele unbekannte Worte, Namen und Begriffe.

Mir ist nur allzu bewusst, das der sich zieht. Doch setze ich hier keine Geografie, keine Umwelt, Ethnologie was weiß ich ... kennt sich keiner mehr aus. Für eine Kurzgeschichte ist das mMn genug und das Ganze auserzählt würde nach einem längeren Text rufen. Irgendwer (ich glaub feirefiz) hatte sich mehr Breite gewünscht. Dann, und nur dann ist das möglich.

Zitat:
..., der gerade Innereien heraustrennte, welche mit platschenden Geräuschen...

Sag mir, aus welchem Grund du hier "welche" schreibst, und nicht "die"!


Weil ich hier "welche" als stärker empfinde.

Zitat:
schreilos

Ich habe lange nachgedacht über diese Vokabel und war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Aber ich denke, sie gefällt mir.


:D Danke

Hat mir gefallen, wirklich!

Nochmals danke

lg
lev

 

Hallo Lev!

Eine Geschichte mit viel Ausstattung (Inhalt) und Schmuck (Stil). Eine Indianer/Vampir/Kannibalen/Abenteuer/Geistergeschichte und ein blumiger, etwas altertümlicher, überladener Stil, der in den Horrorszenen tatsächlich aber lakonischer ist, was diesen guttut.
Die Geschichte kann sich nicht recht entscheiden, ob sie eine Anekdote oder eine Kurzgeschichte ist. Für eine Anekdote ist sie etwas zu lang und sprachlich zu wenig prägnant, für eine Kurzgeschichte ist der Spannungsbogen zu kurz, die Figuren zu wenig gezeichnet und zu sehr auf die Horrorszenen konzentriert. Beim Protagonisten hat man das Gefühl, dass er schon ziemlich bald weiß, dass er sich in einer Horrorgeschichte befindet, zu schnell wird zu sehr auf die Horrortube gedrückt. Er findet sich da zu schnell damit ab, was sich nicht zuletzt auch beim Zertreten des Babys zeigt.
Das Grauen zeigt sich zu schnell und zu deutlich:

Immer mehr glaubte sich Pierre verfolgt und von gierig bohrenden Blicken beobachtet, doch wann immer er sich umdrehte, verschwand der mysteriöse Verfolger gerade noch aus seinem Sichtfeld. Rätselhafte Spuren im Schnee wie von einem mit Krallen bewehrten Riesen ließen ihn vermuten, dass da tatsächlich irgendetwas war.
bei „verschwand gerade noch aus seinem Sichtfeld“ sehe ich auch ein Perspektivproblem, hier fühle ich mich eher wie einem Film, ich schaue Pierre zu, wie er verfolgt wird, er kann nicht sehen, dass „der mysteriöse Verfolger gerade noch aus seinem Sichtfeld“ verschwindet.

Mir würde es ja besser gefallen, wenn du dich ganz auf die Horrorszenen beschränkt hättest, also auf die unerhörte Begebenheit und das mehr ausgeführt hättest, stilistisch dafür knapper und prägnanter gewesen wärst.
Denn auch sprachlich ist sie etwas unentschieden: Einerseits hab ich an manchen Stellen das Gefühl, dass der blumige Stil der Geschichte mehr Gewicht geben soll, auf der anderen Seite klingen diese Stellen auch leicht ironisch oder gar parodistisch.
Nun zum Positiven:

Pierre ging zu der Indianerin, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. Shania schien ihn weiterhin nicht wahrzunehmen – ihr Singsang wurde schriller und schriller. Mit einem erstickten Aufschrei prallte Pierre zurück, als er etwas entdeckte, was ihn zutiefst verstörte.
Shanias entblößte Brust bestand nur mehr aus einer blutigen Masse und Ahanu saugte an dem rohen und fleischigen Hügel, blutverschmiert mit herausgelutschten Fetzen im Mund.
Das ist sehr stark, das anheimelnde Bild einer säugenden Mutter wird plötzlich zu einem Schreckensbild.

Inhaltlich ließe sich ja sagen, dass dieser Wendigo offensichtlich das Gegenteil des Lebens ist, es werden pervertierte Bilder gezeigt, die mit der menschlichen Reproduktion zusammenhängen, ganz deutlich in der Szene mit dem Säugling an der zerfetzten Brust, und auch am Ende werden ja Pierre seine Geschlechtsteile abgerissen, sich fortsetzendes Leben soll im Keim erstickt werden.

Könnte eine sehr starke Geschichte sein, wenn du dich sprachlich mehr zügeln (es gibt auch zu viele Adjektive) und die Geschichte ganz auf die Horrorszenen beschränken und die dafür noch etwas ausbauen würdest. Ich würde also mit der Suche Pierres nach seiner Frau beginnen. Alles, was davor war, kannst du ja kurz in einem gedanklichen Rückblick bringen.


Die Monde sind finster dieser Nächte – der Tage auch
grammatikalisch ist das nicht falsch, beides ist ein Genetiv, aber es würde besser klingen, wenn es "dieser Tage auch" heißen würde
mit dem Clan weiter zu ziehen
zusammen: weiterzuziehen
Stattdessen musste er, der große Jäger, unbedingt mit Frau und Kind an einer Stelle, an der angeblich alles Wild überwintert, seinen Wigwam errichten
Zeit einhalten: überwinterte
Bei so etwas brauchte Pierre nicht einmal wagen, sie anzusprechen, denn wie alle Algonkin war sie freimütig gegenüber ihm und seinen französischen Landsleuten, doch niemals würde eine Ojibwa ureigene Geheimnisse offenbaren
kein guter Satz - Vorschlag: Alsoomse war zwar freimütig gegenüber ihm und seinen französischen Landsleuten, aber es hatte keinen Sinn, sie nach dem Zweck der Medizin zu fragen, denn niemals würde eine Ojibwa ein Geheimnis ihres Volkes offenbaren.
Sein eisiger Griff hatte den Winter zu einem Teil des Landes gemacht.
Das beißt sich der Hund in den Schwanz - die Jahreszeit ist doch IMMER Teil des Landes - also das würde ich ersatzlos streichen. Auch ist der "eisige Griff" schon abgebraucht.
Seine angespannten Sinne nahmen alles wahr: das heruntergebrannte Feuer, den leichten Ekel erregenden Geruch von Exkrementen und kalter, abgestandener Luft und auch Shania, die, sich wiegend und eine Ojibwa-Weise singend, den kleinen Ahanu säugte
Klingt sehr ungelenk – Vorschlag: Seine angespannten Sinne nahmen wahr: das heruntergebrannte Feuer, den Ekel erregenden Geruch nach Exkrementen, die kalte, abgestandene Luft. Und endlich Shania, die, sich wiegend und eine Ojibwa-Weise singend, den kleinen Ahanu säugte.
„Heilige Mutter Gottes!“ Reflexartig riss Pierre das Kleinkind von der Mutterbrust und warf es angeekelt zu Boden. Kein Weinen drang aus dem mit Gewebeteilen besudelten Kindermund – stumm starrte Ahanu zu dem Erwachsenen hoch – gefangen im Saugreflex und mit dem Blick eines uralten Mannes.
Das ist noch immer gut, nur würde ich das mit dem Saugreflex anschaulicher beschreiben, auf welche Weise sich da der Mund des Kindes weiterbewegt.
„Heilige Mutter Gottes!“ Reflexartig riss Pierre das Kleinkind von der Mutterbrust und warf es angeekelt zu Boden. Kein Weinen drang aus dem mit Gewebeteilen besudelten Kindermund – stumm starrte Ahanu zu dem Erwachsenen hoch – gefangen im Saugreflex und mit dem Blick eines uralten Mannes.
Der Franzose hätte nicht sagen können, ob es dieser Blick war, der in ihm hemmungslose Wut weckte. Er trat auf das „Ding“ ein, als wollte er es durch den Boden stampfen
das geht zu schnell, man zertritt nicht ohne weiteres ein Baby, ich würde ihn da noch zögern lassen und noch etwas einbauen, wie es sich ungewöhnlich und eindeutig wie etwas Grausliches benimmt.
Während sein Leben aus ihm heraus floss
zusammen: herausfloss
Schon bald kam Pierre zu einem uralten, senkrecht geborstenen Baum, in dem ein Lagerfeuer errichtet war
ein Lagerfeuer IM Baum??
welche mit platschenden Geräuschen in den Topf fielen
welche in den Topf platschten
Der Ojibwa-Jäger hatte Pierre gehört und drehte sich mit glückseliger Miene um und sagte mit einladender Geste
das erste „und“ streichen: gehört, drehte sich … um und …
Pierre stolperte schluchzend näher zu dem kalten und ausgeweideten Körper seiner Frau
„näher“ streichen
und riss ihm diese mit einer einzigen Bewegung aus dem Leib
wäre stärker mit „ab“: und riss ihm diese mit einer einzigen Bewegung ab

Gruß
Andrea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Andrea,

danke für Lesen und Kritik.

Einige deiner Anregungen und Korrekturvorschlägen werde ich in meinem Text unterbringen. Du hast mir auch einige Überdenkansätze geliefert, über die ich auch nachdenken werde.

Nun zum Positiven:

War anteilsmäßig doch deutlich weniger als das andere nicht benannte, aber immerhin, danke dafür ;)

„verschwand gerade noch aus seinem Sichtfeld“ sehe ich auch ein Perspektivproblem
Nicht unrichtig, allerdings genau in der von mir beschriebenen Form gehört es mythologisch zum Erscheinen Wendigos. Es ist eben so, dass man sich verfolgt fühlt, doch wenn man sich umdreht, glaubt man bestenfalls, gerade etwas gesehen zu haben, ist sich aber nicht sicher. Blöde Ausgangssituation, die ich bedauerlicherweise nicht besser beschreiben konnte. Aber wenn du Vorschläge hast ...

Inhaltlich ließe sich ja sagen, dass dieser Wendigo offensichtlich das Gegenteil des Lebens ist, es werden pervertierte Bilder gezeigt, die mit der menschlichen Reproduktion zusammenhängen, ganz deutlich in der Szene mit dem Säugling an der zerfetzten Brust, und auch am Ende werden ja Pierre seine Geschlechtsteile abgerissen, sich fortsetzendes Leben soll im Keim erstickt werden.

Interessanter Ansatz; in der Tat steht Wendigo mythologisch am Ehesten für Negierung des Lebens, wobei ich ehrlicherweise zugeben muss, dass mir beim Schreiben nicht bewusst war, dass ich das auch wirklich klar machen konnte.

ein Lagerfeuer IM Baum??

Auch wenn's komisch klingt, es ist in der Tat so. Falls es dir aufgrund des Baumumfangs seltsam vorkommen mag, da kennst du die nordamerikanischen und kanadischen Bäume nicht. Diverse native Gruppen haben das mit Bären gemacht.
Ich bin kein Jäger und gebe auch zu, die Gründe der Methoden bei Herrichtung essbaren Fleisches nach der Jagd als so ziemlich Einziges nicht recherchiert zu haben, weiß aber, dass auch in Mitteleuropa teilweise sehr seltsame, mir nicht wirklich nachvollziehbare Methoden im Einsatz waren.
Und dann, geborstene Bäume, sind auch ein Element, das immer wieder in Wendigo-Mythen auftaucht.

Danke dir für deine Mühen.
lg
lev

 

Hi Lev.

Bereits viel wurde gesagt, dann will ich mal mit dem Meckern anfangen. Also, was war nicht so gut:
1. Setting ... ne, das war eigentlich sehr gut gewählt und keineswegs 08/15
2. abgelutschte Personen ... gab es leider auch nicht, denn sie handelten durchaus nachvollziehbar (okay, der Franzose war mir nach der Beisattacke doch noch recht fit ;))
3. Handlung ... war auch geil spannend
aber jetzt kommts: 4. Wo bitte schön waren die Splatterelemente? Das Blut? Gedärm? Ach Scheiße, war ja auch in genau abgestimmter Mischung vorhanden.

Fazit: Nix war nicht so gut. Perfekter kleiner Happen. Daher sehr gern gelesen!

Gruß! Salem ;)

 

Hola Salem,
danke fürs charmante Feedback.
Freut
lg
lev

 

Hallo Lev,

im großen und ganzen kann ich mich da Salem anschließen: Ein "perfekter kleiner Happen".

Einige haben die Kürze der Geschichte bemängelt - dass man mehr draus machen könnte, etc. Mir hat´s allerdings gefallen, dass du alles ohne Umschweife auf den Punkt bringst. Denn ich finde nichts schlimmer, als schwafelige Geschichten, die um den heißen Brei herum erzählen.

Für mich gibts aber ein Problem: Das Setting ist mir, obwohl du es schön eingefangen hast, nicht unbekannt. Eine meiner Lieblingsgeschichten ist "Der Wendigo" von Algernon Blackwood. Ich weiß nicht, ob du die kennst, aber sie zielt auf eine ähnliche Thematik ab.

Es ist natürlich unfair, dich damit zu vergleichen, denn der Herr Blackwood hat in einem ganz anderen Stil geschrieben. Aber "Der Wendigo" gehört nun mal zu meinen Lieblingen und im direkten Vergleich reißt mich "Wolfswind" weniger mit.

Trotzdem ist´s schnell und stimmungsvoll geschrieben. In der Hinsicht kann man sich durchaus was abschauen bei dir. Und Spaß hat´s auch gemacht, ich bin halt nur "vorbelastet" ;)

Rechtschreibung usw. haben andere schon behandelt, das spar ich mir jetzt.

Viele Grüße
Christian

 

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