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Wo der Himmel anfängt

Wortkrieger-Team
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31.01.2016
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Wo der Himmel anfängt

Er fingert die Tablette aus dem Holzkästchen, schluckt sie ohne Wasser, setzt die Schutzmaske vor das Gesicht und schiebt die Tür auf.
Es ist Freitag, der 11. März.
Die Luft auf seiner Stirn fühlt sich weder kalt noch warm an. Sie kommt nie als Windstoß, steht jeden Morgen als eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus. Die milchig graue Wolkenschicht weckt in ihm den Gedanken an Regen. Nicht, dass es in jüngerer Vergangenheit geregnet hätte, aber er vermisst es, unter einem Schirm den Tropfen zu lauschen, wenn sie auf den Stoff prasseln. Er sehnt sich nach dem anschließenden göttlichen Geruch von Erde, vermischt mit dem Öl der Pflanzen, das sich während der trockenen Phasen gesammelt hat und dann mit dem Regenwasser zu dieser einzigartigen Komposition wird. Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte, wenn er einen Umweg am Strand entlang machte. Die schönsten schenkte er seiner Schwester.
„Die schimmern wie die Fingernägel von Engeln", sagte sie einmal, hielt sie mit ausgestrecktem Arm ins Sonnenlicht und kniff ein Auge dabei zu.

Vor dem abgeblätterten Zaun, den sein Vater zuletzt gestrichen hatte, begegnet ihm die Nachbarin mit ihrer Tochter. Das Kind trägt die Haare zu kurzen Zöpfen, die straff hinter den Ohren gebunden im Takt der Schritte wippen. Sie muss schnell laufen, um dem Tempo der Mutter zu folgen, die sie an der Hand hinter sich herzieht. Er könnte es nicht mit Gewissheit behaupten, doch es kommt ihm vor, als erwidere sie seinen Gruß nicht mehr, seit er alleine lebt. Vielleicht spricht er aber auch zu leise oder sie, und er hört ihre Worte nicht, wenn sie schnell an ihm vorbeihuscht.

Auf dem kurzen Fußweg, den er gemeinsam mit den anderen zur Anlegestelle zurücklegt, ist es ihm nicht möglich mit Sicherheit zu sagen, ob es sich jeden Morgen um dieselben Menschen handelt. Sie sind alle mit der Fähre zum Festland unterwegs. Die Kleidung der Bewohner ähnelt sich in ihrer Farblosigkeit und Form. Gesichter kann er aufgrund der Schutzmasken sowieso nicht erkennen. Auch die Haare der meisten sind dunkel wie seine eigenen. Man besucht sich längst nicht mehr gegenseitig. Er selbst kauft der Einfachheit halber zweimal im Jahr seine Kleidung in vierfacher Ausführung. Hemden, Pullover, Hosen, Sakkos. Zwei Mäntel, Schuhe. Das kann er direkt in dem Haus, in dem er auch arbeitet. Gleich unten im Eingangsbereich befinden sich Bekleidungsläden, Geschäfte für Nahrungsmittel und Elektronik.
Die Wege sind kurz gehalten. Man hat sich eingerichtet nach der verheerenden Flutkatastrophe und folgt den Regeln, die entstanden sind als Reaktion auf menschliches Versagen und als nichts mehr war wie vorher.

Es leben nicht mehr viele Bewohner auf der Insel und während der zwanzigminütigen Überfahrt sitzt jeder für sich. Kaum jemand spricht oder telefoniert, denn das hat sich mit den Masken als umständlich erwiesen. Sie blicken auf ihr Gegenüber oder auf das dunkelgraue Meer, das nur dann in Bewegung kommt, wenn die Fähre darauf unterwegs ist. Auf den Sitzen neben ihm unterhalten sich zwei Mädchen im Teenageralter. Die Gesichtsmasken sind mit glitzernden Steinen in rosa und silber verziert, die seitlich sitzenden Filter sind pink oder goldfarben. Eine von ihnen hat mit einem goldenen Stift einen Blitz unter das Auge auf den Kunststoff gezeichnet. Ihre Stimmen klingen gedämpft und unnatürlich, als würden sie in Blechdosen sprechen. Die wenig sichtbare Haut an den Händen und auf der Stirn ist bleich. Sie kichern und legen die Hände dabei in ihren Schoß zwischen die Beine, sind auf dem Weg zur Schule, denn sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen, seit er nicht mehr an Schulen unterrichtet wird. Er erinnert sich, dass seine Klassenkameradinnen früher beim Lachen die Hände vor den Mund hielten und verschämt die Schultern zu den Ohren zogen. Bei dem Gedanken daran lächelt er hinter seiner Maske und denkt an das Mädchen aus der Parallelklasse, dem er jeden Tag eine Muschel schenkte, nur damit sie ihn anlächelte.
Er hört das Wasser, das während der Fahrt vom Bug verdrängt wird und an die Außenwand der Fähre spritzt. Keinen Wind und keine Vögel, keine Fahrgeräusche. Wenn er die Augen schließt, das verhaltene Plätschern hört, erinnert er sich an frühen Morgenstunden, in denen er mit seinem Vater im kleinen Holzboot zum Fischen auf's Meer hinausfuhr. Dann bildet er sich ein, Möwengeschrei und das Tuckern des Motors zu hören.

Ein kleines Mädchen sitzt ihm schräg gegenüber, als er die Augen öffnet. Er hat es erst in diesem Moment bemerkt. Sie trägt ein rotes Kleid und ihr langes Haar ist oberhalb der Ohren zu Zöpfen gebunden. Sie dreht den Kopf, wobei ihre Zöpfe langsam um die weiße Maske fliegen, wie schwarze Algen um einen Stein im flachen Wasser. Ihr Gesicht zeigt in seine Richtung und er wendet sich hastig ab. Kurz darauf wagt er es, sie wieder anzusehen. Sie trägt eine Tasche mit einem Gurt quer über der Brust und sieht auf den leeren Sitz gegenüber. Unvermittelt dreht sie den Kopf erneut in sein Blickfeld zurück und sie sehen sich für einen Moment an, bevor er die Hände auf seinen Beinen fest zu Fäusten ballt und sich in den Falten seiner Stirn Schweißperlen sammeln.
Das Mobiltelefon gibt ein Signal. Kommst du heute nach der Arbeit?

Er verrichtet seine Arbeit still und während der Mittagszeit sitzt er meist allein an einem Tisch. Das Essen bietet in seiner Einseitigkeit wenig Grund für eine Unterhaltung und die wenigsten erleben etwas Außergewöhnliches in ihrer freien Zeit, worüber es sich zu reden lohnte. Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Katastrophe oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte ums Leben kamen.
Und so wird er nach Dienstschluss wie jeden Tag seit mehreren Monaten ins Städtische Hospital gehen und auch dort wird er wenig zu sagen haben. Er wird zuvor seiner Frau ein Getränk im Laden für Nahrungsmittel kaufen, das mit einer Meereskoralle aus Südkorea angereichert ist. Darauf möchte sie keinesfalls verzichten. Dann wird er die letzte Fähre zur Insel nach Hause nehmen.
Ich komme pünktlich und freue mich auf dich. K.
Als er vom Telefon aufschaut, legt die Fähre bereits an. Er wischt sich mit dem Taschentuch die Stirn trocken und steigt aus. Auf der Rollbahn, die die Fahrgäste vom Hafen in das Viertel mit den Hochhäusern bringt, steht etwas weiter vorne, mit dem Rücken zu ihm, die Kleine im roten Kleid. Erst jetzt fällt ihm auf, dass sie viel zu jung ist, um alleine unterwegs zu sein. Möglicherweise ist sie fünf Jahre alt. Nicht älter. Er steht aufrecht während der Fahrt, die Fäuste vor seinem Körper, und stellt sich vor, wie sie aussehen mag, wenn sie lacht. Ob sie Zahnlücken hat, weil die Milchzähne ausgefallen sind. Er sieht sie an einem kleinen Tisch sitzen, malend und dabei hat sie den Kopf schief gelegt, die Zunge auf der Oberlippe. Er sieht sie, wie sie sich im Kreis dreht und selbst am Strand trägt sie die Maske nicht. Sie weigert sich, als man sie ihr aufziehen will und läuft lachend davon, hebt eine schwarze Muschel auf und stürmt in die Arme eines Mannes, der sie auffängt und sie drehen sich gemeinsam rundherum um sich selbst.

Das Ende der Rollbahnstrecke führt auf einen Platz aus grauem Granit. Von dort verteilen sich die Menschen in verschiedene Richtungen auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz oder in die Schule. Ältere sind nicht auszumachen und als er die bunte Wandmalerei der hohen Mauer passiert, sieht er die Kleine davor stehen, den Kopf in den Nacken gelegt. Seine Hände schwitzen und erst will er vorbeigehen, dann bleibt er, einem inneren Impuls folgend, stehen und geht neben ihr in die Hocke.
„Sag, was machst du denn hier so alleine? Wo ist deine Mutter? Hm?"
Seine Stimme klingt leise und verzerrt. Er spricht nicht gerne, wenn er die Maske aufgesetzt hat, überhaupt spricht er sehr wenig. Er hat sich an das Schweigen gewöhnt.
Das Mädchen reagiert nicht auf seine Ansprache, starrt weiter auf die Wand und er folgt ihrem Blick. Es ist ein überdimensionales Gemälde, das sich in seiner Größe anmaßt, den grauen Rest vergessen machen zu können. Es ist farbig, abstrakt und großflächig aufgetragen. Vereinzelt erkennt er Totenköpfe, Pflanzen, viele verschiedenartige Bäume, Blüten, auch Vögel. Derart phantasievoll, dass er sicher ist, nichts davon hat hier je existiert. Es gibt schon lange keine Pflanzen mehr in der Stadt. Die Straßen und Plätze sind von Kunstobjekten aus Metall oder Stein gesäumt und das Beton- und Glaseinerlei der aufragenden Gebäude vermischt sich mit dem Hellgrau des Himmels, so dass seine Augen keinen Unterschied erkennen können, wo die Häuser enden oder der Himmel anfängt.

Plötzlich nimmt die Kleine die Maske vom Gesicht ab. Erschrocken fällt er auf die Knie und stützt sich mit den Händen auf den Granitplatten ab.
"Was tust du denn? Um Himmelswillen, lass sie auf! Lass sie bloß auf!"
Und er versucht ungeschickt, sie daran zu hindern, will sie ihr wieder aufziehen.
Sie steht vollkommen ruhig vor ihm und wehrt ihn mit einer flüchtigen Handbewegung ab. Wie in Zeitlupe hebt sie den Arm und schiebt seine Hand mit der Maske zur Seite. Deswegen lässt er sie auf den Boden gleiten und nimmt auch seine vom Gesicht. Beider Augen befinden sich auf gleicher Höhe. Ihr Blick ist offen und sie lächelt ein wenig. Die Haut ist hell und zart, die Wimpern dunkel und dicht. Ihre Lippen formen ein zweisilbiges Wort. Er kann sie nicht hören. Dann öffnet sie die Tasche und holt eine kleine Muschel heraus. Rund und schwarz liegt sie in ihrer Handfläche, die sie ihm entgegenhält. Seine Augen füllen sich mit Tränen, als er sie nimmt und verschwommen bemerkt er die frische Narbe an ihrem Hals. Sie ist rot und geschwollen, mit etlichen, groben Stichen genäht. Er hebt einen Finger und fühlt zitternd die Wunde. Sie ist kalt und die Kleine rührt sich nicht, formt nur immer wieder dasselbe Wort mit ihren Lippen.

Ein Mann in Uniform zieht ihn am Arm, sodass er auf die Füße kommt. Er lässt sich ohne Widerstand die Maske auf das Gesicht setzen, hält die schwarze Muschel so fest in der Hand, dass die Fingerknöchel weiß hervortreten.
„Gehen Sie bitte weiter Ihrer Wege", hört er die rauschenden Worte des Mannes.

 

Huhu liebe Kanji!

Cool, mal eine dystopische und ziemlich düstere Endzeit-Story von dir zu lesen! Allein das gefällt mir schon mal sehr gut!:)

Dir gelingt es sehr schön und gewohnt routiniert, eine dichte Atmosphäre zu erschaffen. Die Bilder deines Protagonisten, seiner Umwelt und seines täglichen Wegs zur Arbeit hatte ich immer sehr deutlich vor Augen. Dabei ist es dir auch gelungen, beim Lesen so eine klamme, nasse und von Wasser durchtränkte, marode Welt zu erschaffen. Ich hatte ein Geruchgemisch vom Gummi der Atemschutzmasken und schimmelig-feuchter Seeluft in der Nase. Ein schöner Effekt, den du erzielen konntest.

Du hattest eine Flutkatastrophe erwähnt, die ziemlichen Schaden angerichtet hat. Vielleicht liegts ja an deinem japanischen Nickname, aber in Verbindung mit der Überschwemmung und den Schutzmasken musste ich immer wieder an Fukushima denken. Das würde auch gut zur Narbe am Hals des Mädchens passen - Schilddrüse aufgrund zu hoher Isotopen-Aufnahme entfernt! Und die Nähe zu Korea und deren Korallenzusätzen. Diese bedrückenden Andeutungen und nur angerissenen Bilder, die viel der Phantasie des Lesers überlassen - ich mag das!
Und das rote Kleid des Mädchens ließ mich an die bedrückenden Szenen aus Schindlers Liste und dem kleinem Mädchen in dem roten Kleidchen denken!

In einigen Punkten jedoch bist du meiner Ansicht nach mit den Andeutungen etwas zu vage geblieben. Ich habe z.B. das Ende (ausgerechnet!) nicht so ganz verstanden. Was sollte das jetzt mit der Maske-abnehmen, dann dem "Papa" und dann wieder Maske-aufsetzen? War die Kleine seine Tochter? Und wieso hat die Frau mit dem Kind am Anfang nicht mehr gegrüßt? War das Mädchen in dem roten Kleid dieses Kind? Wieso besucht man sich schon längst nicht mehr gegenseitig? Wieso wird kein Sport mehr in der Schule unterrichtet? Hat er sich am Ende das Mädchen nur eingebildet?

Liebe Kanji, mir hat deine Geschichte gut gefallen und ich habe sie gern gelesen. Noch mehr hätte sie mir allerdings gefallen, wenn ich alle Andeutungen auch verstanden hätte. Das ist natürlich schwierig umzusetzen - einerseits Andeutungen als solche zu belassen, andererseits aber den Leser nicht zu sehr im Dunkeln tappen zu lassen. Schwierig, geb ich zu! Ich würde vielleicht allenfalls das Ende etwas klarer gestalten.

Kleine Verbesserung:

[...]den sich nicht vermissen,
Wohl eher: "den sie nicht vermissen"

Ich hoffe, du kannst mit meinem Feedback etwas anfangen. Wie gesagt, gern gelesen.

Liebe Grüße vom Endzeit-EISENMANN

 

Hej Eisenmann,

fein, dass du dich für meinen Neuling erwärmen konntest. Als mein zukünftiger Ehemann im Paralleluniversum fand ich es nur angebracht, dir mit der leicht morbiden Story eine Freude zu bereiten, zumal du mir eine so "reizende" Szene in einer Telefonzelle gewidmet hast. :shy:

Dabei ist es dir auch gelungen, beim Lesen so eine klamme, nasse und von Wasser durchtränkte, marode Welt zu erschaffen. Ich hatte ein Geruchgemisch vom Gummi der Atemschutzmasken und schimmelig-feuchter Seeluft in der Nase.

Feinfeinfein. Ich liebe es, Atmosphäre zu schaffen.

Diese bedrückenden Andeutungen und nur angerissenen Bilder, die viel der Phantasie des Lesers überlassen - ich mag das!

Sehr, sehr richtig, lieber Eisenmann, so wars gedacht.

Und das rote Kleid des Mädchens ließ mich an die bedrückenden Szenen aus Schindlers Liste und dem kleinem Mädchen in dem roten Kleidchen denken!

Hoppala. Mich vermutlich auch. :shy:

In einigen Punkten jedoch bist du meiner Ansicht nach mit den Andeutungen etwas zu vage geblieben.

Das war ssso klar. Nun gut. Ich werde mich anstrengen und versuchen, näherzukommen. Das geht ja so nicht.

Aber damit du nicht nochmal lesen musst: dieser weg an diesem unheilschwangeren Tag zur Arbeit setzt vom ersten Moment an, allerhand in meinem armen Helden frei. Es gibt stetige Hinweise und Visionen, die am Ende auf eine imaginäre Begegnung mit seiner toten Tochter hinauslaufen.

Das grußlose aneinander Vorbeigehen sollte nur die Bezuglosigkeit der Bewohner miteinander darstellen. Niemand hat am anderen Interesse, weil ein normales, soziales Leben nicht möglich ist.

Das Mädchen im roten Kleid war nie existent in diesen Szenen.

Man hält sich aufgrund der Strahlenbelastung so wenig wie möglich draußen auf. Deswegen soll sich nicht so viel bewegt werden; kein Sport, Rollbahnen zur körperlichen Entlastung.

Vielen herzlichen Dank für deine Zeit und deine geschilderten Eindrücke, mit denen ich gut arbeiten kann.

Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,
sehr gut, der 11. März und wir sind mit Tablette und Maske in Fukushima. Ein gelungener Einstieg. Sicher sind da noch mehr solche Metaphern im Text, die ich nicht durchschaue. Für mich ist das Mädchen eine Realität in der Geschichte. Eltern werden von ihren Kindern getrennt, damit die Kinder alleine und staatlich kontrolliert an ihren Mutationen verrecken. Wenigstens kann der Vater noch seine Frau im Krankenhaus besuchen. Das ist das einzig Positive, was ich am Inhalt gefunden habe, sonst nur Trauer und Wehmut. Du zeichnest routiniert Bilder des Zerstörten. Sehr schön erzählt.

Etwas Gefummel habe ich trotzdem gefunden:

unter einem Schirm den Tropfen zu lauschen wenn[Komma] sie auf den Stoff prasseln.
Vor dem abgeblätterten Zaun, den sein Vater zuletzt gestrichen hatte, begegnet ihm die Nachbarin mit ihrer Tochter.
Ich bin wegen "hatte" gestolpert. Du schreibst im Präsens und hast als Rückblende bis hierhin das Imperfekt genommen. Demnach sollte hier "strich" stehen. Aber "gestrichen hat" ware meiner Meinung die korrekteste Form. Es funktionieren wahrscheinlich alle drei Varianten. Vielleicht? Ich bin mir nicht sicher.
Die Kleidung der Bewohner ähnelt sich in ihrer Farblosigkeit und Form und die Gesichter kann er aufgrund der Schutzmasken sowieso nicht erkennen.
Das zweite "und" stört mich. Vorschlag: Die Kleidung der Bewohner ähnelt sich in ihrer Farblosigkeit und Form. Die Gesichter kann er aufgrund der Schutzmasken sowieso nicht erkennen.
Sie ist rot und geschwollen, mit etlichen[Komma] groben Stichen genäht.
Ich würde das Komma setzen weil man die Adjektive mit "und" verbinden könnte. Wenn "etliche" "grob" beschreiben soll, fällt es natürlich weg.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hi Kanji,

schöner Text. Klingt doch ganz gut und ist auf angenehme Weise rätselhaft, also vor allem nicht zu rätselhaft. Und Fantasy für meinen Geschmack zurückhaltend genug (diese Krieger-Gnome- Heerscharen-und-Zauberer-Fantasy ist nämlich nicht ganz so meins).

Es ist Freitag, der 11. März.
Das Datum muss wahrscheinlich sein, aber jetzt auf den dritten Blick fällt mir auf dass es von der Handlung aus betrachtet recht unmotiviert daherkommt. An anderen Tagen ist es doch nicht anders?

Die Luft auf seiner Stirn fühlt sich weder kalt noch warm an. Sie kommt nicht als Windstoß oder Bö. Sie steht jeden Morgen wie eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus. Die milchig graue Wolkenschicht weckt in ihm den Gedanken an Regen.
Stimmung passt, aber irgendwas finde ich noch nicht so ganz richtig. Kommt die Luft jeden Morgen nicht als Windstoß? Und vielleicht auch noch deutlicher: Die Luft ist eine Mauer, nicht wie, weil sie ja offensichtlich eine echte Barriere für den ungeschützten Mensch ist.

Nicht, dass es in jüngerer Vergangenheit geregnet hätte
"jüngere Vergangenheit" - das klingt für mich nach einem Zeitraum von wenigstens so ca. 30 Jahren (und kann noch deutlich weiter zurück reichen). Soll es so lange nicht geregnet haben? Das kann sein, wenn man weiterliest. Aber erstmal wundert man sich.

Und genau diese Menschen erstellten dann wiederum diese Regeln, damit es sich weitermachen ließ.
"Genau diese" klingt mir ein kleines bisschen schief, weil vorher nur unbestimmt von Menschen die Rede war (und diese unbestimmten Menschen nur unter anderem im vorangehenden Satz vorkommen).

Es leben nicht mehr viele Bewohner auf der Insel und während der zwanzigminütigen Überfahrt sitzt jeder für sich und kaum jemand spricht oder telefoniert, denn das hat sich als umständlich erwiesen.
Wenn sich das für die Leute so erwiesen hat, dann scheint mir die Katastrophe nicht ganz so weit zurückzuliegen, wie die jüngere Vergangenheit und der Bezug auf die Kindheit eines Menschen, der wieder allein ist, nahelegen.

zwei Mädchen, vermutlich im Teenageralter.
Die Vermutung konnte man wegkürzen. Sicher, man sieht die Gesichter nicht, aber man sieht das Styling. Wenn man ihnen gegenübersitzt, hält man sie für Teenager, ist doch unwichtig, ob man sich da wegen der Masken täuschen kann.

Mädchen aus seiner Parallelklasse, dem er jeden Tag eine Muschel schenkte, nur damit sie ihn anlächelte.
Wieder Muscheln? Vielleicht ist es dann besser, die Schwester nochmal zu erwähnen, die beiden Muschelepisoden zusammenzubinden.

Erst jetzt fällt ihm auf, dass sie viel zu jung ist, um alleine unterwegs zu sein.
Erst jetzt? Eigentlich nicht glaubhaft, aber bei dieser Erscheinung vielleicht doch akzeptabel.

Er ist wirklich nicht geübt, mit der Maske zu sprechen,
Denkbar vielleicht auch: "er mag es nicht" oder so. Nicht geübt, wenn er sie vielleicht seit dreißig Jahren trägt, find ich nicht so passend (auch nicht, wenn es nur fünf Jahre sind).

Es ist ein meterlanges Gemälde.
Du hast gesagt, dass die Mauer hoch ist, trotzdem fänd ich es schöner, wenn du die Fläche nochmal vor Augen stellen würdest. Meterlang klingt so in die Länge gezogen, sollte es denn nur ein paar Dezimeter hoch sein?

Tja, jetzt muss ich schnell mal wieder unterbrechen und hab also gleich zwei unfertige Eisen im Feuer ...

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Fugusan,

wie überaus schön, dich hier zu finden. Danke schon mal dafür.

Und ja, dieses Datum ist fest in meinem Hirn verankert. Bei dir anscheinend auch.

Für mich ist das Mädchen eine Realität in der Geschichte. Eltern werden von ihren Kindern getrennt, damit die Kinder alleine und staatlich kontrolliert an ihren Mutationen verrecken.

Weißte was, das ist eigentlich noch viel besser, wenn so viel Raum bleibt in all den Bildern, dass jeder Leser sein eigenes Szenario erleben kann.

Wenigstens kann der Vater noch seine Frau im Krankenhaus besuchen. Das ist das einzig Positive, was ich am Inhalt gefunden habe, sonst nur Trauer und Wehmut. Du zeichnest routiniert Bilder des Zerstörten.

Aber selbst das scheint für beide keine wirkliche Freude zu sein. Einerlei und das unerträgliche Warten.

Routiniert Bilder von Zerstörten zeigen ... :hmm: ich werd' mal drüber nachdenken, ob das so gut ist.

Sehr schön erzählt.

Das kleb' ich dann mal als Pflaster drauf.

Ich bin wegen "hatte" gestolpert. Du schreibst im Präsens und hast als Rückblende bis hierhin das Imperfekt genommen. Demnach sollte hier "strich" stehen. Aber "gestrichen hat" ware meiner Meinung die korrekteste Form. Es funktionieren wahrscheinlich alle drei Varianten. Vielleicht? Ich bin mir nicht sicher.

Dann werde ich mir mal alle drei Varianten "vorlesen" und "entscheiden".

Das zweite "und" stört mich. Vorschlag: Die Kleidung der Bewohner ähnelt sich in ihrer Farblosigkeit und Form. Die Gesichter kann er aufgrund der Schutzmasken sowieso nicht erkennen.

Nee du, wenn dich das stört, kommtes weg. Und weil du es mir so leicht machst, übernehme ich schlankweg deinen Vorschlag. Dankeschön.

Ich würde das Komma setzen weil man die Adjektive mit "und" verbinden könnte. Wenn "etliche" "grob" beschreiben soll, fällt es natürlich weg.

Soll es nicht und mach' ich so. Hast recht.

Dein Lob, lieber Fugu, gerade in dieser Rubrik, bedeutet mir ganz schön viel. Herzlichen Dank und freundlicher Gruß, Kanji

Hej erdbeerschorsch,

so schnell sieht man sich wieder.

Klingt doch ganz gut und ist auf angenehme Weise rätselhaft, also vor allem nicht zu rätselhaft. Und Fantasy für meinen Geschmack zurückhaltend genug (diese Krieger-Gnome- Heerscharen-und-Zauberer-Fantasy ist nämlich nicht ganz so meins).

Das klingt drollig, angenehme Weise nicht zu rätselhaft. Dann danke ich dir umso mehr, dich überwunden zu haben die Geschichte mit diesem tag zu lesen. :cool:

Das Datum muss wahrscheinlich sein, aber jetzt auf den dritten Blick fällt mir auf dass es von der Handlung aus betrachtet recht unmotiviert daherkommt. An anderen Tagen ist es doch nicht anders?

Es ist der Jahrestag dieser Katastrophe und (unbewusst) setzt das im Protagonisten allerhand frei. Scheinbar ein beliebiger Tag - aber nein, eben doch nicht.

Stimmung passt, aber irgendwas finde ich noch nicht so ganz richtig. Kommt die Luft jeden Morgen nicht als Windstoß? Und vielleicht auch noch deutlicher: Die Luft ist eine Mauer, nicht wie, weil sie ja offensichtlich eine echte Barriere für den ungeschützten Mensch ist.

Stimmt. Die steht da immer wie eine Mauer. Mach ich so.

"jüngere Vergangenheit" - das klingt für mich nach einem Zeitraum von wenigstens so ca. 30 Jahren (und kann noch deutlich weiter zurück reichen). Soll es so lange nicht geregnet haben? Das kann sein, wenn man weiterliest. Aber erstmal wundert man sich.

Genau das war der Gedanke bei der Suche nach einem Wort wie diesem. Es regnet nie.

Genau diese" klingt mir ein kleines bisschen schief, weil vorher nur unbestimmt von Menschen die Rede war (und diese unbestimmten Menschen nur unter anderem im vorangehenden Satz vorkommen).

Hm. Es sollten schon nicht diese Menschen sein, mit denen er Umgang hat, sondern bewusst "ominöse", die sowohl die Katastrophe als auch die Bemühungen zu verantworten haben, alles wieder ins Lot zu bringen mit ihren Regeln.

Wenn sich das für die Leute so erwiesen hat, dann scheint mir die Katastrophe nicht ganz so weit zurückzuliegen, wie die jüngere Vergangenheit und der Bezug auf die Kindheit eines Menschen, der wieder allein ist, nahelegen.

Och du, diese Masken kommen jedes Jahr neu heraus. Mit den einen gings, mit den anderen nicht. :shy::lol:

Die Vermutung konnte man wegkürzen. Sicher, man sieht die Gesichter nicht, aber man sieht das Styling. Wenn man ihnen gegenübersitzt, hält man sie für Teenager, ist doch unwichtig, ob man sich da wegen der Masken täuschen kann.

Okay, na gut. Hast ja recht. ;) edit: wenn ich den Zusatz im Teenageralter weglasse, komme ich mit all den kleinen Mädchen durcheinander. Der Leser könnte glauben, die sind alle fünf Jahre alt.

Wieder Muscheln? Vielleicht ist es dann besser, die Schwester nochmal zu erwähnen, die beiden Muschelepisoden zusammenzubinden.

Wirklich. Mehr hat er halt nicht zu bieten und die sammelt er eh immer. Ich denk darüber nach .

Erst jetzt? Eigentlich nicht glaubhaft, aber bei dieser Erscheinung vielleicht doch akzeptabel.

In dem geht allerhand vor an diesem Tag: Erinnerungen, Bewusstsein von Verlusten, in Form von Familie, Freunden, Freiheit, Wetter dies das. Da kann man schon mal verdrängen, dass das Kind allein ist.

Denkbar vielleicht auch: "er mag es nicht" oder so. Nicht geübt, wenn er sie vielleicht seit dreißig Jahren trägt, find ich nicht so passend (auch nicht, wenn es nur fünf Jahre sind).

Joa. Da hast du wohl recht. Nimmt man ihm nicht ab. Ändere ich.

Du hast gesagt, dass die Mauer hoch ist, trotzdem fänd ich es schöner, wenn du die Fläche nochmal vor Augen stellen würdest. Meterlang klingt so in die Länge gezogen, sollte es denn nur ein paar Dezimeter hoch sein?

Du passt aber auch auf. Ich war selbst nicht zufrieden, aber mir wollte es einfach nicht gelingen, es einfach und ohne viele Worte darzustellen. Knoten im Hirn. Komme damit nicht durch und nehme mir die Mauer noch mal zur Brust. Dankesehr.

Tja, jetzt muss ich schnell mal wieder unterbrechen und hab also gleich zwei unfertige Eisen im Feuer ...

Na dann ma' los, damit noch viele in den Genuss deines Kommentars kommen.

Vielen Dank für deinen Besuch und Hilfe.

Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

mit Fantasy+Seltsam kann man mich normalerweise nicht so locken. Aber wenn Kanji draufsteht, dann kann es ja nicht so schlimm werden. Und so ist es dann auch. Hat mir gefallen!

Er fingert die Tablette aus dem Holzkästchen, schluckt sie ohne Wasser

Da wunder ich mich gleich im ersten Satz. Normalerweise sind Tabletten doch immer in diesen Plastikdispensern (außer im Waldorf-Seniorenheim vielleicht :D).

Es ist Freitag, der 11. März.

Der Wochentag stimmt für 2011, dem Tag der Fukushima-Katastrophe, dann wieder für 2016 ... Aber das, was du beschreibst, das ist wohl die nächste Nuklearkatastrophe in Japan. Wo die Plattentektonik denkbar ungünstig ist, und trotzdem machen die da so weiter.

Er sehnt sich nach dem anschließenden göttlichen Geruch von Erde, vermischt mit dem Öl der Pflanzen, das sich während der trockenen Phasen gesammelt hat und dann mit dem Regenwasser zu dieser einzigartigen Komposition wird.

Schön!

Sie muss schnell laufen, um dem Tempo der Mutter zu folgen, die sie an einer Hand hinter sich herzieht.

Ich würd ja erwarten, dass die Mutter die Kleine nicht mit beiden Händen hinter sich herzieht. Also warum dann nicht "die sie an der Hand hinter sich herzieht"? Würde für mich natürlicher klingen.

Auf den Sitzen neben ihm unterhalten sich zwei Mädchen, vermutlich im Teenageralter. Die Gesichtsmasken sind mit glitzernden Steinen in rosa und silber verziert, die seitlich sitzenden Filter sind pink oder goldfarben.

Schönes Detail!

Sie sind auf dem Weg zur Schule, denn sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen, seit keiner mehr an Schulen unterrichtet werden darf.

Ob sie ihn nicht doch vermissen? Ich weiß, du willst loswerden, dass es keinen Sportunterricht mehr gibt. Aber ich denke, sie vermissen ihn. Ich fänds ohne das "nicht" besser.

Er ist spricht nicht gerne, wenn er die Maske ausgesetzt hat, überhaupt spricht er sehr wenig.

Ich nehm an, du meinst aufgesetzt, mit F.

Beider Augen befinden sich auf gleicher Höhe.

Nicht direkt falsch. Aber das "beider Augen" klingt für mich etwas spröde. "Die Augen der beiden" vielleicht?

Ihre Lippen formen ein Wort. Er kann sie nicht hören.

Er hat was mit den Ohren, darauf reitest du ja ziemlich rum.

Seine Augen füllen sich mit Tränen, als er ihn nimmt und verschwommen bemerkt er die frische Narbe an ihrem Hals. Sie ist rot und geschwollen, mit etlichen, groben Stichen genäht. Er hebt einen Finger und fühlt zitternd auf den Rand der Wunde. Er ist kalt und die Kleine rührt sich nicht, formt nur immer wieder dasselbe Wort mit ihren Lippen. 'Papa'.

Jetzt hab ich einen Kloß im Hals. Seufz. :shy:

Dankeschön für die Geschichte!
LG, Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kanji,

ich bin etwas aus der Routine, anderen Ratschläge zu geben (und neu hier auf der Seite). Aber vielleicht sind ja ein paar meiner Eindrücke zu deinem Text hilfreich für dich.

Er fingert die Tablette aus dem Holzkästchen, schluckt sie ohne Wasser, setzt die Schutzmaske vor das Gesicht und schiebt die Tür auf.
-> In dieser dystopischen Welt erwarte ich keine Holzkästchen. Holz wird ja durchaus auch später im Andenken an die Vergangenheit benutzt und spiegelt generell etwas Lebendiges dar – im Gegensatz zum Rest von dieser Zukunftsversion. Ich bin zumindest über das „Holzkästchen“ gestolpert und würde eher zu einer „Plastikschachtel“ oder dergleichen raten.

Man hat sich eingerichtet und folgt den Regeln, entstanden als Reaktion auf die verheerende Flutkatastrophe, in Kraft getreten, als Menschen versagten und nichts mehr war wie vorher. Und genau diese Menschen erstellten dann wiederum diese Regeln, damit es sich weitermachen ließ.
-> Das finde ich komplizierter geschrieben, als es sein müsste. Mein Vorschlag wäre, den Satz chronologisch aufzubauen, also dass auch in der Satzstruktur zuerst die Flutkatastrophe kommt und danach das menschliche Versagen, danach die Entscheidungen etc.

Seine Arbeit verrichtet er still und während der Mittagszeit sitzt er meist allein an einem Tisch. Das Essen bietet in seiner Einseitigkeit wenig Grund für eine Unterhaltung und die wenigsten erleben etwas Außergewöhnliches in ihrer freien Zeit, worüber es sich zu reden lohnte. Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.
-> Dieser Einschub trägt zur allgemeinen Emotion der Geschichte bei - aber ich würde ihn vielleicht früher setzen. An der Stelle, wo er gerade steht durchbricht er meinem Empfinden nach den Klimax der Geschichte.
Vielleicht war das auch von dir gewollt, allerdings würde ich sagen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ausreichend deutlich ist, warum für ihn das "Schweigen" an sich so "natürlich" geworden ist.

Sie trägt ein rotes Kleid und ihr langes Haar ist oberhalb der Ohren zu Zöpfen gebunden
-> Die Matrix entbietet ihre Grüße? ;) Wer den Film kennt, dem mutet das eventuell als zu plakativ an, aber natürlich kennt nicht jeder Matrix. Oder ist es sogar eine Anspielung?

Plötzlich nimmt die Kleine die Maske vom Gesicht ab. Erschrocken fällt er auf die Knie und stützt sich mit den Händen auf den Granitplatten ab.
-> wenn er vor Schreck fällt, also quasi als Zurückzucken oder Zurückschrecken, würde ich sagen, er fällt eher auf den „verlängerten Rücken“, oder?

Sie steht jedoch ruhig vor ihm und wehrt ihn mit einer flüchtigen Handbewegung ab.
-> Das lässt mich kurz innehalten. Hier würde ich vorschlagen, genauer zu beschreiben, dass sie ihre Hand einfach nur auf seine legt und er dadurch innehält (so stelle ich es mir nun vor). Das „Abwehren“ klingt eher als hätte sie die physische Kraft dazu und sie hat ja nur die psychologische.

Er ist kalt und die Kleine rührt sich nicht, formt nur immer wieder dasselbe Wort mit ihren Lippen. 'Papa'.
-> Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich vielleicht etwas übersehen habe, aber hier scheint mir die Interpretation sehr offen, nicht wahr? Ob er wirklich der Vater ist, ob der Stein für den Vater steht oder etwas ganz anderes…
Finde ich sehr gut! Ich mag gerade dieses Gefühl, dass man unsicher (wie der Protagonist) verharrt. Das wird hier gut ausgedrückt.


Mir gefällt die Geschichte. Du baust glaubwürdig eine klinische Situation auf, die zugegebenermaßen Anleihen aus der Realität aufgreift und überzeichnet, anstatt vollkommen überraschend zu sein. Dieser Moment wird aber von einer plötzlichen Konfrontation durchbrochen. Zur Erklärung dienen lediglich einige Andeutungen, die einen selbst ratlos zurücklassen. Die Konfrontation an sich ist glaubwürdig, schließlich wird mit den Erwartungen der aufgebauten Welt gebrochen.

So, ich hoffe, ich konnte die wichtigsten Punkte benennen und dabei etwas "Hilfreiches" produzieren!


Liebe Grüße,
Vulkangestein

PS.:

Hej Eisenmann,Aber damit du nicht nochmal lesen musst: dieser weg an diesem unheilschwangeren Tag zur Arbeit setzt vom ersten Moment an, allerhand in meinem armen Helden frei. Es gibt stetige Hinweise und Visionen, die am Ende auf eine imaginäre Begegnung mit seiner toten Tochter hinauslaufen.

Ok, das habe ich gerade erst gelesen. Die Idee finde ich sehr gut, allerdings bräuchte zumindest ich noch mehr Informationen im Text, um selbst auf diesen Gedanken zu kommen. Eine vage Andeutung an die persönliche Vergangenheit o.Ä.
Allerdings sage ich weiterhin, dass es interessant ist, wenn es einfach offen für Interpretationen bleibt.

 

Hoppla, wo beginnt Himmel, wo Hölle - und wo sind wir armen Seelen dazwischen?

Ein schnörkellos schwermütiger Text in einer sich aufgeklärt wähnenden Welt, in der Anträge auf Bezugsscheine zum Erhalt von Jodtabletten eher als bösartige Satire denn gutgemeinte Schutzmaßnahme gegen Strahlungsfolgen anzusehen sind, da kann einem schon die schwarze Galle ins Blut überlaufen,

liebe Kanji,

und man stelle sich Dürers "Melancolia" und Kellers Verse darauf "Sei mir gegrüßt, Melancholie ..." als Maskerade vor!

Aber wo fängt der Himmel an?

Schon die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Himmel" ist so klar nicht. Selbst anderthalb Jahrhunderte nach den Grimm Brs. Der Stamm "him" unterscheidet sich vom frühesten schriftlichen Zeugnis germanistischer Zunge, dem Gotischen ("himins"), dem Altnordischen ("himinn"), Altsächsisch ("himil") und -friesisch ("himul") usw. nur durchs Suffix, bis im Altsächsischen und Angelsächsischen eine Änderung eintritt, alts. hean, niederd. heben, ags. heofon, engl. heaven - nahe (bis zur Identität) des Verbs "heben", aber die Wurzel kreist nun um hab-, heb-, halten. Der Himmel "hält", "umschließt" nun die Erde und ist nun ein "Dach" der Welt oder zumindest eine "Decke", schwäbische Zungen bringen es dann im "hemmel" dahin, wo ich es sehe:

Im letzten Hemd, das uns ggfs. die Atommächte verweigern wie Energiebetreiber, deren Macht sich schon allein durch unsern Hunger nach Energie - und sei's durch scheinbar saubere E-Motoren -
begründen lässt.

War nicht schon in "wenn die Gondeln Trauer tragen" auf dem späteren "Shining"-Tripp ein Kind eingebunden?

Sicherlich nicht der letzte Besuch ... Gut Nacht und bis bald

Friedel

 

Hej Anne49,

wie nett, dass du diese Geschichte gelesen hast, zumal du selbst gerade mit einer fröhlichen Einstellung aktiv bist.

mit Fantasy+Seltsam kann man mich normalerweise nicht so locken.

Das geht mir nicht anders, aber es gibt wohl keinen geeigneteren tag. Ein Risiko, Leser abzuschrecken ...

Da wunder ich mich gleich im ersten Satz. Normalerweise sind Tabletten doch immer in diesen Plastikdispensern

Das hat Vulkangestein auch in seinem Kommentar angemerkt. Möglicherweise verlange ich an dieser Stelle zu viel. Diese Insel ist ein Relikt und der Verfall ist unausweichlich, Menschen sterben dort, ziehen ab, leben allein. Früher oder später wird sie unbewohnt sein. Die tatsächliche Hightech-Gegenwart befindet sich auf dem Festland. Das muss man aufgrund meiner Andeutungen nicht so sehen. Schon klar. Aber sowohl das Holzkästchen als auch der abgeblätterte Zaun sollen dafür stehen und für das traditionelle Festhalten von Bewährtem.

Der Wochentag stimmt für 2011, dem Tag der Fukushima-Katastrophe, dann wieder für 2016 ... Aber das, was du beschreibst, das ist wohl die nächste Nuklearkatastrophe in Japan. Wo die Plattentektonik denkbar ungünstig ist, und trotzdem machen die da so weiter.

Es ist der Jahrestag X, der auch diese Begebenheit hervorruft.

Ich würd ja erwarten, dass die Mutter die Kleine nicht mit beiden Händen hinter sich herzieht. Also warum dann nicht "die sie an der Hand hinter sich herzieht"? Würde für mich natürlicher klingen.

Natürlich. Du hast völlig recht. Das ändere ich gerne.

Ob sie ihn nicht doch vermissen? Ich weiß, du willst loswerden, dass es keinen Sportunterricht mehr gibt. Aber ich denke, sie vermissen ihn. Ich fänds ohne das "nicht" besser.

Hier habe ich etwas anders gedacht. :shy: Ich wollte zeigen, dass sich manches nicht ändert. Heranwachsende zum Beispiel. Diese hier kennen nichts anderes und sie benehmen sich, wie sie es zu allem Zeiten getan haben: sie lehnen dies und das ab, sind albern und hoffnungsvoll.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Er ist spricht nicht gerne, wenn er die Maske ausgesetzt hat, überhaupt spricht er sehr wenig.

Ich nehm an, du meinst aufgesetzt, mit F.


Ja, klar. Danke.

Nicht direkt falsch. Aber das "beider Augen" klingt für mich etwas spröde. "Die Augen der beiden" vielleicht

Ach, es klingt aber so schön dramatisch/I]. ;)

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Ihre Lippen formen ein Wort. Er kann sie nicht hören.

Er hat was mit den Ohren, darauf reitest du ja ziemlich rum.


Naja, er ist sehr überladen und sensibilisiert, vor allem nach innen. Und in diesem Fall formt das Kind auch nur ein Wort mit den Lippen. Sie kann nicht reden.

Jetzt hab ich einen Kloß im Hals. Seufz.

Da ging wohl etwas die Dramakönigin mit mir durch.

Dankeschön für die Geschichte!

Ich danke dir für dein mitfühlende Lesen und Kommentieren und ein lieber Gruß, Kanji


Hej Vulkangestein und herzlich willkommen,

ich freue mich, dass du dir Zeit für dieses Szenario genommen hast.

ich bin etwas aus der Routine, anderen Ratschläge zu geben (und neu hier auf der Seite). Aber vielleicht sind ja ein paar meiner Eindrücke zu deinem Text hilfreich für dich.

Umso schöner, dass du es dennoch tust. Ich bin sicher, es wird hilfreich sein.

-> In dieser dystopischen Welt erwarte ich keine Holzkästchen. Holz wird ja durchaus auch später im Andenken an die Vergangenheit benutzt und spiegelt generell etwas Lebendiges dar – im Gegensatz zum Rest von dieser Zukunftsversion. Ich bin zumindest über das „Holzkästchen“ gestolpert und würde eher zu einer „Plastikschachtel“ oder dergleichen raten.

Wie ich bereits im Kommentar für Anne49 erwähnt habe, stelle ich mir diese Insel als vergessenen Kontrast zum dystopischen Festland. Hier hält man an letzten Relikten fest.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Man hat sich eingerichtet und folgt den Regeln, entstanden als Reaktion auf die verheerende Flutkatastrophe, in Kraft getreten, als Menschen versagten und nichts mehr war wie vorher. Und genau diese Menschen erstellten dann wiederum diese Regeln, damit es sich weitermachen ließ.

-> Das finde ich komplizierter geschrieben, als es sein müsste. Mein Vorschlag wäre, den Satz chronologisch aufzubauen, also dass auch in der Satzstruktur zuerst die Flutkatastrophe kommt und danach das menschliche Versagen, danach die Entscheidungen etc.


Ohja, das war ein ganz schönes Gepfriemel und am Ende eben doch zu kompliziert. Mit deinem Hinweis, es chronologisch zu versuchen, werde ich mich noch einmal auseinandersetzen. Danke.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Seine Arbeit verrichtet er still und während der Mittagszeit sitzt er meist allein an einem Tisch. Das Essen bietet in seiner Einseitigkeit wenig Grund für eine Unterhaltung und die wenigsten erleben etwas Außergewöhnliches in ihrer freien Zeit, worüber es sich zu reden lohnte. Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.

-> Dieser Einschub trägt zur allgemeinen Emotion der Geschichte bei - aber ich würde ihn vielleicht früher setzen. An der Stelle, wo er gerade steht durchbricht er meinem Empfinden nach den Klimax der Geschichte.
Vielleicht war das auch von dir gewollt, allerdings würde ich sagen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ausreichend deutlich ist, warum für ihn das "Schweigen" an sich so "natürlich" geworden ist.


Sicher. Auch dieser Hinweis ist überdenkenswert. Möglicherweise ist es wirklich besser, ihn an anderer Stelle zu platzieren. Ich werde es bearbeiten.

> Die Matrix entbietet ihre Grüße? Wer den Film kennt, dem mutet das eventuell als zu plakativ an, aber natürlich kennt nicht jeder Matrix. Oder ist es sogar eine Anspielung?

Erst Schindlers Liste jetzt Matrix - ich kenne beide Filme und weiß der Fuchs, welche Bilder mir da im Hinterhirn umherspukten. Kann ja gut sein, oder? Eine bewusste Anspielung war es aber nicht.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Plötzlich nimmt die Kleine die Maske vom Gesicht ab. Erschrocken fällt er auf die Knie und stützt sich mit den Händen auf den Granitplatten ab.

-> wenn er vor Schreck fällt, also quasi als Zurückzucken oder Zurückschrecken, würde ich sagen, er fällt eher auf den „verlängerten Rücken“, oder?


Mir schwebte eine andere Reaktion vor. Er hockt seitlich zu ihr. In aller Ruhe. Sie zieht die Maske ab. Sein erster Impuls ist, sie daran zu hindern und so fällt er nicht vor Schreck um, sondern aus Hast vornüber.

Zitat Zitat von Kanji Beitrag anzeigen
Sie steht jedoch ruhig vor ihm und wehrt ihn mit einer flüchtigen Handbewegung ab.

-> Das lässt mich kurz innehalten. Hier würde ich vorschlagen, genauer zu beschreiben, dass sie ihre Hand einfach nur auf seine legt und er dadurch innehält (so stelle ich es mir nun vor). Das „Abwehren“ klingt eher als hätte sie die physische Kraft dazu und sie hat ja nur die psychologische.


Das formulierst du aber nett. Du bist also nicht aus dem Leserhythmus rausgeflogen.;)
Ich habe versucht, bei jedem Blick auf das Kind eine surreale Situation zu zeigen, sei es, dass sie starr und unbeweglich ist oder aber wie in Zeitlupe (Sie dreht den Kopf, wobei ihre Zöpfe sehr langsam um die weiße Maske fliegen, wie schwarze Algen um einen Stein im flachen Wasser.)
So auch hier. Sie agiert nicht im realen Tempo, ist ja nicht existent.

> Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich vielleicht etwas übersehen habe, aber hier scheint mir die Interpretation sehr offen, nicht wahr? Ob er wirklich der Vater ist, ob der Stein für den Vater steht oder etwas ganz anderes…
Finde ich sehr gut! Ich mag gerade dieses Gefühl, dass man unsicher (wie der Protagonist) verharrt. Das wird hier gut ausgedrückt.

Es ist eine fiktive, teils surreale Geschichte und es ist (mir) nicht möglich, genau aufzuzeigen, was wirklich ist, was sein könnte und was nicht. Und deswegen muss Vieles angedeutet bleiben und Raum lassen.

Mir gefällt die Geschichte. Du baust glaubwürdig eine klinische Situation auf, die zugegebenermaßen Anleihen aus der Realität aufgreift und überzeichnet, anstatt vollkommen überraschend zu sein. Dieser Moment wird aber von einer plötzlichen Konfrontation durchbrochen. Zur Erklärung dienen lediglich einige Andeutungen, die einen selbst ratlos zurücklassen. Die Konfrontation an sich ist glaubwürdig, schließlich wird mit den Erwartungen der aufgebauten Welt gebrochen.

Aus diesem Gedanken, die Realität in ihrer Abstraktion aufzugreifen und zu überzeichnen, anstelle eine utopischere zu erschaffen (könnt' ich gar nicht :shy:), ist diese Geschichte auch entstanden.
Es ist dann umso schöner für mich, dass sie genau so bei dir angekommen ist.

Vielen Dank für deinen hilfreichen und freundlichen Kommentar.

Freundlicher Gruß, Kanji


Lieber Friedrichard, Friedel,

ich freu' mich so, dass du hergefunden hast.

Hoppla, wo beginnt Himmel, wo Hölle - und wo sind wir armen Seelen dazwischen?

Das frag' ich mich von Zeit zu Zeit.

Ein schnörkellos schwermütiger Text in einer sich aufgeklärt wähnenden Welt, in der Anträge auf Bezugsscheine zum Erhalt von Jodtabletten eher als bösartige Satire denn gutgemeinte Schutzmaßnahme gegen Strahlungsfolgen anzusehen sind, da kann einem schon die schwarze Galle ins Blut überlaufen,

... oder angst und bange werden.

und man stelle sich Dürers "Melancolia" und Kellers Verse darauf "Sei mir gegrüßt, Melancholie ..." als Maskerade vor!

... Im Kopf das Klavierkonzert von Rachmaninov Prelude Op 3 No. 2 oder gleich die ganze symphonische Dichtung Die Todesinsel.

Im letzten Hemd, das uns ggfs. die Atommächte verweigern wie Energiebetreiber, deren Macht sich schon allein durch unsern Hunger nach Energie - und sei's durch scheinbar saubere E-Motoren -
begründen lässt.

Die Fähre fährt elektrisch. ;)

War nicht schon in "wenn die Gondeln Trauer tragen" auf dem späteren "Shining"-Tripp ein Kind eingebunden?

Und nun auch noch das dritte filmische Bild. Obwohl das wohl ganz tief in den hintersten Ecken stecken wird.

Dank für deinen späten Besuch und bis bald.

Freundlicher Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Er fingert die Tablette aus dem Holzkästchen, schluckt sie ohne Wasser, setzt die Schutzmaske vor das Gesicht und schiebt die Tür auf.
Es ist Freitag, der 11. März.
Die Luft auf seiner Stirn fühlt sich weder kalt noch warm an. Sie kommt nie als Windstoß oder Bö. Sie steht jeden Morgen als eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus.

Guter Einstieg, der hält mich fest, da will ich wissen, was da abgeht. Allerdings würde mir das Fette
reichen.

Liebe Kanji,

bevor ich dir in meiner KG antworte, ist es mir wichtig, dir wenigstens meinen Leseeindruck zu hinterlassen. Hab dir ja schon mal erklärt, dass ich Schwierigkeiten mit der Vorstellung habe, ich könnte übermäßig in deiner Schuld stehen.

Zunächst fällt mir auf:
Du hast viele gleiche Satzkonstruktionen, die aufeinanderfolgen, bewusst oder unbewusst eingesetzt. Sie geben dem ersten Textabschnitt eine besondere Schwingung, eine Art Wellenbewegung.

Die Luft auf seiner Stirn fühlt sich weder kalt noch warm an.
Sie kommt nicht als Windstoß oder Bö.
Sie steht jeden Morgen wie eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus.
Die milchig graue Wolkenschicht weckt in ihm den Gedanken an Regen.
Merkst du das?

Nur hier bei diesem Hauptsatz-Nebensatz-Monster hast du es zu gut gemeint:

Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte, weil er einen Umweg am Strand entlang machte.
Ich lese: Der hellblau Himmel glitzerte, weil der Junge einen Umweg am Strand entlang machte.

Wieder die Wiederholung der Satzmelodie, so wie ein Wiegenlied.

Die schönsten schenkte er seiner Schwester, die er in den Kindergarten begleitete.
Vor dem abgeblätterten Zaun, den sein Vater zuletzt gestrichen hatte, ….
Das Kind trägt die Haare zu kurzen Zöpfen, die straff hinter den Ohren gebunden im Takt der Schritte wippen.
... um dem Tempo der Mutter zu folgen, die sie an einer Hand hinter sich herzieht.

Schöne Beobachtung, ja das kannst du gut, solche Nebensächlichkeiten einflechten.
Er erinnert sich, dass seine Klassenkameradinnen früher beim Lachen die Hände vor den Mund hielten und verschämt die Schultern zu den Ohren zogen.

Er hört das Wasser, das während der Fahrt vom Bug verdrängt wird und an die Außenwand der Fähre spritzt. Keinen Wind und keine Vögel, keine Fahrgeräusche. Wenn er die Augen schließt, ist es ihm an manchem Tag möglich, Möwengeschrei und das Tuckern des Motors zu hören, auf der Fahrt im Holzboot mit dem Vater zum Fischen aufs Meer.
Immer wieder die Gegenüberstellung von damals und heute, er trauert um die verlorene Welt


Ein kleines Mädchen sitzt ihm schräg gegenüber, als er die Augen öffnet. Er hat es erst in diesem Moment bemerkt.
Im Nachhinein weiß ich natürlich, das ist der erste Hinweis darauf, das Kind existiert nicht
Sie trägt ein rotes Kleid und …
Und es ist die Farbe rot, die mir eindeutig signalisiert, dass etwas Ungewöhnliches passieren wird, sie ist wie ein Fremdkörper in diesem Einheitsbrei aus Tristesse.
diese Formulierung hat sich schließlich bei mir festgehakt:
Die Kleidung der Bewohner ähnelt sich in ihrer Farblosigkeit und Form und die Gesichter kann er aufgrund der Schutzmasken sowieso nicht erkennen.
Natürlich setzt die auffallende Farbe bei jedem von uns andere Bilder frei, es tauchen Filmszenen vor unserem geistigen Auge auf, die uns beeindruckt haben. Bei mir ist es: Flatliners - heute ist ein schöner Tag zum Sterben. Da werden die Medizinstudenten auch von unheimlichen Visionen heimgesucht, unter anderem von einem Teenager in roter Kapuzenjacke.
Und es scheint auch an dieser Assoziation zu liegen, dass es mich nicht verwundert, dein Prot bekommt Besuch von seiner toten Tochter, die ihm den gemeinsam gefundenen Stein überreicht.
Er ist kalt und die Kleine rührt sich nicht, formt nur immer wieder dasselbe Wort mit ihren Lippen. 'Papa'.
Diese Begegnung könnte man als unbewusste Todessehnsucht des Vaters auslegen und den schwarzen Stein schlechthin als Symbol für den Tod. Könnte man.

Dafür bleiben auch bei mir ein paar Fragezeichen:
Wieso kein Sport, wird dadurch zuviel Sauerstoff verbraucht?
Warum ist es immer windstill, das Meer spiegelglatt?
Die Luft ist radioaktiv verseucht, bietet der einfache Mundschutz ausreichend Sicherheit?

Nun noch ein paar Formulierungen, die mich irritieren, sind nur Stellvertreter:

Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.
das Fette ergibt für mich keinen Sinn

Sie steht jedoch ruhig vor ihm und wehrt ihn mit einer flüchtigen Handbewegung ab. Wie in Zeitlupe hebt sie den Arm und schiebt seine Hand mit der Maske zur Seite.
flüchtig stört mich hier, weil es Schnelligkeit suggeriert, gegensätzliche Aussagen

Er hebt einen Finger und fühlt zitternd auf den Rand der Wunde.
warum nicht
Zitternd berührt er die Wunde/ den Wundrand? oder
Mit einem zitternden Finger fährt er über die Wunde?
Nur so als Gedanke. Du hast ja schon sehr viele ähnliche Anregungen bekommen.

Dir gelingt es sehr gut, die Atmosphäre dieser unwirtlichen, lebensbedrohlichen Welt zu zeichnen. Streckenweise sind mir die Beschreibungen der Wege, der Menschen und ihrer Kleidung zu ausführlich und zu umständlich, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack.
Andererseits denke ich nämlich auch, es ist richtig, dass du dir viel Zeit nimmst, um Atmosphäre zu schaffen, die du für deine Geschichte auch brauchst, um dieses Unwirkliche, die Begegnung Vater-Tochter vorzubereiten und dem Leser nahe zu bringen.

Deine ruhige, bescheiden Art zu erzählen, erscheint mir wie ein Stilmittel, um einen Bogen schlagen zu können zur asiatischen Kultur, den stillen Menschen, ihrer devoten Haltung, ihrer Schicksalsergebenheit.

Liebe Kanji, auch wenn es in meinem Komm etwas bunt zugeht, grau, schwarz, rot sozusagen, so wünsche ich doch, dass du etwas damit anfangen kannst.

Liebe Grüße,
peregrina

Herrgott bin ich zerstreut! Keine Phrase: Ich hab die Geschichte gerne gelesen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Kanji,

ein sehr eindrucksvoller Text über das Leben nach einer Katastrophe. Menschen haben sich darin eingerichtet, man geht zur Arbeit, es gibt sogar kichernde Mädchen, die den Einschränkungen etwas abgewinnen können, zum Beispiel

Die Gesichtsmasken sind mit glitzernden Steinen in rosa und Silber verziert, die seitlichen Filter sind pink oder goldfarben, eine von ihnen hat mit einem goldenen Stift einen Blitz unter das Auge auf den Kunststoff gezeichnet.

oder

... sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen ...

Und doch lastet auf allem eine bleierne Stille, auf der Natur ebenso wie auf den Menschen, vor allem auf denen, die Verwandte und Freunde verloren haben. Es ist, als ob sich die Menschen damit abgefunden hätten, dass die Welt nicht zu retten sei. Korea ist ganz nahe.

Auch ohne deine Erklärungen habe ich die Figur des kleinen Mädchens als Tagtraum interpretiert. Sehr deutlich sind für mich die Hinweise, worin sich Trauer und Sehnsucht des Protas nach seinem verlorenen Kind manifestieren.

Sehr geschickt finde ich Symbole vergangener Katastrophen platziert, das Mädchen im roten Mantel (Krieg, Holocaust), die bunte Wandmalerei (Guernica, Krieg, Bombenhagel), die frische Narbe am Hals des Mädchens (Fukushima).

Wie immer zeige sich deine Begabung, dichte Atmosphäre zu erzeugen, die Gefühlswelt der Protagonisten zu transportieren und den Leser Anteil nehmen zu lassen.

Der Text ist melancholisch, aber es freut mich sehr, dass er dein Können zeigen kann.

Herzlichst
wieselmaus

 

Hej peregrina,

wie gut, dich hier zu treffen, damit du mir deinen Eindruck mitteilen kannst.

Guter Einstieg, der hält mich fest, da will ich wissen, was da abgeht. Allerdings würde mir das Fette reichen

Gut zu wissen, liegt mir nicht im "Blut" schon zu Anfang Aufmerksamkeit zu erregen.
Was deine Anregung zu streichen anbetrifft, habe ich mich bislang von zwei Wörtern getrennt, als Datum "muss" bleiben und um den Zusatz des Empfindens denke ich noch einmal nach.

bevor ich dir in meiner KG antworte, ist es mir wichtig, dir wenigstens meinen Leseeindruck zu hinterlassen. Hab dir ja schon mal erklärt, dass ich Schwierigkeiten mit der Vorstellung habe, ich könnte übermäßig in deiner Schuld stehen.

Ich erinnere mich daran, von Schuld sollte nun aber wirklich keine Rede sein, liebe peregrina.

Du hast viele gleiche Satzkonstruktionen, die aufeinanderfolgen, bewusst oder unbewusst eingesetzt. Sie geben dem ersten Textabschnitt eine besondere Schwingung, eine Art Wellenbewegung.

Die Luft auf seiner Stirn fühlt sich weder kalt noch warm an.
Sie kommt nicht als Windstoß oder Bö.
Sie steht jeden Morgen wie eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus.
Die milchig graue Wolkenschicht weckt in ihm den Gedanken an Regen.

Merkst du das?


Wie nett du mich darauf hinweist. :) dass diese Konstruktion derart auf dich wirkt, passt mir sehr gut. Wasser ist natürlich eine starke Metapher in dieser Geschichte. Steht es doch, gerade in Asien für eine Kraft, die spirituell gesehen den Weg zu suchen hilft. Es ist entweder als Widerstand oder als Verschmelzung zu betrachten. Aber auch Symbol des menschlichen Bewusstseins. Ein spiegelglattes Gewässer steht für Emotionslosigkeit ... aber das geht wohl unnötig tief. :shy:

Nur hier bei diesem Hauptsatz-Nebensatz-Monster hast du es zu gut gemeint:

Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte, weil er einen Umweg am Strand entlang machte.

Ich lese: Der hellblau Himmel glitzerte, weil der Junge einen Umweg am Strand entlang machte.


Du bist sparsam. Bei mir glitzert's und und flirrt's. Nimm, was du brauchst. ;)

Wieder die Wiederholung der Satzmelodie, so wie ein Wiegenlied.

Das passt auch sehr schön. Wie wunderbar.

Immer wieder die Gegenüberstellung von damals und heute, er trauert um die verlorene Welt

Das ist am diesem Tag X so. Er besinnt sich bei jeder Gelegenheit, was er persönlich verloren hat.

Und es ist die Farbe rot, die mir eindeutig signalisiert, dass etwas Ungewöhnliches passieren wird, sie ist wie ein Fremdkörper in diesem Einheitsbrei aus Tristesse.
diese Formulierung hat sich schließlich bei mir festgehakt:

Die Kleidung der Bewohner ähnelt sich in ihrer Farblosigkeit und Form und die Gesichter kann er aufgrund der Schutzmasken sowieso nicht erkennen.


Das ist gut, oder? Dass du dich im Nachhinein erinnerst?

Natürlich setzt die auffallende Farbe bei jedem von uns andere Bilder frei, es tauchen Filmszenen vor unserem geistigen Auge auf, die uns beeindruckt haben. Bei mir ist es: Flatliners - heute ist ein schöner Tag zum Sterben. Da werden die Medizinstudenten auch von unheimlichen Visionen heimgesucht, unter anderem von einem Teenager in roter Kapuzenjacke.
Und es scheint auch an dieser Assoziation zu liegen, dass es mich nicht verwundert, dein Prot bekommt Besuch von seiner toten Tochter, die ihm den gemeinsam gefundenen Stein überreicht.

Verstehe. Diesen Film kenne ich jetzt echt nicht. Ich schwör'.
Aber in solchen Fällen geht eben einfach nur rot. Ich habe viele Farben, auch nach ihrer symbolischen Kraft, ausprobiert. Nix zu machen. Und du siehst ja selbst, wofür es gut war.

Diese Begegnung könnte man als unbewusste Todessehnsucht des Vaters auslegen und den schwarzen Stein schlechthin als Symbol für den Tod. Könnte man.

Absolut kann man das so sehen. Darf man auch.

Dafür bleiben auch bei mir ein paar Fragezeichen:
Wieso kein Sport, wird dadurch zuviel Sauerstoff verbraucht?
Warum ist es immer windstill, das Meer spiegelglatt?
Die Luft ist radioaktiv verseucht, bietet der einfache Mundschutz ausreichend Sicherheit?

Klar, als neugieriger, aufgeklärter Mensch will man all das wissen. Ich spiele aber. Ich weiß es selbst nicht. Ich will es einfach so, muss es genauso hinnehmen wie mein armer Held und seine Inselbewohner.

Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.

das Fette ergibt für mich keinen Sinn

Das ist nicht so schön. Mir kam in den Sinn, dass nicht nur aufgrund der Katastrophe in der Flut und an den Folgen der Katastrophe gestorben wurde, sondern eben auch in vermeintlicher Sicherheit, durch Freitod beispielsweise. Sollte ich das wirklich betonen? Ich wollte nicht moralisieren. :hmm:

Sie steht jedoch ruhig vor ihm und wehrt ihn mit einer flüchtigen Handbewegung ab. Wie in Zeitlupe hebt sie den Arm und schiebt seine Hand mit der Maske zur Seite.

flüchtig stört mich hier, weil es Schnelligkeit suggeriert, gegensätzliche Aussagen


Das ist wohl wahr. Ändere ich gern.

Er hebt einen Finger und fühlt zitternd auf den Rand der Wunde.

warum nicht
Zitternd berührt er die Wunde/ den Wundrand? oder
Mit einem zitternden Finger fährt er über die Wunde?
Nur so als Gedanke. Du hast ja schon sehr viele ähnliche Anregungen bekommen.


Ja, warum eigentlich nicht? Er war wohl zu zaghaft. Ich lass ihn die ganze verdammte Wunde berühren.

Dir gelingt es sehr gut, die Atmosphäre dieser unwirtlichen, lebensbedrohlichen Welt zu zeichnen. Streckenweise sind mir die Beschreibungen der Wege, der Menschen und ihrer Kleidung zu ausführlich und zu umständlich, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack.
Andererseits denke ich nämlich auch, es ist richtig, dass du dir viel Zeit nimmst, um Atmosphäre zu schaffen, die du für deine Geschichte auch brauchst, um dieses Unwirkliche, die Begegnung Vater-Tochter vorzubereiten und dem Leser nahe zu bringen.

Ich wundere mich schon, dass sie am Ende so kurz geworden ist, wo ich doch so unendlich viele Gedanken und Gefühle und Bilder und Worte reingesteckt habe. ;) Viel weniger wäre unmöglich.

Deine ruhige, bescheiden Art zu erzählen, erscheint mir wie ein Stilmittel, um einen Bogen schlagen zu können zur asiatischen Kultur, den stillen Menschen, ihrer devoten Haltung, ihrer Schicksalsergebenheit.

Ja, scheint so.

Liebe Kanji, auch wenn es in meinem Komm etwas bunt zugeht, grau, schwarz, rot sozusagen, so wünsche ich doch, dass du etwas damit anfangen kannst. Herrgott bin ich zerstreut! Keine Phrase: Ich hab die Geschichte gerne gelesen.

Scheinbar wirkt die düstere Atmosphäre noch nach. ;) Und wenn du sagst, du hast sie gerne gelesen, dann nehme ich dir das ohne wenn und aber ab!

Vielen lieben Dank für Deinen Besuch und die nachhaltigen Gedanken, Kanji


Hej, liebe wieselmaus,

da bin ich aber froh, dich hier zu treffen, damit wir uns kurz austauschen können.

ein sehr eindrucksvoller Text über das Leben nach einer Katastrophe. Menschen haben sich darin eingerichtet, man geht zur Arbeit, es gibt sogar kichernde Mädchen, die den Einschränkungen etwas abgewinnen können, zum Beispiel

Die Gesichtsmasken sind mit glitzernden Steinen in rosa und Silber verziert, die seitlichen Filter sind pink oder goldfarben, eine von ihnen hat mit einem goldenen Stift einen Blitz unter das Auge auf den Kunststoff gezeichnet.

oder

... sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen ...


Ich könnte mir gut vorstellen, dass Menschen, eben alle Lebenwesen, sich einrichten, weitermachen. Was denn auch sonst. Sicher könnte es auch Krawallundremmidemmi geben, aber diese Geschichten müssen andere schreiben. :lol: Du siehst es, wenn ich das schräg gelegte nicht richtig deute, wie ich , dass Mädchen so reagieren würden? Das würde mich freuen. Du weißt, wie schnell ich zu verunsichern bin.

Und doch lastet auf allem eine bleierne Stille, auf der Natur ebenso wie auf den Menschen, vor allem auf denen, die Verwandte und Freunde verloren haben. Es ist, als ob sich die Menschen damit abgefunden hätten, dass die Welt nicht zu retten sei. Korea ist ganz nahe.

Wie gut, dass es funktioniert. Ich hatte keine Ahnung, ob meine Worte reichen würden, genau diese Stille zu transportieren.

Auch ohne deine Erklärungen habe ich die Figur des kleinen Mädchens als Tagtraum interpretiert. Sehr deutlich sind für mich die Hinweise, worin sich Trauer und Sehnsucht des Protas nach seinem verlorenen Kind manifestieren.

Wie glücklich mich das macht ...

Sehr geschickt finde ich Symbole vergangener Katastrophen platziert, das Mädchen im roten Mantel (Krieg, Holocaust), die bunte Wandmalerei (Guernica, Krieg, Bombenhagel), die frische Narbe am Hals des Mädchens (Fukushima).

Das war nicht eruiert. Vermutlich "intuitiv" darauf zurückgegriffen. Bilder und Malerei kommen sowieso immer wieder in kennen Geschichten vor, quasi von ganz allein.

Wie immer zeige sich deine Begabung, dichte Atmosphäre zu erzeugen, die Gefühlswelt der Protagonisten zu transportieren und den Leser Anteil nehmen zu lassen.

Der Text ist melancholisch, aber es freut mich sehr, dass er dein Können zeigen kann.


Achgottchen wieselmaus, das freut mich aber mal so richtig. Du bist nie zimperlich mit Lob. Vielen Dank. :shy:

Lieber Gruß, Kanji

 

Liebe Kanji,

es wurde schon viel gesagt über deine Geschichte und ich bin ein wenig spät ... Habe die Kommentare nur überflogen.

Es ist Freitag, der 11. März.
So, mittendrin, wirkt dieser Satz etwas „störend“, zusammenhangslos. Warum ihn nicht ganz am Anfang bringen oder so nebenbei?
Und: Der Tag des Unglückes kann es ja nicht sein, eher ein paar Jahre später … Warum dann ausgerechnet der 11.03.?

Sie kommt nie als Windstoß.
Sie steht jeden Morgen als eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus.
Die beiden „Sie“-Anfänge nacheinander könnte man gut umgehen, indem man z.B. schreibt:
Sie kommt nie als Windstoß, steht jeden Morgen als eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus.

Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte,
Hier hatte ich gedacht, er sei noch immer ein Schuljunge …

Er selbst kauft der Einfachheit halber zweimal im Jahr seine Kleidung in vierfacher Ausführung. Hemden, Pullover, Hosen, Sakkos.
… um hier zu sehen, dass er doch schon etwas älter sein muss.
So kann man sich täuschen.

kaum jemand spricht oder telefoniert, denn das hat sich als umständlich erwiesen.
Das verstehe ich nicht. Es ist zu umständlich, zu telefonieren? Es ist doch vielmehr unmöglich mit den Masken.

denn sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen, seit keiner mehr an Schulen unterrichtet werden darf.
Auch kein Hallensport? Wieso nicht?

Er erinnert sich, dass seine Klassenkameradinnen früher beim Lachen die Hände vor den Mund hielten und verschämt die Schultern zu den Ohren zogen. Bei dem Gedanken daran lächelt er hinter seiner Maske und denkt an das Mädchen aus der Parallelklasse, dem er jeden Tag eine Muschel schenkte, nur damit sie ihn anlächelte.
Er sieht Schulmädchen lächeln und erinnert sich an ein Mädchen aus seiner Parallelklasse. Für mich klingt das, als sei er Single, denn sonst würde er sich ja an seine Freundin/Frau oder an sein Kind erinnern. Später kommt ja M. in Erscheinung. Komischer Kauz :Pfeif:

Sie trägt ein rotes Kleid und ihr langes Haar ist oberhalb der Ohren zu Zöpfen gebunden, die von Bändern derselben Farbe gehalten werden. Sie dreht den Kopf, wobei ihre Zöpfe sehr langsam um die weiße Maske fliegen, wie schwarze Algen um einen Stein im flachen Wasser.

Sie trägt eine weiße Tasche mit einem Gurt quer über der Brust und sieht auf den leeren Sitz gegenüber.
Sie trägt … Sie dreht ... Sie trägt.
Außerdem sind mir das viel zu viele (unnütze) Details.

im Laden für Nahrungsmittel
(Hast du zweimal.) Ich finde diesen Begriff merkwürdig bzw. für meine Ohren fremd. Warum nicht einfach Supermarkt oder Lebensmittelgeschäft/laden?

Auf der Rollbahn, die die Fahrgäste vom Hafen in das Viertel mit den Hochhäusern bringt, steht etwas weiter vorne, mit dem Rücken zu ihm, die Kleine im roten Kleid.
Wie ich in einer Antwort von dir gelesen habe, solle das nur eine Einbildung sein. Dafür fehlt mir persönlich aber irgendetwas wie eine Andeutung.

"Sag, was machst du denn hier so alleine? Wo ist deine Mutter? Hm?"
Du hast überall diese merkwürdigen Gänsefüßchen (nur oben).

Er hat sich an das Schweigen gewöhnt. (ABSATZ)
Seine Arbeit verrichtet er still und während der Mittagszeit sitzt er meist allein an einem Tisch.
Hier wäre ein Absatz sinnvoll. Ich kam so ein wenig aus dem Lesefluss. Er ist doch jetzt nicht mehr an der Mauer, oder doch?

Plötzlich nimmt die Kleine die Maske vom Gesicht ab. Erschrocken fällt er auf die Knie und stützt sich mit den Händen auf den Granitplatten ab.
Er reagiert erschrocken und will ihr helfen, die Maske wieder aufzusetzen, aber vorher …
und selbst am Strand trägt sie die Maske nicht.
… hat er gar nicht reagiert bzw. sich gar nichts dabei gedacht.
Ich glaub, ich muss diese Stellen mehrmals lesen …

Er (ist) spricht nicht gerne, wenn er die Maske aufgesetzt hat,

Du hast die Atmosphäre und Stimmung gut eingefangen. Hat mir gefallen.
Ohne zu wissen, dass das Mädchen nur Einbildung ist, liest sich die Geschichte sicherlich ganz anders ... Viel Interpretationsraum auf jeden Fall.

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Tach, Herr Bas,

wie nett, dass du hereinschaust mit deinem geschulten Blick, um alles abzurunden.

Vielleicht spricht er aber auch zu leise oder sie, und er hört ihre Worte nicht, wenn sie so schnell an ihm vorbeihuscht.

Das könnte man vielleicht ein wenig umschreiben.


Sollte man?

ist es ihm nicht möglich mit Sicherheit zu sagen

Vielleicht ein Komma nach "möglich"?


Das fragst du gerade mich? :shy:

folgt den Regeln, entstanden als Reaktion darauf, als Menschen versagten und nichts mehr war wie vorher.

Vielleicht eher "dass Menschen versagten"? Klingt irgendwie holprig beim lesen


Holperte noch mehr beim Denken und Aufschreiben. Kann sein, dass er ganz fliegt.

in Blechdosen sprechen.

Vielleicht eher "durch Blechdosen"?


Hm. Vielleicht sollte ich einen ganz anderen Gegenstand wählen.

Die wenige, sichtbare Haut

Ich glaube, da müsste das Komma weg


Ok, wenn du es sagst mach' ich das.

Doppelter Sie-Satzanfang, vielleicht im zweiten einfach "Wahrscheinlich sind sie auf dem Weg zur Schule ..."

Sicher besser.

Ich hätte "an manchen Tagen" geschrieben, liest sich flüssiger. Und ich verstehe, worauf du hier hinauswillst, aber für meinen Geschmack liest sich das ein bisschen holprig, so, als würde etwas fehlen. Vielleicht lässt sich das ein bisschen verschönern - "Wenn er die Augen schließt fühlt es sich an manchen Tagen fast an wie damals, als er mit seinem Vater in dem kleinen Holzboot zum Fischen aufs Meer hinausfuhr. Fast glaubt er, das Tuckern des kleinen Motors zu hören, die Schreie der Möwen ..." - irgendwie so.

Das ist hübsch. Schenkst du ihn mir?

Vielleicht eher "wie jeden Tag in den letzten vier Monaten"? Wobei dann wieder das "ins Hospital" unschön klänge ...

Ich merk' schon, worauf das hinausläuft - ich denke ganz bestimmt drüber nach.

Er sieht sie an einem kleinen Tisch sitzen, malend und dabei hat sie den Kopf schief gelegt

Komma nach malend? n


Frag' mich das bitte nicht.

Grammatikding, da kenne ich mich nicht aus, aber müsste es nicht vielleicht "ums Leben gekommen waren" heißen? Und der Anhang "oder in den ersten Jahren in den Notunterkünften" wirkt tatsächlich wie ein Anhang - weißt du, was ich mein? Vielleicht lässt sich das besser im Satz verstricken.

Hörst du mich schwer aufatmen? Ich weiß genau, was du meinst und versuche zu verstricken.

Komma nach anmaßt

Jawohl, mein Meister!

Entweder "von Kunstobjekten aus Metall oder Stein gesäumt" oder "sind von Kunstobjekten gesäumt, aus Metall oder Stein, und ..."

Ich lass es mir im Hirn zergehen, versprochen.

Sie steht jedoch" ... Klingt ein wenig unrund. Vielleicht eher "Doch das Mädchen bleibt ruhig vor ihm stehen" oder so

... rund und rund ... Ich gehe in mich.

Vielleicht eher "die Augen der beiden"? Aber habe schon gelesen, dass dir das so gefällt ...

Es ist ja doch alles etwas abstrakt und so möchte ich nicht immer unbedingt eine Alltagssprache gebrauchen ...

Vielleicht eher "dass die Fingerknöchel weiß hervortreten"?

... und deswegen ist dein Vorschlag viel schöner.

"Gehen Sie bitte weiter Ihrer Wege"

Vielleicht einfach nur "Bitte gehen Sie weiter."


Es ist schon mehr "sein Weg", den er weitergehen muss. ;)

Aber behalte die Antwort am besten für dich.

Ich würde sie dir geben. :)

Sehr gerne gelesen, eine Stimmung wie dicker Nebel und irgendwo in der Ferne glaube ich ganz schwach ein Licht gesehen zu haben, das sich seinen Weg da durchbahnt.

Wirklich wunderbar, dass du trotz allem Licht siehst.

Danke für deine Zeit, Gedanken und dein Eintauchen in diesen Geschichte.

Kanji

Hej GoMusic,

Danke vorab, dass du mit klarem Blick auf dieses Szenarium blickst und mir Fragen stellst. Es fällt mir nicht leicht, darauf zu antworten, mich auf deine Höhe zustellen.

So, mittendrin, wirkt dieser Satz etwas „störend“, zusammenhangslos. Warum ihn nicht ganz am Anfang bringen oder so nebenbei?
Und: Der Tag des Unglückes kann es ja nicht sein, eher ein paar Jahre später … Warum dann ausgerechnet der 11.03.?

Mir war nicht klar, dass das Datum schon so bald mittendrin wirken könnte. Als "erster Satz" erschien es mir unpassend. Ich habe es so schnell angebracht, wie es mir möglich war.
Es ist tatsächlich nicht der Unglückstag. Es ist ein Jahrestag.

Die beiden „Sie“-Anfänge nacheinander könnte man gut umgehen, indem man z.B. schreibt:
Sie kommt nie als Windstoß, steht jeden Morgen als eine durchsichtige, unheilvolle Mauer vor seinem Haus.

Natürlich ist es so besser.

Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte,

Hier hatte ich gedacht, er sei noch immer ein Schuljunge …


Es ist doch nur eine Erinnerung. :hmm:

Das verstehe ich nicht. Es ist zu umständlich, zu telefonieren? Es ist doch vielmehr unmöglich mit den Masken.

Das werde ich dann noch verdeutlichen müssen.

Auch kein Hallensport? Wieso nicht?

Weil ... keine Ahnung ... ich das so will? :shy:

Er sieht Schulmädchen lächeln und erinnert sich an ein Mädchen aus seiner Parallelklasse. Für mich klingt das, als sei er Single, denn sonst würde er sich ja an seine Freundin/Frau oder an sein Kind erinnern. Später kommt ja M. in Erscheinung. Komischer Kauz

Kann es nicht sein, dass man sich für einen Moment an seine eigene Schulzeit erinnert und dann plötzlich sieht man sie wieder, die anderen, in die man verliebt war oder die man bewunderte?

Sie trägt … Sie dreht ... Sie trägt.
Außerdem sind mir das viel zu viele (unnütze) Details.

Mein Versuch, sie nicht wahrhaftig und lebendig zu zeigen. :shy:
Ich werde unnütze Details streichen.

im Laden für Nahrungsmittel

(Hast du zweimal.) Ich finde diesen Begriff merkwürdig bzw. für meine Ohren fremd. Warum nicht einfach Supermarkt oder Lebensmittelgeschäft/laden?


Es ist nicht schlimm, wenn es fremd klingt. Das alles soll befremdlich klingen.
Ich habe lange darüber nachgedacht. Supermarkt und Lebensmittelgeschäft erschienen mir nicht angemessen. Lebensmittel im herkömmlichen Sinn soll es nicht geben. Sie benötigen Nahrung. In einem Land, in dem Essenzubereitung zu einem teils zeremoniellen Vorgehen wurde, verkommt es jetzt zur Notwendigkeit.

Wie ich in einer Antwort von dir gelesen habe, solle das nur eine Einbildung sein. Dafür fehlt mir persönlich aber irgendetwas wie eine Andeutung.

Jede Szene mit dem Kind im roten Kleid ist Einbildung. Ich habe versucht, es aufzubauen und hatte gehofft, es hier (in dieser schwachen Szenen) nicht überdeutlich machen zu müssen.

Du hast überall diese merkwürdigen Gänsefüßchen (nur oben).

Habe dank dir nun einmal nachgeforscht und die Funktion auf meinem „Dingsi” gefunden. “ - oder die?

Hier wäre ein Absatz sinnvoll. Ich kam so ein wenig aus dem Lesefluss. Er ist doch jetzt nicht mehr an der Mauer, oder doch?

Das stimmt. Hier werde ich mal überdenken, diesen Absatz ganz an anderer Stelle unterzubringen.

Er reagiert erschrocken und will ihr helfen, die Maske wieder aufzusetzen, aber vorher …

und selbst am Strand trägt sie die Maske nicht.

… hat er gar nicht reagiert bzw. sich gar nichts dabei gedacht.
Ich glaub, ich muss diese Stellen mehrmals lesen …


Das bereut er wohl auch, ihr es durchgehen lassen zu haben. Was wusste er schon?

Du hast die Atmosphäre und Stimmung gut eingefangen. Hat mir gefallen.
Ohne zu wissen, dass das Mädchen nur Einbildung ist, liest sich die Geschichte sicherlich ganz anders ... Viel Interpretationsraum auf jeden Fall.

Gut. Danke.

Schade, dass du sie nicht einfach so gelesen hast. ;)

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

schön und düster, deine Geschichte. Was die Katastrophe mit den Seelen der Menschen gemacht zu haben. Diese merkwürdig unterkühlten Kontakte, selbst zwischen Mann und Frau. Es ist eine Stimmung von Erstarrung und Resignation. So lebensfeindlich, wie du die Insel beschreibst, wundert man sich nicht, dass die meisten gegangen sind.

Was mich beschäftigt, ist die Frage, warum du von seiner Schwester schreibst, von dem Mädchen in der Schule, wenn es am Ende um seine Tochter geht, von der vorher nie die Rede war. Auch benutzt du zweimal das Bild von der Muschel, für mich zwar parallel, aber doch wieder nicht. Wenn er seiner Tochter Muscheln mitgebracht hätte und sie ihm hinterher diesen schwarzen Stein gibt, wäre das die Todessymbolik. Wäre das zu simpel? Aber so frage ich mich, was ist mit der Schwester, was ist mit der Schulkameradin und was soll das Mädchen am Ende?
An beiden Stellen vorher hätte ich mir eine Erinnerung an seine Tochter vorstellen können. So wüsste man auch von Anfang an sein Alter einzuordnen.
Die beiden Teenager finde ich wichtig und toll beschrieben. Sie sind das, was seine Tochter nie werden konnte.

"Die schimmern wie die Fingernägel von Engeln", sagte sie einmal, hielt sie mit ausgestrecktem Arm ins Sonnenlicht und kniff ein Auge dabei zu.

Das ist schön!

Er könnte es nicht mit Gewissheit behaupten, doch es kommt ihm vor, als erwidere sie seinen Gruß nicht mehr, seit er ganz alleine lebt.

Aber er hat doch eine Frau? Auch wenn sie im Krankenhaus ist. Zumindest wird man hier ein bisschen in die Irre geführt.

Man hat sich eingerichtet nach der verheerenden Flutkatastrophe und folgt den Regeln, entstanden als Reaktion darauf, als Menschen versagten und nichts mehr war wie vorher. Und genau diese Menschen erstellten dann wiederum diese Regeln, damit es sich weitermachen ließ.

Wurde schon angesprochen. Ist ein wichtiger Gedanke, aber wirklich etwas verwickelt dargestellt.

Sie sind auf dem Weg zur Schule, denn sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen, seit keiner mehr an Schulen unterrichtet werden darf.

Vereinfachen? "... seit er nicht mehr unterrichtet werden darf" ?

Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.

Ist pingelig, aber ich würde jetzt nur noch von der Katastrophe sprechen. Oder der Flut. "Naturkatastrophe" klingt nach Geographiebuch.

"Gehen Sie bitte weiter Ihrer Wege", hört er die rauschenden Worte des Mannes.

Toll, wie verstörend du die Kommunikation beschreibst. Die Stimmen durch die Masken verzerrt. Was das ausmacht. Ich habe mal gehört, dass Taubheit eher zu Depressionen führt, als Blindheit, weil es das Soziale so sehr beeinträchtigt.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hej Chutney,

danke, dass du mir bei meiner Geschichte hilfst und Denkanstöße gibst.

Diese merkwürdig unterkühlten Kontakte, selbst zwischen Mann und Frau.

Das war wichtig. Ich wollte zeigen, dass man sich kümmert, aber auch diese kühle Distanz. Er hakt den Besuch als notwendig ab, sie geht auf Nummer sicher und bestellt Drinks. Man findet sich mit allem ab, selbst mit der eigenen Gefühllosigkeit.

Was mich beschäftigt, ist die Frage, warum du von seiner Schwester schreibst, von dem Mädchen in der Schule, wenn es am Ende um seine Tochter geht, von der vorher nie die Rede war.

Und von dem Mädchen morgens vor dem Gartenzaun. Er verdrängt seine eigene Tochter und deren Schicksal, an dem er sich die Schuld gibt. Hat er ihr doch den Willen gelassen, ohne Schutz am Strand Muscheln zu suchen. Mit den Begegnungen, "zwinge" ich ihn, über sie nachzudenken.

Auch benutzt du zweimal das Bild von der Muschel, für mich zwar parallel, aber doch wieder nicht. Wenn er seiner Tochter Muscheln mitgebracht hätte und sie ihm hinterher diesen schwarzen Stein gibt, wäre das die Todessymbolik. Wäre das zu simpel?

Das ist ein wichtiger Gedanke. Ich habe jetzt daraufhin den Stein gänzlich ersetzt. Es gibt nur noch Muscheln. Glänzende im Glück, schwarze als Todessymbol. Danke für den Anstoß.

Aber so frage ich mich, was ist mit der Schwester, was ist mit der Schulkameradin und was soll das Mädchen am Ende?

Fühlt sich jetzt gar nicht mal so gut an, so viel erklären zu müssen. Ist ja bekanntermaßen kein gutes Zeichen. :hmm: Ich habe versucht, durch die "ganzen" Mädchen, ihn dazu zu bringen, an seine Tochter zu denken.

Die beiden Teenager finde ich wichtig und toll beschrieben. Sie sind das, was seine Tochter nie werden konnte.

Ja. Erst die Kleinen, dann die Teenies. Es gibt kein dauerhaftes Verdrängen.
Seine kleine Schwester war so auch nur Mittel Zweck, Aufzeigen von Verlusten. Es gibt sie ja nicht mehr.

Aber er hat doch eine Frau? Auch wenn sie im Krankenhaus ist. Zumindest wird man hier ein bisschen in die Irre geführt.

Er ist allein, fühlt sich allein, lebt allein. Möglicherweise kommt sie nicht wieder.

Wurde schon angesprochen. Ist ein wichtiger Gedanke, aber wirklich etwas verwickelt dargestellt.

Erneuter Versuch, weil er, wie du es auch siehst, wichtig ist.

Vereinfachen? "... seit er nicht mehr unterrichtet werden darf" ?

Klaro. Manchmal kann ich nur so hintenrum denken, offenbar.:shy:

Ist pingelig, aber ich würde jetzt nur noch von der Katastrophe sprechen. Oder der Flut. "Naturkatastrophe" klingt nach Geographiebuch.

Auch damit haste recht.

Ich habe mal gehört, dass Taubheit eher zu Depressionen führt, als Blindheit, weil es das Soziale so sehr beeinträchtigt.

Obwohl ja beides einsam machen kann. Achja.

Du hast mich wunderbar unterstützt und es ist ein Glück zu sehen, wie sehr du dich mit dem Text auseinandergesetzt hast. Vielen Dank und lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

diesmal also eine ganz andere Geschichte von dir. Aber - wie sonst auch - sehr atmosphärisch, das Bedrückende kam sehr gut bei mir an.

Die Vision des Kindes, die hier für mich für die verlorene Freiheit steht, hast du auch prima eingebaut und natürlich das rote Kleid, in das schon viel hineininterpretiert wurde. Rot als Warnfarbe, für mich hier die Warnung vor der Freiheit, die zum Tod führt. Gruseliges Szenario. Und brandaktuell. Den 11. März hätte es für mich auch nicht gebraucht, kann ja auch irgendein Datum in naher Zukunft sein, wenn man sich die politische Weltlage so anschaut.

Ich habe mich während des Lesens immer wieder gefragt, ob deine Protagonisten noch mal mit einem blauen Auge davongekommen sind oder ob es nicht besser gewesen wäre zu sterben, denn in dieser Isolation kann ich mir das Leben kaum noch lebenswert vorstellen. Schön auch die Beschreibung des Nichtgrüßens, und das nicht aus Bosheit, sondern weil der soziale Kontakt durch die Zustände komplett verarmt.

Das Einzige, das mich ein wenig gestört hat, war, dass eben mehr beschrieben als gesprochen wurde, aber das bleibt bei dem Thema wohl nicht aus.

Interessante Geschichte.

Liebe Grüße,

Chai

 

Hey Kanji,

Dystopie also diesmal. Autsch. Ich finde es ja immer wieder gruselig, diese Weltenentwürfe, die relativ nah am Zeitgeschehen entworfen werden. Was mir gefallen hat - also eigentlich extrem missfallen hat - ist die soziale Isolation durch die Umstände. A führt zu B. In vielen Dystopien herrscht eher eine Konkurrenzsituation um Ressourcen, hier wird gar nicht mehr miteinander interagiert. Oder eben sehr, sehr wenig. Diesen Punkt finde ich ganz spannend, und aus dem Text heraus auch irgendwie logisch herbeigeführt.

Er sehnt sich nach dem anschließenden göttlichen Geruch von Erde, vermischt mit dem Öl der Pflanzen, das sich während der trockenen Phasen gesammelt hat und dann mit dem Regenwasser zu dieser einzigartigen Komposition wird. Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte, weil er einen Umweg am Strand entlang machte. Die schönsten schenkte er seiner Schwester, die er in den Kindergarten begleitete.

Du beschreibst extrem viel in dem Text. Also, eigentlich beschränkst Du Dich hauptsächlich auf das Setting, passieren tut ja kaum etwas, außer dass dein Prot. mit der Fähre zur Arbeit fährt und seine Erinnerungen ihm ein Trugbild bescheren. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich die vielen, vielen Erläuterungen auf die Dauer ermüdeten. Schon klar, dichte Atmosphäre schaffen und so, gelingt dir auch, würde aber auch mit einem Ticken weniger funktionieren. Ich mein, jeder hat den Geruch in der Nase, der nach einem Regenguss in der Luft hängt. Das muss man echt nicht versuchen zu erklären, was jetzt genau dazu führt. Ich finde den Nachtrag eher kontaproduktiv. Wirklich, nicht jeder Satz benötigt einen Erklärsatz hintendran.

Vor dem abgeblätterten Zaun, den sein Vater zuletzt gestrichen hatte, begegnet ihm die Nachbarin mit ihrer Tochter. Das Kind trägt die Haare zu kurzen Zöpfen, die straff hinter den Ohren gebunden im Takt der Schritte wippen. Sie muss schnell laufen, um dem Tempo der Mutter zu folgen, die sie an der Hand hinter sich herzieht. Er könnte es nicht mit Gewissheit behaupten, doch es kommt ihm vor, als erwidere sie seinen Gruß nicht mehr, seit er ganz alleine lebt. Vielleicht spricht er aber auch zu leise oder sie, und er hört ihre Worte nicht, wenn sie so schnell an ihm vorbeihuscht.

Ja, so Nachschübe ohne wirklichen Zugewinn. Viel Kaugummi, Luftblasen, nenne es wie Du willst :). Die beiden Abschnitte mal exemplarisch für mein Stilgeningele, weil, es zieht sich durch den gesamten Text.

Er selbst kauft der Einfachheit halber zweimal im Jahr seine Kleidung in vierfacher Ausführung. Hemden, Pullover, Hosen, Sakkos. Zwei Mäntel, Schuhe. Das kann er direkt in dem Haus, in dem er auch arbeitet. Gleich unten im Eingangsbereich befinden sich Bekleidungsläden, Geschäfte für Nahrungsmittel und Elektronik.

Hab ich nicht gerafft, warum er da gleich Masseneinkäufe tätigt, wenn es doch praktisch auf dem Weg liegt.

Die Wege sind kurz gehalten. Man hat sich eingerichtet nach der verheerenden Flutkatastrophe und folgt den Regeln, die entstanden sind als Reaktion auf menschliches Versagen und als nichts mehr war wie vorher. Und genau diese Menschen erstellten dann wiederum diese Regeln, damit es sich weitermachen ließ.

Erklärend und wertend. Doppelt schlimm ;).

Es leben nicht mehr viele Bewohner auf der Insel und während der zwanzigminütigen Überfahrt sitzt jeder für sich und kaum jemand spricht oder telefoniert, denn das hat sich mit den Masken als umständlich erwiesen.

Zwei Sätze, dafür ein "und" weniger?

Sie blicken auf ihr Gegenüber oder auf das dunkelgraue Meer, das nur dann in Bewegung kommt, wenn die Fähre darauf unterwegs ist. Auf den Sitzen neben ihm unterhalten sich zwei Mädchen, vermutlich im Teenageralter. Die Gesichtsmasken sind mit glitzernden Steinen in rosa und silber verziert, die seitlich sitzenden Filter sind pink oder goldfarben. Eine von ihnen hat mit einem goldenen Stift einen Blitz unter das Auge auf den Kunststoff gezeichnet. Ihre Stimmen klingen gedämpft und unnatürlich, als würden sie in Blechdosen sprechen. Die wenig sichtbare Haut an den Händen und auf der Stirn ist bleich. Sie kichern und legen die Hände dabei in ihren Schoß zwischen die Beine, sind auf dem Weg zur Schule, denn sie reden vom Sport, den sie nicht vermissen, seit er nicht mehr an Schulen unterrichtet wird. Er erinnert sich, dass seine Klassenkameradinnen früher beim Lachen die Hände vor den Mund hielten und verschämt die Schultern zu den Ohren zogen. Bei dem Gedanken daran lächelt er hinter seiner Maske und denkt an das Mädchen aus der Parallelklasse, dem er jeden Tag eine Muschel schenkte, nur damit sie ihn anlächelte.

Wieso erzählst du mir den ganzen Kram über die beiden Mädels? Ich check es nicht. Kein Sport mehr, okay, das ist die Info. Da würde ich doch aber lieber an ihm dran bleiben, an seinen Erinnerungen, dass er jetzt fett wird, wie alle, weil die Bewegung fehlt. Und dass sich die Körpersprache auch verändert hat durch die Masken. Das finde ich grundsätzlich gut, das mit einfließen zu lassen, aber es führt halt in so einen luftleeren Raum so wie es hier steht. Schon klar, warum Du das Kinderthema immer wieder aufgreifst, trotzdem kommt sein Kind am Ende wie Kasper aus der Kiste. Ich finde das nicht elegant gelöst. Bleib doch bei der Nachbarin und deren Kind. Die wahnsinns Wut in ihm, dass ihr Kind überlebt hat, seines aber nicht. (Muss nicht ausformuliert werden, nur dass er es eben nicht erträgt, oder ihn wütend macht, oder wie er sich vorstellt, das Kind würde die Maske abnehmen und darunter würde seine Tochter zum Vorschein kommen ... what ever ... aber hin zum Ende, und nicht beliebig, sondern gezielt.

Er hört das Wasser, das während der Fahrt vom Bug verdrängt wird und an die Außenwand der Fähre spritzt. Keinen Wind und keine Vögel, keine Fahrgeräusche. Wenn er die Augen schließt, fühlt es sich an manchen Tagen fast an wie damals, wenn er mit seinem Vater in dem kleinen Holzboot zum Fischen auf's Meer hinausfuhr. Dann kann er sogar Möwengeschrei und das Tuckern des Motors hören.

Hier ist irgendwas falsch. Es fühlt sich nicht an wie Bootfahren, weil alles sinnliche fehlt. Was also fühlt sich jetzt an wie die Ausflüge mit seinem Vater? Eben doch nichts. Du willst den Gegensatz. Er muss ihn selbst herbeiführen. Er muss Geräusche und Wind heraufbeschwören, aus der Erinnerung hinzufügen, um bei den Bildern von gestern zu landen.

Als er vom Telefon aufschaut, legt die Fähre bereits an. Er wischt sich mit dem Taschentuch die Stirn trocken und steigt aus.

Das Schwitzen in Zusammenhang mit dem Mädchen ist super!

Auf der Rollbahn, die die Fahrgäste vom Hafen in das Viertel mit den Hochhäusern bringt, steht etwas weiter vorne, mit dem Rücken zu ihm, die Kleine im roten Kleid. Erst jetzt fällt ihm auf, dass sie viel zu jung ist, um alleine unterwegs zu sein. Möglicherweise ist sie fünf Jahre alt. Nicht älter. Er steht aufrecht während der Fahrt, die Fäuste vor seinem Körper, und stellt sich vor, wie sie aussehen mag, wenn sie lacht. Ob sie Zahnlücken hat, weil die Milchzähne ausgefallen sind. Er sieht sie an einem kleinen Tisch sitzen, malend und dabei hat sie den Kopf schief gelegt, die Zunge auf der Oberlippe. Er sieht sie, wie sie sich im Kreis dreht und selbst am Strand trägt sie die Maske nicht. Sie weigert sich, als man sie ihr aufziehen will und läuft lachend davon, hebt eine schwarze Muschel auf und stürmt in die Arme eines Mannes, der sie auffängt und sie drehen sich gemeinsam rundherum um sich selbst.

Schwierig. Weil man sich in dieser Situation wohl eher fragt, wo die Eltern sind, warum dieses Mädchen allein unterwegs ist, ob es vielleicht Hilfe braucht. Ich konnte auch überhaupt nichts mit den nachgestellten Erinnerungen nichts anfangen, weil ich nicht wusste, dass es welche sind. Die könntest du schon vorher auf das Nachbarkind projezieren. Und dann ist dieses Kind jetzt allein unterwegs - Leser merkt - okay, hier läuft was schräg und folgt Dir. Aber dadurch, dass du den Leser so plötzlich in eine Welt wirfst, zu der du zuvor keine Tür geöffnet hast, na ja, ich bin durch diese Tür eben nicht gegangen. Ich eher so, wo kommt das jetzt her?

Seine Arbeit verrichtet er still und während der Mittagszeit sitzt er meist allein an einem Tisch. Das Essen bietet in seiner Einseitigkeit wenig Grund für eine Unterhaltung und die wenigsten erleben etwas Außergewöhnliches in ihrer freien Zeit, worüber es sich zu reden lohnte. Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Katastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.

Die Erklärung stört so ungemein. Du schreibst hier den Höhepunkt, Dramakurve ganz oben - und irgendwie Hä?, so Erklärkram - dann wieder Kamara auf den Höhepunkt zurück - und ich so, ach, die reden immer noch?

Dann öffnet sie die Tasche und holt eine kleine Muschel heraus. Rund und schwarz liegt sie in ihrer Handfläche, die sie ihm entgegenhält.

Am Anfang hattest Du den Muschel-Schwester-Bezug hergestellt. Also für mich hat er hier seine Schwester getroffen, was aber altersmäßig echt schräg verwirrend war für mich.

Seine Augen füllen sich mit Tränen, als er sie nimmt und verschwommen bemerkt er die frische Narbe an ihrem Hals. Sie ist rot und geschwollen, mit etlichen, groben Stichen genäht. Er hebt einen Finger und fühlt zitternd die Wunde. Sie ist kalt und die Kleine rührt sich nicht, formt nur immer wieder dasselbe Wort mit ihren Lippen. 'Papa'.

Super. Noch mehr super wäre es, Du würdest das Wort nicht schreiben. Am allermeisten super wäre es, du schaffst es, den Leser es selbst ergänzen zu lassen. Wenn die Geschichte das schaffen könnte, wäre ich ganz verzückt.

„Gehen Sie bitte weiter Ihrer Wege", hört er die rauschenden Worte des Mannes.

Ein viel stärkerer letzter Satz ;).

Setting gefällt mir gut, Idee ist bisschen lau, Story auch für diesen Rahmen. Klar halluziniert man in dieser Situation, klar sehnt und träumt man sich in das Gestern, das ist alles nicht neu und spannend, wenn auch hübsch ausgeführt hier. Aber wenn ich am Ende das Wort Papa selbst hätte einsetzen können, dann hätte ich eine tiefe Traurigkeit gespürt, die so nicht aufkam. Und diese Traurigkeit hätte der Geschichte zu 10 Punkten mehr verholfen.

Das waren so meine subjektiven Eindrücke zur Geschichte. Vielleicht was dabei für dich, vielleicht auch nur eine Anregung, was die Geschichte könnte, und was sie für mich nicht kann. Subjektiver Kram halt.

Liebe Grüße und wirklich cool, dass du dieses Experiment eingegangen bist. An schweren Aufgaben wächst man.
Fliege

 

Liebe Kanji,

damit man von uns beiden nicht behaupten kann, "und wenn sie nicht gestorben sind, dann reden sie noch heute glücklich und zufrieden aneinander vorbei", will ich mich noch mal äußern zu unserer kleinen Diskussion.

Guter Einstieg, der hält mich fest, da will ich wissen, was da abgeht. Allerdings würde mir das Fette reichen
… Datum "muss" bleiben …
Da freue ich mich direkt, dass du das Datum verteidigst. Mittlerweile erkenn' ich auch, welche Absicht du damit verfolgst. Ein Jahrestag, klar, der schwemmt die Erinnerungen leichter noch oben.

Hab dir ja schon mal erklärt, dass ich Schwierigkeiten mit der Vorstellung habe, ich könnte übermäßig in deiner Schuld stehen.
Ich erinnere mich daran, von Schuld sollte nun aber wirklich keine Rede sein, liebe peregrina.
Hast recht, die denkbar schlechteste Umschreibung für mein Bestreben, eine gewisse Ausgewogenheit im Geben und Nehmen herzustellen. Fühlt sich aber wirklich nicht bequem an, immer nachzuhinken.

Wasser ist natürlich eine starke Metapher in dieser Geschichte. Steht es doch, gerade in Asien für eine Kraft, die spirituell gesehen den Weg zu suchen hilft. Es ist entweder als Widerstand oder als Verschmelzung zu betrachten. Aber auch Symbol des menschlichen Bewusstseins. Ein spiegelglattes Gewässer steht für Emotionslosigkeit ... aber das geht wohl unnötig tief.
Damit habe ich mich noch nie beschäftigt, hört sich total spannend an.

Und hier unser erstes Missverständnis:

Nur hier bei diesem Hauptsatz-Nebensatz-Monster hast du es zu gut gemeint:

"Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte, weil er einen Umweg am Strand entlang machte."

Ich lese: Der hellblau Himmel glitzerte, weil der Junge einen Umweg am Strand entlang machte.

Über deine Antwort musste ich schmunzeln, (na ja, über meine Ansage auch).
Du bist sparsam. Bei mir glitzert's und und flirrt's. Nimm, was du brauchst.

Ich wollte nicht in erster Linie sagen, dass mir der Satz zu opulent ist (ja, zugegeben auch), sondern meinte, dass die Kernaussage falsch verstanden werden kann oder wird.
Die Konjunktion „weil“ gibt eine Ursache oder einen Grund an. Und da interpretiert mein Gehirn in der Kurzfassung:
Der hellblaue Himmel glitzerte aus dem Grund, weil der Junge einen Umweg am Strand machte.
Das WEIL begründet den glitzernden Himmel, nicht das Sammeln der Muscheln.
Ein ALS könnte helfen:
Er sehnt sich nach dem großen hellblauen Himmel, der an heißen Sommertagen glitzerte wie die Muscheln, die er auf dem Schulweg sammelte, als er einen Umweg am Strand entlang machte.

Dafür bleiben auch bei mir ein paar Fragezeichen:
Wieso kein Sport, wird dadurch zuviel Sauerstoff verbraucht?
Warum ist es immer windstill, das Meer spiegelglatt?
Die Luft ist radioaktiv verseucht, bietet der einfache Mundschutz ausreichend Sicherheit?
Klar, als neugieriger, aufgeklärter Mensch will man all das wissen. Ich spiele aber. Ich weiß es selbst nicht. Ich will es einfach so, muss es genauso hinnehmen wie mein armer Held und seine Inselbewohner.
Auch lustig. Ja, als neugieriger Mensch hinterfragt man, das Warum ist von Bedeutung. Allerdings akzeptiert der aufgeklärte Mensch (ich in diesem Falle) in der KG die Tatsache, dass ein kleines totes Mädchen seinem Vater eine Muschel (Stein) überbringt, die (den) sie früher gemeinsam am Strand gefunden hatten, ohne mit der Wimper zu zucken.
Und sehr mutig finde ich, dass du zugibst, dass du nicht weißt, was es damit auf sich hat, aber dass du es so und nicht anders haben willst.

Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte.
das Fette ergibt für mich keinen Sinn
Das ist nicht so schön. Mir kam in den Sinn, dass nicht nur aufgrund der Katastrophe in der Flut und an den Folgen der Katastrophe gestorben wurde, sondern eben auch in vermeintlicher Sicherheit, durch Freitod beispielsweise. Sollte ich das wirklich betonen? Ich wollte nicht moralisieren.

„ oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte“ sah für mich wie ein Anhängsel ohne Bezug zum „ums Leben kommen“ aus. Tatsächlich konnte ich die Aussage nicht begreifen.

Du brauchst die Informationen auch nicht aufzustocken, ein simpler grammatikalischer Trick würde meinem Gehirn schon auf die Sprünge helfen:

Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe oder in den ersten Jahren in den Notunterkünften ums Leben kamen.

Seine Freunde aus Jugendtagen flohen von der Insel in die Großstädte, sofern sie nicht während der Naturkatastrophe ums Leben kamen oder in den ersten Jahren der Notunterkünfte starben.

Liebe Kanji,

es liegt mir fern, meine persönliche Note (reduziert und unterkühlt hahaha) auf einen anderen Autor zu übertragen, dafür respektiere ich die besondere Art, seine Gefühle, seine Ideen und das Wagnis, auch mal etwas Ungewöhnliches auszuprobieren, viel zu sehr.

Es bleibt dabei:

Dir gelingt es sehr gut, die Atmosphäre dieser unwirtlichen, lebensbedrohlichen Welt zu zeichnen. Streckenweise sind mir die Beschreibungen der Wege, der Menschen und ihrer Kleidung zu ausführlich und zu umständlich, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack.
Über Geschmack lässt sich streiten, das ist eine alte Binsenweisheit und mit Sicherheit das nebensächlichste Beurteilungskriterium bei einer Geschichte.

In diesem Sinne wünsche ich dir weise Entscheidungen.

Liebe Grüße,
peregrina

 

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