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Wofür sonst

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10.09.2016
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Wofür sonst

Fred sammelte verbotene Messer und dachte zu oft über Selbstmord nach. Er schrieb alles auf, eben auch in diesen Briefen an mich, weil er dachte, es würde ihm helfen, aber eigentlich machte es ihn nur noch kaputter.

Einmal im Monat erhielt ich einen, den letzten während eines Junis mit vielen Gewittern. Ich saß hinter meiner Jalousie, schaute einen Film und achtete auf Kleinigkeiten. Das war meine zweitliebste Beschäftigung. Ich dachte Stunden über ein paar Dialogzeilen nach, deren Grausamkeit mich beeindrucke, oder über einen Witz, der sich bloß um sich selbst drehte. Ich war eine Eremitin meiner zwanzig Quadratmeter und studierte das Leben von innen. Am liebsten jedoch lag ich auf dem splittrigen Fußboden und starrte die Decke an. Ich stellte mir vor, auf diese Weise die Jahre zu überdauern. Eine dicke Staubschicht würde sich auf Augen, Nasenflügel und Mund legen, und wenn ich nicht weinte, könnte ich mir mein eigenes Pompeji erschaffen.

Einer Reihe von Jungs hatte ich das Herz aus dem Leib gerissen. Manchmal, wenn ich auf dem Boden lag, zählte ich ihre Namen. Ich bereute es nicht, hatte sie doch zumindest alle auch ein wenig geliebt. Meistens scheiterte es an Kleinigkeiten: Sie erzählten mir ihre Geheimnisse, trotzdem teilte ich mich ihnen nicht mit; sie legten sich zu mir ins Bett, doch störten sich nie an meiner Einsilbigkeit. Etwas reizte mich auch an ihnen, doch das hielt nie besonders lange.

Den meisten Leuten fühlte ich mich auf diese oder andere Weise fremd. Wie gerne hätte ich mich für den einen oder anderen begeistern können. Ein Mal lernte ich einen beim Uni-Badminton kennen, er spielte Magic-Karten, lachte manchmal und trug seine krausen Locken zum Zopf. Wir tranken Bier aus Dosen, hörten Musik und hatten eine gute Zeit miteinander, bis er entschied, nach Island zu gehen und sich andere Freunde zu suchen. Auf Parties unterhielt ich mich meistens mit Georg, Tanja, Otto, Marvin oder Svenja, doch etwas Erstaunliches kam dabei selten heraus. Ich hörte ihnen lange zu, doch es bewegte kaum etwas in mir. Das Ganze erschien mir wie eine seltsame Geschichte, in der ich eigentlich keine Rolle spielte. Da wollte ich lieber allein sein, die feuchten Blitze, ihr Flackern hinter meiner Jalousie beobachten. Ich schaute den Film mit der Taucherglocke und verliebte mich in den querschnittsgelähmten Jean-Dominique Bauby, obwohl er sabberte, weil er mich gelegentlich zum Lachen und Weinen brachte. Es kam mir vor, als wäre mein Leben ein Sommer mit Gewittern gewesen. Ich bezichtigte mich psychischer Krankheiten, schrieb einen Kinderbrief an meine Tante und legte mich auf den Fußboden, um die Augen zu verschließen und das Hier zu vergessen. Ich vergeudete Stunde um Stunde um Stunde, um traurig zu sein, weil ich es wollte. Einmal kam Mathilde ins Zimmer — das war meine Mitbewohnerin. Sie brachte mir Pizza auf einem Porzellanteller und ihre wulstigen Hände zitterten. Dann stellte sie ihn neben meinen Kopf auf den Boden und sagte: „Ich liebe dich, Juli.“
»Wie bitte?«
»Ich mag die Art, wie du stehen bleibst. Also, dass du nicht immer mitschwimmst bei allem, weißt du?«, Mathilde hielt sich die Hände vors Gesicht, als versteckte sie etwas. Wie eine Blumenvase sah sie mit ihren blonden Ginsterhaaren aus.
»… alle spüren, wer sie sind, wenn sie mit dir sind … Ameisen-Menschen, die nicht glauben, dass es etwas gibt, was sie nicht kennen und wenn sie reisen, nichts finden, was sie nicht glauben.«
Sie sprach wie in Trance.
»Man müsste meinen, sie würden bleiben, doch früher oder später gehen sie wieder, vergessen dich und folgen am Ende doch nur ihren eigenen Regeln.«
»Ich glaube, du verwechselst mich«, sagte ich, »geh jetzt bitte raus!«
Mathilde lugte zwischen ihren Fingern hervor.
„Raus!“, brüllte ich. Endlich verstand sie es. Ich schloss die Augen und hörte, wie sich das Geräusch ihrer Schritte entfernte.
Hinter dem Rot meiner Augenlider sah ich den Fußboden von einer feuchten Schicht Staub überdeckt. Kein einziges Wort bekam ich mehr über die Lippen wie ein Kind in den sprachlosen Jahren. Weiße unbeschriebene Blätter rauschten durch mein Zimmer an meinem Kopf vorbei.

Zur Mitte des Monats schrieb ich einen längeren Brief an Fred, indem ich ihm von den Gewittern berichtete und von der Möglichkeit der Selbstauflösung sprach. Ich erzählte, dass ich Mathilde geküsst hatte und ein Blitz eingeschlagen war. Dass ich einen Jörg getroffen hatte, der sich als Norman entpuppte. Dass ich Spaziergänge im Regen unternahm und in wen ich gerade verliebt war, einen Bauingenieur, Mitte fünfzig, mit Auto, Frau und einem Kind. Ich schrieb, dass ich meine Blockflöte wiedergefunden hatte und Hits aus den achtzigern nachspielte. Tag und Nacht! Dann wertete ich die Nachrichten aus: Diesmal schrieb ich von den Schildvulkanen. Nicht einmal der Kilauea war ausgebrochen, obwohl sie es fünf Tage lang in der Zeitung brachten. So etwas verstand ich nicht.

Ich befeuchtete den Umschlag mit meiner Spucke, zog mir einen Regenmantel über und brachte den Brief zum Briefkasten. Es donnerte und ich fing den prasselnden Regen mit meinem Mund und meinen Händen auf.

Als ich rein kam und den tropfnassen Mantel zufrieden an die Garderobe hing, hörte ich im Nebenzimmer jemanden schluchzen. Ich trat ein und auf ihrem Bett saß Mathilde und wieder hielt sie sich die Hände vors Gesicht. Ich setzte mich dazu und legte meinen Arm um sie.

Am nächsten Tag kam der Postbote mit triefender Postmännermütze und überreichte mir einen Brief von Fred. Mathilde war früh morgens zu ihren Eltern gefahren.

Ich öffnete den Brief mit einem Messer. Die ersten zwei Wörter waren »Liebe Juli«. Das Schriftbild zeigte Wasserflecken von der Größe zerplatzter Tränen, unter denen sich die Buchstaben zu tausenden, kleinen Fäden auflösten. Ich goss mir eine Cola ein und setzte mich auf mein Bett. Dann las ich. Fred schrieb, es wäre sein letzter Brief. Noch einmal wäre alles geschehen (nur in seinem Kopf natürlich). Mit seinen Freunden wäre er johlend durch die Viertel gezogen, alles hätten sie demoliert, Fensterscheiben und Autospiegel. Früher schwärmte er mir oft vor, wie sie marodieren gingen. Es war ja nur Material, an dessen Zersplitterung sie sich beseelten. Nun wären die Dinge alle halb zerstört, aber der Schmerz nicht auf der Strecke geblieben. Und das sei schlecht, denn erst im Auseinanderbersten könne alles geheilt werden. Wie das Feuer die Hitze frei ließe, werde das vergeudete Leben nur in der Zerstörung noch einmal wertvoll. Die meisten ignorierten das und machten weiter ohne Rücksicht auf die Wahrheit, die langsam in ihren Herzen verrottete. Ein Tropfen hatte das Wort »Herzen« auseinander gewirbelt und ich dichtete es einfach dazu. Ebendiese Leute wendeten sich nun von ihm ab, in Sorge um sein Wohlsein, denn er beschwere sich zu viel, nehme die Dinge zu ernst und denke über alles viel zu viel nach, er müsse sich endlich selbst helfen, das gehe nicht gut auf Dauer. In Wirklichkeit waren seine Ratgeber bloß selbst zu feige, sich seine Ideen vorzustellen, denn Fred hatte sich bereits geholfen, nur dass es ihm eben nicht gut tat.

Seine Eltern sagten zu alledem nichts, ignorierten seine Wutausbrüche weitestgehend, boten Hilfe an, wenn er es wünschte, und wenn nicht, hörte Fred auf zu existieren und ein Unsichtbarer nahm sich Brot und Milch aus dem Kühlschrank. Sie sagten, das sei eine Orientierungsphase.

Im Sushi-Restaurant war es einmal dazu gekommen, das Neonlicht ihn verstört hatte. Ein Sashimi zwischen Stäbchen fand mühsam seinen Weg zum Mund, fünf Maki lagen auf dem Teller. Mit Gurke. Er schaute zu den Neonröhren hin, zum Vater, zum Bruder. Dann kreischte er innerlich auf, mit verschlossenem Mund, und es dauerte einige qualvolle Sekunden, bis er sich mitteilen konnte. Fünf Minuten später verließen sie das Restaurant, stiegen ins Auto und schwiegen die Heimfahrt lang. Nach diesem Zwischenfall sprach Fred mit seinem Vater, der ihm empfahl, mehr zu lächeln, das wäre in solchen Fällen ein gutes Rezept. Eine halbe Stunde am Tag stand Fred lächelnd vorm Badezimmerspiegel; ob es half, wusste er nicht, vermutete es aber. Doch weil sich trotz des Lächelns keine Besserung einstellte, ging Fred dann doch noch zu seinem Kinderarzt.

Als er ihm erklärte, dass er zu lächeln versuchte und dabei zu weinen begann, schrieb der Arzt ihm eine Überweisung an einen anderen Arzt. Fred fühlte sich erleichtert und suchte den Arzt auf, der eine Therapeutin war. Diese Therapeutin besaß einen Mops und lief auf selbstgefilzten Pantoffeln. Es zeigte sich, dass sie keine Antworten hatte, sondern nur Fragen, die Fred bereits kannte, und weil er sich diese ja schon zur Genüge selbst stellte, war das ihre letzte gemeinsame Sitzung. Seit diesem Erlebnis war die Überzeugung perfekt, dass niemand ihm helfen konnte.

Fred schrieb, er könne nicht aufhören zu hassen und niemandem zu verzeihen. Stundenlang saß er in seinem Zimmer und versuchte an etwas Schönes zu denken. Aber das ging nicht.
Die Tropfen über den Buchstaben verdichteten sich. Alles kam, wie es kommen musste: Fred nahm sein Lieblingsmesser, eines mit schwarz lackierter Klinge und der Aufschrift »Skill«. Er setzte es sich auf die Kuhle seiner Armbeuge, drückte fest und zog die Klinge – wobei er die Augen verschloss –, einmal quer durch die blauen Adern. Dann lag er da, sein Herz schlug hastig und alles zerfloss in den Farben seiner Kindheit: Die Einschulung, das erste Fahrradfahren, Spaziergänge mit seiner Vater, in weißem Nebel.
So käme das ... Er wog das Messer in der Hand, dann legte er es zurück zu den anderen. Er hatte eine Entscheidung getroffen und alles fühlte sich plötzlich leichter an. Das Leben war ein Spiel und er würde die Regeln lernen und einfach mitspielen und sehen, wohin ihn das führte.
Das Letzte, dass er mir schrieb, war eine Frage: Was hast du eigentlich vor?

Ich legte den Brief zur Seite. Alles Mögliche fiel mir ein, ich könnte mit dem Rauchen beginnen, die Zähne bräunten sich mir schon in der Vorstellung. Älter würde ich jedenfalls werden und hässlicher, dafür aber mit Absicht. Eine neue Haarfarbe: Gelb, Lila oder Schwarz. Eine neue Frisur. Mehr Rotwein würde ich trinken und so manches opfern, um meine Überzeugungen zu ändern und eine normale Person zu werden. Eine traurige und glückliche Person.

Ich schrieb Fred einen letzten Brief, in dem ich ihm von meinen Plänen erzählte, und dass ich ein Ticket nach Island gebucht hatte. Am Ende behielt ich den Brief doch für mich, für Jahre, und tat alles, wie darin beschrieben. Die Falten kamen und das verunglückte Lächeln und beides ist bis heute geblieben. Wenn ich mir Fotos von damals anschaue, denke ich, wie schön du damals gewesen bist? Warum hast du deine Zeit so vergeudet? Wozu das ganze Drama?

 

Hola Carlo Zwei,

Ein Sushimi zwischen Stäbchen fand mühsam seinen Weg zum Mund, ...
Ist das ‚Sushimi’ eine neue Kreation von Dir – halb Sushi, halb Sashimi?
Meinen Glückwunsch dazu, das wird sicherlich ein Renner!

José

 

Hallo Carlo Zwei,
eigentlich hatte ich in die Geschichte nur aus Moderationsgründen geschaut - und dann blieb ich echt hängen. Direkt raus aus dem Prüfen und Analysieren rein ins genießende Lesen. Das ist ein wirklich wunderbarer Sound. Sehr erzählend, sehr fließend. Und der Sound passt so wunderbar zu diesen zwei Menschen, der Icherzählerin und ihrem Brieffreund. Traumverloren, auf sich selbst bezogen, sich in sich verlierend, sympathisch in dieser Verlorenheit und Sinnsuche, aber auch gleichzeitig sehr narzisstisch. Gut, das ist natürlich meine persönliche Wertung zu den Problemen dieser beiden Charaktere und tut gar nichts zur Sache, wenn ich mich über die Geschichte freue.

Nur über den ersten Satz bin ich tatsächlich gestolpert:

Ich lebte dort mit meiner Mitbewohnerin, war vielleicht einundzwanzig. Die langen Haare waren wie auf dem Foto und lagen meistens auf dem Boden mit mir. Denn auf dem Boden lag ich meistens und am liebsten und starrte die Decke an.
Du springst ja sehr unmittelbar in eine Rückbesinnung mit dem Bezug auf "dort", als wollte die Erzählerin einem anderen Menschen aus dieser Zeit berichten. Das mag ich auch. Auch den schnellen Sprung zu einem Foto, das wie in der Hand gehalten wirkt, die Erzählerin zeigt es dem Leser: schau, dort wie auf dem Foto waren die Haare. Alles das mach ich gerne mit, dann aber erfolgen mir zu viele Wiederholungen: auf dem Boden / lag-lagen. Und dann der Doppelbezug liegende Haare, liegender Mensch. Mir ist schon klar, dass du es bewusst gemacht hast, aber es wirkt auf mich nicht richtig durchgeführt, nicht elegant genug, wenn ich es mit dem Fließen deiner Sätze danach vergleiche. Zu künstlich auch mit dem Doppelbezug. Kannst ja mal gucken, was du damit anfangen kannst und ob überhaupt.

Liebe Grüße und ich hatte ganz vergessen, dass du der mit der Golangeschichte bist. Die ist mir noch immer in großer und sehr guter Erinnerung.

Novak

 

Hallo Carlo Zwei,

bevor ich mich mit deiner Geschichte inhaltlich beschäftige (wozu ich erst morgen Zeit haben werde), hier ein paar Kleinigkeiten, die meinen Lesefluss beim ersten Mal etwas unterbrachen. Bei ein paar Sachen bin ich mir nicht sicher ('salomeischer'), was du damit ausdrücken möchtest bzw. ob du hier bewusst etwas so sagst, wie du es sagt, bei ein paar anderen handelt es sich wohl um Flüchtigkeiten.
Insgesamt bin ich noch nicht so recht in deine Geschichte reingekommen. Mal sehen, wie sich mir das beim zweiten Lesen darstellt.

Hier nun zuerst einmal die Kleinigkeiten:

Die langen Haare waren wie auf dem Foto und lagen meistens auf dem Boden mit mir. Denn auf dem Boden lag ich meistens und am liebsten und starrte die Decke an.

Im Grunde waren jene Briefe einer Flüchtigkeit geschuldet, dem Geburtstag eines Freundes unserer Väter und seiner Mutter
??? Diese verwandtschaftliche Beziehung erschließt sich mir so noch nicht.

Er schrieb alles auf, eben auch diese Briefe an mich,
Schreibt man Briefe auf?

Einmal im Monat erhielt ich einen, den Letzten (letzten) während eines Junis mit vielen Gewittern.
Bezieht sich doch noch auf Brief.

wie die Dame Kaede den listigen Kurogane demütigt und zu salomeischer Grausamkeit zwingt.
salomeischer???

vor einem Leben, dass (das) ich nicht glaubteK endlich beginnen zu können.

,
doch störten (sie) sich nie an meiner Einsilbigkeit.

. Ein launisches Interesse, dass (das) wie ein Pendel vor ...

bis er entschiedK nach Grönland zu gehen

unterhielt ich mich meistens mit einem Georg, Tanja, Otto oder Marvin,

... doch etwas Erstaunliches kam dabei selten heraus. Ich hörte ihnen lange zu, doch es bewegte nichts in mir

Obwohl es schön war, schien mir das alles wie ein Märchen, indem (in dem) ich zwar lesen konnte

schrieb ich einen längeren Brief an Fred, indem (in dem) ich ihm von den Gewittern berichtete

das war sowas (so was) von erlogen

Er wünschte, er würde, er säße stundenlang in seinem Zimmer, weil er wolle, dass er aufhöreK in allem das Schlechte zu sehen.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak,

oje, habe den Kommentar ausversehen (zu früh) abgeschickt. Das kommt davon, wenn man es in diesem kleinen Fenster macht. Wollte eigentlich auch Barnhelm darin verlinken, hoffe sie sieht das noch, wenn ich sie in den Kommentar hineineditiere. Werde jetzt erst mal Brötchen holen (vielleicht auch frühstücken) und dann weiterschreiben ;)

dein Kommentar ehrt mich sehr und motiviert mich zu neuen Geschichten mit diesem "Sound", wie du es genannt hast, ich merke, dass das im Nachhinein oft die Texte sind, mit denen ich auch nach längerer Zeit noch eine Menge anfangen kann, und bei denen ich mich manchmal sogar Frage, hä, wie habe ich das nochmal gemacht, und es dann nochmal ausprobieren will :) Deinen Einwand habe ich beherzigt. So 100% konnte ich mich nicht davon verabschieden, aber zumindest steht da jetzt:

Die langen Haare waren wie auf dem Foto und lagen meistens auf dem Boden mit mir. Von dort aus starrte ich stundenlang auf meine Zimmerdecke. Ans Aufstehen dachte ich nicht, außer wenn ich Hunger bekam. Manchmal schaute Mathilde rein

eigentlich hatte ich in die Geschichte nur aus Moderationsgründen geschaut - und dann blieb ich echt hängen. Direkt raus aus dem Prüfen und Analysieren rein ins genießende Lesen.

das freut mich wirklich sehr :) Ich glaube, der Text schafft echt nicht bei allen so eine Sogwirkung, aber auf manche hat er sie ganz sicher, es ist echt oft gespalten. Manche können gar nichts damit anfangen und andere viel.

Hier gehts nach dem Frühstück weiter ...

Der Sound passt so wunderbar zu diesen zwei Menschen, der Icherzählerin und ihrem Brieffreund. Traumverloren, auf sich selbst bezogen, sich in sich verlierend, sympathisch in dieser Verlorenheit und Sinnsuche, aber auch gleichzeitig sehr narzisstisch.

Mit dieser Einschätzung kann ich viel anfangen. Ja, gerade das Narzisstische ist irgendwie etwas, dass zu diesem ganzen Jugendthema (von dem ich irgendwie nicht so ganz loskomme) gehört. Gerade im Selbstmord kann ja auch etwas sehr Ich-bezogenes stecken, und das ganze hängt sich ja auch daran auf, dass man sich selbst nicht irgendwo verorten kann (für viele ist das, denke ich, so), wobei man nicht auf die Idee kommt, sich ein Stückweit den Gegebenheiten anzupassen. Der klischeenahe Tenor, Dann lieber gar nicht mehr, als so, oder mit Adorno, es gibt kein richtiges Leben im falschen

Auch den schnellen Sprung zu einem Foto, das wie in der Hand gehalten wirkt, die Erzählerin zeigt es dem Leser: schau, dort wie auf dem Foto waren die Haare.

freut mich, dass das rübergekommen ist.

dann aber erfolgen mir zu viele Wiederholungen: auf dem Boden / lag-lagen. Und dann der Doppelbezug liegende Haare, liegender Mensch.

habe ich, wie oben beschrieben, angepasst. barnhelm hatte das auch angemerkt.

Mir ist schon klar, dass du es bewusst gemacht hast, aber es wirkt auf mich nicht richtig durchgeführt, nicht elegant genug (...) Zu künstlich auch mit dem Doppelbezug.

ja, die Kritik kann ich nachvollziehen. Das ist etwas, dass ich selbst bei einigen Texten anderer kritisiert habe. Man ließt das dann so oft und verliebt sich eitler Weise in diese rhythmischen Strukturen, dass man dann gar nicht mehr merkt, wie gekünstelt sie eigentlich sind. Ich finde das gekünstelte gar nicht so schlimm, das ist oft ja nur eine negativ-Wertung von etwas, dass man auch schön finden kann, hier allerdings ist es ein bisschen wie eine Hülse, hinter der vielleicht inhaltlich nicht so viel steckt. Da kann ich die Kritik (sie ist ja wie gesagt auch noch zusätzlich von barnhelm gekommen) nur dankend annehmen und mich zu mehr Aufmerksamkeit für solche (hohlen) Versatzstücke ermahnen.

Liebe Grüße und ich hatte ganz vergessen, dass du der mit der Golangeschichte bist. Die ist mir noch immer in großer und sehr guter Erinnerung.

das war das wohltuenste, was du hattest sagen können. Ich hatte eine ziemliche (Qualitäts-)Flaute und nachdem der Golan-Text kürzlich in einer kleinen Zeitschrift (eXperimenta, Ausgabe Januar) veröffentlicht wurde, und ich gleichzeitig irgendwie ziemlich viel fast-food-texte produziert hab, dachte ich, wars das jetzt, ab nun an nur noch flache Texte? - und war echt ein bisschen wehmütig ^^. Danke deshalb besonders für deine sehr freundlichen Worte. Übrigens habe ich in meinem Wohnort ein paar sehr netten Leuten aus einem lokalen Autorentreff Wortkrieger gezeigt, danach hieß es (von einem): Das wäre ja schon ganz nett, aber seine Texte behalte man vorerst doch lieber für sich, ein Beitrag habe einem aber sehr gut gefallen, so einer von einem (sic!) Novak, "der mit dem Käfer". Das vielleicht als kleinen Sonntagsgruß ;)

LG
Carlo


----

Liebe barnhelm,

vielen vielen Dank für dieses super Lektorat! Ich hoffe ja, dass du doch noch irgendwie inhaltlich einsteigst, weil es mich doch sehr interessieren würde (das ist keine Aufforderung^^, bin auch so sehr dankbar für deine Anmerkungen ...). Ein paar von den Dingen, die du angesprochen hast, betrafen den Rhythmus und Erzähl-Elemente, die für mich an der Story persönlich wichtig sind, die habe ich vorerst so belassen, warte aber noch auf eventuell bestätigende Mehr-Kommentare. Vor allem den ersten Absatz habe ich deines und Novaks Kommentars wegen etwas angepasst (vielleicht noch nicht genug). Deine sprachlichen Anmerkungen (das "auf"-schreiben des Briefs u. a.) habe ich dankend angenommen.

Bei ein paar Sachen bin ich mir nicht sicher ('salomeischer'), was du damit ausdrücken möchtest bzw. ob du hier bewusst etwas so sagst, wie du es sagt,

Nicht alle Sachen sage ich bewusst (das hier allerdings schon), aber wenn ich etwas intuitiv mache, dann denke ich auf jeden Fall hinterher noch oft darüber nach. Bei dem »auf«-geschriebenen Brief habe ich auch über diese Nuance gegrübelt, dann aber war es mir doch egal, weil ich dachte, dass man sich das selbst überträgt.
Hier ist mit salomeisch »die Prinzessin Salome (Tochter des Herodias) betreffend« gemeint. In dem Film »Ran« von Akira Kurosawa versucht die Dame »Kaede« den General »Kurogane« zu zwingen, ihr den Kopf ihrer Konkurrenten, »Sue«, zu beschaffen. Etwas ähnliches tat Salome (hier allerdings aus Rache für eine als unangebracht empfundenen Kritik) mit Johannes dem Täufer laut einer biblischen Erzählung im Mt. Evang. Wer das alles also nachschaut, falls er es nicht zufällig kennt (was auf jeden Fall auch eine Zumung ist, die ich aber gerne in Kauf nehme), der bekommt über diesen Vergleich wenigstens eine interessante Analogie mit, zwischen dieser Erzählung in Kurosawas Film und jener von der Prinzessin Salome.

Insgesamt bin ich noch nicht so recht in deine Geschichte reingekommen. Mal sehen, wie sich mir das beim zweiten Lesen darstellt.

ich hoffe sehr, dass sich das noch legt, und bedauere, dass es beim ersten Mal nicht der Fall war :/

??? Diese verwandtschaftliche Beziehung [das mit den »Haaren mit mir auf dem Boden«] erschließt sich mir so noch nicht.

das habe ich durch die Betonung in zwei Sätzen, denke ich, überstrapaziert. Ich habe es jetzt etwas reduziert. Etwas ähnliches hatte, wie gesagt, auch Novak angesprochen.

Schreibt man Briefe auf?

danke noch mal dafür!

Einmal im Monat erhielt ich einen, den Letzten (letzten) während eines Junis mit vielen Gewittern.
Bezieht sich doch noch auf Brief.

danke für so viel genaues Lesen :)

vor einem Leben, dass (das) ich nicht glaubteK endlich beginnen zu können.

und Danke pars pro toto für das Lektorieren der vielen das-dass- und Komma-Unschönheiten. Wenn du mir da eine Selbst-Hilfestellung geben kannst, wäre ich auf jeden Fall dankbar^^. Ansonsten werde ich einfach versuchen noch mehr drauf zu achten - es fällt mir schwer ...

Vielen Dank liebe barnhelm für die aufmerksame Lektüre und deine feinen Anmerkungen.

Liebe Grüße
Carlo Zwei

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, Carlo Zwei

Auch mir hat diese Geschichte sehr gut gefallen. Ich bin noch nicht lange hier, aber bisher habe ich nichts Besseres gelesen. Mit leichten Worten erschaffst Du eine Schwere, die mich niederdrückt. Die Stimmung ist wirklich toll.

Ein paar Kleinigkeiten hätte ich noch anzumerken, aber nichts Großes.

Die langen Haare waren wie auf dem Foto und lagen meistens auf dem Boden mit mir.

Mir gefällt, dass Du da schon was geändert hast, aber es ist immer noch komisch. Ich an Deiner Stelle würde mich von diesem Bild ganz verabschieden. Ich meine, warum sollten ihre Haare nicht mit ihr auf dem Boden liegen? Das wirkt unbeholfen und passt nicht dazu, wie es weitergeht.

Nach dem Fest fuhren wir nach Nürnberg zurück und sie nach Kleinmachnow bei Berlin.

Wer zur Hölle ist denn jetzt "sie"? Die Mutter? Warum ist die wichtig?

»Ich mag die Art, wie du stehen bleibst. Wenn du schwimmst, wie das Wasser an deinem Körper klebt«, Mathilde hielt sich die freie Hand vors Gesicht, dass sie aussah wie eine Blumenvase mit blondem Ginster, »… wie alle spüren, wer sie sind, wenn sie mit dir sind: Ameisen-Menschen, die nicht glauben, dass es etwas gibt, was sie nicht kennen und wenn sie Reisen, nichts finden, was sie nicht glauben.«

Hier musste ich mich arg konzentrieren, um zu folgen, dabei ist der restliche Dialog einfach großartig. Vielleicht kannst Du das etwas runterbrechen. Es ist ziemlich verschachtelt und schwer zu lesen. Mal ganz davon ab, dass "reisen" hier ein Verb ist und klein geschrieben wird.

Am nächsten Tag kam der Postbote rotznass

"rotznass" klingt so flapsig. Da denke ich eher an laufende Nasen, und es passt auch nicht zum Ton der Geschichte. Du hast vorher "tropfnass" verwendet, also verstehe ich, dass Du ein anderes Wort für "sehr nass" verwenden willst. "klatschnass" wäre noch da, aber wenn Du kreativer sein willst, könntest Du ja auch einfach schreiben, wie die Tropfen von seiner gelben Jacke abperlen.

Im Sinne des Sandwich-Feedbacks und weil ich so begeistert bin, hier noch meine Lieblingsstelle:

Diese Therapeutin besaß einen Mops und lief auf selbstgefilzten Pantoffeln. Es zeigte sich, dass sie keine Antworten hatte, sondern nur Fragen, die Fred bereits kannte, und weil er sich diese ja schon zur Genüge selbst stellte, war das ihre letzte gemeinsame Sitzung

Chapeau. Meistens, wenn Leute irgendein psychologisches Thema in eine Geschichte einbringen (sei es hier im Forum, sei es in Hollywood-Filmen und überall dazwischen), kann man sicher sein, dass jetzt Quatsch folgt. Diese Beschreibung ist aber so großartig und authentisch; es hat mich sehr glücklich gemacht.

Vielen Dank für diese Geschichte.

Viele Grüße,
Maria

 

TeddyMaria

Liebe Maria,

ich bin ganz hin und weg von so viel Lob :) - war richtig aufgeregt danach. Danke also, dass du mir den Sonntag versüßt hast, hihi ^^ Die Anmerkungen waren dann aber auch sehr erhellend. Der Kommentar ist - bei der Größe der Stellen, die du angesprochen hast - noch etwas zu frisch, um da gleich alles auch in meinen Text zu übernehmen. Aber ich lass das erst mal auf mich wirken. Dass die eine Stelle zum Beispiel Konzentration fordert, wundert mich nicht, was nicht heißen soll, dass ich es mir nicht anders wünschte. Ich saß echt ein paar Stunden daran, habe es immer wieder umgeschrieben. Jetzt ist es eben ziemlich dicht, aber zumindest funktioniert es, glaube ich. Vielleicht geh ich da aber nochmal zu einer früheren Version zurück. Danke jedenfalls (auch) für diese Anmerkung!

Auch mir hat diese Geschichte sehr gut gefallen. Ich bin noch nicht lange hier, aber bisher habe ich nichts Besseres gelesen. Mit leichten Worten erschaffst Du eine Schwere, die mich niederdrückt. Die Stimmung ist wirklich toll.

vor allem der mittlere Teil ist eine sehr große Ehre für mich. Naja, schau dich mal genau um, es gibt hier eine ganze Menge Juwelen ;) Aber ich nehme es natürlich dankend an!!! Es ist auch toll zu hören, dass der Text bei dir eben diese Schwere entfaltet. Klar ist er auch für mich aufgeladen, aber ich kann ihn ja nicht mehr zum ersten Mal lesen, da ist man immer ein bisschen farbenblind..

Mir gefällt, dass Du da schon was geändert hast, aber es ist immer noch komisch. Ich an Deiner Stelle würde mich von diesem Bild ganz verabschieden. Ich meine, warum sollten ihre Haare nicht mit ihr auf dem Boden liegen? Das wirkt unbeholfen und passt nicht dazu, wie es weitergeht.

werde es mir (vielleicht gleich) nochmal vorknöpfen. Es ist leider ganz oft so bei meinen ersten Sätzen und Absätzen, dass die irgendwie strange sind :( Danke für deine Meinung! Der Hinweis, sich dann eben mal von einem dieser »geliebten« Bilder zu verabschieden, ist auch richtig. Es ist ja nicht so, als ob dadurch in der Länge so einer Story besonders viel verloren ginge. Das meint ja auch der Ratschlag »Kill your darlings«, bezogen auf Wendungen, die man mag, die dem Gesamteindruck aber im Wege stehen.

Wer zur Hölle ist denn jetzt "sie"? Die Mutter? Warum ist die wichtig?

War nur ein Detail. Das »sie« bezieht sich auf Freds Familie. Du hast recht, da fehlt irgendwie eine Vergemeinschaftlichung im vorangegangenen Satz als »Eltern« oder so, um zu einem »sie« zu kommen.. Die Mutter ist in diesem Sinn nicht wichtig, aber das Detail sollte mir ein bisschen aus der »Gekünsteltheit« des Hinweises auf die Väter helfen bzw. das absichtlich kompliziert dargestellte bekanntschaftliche Verhältniss nochmal betonen. Muss noch mal drüber nachdenken, will den geneigten Kritiker ja nicht wegen so etwas vergraulen hehe.

Hier musste ich mich arg konzentrieren, um zu folgen, dabei ist der restliche Dialog einfach großartig.

vielen Dank :) was meintest du mit restlichem Dialog? Das was danach noch kommt ( ... am Ende folgen sie wieder ihren eigenen Regeln ..)?

Vielleicht kannst Du das etwas runterbrechen. Es ist ziemlich verschachtelt und schwer zu lesen. Mal ganz davon ab, dass "reisen" hier ein Verb ist und klein geschrieben wird.

das mit dem »reisen« habe ich angepasst :) ich gehe wie gesagt nochmal an ältere Versionen und schaue, ob es da mal etwas gab, was weniger verkompliziert war und trotzdem funktionierte.

"rotznass" klingt so flapsig. Da denke ich eher an laufende Nasen, und es passt auch nicht zum Ton der Geschichte. Du hast vorher "tropfnass" verwendet, also verstehe ich, dass Du ein anderes Wort für "sehr nass" verwenden willst. "klatschnass" wäre noch da, aber wenn Du kreativer sein willst, könntest Du ja auch einfach schreiben, wie die Tropfen von seiner gelben Jacke abperlen.

super guter Vorschlag. Das stimmt, rotznass klingt sehr flapsig und passt nicht so ganz.. tropfnass ginge für mich auch. Das mit abperlen ist schön und wird in Erwägung gezogen^^danke vielmals dafür! - ich fand die Anmerkung vor allem gut, weil es ja gerade für eine Story, die in so einem bestimmten »Sound« geschrieben ist, schon ins Gewicht fällt. Ich schreibe manchmal auch in so einem flapsigen Ton und hier hat es sich vermischt und du hast es super bemerkt :)

Im Sinne des Sandwich-Feedbacks

wird hoffentlich in mein WK-Glossar einfließen, hehe

und weil ich so begeistert bin, hier noch meine Lieblingsstelle [die mit der Therapeutin]

vielen Dank dafür! finde ich cool, dass dir ausgerechnet diese Stelle gefällt. Vom Wortfluss und Ausdruck entspricht sie so einem Satz, den ich einer anderen Geschichte schon mal geschrieben hab und der mir dann wieder einfiel.. ein guter Freund von mir ist Psychologe und ich denke es kann sehr nützlich sein, sich mit so einem Experten zu beraten, vor allem, wenn man gar nicht mehr weiter weiß und alles nur noch düster erscheint. Die Arbeit an den existentiellen Fragen aber, kann auch so jemand einem nicht abnehmen. Manchmal wird es sogar schlimmer durch die Konsultation, würde ich wetten, weil der Patient sich vielleicht noch mehr als Opfer (dem extern geholfen werden muss) begreift. Genug der Ausschweifung ;)

Chapeau. Meistens, wenn Leute irgendein psychologisches Thema in eine Geschichte einbringen (sei es hier im Forum, sei es in Hollywood-Filmen und überall dazwischen), kann man sicher sein, dass jetzt Quatsch folgt. Diese Beschreibung ist aber so großartig und authentisch;

vielen vielen Dank dafür. Ich habe nicht darüber nachgedacht, jetzt über irgendetwas Psychologisches zu schreiben oder jemandem irgendwelche gesellschaftlichen/psychologischen Denkfehler aufzuzeigen. Vielleicht ist das ein Vorteil^^. Danke jedenfalls!!

es hat mich sehr glücklich gemacht.

..und das hier hat mich sehr glücklich gemacht. Ich bin darüber so froh, weil es das ist, was ich mir nicht nur von der Lektüre anderer, sondern auch der wiederholten Lektüre eigener Texte erhoffe. Dass dieser ganze Aufwand, den man auch dafür aufbringen könnte, irgendetwas anderes zu tun (das betrifft ja ganz viele Leute die hier schreiben), am Ende einen selbst wenigstens in den Resultaten glücklich macht. Ein bisschen so, als würde man sich seine eigenen Edelsteine erschaffen :)

Liebe Grüße und vielen vielen Dank, Maria!

Carlo

 

Hallo, Carlo Zwei

Ich freue mich, die überarbeitete Version dann nochmal zu lesen. Da Du jetzt direkt eine Rückfrage gestellt hast, wollte ich die noch schnell beantworten, bevor etwas einem Darlingkill zum Opfer fällt, was ich schön fand. ;)

was meintest du mit restlichem Dialog? Das was danach noch kommt ( ... am Ende folgen sie wieder ihren eigenen Regeln ..)?

Das hier meinte ich:

»Hallo, Mathilde? Bist du noch da?«
»Man müsste meinen, sie würden bleiben, doch früher oder später gehen sie wieder, vergessen dich und folgen am Ende doch nur ihren eigenen Regeln.«
»Ich glaube, du verwechselst mich«, sagte ich und dass ich jetzt gerne alleine sein wolle.

Da würde ich vielleicht auch an diese zweite Mathilde-Schachtel nochmal rangehen. Aber der letzte Satz macht die Gefühle Deiner Protagonistin sehr klar. Vielleicht könnte man auch das "Bist Du noch da?" ändern (womit dann fast nichts mehr vom Dialog bleibt), aber da habe ich selbst gemischte Gefühle. Das kam mir erst total seltsam vor, beim zweiten Mal Lesen hat dieser Dialog jedoch eine ziemlich poetische Wirkung entfaltet. Es ist bei Gedichten ja auch oft so, dass man sie mehrmals lesen muss, bevor sie richtig wirken. So ist es hier auch. Ich weiß nicht, wie gut das für eine Kurzgeschichte ist. Diesen Abschnitt würde ich mir gerne ins Poesiealbum kleben, aber man muss Zeit und Willen aufbringen, um als Leser zu diesem Wunsch zu kommen. Wenn das leichter zugänglich und trotzdem noch schön wäre, wäre das gut. Auf jeden Fall weg mit den Schachtelsätzen in diesem Dialog. Eigentlich ist es gerade dieses "Ich glaube, du verwechselst mich", was dem so eine Wucht gibt. Der ganze Rest kann meinetwegen nochmal ordentlich durchgeschleudert werden.

Es ist leider ganz oft so bei meinen ersten Sätzen und Absätzen, dass die irgendwie strange sind

Das klingt so, als würdest Du Deine Anfänge immer sehr "zerdenken". Genauso klingt der Anfang übrigens auch - sehr bemüht. Klar, wir alle würden gerne den Preis für den besten ersten Satz gewinnen. Aber ich glaube, für Anfänge ist weniger häufig mehr. Sie sollten Stimmung machen, ohne gestelzt zu klingen, also keine zu verworrenen Phrasen bemühen. Den Preis für den schönsten ersten Satz hat ja 2007 immerhin Grass mit "Ilsebill salzte nach" gewonnen. Das ist natürlich genial, weil mit nur drei Wörtern extrem viel Bild erschaffen wird. Ich würde diesen Anspruch erstmal ganz hinten anstellen. Wenn der Anfang dann okay ist, kann man ja nochmal versuchen, ihn super zu machen.

Ich hoffe, das hat Deine Frage geklärt.

Viele Grüße,
Maria

 

TeddyMaria

Liebe Maria,

vielen Dank, dass du nochmal geantwortet hast, und so schnell!

Ich freue mich, die überarbeitete Version dann nochmal zu lesen. Da Du jetzt direkt eine Rückfrage gestellt hast, wollte ich die noch schnell beantworten, bevor etwas einem Darlingkill zum Opfer fällt, was ich schön fand.

sehr freundlich <3

Da würde ich vielleicht auch an diese zweite Mathilde-Schachtel nochmal rangehen. Aber der letzte Satz macht die Gefühle Deiner Protagonistin sehr klar. Vielleicht könnte man auch das "Bist Du noch da?" ändern (womit dann fast nichts mehr vom Dialog bleibt), aber da habe ich selbst gemischte Gefühle.

gut. Vorher war es wie gesagt etwas übersichtlicher. Vielleicht schreib ich dir nochmal per PN, falls ich es geändert habe. Hab eben mal in deinen aktuellsten Text reingeschaut, aber vorerst noch nicht kommentiert, weil ich noch verabredet bin ^^

Das kam mir erst total seltsam vor, beim zweiten Mal Lesen hat dieser Dialog jedoch eine ziemlich poetische Wirkung entfaltet. Es ist bei Gedichten ja auch oft so, dass man sie mehrmals lesen muss, bevor sie richtig wirken. So ist es hier auch. Ich weiß nicht, wie gut das für eine Kurzgeschichte ist.

Danke für den zweiten Leseeindruck.. :) ich glaube, das ist eine ziemlich entscheidende Frage, die da zwischen den Zeilen steckt. Ich wage mal zu sagen, dass das Poetische weder gut noch schlecht (wer hätte das erwartet) für eine Kurzgeschichte ist. Natürlich gibt es solche Rätselnummern, wo irgendwann gar nichts mehr klar ist; aber ein guter Teil der Atmosphäre (behaupte ich) lebt vom überlesen solcher halb gewusster Aussagen. Die müssen eben am Ende noch auflösbar sein, denke ich, damit es auch »fair« bleibt für den Leser.

Diesen Abschnitt würde ich mir gerne ins Poesiealbum kleben, aber man muss Zeit und Willen aufbringen, um als Leser zu diesem Wunsch zu kommen.

das ist sehr lieb, danke :) ja, ich sehe das Problem. So viel Zeit bekommt man eben einfach selten für seinen Text. Ist ja schon viel gewollt, dass jemand das überhaupt liest - aber gleich zwei Mal? - da muss man schon ganz schön auftischen oder sich eben ein Kritikerforum suchen, hehe.

Wenn das leichter zugänglich und trotzdem noch schön wäre, wäre das gut.

ich werde das mal im Hinterkopf behalten. Vielleicht erschließt sich mir das dann auch irgendwann an manchen Stellen beim Schreiben und ich lerne es anzuwenden. Es ist immer so eine Gratwanderung wie alles beim Schreiben, dass man es nicht einfacher macht, als man es selbst für richtig hält (man will ja niemanden unterfordern oder durchs Herunterschrauben von Ansprüchen ein geringes Text-Verständnis unterstellen usw.). Schön wäre es trotzdem :>

Auf jeden Fall weg mit den Schachtelsätzen in diesem Dialog. Eigentlich ist es gerade dieses "Ich glaube, du verwechselst mich", was dem so eine Wucht gibt. Der ganze Rest kann meinetwegen nochmal ordentlich durchgeschleudert werden.

genau wie vorhin. Muss ich erst sacken lassen und dann nochmal mit neuem Elan bearbeiten. Ist auf jeden Fall ein Akt. Aber wenn ich dich richtig verstehe, könnte es sich lohnen.

Das klingt so, als würdest Du Deine Anfänge immer sehr "zerdenken". Genauso klingt der Anfang übrigens auch - sehr bemüht. Klar, wir alle würden gerne den Preis für den besten ersten Satz gewinnen. Aber ich glaube, für Anfänge ist weniger häufig mehr. Sie sollten Stimmung machen, ohne gestelzt zu klingen, also keine zu verworrenen Phrasen bemühen. Den Preis für den schönsten ersten Satz hat ja 2007 immerhin Grass mit "Ilsebill salzte nach" gewonnen. Das ist natürlich genial, weil mit nur drei Wörtern extrem viel Bild erschaffen wird. Ich würde diesen Anspruch erstmal ganz hinten anstellen. Wenn der Anfang dann okay ist, kann man ja nochmal versuchen, ihn super zu machen.

Danke für den Hinweis auf den Grass-Satz, der ist wirklich spitze! Ich denke vor allem an Salz, wenn ich das lese :) Du hast wohl recht damit, dass erste Sätze einen mit einer starken Stimmung anziehen sollten. Es verbietet sich nicht, das auch ein bisschen gewagt zu gestalten, aber wo du recht hast: Es sollte nicht gestelzt wirken .. Naja, mal schauen, was daraus noch wird.

Ich hoffe, das hat Deine Frage geklärt.

ja, alle, vielen Dank nochmal dafür, und einen schönen Sonntag für dich!!

Liebe Grüße,
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Carlo Zwei,

nachdem ich deine Geschichte nun noch einmal gelesen habe, auch zum Inhaltlichen und Sprachlichen noch was. Vielleicht solltest du dich ein bisschen wappnen und dir vergegenwärtigen, dass ich wenig Erfahrung mit Texten wie diesem habe. Das hat wohl auch mit meinem Alter zu tun, das sehr weit von dem einer Zwanzigjährigen und ihrer Welt entfernt ist. Zudem kam ich recht schwer in deine Geschichte hinein, weil ich am Anfang das Gefühl hatte, dass alles sich mehr oder weniger im Kreis und ausschließlich um deine Protagonistin in ihrer endlosen Selbstbespiegelung drehte.

Zum Glück wechselt dann deine Geschichte zu Fred und seinem Schicksal und wird für mich interessanter. Daneben holpert’s dann auch sprachlich mMn nicht mehr so sehr. Etwas gestört hat mich das mehr oder weniger effektheischende (und mich ein bisschen an Tommy-Jaud-Texte erinnernde) Hin- und Her der anfänglichen Ava-Charakterisierung, obwohl mir der leicht-lockere Unterton des Textes, in dem ich recht oft auch ein Augenzwinkern spüre, insgesamt recht gut gefallen hat. Nur hatte ich das Gefühl, dass der Effekt dir manchmal wichtiger als die Suche nach der wirklich passenden Formulierung war. Auch wenn ich vieles als charakterisierende Äußerung Avas hinnehmen kann/soll, so stört mich doch an diesen Stellen das Allzu-Gewollte und Pointierte.
Das tritt aber im zweiten Teil in den Hintergrund (stört mich zumindest nicht mehr so sehr) und lässt der Fred-Geschichte ihren Platz. Und auch, was die Aufmerksamkeit des Autors angeht, ändert sich etwas: die ‚dochs’ (s.u.) werden weniger:D.

Ein paar Anmerkungen:

Ich stellte mir vor, auf diese Weise die Jahre zu überdauern. Eine dicke Staubschicht würde sich auf Augen, Nasenflügel und Mund legen, und wenn ich nicht weinte, könnte ich mir mein eigenes Pompeji erschaffen.
Gute Idee. Aber legt sich der Staub nur auf Augen, Nasenflügel und Mund? Schau dir die Gestalten aus Pompeji mal genauer an.

Nach dem Fest fuhren wir nach Nürnberg zurück und sie nach Kleinmachnow bei Berlin. Kurzzeitig waren wir ineinander verliebt, aber vor allem schrieben wir uns von da an Briefe.
MMn benutzt du hier ‚wir’ zweimal, aber für verschiedene Personen. Und wer ist/sind ‚sie’?

Das Problem, das damit einherging, war ein fast unsichtbares. Nämlich würgte ich in diesen Einsamkeits-Exzessen die Angst herunter vor einem Leben, das ich nicht glaubte, endlich beginnen zu können.
Mal abgesehen von Avas exaltierter Art zu formulieren habe ich als Leser jetzt eigentlich schon erkannt, um was es geht.

… sie legten sich zu mir ins Bett, doch störten sich nie an meiner Einsilbigkeit. Etwas reizte mich auch an ihnen, doch das hielt nie länger als eine Begegnung. Ein launisches Interesse, das wie ein Pendel vor und zurück schlug (zurückschlug), aber letztlich, wenn ich es mir eingestand, doch nur wieder meine Langeweile war.
Den meisten Leuten fühlte ich mich auf diese oder andere Weise fremd. Wie gerne hätte ich mich für den einen oder anderen begeistert. Doch es kam wirklich selten vor, dass ich Gleichgesinnte traf.
Schon eine recht komplizierte Dame.

Auf Parties, zu denen Mathilde mich einlud, unterhielt ich mich meistens mit einem Georg, Tanja, Otto oder Marvin, doch etwas Erstaunliches kam dabei selten heraus. Ich hörte ihnen lange zu, doch es bewegte nichts in mir.
Ist schon interessant, dass sie sich meistens mit einem Georg, einem Otto, einem Marvin und einem Tanja unterhielt.

Ich vergeudete Stunde um Stunde um Stunde, um traurig zu sein, weil ich das wollte.
Das ist einer der wenigen Momente, in denen Ava ihr Tun und Lassen kritisch reflektiert. Nur erscheint sie mir auch hier recht widersprüchlich.

Zur Mitte des Monats hin, schrieb ich einen längeren Brief an Fred, indem (in dem) ich ihm von den Gewittern berichtete …

Spätestens bei der nun folgenden Auflistung hat mich Ava dann in ihrer exzessiven Selbstbespiegelung und der Darstellung der Sinnentleertheit ihres Daseins kräftig zu nerven begonnen.
Und leider verschaffen mir die akribisch zusammengestellten Details am Ende immer noch kein wirkliches Bild von ihr. Dazu müsste ich vielleicht eine Idee davon haben, warum sie so ist, wie sie ist. Du beschreibst sie fast ausschließlich auf der Ebene äußerer Phänomene. Was sich in ihrem Inneren abspielt, kann ich allenfalls erahnen.

Als dann Freds Brief eintrifft, wird für mich die Geschichte wieder spannender. Sein Heulen, das sich durch Lächeln nicht abstellen lässt, finde ich eine interessante Idee. Du begibst die Deutung, warum das so ist, in die Hand des Lesers. So bleibt Fred eine Person, die irgendwie an allem leidet und die sich selbst ncht helfen kann. Genau wie auch Ava betrachte ich ihn von außen, nehme Phänomene wahr, habe am Ende der Geschichte keine Ahnung, wo die Gründe für das Um-sich-selbst-Routieren der beiden liegen und warum nichts ihnen helfen kann.

Zum Schluss nimmt Freds Leben eine positive Wende:

Er hatte keine Angst, aber er wollte es nicht tun. Lieber irgendein Leben, als am Ende gar keins mehr. Er hatte sich entschieden und lachte, weil es so einfach gewesen war. Das Heulen würde bleiben - so ging es vielen - doch er wüsste nun wofür.

Und spätestens hier wird es mir dann doch recht flach (beabsichtigt oder nicht): ‚Lieber irgendein Leben, als am Ende gar keins mehr.’ Welch tiefe Einsicht.

Und auch Ava:

Die Falten kamen und das verunglückte Lächeln auch und beides ist bis heute geblieben. Wenn sich jemand Fotos von mir von damals anschaut, dann würde ich ihm gerne sagen, versuch es doch anders zu machen, aber glaub mir, Falten kriegst du ganz bestimmt auch.
So kommt auch Ava am Ende zu überraschend tiefen Erkenntnissen: Falten kommen, dem entgehen wir alle nicht. Und was noch schlimmer ist: Sie bleiben sogar! Wie wahr.:D

Lieber Carlo, ich fürchte, man muss viel jünger oder weniger dröge sein als ich, um der Geschichte dieser beiden unglücklichen Egomanen gerecht zu werden. Mir ist sie leider inhaltlich und wohl auch sprachlich an manchen Stellen zu oberflächlich (was möglicherweise sogar von dir beabsichtigt ist).
Und so geht sie zum Schluss ohne Rührung an mir vorbei. Die Misere der beiden Briefschreiber erreicht mich nicht wirklich. Das mag wohl daran liegen, dass ich nicht mehr zwanzig bin und mich nur schwach daran erinnere, wie tieftraurig das Leben in dieser Zeit sein kann. Von meinem heutigen Standpunkt aus erscheint mir das Ganze eher als komfortable Sinnsuche in guten Umständen:

Seine Eltern, bei denen er wohnte, sagten zu alledem nichts, ignorierten, was in ihm vorging, boten Hilfe an, wenn er es wünschte, und wenn nicht, hörte Fred auf zu existieren und ein Unsichtbarer nahm sich Brot und Milch aus dem Kühlschrank. Sie nannten es Orientierungsphase.
Arme Eltern!

Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe barnhelm,

vielen Dank, dass du dir so viel Mühe mit meiner Geschichte gemacht, sie nicht nur mehrmals gelesen, sondern sogar nun ein zweites Mal so ausführlich kommentiert hast. Vielen, vielen Dank dafür! Schade, dass es jetzt doch eine eher negative Kritik geworden ist. Ich habe das Gefühl, dass einige Geschichten von mir, gerade weil sie zum Teil das unleidliche Thema der Langeweile thematisieren, oft polarisieren. Denn einigen gefällt gerade die von dir bemängelte Sprache, die den Inhalt mitgestaltet, sehr gut. Schön, dass du mir trotzdem deine Zeit und diese wunderbar umfänglichen Kommentare geschenkt hast!

Vielleicht solltest du dich ein bisschen wappnen und dir vergegenwärtigen, dass ich wenig Erfahrung mit Texten wie diesem habe.

das klingt, entschuldige, ein bisschen wie eine Ausrede, hehe. Als so fleißige Kommentatorin kommen dir sicher öfter mal »Texte wie dieser« - es sei denn, du willst mir große Alleinstellungsmerkmale attestieren - unter die Finger.

Das hat wohl auch mit meinem Alter zu tun, das sehr weit von dem einer Zwanzigjährigen und ihrer Welt entfernt ist.

Da kannst du natürlich schon recht haben. Andererseits darf ein Text ja gerne auch »genre«-übergreifend funktionieren. Wie auch immer. Danke aber für die schonende Relativierung.

Zudem kam ich recht schwer in deine Geschichte hinein, weil ich am Anfang das Gefühl hatte, dass alles sich mehr oder weniger im Kreis und ausschließlich um deine Protagonistin in ihrer endlosen Selbstbespiegelung drehte.

das denke ich, ist etwas Sujet-mäßiges oder einfach etwas Eigenes. Da bin ich, glaube ich, einfach an deinem Geschmack oder Toleranz-bereich (ich weiß, dass eitle Texte schwer zu ertragen sein können) vorbeigeschrammt. Schade :/

Zum Glück wechselt dann deine Geschichte zu Fred und seinem Schicksal und wird für mich interessanter. Daneben holpert’s dann auch sprachlich mMn nicht mehr so sehr.

Würde ja gerne zurückfragen (aber ich weiß, ich habe deine Aufmerksamkeit schon genug strapaziert) ob das was rein Persönliches ist, dass dich Fred mehr interessiert als Ava oder das einen inhaltlichen Grund hat - lethargisch sind sie ja doch beide. Freut mich, dass es danach für dich nicht mehr so »holpert«. Ich glaube allerdings, dass das was du als Holpern bezeichnest manche auch Rhythmus nennen würden. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass man davon mitunter ein sehr unterschiedliches Verständnis haben kann, und es auch einfach möglich ist, dass ich da selbst bloß Gespenster wahrnehme und mir der Taktstock längst entzogen werden sollte.

Etwas gestört hat mich das mehr oder weniger effektheischende (und mich ein bisschen an Tommy-Jaud-Texte erinnernde) Hin- und Her der anfänglichen Ava-Charakterisierung, obwohl mir der leicht-lockere Unterton des Textes, in dem ich recht oft auch ein Augenzwinkern spüre, insgesamt recht gut gefallen hat.

danke für das kleine Lob dazwischen, das macht mir etwas Mut^^ Ja, vielleicht muss ich da künftig wieder ein bisschen weniger dick auftragen. Ich glaube es gehört irgendwie auch ein bisschen zur Art der Story, erfahrungsgemäß ist es für mich übrigens auch fast ein Ding der Unmöglichkeit den Klang einer Geschichte in so umfänglicher Weise nachträglich noch zu verändern. Trotzdem ist mir dein Eindruck auch hier sehr wichtig, ich spiele gerne auch genau mit diesem Klang der Geschichte herum, vielleicht ist der Sound das nächste wieder ein anderer. Tommy-Jaud habe ich nicht gelesen, aber würde mir, glaube ich, dem marktschreierischen Marketing nach zu urteilen, eher missfallen.

Nur hatte ich das Gefühl, dass der Effekt dir manchmal wichtiger als die Suche nach der wirklich passenden Formulierung war.

da will ich nicht wiedersprechen. Davon bin ich, glaube ich, nie ganz frei. Werde es mir aber zu Herzen nehmen, bei der nächsten Story wieder stärker auf das Verhältnis zu achten.

Auch wenn ich vieles als charakterisierende Äußerung Avas hinnehmen kann/soll, so stört mich doch an diesen Stellen das Allzu-Gewollte und Pointierte.

ich glaube hier sind wir auch wieder beim Geschmack. Ich kann das verstehen, habe auch manchmal - das ist wirklich nur eine Vermutung - das Gefühl, dass so ein Leseeindruck oft bei jemandem (mir definitiv eingeschlossen) entsteht, der selbst viel schreibt, weil er hinter jedem Kniff den Effekt sieht, den er selbst oft nutzt, sich aber eigentlich irgendwie dafür schämt.

Das tritt aber im zweiten Teil in den Hintergrund (stört mich zumindest nicht mehr so sehr) und lässt der Fred-Geschichte ihren Platz. Und auch, was die Aufmerksamkeit des Autors angeht, ändert sich etwas: die ‚dochs’ (s.u.) werden weniger:D.

da bin ich gespannt^^ danke für den differenzierten Leseeindruck!

Gute Idee. Aber legt sich der Staub nur auf Augen, Nasenflügel und Mund? Schau dir die Gestalten aus Pompeji mal genauer an.

hatte auch zuerst Körper geschrieben. Dann fand ich das andere irgendwie plastischer und in den Zusammenhang mit dem »Weinen« gesetzt, weil die Tränen, die übers Gesicht fließen, ja vor allem diese Regionen betreffen. Aber vielleicht hast du recht, ich werde es mir nochmal zu Gemüte führen. Danke!

MMn benutzt du hier ‚wir’ zweimal, aber für verschiedene Personen. Und wer ist/sind ‚sie’?

Da dieser Teil jetzt auch schon mehrmals moniert wurde, werde ich mir da gleich mal was einfallen lassen.

Mal abgesehen von Avas exaltierter Art zu formulieren habe ich als Leser jetzt eigentlich schon erkannt, um was es geht.

hmm, weiß leider nicht genau, ob du jetzt meinst dass du es als Leserin davor schon erkannt hattest oder es hiermit erkannt hast (und es dich stört?). Unter dem letzten Aspekt werde ich es mir allerdings nochmal anschauen.

Schon eine recht komplizierte Dame.

oh ja :)

Ist schon interessant, dass sie sich meistens mit einem Georg, einem Otto, einem Marvin und einem Tanja unterhielt.

das war so eine kleine Verspieltheit, die zum Ausdruck bringen sollte, das es egal ist, es sich dabei um Typen (im Drucksinne) handelt. Da weiß ich noch nicht, ob ich es ändere. Aber danke erst mal für den Hinweis.

Das ist einer der wenigen Momente, in denen Ava ihr Tun und Lassen kritisch reflektiert. Nur erscheint sie mir auch hier recht widersprüchlich.

das Widersprüchliche, wenn man deiner Kritik Recht gibt, könnte von den vielen Überarbeitungen der Story herrühren, ich vermute, die führen bei mir (leider) oft dazu, dass die Geschichte auch vermehrt solche kleinen, inneren Widersprüche aufbaut.

Spätestens bei der nun folgenden Auflistung hat mich Ava dann in ihrer exzessiven Selbstbespiegelung und der Darstellung der Sinnentleertheit ihres Daseins kräftig zu nerven begonnen.

Ja, ich denke, wirklich sympathisch ist Ava nicht. Allerdings ist das hier (die Brieffreundschaft) für sie der Ort, an dem sie diese Selbstbespiegelung auf hohem Niveau ausleben darf bzw. es tut. Die beiden treffen sich ja nicht wirklich, sie schreiben sich nur gegenseitig diese Briefe, die sie so mehr oder weniger intuitiv herunterschreiben und die auch die unterschiedlichen Stufen ihres Lebensverdrusses spiegeln.

Und leider verschaffen mir die akribisch zusammengestellten Details am Ende immer noch kein wirkliches Bild von ihr. Dazu müsste ich vielleicht eine Idee davon haben, warum sie so ist, wie sie ist. Du beschreibst sie fast ausschließlich auf der Ebene äußerer Phänomene. Was sich in ihrem Inneren abspielt, kann ich allenfalls erahnen.

hm, ich glaube zu wissen was du meinst, auch wenn ich das nicht unter »äußere Phänomene« gefasst kriege. Außer ihre Haare bekommt man ja recht wenig von Ava zu sehen. Worüber ich geschrieben habe ist ihre Jungsvergangenheit, ihre Lethargie und ihre selbst gewählte Einsamkeit. Rätsel gerade darüber, welche Art von Beschreibung innerer Vorgänge dir vorschwebt.

Als dann Freds Brief eintrifft, wird für mich die Geschichte wieder spannender. Sein Heulen, das sich durch Lächeln nicht abstellen lässt, finde ich eine interessante Idee.

danke

Du begibst die Deutung, warum das so ist, in die Hand des Lesers. So bleibt Fred eine Person, die irgendwie an allem leidet und die sich selbst ncht helfen kann. Genau wie auch Ava betrachte ich ihn von außen, nehme Phänomene wahr, habe am Ende der Geschichte keine Ahnung, wo die Gründe für das Um-sich-selbst-Routieren der beiden liegen und warum nichts ihnen helfen kann.

vielleicht ist das in deinem Leben einfach bislang nie so gewesen. Da kann ich dich nur beglückwünschen. Ich glaube allerdings, dass viele das Gefühl der Ohnmächtigkeit gegenüber der Größe und Unwägbarkeit des Lebens kennen. Das betrifft m. E. besonders Leute die mit mehr Anonymität und weniger sozialem Miteinander/solidarischen Werten leben/aufwachsen (das bitte differenziert genießen, das trifft nicht auf alle Leute zu, es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich unter den selben Umständen unterschiedlich zu entwickeln, es ist wenn überhaupt ein Indikator). Ebenso kann natürlich auch Isolation hinter der Angst vor dem da draußen stehen, also eine Angst vor der Angst in der fehlenden Begegnung mit anderen Menschen. Vielleicht hat das alles wenig mit deiner Realität zu tun - alle weiteren Erwägungen sind persönlich und gehören hier nicht hin ^^

Zum Schluss nimmt Freds Leben eine positive Wende:

es wäre zu vorhersehbar gewesen, wäre es anders gekommen und es auf ganz normale Weise erzählt (da muss man schon einen ganz bestimmten Ton treffen, um den Tod eines so jungen Menschen angemessen zu beschreiben) bestimmt auch eine Zumutung an den Leser.

Und spätestens hier wird es mir dann doch recht flach (beabsichtigt oder nicht): ‚Lieber irgendein Leben, als am Ende gar keins mehr.’ Welch tiefe Einsicht.

na komm, das ist nicht ganz fair, oder? So etwas Persönliches als »flach« zu bezeichnen ;) Fred hat schon ziemlich gelitten, um zu diesem kleinen Schimmer einer anderen Lebenswirklichkeit vorzustoßen, findest du nicht?

So kommt auch Ava am Ende zu überraschend tiefen Erkenntnissen: Falten kommen, dem entgehen wir alle nicht. Und was noch schlimmer ist: Sie bleiben sogar! Wie wahr.:D

oja, das ist sehr wahr, und es ist sogar eine der wenigen Dinge, die wir mit Bestimmtheit von der Zukunft sagen können. Das ist eine einfache Lehre, schon klar, aber es gibt eben auch einen Moment im Leben, an dem einem soetwas zum ersten Mal wirklich bewusst wird. Wie man irgendwann auch zum ersten Mal in einen Spiegel schaut und versteht, ah, das bin ich. Das ist deshalb keine triviale Erkenntnis, zumindest für mich nicht.

Lieber Carlo, ich fürchte, man muss viel jünger oder weniger dröge sein als ich, um der Geschichte dieser beiden unglücklichen Egomanen gerecht zu werden.

bitte keine Selbstbeleidigungen, haha. Ich glaube nicht, dass du dröge bist - obwohl, könnte ja sein, dass deine Geschichten nichts über deine Person aussagen ^^. Spaß beiseite, vielleicht ist das hier einfach nicht dein Ding..

Mir ist sie leider inhaltlich und wohl auch sprachlich an manchen Stellen zu oberflächlich (was möglicherweise sogar von dir beabsichtigt ist).

danke, dass du mir möglicherweise sogar zutraust, das mit Absicht zu machen hehe. Ich nehme es erstmal vorsichtig und als Leseeindruck auf. Ich gebe dir recht, dass es sich bei vielen Dingen in der Story um Oberflächlichkeiten dreht. Für mich persönlich, vielleicht brauch ich dafür noch mehr Verrisse, um zu so einem Selbsturteil zu kommen, ist die Sprache wenn vielleicht an manchen Stellen ästhetisiert, noch lange nicht oberflächlich.

Und so geht sie zum Schluss ohne Rührung an mir vorbei.

das ist natürlich schade. Ich glaube, dass die Story, auch eher über eine stimmungsmäßige »Rührung« funktioniert. Zumindest war so meistens der Leseeindruck.

Die Misere der beiden Briefschreiber erreicht mich nicht wirklich. Das mag wohl daran liegen, dass ich nicht mehr zwanzig bin und mich nur schwach daran erinnere, wie tieftraurig das Leben in dieser Zeit sein kann. Von meinem heutigen Standpunkt aus erscheint mir das Ganze eher als komfortable Sinnsuche in guten Umständen:

zumindest hast du ein Bild davon, worum es den beiden geht, auch wenn du vielleicht kein Verständnis dafür hast (was ich nicht schlimm finde, das muss auch nicht jeder, es ist ja auch anfechtbar). Ich sehe das allerdings anders. Das Argument deiner komfortablen Sinnsuche ist für mich ähnlich dem von den leidenden Kindern in Afrika, vor deren Hintergrund, es unanständig ist, undankbar zu sein. Abgesehen davon, dass diese Argumentationen nur in Allgemeinplätzen funktionieren, hat das natürlich auch seine Berechtigung, genau wie es eben seine Berechtigung hat, den eigenen Seelenschmerz zu artikulieren. Zum Glück haben wir dafür auch teilweise gesellschaftliche Anerkennung, z. B. in Form von Krankenkassen gestützten Hilfe-Maßnahmen. Auch einem ganz normalen Schüler an einer ganz normalen Schule können die Implikationen des Leistungs-Systems bisweilen zusetzen (das nur nochmal als eine auch an mich selbst gerichtete Apologie^^ ich bin mir sicher, dass wir uns da wahrscheinlich kaum wiedersprechen).

Arme Eltern!

wie mans nimmt.


Nochmal, barnhelm, vielen Dank, dass du mir deinen Leseeindruck so unverfälscht gespiegelt hast, das ist, auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin (das sind Kritisierte ja ohnehin selten), sehr wertvoll für mich und meine schreiberische Entwicklung! Ich danke dir sehr, dass du mir mit deiner Kritik auch Fläche geboten hast, mich gegen zu positionieren. Bitte nimm mir meine Verteidigungshaltung nicht krumm, das soll nicht den Eindruck machen, ich ließe das nicht an mich heran. Es ist nur eben, das ich viele der kritisierten Argumente als Standpunkt-Fragen verstehe, natürlich nicht alle.

Freue mich auf deine nächste Story!

Bis dann!
Carlo Zwei

 

Hallo Carlo Zwei,

mit dem Gummibaum hast du mich - wie du weißt - schwer beeindruckt. Hier nun ein Text übers Erwachsenwerden und die Suche nach Lebensfreude bzw. -sinn, die ins Pathologische abdriftet.

Eine dicke Staubschicht würde sich auf Augen, Nasenflügel und Mund legen, und wenn ich nicht weinte, könnte ich mir mein eigenes Pompeji erschaffen.

Gleich dieses Bild hier hat mir sehr gut gefallen! Ach Mensch, das hätte ich gerne selbst geschrieben.

»Liebe Ava« und »Hallo Fred«.

Ava Gardner und Fred Astaire? Wenn ja, warum?

und hatten eine gute Zeit, bis er entschied, nach Grönland zu gehen und mich im Stich zu lassen.

Die Enttäuschung mit Martin wird ja sehr kurz abgefrühstückt! War das wirklich so bedeutungslos? Das fällt mir ein bisschen schwer, zu glauben.
(Ich bin wohl eine hoffnungslose Romantikerin, aber ich glaube, es gibt nicht wenige Menschen auf diesem Planeten, die am Leben leiden, bis sie den richtigen Partner finden, an dessen Seite sie aufblühen.)

Ich bezichtigte mich psychischer Krankheiten

Das kann ich mir gut vorstellen. Wir pathologisieren mal eine Runde! Was im Internet gelesen und schwupps: Selbstdiagnose.

und ich erwähnte, dass ich meine Flöte wiedergefunden hatte und nun Sonaten von Mozart trällerte.

Das Trällern würde ich mit Gesang assoziieren, im Zusammenhang mit Flötenspiel erscheint es mir nicht ganz treffend. Ich nehme an, dass du nicht einfach „spielte“ schreiben wolltest, aber vielleicht gibt es noch etwas, was näher an der Flöte dran ist? („tirilierte“ wäre wohl zu albern, müsste man mal gucken, was es noch gibt.)

während ich [...] in den Bewegungen seiner Lippen las.

Das klingt für mich aufgesetzt. Bin mir aber sicher, dass du es so lässt. :lol: Alternativ „während ich von seinen Lippen las“! Noch besser gefiele mir „während ich an seinen Lippen hing“, aber das wolltest du vermutlich nicht ausdrücken, das hat ja eine andere Konnotation.

und auf ihrem Bett saß Mathilde und hielt in ihren Händen ihr Gesicht

Die drei Possessivpronomen hintereinander sind Absicht, nehme ich an? Ei ei ei, diese Mätzchen ...

Wie das Feuer die Hitze frei ließe, werde das vergeudete Leben nur in der Zerstörung noch einmal wertvoll. Die meisten ignorierten das und machten weiter, ohne Rücksicht auf die Wahrheit, die langsam in ihren Herzen verrottete.

WTF, die Poesie der Randalierer ...

denn Fred hatte sich bereits geholfen, nur dass es ihm eben nicht gut tat!

Also, der tickt doch nicht richtig, oder? Genial eigentlich!

Es zeigte sich, dass sie keine Antworten hatte, sondern nur Fragen, die Fred bereits kannte, und weil er sich diese ja schon zur Genüge selbst stellte, war das ihre letzte gemeinsame Sitzung.

Genau so ist das. Oft jedenfalls.

Wenn sich jemand Fotos von mir von damals anschaut, dann würde ich ihm gerne sagen, versuch es doch anders zu machen,

Ja was denn anders machen?

Also, mein Problem ist, dass mir doch zwischendurch etwas die Geduld mit den beiden abhanden kommt. Ich komme nicht richtig nah an die Figuren ran. Wie nah bist du als Autor an denen dran, würde mich interessieren, fühlst du mit ihnen oder sezierst du sie eher so?
Vielleicht bin ich auch angenervt, weil da gleich zwei so rummurksen. Am Ende wird resigniert bzw. sich arrangiert, wie das eben so viele täten. Ja, Herrgott. Wie nennt man das: Nihilismus?
Ich bin mir schon relativ sicher, zu verstehen, worum es geht, und ich denke auch keinesfalls, dass die zwei da Luxusprobleme haben. Ärzte, Therapeuten, liebende Eltern, die guten Willens sind - all das kann nicht verhindern, wie einige Menschen psychisch an ihrer Existenz, am Leben selbst leiden.
Ich mag deinen feinen Umgang mit Sprache und die vielen kleinen Beobachtungen, die mir auch zum Teil vertraut vorkommen.
Wahnsinnig schwer für mich, zu benennen, was mir da noch fehlt. Sorry, ich bin kein Schreibdoktor, kann nur einen konfusen Leseeindruck liefern. Es ist sicher nicht wenig, was du schon richtig machst beim Schreiben, denn auch ich verspüre den ganz starken Drang, jetzt mit einem Disclaimer daherzukommen, dass ich zu wenig Erfahrung mit anspruchsvoller Literatur habe, usw., bla und blub.
Irgendwie ist mir der Text noch nicht fokussiert genug, der Twist, die Aussage noch nicht ganz gereift, geschärft. Als Leserin eiere ich hilflos mit den beiden Protagonisten im Dunkeln rum. Oder ich bin zu doof. Suchs dir aus. :D

Liebe Grüße
Anne

 

Lieber Carlo Zwei,

ich finde es toll, wie fair du dich mit meinen ‚Nörgeleien’ auseinandergesetzt hast. Das ehrt mich als Kommentatorin sehr. Es war für mich interessant, deine Betrachtungsweise zu erfahren. Sie hat meinen Blickwinkel auf deinen Text dann doch etwas verschoben und ich glaube nun, deine Intention und auch die von dir gezeichneten Personen ein bisschen besser zu verstehen.

Nur noch zu einem Punkt:

ich glaube zu wissen was du meinst, auch wenn ich das nicht unter »äußere Phänomene« gefasst kriege. Außer ihre Haare bekommt man ja recht wenig von Ava zu sehen.

Unter ‚äußeren Phänomen’ verstehe ich nicht nur das Aussehen einer Person, sondern eigentlich alles, was man beobachten kann, z.B. die spezielle Art und Weise, wie ein Mensch mit anderen umgeht, was er über sie sagt, wie er auf sie reagiert, ihnen begegnet, und natürlich wie er sich ansonsten verhält: im Zimmer alleine sitzt, marodierend durch die Straßen zieht usw. Natürlich spiegeln sich darin auch immer innere Prozesse wider, aber die kann wohl nur jemand wahrnehmen und deuten, der einiges von Psychologie versteht oder diese Person ohnehin schon sehr gut kennt. Mir haben die vielen von dir geschilderten Einzelheiten das Innere deiner Protagonisten nicht wirklich offenbaren können. Beide bleiben mir am Ende doch eher fremd, was ihre innere Verfassung angeht. Ich verstehe, dass sie einsam sind, sich allein gelassen fühlen, Ängste haben, aber ich kann diese Verfasstheit nicht wirklich auf eine spezielle Fred- oder Ava-Art füllen. Ich sehe in deiner Geschichte, wie die beiden sind, aber komme nicht dahinter, warum sie sind, wie sie sind. So bleiben meine Ansichten über die beiden auf einer sehr allgemeinen Ebene. Beide leiden, natürlich, aber warum und worunter leiden sie? Ohne etwas Konkretes über die Ursachen ihrer Leiden zu erfahren, lande ich in deiner Geschichte dann am Ende eben auch nur auf Allgemeinplätzen: Verlorenheit, Lebensangst, Resignation.
Ich habe beim Lesen deiner Geschichte hin und wieder an Goethes ‚Werther’ gedacht, nicht nur weil es auch ein Briefroman ist. G. gelingt es, mir das Leiden seines Protagonisten so zu vermitteln, dass ich zum Schluss sogar dessen Selbstmord als folgerichtige Entscheidung nachvollziehen kann (auch wenn mir natürlich die zeitbedingten Umstände mehr als fremd sind). Das schafft dein Fred – für mich zumindest – leider nicht. Ein bisschen mag es daran liegen, wie lapidar sich zum Schluss alles auflöst: Er lebt einfach weiter, kann nun plötzlich akzeptieren, dass sein Heulen der Preis ist, den er für das Leben zahlen muss. Und Ava konstatiert, dass Falten (das Alter) kommen und bleiben werden. Irgendwie geht mir dieser Wandel zu schnell, ist mir in seiner Abruptheit zu wenig nachvollziehbar.

Carlo, ich habe versucht, dir mein Problem mit deiner Geschichte ein wenig mehr zu verdeutlichen. Keine Ahnung, ob es mir gelungen ist.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe Anne49

danke, dass du auch bei dieser Geschichte wieder vorbeigeschaut hast =) habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. Deine Fragen an mich und die Geschichte waren auch ziemlich erhellend. Vor allem, ob ich mit den Figuren gefühlt habe oder sie nur seziert. Aber dazu gleich mehr. Ich mag die unprätentiöse Art, wie du kommentierst :)

mit dem Gummibaum hast du mich - wie du weißt - schwer beeindruckt.

danke für das Lob/den Hinweis :>

Gleich dieses Bild hier hat mir sehr gut gefallen! Ach Mensch, das hätte ich gerne selbst geschrieben.

hihi, danke :)

Ava Gardner und Fred Astaire? Wenn ja, warum?

nur Zufall^^kenne die beiden außer vom einmal-gehört-haben nicht

Die Enttäuschung mit Martin wird ja sehr kurz abgefrühstückt! War das wirklich so bedeutungslos? Das fällt mir ein bisschen schwer, zu glauben.

ich glaube, dass liegt einfach daran, dass hier die Handlung nicht im Vordergrund steht, sondern die Figurenportäts

(Ich bin wohl eine hoffnungslose Romantikerin, aber ich glaube, es gibt nicht wenige Menschen auf diesem Planeten, die am Leben leiden, bis sie den richtigen Partner finden, an dessen Seite sie aufblühen.)

das mag (hoffnungslos) romantisch klingen, trotzdem ist da viel dran. Vielleicht, denke ich, sollte man erst mal auch mit sich selbst klar kommen.

Das kann ich mir gut vorstellen. Wir pathologisieren mal eine Runde! Was im Internet gelesen und schwupps: Selbstdiagnose.

cool, ja, so ein bisschen Alltags-Hypochondrie

Das Trällern würde ich mit Gesang assoziieren

gut, dass du es sagst, da stand nämlich auch vorher »Kantaten« statt »Sonaten« dann passt es auch wieder :) Deinen Vorschlag mit dem trillerte nehme ich erstmal auf, obwohl ich da auch eher an eine (Triller-)Pfeife denke

Das klingt für mich aufgesetzt. Bin mir aber sicher, dass du es so lässt.

was soll das denn heißen haha xD

ich muss dir aber leider recht geben, hehe, ich mag die Stelle, weil sie irgendwie zugespitzt ist eben in dieser literarischen »aufgesetzten« Art.

Die drei Possessivpronomen hintereinander sind Absicht, nehme ich an? Ei ei ei, diese Mätzchen ...

ich hab mir mal was gegönnt, hehe

WTF, die Poesie der Randalierer ...

Also, der tickt doch nicht richtig, oder? Genial eigentlich!


kann mir gerade total vorstellen, wie du das gelesen hast. Sehr sympathisch :) Ja, Halbstarken-Poesie triffts vielleicht

Ja was denn anders machen?

hm, ja die Stelle ist irgendwie ziemlich komplex/kompliziert. Dazu muss ich ausholen. Eigentlich war die Erzählposition eine Frau, die ihrer Nichte ein Jugend-Foto zeigt. Das ist dann aufgegangen in einer allgemeineren ältere Person spricht zu einer jüngeren oder Plural zu jüngeren Personen. Deswegen das »anders machen« in Bezugnahme auf das diesen Personen noch bevorstehende Leben. Aber du hast mich erwischt, es ist etwas verstrickt..

Also, mein Problem ist, dass mir doch zwischendurch etwas die Geduld mit den beiden abhanden kommt. Ich komme nicht richtig nah an die Figuren ran. Wie nah bist du als Autor an denen dran, würde mich interessieren, fühlst du mit ihnen oder sezierst du sie eher so?

deine Beobachtung ist auf jeden Fall richtig. Ich würde dir sogar mit dem Sezieren zustimmen. Ich fühle schon auch mit ihnen, habe aber auch einiges an Distanz. Es ist eher ein Erzählen der Geschichten dieser zwei Menschen eben aus der Position von Ava. Eine Sache ist natürlich, dass hier gerade die Gefühle verirrt und zum Teil abgestumpft sind. Die Distanz ist für die Art von Geschichte für mich unbedingt wichtig. Es ist ziemlich ähnlich wie mit der vom Gummibaum. Es geht sozusagen nicht um eine Handlung, sondern um die Entfaltung der Charaktere anhand von bestimmten Handlungs-Bildern, es gibt ja hier auch kaum Dialoge. ich glaube unterm Strich ist das eine Geschichte für »Fans« solcher Betrachtungen. Besonders zugänglich oder verständlich wird das auch erst nach mehrmaligem Lesen, glaube ich.

Vielleicht bin ich auch angenervt, weil da gleich zwei so rummurksen.

oder das ^^

Am Ende wird resigniert bzw. sich arrangiert, wie das eben so viele täten. Ja, Herrgott. Wie nennt man das: Nihilismus?

ich denke schon. ich glaube sogar nichts trifft es besser auf den Punkt. Habe gerade noch mal den Wiki-Artikel zu Nihilismus durchgelesen. Zitat: »Durch die gedankliche Orientierung am Nichts beinhaltet der Nihilismus einen absoluten Vorrang des Individuums, das allein seinen Trieben und Neigungen folgt und dem alles erlaubt ist. Wenn aber die nihilistische Weltsicht so weit geht, dass selbst das Individuum als sich ständig wandelnde subjektive Erfahrung angezweifelt wird, verlieren auch diese Triebe und Neigungen jede Bedeutung.« - das ist, würde ich jetzt mal qua Schnellschuss sagen, so ziemlich das, was ich ausdrücken wollte. Nicht so ausschließlich, aber als Grund-Skeptizismus schon.

Ich mag deinen feinen Umgang mit Sprache und die vielen kleinen Beobachtungen, die mir auch zum Teil vertraut vorkommen.

danke sehr :)

Wahnsinnig schwer für mich, zu benennen, was mir da noch fehlt. Sorry, ich bin kein Schreibdoktor, kann nur einen konfusen Leseeindruck liefern.

auf merkwürdige (heuristische) Weise, glaube ich zu wissen, was du meinst. Die Story stößt halt so ein grund-negativ-Gefühl an. Für die sprachlichen Wendungen und Beobachtungen kann man sich höchstwahrscheinlich begeistern, aber besonders viel Identifikationspotential bietet die Story nicht und ist irgendwie auch prinzipiell eher die Hülle einer Geschichte, als eine Geschichte selbst (vielleicht ist auch das der Punkt, den barnhelm meinte)

Es ist sicher nicht wenig, was du schon richtig machst beim Schreiben, denn auch ich verspüre den ganz starken Drang, jetzt mit einem Disclaimer daherzukommen, dass ich zu wenig Erfahrung mit anspruchsvoller Literatur habe, usw., bla und blub.

haha, bitte nicht!! Ich glaube diese »Disclaimer« sind schon ein Zeichen dafür, dass man es einfach nur eben mit einem dieser Texte zu tun hat (auch das hatte barnhelm, glaube ich angeschnitten).

Irgendwie ist mir der Text noch nicht fokussiert genug, der Twist, die Aussage noch nicht ganz gereift, geschärft. Als Leserin eiere ich hilflos mit den beiden Protagonisten im Dunkeln rum. Oder ich bin zu doof. Suchs dir aus. :D

das vorletzte streichen wir mal bitte ^^ allerdings würde ich auch gerne dieses »noch« streichen. Ich denke, dass man an diese Art von Text nicht die gewöhnlichen Kritik-Instrumente anwenden kann (Prämisse, Konflikt, Wandlung). Ich möchte mich damit nicht unangreifbar machen, ich glaube nur, das die Geschichte einfach anders funktioniert.

Vielen Dank für deinen wunderbaren Kommentar. Ich bin gespannt, was von dir als nächstes kommt :)

Liebe Grüße
Carlo

--

an die anderen barnhelm, maria.meerhaba, ich danke euch sehr für eure Kommentare und versuche, falls ich das schaffe, noch heute zu antworten, ansonsten dann erst morgen oder übermorgen, hier brennt gerade die Hütte zum Semesterende :)

 

Hola Carlo Zwei,

da hast Du ein interessantes Ding eingestellt. Ich war ganz erstaunt, dass ich immer weiterlas, obwohl ich einige Sachen nicht so umwerfend fand bzw. mit dem Inhalt stellenweise Schwierigkeiten hatte. Aber jeder betrachtet einen Text aus einem anderen Winkel.
Deshalb will ich weder zitieren noch kommentieren, jedoch Deine schreibhandwerklichen Fähigkeiten loben!
Ich lass mich gerne auf einen Text ein, wenn ich das Gefühl habe, da schreibt jemand (un hombre cualquera;)) in seiner ganz eigenen Art, kümmert sich einen Dreck um die Welt und bleibt in erster Linie sich selbst treu.
Das imponiert mir.
Mit Deiner Schreibsicherheit kannst Du Dich etwas wagen, ich finde das klasse, dass Du Dein Ding machst – denn da fängt doch erst der Spaß am Schreiben an!

Bis auf weiteres und schöne Grüße

José

 

Hallo Carlo Zwei,

Noch mal kurz dazu:

gut, dass du es sagst, da stand nämlich auch vorher »Kantaten« statt »Sonaten« dann passt es auch wieder :) Deinen Vorschlag mit dem trillerte nehme ich erstmal auf, obwohl ich da auch eher an eine (Triller-)Pfeife denke

Danke für die Erklärung. Ja, zum Kantate singen würde trällern passen - schön despektierlich.
Eigentlich hatte ich - etwas halbherzig - ‚tirilierte‘ in den Raum gestellt. Wohingegen ‚trillern‘, das ist eine wohldefinierte musikalische Verzierung, also das ginge für mich nicht.
(Woxikon listet etliche Synonyme zu flöten, einige davon auch mit ironischer Konnotation, vielleicht wirst du da fündig.)

Ansonsten bleibt mir nur, mich für die souveräne und charmante Antwort auf meinen (streckenweise salopp formulierten) Kommentar zu bedanken. Hat mir selbst auch noch mal was zum Nachdenken gegeben.

Liebe Grüße
Anne

P.S. Jetzt trau ich mich, doch zu fragen: Was bedeutet denn ^^ ?

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe barnhelm,

ich finde es toll, wie fair du dich mit meinen ‚Nörgeleien’

naja, deswegen bin ich ja hier :p

Sie hat meinen Blickwinkel auf deinen Text dann doch etwas verschoben und ich glaube nun, deine Intention und auch die von dir gezeichneten Personen ein bisschen besser zu verstehen.

Na, das freut mich.Habe auch über deinen Kommentar noch mal nachgedacht. Viele Dinge leuchten mir jetzt nach ein zwei Tagen auch viel mehr ein. Das Oberflächliche, wie du es genannt hast, verstehe ich (ich habe das bei Anne49 bereits kommentiert) jetzt vermutlich besser. Ich kann mich ganz gut mit ein paar Begriffen, die Anne genannt hat, identifizieren (also innerhalb meiner Geschichte). Das sind erstens: Das »Sezieren der Figuren«, was für mich auch dieses Moment der Oberflächlichkeit ausmacht. Und zweitens: Eine Nihilistische Tendenz. Ein gesteigerter Skeptizismus hinter allem, was das Leben ausmacht. Insofern sprechen da Form und Inhalt ja auch irgendwie überein. Fraglich bleibt trotzdem, ob es nicht kontrastreicher wäre, eine solche Geschichte gerade in einer richtigen Handlung zu erzählen. Befriedigender wäre es jedenfalls, weil durch die Verwicklung in eben eine Handlung (das ist jetzt rein hypothetisch) die Differenz zwischen Figuren und Erzählperson deutlicher machen und es wahrscheinlich ästhetisch zwingend sein würde, dafür wiederum eine auch ironische Distanz zum Thema im allgemeinen aufzubauen, wodurch es gleichzeitig an Schwere verlöre. Ich glaube hier wirds extrem kompliziert..

Nur noch zu einem Punkt

danke, dass du die Frage aufgegriffen hast :)

Unter ‚äußeren Phänomen’ verstehe ich nicht nur das Aussehen einer Person, sondern eigentlich alles, was man beobachten kann, z.B. die spezielle Art und Weise, wie ein Mensch mit anderen umgeht, was er über sie sagt, wie er auf sie reagiert, ihnen begegnet, und natürlich wie er sich ansonsten verhält: im Zimmer alleine sitzt, marodierend durch die Straßen zieht usw. Natürlich spiegeln sich darin auch immer innere Prozesse wider, aber die kann wohl nur jemand wahrnehmen und deuten, der einiges von Psychologie versteht oder diese Person ohnehin schon sehr gut kennt.

Das hast du sehr anschaulich erklärt :) konnte einiges damit anfangen und habe, glaube ich, besser verstehen können, was du mir im ersten Kommentar geschrieben hast. Ich habe das auch in Anne49' Kommentar als »Handlungs-Bilder« im Gegensatz zu Handlung im allgemeinen bezeichnet. Gerade was du danach noch meintest - ich setze es gleich ins Zitat - dass da für dich der Ursprung dieser Handlungs-Bilder (Marodieren in den Straßen, auf dem Boden liegen und die Decke anstarren usw.) fehlt, war sehr einleuchtend. Ich glaube, dass ich an keiner Stelle wirklich auf eine dieser Handlungen eingegangen bin (es bleiben eben »nur« Bilder davon - Sie existieren quasi nur in einer Erzählung einer anderen Erzählung, nämlich der von Ava). Es macht Sinn, was du sagst, dass sich psychologische Verstrickungen darin widerspiegeln, und dass aber die Usprünge dessen im Dunkeln liegen. Es ist wahrscheinlich genau das, was ich in dieser Art Stories so mache. Ich würde es erst einmal als Herangehensweise verteidigen wollen, die von der Beschreibung eines Charakters anhand solcher Miniatur-Geschichten ausgeht, die aber unausgeführt bleiben und ihre Wirkung aus dem Bild heraus erzeugen sollen.

Mir haben die vielen von dir geschilderten Einzelheiten das Innere deiner Protagonisten nicht wirklich offenbaren können. Beide bleiben mir am Ende doch eher fremd, was ihre innere Verfassung angeht. Ich verstehe, dass sie einsam sind, sich allein gelassen fühlen, Ängste haben, aber ich kann diese Verfasstheit nicht wirklich auf eine spezielle Fred- oder Ava-Art füllen. Ich sehe in deiner Geschichte, wie die beiden sind, aber komme nicht dahinter, warum sie sind, wie sie sind. So bleiben meine Ansichten über die beiden auf einer sehr allgemeinen Ebene. Beide leiden, natürlich, aber warum und worunter leiden sie? Ohne etwas Konkretes über die Ursachen ihrer Leiden zu erfahren, lande ich in deiner Geschichte dann am Ende eben auch nur auf Allgemeinplätzen: Verlorenheit, Lebensangst, Resignation.

Ich möchte noch einmal betonen, dass das vielleicht auch eine Frage der Lesehaltung ist. Ich glaube, dass diese Geschichte niemals solche Erwartungen erfüllen kann. Das ist m. E. nicht so ein Text, den man einfach in eine richtigen Handlung umschreibt und mit ihr die darin liegende Atmosphäre und Kleinteiligkeit. Ich denke, dass diese Zeilen noch mehr Atmosphäre und noch krassere Genauigkeiten hätten auffahren müssen, damit du an diese ganzen Sachen, die du da oben geschrieben hast, gar nicht mehr denkst, weil du von der Geschichte eingenommen wirst. Darin meine ich deine wahre Kritik zu ahnen, die mir unartikuliert und ins fremde Feld verschoben vielleicht noch deutlicher wird, als hättest du nach der Logik der Story und nicht nach der anderer Geschichten argumentiert.

Ich habe beim Lesen deiner Geschichte hin und wieder an Goethes ‚Werther’ gedacht, nicht nur weil es auch ein Briefroman ist. G. gelingt es, mir das Leiden seines Protagonisten so zu vermitteln, dass ich zum Schluss sogar dessen Selbstmord als folgerichtige Entscheidung nachvollziehen kann (auch wenn mir natürlich die zeitbedingten Umstände mehr als fremd sind). Das schafft dein Fred – für mich zumindest – leider nicht. Ein bisschen mag es daran liegen, wie lapidar sich zum Schluss alles auflöst: Er lebt einfach weiter, kann nun plötzlich akzeptieren, dass sein Heulen der Preis ist, den er für das Leben zahlen muss. Und Ava konstatiert, dass Falten (das Alter) kommen und bleiben werden. Irgendwie geht mir dieser Wandel zu schnell, ist mir in seiner Abruptheit zu wenig nachvollziehbar.

Da magst du auch recht haben. Fand den Werther-Vergleich spannend. Es ist hier irgendwie mehr eine Rahmung als ein konsequenter, einer bestimmten Wandlung folgender Schluss. Ich glaube, man kann sagen, das dieses Ende ebenso Bild-Wert hat wie die übrigen Schilderungen. Hier wird auch einmal etwas mehr Bewegung reingebracht, als Fred auf dem Boden liegt und ausblutet (das Wort klingt drastisch, wow). Den Abschluss bildet das Lesen des Briefes. Eine Geschichte in der Geschichte in der Geschichte und so weiter. Ich glaube, weil sich dieses Mise en Abyme letztlich nicht mehr auflösen lässt, bleibt auch so etwas wie eine Nachvollziehbarkeit am Ende aus. Das alles auch nur hypothetisch, Angaben ohne Gewähr.

Carlo, ich habe versucht, dir mein Problem mit deiner Geschichte ein wenig mehr zu verdeutlichen. Keine Ahnung, ob es mir gelungen ist.

vielen Dank dafür. Ich finde, es ist dir gelungen. Keine Ahnung, ob meine Einschätzung von den Dingen zutreffend ist oder nicht. Eine interessante Diskussion ist für mich aber definitiv daraus erwachsen. Freue mich auf ähnliches, vielleicht geht es ja das nächste Mal um etwas ganz anderes, wer weiß :)

Liebe Grüße
Carlo Zwei

 

Liebe maria.meerhaba,

Ich weiß nicht, ob das wirklich so wichtig ist, aber ich stolpere immer wieder über dieses „dort“. Das ist ein Wort, das für mich einen Vorsatz braucht, eine Umgebungsbeschreibung oder so, eher man es verwenden kann, und irgendwie ist dieses Wort ein Stolperstein im Lesefluss für mich.

hm, das hast du jeden Fall sehr cool beschrieben, dass das auf etwas außerhalb der Geschichte verweist. Das finde ich an sich ziemlich spannend, ich denke, dass ich das sogar noch stärker und bewusster hätte machen sollen, damit es eben trotz des Verweises kein Stolperstein ist, sondern gleich nachvollziehbar wird. Aber eben gerade das anhand eines einigermaßen präpositionalen Wortes zu machen, finde ich reizvoll. Das sollte, auch bei einer späteren Editierung der Stelle auf jeden Fall beibehalten werden. Vielleicht ist es wie gesagt einfach aktuell noch etwas ungelenk so.

Ahh, das Dort bezieht sich auf den zweiten Satz, auf das Foto in den Händen der Erzählerin. Macht es für mich nicht einfacher.

nicht »einfacher« oder nicht besser? Ich meine, dadurch wird es ja zumindest klar.

lagen meistens auf dem Boden mit mir. Denn auf dem Boden lag ich meistens
Das ist nicht nur eine Wortwiederholung, sondern förmlich schon eine Satzwiederholung.

habe das echt schon zig-mal hin und hergeschoben, aber es hört sich danach wirklich wirklich komisch an. Ich denke, dass ich da nochmal auf Mikroebene ran müsste. Vielleicht sogar im vorherigen Satz. Das ich den auf diese Satzwiederholung, wie du es genannt hast, abstimme.

Im Grunde waren jene Briefe einer Flüchtigkeit geschuldet
Auch hier das gleiche wie bei „dort“. Jene Briefe bezieht sich auf etwas, was vorher erwähnt sein sollte. Vermutlich ist es hier so, dass deine Figur jemandem etwas erzählt bzw. erklärt, da ist die gewählte Wortart okay, aber in dieser Form kann ich mich damit nicht anfreunden.

Wahrscheinlich ist es einfach nicht ausgereizt genug. Ich müsste das irgendwie ganz am Anfang aufgreifen. Womöglich wäre das sogar der Schlüssel, um auch das Problem mit der Satzwiederholung zu lösen. Vielleicht liegen ja nicht ihre Haare auf dem Boden mit ihr, sondern die Briefe ...

das war meine zweiliebste Beschäftigung.
zweitliebste

Danke

Es sind echt schöne Beschreibungen drinnen, liebe @Carlo Zwei,

vielen Dank :) übrigens bin ich ein Typ (Carlo ist auch ein italienischer Männervorname, in Frida »Kahlo« ist es ein Nachname). Ich wollte dich nur darüber aufklären, du kannst dir gerne auch weiterhin ein Geschlecht aussuchen, im Sinne der Debatte, haha.

vor allem den Brief mit den Regentropfen, das war echt schön beschrieben.

Danke

Aber mit der Prämisse der Geschichte komme ich einfach nicht klar. Das fühlt sich für mich wie eine Emogeschichte an, die in allem keinen Sinn und nur Schmerz sieht, das voller Gedanken sind und die Handlung sich auf ein Minimum schränkt, mit der ich selbst nicht klar komme.

Ich hab in den letzten Tagen auch im Zuge des Lesens der Kommentare und des Zurückkommentierens viel über das Thema dieser Geschichte und einfach diese Art von Geschichten im allgemeinen - die ich ja nicht selten schreibe - nachgedacht. Ich glaube, in dieser Weise Geschichten zu schreiben ist ziemlich schwierig. Ich finde, ich mache das nicht schlecht (ein bisschen Selbstwertgefühl muss ja jeder haben), aber scheinbar hab ich es, zumindest in dieser Geschichte, nicht geschafft, die Mehrheit der Kritiker das Kritisieren vergessen zu lassen. Ich glaube, das ist, was man schaffen muss, wenn man so etwas schreibt. Das Kritisieren vergessen zu lassen. Ich habe auch ein paar Stories mit festen Prämissen geschrieben und meine Beobachtung ist, es geht viel schneller und ist viel weniger kompliziert. Mein einer Prof. in Gestaltungslehre hat mal gesagt: »Einfache Ideen sind die besseren, wenn sie gut sind.« - hört sich vielleicht wie ein Klo-Spruch an, ist aber ziemlich gut und richtig, find ich. Trotzdem gibt des m. M. nach immer auch noch einen schweren, opulenten Weg und der ist nicht in Prämissen und solchen Kategorien abfertigbar. Dennoch glaube ich, möchte ich mich fürs erste wieder diesen »einfachen« Ideen zuwenden, einfach weil es einfach ist und die Zeit knapp in diesen Zeiten (Kommentar-Lyrik, lol)

Es gibt hier keinen richtigen Konflikt und das Gegenstück, die Mathilde, die für eine gewisse Dynamik gesorgt hätte, die bannst du gleich aus der Geschichte und gibst ihr auch keine größere Rolle. So ist die Geschichte nur eine Ansammlung von Gedanken, die zwar ein Bild zeichnen, doch ohne eine Handlung kann ich da nicht mitfühlen. Für mich funktioniert die Geschichte leider nicht.

Danke, dass du es nochmal aufgedröselt hast. In eine ähnliche Richtung ging der Kommentar von barnhelm: Keine Handlung = Kein Mitfühlen. Ich glaube, dass stimmt einerseits, andererseits hättest du die Geschichte dann immer noch schlecht finden können, weil dich die nihilistische Art von Ava oder Fred hätte nerven können ^^

Vielen Dank, liebe Maria, dass du dich zu Wort gemeldet hast. Ich hoffe, ich konnte deinem Kommentar gerecht werden. Der hat mir jedenfalls Anlass dazu gegeben, über einige Dinge nochmal eindringlich nachzudenken! Mal schaun, was von dir als nächstes kommt ... (aber du bist ja an deinem (Erzählungs-)Roman dran, oder?)

LG
Carlo Zwei

——


Hola josefelipe :)

danke, dass du vorbeigeschaut hast! Cool, dass du so offen da rangegangen bist. Ich glaube, das war genau das richtige jetzt, nachdem ja auch schon eine Menge dazu gesagt wurde. Natürlich will man dann immer genaueres wissen, aber ändert das an dem Punkt eigentlich so wahnsinnig viel bzw. ist so eine grobe Einschätzung nicht auch völlig ausreichend? Also vielen Dank, so viel voraus, für den lockeren, aber nicht unkonzentrierten Eindruck, den du da gelassen hast!

da hast Du ein interessantes Ding eingestellt. Ich war ganz erstaunt, dass ich immer weiterlas, obwohl ich einige Sachen nicht so umwerfend fand bzw. mit dem Inhalt stellenweise Schwierigkeiten hatte. Aber jeder betrachtet einen Text aus einem anderen Winkel.

würde eigentlich gerne (jetzt wo ich es schon zitiert habe) den Absatz im ganzen zitieren. Für mich ist das auf jeden Fall ein Wort, das mir schmeichelt. Das mit dem hombre cualquera (musste ich google übersetzen lassen) der seinen eigenen Text schreibt. Ich denke, das macht man aus guten Gründen oft nicht, weil es einfach nicht anschlussfähig ist, aber von Zeit zu Zeit ist es auch erfrischend. Danke für den Gedanken jedenfalls =)

Deshalb will ich weder zitieren noch kommentieren, jedoch Deine schreibhandwerklichen Fähigkeiten loben!

vielen Dank :)

Mit Deiner Schreibsicherheit kannst Du Dich etwas wagen, ich finde das klasse, dass Du Dein Ding machst – denn da fängt doch erst der Spaß am Schreiben an!

vielen Dank für diesen wertschätzenden Kommentar :)

Liebe Grüße
Carlo

—-


Liebe Anne49,

cool, dass du nochmal geantwortet hast :)

Danke für die Erklärung. Ja, zum Kantate singen würde trällern passen - schön despektierlich.

hehe. Obwohl Kantaten ja Gesangs-Stücke sind. Aber najaaa

Eigentlich hatte ich - etwas halbherzig - ‚tirilierte‘ in den Raum gestellt.

ach soo. Das Wort ist mir gar nicht so geläufigt - sogar gar nicht um ehrlich zu sein. »tirilieren« scheint für Singvögel zu passen, zumindest deutet mir das ein Internetlexikon an. Schönes Wort, aber da ist mir in diesem Fall das Trällern doch lieber :)

Wohingegen ‚trillern‘, das ist eine wohldefinierte musikalische Verzierung, also das ginge für mich nicht.
(Woxikon listet etliche Synonyme zu flöten, einige davon auch mit ironischer Konnotation, vielleicht wirst du da fündig.)

Ja, das mache ich. Ich liebe es eh in Synonym-Wörterbüchern zu wühlen :) Man kann immer wieder sehr witzige Funde machen..

Ansonsten bleibt mir nur, mich für die souveräne und charmante Antwort auf meinen (streckenweise salopp formulierten) Kommentar zu bedanken. Hat mir selbst auch noch mal was zum Nachdenken gegeben.

Habe ich gar nicht so empfunden. Ich war sehr dankbar für deinen ausführlichen Kommentar und deine bemüht differenzierte, reflektiert subjektive Sichtweise. Mehr hätte ich mir nicht wünschen können. Das du noch einmal ins Nachdenken gekommen bist, mag wohl der Verdienst des Kommentierens sein :) ich müsste auch mal wieder einen Kommentar schreiben!

Liebe Grüße
Carlo

P.S. Das ^^ ist ein Smiley mit lächelnden Augen ^^

 

Hallo Bas,

was ist eigentlich aus Carlo Eins geworden? Ich erinnere mich an ihn … Ein netter Kerl. Hast du was mit seinem Verschwinden zu tun?

hihi, Carlo Eins ist an einem Ort in fernen Servern gefangen :)

Verzeih, dass die Antwort etwas auf sich warten gelassen hat.

»Ich lebte dort mit meiner Mitbewohnerin, war vielleicht einundzwanzig.«

Instinktiv habe ich da den Eindruck, dass ein »sie« fehlt, »sie war vielleicht einundzwanzig«. Oder eben noch ein ich, »ich war vielleicht einundzwanzig«. Natürlich geht es auch so, aber ja, ungewöhnlich ist es schon. Ganz abgesehen von der Verortung – wo ist dieses dort?

Ich weiß, was du meinst. Das ist dem Rhythmus geschuldet. Irgendwie muss ich bei manchen Texten immer besonders auf die Tube mit Verkürzungen usw. drücken, was dann dazu führt, dass alles etwas »ungewöhnlich« wirkt. Danke für den Leseeindruck jedenfalls. Das Ding dabei ist, dass man selbst dafür blind wird.

2. »Die langen Haare waren wie auf dem Foto und lagen meistens auf dem Boden mit mir.«

Die langen Haare waren also wie auf dem Foto … Wie jetzt? Immer? Sie waren immer genau so, wie auf dem Foto? Oder in einem bestimmten Moment, von dem ich noch nichts weiß? Und sie lagen »mit dir« auf dem Boden? Das klingt so, als hätten sie eine Persönlichkeit, die Haare. Wahrscheinlich hingen sie auf den Boden hinunter … Auch hier weiß ich natürlich, wie es gemeint ist, aber ja, auch hier – ungewöhnlich.


auch ein sehr berechtigter Einwand. Das sollte eigentlich nur ausdrücken, dass sie in der Regel wie auf dem Foto aussahen. Hmm, aber das hätte ich wohl etwas anders schreiben müssen.

3. - Weil auf dem Boden lag ich meistens und am liebsten und starrte die Decke an.

Dieser Weil-Einstieg, das ist so … kindlich. Und überhaupt ist der Satz … ungewöhnlich, das weißt du sicher. Aber am ungewöhnlichsten bzw. das vielleicht »Störende« an der Sache ist die Dopplung »lagen meistens auf dem Boden/auf dem Boden lag ich meistens«.


das haben alle bisher bemängelt und trotzdem hänge ich irgendwie daran :( Ich glaube, dass ich den Text sowieso erst einmal etwas liegen lasse, bevor ich da nochmal rangehe. Das Kindliche finde ich okay, aber dieses Stolpern über die Dopplung muss ich mir wohl nochmal vorknöpfen :/

4. Ans Aufstehen dachte ich nich

-t? Auch hier ist es mindestens … ja, ungewöhnlich, dass du das »t« weglässt, zumal es ja nicht mal wörtliche Rede ist.


das ist tatsächlich nur ein Versehe ..n gewesen

Wenn du einen solchen Bezug herstellst, erwarte ich eigentlich, bereits von den Briefen zu wissen. Oder zumindest im nächsten Satz von ihnen zu erfahren. Das ist nicht der Fall, ich werde erst noch mit Verortungen – Nürnberg, Kleinmachnow in Berlin – einem Geburtstagfest und Leuten, die ich (noch) nicht kenne konfrontiert.

hm, ja. Ich wollte das einfach in media res anfangen. Aber vielleicht hinterlässt das auch zu viele Fragezeichen, wenn ich deinen Kommentar so lese.

Also, Carlo, hier mal ein kurzer Zwischenerklärung … Ich würde mich wahrscheinlich sehr wundern oder sogar ärgern, wenn jemand seinen Kommentar zu einer meiner Geschichten so beginnen würde, stilistische Nichtigkeiten und Kleinscheiß, der sich kurz darauf wahrscheinlich ganz von selbst erklärt. Aber ich wollte dir nur mal offenlegen, dass ich so meine Schwierigkeiten habe, in die Geschichte reinzukommen, dass es aus meiner Sicht noch nicht fließt.

keine Rechtfertigung nötig. ich danke dir für deinen Kommentar :)

Da ich erst jetzt, nachdem ich Google bemüht habe, weiß, dass Kurosawa ein japanischer Regisseur war, ist dieser Satz für mich eine Hieroglyphe. Ein Kurosawa hätte für mich genauso gut ein Getränk sein können.

haha, naja das stimmt. Er ist eben der bekannteste japanische Regisseur überhaupt und eine echte Legende. Aber meine Freundin kannte ihn früher auch nicht hehe und ich auch nicht, bis mir irgendjemand mal davon erzählt hat. Seitdem ist es wie mit bestimmten Autos oder Menschen, die man plötzlich überall sieht, wenn man sie einmal im Kopf hat.

Dazu hab ich hier im Forum schon schlaue Sätze gelesen, die ich nicht mit der gleichen Schläue wiedergeben kann, aber es geht in Richtung … Erlebniswelt von Leser und Autor. Ja, einerseits ist es wichtig und richtig, dass der Autor über die Dinge schreibt, die er kennt, andererseits ist es eben schwierig, wenn der Leser sie nicht kennt. Hier hätte »ein japanischer Film« für mich viel mehr Sinn gemacht als »ein Kurosawa«, jemand anderes, der Kurosawa kennt, denkt aber vielleicht, aaah, ja cool, der kennt den Film von Kurosawa mit der Dame Kaede und dem listigen Kurogane und freut sich über diesen Bezug.

stimmt in dem Zusammenhang. Naja, wenn die Geschichte vor so etwas nicht nur so wimmeln würde .. ^^

Soweit ich weiß, schreibt man im Deutschen »Partys«, obwohl es auf englisch korrekterweise »parties« heißen würde. Ob man beides darf, weiß ich nicht.

oh, das stimmt.

Hm, also wenn, müsste es glaube ich »leergeschriebene Blätter« heißen, wobei ich überlege, ob es so etwas überhaupt gibt … Unbeschriebene Blätter, ja, aber leergeschriebene?

ein bisschen zu sehr in die Poetisch-Kiste gegriffen?

Da, und auch später noch, gehören die längeren der beiden Strichlein hin, also nicht der hier - sondern der hier – .

ich dachte die wären für Pausen ... (also die langen)

Müsste glaube ich »in einen Bauingenieur« heißen

danke für das genaue Lektorat :)

Müsste glaube ich »reinkam« heißen

danke :)

Und das hier »hängte«

super. (dauert trotzdem vielleicht noch kurz, bis ich das alles übernehme, nicht wundern)

ihrem … ihre … ihr könntest du umstellen → »Ich trat ein, Mathilde saß auf dem Bett und hielt ihr Gesicht in den Händen. »Dementsprechend« finde ich hier etwas unvorteilhaft, meinerseits ebenso.

ja, das ist alles so aus wortspielerischen Ideen entstanden und führt vielleicht etwas zu weit vom eigentlich weg..

Vielleicht eher »Am nächsten Tag kam der Postbote, schlotznass und mit triefender Postmännermütze …?

klingt gut.

Wahrscheinlich macht sie die Cola »auf«, oder?

auch so eine blöde Wortspielerei fürchte ich.

Wieder dieser Dort-Satzeinstieg, den ich nicht so richtig verordnen kann …

das meinte auch maria schon. Arrgg, was soll ich sagen, stimmt.

Hm, also, Carlo, ich höre hier auf. Wie du an meinem bisherigen Kommentar vielleicht erkennst, bin ich nie so ganz in den Fluss gekommen, da waren immer Kleinigkeiten, an denen ich mich gestoßen habe und darunter hat mein Lesegenuss gelitten. Falls einiges davon bewusste Stilmittel von dir waren, hat es bei mir wohl einfach nicht funktioniert, falls es unbewusst war, hoffe ich, dass dir mein Kommentar ein bisschen weiterhelfen konnte.

hat er auf jeden Fall. Vielen Dank dafür. Ich glaube, diese Wortklaubereien ziehen nicht immer so, wie ich mir das vorstelle ^^

Es ärgert mich ein bisschen, dass ich nicht reingekommen bin, noch mehr ärgert mich, dass ich nicht einschätzen kann, ob das an mir liegt. Durch all das Kleinzeugaussortiere bin ich auch inhaltlich nicht wirklich hinterhergekommen, die ganze Beziehungskiste erscheint mir sehr wirr und ungradlinig. Vielleicht ist das total interessant, weil es keine eindimensionalen Charaktere sind, vielleicht fehlt aber auch einfach die Struktur.

vielen Dank für die nüchterne und zurückhaltende Darstellung. Naja, es ist immer noch ein Kritikerforum und wenn man diese Unsauberheiten nicht wegbekommt, dann muss es wohl erst mal auf der Ebene bleiben.

Also, nimm dir, was dir sinnvoll erscheint und den Rest klopp einfach in die Tone, mir fällt es gerade sehr schwer, die Sache hier einzuschätzen. Vielleicht schau ich demnächst noch mal rein und der Nebel ist verschwunden ...

danke nochmal an der Stelle für deine nützlichen Anmerkungen.

Werde aufnehmen, was ich gebrauchen kann.

Bis demnächst
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Carlo Zwei,

ich hab kurz in den ersten Absatz reingelesen und stelle fest, dass ich schon Kritikpunkte habe, aber auch weiterlesen möchte, deswegen stürze ich mich jetzt mal hinein:

Ich lebte dort mit meiner Mitbewohnerin, war vielleicht einundzwanzig.
Das sind gleich zwei Ungenauigkeiten im ersten Satz und damit fühlt sich der Einstieg etwas schlingernd an.

Die langen Haare waren wie auf dem Foto und lagen meistens auf dem Boden mit mir.
Den Satz finde ich missverständlich.
"Meine Haare waren so lang wie auf dem Foto ..." aber wenn das Foto nicht aus dieser Zeit ist, welche Relevanz hat es dann?
"...lagen meistes auf dem Boden mit mir."
Wann nicht?
Ich finde den Versuch, das witzig zu formulieren schon gut, aber der funktioniert in meinen Augen halt nicht.

Weil auf dem Boden lag ich meistens und am liebsten und starrte die Decke an.
Der Satz funktioniert von der Komik her besser, liest sich aber nicht so gut.
Vllt: Weil, auf dem Boden lag ich meistens (und am liebsten--> würd ich weglassen, oder "lag ich meistens") und starrte die Decke an.

Ans Aufstehen dachte ich nicht

Sorry, weiß nicht, was mit mir los ist, ich werd jetzt versuchen, weniger ins Detail zu gehen.

so lange ich auf dem Boden lag.
oder auch möglich "wenn ich auf dem Boden lag"

Nach dem Fest fuhren wir nach Nürnberg zurück und sie, das heißt Freds Eltern, nach Kleinmachnow bei Berlin.
Für mich wäre das auch ein guter erster Satz, bis auf die vielen
Nach dem Fest fuhren wir nach Nürnberg zurück und Freds Eltern nach Kleinmachnow bei Berlin.

Fred sammelte verbotene Messer und dachte zu oft über Selbstmord nach.
Ich nehme alles zurück. DAS wäre ein toller erster Satz. Der bewirkt, dass ich mehr wissen will und es wäre doch toll für Deine Geschichte, wenn das gleich von Anfang an der Fall ist.

las ein Buch oder schaute einen Film
warum oder, wenn danach eine Filmszene beschrieben wird?

Ich bereute es nicht, hatte sie doch zumindest alle auch ein wenig geliebt.
Interessant, dass Deine Figur an dem Punkt, wo es um ihre Liebe und damit um ihr Innerstes geht, unpersönlich bleibt und das Personalpronomen weglässt. Oder ist das nicht Absicht?
"zumindest", "ein wenig", solche Füllsel würd ich sparsam einsetzen.

Ich bezichtigte mich psychischer Krankheiten, schrieb einen Kinderbrief an meine Tante und legte mich auf den Fußboden, um die Augen zu verschließen und das Hier zu vergessen. Ich vergeudete Stunde um Stunde um Stunde, um traurig zu sein, weil ich das wollte.
Toller Abschnitt.

Ich wies Mathilde aus der Tür
Das klingt schief. Heisst es nicht jmd die Tür weisenund das würde ich an dieser Stelle auch wenig passend finden. Damit verbinde ich eine Obrigkeit und eine Distanz. Die beiden sind befreundet, ein einfaches Wegschicken täte es in meinen Augen auch.

Hinter dem Blau meiner Augenlider
Meint das blauen Lidschatten?

das war so was von erlogen
warum umständlich, wenn gelogen auch geht?

und in den Bewegungen seiner Lippen las.
geht auch, aber "die Bewegungen seiner Lippen las" wäre einfacher.

Als ich rein kam
Ungenau und umgangssprachlich.

Ich trat ein
das erschließt sich zwar, natürlich tritt sie in das Zimmer ein, aber gefällt mir trotzdem nicht. Eintreten legt den Focus auf das Eintreten, eigentlich willst Du doch aber nur darüber informieren, dass sie zu Mathilde ins Zimmer hinein geht. Das ist so ähnlich, als wolltest Du erzählen, dass jemand eine Strecke zurücklegt, also von A nach B geht und es dann schreiten nennst.

auf ihrem Bett saß Mathilde und hielt in ihren Händen ihr Gesicht.
Ich habe den Eindruck, dass Du Dich hier stilistisch ausprobierst, das ist irgendwie sehr wünschenswert, passt aber für mich nicht zum Rest der Geschichte.

legte meinerseits meine Hand
kann weg oder
legte meinerseits die Hand ...

Ich machte mir eine Cola
holte?

Ebendiese Leute wendeten sich nun von ihm ab
würden sich nun von ihm abwenden

Ein Sashimi zwischen Stäbchen fand mühsam seinen Weg zum Mund
Besser (weil dann Fred im Mittelpunkt des Erzählers steht, nicht das Sashimi-Teilchen) Ein Sashimi zwischen Stäbchen fand mühsam den Weg zu seinem Mund

fünf Maki lagen auf dem Teller. Mit Gurke.
Nebensächlich wirkt das hier auf mich.

Seinem Vater dankte er für das Einlenken und ersparte sich die Frage, ob das nun normal sei, der sagte, er solle über eine Therapie nachdenken, und Fred nickte gekränkt.
Hier bin ich etwas gestolpert, ginge auch so:
Seinem Vater dankte er für das Einlenken und ersparte sich die Frage, ob das nun normal sei. Der Vater sagte, er solle über eine Therapie nachdenken. Fred nickte gekränkt.

Er wünschte, er würde,
Ist das so richtig? Er wünscht sich ein Werden?

Aber das ginge nicht.

die Zähne bräunten sich mir schon in der Vorstellung. Älter würde ich werden und hässlicher, dafür aber mit Absicht.
Das finde ich wieder wundervoll, weil es einen Kontrast bildet, zu Freds Handlungen, weil es trotzig und kindlich wirkt, aber auch erzählt, wie banal jedwede Entscheidung letztendlich wäre.

ich also bald wieder Zeitung läse
lesen würde

Am Ende behielt ich ihn doch für mich selbst, für Jahre, und tat alles wie darin beschrieben.
worin nochmal?

Wenn sich jemand Fotos von mir von damals anschaut,
und was sieht, welche Schlüsse aus denen zieht, welche Urteile fällt? Hier fehlt mir was. Zumal der Satz weiter geht, mit
Falten kriegst du ganz bestimmt auch.
was für sich genommen doch eine eher unscheinbare Vorhersage ist.


Der Text ist in meinen Augen an einigen Stellen schon noch etwas holperig, aber als Entschädigung habe ich Passagen darin gefunden, die mir unglaublich gut gefallen haben.
Ich hab die Geschichte sehr gerne gelesen.

Hab eben nochmal auf die anderen Kommentare geschaut.
Zwei Dinge sind mir dazu noch eingefallen.
Zum einen lese ich Fred und Ava nicht als bauchnabelverliebte Egomanen, sondern als welche, die echte Probleme haben. Sie sind traurig, versuchen selbstironisch zu sein, finden wenig Sinn und stehen allem auch ein wenig gleichgültig gegenüber. Nichts davon bedroht ganz akut ihre Existenz, aber die Distanz, die dadurch entsteht, wird für mich deutlich und auch, wie sie in der Luft hängen. Fred reagiert darauf, indem er sich die Arme aufschneidet, Ava tut irgendwie abgeklärt, obwohl ihre Hilflosigkeit offensichtlich ist.

Zum anderen: Wie auch immer Du die beiden haben wolltest, durch (mehr) Dialoge würden sie entsprechend deutlicher werden. Klar, dass das in der Briefform nicht auf der Hand liegt, aber irgendwann haben die sich ja vllt doch mal gesehen? Oder sie sprechen mit anderen Leuten und es gibt ja Ansätze (Ava mit Mathilde) und Möglichkeiten (Fred mit seinem Vater oder seinem Bruder).
Ich glaube auch, dass Du dadurch gezielter überlegen müsstest, was Du von denen wie zeigen willst und das würde Deinen Text klarer strukturieren.

Soviel von mir.
Gruß
Ane

 

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