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Thema des Monats Wie ich meine Rachephantasie verlor - Serie - 1

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20.12.2002
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Wie ich meine Rachephantasie verlor - Serie - 1

Als ich siebzehn war, drohte mir ein Kroate Gewalt an. Es war eine Scheißsituation, und sie sollte mir noch sehr lange Zeit zu schaffen machen. Auch Jahre später vergaß ich den Kroaten nicht, in meiner Erinnerung bleib er ein Gigant von einem Menschen, ein Berg aus harten Knochen, ein Hindernis, an dem ich nie vorbeikam. Diese Geschichte beginnt jedoch, wie so häufig, mit einem zarten Mädchen.
Eine Woche vor meiner Begegnung mit dem Kroaten traf ich Lisa in einer Bar. Sie war bei mir auf der Schule und ein Jahr jünger als ich, ein schmales, blondes, scheues Wesen, wie es sie in unseren Breiten massenhaft gibt. Ich saß an der Theke und unterhielt mich mit meinem besten Kumpel, der irgendwann zu mir meinte: „Hey, sprich sie an.“ Phil machte das gern: mit Imperativen kommen, wenn uns langweilig wurde. Früher, als wir noch jünger waren, hatten solche Sätze Mutprobencharakter, mittlerweile dienten sie vor allem der Kurzweile.
Ich drehte mich zu Lisa, wir hatten kurz Augenkontakt, und ich dachte, wie man eben so denkt, wenn man schon vier oder fünf Bier intus hat: Na gut, dann sprech ich sie halt an. Ich ging rüber, sie lächelte gleich, wir wechselten ein paar Worte, ohne Zweifel richtig banales Zeug, dann gingen wir zusammen raus, wahrscheinlich, weil ich sie fragte, ob sie Lust auf frische Luft hätte. Das war so meine Standardfrage.
Bald hatte ich sie gegen einen Baum gedrückt und wir machten rum. Ich weiß noch, wie sie zwischen mir und dem Baum regelrecht pulsierte, wie sie auf und ab rutschte wie ein warmes kleines Tier, wie sie mmmm machte, als ich ihren Hals küsste, und wie ich ihre Brust mit der Hand umfasste und dachte: Hast recht, fühlt sich verdammt gut an.
Später sind wir noch zu mir gegangen, Phil, Lisa und ihre Freundin. Mein Zimmer war im Keller, da konnten wir so laut sein, wie wir wollten, und meine Mutter bekam nichts mit. Das hatte ich mir echt gut eingerichtet. Wir saßen zusammen auf dem Bett, mixten uns Vodka-Orange und lachten über Scheißlehrer. Lisa sah immer wieder zu mir auf und fuhr mit der Hand über meinen Rücken, über den Lendenwirbelbereich, so ein aufgeregtes Frauenstreicheln war das, als würde sie mich wachhalten wollen, und da fragte ich mich, wie weit ich mit ihr gehen konnte. Beziehungsweise sollte. War bumsen drin? Sex lag irgendwie in der Luft, fand ich. Und vielleicht wär's auch wirklich dazu gekommen, eine rundum gelungene Nacht, wie man so sagt, doch dann ist Lisa schlecht geworden, wirklich von einem Moment zum nächsten, sie beugte sich vor und kotzte meinen Teppichboden voll.
„Whooaaa …“, sagte Phil, und wir sprangen alle vom Bett auf.
Das Zeug schoss aus ihrem Mund, Orangensaft, Bier und Vodka, und dann noch etwas, das schwer auszumachen war, Sushi vielleicht, keine Ahnung, da hab ich nie nachgefragt, jedenfalls stank es widerlich und sah auch so aus. Als Lisa fertig war, schlug sie die Hände auf den Kopf und sagte langsam und mit bleichem Gesicht: „O Gooooooooooott …“
Ich putzte die Kotze weg, holte Lisa ein Glas Wasser und brachte sie zur Couch, wo sie sich hinlegte. Eine halbe Stunde Später begleitete ihre Freundin sie nach Hause, zu Fuß. Also laufen konnte Lisa schon noch, so schlimm war's nicht. Und damit wäre diese Episode normalerweise für mich gegessen gewesen, wirklich vorbei. Gut, in der Raucherecke sprach man natürlich darüber. Am Montag in der großen Pause traf ich Lisa dort, wir wechselten ein paar Worte und ich war freundlich, das Kotzen erwähnte ich nicht, ich fragte lediglich, wie es ihr ging, sie sagte gut, und das war's.
Im Laufe der Woche bekam ich noch zu hören, dass Lisa schon länger auf mich stand, und ihre Freundinnen sie jetzt ganz schön mit der Kotzaktion aufzogen, weil sie es vermasselt hatte und so weiter. Ich nahm das alles wortlos zur Kenntnis und sagte nichts dazu. Natürlich hatte Lisa nichts „vermasselt“, es war einfach eine lange Nacht mit viel Alkohol gewesen, das nahm ich ihr überhaupt nicht übel. Und was „uns“ anging, naja … ich sag's mal so: Die hätte ich bestimmt nicht geheiratet, Kotzen hin oder her.
So gesehen hatte das Magenfiasko vielleicht auch was Gutes, weil angenommen, sie wäre wirklich verliebt in mich gewesen und dann hätte ich mit ihr geschlafen - wer weiß, wie sie dann reagiert hätte? Manche Frauen werden dann unberechenbar. So hatte Lisa im letzten Augenblick die Nacht unvermittelt für beendet erklärt und uns vor Schlimmerem bewahrt. Alles gut gelaufen also. Klar, jetzt war das vielleicht peinlich für sie, aber so war das jeden Montag in der Raucherecke: Irgendwer hatte es am Wochenende übertrieben und musste als Lästerobjekt herhalten.
Und nächste Woche war dann jemand anderes dran.

Am Freitag nach dem Sportunterricht kam Sandro in der Kabine auf mich zu, ein kleiner Italiener mit freundlichen Augen, eigentlich ein lustiger Typ.
„Hey, kennst du Vlatko?“, fragte er mich.
Ich hatte gerade den Cooper-Test in persönlicher Bestzeit absolviert und war völlig fertig. Acht Stadionrunden in zwölf Minuten. Gott, was man nicht alles für ne Eins tut. Ich lehnte mich gegen die Wand, zog mein T-Shirt aus und wischte mein Gesicht damit ab. „Wer?“
Sandro stand in der Tür. „Der Vlatko, er ist auf der TG, Kroate , so alt wie wir … “
„Was ist mit dem?“
„Er steht auf Lisa.“
„Und?“ Ich beugte mich vor, um meine gelben Nikes auszuziehen.
„Er möchte was mit dir klären, hab ich gehört …“
„Was möchte er mit mir klären?“
„Das mit Lisa …“
Ich kämpfte mit den Schnürsenkeln. „Ist das seine Freundin?“
„Nein.“
„Seine Schwester?“
„Nein.“
„Na, was will er dann klären?“ Ich zog den linken Schuh einfach mit Gewalt aus, ohne die Schnursenkel vorher aufzumachen.
„Ich weiß nur, dass er das mir dir klären will.“
„Will er mich schlagen, oder was?“ Ich grinste bei der Vorstellung.
Sandro zuckte mit den Achseln, sein Ausdruck völlig unverändert. „Keine Ahnung, ich weiß nur, dass er was mir dir klären will.“
Etwas an seiner Tonlage gefiel mir nicht. „Hat du mit ihm darüber gesprochen oder wie?“
„Nein, nein, das nicht … Aber offenbar war er am Wochenende auch da.“
„Wo denn?“
„Im Trödler, als du Lisa abgefüllt hast.“
Ich machte ein irritiertes Gesicht. „Ich hab Lisa gar nicht abgefüllt.“
Wieder zuckte Sandro nur mit den Achseln.
„Wie sieht dieser Vlatko denn aus?“
„Er ist Jugo, hat so krasse blaue Augen, er trägt immer eine schwarze Lederjacke und …“ - Sandro drückte sein Kinn auf die Brust, hob die Schultern an und sprach genuschelt weiter - „und der hat keinen Hals. Der geht ungefähr so.“
„Nicht zu übersehen, was?“
„Also wenn er vor dir steht … eigentlich nicht.“


Am Samstag fand die alljährliche Glitzer-Funk-Soul Party im Jugendhaus statt, für die ich fast schon zu alt war. In drei Monaten würde ich achtzehn werden und mich drängte es in die Clubs, an den Türstehern vorbei, Richtung Führerschein, Abitur etc. Aber die Glitzer-Funk-Soul war wirklich legendär, allein schon wegen dem vielen Glitzer, der tonnenweise in Schalen auslag, bis Ende der Nacht jeden wie ein Diamant strahlen ließ, und irgendwie dazu drängte, ganz viel Alkohol zu trinken und sich auszuziehen. Frag mich nicht, wie das zusammenhängt, aber wenn man voll mit Glitzer ist, passieren komische Dinge. Unten im Soul-Room legte man Black auf, oben Eighties, draußen gab es eine riesige Cocktailbar, die Leute dahinter schenkten völlig unverantwortlich aus … also die Parties waren der Hammer, keine Ahnung, warum es mich woanders hingedrängt hat. Ein Haufen Leute waren da, meine ganze Schule, sämtliche andere Schulen, fast jeder, den ich kannte, und sogar meine kleine Schwester. Sie war vierzehn, hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an, und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum. Das bereitete mir Kopfschmerzen, denn zum einen war sie meine Schwester, und zum anderen war das hier die Glitzer-Funk-Soul, und sie hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, sah sie dabei auch noch gut aus. Am liebsten hätte ich meine Schwester nie mit solchen Augen sehen müssen, aber ich war leider nicht blind, und aussehtechnisch lag sie nun mal im oberen Bereich, was natürlich alles viel schlimmer machte. Wer weiß, zu was die sich heute Nacht nicht alles verleiten ließ? Ich knirschte bereits mit den Zähnen bei diesen Gedanken. Ich wollte an der Bar rumhängen, mich ganz gemütlich betrinken, mich mit den Weibern unterhalten, vielleicht gegen Ende noch eine abgrätschen. Mehr nicht. Alles ganz easy und locker. Doch jetzt die Schwester.
„Hey, deine Schwester hat wieder einen Zombie bestellt“, sagte Phil.
Wir standen draußen bei der Bar, jeweils ein Bier in der Hand, und betrachteten das Glitzern. Normalerweise war der Hof hinter dem Jugendhaus recht dunkel, doch heute schienen von über der Bar blaue und grüne Lichter auf die Menge.
„Das ist dann ihr zweiter Zombie, oder?“, fragte ich.
„Ich glaube schon“, sagte Phil. „Aber chill mal. Wir sind hier im Jugendhaus, da passiert schon nicht so viel.“
„Von wegen hier passiert nicht so viel! Du hast ein Gedächtnis wie ein Fisch.“
„Jetzt komm …“
„Weißt du überhaupt, was alles drin ist in diesen Zombies? Alles! Die hauen einfach alles rein! Und ausgerechnet darauf steht sie. Das ist nicht so wie bei uns, als wir noch vierzehn waren, das artet alles aus jetzt.“
„Laber nicht, bei uns war das genau so.“
„Aber du kennst meine Schwester nicht! Du müsstest mal ne Woche bei uns wohnen, Phil, mal erleben, wie das ist, wenn die wieder meint, nichts zum Anziehen zu haben, oder wenn die ihr Lieblingstop nicht finden kann oder so was, Alter, dann bebt das ganze Haus, ich schwör, da wackeln die Fenster, ich geh dann in Deckung und schicke Mama rein, alles andere ist zu gefährlich.“
„Komisch, ich erleb sie gar nicht so. Zu mir ist sie immer voll nett. Sogar lieb würde ich sagen.“
„Willst du mir jetzt auf den Sack gehen, oder was?“
Phil nahm einen Schluck Bier. „Was sagt denn deine Mutter dazu, wenn sie hier unterwegs ist?“
„Meine Mutter hat gemeint, ich soll ein Auge auf sie werfen. “
„Tja …“
„Das ist wirklich nicht witzig, Phil, wirklich nicht witzig. Was grinst du so?“
„Wenn man vom Teufel spricht …“
Meine Schwester hatte uns gesehen und kam mit einer Freundin auf uns zu. Sie lächelte, hob den Zombie mit beiden Händen in die Höhe – dabei rutschten vierzig oder fünfzig bunte Bändchen Richtung Ellenbogen – und tapste durch die Menge. Als sie vor uns stand, schlang sie den rechten Arm um meinen Hals und sagte: „Hey, was geeeeeeeeht?“
Die Freundin quietschte vor Freude, und meine Schwester lächelte verschmitzt.
„Nicht so viel“, sagte ich. „Bei dir?“
„Voll viel! Schau mal, ich glitzere! Cool, was? Hallo Phil! Wow, schönes Hemd! Echt schön, darf ich mal anfassen?“
„Klar.“
Sie streichelte seine Schulter wie ein Tigerfell. „Wow, echt schön …“
Es war ein stinknormales schwarzes Hemd.
„Danke“, sagte Phil und er wurde tatsächlich ein bisschen rot. Er rückte seinen Kragen zurecht und sagte: „H und M.“
„Haha!“ Meine Schwester lachte mit der Freundin. „Ach ja, kennt ihr schon Lydia? Das ist mein Bruder und das ist der Phil!“
Phil nickte und sagte Hallo, und ich nickte und sagte Hallo, und Lydia auch - eine kleine Brünette mit Mördertitten und einem total dämlichen Grinsen. So eine „Schüchterne“, bei der es schon nach zwei Drinks alle Sicherungen raushaut.
„Euer wievielter Zombie ist das jetzt?“, fragte ich.
„Ach …“ meine Schwester ließ sich von meinem Hals baumeln, als wäre ich eine Stange, und sah ihre Freundin an. „Er fragt immer, wie viel ich getrunken hab, immer das Gleiche, voll langweilig …“ Und dann im Flüstern, sodass es jeder hören konnte: „Aber selbst ist er der größte Dichtkopf, den es je gab! Er ist mal nach Hause gekommen und hat das Klo nicht gefunden und dann hat er einfach in einen Blumentopf gekotzt! Und ein anderes Mal, da waren wir im Urlaub …“
„Jetzt zieh hier nicht so ne Show ab“, sagte ich und nahm ihren Arm von meinem Hals.
Sie zog die Brauen an. „Ich? Eine Show? Aus deinem Mund? Das muss ich mir merken!“
„Soll ich ein paar Geschichten von dir erzählen?“, fragte ich.
Da sagte sie nichts.
„Hör mal“, sagte ich, „ich spreche aus Erfahrung, okay? Und ich komme dir ein ganzes Stück entgegen, wenn ich sage: nur noch ein Zombie. Wirklich ein ganzes Stück entgegen. Ich meine … das wären dann insgesamt drei.“
„Aber die schmecken soooo gut. Und wir haben erst elf, wie soll das gehen?“
„Hey, ist dir überhaupt klar, was ich gerade gesagt hab? Insgesamt drei Zombies. Hast du das gehört, Phil? Ich kann selbst gar nicht glauben, dass ich das gesagt hab. Ich meine, das sind drei Zombies mehr, als du trinken solltest. Du bist nicht mal mit dem Zweiten fertig und du lallst schon, nach dem dritten wirst du kaum noch laufen können, und wenn du vier trinkst, fällst du wahrscheinlich ins Koma. Und ich sage nicht mehr als drei! Ich hab schon aufgegeben, normale Sachen von dir zu verlangen, weil das eh nichts bringt, jetzt geht’s quasi nur noch ums Überleben. Das ist ja wie, wenn ich sagen würde: Iss maximal vierzehn Cheeseburger, wenn du das nächste Mal zu McDonald's gehst. Weil beim Fünfzehnten könnte es sein, dass du stirbst. Und dann sagst du: Sei nicht so spießig. Ungefähr so ist das. Ich meine, über Falafel oder so was reden wir ja gar nicht. Falafel stehen hier nicht mal zur Debatte. Hey, hörst du mir zu?“
„Ja, jaaaa …“
Ich warf Phil einen Blick zu.
„Ich mag Falafel“, sagte er. „Die schmecken gut.“
Meine Schwester streckte angeekelt die Zunge raus. „Ich find sie scheiße.“
„Warum?“, fragte Phil.
„Ich mag Fleisch.“
Phil lachte und klopfte mir auf die Schulter. „Die ist halt so wie du!“
Meine Schwester verzog den Mund, als hätte sie nie etwas Abwegigeres gehört. Dann flüsterte ihr Lydia etwas ins Ohr, und meine Schwester flüsterte ihr etwas ins Ohr, und sie kicherten zusammen los.
„Aber“, sagte Phil und er machte einen halben Schritt nach vorn, „man muss sagen, es stimmt schon, was dein Bruder sagt, Eva. Weil auch, wenn Cheeseburger deiner Meinung nach besser schmecken, Falafel sind natürlich viel gesünder. Und manchmal ist es im Leben nun mal so, dass man das tun muss, was gesünder ist, und nicht, was besser schmeckt. Oder was sich besser anfühlt. Oder was cooler kommt. Das ist eine wichtige Lehre auch.“
Meine Schwester runzelte die Stirn. „Phil, wenn du so redest, klingst du schwuler als ein Homopfarrer.“
„Hahahahaha!“ Lydia brach in wieherndes Gelächter aus und meine Schwester gleich hinterher. Sie klammerten sich aneinander und fielen fast um. „Hahahahaha!“
„Na komm“, sagte Phil, „ich meine … ich mein ja nur … also im Grunde wollte ich nur sagen, dass Falafel halt wirklich gesünder sind. Guck mal, das ist wirklich so. Habt ihr die Doku Super Size Me gesehen? Die ist krass, weil …“
„Guck mal, hier geht’s nicht um Falafel!“, unterbrach ich ihn. „Wir dürfen uns jetzt nicht auf Falafel versteifen! Hier geht’s um Zombies! Und vier Zombies sind Gott weiß zu viel! Drei Zombies ist eine absolute Obergrenze, die keine sterbliche Vierzehnjährige jemals überschreiten sollte! Niemals!“
„Schwuler als ein Homopfarrer! Hahahahaha!“
Phil zuckte resigniert mit den Schultern und wandte sich mir zu. „Na dann trinkt sie halt vier, was soll's? Ich wette, das wiederholt sie nicht mehr so schnell, vielleicht muss das jeder mal machen.“
„Ja, vielleicht.“
„Komm, holen wir Bier.“
„Gleich …“ Ich wollte noch eine letzte Mahnung aussprechen, bevor ich ging, noch ein letztes Mal an die Vernunft appellieren, vielleicht noch auf die Mutter und mögliche Konsequenzen zu sprechen kommen, doch dann sah ich etwas aus dem Augenwinkel auf uns zukommen. Drei Jungs bewegten sich durch die Menge, schnell und zielstrebig. Einer von ihnen stieß unterwegs mit einem Betrunkenen zusammen und verzog wütend das Gesicht. Der Betrunkene wollte sich entschuldigen, sah das wütende Gesicht, und hob nur die Hände.
Das gibt Ärger, dachte ich sofort.
Sie stellten sich vor uns, zu dritt nebeneinander, und musterten mich. Mein Puls schnellte in die Höhe. Meine Schwester und ihre Freundin hörten auf zu lachen.
Vlatko war der in der Mitte, da war ich mich sicher. Er war so alt wie ich, hätte aber auch 27 sein können, so wie er aussah. Wir waren etwa gleich groß, aber er war viel breiter, so ein richtiger Brecher, mit massiger Brust, kaum Hals, und einem Gesicht wie eine Skulptur - aber nicht im Sinne von schön, sondern im Sinne von aus Stein gemeißelt, und das ziemlich grob. Er hatte einen extrem ausgeprägten Kiefer, einen Drei-Tage Bart, und Wangen- und Kinn- und Nasen- und Stirnknochen überall. Er trug eine schwarze Lederjacke, eine Goldkette und saubere Jeans. Die anderen beiden standen daneben wie Bodyguards und sahen aus, als wären sie einem Heim entflohen: ärmellose weiße Oberhemden, Fitnessstudio-Arme, goldene Ringe an den Fingern, pechschwarzes, hingeschlotztes Haar.
„Du weißt, warum ich hier bin?“, sagte Vlatko, sein Blick auf mich gerichtet.
„Nein, Mann.“
Vlatko wandte den Blick nicht vor mir ab. Seine Augen waren blau und hatten etwas ungemein Durchdringendes an sich. „Du denkst, du kannst dir einfach alles erlauben, was? Führst dich auf, wie's dir passt, oder? Denkst, du bist der King?“
„Ich weiß wirklich nicht, worauf …“
„Letzte Woche hast du Lisa abgefüllt und mit nach Hause genommen.“
„Guck mal, das mit Lisa war …“ Ich stoppte mitten im Satz. Das Nacht mit Lisa kam mir wieder in den Sinn und das Gespräch mit Sandro und … die Situation rückte in meinem Kopf an ihren Platz, sie rastete quasi ein. Aber stimmte das so? Was hatte ich eigentlich getan? Was wollte Vlatko jetzt von mir? Ich wollte das alles gar nicht wahr haben. Ich sah mich kurz um. Meine Schwester sah besorgt aus. Phil auch.
„Pass auf“, sagte ich. „Erstens: Ich hab sie nicht abgefüllt. Und zweitens: Da ist nichts gelaufen. Nicht wirklich. Und jetzt läuft gar nichts mehr mit ihr. So wie ich das sehe, ist alles cool zwischen uns. Mit Lisa hab ich kein Problem.“
„Aber ich eins mit dir.“
Er ließ seinen Blick weiterhin auf mir ruhen, und ich dachte an die Boxer, die sich kurz vor dem Kampf ein Blickduell liefern. Es kostete mich jede Menge Anstrengung, aber ich hielt seinem Blick stand.
Die Zeit verstrich.
„Und jetzt?“, fragte ich.
„Du hast zwei Möglichkeiten“, sagte er. „Entweder kommst du jetzt mit und wir regeln das wie Männer, eins gegen eins, oder du kriegst den Überraschungseffekt.“
Ich spürte ein Ziehen im Bauch, als drehten sich meine Eingeweide im Kreis. Ein Scheißgefühl. Ich atmete leise durch, ein kleines wooooo-shhhhhhhh, und stellte dann die leidige Frage, die ich einfach stellen musste. „Und was ist der Überraschungseffekt?“
„Das siehst du dann, wenn du auf dem Boden liegst und blutest.“
Es wurde ganz still. Als hätte mir jemand eine Vakuumglocke über den Kopf gestülpt. Kurz glaubte ich, dass die Menge wirklich still geworden war, aber das war nur Einbildung. Ich war gelähmt.
Das siehst du dann, wenn du auf dem Boden liegst und blutest.
Darauf war ich nicht gefasst gewesen, und ich konnte mich nicht bewegen. Langsam versuchte ich, etwas zu erwidern, den Mund aufzukriegen und verdammt nochmal etwas zu antworten, etwas wie: Verpiss dich, du Hurensohn. Aber das traute ich mich nicht. Ich ließ den Mund zu und wusste, dass dieser Satz sofort eine Schlägerei nach sich ziehen würde, die wir bestimmt verlieren würden. Verpiss dich du, Hurensohn war aber leider auch die einzige Erwiderung, die mir einfiel, und vielleicht auch die einzige, die angebracht war. Was denn sonst? Praktisch alles „Versöhnende“ - Können wir nicht darüber reden?, Es tut mir leid … - hätte mich wie eine Totalmuschi aussehen lassen. Ich stand also da und sagte gar nichts, weil ich einerseits Schiss hatte, auf die Fresse zu kriegen, und andererseits Schiss hatte, wie eine Muschi auszusehen. Vlatko und seine Jungs sahen mir das sicher an. Sie spürten, welche Wirkung der Überraschungseffekt auf mich hatte, und das genossen sie. Sie ließen mich in meiner Angst schmoren und schmunzelten sogar ein bisschen, sie schmunzelten wie richtige Sieger.
Schließlich nahm meine Schwester mir die Glocke ab.
„Jetzt lass ich ihn doch“, sagte sie mit kleinen Falten auf der Stirn. „Er hat doch nichts getan, was soll das?“
Vlatko schüttelte leicht den Kopf, wirklich nur ganz leicht. „Das geht dich nichts an, halt dich besser raus.“
„Aber das ist doch …“
Er rückte schlagartig mir dem Oberkörper nach vorn und riss die Augen auf. „Ich hab gesagt, halt dich da raus!“
„Ich bin seine Schwester“, sagte sie.
Er riss die Hände hoch. „Na, und?“
So sagte er das. Genau so: Na, und?
Meine Schwester stand einen Moment lang fassungslos da, dann blickte sie irritiert nach unten - und schwieg. Phil war ganz blass im Gesicht. Lydia stand meterweit hinter uns. Und ich bekam immer noch nicht den Mund auf. Das Einzige, was ich tat: Ich drehte mein Handgelenk. Ich hielt mein Bier so, dass mein Daumen Richtung Flaschenboden zeigte, statt wie üblich Richtung Flaschenhals. Das Bier hing locker an meiner Seite, und ich dachte: Wenn er meine Schwester anfasst, schmettere ich ihm die Flasche mit solcher Wucht über seinen hässlichen Kanakenschädel, dass das Blut spritzt.
Genau das dachte ich in diesem Moment. Im Grunde dachte ich nur noch das.
„Und?“, fragte Vlatko. Er richtete den Blick wieder auf mich, und jetzt änderte sich etwas in seinem Gesicht. Hatte er gesehen, wie sich mein Handgelenk drehte? Sämtliche Coolness bröckelte aus seiner Miene, und was zum Vorschein kam, war mörderisch.
„Kommst du mit oder nicht?!“
„Ich gehe nirgendwo hin“, sagte ich.
„Dann bekommst du den Überraschungseffekt.“
Ich sah ihm in die Augen und hielt meine Flasche ganz fest.
Er nickte. „Gut, dann kannst du nachher was erleben, du Votze. Ich werd dich ficken, bis du schreist.“ Er machte eine Bewegung mit dem Kopf nach hinten „Gehen wir, Jungs.“

Wir zogen uns an die Bar zurück.
„Scheiße“, sagte Phil. Er schlug beide Hände auf den Kopf. „Was war das?“
„So ein Assi“, sagte meine Schwester. „Gott! Ich hab noch nie einen solchen Assi erlebt.“
„Voll schlimm“, sagte Lydia.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Phil.
Ich ließ meinen Blick über die Menge streifen. Vlatko war bereits in dem Glitzerhaufen verschwunden. Ich hatte ihn aus den Augen verloren. Er konnte überall sein.
Meine Schwester rüttelte an meiner Schulter. „Hey! Hörst du mich?“
„Ja.“
„Glaubst du, dass sie das wirklich machen? Das mit dem Überraschungseffekt?“
„Nein“, sagte ich.
„Nein?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein.“
Alle sahen zu mir auf.
„Der wollte sich nur aufspielen“, sagte ich. „Aber die machen nichts.“
„Bist du dir sicher?“, fragte meine Schwester.
„Klar, bin ich mir sicher. Warum hängst du hier so rum? Geh tanzen oder so.“
„Was?“
„Ja, geh tanzen, hab Spaß, trink nicht so viel. Also wenn irgendwas sein sollte … komm sofort zu mir. Aber da wird nichts sein, geh tanzen.“
Meine Schwester tauschte mit Lydia einen Blick aus.
„Jetzt geh! Ich bin bei der Bar, wenn du mich suchst. Kannst auch anrufen.“
„Gut …“
Nachdem sie gegangen war, rückte Phil an mich ran und senkte die Stimme. „Das hast du nur so gesagt, oder? Vor deiner Schwester. Dir ist schon klar, dass das gerade alles andere als ein Spaß war.“
„Wahrscheinlich hast du recht.“
„Natürlich hab ich recht. Hast du seine Augen gesehen?“
„Ja, hab ich.“
„Das waren gigantische, blaue Löcher, Mann! Das waren Nordpolkrater. Ich glaub, der Typ ist völlig drauf, vielleicht auf Koks oder so … oh Mann!“ Phil fuhr mit einer Hand durch sein verstrubbeltes Haar. „Das war schon metaphorisch gemeint, oder? Das mit dem Ficken, bis du schreist?“
„Geh ich mal stark davon aus …“
„Alter! Was machst du jetzt?“
„Keine Ahnung!“ Ich brüllte ihn an. „Was fragst du so doof? Ich habe keine verfickte Ahnung!“
Die Leute in der Menge wurden still. Sie sahen mich an. Ich lehnte mich über die Theke. „Einen Zombie bitte!“
Der Barkeeper nickte, kam auf mich zu und griff nach der leeren Bierflasche in meiner Hand. „Nein, nein …“ Ich zog die Hand zurück. „Die möchte ich behalten.“

„Wir sollten einfach gehen“, sagte Phil. „Einfach verschwinden. Was bringt das jetzt noch? Fühlst du dich etwa wohl hier?“
Ich ließ meinen Blick über die Menge schweifen, die mit jedem Schluck Zombie dunkler und undurchdringender zu werden schien.
„Also ich fühle mich nicht so wohl“, sagte Phil.
„Ich auch nicht“, sagte ich, „aber wir können nicht gehen, solange meine Schwester noch hier ist.“
„Glaubst du, er könnte deine Schwester angreifen?“
„Nein, nein … das glaube ich nicht. Aber ich bleibe trotzdem hier, bis sie weg ist.“
„Aber warum?
„So halt.“
„Hast du nicht gehört, was er gesagt hat?“
„Ich werde bleiben, verstanden? Ich komme jedes Jahr hierhin, jedes verfickte Jahr! Und jetzt soll ich wegen irgendeinem Scheißwichser einfach gehen? Bullshit! Ich werde hier stehen und meinen Zombie zu Ende trinken und vielleicht noch ein Bier bestellen und dann werden wir weitersehen!“

Die Zeit zog sich wie Spucke aus dem Mund eines Schlaganfallopfers. Ich holte mein Handy aus der Tasche, und fragte mich, ob ich ein paar Fußballkollegen anrufen sollte, ein paar ganz bestimmte. Ich wählte ihre Nummern, aber sie gingen nicht ran.
Wahrscheinlich waren sie im Club.
„Aber angenommen, er kommt jetzt einfach auf uns zu“, sagte Phil. „Jetzt wirklich nur mal angenommen. Und dann sind sie zu dritt, und wir sind zu zweit … Was machen wir dann? Hast du dir das überlegt?“
Ich hob meine Bierflasche in die Höhe. „Dann zieh ich ihm die hier über den Kopf.“
„Was?“
„Du hast schon richtig gehört.“
Phil sah mich eindringlich an. „Weißt du, was das eigentlich bedeutet, wenn man jemandem eine Flasche über den Kopf zieht. Hast du da schon mal drüber nachgedacht?“
„Was gibt’s da zum Nachdenken?“
„Wir sollten gehen, Marc! Und zwar jetzt. Du bist doch gar nicht mehr richtig da! Du könntest ihn töten, wenn du ihm die Flasche über den Kopf ziehst. Das ist kein Spaß mehr. Komm, wir gehen jetzt nach Hause. Ich ruf ein Taxi …“ Er holte sein Handy aus der Hosentasche.
„Ein Taxi? Ich wohn gleich um die Ecke!“
„Sag mal, bist du behindert oder was?“
„Du kannst gehen, wenn du willst, ich bleibe hier.“
„Oh Mann …“ Phil klappte das Handy zu, schüttelte den Kopf und sah einen Moment lang in die Menge. „Hör mal, Marc, ich verstehe, dass du aufgeregt bist und so, verstehe das wirklich, aber als dein Freund, sage ich dir, dass du jetzt nach Hause gehen musst. Wirklich unbedingt. Und ich rate ganz dringend davon ab, irgendwem eine Flasche über den Kopf zu ziehen, wirklich, ich rate echt davon ab.“
„Soll ich sie dann wegwerfen, wenn er kommt?“
„Du solltest sie ihm auf keinen Fall über den Kopf ziehen …“
„Soll ich dann sagen: Hey Vlatko, du koksverseuchter Freak! Wart mal kurz! Bevor du mich blutig schlägst und fickst, so wie angekündigt, will ich diese Flasche noch wegwerfen, damit ich dich nicht verletze! Okay gut, alles klar … jetzt kann's losgehen! Auf welchem Planeten macht das Sinn?“
„Marc, wir sollten gehen. Wirklich. Wir sollten einfach gehen.“
„Aber ich werde nicht gehen! Das hab ich dir schon gesagt.“

Ich lehnte mich an die Bar, kaute an meinen Fingernägeln und dachte drüber nach, was das eigentlich bedeutete, wenn man jemandem eine Flasche über den Kopf zog. Bisher hatte ich noch nie eine solche Tat in Betracht gezogen. Und doch hätte ich, das wusste ich ganz genau, die Flasche genau so eingesetzt, wenn Vlatko meine Schwester angefasst hätte. Ich hätte mit aller Kraft versucht, seinen Schädel zu zerstören. Der Impuls war spontan gekommen, ich hatte mir vorgestellt, wie ich ihm die Flasche über den Kopf donnere, und diese Vorstellung hatte mir Kraft gegeben. Sie gab mir immer noch Kraft. Meine Bierflasche hatte sich in eine Waffe verwandelt, und wenn er mich jetzt angriff, war alles möglich. Ich war selbst ein wenig erschrocken über diese Erkenntnis, aber so was das nun mal. Da konnten wir doch alle hoffen, dass er mich nicht angriff.
Ich trank den Zombie aus, bestellte noch ein Bier und unterhielt mich mit zwei, drei Leuten aus der Schule, die auf mich zukamen und sich gleich wieder verzogen, als sie merkten, dass ich nicht gerade gute Laune verbreitete. Phil unterhielt sich neben mir und machte ebenfalls keinen entspannten Eindruck.
Nach einer Weile spürte ich, dass ich pissen musste. Das kam mir sehr ungelegen. Ich versuchte meinen Harndrang zu unterdrücken und hörte auf zu trinken, aber ich hatte schon zu viel Flüssigkeit zu mir genommen und das Gefühl wurde immer stärker.
„Was los?“, fragte Phil.
„Ich muss pissen.“
„Verdammt.“
Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, aber ich hatte Angst, von der Bar wegzugehen. Die Bar war beleuchtet, da hatte man etwas Festes im Rücken und ein bisschen Überblick. Sobald ich mich von der Bar entfernte, würde alles dunkel und undurchsichtig werden. Ich blickte über die Menge hinweg nach hinten. Am Ende des Hofs waren ein paar Bäume und Büsche, wo man wunderbar pissen konnte, allerdings war es dort auch völlig dunkel und menschenleer – optimale Bedingungen für den Überraschungseffekt.
„Ich geh rein zum Pissen“, sagte ich.
„Okay“, sagte er, und er bedachte mich mit einem vorsichtigen Blick. „Soll ich dich begleiten?“
„Ich denk, das schaffe ich schon alleine.“
„Hm …“
Ich versuchte zu lächeln, auch wenn mir nicht danach war. „Guck mal, Phil, es ist jetzt auch nicht so, als würdest du mich wirklich beschützen können, oder? Welchen von den beiden Affen würdest du in Schach halten, während Vlatko auf mich einschlägt?“
„Naja, ich könnte …“ Ich sah den Ausdruck auf seinem Gesicht, wie er die Brauen zusammenzog und nachdachte, wie er wirklich nachdachte, und musste lachen. „Alter, du bist der Beste!“
„Komm schon, Mann, ich meine, ich könnte zumindest Hilfe rufen …“
„Ja, vielleicht kannst du mir auch ein Kissen unter den Kopf legen, wenn ich auf dem Boden liege und blute!“
Phil seufzte.
Ich klatschte ihm von oben auf die Schulter, und zwar so, dass es ein bisschen wehtat. „Verdammt noch mal, ich geh jetzt pissen. Wo sind wir denn? Dass wir uns überhaupt solche Fragen stellen!“

Es war der längste Gang zur Toilette meines Lebens. Hinter jedem auch nur ansatzweise ausländisch aussehendem Kerl vermutete ich einen Verbündeten Vlatkos mit einer hammerharten Faust. Da wurde ich glatt zum Rassisten. In dieser Nacht mit Sicherheit. Ich klammerte mich an die Flasche, hielt den Kopf hoch und ging durch die Menge wie ein Soldat in irgendeinem abgefuckten Kriegsgebiet. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich eines Tages so sehr auf eine Bierflasche stützen würde, auch noch auf diese Art und Weise, aber jetzt hätte ich mich völlig nackt ohne sie gefühlt. Ich dachte sogar an die Möglichkeit, die Flasche auf den Boden zu schlagen, damit sie unten abbrach. Dann hätte sie Glaszacken an der Spitze. Ob er sich dann trauen würde, mich anzugreifen?
Die Flasche blieb ganz, so weit bin ich nicht gegangen, aber ich hätte es ziemlich gerne getan. Ich war eigentlich kurz davor.
Es fällt mir nicht leicht, zu beschreiben, wie ich in diesen Minuten drauf war.
Ich schaffte es durch die Menge ins Jugendhaus. Im Erdgeschoss war der Chill-out Bereich. Ein paar Jungs spielten Tischkicker, hinten bei den Sofas machten welche rum, wobei das schwer zu erkennen war, es war alles ziemlich dunkel. Ich stahl mich ins Männerklo und blinzelte in dem grellen Licht. Drei Pissoirs gab es, die zwei Äußeren besetzt. Es gab auch eine Kabine, aber die war … leider zu. Na gut. Ich warf einen Blick über die Schulter, zur Tür, auf den Gang hinaus, und sah niemanden. Die beiden Jungs pissten vor sich hin und beachteten mich nicht. Ich stellte mich zwischen sie, klemmte die Bierflasche unter die Achsel, knöpfte meine Hose auf und nahm meinen Schwanz in die Hand - nur war das irgendwie gar nicht mein Schwanz. Er war extrem klein, vielleicht drei Zentimeter lang. Als hätte ich in Eiswasser gebadet.
Was zum … ?!?
Das Adrenalin hatte offenbar alles Blut woanders hingepumpt, zu den „wichtigen“ Organen. Ich zog ihn ein bisschen in die Länge und warf blitzartig einen Blick über die Schulter, als ich jemand reinkommen hörte – ein junger Skater. Ich atmete auf. Der Skater stellte sich neben den Waschbecken hin und wartete. Ich sah nach links und rechts. Die Jungs, die neben mir pissten, warfen mir eingenartige Blicke von der Seite zu, irgendwie genervt, oder vielleicht deutete ich das nur so, ich weiß es nicht, ich sah noch mal auf meinen Schwanz, warf einen letzten Blick über die Schulter und versuchte zu pissen. Es ging nicht. Ich spürte den Druck auf der Blase und dachte daran, wie sich jemand von hinten mit einem Überraschungspaket näherte, und konnte einfach nicht pissen. Keine Chance. Ich biss auf die Zähne und sah wieder nach links, wo der Junge neben mir die Hose zuknöpfte. Er warf mir – dieses Mal zweifelsohne – einen schrägen Blick zu und ging dann zum Waschbecken. Mir wurde bewusst, was ich für ein erbärmliches Bild ich gerade abgab, wie ich da stand, ohne zu pissen, das Gesicht voller Schweiß, schwer atmend, mit meinem kleinen Schwanz in der Hand. Plötzlich erfasste mich die Wut, sie überrollte mich förmlich, ich spürte die Flasche unter meiner Achsel und wünschte mir, Vlatko käme jetzt rein, jetzt sofort!, wenn er jetzt reinkäme, würde ich ihn …!
In diesem Augenblick ging die Tür zur Kabine auf. Der Junge hinter mir wollte rein, aber ich streckte die linke Hand aus, Schwanz noch immer in der rechten, und schob den Jungen weg.
„Hey!“, sagte er, aber schon schloss ich die Tür hinter mir ab.
Ruhe durchströmte mich sofort. Hier war ich sicher. Ich atmete mehrmals durch, spielte mit meinem Schwanz, bis er größer wurde, und ließ mir dann alle Zeit der Welt beim Pissen.
Nach einer Weile hörte ich draußen eine Stimme. „Marc?“
Es war Phil.
„Ja?“, fragte ich.
„Lebst du noch?“
„Jo …“
„Ich dachte, ich schau kurz vorbei und sehe nach.“
„Passt schon.“ Ich drückte auf die Spülung, hörte das Wasser rauschen, griff nach dem Türschloss und zögerte im letzten Moment. „Ist die Luft rein?“, fragte ich.
„Stubenrein.“
Ich musste lachen. „Niemand steht hinter dir und hält dir ein Messer an den Hals oder so?“
Er lachte auch. „Nein, nein … “
Ich machte die Tür auf und trat hinaus.
Phil schüttelte den Kopf. „Was ist das für eine abgefuckte Situation?“
„Ich weiß auch nicht“, sagte ich. „Ich weiß es auch nicht … aber ich sag dir was: Alles, was heute Nacht geschieht, bleibt unter uns.“

Draußen im Gang traf ich auf meine Schwester und Lydia. Sie standen in der Schlange zur Damentoilette, beide mit ihrem Zombie in der Hand.
„Hey“, sagte meine Schwester. „Wie geht’s?“
Ich warf einen Blick in den Flur. Ich wollte zurück zur Bar.
„Geht so“, sagte ich.
„Ich habe ihn oben kurz gesehen“, sagte meine Schwester. „Vor einer halben Stunde etwa. Er hat sich mit Kumpels unterhalten und ein bisschen getanzt.“
„Er hat getanzt?“ Das Bild wollte mir nicht in den Kopf.
„Ja, ist aber ein bisschen her, hab ihn seitdem nicht mehr gesehen.“
„Wie lange bleibst du eigentlich noch?“, fragte ich.
„Bis um eins.“
„Wie kommst du heim?“
„Ich übernachte bei Lydia.“
„Und Lydia übernachtet bei uns oder was?“
„Nein, nein, ich übernachte wirklich bei Lydia, ihre Eltern holen uns um eins ab. Stimmt's Lydia?“
Lydia nickte ernsthaft.
„Na gut …“ Ich holte mein Handy aus der Tasche und blickte aufs Display. 12:15. Fünfundvierzig Minuten noch. Eine Schulstunde.
„Ihr werdet dann vorne an der Straße abgeholt?“, fragte ich.
„Ja, genau.“
„Okay, dann, treffen wir uns vorne um eins. Wir sind solange bei der Bar.“
„Okay …“ Meine Schwester musterte mich. „Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?“
„Ja, ja …“

Irgendwie brachten wir die Zeit hinter uns. Ich trank meinen Zombie aus, Phil sein Bier, wir zählten die Minuten und gingen zur Straße.
Lydias Vater wartete bereits. Er hatte seinen fetten Benz auf dem Gehweg abgestellt und die Warnblinker angemacht.
Meine Schwester und Lydia kamen im Eilschritt heraus, Arm in Arm. Sie winkten uns zu und stolperten kichernd auf den Rücksitz. Der Benz brummte auf und glitt davon.
Ich sah ihm erleichtert nach und blickte die Straße rauf und runter. Sie war weitestgehend leer. Kaum ein Auto. Fast hatte ich es geschafft. Ein Kilometer.
Es sei denn, er weiß, wo du wohnst …
Ein alberner Gedanke. Denn selbst, wenn er wüsste, wo ich wohnte, was zugegebenermaßen nicht gerade ein Geheimnis war, er würde sich doch nicht draußen auf die Straße hinstellen und stundenlang auf mich warten, oder? Es konnte doch auch sein, dass ich auswärts schlief. Oder dass ich heute morgen um sechs nach Hause kam.
Warum sollte er da draußen sein?
Vielleicht nur zufällig? Vielleicht ist heute einfach nicht dein Tag?
„Komm“, sagte Phil, „ich begleite dich nach Hause.“
„Ist voll der Umweg für dich.“
„Weiß ich.“
Wir schwiegen auf dem Weg zu mir. Hatten uns einfach nicht besonders viel zu sagen. Ich hielt meine Flasche in der Hand, und Phil ging neben mir her.
„So …“, sagte Phil, als wir bei mir waren. Ein kleines bürgerliches Reihenhaus mit Sternensingerkreide über der Tür und Blumenkästen vor den Fenstern. Wir blieben auf dem Gehweg stehen und sahen an der weißen Fassade hinauf. Kein Licht brannte.
„So früh bin ich glaub noch nie von der GFS nach Hause“, sagte ich.
„War trotzdem eine lange Nacht.“
„Es war eine richtig lange Nacht… “
„Es war extrem lange Nacht …“
„Alter, ich bin so fertig, ich könnte sterben.“
Ich hob die Hand, er auch, und wir schlugen ein - aber ohne zuzugreifen. Wie ließen unsere Hände auseinander gleiten, zogen sie zurück, zeichneten einen Kreis, machten beide eine Faust, und knallten sie sanft zusammen.
„Ich ruf dich morgen an“, sagte ich.
Er nickte. „Bis morgen.“
Er wandte sich zum Gehen.
„Hey Phil“, sagte ich.
Er blieb stehen und drehte sich. „Ja?“
„Danke.“
„Wofür?“
„Für alles und so.“
Er winkte ab.
„Nein, ernsthaft, ich kann schon ein Arsch sein, aber das weiß ich zu schätzen.“
Er winkte wieder ab. „Bis morgen.“
„Ja, bis morgen.“

Im Haus war es totenstill. Ich streichelte Skittles ein bisschen, ging ins Bad, putzte die Zähne, stellte die Bierflasche auf mein Fensterbrett und legte mich hin …

Am Morgen wurde ich von meiner Mutter geweckt. Sie hatte Tränen in den Augen.
„Mama?“
Sie saß am Bettrand in einem schwarzen Abendkleid.
„Dein … Freund …“, stotterte sie.
„Meinst du Phil?“
„Er ist im Krankenhaus, auf der Intensivstation.“
Was?“ Ich warf die Decke beiseite. „Was sagst du?“
Ihre Unterlippe zuckte und etwas Komisches passierte mit ihren Augen. Als würde ihr ganzes Gesicht gegen den Drang kämpfen, in sich zusammenfallen.
Dann kam mein Vater ins Zimmer. Ganz langsam. Er war ebenfalls in Schwarz gekleidet und seine Schuhe glänzten. Ich konnte Lack riechen. Lack und Zigaretten und kubanischen Rum. Er stellte sich hinter meine Mutter, legte eine große dunkle Hand auf ihre Schulter und sah mich an.
„Pa“, sagte ich. „Was geht hier vor? Was ist mit Phil?“
Meine Mutter weinte, und mein Vater sah mich einfach nur an. Mit so einem kritischen Blick.
„Jetzt sag schon“, sagte ich. „Raus mit der Sprache. Was ist mit dem?“ Ich wollte aus dem Bett steigen, aber meine Mutter saß ja neben mir. Ich musste also auf die andere Seite raus. Voll der Umweg.
„Jetzt sag schon!“
„Sie haben ihn zusammengeschlagen“, sagte meine Mutter mit bebender Stimme. „Sie haben ihn zusammengeschlagen und in eine Mülltonne geworfen und sie zugeklebt. Und dann haben sie Phil den Eulenbuckel runtergerollt!“
Ich sah hoch zu meinem Vater, der mich musterte. Zwischen seinen Brauen war eine lange vertikale Falte. Das war seine Denkfalte. Seine Kritikfalte. Ich hasste sie.
Ich rollte mich zur Seite, stieg aus dem Bett und ging auf ihn zu.
Er drehte nur leicht den Kopf.
„Was willst du?“, schrie ich ihm ins Gesicht. „Was willst du?“
Er musterte mich mit der Falte, und ich schubste ihn nach hinten.
„Hör auf!“, schrie meine Mutter.
„Was willst du damit sagen, du Penner! Dass ich daran schuld bin? Du abgefuckter Penner! Was willst du?“
Er verzog nicht einmal das Gesicht. Nur die Denkfalte … die wurde ein bisschen prominenter.
Ich holte weit zum Schlag aus, und dann packte er mich plötzlich. Am Hals. Er packte mich am Hals, drückte zu und hielt mich hoch. Ich hörte etwas knacken, rang nach Luft, spürte, wie meine Füße den Teppichboden verließen und sah nach unten. Unter mir rauschte ein Strom aus Kotze durch mein Zimmer. Ein Lawine aus halbverdautem Sushi und Bananen und …


Ich wachte auf, holte tief Luft, und schnappte mein Handy vom Bettstand.
„Ja …?“
„PHIL!“, brüllte ich den Hörer. „Phil, bist du das?“
„Alter, wir haben fünf Uhr … ich schlaf.“
„Hey, ich hab so schlecht geträumt!“
Es war kurz still in der Leitung. „Und?“
„Weiß auch nicht …es war einfach heftig … so ein richtig krasser Traum.“
„Schlaf weiter, du Homo.“
„Okay, okay …“

Ich verbrachte den Sonntag daheim. Ich stand gegen zehn auf, machte mir Toast zum Frühstück, nahm Skittles in den Arm und schaltete den Fernseher an. Click-click-click.
Ich dachte an die GFS und fühlte mich komisch. Aber das war ein gewohntes Gefühl. Samstagnacht fühlte sich immer seltsam an, wenn man sonntagmorgens mit Skittles auf der Couch saß.
Überraschungseffekt, dachte ich immer wieder. Überraschungseffekt. Das hatte er mir doch versprochen, nicht wahr? War Vlatko jemand, der sich an sein Wort hielt?
Wenig später kam meine Muter mit meiner Schwester nach Hause. Sie waren einkaufen gewesen.
„Guck mal“, hörte ich meine Mutter sagen. „Er ist schon wach.“
Meine Schwester setzte sich neben mich auf die Couch und sah Skittles mit großen Augen an.
„Vergiss es“, sagte ich.

Der Sonntag zog sich hin. Meine Mutter machte uns was zum Essen, und wir setzten uns zu dritt an den Tisch und aßen. Bis auf einen Moment, als meine Mutter nach der GFS fragte, und meine Schwester und ich in auffälliges Schweigen verfielen, war es ein Essen wie jedes andere. Meine Mutter quatschte und wir quatschten mit, dann räumte ich das Geschirr weg und fragte mich, ob Vlatko jemand war, der sich an sein Wort hielt.

Gegen Abend ging ich zu meiner Schwester ins Zimmer. Sie saß am Schreibtisch mit einem Stift in der Hand.
„Hey“, sagte sie, ohne aufzusehen.
„Hey.“
Ihr Zimmer war kleiner als meins, aber viel hübscher. Sie hatte Pflanzen drin und eine alte Kerze am Fensterbrett stehen und lauter so Sachen. Ein fetter Buddha hockte in der Ecke, ein Druck von Dali schmolz von der Wand. Daneben ein Poster von den Babyshambles. Daneben ungefähr tausend Postkarten mit klugen/sexy Sprüchen drauf, oder Bildern von Touristenhighlights, die sie von Freundinnen bekommen hatte: Ich vermisse dich, Schatz! Voll geil hier!
Und dann das Bett: ein kunstvolles Arrangement aus bunten Decken, Tüchern und Kissen, alles wunderhübsch angeordnet.
Ich flackte mich drauf.
„Hey!“, brüllte meine Schwester.
„Was?“
„Nicht mit den Jeans! Die wurden seit Jahren nicht mehr gewaschen!“
„Quatsch, nur weil Mama das sagt … du glaubst ihr auch alles.“ Ich lehnte mich zurück und kuschelte mich genussvoll in die Kissen.
Sie sprang auf und rannte zum Bett. „GEH RUNTER!“
„Hey, kannst du nicht normal reden? Mir platzen gleich die Ohren.“
Sie schlug mich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel: FATZ!
„Hey! Bist du dumm?“
„Du beschissener Vollassi! Geh jetzt runter!“
„Du bist so ein Psycho! Echt jetzt, das ist nicht mehr normal. Vielleicht solltest du zum Arzt.“
„Geh jetzt RUNTAAAAAAAAAAAAAA!!!“
„Gut, gut … Gott!“ Ich stand auf. „Ist dein Bett jetzt ein Schrein geworden, oder was? Erklär mir das bitte: Wozu soll all das überhaupt gut sein, wenn man sich nicht mal draufsetzen kann?“
Meine Schwester ging zum Schrank, holte eine Decke, ordnete blitzartig die Kissen um, so richtig mit Routine, wie ein Thai in einem Fast-Food Imbiss, und breitete dann die neue Decke aus.
„Da“, sagte sie. „Kannst dich setzen.“
„Danke …“
Ich legte mich auf die neue Marc-taugliche Decke, und sie setzte sich wieder an den Schreibtisch.
„Was machst du eigentlich?“, fragte ich.
„Hausaufgaben.“
„Schwör?“
„Ich schwör.“
Sie arbeitete wortlos weiter und ich sah mich eine Weile lang in ihrem Zimmer um. Ließ die Zeit ein bisschen verstreichen und so. Den Dali-Druck, auf dem alles dahinschmolz, fand ich gar nicht mal so uncool. Ob mein Zimmer auch ein bisschen Kunst vertragen würde? Wenn schon die Frauen draufstanden?
Es war zumindest mal eine Überlegung wert.
„Kennst du eigentlich diesen Vlatko?“, fragte ich.
Meine Schwester drehte sich um. „Nein, gar nicht.“
„Kennst auch niemand, der ihn kennt?“
„Ich hab gesehen, mit wem er sich bei der Tanzfläche unterhalten hat, und ich kannte sie nicht. Meinst du, das ist sein Ernst mit dem Überraschungseffekt?
„Nein, nein … wobei, naja … keine Ahnung.“
„Mir kam es schon so vor, als wäre es sein Ernst, aber wenn er dich wirklich schlagen wollte, hätte er es doch gleich machen können. Warum hat er es nicht gemacht? Du warst doch noch eine Weile da.“
„Vielleicht, weil er Angst hatte, dass ich zurückschlage?“
„Kann sein …“, sagte meine Schwester. „Hättest du zurückgeschlagen?“
„Ganz bestimmt hätte ich das.“
Sie nickte, sah mich einen Moment lang an, und lachte dann plötzlich auf. „Ich glaube, Lydia will was von dir.“
„Echt?“
„Ja, sie findet dich süß.“
„Hm …“
„Magst du sie nicht?“
„Weiß nicht … sie ist ein bisschen jung.“
„Sie hatte schon mal was mit einem, der zwanzig war. Und der sah richtig gut aus.“
„Aber vielleicht war er ein Arsch oder so?“
Meine Schwester zuckte mit den Achseln. „Ich hab mal mit ihm gesprochen und er war voll nett.“
„Er war nett?“ Ich setzte mich auf. „Was ist das für einer?“
„Er macht Zivi im Altenheim. Er hat Lydia mit seinem Auto abgeholt und sie sind Eis essen gegangen. Und dann haben sie hinten im Auto Sex gehabt. Aber das darfst du auf gar keinen Fall weitererzählen! Wirklich! Auf keinen Fall!“
„Gott …“ Ich schüttelte den Kopf, ließ mich nach hinten fallen und starrte vor mich hin. „Fickst du eigentlich auch mit so Spasten auf Autorücksitzen?“
„Oh Gott! Nein, nein … wir fahren dann gleich zu ihm in die Wohnung.“
Ich legte die Hand aufs Gesicht und stöhnte wie einer mit Zahnschmerzen.
„War doch nur ein Spaß … hihi.“
Ich gab keine Antwort.
„Was ist mit dir?“
„Irgendwie geht mir grad die ganze Welt auf den Sack.“
„Na, dann habe ich aber gute Nachrichten für dich!“ Ich hörte sie lachen und sah wieder auf.
„Was denn?“, fragte ich.
„Rate mal.“
„Ich habe keine Ahnung.“
„Rate.“
„Mama hat meine Bong gefunden.“
„Ich hab dir doch erzählt, dass Mutter sich mit diesem Typen trifft.“
„Sag bloß, der kommt zum Essen vorbei!“
„Genau!“
„Neiiiiiiiiiiiiiiiin!“
„Doch! Und der Typ sieht echt vooooll komisch aus! Echt voll! So einer mit Glatze und Turnschuhen und … voll komisch einfach.“
„Gott, was hat sie für einen schlechten Geschmack? Erinnerst du dich an den letzten? Diesen Fisch?“
„Sie will ihn nächste Woche vorbeibringen, und sie will, dass wir auch dabei sind. Du kommst, ja?“
„Ich denke schon.“
„Du musst kommen! So was ertrage ich ohne dich nicht, du musst dabei sein.“
„Ja, mach dir keine Sorgen.“
„Nicht, dass du wieder Fußball spielen musst oder so …“
„Hey, du kennst mich doch. Wenn Mama versucht, uns wieder so ein Gesicht ins Haus zu bringen … das verpasse ich um alles in der Welt nicht.“
„Gut.“


Was hab ich noch den Rest des Abends gemacht? Playstation gezockt? Hausaufgaben etwa? Ich weiß es nicht mehr genau. Als ich das Licht ausmachte und ins Bett ging, sagte ich mir, dass Vlatko bereits der Vergangenheit angehörte. Dass er es nie wagen würde, mir den „Überraschungseffekt“ zu zeigen. Dass so was einfach cool klang, wenn man was getrunken hatte und die Kumpels danebenstanden. Dass er gerne Scheiße redete, so wie ich auch auf Parties auch manchmal Scheiße redete. Und wenn man im eigenen Bett unter einer warmen Decke lag, war das auch leicht zu glauben. Ein Teil von mir glaubte das wirklich. Ich hätte einen Fuffi drauf gewettet, dass ich Vlatko so schnell nicht wieder sehen würde. Ganz bestimmt hätte ich das getan.
Aber natürlich hatte ich Schiss, dass ich ihn bald wiedersehen würde. Beziehungsweise dass ich ihn nicht rechtzeitig sehen würde. Ich lag im eigenen Bett unter einer warmen Decke und hatte Angst - und das machte mich wütend. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie er Na und? zu meiner Schwester sagte. Und zu mir: Das siehst du dann, wenn du auf dem Boden liegst und blutest.
Ich stellte mir vor, wie ich die Flasche mit einer sauberen Bewegung über seinen Kopf zog - und stellte fest, dass das ein schöner Gedanke war. Ich mochte diese Vorstellung. Ich mochte sie sehr. Ich stellte mir das immer und immer wieder vor in dieser Nacht. Wie Vlatko unbehelligt ins Klo stolperte, und dann: Bäm! Oder wie er vor meinem Haus aus den Büschen sprang und Phil vor Scheck in Ohnmacht fiel, und dann: Bäm!
Oder wie er meine Schwester schubste oder wie er sie ohrfeigte, und wie ich dann reinrauschte und ihn zerstörte.
Mit der Zeit fragte ich mich, ob ein perverser Teil von mir sich nicht wünschte, dass er sie angegriffen hätte.
Ich lag lange wach in dieser Nacht. Ich lag lange wach und grübelte wie vielleicht nie zuvor.
Diese Gedanken bringen dir ganz nichts, dachte ich irgendwann. Vlatko besiegt dich doch mit diesen Gedanken. Er besiegt dich mit deiner Angst und mit deinem Hass. Denk nicht an Vlatko. Scheiß auf Vlatko.
Aber das war viel leichter gesagt als getan. Denn ein Teil von mir wollte, dass es noch nicht vorbei war. In mir lebte etwas, das sich nach einem Wiedersehen sehnte, etwas, das nach Rache und Action durstete, allen möglichen Konsequenzen zum Trotz.
Aber wollte ich ihn wirklich wiedersehen? Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich mich wirklich für ein Wiedersehen entscheiden? Oder wollte ich nur in Gedanken Vergeltung üben? An welcher Stelle drang hier die Phantasie in die Realität ein? Wo waren die Berührungspunkte? Was war echt?
Ich wusste es nicht, aber vielleicht war es auch zu früh, um so was zu wissen. Vielleicht kann man so was auch gar nicht wissen. Vielleicht ist es einfach so, dass sich manche Dinge unfertig anfühlen. Vielleicht ist das alles, was man wissen kann. Ja, dachte ich, als ich in den Schlaf glitt: Vielleicht. Vielleicht ist alles vorbei, aber mit Vlatko bist du nicht fertig.

 

Meine Güte, könnt ihr alle toll schreiben, fiz, Fliege und du. Das ist ja wie Geschichtenweihnachten hier. Ich genieß das richtig!!!!

JuJu, deine Geschichte ist toll. Ich hab so gelacht an manchen Stellen, besonders die Kabbeleien zwischen Bruder und Schwester, und wie der Bruder sich zu einem Moralapostel wandelt, und an anderen hab ich mitgefühlt wie nur was. Und ganz besonders gefällt mir, dass sich Tragisches mit Lustigem so mischt. Für eine Frau ist so eine Kloszene natürlich total komisch einerseits, wenn alle Kerle den Pinkelblockierten mustern und der schon Schweißausbrüche kriegt, und der Schwanz immer kleiner wird, aber es hat auch was Fieses an sich und man ist echt froh, wenn er endlich ins Klo entwischen kann.
Da ist eine ganze Menge Liebevolles drin, wie der Icherzähler sich zum Beispiel von seinem Freund verabschiedet, das mochte ich so gerne, da merkt man wirklich dran, das sind zwei Kerle, die da voneinander Anschied nehmen. Und wie sie nicht zugeben können, dass sie eine Scheißangst haben, wenn du sie mehrmals wiederholen lässt, dass die Nacht wirklich lang war.
Und was mir auch noch gefallen hat, ich hab einen Einblick gekriegt, wie sich das wohl anfühlen muss, wenn man als Kerl vor so einer Drohung steht. Das ist dann nicht nur die Angst vor dem körperlichen Schmerz, sondern alles Mögliche, Undefinierbare. Angst vor dem Ehrverlust, Angst vor der Angst, aber auch die Erkenntnis, dass ganz schön viel Gewalt in einem steckt, womit man vielleicht nicht gerechnet hat.
Ach und der Icherzähler hat eine Menge Humor, ich fand das einfach toll zu lesen, wenn der zum Beispiel zum Phil sagt, er könnte ihm ja ein Kopfkissen unterlegen, wenne r dann auf dem Biden liegt.

Gegen Ende dachte ich dann, dass Zlatko ein raffinierter HUnd sein muss, der setzt den Überraschungseffekt so, dass die Angst vor dem Unbekannten den Gegner fertig macht und der sich fast wünscht, dass endlich was eintritt.

Was mir auch noch gut gefiel, das ist die Sprache. Ist ja lang drüber diskutiert worden, ob man Jugendsprache benutzen soll oder nicht. Dein Text ist ein Beispiel dafür, dass man da nichts Prinzipielles sagen kann. Ich find nämlich, hier passt es, ich nehm dir das ab. Alles. Ich mag auch deine Dialoge sehr gern, wie du da manchmal aufs Ganze gehst, und einfach was wiederholst, was man aus dem "echten" Leben ja auch genau so kennt, aber beim Schreiben traut man sich es dann nicht, weil man viel zu verkrampft daran denkt, das dürfte man jetzt nicht machen, weil es ist ja eine Geschichte und will gut geschreiben sein.
Vielleicht gibts paar Stellen, wo man noch mal drüber gehen könnte, weiß ich jetzt nicht, hab auch keine Zeit, das genauer zu sondieren. Ich wollte jetzt einfach mal meinen ersten Eindruck loswerden. Und auf die Gefahr hin, dass ich zu einem Lobebolzen werde, ich find deine Geschichte sehr authentisch, sehr echt, ich mag sie richtig gern. Hast du toll gemacht.
Viele Grüße von mir

 
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Hallo JuJu,

freut mich echt, dass Du auch mitmachst bei der Challenge. In den Verdacht, hier allzu didaktisches Zeug anzusammeln, werden wir wohl nicht geraten :D

Ich finde das Thema spannend, diese Macht, die Zlatko da über ihn hat. Ist auch echt ne miese Nummer mit dem Überraschungseffekt - psychologische Kriegsführung. Und auch diese Flaschengedanken fand ich gut, weil ich das Gefühl kenn, das man zum Mörder werden könnte, nicht um sich selbst zu verteidigen, aber jemanden, für den man sich verantwortlich fühlt.

Die Umsetzung, ich sag's mal ganz ehrlich, ich hab das Gefühl, Du hast den Text ziemlich schnell geschrieben und er hätte noch so 2-3 Editierdurchgänge vertragen können.

Vielleicht ist es einfach so, dass sich manche Dinge unfertig anfühlen.
Ja, der Text liest sich fluffig, aber für meinen Geschmack zu fluffig. Da wird soooo viel gelabert. Ich glaub, wenn ich ihn zusammenstutzen dürfte, wär der Text nachher nur noch 60% so lang wie jetzt. Ich hab da auch irgendwann so ein bisschen abgeschaltet, zwischen den Falaffeln, dieses Cheeseburger-Ding hat auch nicht so richtig gezündet bei mir. Klar redet man an so einem Abend auch viel murks und man kann das für die Atmosphäre schon auch mal einbauen, aber nicht so lang, finde ich. Und das ist doch doof, wenn da so viel Banales gesagt wird, dass man das Wichtige dazwischen fast verpasst. Also im 100% Mädchen gibt es ja auch viel Dialog, aber den fand ich viel pointierter und relevanter. Hier hab ich das Gefühl, der ganze äußere Dialog und dazu noch innerer Monolog schwächen die Intensität dieser bedrohlichen Situation total. Ich komm da gar nicht richtig ran an die Angst und die Wut hinter dem Wortschwall.

Es sind ja auch gute Momente und spannende Konstellationen drin: diese Freundschaft, die Geschwisterlichkeit. Aber wenn er da im Zimmer sitz und neben Zlatko und der Angst, die kleine Schwester könnte irgendwas mit Sex zu tun haben, kommt dann noch die Bong und Mamas neuer Freund und Topfpflanzen. Das macht mich wirr und verstellt mir den Blick. Und wenn das dann auch noch reiner Dialog ist, klingeln mir irgendwann einfach die Ohren. Das mit den Kissen auf dem Bett hat mir allerdings richtig gut gefallen, das fängt diese Geschwisterkabbelei gut ein - ist auch eine der wenigen Erzählpausen im Gelaber.

Ich fand auch gut, dass Lisa kotzt und wie er dann nachher so ein bisschen Gewissen hat und froh darüber ist, sie nicht gefickt zu haben.
"Eulenbuckel" ist auch toll.

Ich finde auch sprachlich bleibst Du hier insgesamt unter dem Niveau, was man von Dir kennt. Damit mein ich jetzt gar keine eleganten Sätze oder tollen Metaphern, es ist ja eher so gesprochene Sprache, aber auch die kann man etwas schicker hinkriegen. Gerade am Anfang fand ich es oft holprig.
Du hast auch so ein paar Leseransprachen, aber das bleibt irgendwie so vereinzelt, wird nicht konsequent durchgezogen. Da würd ich mir nochmal Gedanken machen, ob Du die brauchst, wie Du Dir die Erzählsituation da vorstellst und ob es so einen betonten Erzählvorgang in dieser Geschichte nötig hat. Ich find es beißt sich etwas mit der Unmittelbarkeit der wörtlichen Rede, wo der vorher superpräsente Erzähler dann plötzlich total verschwindet.

Mal so ein paar Beispiele, wo ich es holprig fand

wo ein Mädchen namens Lisa sich befand.

Sie war ein Jahr jünger als ich, ein schmales, blondes, scheues Wesen, wie es sie in unseren Breiten massenhaft gibt, und die mir, ohne dass ich cool wirken will, nie wirklich aufgefallen war. Ich ging in die Zwölfte, sie ging in die Elfte, und an ihr war einfach nichts auffällig.
dieser Einschub an den Leser; diese "aufgefallen" "auffällig" Redundanz

„Hey, sprech sie an.“ Phil machte das gern: mit Imperativen kommen, wenn uns langweilig wurde.
Das ist kein Imperativ. "Sprich" wäre ein Imperativ

Früher, als wir noch jünger waren, hatten solche Sätze Mutprobencharakter gehabt, mittlerweile dienten sie vor allem der Kurzweile.
das ist doch für gesprochene Sprache auch komisch formuliert

Ich nahm das alles wortlos zur Kenntnis und sagte nichts dazu.
siehste selber, ne?

Er nickte. „Gut, dann kannst du nachher was erleben, du Votze.
Fotze

„So ein Assi“
Asi

Die Zeit zog sich wie Spucke aus dem Mund eines Schlaganfallopfers.
Aus welcher Welt kommt dieser Vergleich daher? Was hat der mit der Geschichte und der Umwelt des Prots zu tun?

Oder mich beraten, während er mich fickt!
Da vergibst Du auch ne Pointe. "beraten" ist etwas lahm. Ich würd ihn den Schweiß von der Stirn tupfen lassen oder so

Ruhe durchströmte mich sofort
würd ich umstellen, sofort am Ende ist immer etwas paradox

Ich wollte aus dem Bett steigen, aber meine Mutter saß ja neben mir. Ich musste also auf die andere Seite raus. Voll der Umweg.
Beschwerte er sich, als er seinen besten Freund tot glaubte

In mir lebte etwas, das sich nach einem Wiedersehen sehnte, etwas, das nach Rache und Action durstete, allen möglichen Konsequenzen zum Trotz.
Ich werd dich ficken, bis du schreist.
"dürstete". Es liest sich in der Hintereinanderschaltung auch ein bisschen so, als habe er einen geheimen Wunsch, von Zlatko gefickt zu werden.

Es gab auch schöne Stellen:

„Er ist Jugo, hat so krasse blaue Augen, er trägt immer eine schwarze Lederjacke und …“ - Sandro drückte sein Kinn auf die Brust, hob die Schultern an und sprach genuschelt weiter - „und der hat keinen Hals. Der geht ungefähr so.“
„Nicht zu übersehen, was?“
„Also wenn er vor dir steht … eigentlich nicht.“

Sie streichelte seine Schulter wie ein Tigerfell.

Wangen- und Kinn- und Nasen- und Stirnknochen überall.

„Das war schon metaphorisch gemeint, oder? Das mit dem Ficken, bis du schreist?“

Aber in einem Deiner anderen Texte wären das bestimmt nicht die rauspickenswürdigen Highlights gewesen.

Also tut mir leid, ich find die Anlage echt spannend, aber die Umsetzung irgendwie schludrig. Ist immerhin ne bessere Ausgangssituation als andersrum, muss man halt nur noch etwas feilen. :D

lg,
fiz

P.S.: Ich versteh den Titel nicht. Er hat doch bis zum Schluss Rachephantasien.

 

Es passierte hinter dem Jugendhaus, nachts, während ich mit meiner Schwester sprach, und fing damit an, dass ich eine Woche vorher in einer Bar gewesen war, wo ein Mädchen namens Lisa sich befand.
vor dem "und fing damit an" würde ich das "Es" noch einmal wiederholen oder ein "Alles" einsetzen, sonst denkt man sich ein "ich" dazu, weil du vorher schreibst; ich sprach mit meiner Schwester.
ein schmales, blondes, scheues Wesen, wie es sie in unseren Breiten massenhaft gibt,
Das kann natürlich an mir liegen und es liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit an mir, aber den Ausdruck "in unseren Breiten" kenne ich echt nicht. Ich kenne "in unseren Reihen", oder "wie es sie in (breiten) Massen gab", aber ... na ja.
Hey, sprech sie an.“ Phil machte das gern: mit Imperativen kommen, wenn uns langweilig wurde.
Dein Deutsch tut meinem nicht gut. :D Ich komme mir wie bei so einem Test vor, in dem ein paar Fehler eingestreut sind und ich muss sie finden. Also, Imperativ von "sprechen" ist natürlich "sprich" oder "sprecht" für Plural.
Ich drehte mich zu Lisa, wir hatten kurz Augenkontakt, und ich dachte, wie man eben so denkt, wenn man schon vier oder fünf Bier intus hat:
Du darfst auch Semikolon benutzen oder Doppelpunkt oder auch für die ganz Kreativen unter uns: Punkte. Kommata werden hier inflationär und ohne ersichtlichen Grund benutzt, hab ich das Gefühl.
Ich weiß noch, wie sie zwischen mir und dem Baum regelrecht pulsierte, wie sie auf und ab rutschte wie ein warmes kleines Tier, wie sie mmmm machte, als ich ihren Hals küsste, und wie ich ihre Brust mit der Hand umfasste und dachte: Hast recht, fühlt sich verdammt gut an.
Das ist schön plastisch geschrieben, trotz des comichaften "mmmm". :)
bis Ende der Nacht jeden wie ein Diamant strahlen ließ, und irgendwie dazu drängte
shine bright like a diamond
und sogar meine kleine Schwester. Sie war vierzehn, hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an, und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum. Das bereitete mir Kopfschmerzen, denn zum einen war sie meine Schwester, und zum anderen war das hier die Glitzer-Funk-Soul, und sie hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum.
Also dieses "Zum einen und zum anderen" passt nur, wenn man zwei Sachen gegenüberstellt - nicht drei! Nimm diese Glitzer-Funk-Soul-Sache da raus - dann hast du da ein schönes Highlight, finde ich. In jeder Disko kann irgendwas passieren, was ihn aufregt ist ja, dass sie auch noch heiß aussieht.
Am liebsten hätte ich meine Schwester nie mit solchen Augen sehen müssen, aber ich war leider nicht blind, und aussehtechnisch lag sie nun mal im oberen Bereich, was natürlich alles viel schlimmer machte. Wer weiß, zu was die sich heute Nacht nicht alles verleiten ließ? Ich knirschte bereits mit den Zähnen bei diesen Gedanken.
Das sind so Sachen, die kann man getrost streichen.
„Weißt du überhaupt, was alles drin ist in diesen Zombies? Alles! Die hauen einfach alles rein! Und ausgerechnet darauf steht sie. Das ist nicht so wie bei uns, als wir noch vierzehn waren, das artet alles aus jetzt.“
:lol: Der ist 3-4 Jahre älter und tut so, als lägen da Generationen zwischen ihnen. Ich mochte diesen ganzen Dialog mit Phil und auch das mit den Cheeseburgern. Wobei ich kurz dachte: Okay, das ist doch Juju mit seinen irrwitzigen Theorien und nicht der Erzähler, wo hört Juju auf und wo fängt der Erzähler an. Das lese ich auch aus deinen anderen Geschichten raus, ist ja nicht schlecht, in den Geschichten ist die Stimme natürlich auch viel geschliffener als die in deinen Kommentaren - aber die Ähnlichkeit ist schon verblüffend. Bei so Sachen wie Jugendgeschichten ist das sicher von Vorteil so zu schreiben wie man lustig ist, aber ... Na ja, es gibt kein Aber. Ich wollt's nur mal gesagt haben.
„Komisch, ich erleb sie gar nicht so. Zu mir ist sie immer voll nett. Sogar lieb würde ich sagen.“
„Willst du mir jetzt auf den Sack gehen, oder was?“
Phil nahm einen Schluck Bier. „Was sagt denn deine Mutter dazu, wenn sie hier unterwegs ist?“
„Meine Mutter hat gemeint, ich soll ein Auge auf sie werfen. “
Wenn das jetzt eine Serie ist, wie angekündigt, dann kommen da noch ganz viele Sachen auf uns zu, gell? Phil und die Schwester, das Problem mit dem Vater, Vlatko natürlich, der neue Freund der Mutter, seine 100%ige - auch wenn das nach viel Alkohol klingt. Ernsthaft, ich freue mich darauf, was du jetzt aus diesem Teil machst. Würde aber feirefiz da ganz feste zustimmen, was die Verdichtung angeht. Du kannst nicht alles auf das Äußerste ausreizen. Das verlangst immer bei anderen Geschichten, aber du übertreibst das ein bisschen. Ich lese das zwar gerne, aber auf die Dauer kann das sicher anstrengend sein.
„Jetzt zieh hier nicht so ne Show ab“, sagte ich und nahm ihren Arm von meinem Hals.
Sie zog die Brauen an. „Ich? Eine Show? Aus deinem Mund? Das muss ich mir merken!“
„Soll ich ein paar Geschichten von dir erzählen?“, fragte ich.
Da sagte sie nichts.
Kann auch weg.

Richtig spannend ist natürlich die Sache mit Vlatko, das artet ja in Panickattacken aus fast, ich habe das sehr gerne gelesen, ich finde es ist auch sauspannend geschrieben, wie er allmählich in diese Paranoia verfällt, jeden beschuldigt, sogar rassistisch wird. Das ist gar nicht mal so abwegig finde ich. Ich muss studiumbedingt viel zu dem 9/11 Reaktionen lesen und racial profiling war vor dem Ereignis total verpönt, 80% fanden es rassistisch und total veraltetes Denken, das Gegenteil war danach der Fall, 60% waren dafür, dass man unbedingt racial profiling betreiben sollte, aber nur bei muslimisch aussehenden Menschen. Finde ich krass, wie man von einem Tag auf den anderen seine Überzeugungen über Bord wirft - einfach aus reiner Angst. Daher fand ich das mit der Flasche überhaupt nicht abwegig, sondern folgerichtig - da ist jedes Mittel recht, wenn's um das Überleben geht.

Mir hat auch die Traumsequenz gut gefallen - ich hab schon vermutet, dass es nur ein Traum ist, aber andererseits könnte es genau so die Realität sein. Bei dir ist alles möglich. :P Als er dann seinen Vater schlägt, ist klar, das muss Einbildung sein.
Es kann auch gut sein, dass Vlatko etwas total Banales plant und der Prot. fantasiert sich da in Situationen - ich finde, du hast das auch ganz toll eingefangen - diesen Psychoterror, den man sich selber macht. Das einzige, was Vlatko ihm gibt ist das Gefühl der Angst, mehr nicht, den Rest erledigt der Prot. für Vlatko.

Ich meine, ich habe das hier noch nicht gelesen - eine Jugendgeschichte darüber, was die Androhung von Gewalt bei einem selbst auslöst, sein ganzes Verhalten, Denken und sogar Träumen (Unterbewusstsein) richtet sich danach. Ich fand das stellenweise echt intensiv, aber dann gibt es auch Stellen, wo das leicht zerfasert und du kommst so ins Plaudern. Das macht natürlich den Charme und Witz deiner Geschichte aus - aber manchmal musst du da auf die Bremse treten.

Insgesamt gefiel mir die Geschichte echt gut, ich mochte sie, ich mochte die Figuren und die ganze Thematik mit dem selbsterzeugten Psychoterror, habe ich gerne gelesen und wenn der Stil geschliffener wäre, hätte ich das Teil bestimmt empfohlen.

JoBlack

 
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Hallo Novak,

Ja, das freut mich, wenn du das Tragik-komische als was Positives empfindest. Das kann auch leicht schief gehen, glaub ich.

ch mag auch deine Dialoge sehr gern, wie du da manchmal aufs Ganze gehst, und einfach was wiederholst, was man aus dem "echten" Leben ja auch genau so kennt, aber beim Schreiben traut man sich es dann nicht, weil man viel zu verkrampft daran denkt, das dürfte man jetzt nicht machen, weil es ist ja eine Geschichte und will gut geschreiben sein.

Ja, schön, wenn das bei dir funktioniert. Also mir ist durchaus auch bewusst, dass das ein bisschen ... aber ich mag so was halt. Ich guck Tarantino nur wegen den Dilaogen und überhaupt steh ich halt voll auf so was. Das freut mich auch voll, dass du dieses Geschwisterzeug mochtest, hatte da auch Bedenken ... hab so was noch nie beschrieben, auf jeden Fall nicht so, das ist jedes Mal eine kleine Herausforderung. Also überhaupt, dein Kommentar hat mich total gefreut! Vielen Dank!

Hallo Fiz! :)


Ich finde das Thema spannend, diese Macht, die Zlatko da über ihn hat. Ist auch echt ne miese Nummer mit dem Überraschungseffekt - psychologische Kriegsführung. Und auch diese Flaschengedanken fand ich gut, weil ich das Gefühl kenn, das man zum Mörder werden könnte, nicht um sich selbst zu verteidigen, aber jemanden, für den man sich verantwortlich fühlt.

freut mich


Die Umsetzung, ich sag's mal ganz ehrlich, ich hab das Gefühl, Du hast den Text ziemlich schnell geschrieben

Hab ich nicht.

Ich hab da auch irgendwann so ein bisschen abgeschaltet, zwischen den Falaffeln, dieses Cheeseburger-Ding hat auch nicht so richtig gezündet bei mir.

Das war überhaupt meine größte Sorge bei dem Text. Ich mochte den Teil mit den Cheeseburgern, wusste aber, er ist ein Tick lang, so vom Spannungsbogenfeeling her müsste Vlatko eine halbe Seite früher auftauchen, das spüre ich auch … aber ich wusste nicht wie kurzen, und dann dachte ich: man kann auch nicht alles für den Spannungbogen opfern. Und ich mag halt so Sachen.

Hier hab ich das Gefühl, der ganze äußere Dialog und dazu noch innerer Monolog schwächen die Intensität dieser bedrohlichen Situation total. Ich komm da gar nicht richtig ran an die Angst und die Wut hinter dem Wortschwall.

Das sind aber zwei verschiedene Stellen. Oder so empfinde ich das. Zuerst wird gelabert, dann kommt Vlatko. Vlatko wird dadurch nicht weniger bedrohlich. Oder überhaupt die ganze Stelle mit ihm und auf dem Klo wo nicht mehr gelabert wird.

Du hast auch so ein paar Leseransprachen, aber das bleibt irgendwie so vereinzelt, wird nicht konsequent durchgezogen. Da würd ich mir nochmal Gedanken machen, ob Du die brauchst, wie Du Dir die Erzählsituation da vorstellst und ob es so einen betonten Erzählvorgang in dieser Geschichte nötig hat. Ich find es beißt sich etwas mit der Unmittelbarkeit der wörtlichen Rede, wo der vorher superpräsente Erzähler dann plötzlich total verschwindet.

Ich stelle mir das halt alles viel viel länger vor, und ja … immer wieder wird der Erzähler präsent, und dann wieder nicht. So ungefähr. Ich denk, so in die Länge gezogen, kann man das schon machen. So wirkt das vielleicht ein bisschen unheitlich, wenn man nur den Anfang hat.

P.S.: Ich versteh den Titel nicht. Er hat doch bis zum Schluss Rachephantasien.

Ich hab das im Kopf alles viel größer angelegt, es wird dauern, bis er die Phantasie los wird.

Vielen Dank für den Kommentar und das Rauspicken von holprigen Stellen! Geh noch auf ein paar andere Sachen weiter unten ein.

Hallo Jo!

Ich mochte diesen ganzen Dialog mit Phil und auch das mit den Cheeseburgern.

Okay, das beruhigt mich ein bisschen.

Ja … das mit dem Verdichten, - also klar, wenn man unbedingt die Cheeseburger-Dialoge kürzen will oder was weiß ich, kann man das machen, aber ich merk da echt, da gehen wir in unserem Denken voll auseinander. Ich hab auch dementsprechend deine letzte Geschichte kommentiert.
Ich weiß noch, wie du dann genatwortet hast, du würdest häufig Sachen lesen und immer wieder denken: das könnte jetzt weg.
Klar, wenn ich Romane les, denk ich auch manchmal: Das ist nicht die spannendste Stelle. Aber viel häufiger denke ich, wenn mir der Roman gefällt: Krass … was die alles machen! Wie weit gehen die? Wo hören sie auf, und wo hör ich auf? Woran liegt das?

Also … ich merk grad bei mir, dass ich einfach mehr machen will. Mir macht das auch mehr Spaß, Figuren über längere Zeit zu verfolgen, so ein Konflikt mal voll auszureizen. Eine Figur auch durchzucharakterisieren. So mit allem drum und dran, auch auf die Gefahr hin, dass es bisschen länger wird. Schon mal ein (guten) Roman gelesen ohne eine einzige in die Länge gezogene Stelle? Also natürlich will ich nichts Langatmiges schreiben, aber … die Sachen, die mir gefallen, was ich in letzer Zeit konsumiert hab: Die Brüder Karamasov - was Dostoyewski für Dialoge hat! Wie er die Figuren labern und leben lässt! Ich fand das so toll. Die Karamasovs sind wie meine Freunde jetzt. Ich kenn die alle. Oder auch Stephen King machmal, wenn auch anders. Die lassen sich Zeit und Raum. Mir gefällt das einfach.
Oder auch Breaking Bad. Wie viel Platz man den Figuren immer wieder zum interagieren oder einfach zum Labern lässt. Guckst du Breaking Bad? Da gibt es zwei Kiffer, und irgendwann erzählt einer eine lange Geschcihte über Star Trek, die er sich ausgedacht hat, echt ewig lang, hat gar nix mit der Handlung zu tun, ist nur witzig und zeigt wunderbar die Figuren, das war eine meiner Lieblingsstellen im letzten Staffel. Da hab ich dann das Gefühl ... okay da lebt was. Ich finds auch lustig bei David Foster Wallce, der ist hier bei vielen Leuten beliebt, der ist ja ein Thema für sich … aber ... wie weit geht denn der? Ich hab da immer das Gefühl, die Leute lesen was anderes - ich seh da einen hyperintelligenten Typ, der den Bogen immer wieder so weit spannt, bis er bricht. Auch auf die Gefahr hin, dass er alle einschläfert und sich selbst umbringt. Also ich bin kein Riesen DFW fan … aber ich will lieber ein Tick zu viel haben als ein Tick zu wenig.
Und nein … ich schreib das nicht einfach runter, ich kürz da viel auch. Ich bieg da sehr viel hin und her, bis ich das Gefühl hab - ja, das passt.


I

ch meine, ich habe das hier noch nicht gelesen - eine Jugendgeschichte darüber, was die Androhung von Gewalt bei einem selbst auslöst, sein ganzes Verhalten, Denken und sogar Träumen (Unterbewusstsein) richtet sich danach.

Hab das auch noch nicht gelesen, im Film vielleicht ein bisschen aber auch nicht so. Da ist auch etwas, das vergisst man schnell, wie veil gewalttätiger die Welt der Jugendlichen ist. Klar, je nachdem, wie man drauf ist … aber ich war auch kein Totalpsycho, der unbedingt die Schlägerei gesucht hat, aber trotzdem … was früher alles los war. Ist vielleicht nicht bei allen so, aber wenn du nicht gerade der zurückhaltendenster Typ ever bist, ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis du mit solchen Situationen konfrontiert wirst.

Okay, das ist doch Juju mit seinen irrwitzigen Theorien und nicht der Erzähler, wo hört Juju auf und wo fängt der Erzähler an

Wenn man mich kennt, auch noch schriftlich, dann klar, das ist auch was Forumeigenes … also ich kann das auch bei anderen Geschichten hier machen. :)


Richtig spannend ist natürlich die Sache mit Vlatko, das artet ja in Panickattacken aus fast, ich habe das sehr gerne gelesen, ich finde es ist auch sauspannend geschrieben, wie er allmählich in diese Paranoia verfällt, jeden beschuldigt, sogar rassistisch wird. Das ist gar nicht mal so abwegig finde ich. Ich muss studiumbedingt viel zu dem 9/11 Reaktionen lesen und racial profiling war vor dem Ereignis total verpönt, 80% fanden es rassistisch und total veraltetes Denken, das Gegenteil war danach der Fall, 60% waren dafür, dass man unbedingt racial profiling betreiben sollte, aber nur bei muslimisch aussehenden Menschen. Finde ich krass, wie man von einem Tag auf den anderen seine Überzeugungen über Bord wirft - einfach aus reiner Angst. Daher fand ich das mit der Flasche überhaupt nicht abwegig, sondern folgerichtig - da ist jedes Mittel recht, wenn's um das Überleben geht.

Ja, wunderbar. Das freut mich. Auf so Reaktionen hab ich gehofft.

Ernsthaft, ich freue mich darauf, was du jetzt aus diesem Teil machst.

Ja, und das wollte ich natürlich auch hören.

Vielen Dank für den Kommentar, Jo! Auch Fiz und Novak nochmal! Denk da noch viel über alles nach.

MfG,

JuJu

 
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Servus JuJu,

„Hör mal“, sagte ich, „ich spreche aus Erfahrung, okay? Und ich komme dir ein ganzes Stück entgegen, wenn ich sage: nur noch ein Zombie. Wirklich ein ganzes Stück entgegen. Ich meine … das wären dann insgesamt drei.“
„Aber die schmecken soooo gut. Und wir haben erst elf, wie soll das gehen?“
„Hey, ist dir überhaupt klar, was ich gerade gesagt hab? Insgesamt drei Zombies. Hast du das gehört, Phil? Ich kann selbst gar nicht glauben, dass ich das gesagt hab. Ich meine, das sind drei Zombies mehr, als du trinken solltest. Du bist nicht mal mit dem Zweiten fertig und du lallst schon, nach dem dritten wirst du kaum noch laufen können, und wenn du vier trinkst, fällst du wahrscheinlich ins Koma. Und ich sage nicht mehr als drei! Ich hab schon aufgegeben, normale Sachen von dir zu verlangen, weil das eh nichts bringt, jetzt geht’s quasi nur noch ums Überleben. Das ist ja [Komma] wie,[kein Komma] wenn ich sagen würde: Iss maximal vierzehn Cheeseburger, wenn du das nächste Mal zu McDonald's gehst. Weil beim Fünfzehnten könnte es sein, dass du stirbst. Und dann sagst du: Sei nicht so spießig. Ungefähr so ist das. Ich meine, über Falafel oder so was reden wir ja gar nicht. Falafel stehen hier nicht mal zur Debatte. Hey, hörst du mir zu?“

Das war eine meiner Lieblingsstellen. Also wie Marc da so vor sich hin schwadroniert, da hätte ich ihm einfach stundenlang zuhören mögen. Auch wenn‘s vielleicht nicht unbedingt die authentische Sprache eines knapp Achtzehnjährigen ist. Aber was weiß denn ich schon davon, vielleicht ist Marc halt ein besonders eloquenter Jugendlicher, solche soll’s ja angeblich auch geben, aber sein Sprechen klingt einfach echt für mich, das hat Flow, das hat Melodie. Das ist ein Stil, den ich einfach mag, und ja, der Stil zieht sich durch deine ganze Geschichte. Sehr viel mehr habe ich eigentlich kaum dazu zu sagen, ist halt toll geschrieben und die vielen Dialogszenen machen das ganze Ding sehr lebendig und ziehen einen hinein ins Geschehen. Also wenn das nur der erste Teil einer längeren Erzählung ist, bin ich wirklich gespannt auf die Fortsetzung. Jetzt hast du ja schon mal eine echt spannende Ausgangssituation geschaffen, mit jeder Menge Figuren, von denen ich wirklich wissen will, wie sie mit dieser haarsträubenden Situation umgehen werden.
Haarsträubend ist ja in Wahrheit eigentlich das ganze Thema. Diese bedingungslose Gewaltbereitschaft in „gewissen jugendlichen Kreisen“, und das schreibe ich jetzt ganz bewusst in Anführungszeichen. Einfach deshalb, weil mir das schon ein irgendwie zeitgeistiges Phänomen zu sein scheint, diese so schrecklich atavistischen Machtdemonstrationen der Alphamännchen. Ich bin ja selbst in der Provinz aufgewachsen, und wir waren in unserer Jugend beileibe keine Sissis, ein Feuerwehrfest oder Kirtag ohne zünftige Rauferei war quasi ein verlorener Abend, richtig fad halt, sich da ordentlich eins auf die Fresse zu geben gehörte sozusagen zur Folklore, aber im Anschluss daran saß man dann wieder gemeinsam am Tisch und versöhnte sich bei einem Bier. Das hatte irgendwie was Sportliches.
Aber heute? Ich wüsste echt nicht, wie ich mich verhielte, wäre ich heute wieder jung und irgendso ein armer Irrer käme mir blöd. „Ich mach dich tot, Alter, ich ficke deine Mutter“, usw. und ich würde merken, dieser blöde Arsch meint das vollkommen ernst …
Vor wenigen Jahren wurde mein damals sechzehnjähriger Sohn von zwei Rowdies überfallen, weil sie halt sein Scheißhandy wollten, mehr Grund braucht es ja offenbar nicht, nur war den zwei Scheißern halt nicht klar, dass sie sich mit einem durchtrainierten Rugbyspieler anlegten und mein Großer konnte sich erfolgreich (?) zur Wehr setzen. Für ihn ging es glimpflich aus.
Aber ich kann mich noch gut daran erinnern, wie er damals tagelang fix und fertig war, und das nicht nur wegen der Aggressivität der Angreifer, sondern viel mehr noch wegen seiner eigenen Reaktion, Notwehr hin oder her. Sinngemäß meinte er, beinahe habe er Angst vor sich selbst gehabt, vor dem, was da offenbar in ihm schlummert … Na ja, und diese Bestie scheint ja auch Marc in sich zu spüren, und er hat Angst vor ihr und gleichzeitig fasziniert sie ihn.
Ja, scheiße, das war in unserer Jugend wirklich anders, in dieser Form gab es diese Gewaltbereitschaft einfach nicht. Und beinahe tut es mir weh, die Aktualität deiner Jugendgeschichte loben zu müssen.

Neugierig, wie’s weiter geht, bin ich trotzdem, JuJu.

offshore

 

Hey JuJu,

also, mir gefällt das schon gut, dass Thema und auch der Plot, den Du dafür gefunden hast. Man merkt allerdings recht deutlich, dass das hier eine Basis ist, ein Anfang, wo sich die Story noch gut und gern weiterentwickeln kann. Ein Nährboden für Konflikte :).
Ich habe das schon gern gelesen und wahrscheinlich ist es eine Frage des Geschmacks - Du entwickelst dich halt zum "Auserzähler" zum "länger - doller - mehr", und somit geht für mich auch ein bisschen das verloren, was für mich den Reiz an KG's ausmacht, was sie unterscheidet von Novellen, Romanen etc. Die Dichte, mit wenig viel zu sagen. Hier weiß ich gar nicht, ob ich eine KG lese oder eben den Anfang zu etwas Großem. Verstehe mich jetzt nicht falsch, das ist schon gut gemacht, ich lese das gern, ich würde es auch weiterlesen, nur eben nicht unter der Sichtweise - KG. Das ist jetzt rein persönlich von mir, dass sagt überhaupt nix aus, weil es ja auch viele Leser gibt, die genau das fordern und lieben, aber für mich stirbt in solchen Texten immer ein bisschen Grundgedanke/der Reiz von Kurzgeschichte. Ich finde dann halt nix mehr, wo ich sage kann - wow - ein Absatz der so viiieel erzählt. Und genau in diesem Wow-Effekt, wenn es denn einer mal packt, kann ich in Verzückung geraten und würdigen und begeistert sein und ... weißt schon was ich meine.

... wo ein Mädchen namens Lisa sich betrank. Sie war ein Jahr jünger als ich, ein schmales, blondes, scheues Wesen, wie es sie in unseren Breiten massenhaft gibt, und die mir, ohne dass ich cool wirken will, nie wirklich aufgefallen war ... und an ihr war einfach nichts auffällig.

So Doppelungen z.B., dass ist eben typisch für Romane. Klar passte es hier zu deiner Erzählstimme und auch zum Stil, aber ja ... wofür, frage ich mich.

Früher, als wir noch jünger waren, hatten solche Sätze Mutprobencharakter (gehabt), mittlerweile dienten sie vor allem der Kurzweile.

Könnte gut ohne - gehabt

War bumsen drin? Sex lag irgendwie in der Luft, fand ich. Und vielleicht wär's auch wirklich dazu gekommen, eine rundum gelungene Nacht, wie man so sagt, doch dann ist Lisa schlecht geworden, wirklich von einem Moment zum nächsten, sie beugte sich vor und kotzte meinen Teppichboden voll.

Schöne Wendung! Und der Rest des Absatzes ist halt Romananlage, dass hätte man auch gut abkürzen können. Hast ja bereits alles erzählt, was wichtig für den weiteren Verlauf ist. Aber genau bei sowas gehen unsere Interesse ja eh auseinander und deswegen liste ich so Stellen nicht weiter auf. Wollte nur die eine bringen, um am Beispiel zu zeigen, was ich meine.

„Er möchte was mit dir klären, hab ich gehört …“
„Was möchte er mit mir klären?“
„Das mit Lisa …“
Ich kämpfte mit den Schnürsenkeln. „Ist das seine Freundin?“
„Nein.“
„Seine Schwester?“
„Nein.“
„Na, was will er dann klären?“ Ich zog den linken Schuh einfach mit Gewalt aus, ohne die Schnursenkel vorher aufzumachen.
„Ich weiß nur, dass er das mir dir klären will.“

Deine Dialoge mag ich schon arg gern.

Das bereitete mir Kopfschmerzen, denn zum einen war sie meine Schwester, und zum anderen war das hier die Glitzer-Funk-Soul, und sie hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, sah sie dabei auch noch gut aus.

Sehr schön!

Am liebsten hätte ich meine Schwester nie mit solchen Augen sehen müssen, aber ich war leider nicht blind, und aussehtechnisch lag sie nun mal im oberen Bereich, was natürlich alles viel schlimmer machte. Wer weiß, zu was die sich heute Nacht nicht alles verleiten ließ? Ich knirschte bereits mit den Zähnen bei diesen Gedanken.

Aber immer dieses Nachtreten und drauf Rumreiten ... erst szenisch, dann noch mal den Erzähler hinterherjagen - naja - es produziert halt Zeilen.

... ich geh dann in Deckung und schicke Mama rein, alles andere ist zu gefährlich.“

Auch schön. Dieses ganze Schwester-Bruder-Verhältnis, hast Du wirklich sehr liebevoll und lebhaft eingefangen. Die beiden sind großartig.

Und den Traum fand ich super. Thema mag ich, sagte ich schon. Und ich finde das alles auch sehr nachvollziehbar mit dem Film, den er dann schiebt. Ich würde den auch fahren an seiner Stelle, aber sowas von.
Bis auf den persönlich bedingten Abstrich in der B-Note, wieder mal ein Vergnügen von Ihnen lesen zu dürfen, Herr JuJu :).

Beste grüße, Fliege

 
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Hallo JuJu

Ich fange mal bei meinen Highlights deiner Geschichte an:

Die stärkste Stelle, wo mich der Text auch richtig gefesselt hat, war während der GFS-Party der Konflikt mit Vlatko. Das ist sicher auch der Höhepunkt der Geschichte. Zum einen finde ich es toll, wie du erzählerisch darauf hinsteuerst. Du beginnst im ersten Satz damit:

Als ich siebzehn war, drohte mir ein Kroate Gewalt an.

Dann kommt aber erstmal eine ganz andere Szene, aber der erste Satz schwingt natürlich im Hintergrund mit, der hallt noch im Kopf, und man ist gespannt, was es denn nun mit dem Kroaten auf sich hat.

Dann kommt der zweite Absatz, der Dialog mit Sandro in der Umkleide, und da wird schon klarer, dass es bald zum Zusammenstoß kommt - der Vlatko muss ja eine unheimliche Wut haben, wenn er schon überall rumerzählt, dass er "was klären" will und vermutlich unzählige Leute da schon Bescheid wissen, nur nicht derjenige, den es betrifft. Das schürt die Spannung hier nochmal extra, und man weiß, ab jetzt steuert die Geschichte voll auf diese Auseinandersetzung zu.

Aber du zögerst es erneut hinaus, und ich finde das wirklich gut gemacht, diese Andeutungen, dieses langsame Anheizen - jetzt wird erstmal auf das Verhältnis zur Schwester eingegangen. Es ist natürlich klar, dass irgendwann der Vlatko an der Bar auftaucht, und was mir gefällt, dass es keine plumpe Schlägerei gibt, sondern eine Drohung. Ich dachte erst, die Überraschung käme sofort, so nach dem Motto - entweder wir gehen raus und klären das wie Männer, oder ich hau dich gleich hier an der Bar um. Da finde ich schon den inneren Kampf des Erzählers toll, er will sich nicht prügeln, will aber auch nicht wie ein Feigling wirken - und sagt daher gar nichts. Das halte ich für ein authentisches, realistisches Szenario, und an der Stelle hab ich auch richtig mit ihm mitgefühlt. Klar, der Vlatko ist ein Brecher, und heute weiß man, dass Schlägereien meist nicht dann enden, wenn einer auf dem Boden liegt - du bringst deinen Erzähler da in eine Sackgasse, lässt ihm wenig Handlungsspielraum, aber was du dann draus machst - das Schweigen, das Umkrampfen der Flasche - das finde ich toll. Er wirkt da wirklich wie ein Tier, das in die Ecke gedrängt wurde.

Auch die anschließende Angst gefällt mir gut. Er will die Party nicht verlassen - obwohl sie natürlich beendet ist für ihn ab dem Moment - wegen der Schwester, aber bleiben will er eigentlich auch nicht. Die Szene auf der Toilette ist auch ein Highlight für mich - ich hatte schon Mitgefühl, als die einzige Kabine besetzt ist und nur noch das mittlere Urinal frei (blöde Situation ;)), aber der Hammer ist dann das hier:

Ich sah nach links und rechts. Die Jungs, die neben mir pissten, warfen mir eingenartige Blicke von der Seite zu, irgendwie genervt, oder vielleicht deutete ich das nur so,

(eigenartige übrigens)

Das ist eigentlich eine sehr komische Szene. Man muss sich das vorstellen, da stellt sich einer zum Pissen hin, schaut dann misstrauisch die anderen Typen an und wundert sich noch über die "eigenartigen" Blicke, die er sich daraufhin einfängt.

Also dieser Konflikt mit Vlatko, die Szene auf der Party, auf der Toilette - das fand ich echt gut.

Auch der Einstieg hat mir gefallen, die Szene mit den beiden Mädels bei ihm zuhause, wo ihm die eine den Teppich vollkotzt. Ich mag auch die Gedanken, die sich der Erzähler zu dem Vorfall macht, so nach dem Motto, vielleicht war es ja gut, dass sie gekotzt hat, sonst hätte ich mit ihr am Ende noch geschlafen und alles wäre kompliziert geworden - das outet ihn gleich zu Beginn als eigentlich sympathischen Kerl, und das bleibt er dann während der Erzählung. Also für mich definitiv jemanden, den ich mochte, dem ich gerne zugehört habe - keine schlechte Voraussetzung für einen Ich-Erzähler.

Jetzt zu den Punkten, die ich weniger gelungen finde:

Es geht ebenfalls um die Stelle bei der Party, wo er mit Phil, seiner Schwester und Lydia diskutiert. Die ist wirklich zu lang. Du schreibst ja, du willst deine Figuren auch ganz gern mal reden lassen, und ich finde, so etwas hat auch seine Berechtigung (Die Brüder Karamasov - das ist ja ein Beispiel, wo das in extremis durchgezogen wird, meine Güte, was wird da alles beredet und ausgeführt, und Dostojewski macht das natürlich extrem gut), auch in Kurzgeschichten - aber ich finde, den Teil hast du eigentlich mit dieser Stelle zum Ende gebracht:

Das ist ja wie, wenn ich sagen würde: Iss maximal vierzehn Cheeseburger, wenn du das nächste Mal zu McDonald's gehst. Weil beim Fünfzehnten könnte es sein, dass du stirbst. Und dann sagst du: Sei nicht so spießig. Ungefähr so ist das.

Gefällt mir sehr gut, das Beispiel, aber damit solltest du es gut sein lassen. Dann kommt die Geschichte mit den Falafeln, das hab ich nicht mehr verstanden, worauf du hinauswillst, und das Problem ist, dass die Diskussion ab dem Moment auch nicht mehr vom Fleck kommt, die dreht sich auf der Stelle. Das wirkt auf mich als Leser eher ermüdend, langweilig dann, weil ich da nichts mehr rausziehen kann. Du hast als Beispiel die Breaking Bad Episode genannt, wo die Kumpels von Jesse diese abstruse Star Trek Handlung konzipieren - das ist auch ein wirklich gutes Beispiel, absolute Kult-Szene, aber zum einen ist die wirklich witzig, und zum anderen meine ich mich auch zu erinnern, dass es in der Szene auch darum geht, zu zeigen, wie fertig Jesse eigentlich ist, sein Desinteresse zu betonen - also das ist kein reiner Selbstzweck. Solche Elemente fehlen mir dann bei der Diskussion mit den Falafeln, da ist kein wirklicher Witz dabei, ich lerne nichts über die Figuren - wie gesagt, mir gibt das nichts mehr. Ist ein klarer Streichkandidat.

Ja, und zum anderen dann natürlich auch das Ende der Geschichte - nach der Party ist die Luft raus. Der Konflikt wird nicht weiter ausgeführt, statt dessen öffnest du weitere Themen - gut, das ganze ist als Serie konzipiert, ich bin gespannt was du draus machst, aber mir fehlt da bei dieser Geschichte ein runder Schluss (auch wenn es ein Teil einer Serie ist, darf sie den haben). Ich habe es gern, wenn in Geschichten Fäden zusammenlaufen, auch wenn das in der Wirklichkeit oft nicht der Fall ist (die ist deshalb auch meist langweiliger wie Geschichten). Also, hier in deinem Fall sehe ich so zwei Hauptthemen: Zum einen die Sorge um die Schwester, zum anderen der Konflikt mit Vlatko. Da wäre es schön gewesen, wenn du jetzt beide Enden irgendwie verknüpfen könntest - tust du ja auch ansatzweise, indem sich Eva in den Konflikt einmischt und ein potentielles Opfer wird - aber eben, das ist nur ein Ansatz. Jetzt mit dem neuen Freund der Mutter und so - ich weiss nicht, ob das nicht eher ablenkt. Ich bin gespannt wie es weitergeht, aber ich bin nicht sicher, ob die Form - Kurzgeschichten als Serie - die richtige ist für dieses Thema, wenn du jetzt weitergehen und länger erzählen willst. Vielleicht geht das wirklich eher in Richtung Roman, aber wenn es dazu zu wenig hergibt, was gibt es dann? Dann hast du am Ende 30.000 Wörter oder so, das ist schwierig dann. Mich würde interessieren, ob du selbst schon ein klares Bild über den weiteren Verlauf hast und ungefähr auch schon weisst, welchen Umfang das am Ende abdecken wird - oder ob du dich jetzt so von Teil zu Teil hangelst und selbst mal schaust, wie weit das gehen wird.

Auch nicht begeistert bin ich von dem Traum - mag ich nicht, eine Szene zu beschreiben und dann zu sagen, ätsch, war ein Traum. Wäre übrigens eine gute Idee gewesen, wenn es den Phil erwischt hätte - vielleicht nicht gleich so heftig mit Intensivstation und so, aber das wäre durchaus eine überraschende Wendung gewesen.

Drei Punkte hab ich noch, aber nichts Stilistisches, ich mag deinen Stil, das Flüssige, du triffst hier meiner Meinung genau den richtigen Ton. Das ist Jugendsprache, das ist authentisch, das hat trotzdem einen erkennbaren literarischen Anspruch und Anstrich - für mich ist das rundum gelungen.

Ich war selbst ein wenig erschrocken über diese Erkenntnis, aber so was das nun mal.

war

„Es war extrem lange Nacht …“

eine

Wenig später kam meine Muter

Mutter


Mein Gesamteindruck, das ist eine tolle Geschichte, verfasst auf hohem Niveau, die mich über weite Strecken auch richtig gefesselt hat. Mit dem Ausklang war ich nicht glücklich, aber na ja, jetzt kannst du auch sagen, selbst schuld wenn du den ersten Teil einer Serie anklickst ;). Ich bin auf jeden Fall gespannt und mich hast du sicher als Leser von weiteren Teilen gewonnen.

Viele Grüsse,
Schwups

 
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Hallo Ernst,

vielen Dank für den Kommentar!

aber sein Sprechen klingt einfach echt für mich, das hat Flow, das hat Melodie. Das ist ein Stil, den ich einfach mag, und ja, der Stil zieht sich durch deine ganze Geschichte. Sehr viel mehr habe ich eigentlich kaum dazu zu sagen, ist halt toll geschrieben und die vielen Dialogszenen machen das ganze Ding sehr lebendig und ziehen einen hinein ins Geschehen. Also wenn das nur der erste Teil einer längeren Erzählung ist, bin ich wirklich gespannt auf die Fortsetzung.

Das klingt auch wunderbar, schön, das freut mich.

Ich bin ja selbst in der Provinz aufgewachsen, und wir waren in unserer Jugend beileibe keine Sissis, ein Feuerwehrfest oder Kirtag ohne zünftige Rauferei war quasi ein verlorener Abend, richtig fad halt, sich da ordentlich eins auf die Fresse zu geben gehörte sozusagen zur Folklore, aber im Anschluss daran saß man dann wieder gemeinsam am Tisch und versöhnte sich bei einem Bier. Das hatte irgendwie was Sportliches.
Aber heute?

Ich denk, ihr wart im Schnitt vielleicht sogar "gewaltätiger" unterwegs als wir heute, aber ich glaub, es gab da auch eine andere Toleranzschwelle, was gewisse Dinge anging. Die Jugendlichen von heute sind im Schnitt wahrscheinlich eher weniger gewaltbereit, aber sie müssen sich immer wieder mit Einwanderern rumschlagen, die zum Teil direkt aus dem Krieg kommen. Das kann gar nicht gut gehen. :)


Vielen Dank!

Hallo Fliege,

Auch dir vielen Dank, Fliege, dein Kommematr hat mich sehr gefreut, muss da aber jetzt erstmal auf was anderes eingehen.

Du entwickelst dich halt zum "Auserzähler" zum "länger - doller - mehr", und somit geht für mich auch ein bisschen das verloren, was für mich den Reiz an KG's ausmacht, was sie unterscheidet von Novellen, Romanen etc. Die Dichte, mit wenig viel zu sagen.

Ich finde, das ist ein bisschen ... naja. Also man kann jetzt lang und breit darüber diskutieren, was eine Kurzgeschichte von einem Roman oder einer Novelle unterscheidet, aber … das mal ein bisschen Persepektive hier reinkommt, es gibt Schreibwettberwerbe, auch für Novellen, und für die meisten beginnen Novellen ab 17,500 Wörter. Für andere gehts ab 20,000 los. Das ist die absolute Untergrenze.
http://en.wikipedia.org/wiki/Novella
So wie meine Serienfolge jetzt dasteht hat sie 8 ,500 Wörter. Das heißt, sie könnte doppelt so lang sein und sie würde eigentlich immer noch eine Kurzgeschichte sein. Oder es würde vielleicht gerade so für einen “ultrakurze” Novelle reichen.
Ich hätte das Ding auch bisschen ändern können, das Foreshadowing wegmachen, die Hinweise auf kommenden Konfilkte, das Ende bisschen anders, und dann Schleifchen rum und es wäre eine astreine "KG". Also … ich habe hier bestimmt nicht das Rad neu erfunden oder so. In der Folge erzähle mal geraffter, mal weniger gerafft, mal mit Gedankenzoom, mal fast nur mit Dialog, und das sind alles Sachen, die viele viele andere hier auch machen. Ich glaube nicht, dass der Stil besonders “Romanspezifisch” ist oder was auch immer das heißen soll. Der Aufbau vielleicht schon ein bisschen, okay, aber das ist im Grunde ein anderes Thema, wie das aufgebaut ist. Närhboden für Konflikte gefällt mir, ja :) und logisch haben Romane insgesamt mehr Konflikte. Aber ich hab hier schon versucht, was Abgeschlossenes abzuliefern. Etwas, das sich auch abgeschlossen anfühlt. Ich finde die Folge genauso “abgeschlossen” oder sogar abgeschlossener als die meisten Kgs hier, wenn ich ehrlich bin. Und wenn du mir einen Satz zeigen kannst, der weder zur Charakterisierung, noch zur Unterhaltung, noch zum Feeling, noch zum Plot beiträgt, dann lösche ich den sofort. Ich will doch keine "Zeilen produzieren."
Das ist eine falsche Dichotomie, die hier aufgesttellt wird, finde ich. Als sei ich das eine “Extrem” und so ein vollgestopfter Text wie Hippiekacke das andere. Ich bin mit dem Text hier, von ein paar Dialogen vielleicht mal abgesehen, wo ich einfach ein bisschen durchdrehe und die ich wahrscheinlich auch kürzen werde, viel eher im "Normbereich". Also ich hab auch total Respekt vor so einer Art zu erzählen, wie in Hippiekacke, und ich mag auch Texte wie zum Beispiel Der Fuchs von Quinn voll, und auch Hippiekacke mag ich im Grunde, aber machen wir uns nichts vor: das sind quasi Kunsttexte. Ich finde, die beiden könnte man fast in “Experimente” posten. Umso schöner natürlich, wenn so was gelingt.
Diese Alice Munro, die jetzt als Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschihcte gefeiert wird, ihre Kurzgeschichten sind doch vierzig, fünfzig Seiten lang, oder? Und die drehen sich vierzig, fünfzig Seiten lang um eine einzige Sache, oder? Ich hab noch gar nichts von der gelesen, aber ich wette, das ist so.
Also … das Wort “Auserzähler” … ich weiß nicht.
Ich mag zum Beispiel TC. Boyle, der schreibt dicke Romane und auch Kgs, und da gibt es auch auzserzählte Szenen, Stephen King schreibt auch Kurzgeschichten, die sind auch auserzählt. Ich finde Invasiv von Möchtegern total auserzählt. Auch paar Texte von Jimmy. Hier ist sehr viel auserzählt, und dann hören die Leute einfach auf zu erzählen und machen Schleifchen drum und sagen: KG. Was es hier im Forum gibt, und was ich sonst fast nur hier lese, ist wo man tausend Sachen anschneiden will, Zeit soll verstreichen, ganz viele Figuren, die man nicht einführt, ganz viele Konflikte, die man kurz andeutet und dann geht man weiter, und das alles in zehn Seiten oder noch weniger. Da frag ich mich tatsächlich, ob der Drang, moglichst viel mit möglichst wenigen Worten zu sagen, nicht irgendwann dazu führt, dass man einfach weniger sagt?

Aber … um auch das mal klarzustellen, ich habe natürlich gar nichts gegen Verdichten, und auch gar nichts gegen Texte, die das ausreizen. Gegen Texte, die unwahrscheinlich viel Potenzial liegen lassen vielleicht schon … aber ich bin so streng auch gar nicht. Verdichten ist natürlich auch ganz ganz wichtig, so generell, das mache ich selbst doch auch … ich scheib das doch nicht einfach runter so wie in meinen Kommentaren.
Ich will jetzt auch keinen Krieg beginnen oder so, aber das muss man doch mal klarstellen jetzt: Spannung und Verdichten – passt das zusammen? Wenn man in die Extreme reingeht? So vom Prinzip her? Horror und Verdichten? Mystery und Verdichten? Romantik und Verdichten? Das passt doch alles gar nicht zusammen. Jede Horrorszene lebt davon, dass man sie in die Länge zieht ... so erzielt man doch Spannung, man spannt etwas an. IIIIIIIIIiiiiiiiiiiiiiiiiiii …
Hörst du die Musik, Fliege? Fragst du dich, warum die dumme Tussi unbedingt nochmal in den Keller will? Fragst du dich, warum du irgendwie angespannt bist, obwohl du ganz genau weißt, dass man sie killen wird, und dass du nur einen Film guckst? Fragst du dich vielleicht auch, ob es vielleicht jetzt passieren wird? Oder villeicht jetzt? Oder vielleicht jetzt? Oder vielleicht …………… JETZT!!!!!
Spannung = Zeit x Erwartung
Willst du sagen, dass es umöglich ist, in einem KG Spannung zu erzeugen?
So was wie Hippiekacke hat natürlich auch sein Publikum und seine Vorzüge, und da stehen sicher ganz viele Leute auch drauf, und man kann da auch echt sehr lange darüber diskutieren, aber das hat einfach nicht so viel mit KG vs. Roman zu tun. Klar, ab einem bestimmten Grad der Verdichtung – irgendwann kommt man nur schwer über zehn Seiten hinaus. Aber das ist auch irgendwie ein kg.de Phänomen, meine ich.
Aber wie auch immer, eigentlich hat mich dein Kommentar total gefreut. :) Dass du das mit den Schwetsern göttlich findest, zum Beispiel. Und überhaupt wirkst du so, als würde der Text dir gefallen, wenn du dich nicht gerade dazu gezwungen fühlst, über Definitionen nachzudenken.
Du hast unter deiner letzten Geschichte geschrieben, dass wir so "anders" sind, ich und du, so grundsätzlich - ich wollte dir noch sagen: ich empfinde das gar nicht so. So hier und da natürlich schon ein bisschen … aber wenn man alles berücksichtigt, ist das alles im Rahmen eigentlich. Wenn ich mir deine Kommentare so anschaue .. du bist ganz sicher kein Alien für mich.

Es tut mir leid, Maria und Schwups, aber das hat zu lang gedauert jetzt, zu euch komme ich aber noch! Schon mal vielen vielen Dank, sehr anregend eure Kommentare! Ich sag bald was dazu.

 
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Hallo JuJu,

irgendwie fühle ich mich angesprochen... :dozey:

So wie meine Serienfolge jetzt dasteht hat sie 8 ,500 Wörter. Das heißt, sie könnte doppelt so lang sein und sie würde eigentlich immer noch eine Kurzgeschichte sein. Oder es würde vielleicht gerade so für einen “ultrakurze” Novelle reichen.
Ich glaub, den Leuten, die hier Verdichtung angeregt haben, geht es nicht um absolute Länge sondern um Proportion. Und wenn man im Roman mal ne Seite lang Landschaftsbeschreibung und fünf Seiten Gespräch hat, ist das anders, als wenn man das in einer recht kurzen Kurzgeschichte mit verhältnismäßig wenig äußerer Handlung und ausschleichendem Ende hat. Insofern kann das 100%ige Mädchen auch mehr Dialog verkraften als diese Geschichte, weil es dem insgesamt mehr an Handlung entgegensetzt als dieser Text.

Spannung und Verdichten – passt das zusammen? Wenn man in die Extreme reingeht? So vom Prinzip her? Horror und Verdichten? Mystery und Verdichten? Romantik und Verdichten? Das passt doch alles gar nicht zusammen. Jede Horrorszene lebt davon, dass man sie in die Länge zieht ... so erzielt man doch Spannung, man spannt etwas an. IIIIIIIIIiiiiiiiiiiiiiiiiiii …
Du sagst doch oben selbst, dass Du gespürt hast, wie Dir in dem langen Burger und Falaffel-Dialog die Spannungskurve von der erwarteten Gewaltandrohung flöten ging, aber es war Dir nicht so wichtig. Klar kann man Spannung ausdehnen, aber mit Dingen, die sich irgendwie auf das erwartete Böse beziehen. Wenn da im Horrorfilm irgendwas Schreckliches im Keller ist und gleich machen die die Tür auf, nein, die machen noch nicht die Tür auf, die reden erstmal noch ne Runde über Burger und dann über Falaffel und dabei wird auch die Hintergrundmusik so ein bisschen lustig. Ich weiß nicht, ob das so spannungsfördernd ist. Niedlich und unterhaltsam vielleicht, aber spannungsfördernd? Klar, auch Horrorfilme nehmen sich für sowas Zeit, um die Charaktere einzuführen, aber ich glaub das gilt dann noch nicht als Spannungsaufbau und wie gesagt, die Proportion muss stimmen. Wenn Deine Geschichte ein Horrorfilm wär, würden die da ja von 90 Minuten mindestens 40 ihr Skizeug für die einsame Hütte zusammenpacken. Man kann Charaktere und Stimmung und so halt mehr oder weniger effizient zeichnen.

Ich versteh auch voll, dass einem als Autor, jeder Satz, jeder Witz, jede Beschreibung wichtig ist (im Zweifel ist es halt immer für's feeling), aber mit etwas Abstand kann man meist doch was raussortieren und das tut der Geschichte dann meistens auch gut, das Wesentliche so besser herauszustellen. Deshalb spricht man doch von "kill your darlings", weil's immer weh tut. Und so ne Auslese hat ja dann nicht nur den Effekt, dass es straffer wird, sondern das ist auch eine Qualitätskontrolle. Wenn man zwei mal mit unterschiedlichen Worten dasselbe sagt, lässt man eben nur die bessere der Formulierungen oder Metaphern stehen. In meiner Erfahrung macht Auskämmen einen Text immer stärker.

Ich find übrigens nicht, dass das Forum voll mit vollgestopften Geschichten, mit tausend Konflikten und Figuren ist. Viele reduzieren doch auch da ganz bewusst. Die Durchschnittsgeschichten hier sind doch recht kurz und auch inhaltlich und personal überschaubar. Was zutrifft ist, dass viele Konflikte nur aufgezeigt und dann nicht weiterentwickelt werden. Aber Hippiekacke ist nicht der geeignete Antagonist für Deine Geschichte, weil ich da erstmals einen Konflikt ganz ausführlich dargestellt und auserzählt habe (was für mich allerdings nicht gleichbedeutend mit ausführlichem Erklären durch den Erzähler ist) und weil es auch gar keine klassische Kurzgeschichte ist. "Auserzählen" bedeutet doch auch nicht, sich in nebensächlichen Details zu ergehen, sondern im Idealfall einem Konflikt wirklich auf den Grund zu gehen, ihn eine Weile zu verfolgen und eine Entwicklung darzustellen. Also mir ist es ehrlich gesagt egal, ob Du in dieser Geschichte was kürzt, aber ich hab nicht den Eindruck, dass hier jeder Satz zum "Auserzählen" des Konflikts beiträgt. Im Gegenteil, ich hatte das Leseempfinden, dass es den Fokus auf den Konflikt schwächt und Spannung raubt, nicht weil ich mit Komplexität nicht umgehen kann, sondern weil es hier eben nicht Komplexität sondern Breite erzeugt. Dieses Leseempfinden kannst Du natürlich jederzeit gerne ignorieren.

lg,
fiz

P.S.: Ach so, weil Du früher meintest, die reden ja nur in diesem einen Falaffel-Dialog so viel. Ich finde, die reden auch nach Vlatko ziemlich viel und hinzu kommt der innere Monolog. Klar muss man über so eine Situation auch reden und viel denken, aber ich finde, man könnte das insgesamt etwas pointierter gestalten, weniger wie son linguistisches Transkript eines Partyabends, wo jedes äh und jede Wiederholung verzeichnet werden muss. Deshalb kann man ja trotzdem Umgangssprache darstellen, nur halt ein bisschen selektiver. Nur die richtig wichtigen Aussagen direkt zitieren, sozusagen. Hast Du im ersten Abschnitt doch auch gemacht:

Na gut, dann sprech ich sie halt an. Ich ging rüber, sie lächelte gleich, wir wechselten ein paar Worte, ohne Zweifel richtig banales Zeug, dann gingen wir zusammen raus, wahrscheinlich, weil ich sie fragte, ob sie Lust auf frische Luft hätte. Das war so meine Standardfrage.
Hier hast Du das banale Zeug ja auch nicht auserzählt, wahrscheinlich weil Du gemerkt hast, dass es unproportional wäre, an dieser Stelle und für die Bedeutung dieser Szene. Und mit dem indirekten "Hast Du Lust auf frische Luft", kann man sich trotzdem vorstellen wie der redet und was für ein Typ das ist. Da steht ein Satz stellvertretend für viele und das ist gut so. Also ich würd halt mehr mischen zwischen 1:1 Dialog für's feeling und dann auch mal großzügig ähnliches Gerede zusammenfassen oder weglassen.

 

Hey JuJu,

ich habe deine Antwort gelesen und dachte, ach Gott, da hab ich ja schön was angerichtet. Hatte ein bisschen das Gefühl, Du sitzt auf 'nem Pulverfass. Das tut mir leid. Dann musste ich selbst erst mal runterkommen und jetzt war feirefiz schneller. Sie bringt ziemlich auf den Punkt, was ich auch gesagt hätte - wahrscheinlich nur sehr viel umständlicher und nicht so pointiert.

Aber eines muss ich doch noch hinzufügen, weil das hier in eine Richtung geht, die ich weder nachvollziehen kann, noch nachvollziehen will.

Ich hätte das Ding auch bisschen ändern können, das Foreshadowing wegmachen, die Hinweise auf kommenden Konfilkte, das Ende bisschen anders, und dann Schleifchen rum und es wäre eine astreine "KG".

Es ist eine KG. Da müssen wir nicht drüber reden, das empfinden wir beide so.

... mal weniger gerafft, mal mit Gedankenzoom, mal fast nur mit Dialog, und das sind alles Sachen, die viele viele andere hier auch machen. Ich glaube nicht, dass der Stil besonders “Romanspezifisch” ist oder was auch immer das heißen soll.

Es geht nicht um den Stil, sondern um die Inhalte.

... wo ein Mädchen namens Lisa sich betrank. Sie war ein Jahr jünger als ich, ein schmales, blondes, scheues Wesen, wie es sie in unseren Breiten massenhaft gibt, und die mir, ohne dass ich cool wirken will, nie wirklich aufgefallen war ... und an ihr war einfach nichts auffällig.

Ist das doppelt oder ist das doppelt?

Im Laufe der Woche bekam ich noch zu hören, dass Lisa schon länger auf mich stand, und ihre Freundinnen sie jetzt ganz schön mit der Kotzaktion aufzogen, weil sie es vermasselt hatte und so weiter. Ich nahm das alles wortlos zur Kenntnis und sagte nichts dazu. Natürlich hatte Lisa nichts „vermasselt“, es war einfach eine lange Nacht mit viel Alkohol gewesen, das nahm ich ihr überhaupt nicht übel. Und was „uns“ anging, naja … ich sag's mal so: Die hätte ich bestimmt nicht geheiratet, Kotzen hin oder her.
So gesehen hatte das Magenfiasko vielleicht auch was Gutes, weil angenommen, sie wäre wirklich verliebt in mich gewesen und dann hätte ich mit ihr geschlafen - wer weiß, wie sie dann reagiert hätte? Manche Frauen werden dann unberechenbar. So war ihr Magen im letzten Augenblick noch dazwischen gegangen und hatte uns vor Schlimmerem bewahrt. Alles gut gelaufen also. Klar, jetzt war das vielleicht peinlich für sie, aber so war das jeden Montag in der Raucherecke: Irgendwer hatte es am Wochenende übertrieben und musste als Lästerobjekt herhalten.
Und nächste Woche war dann jemand anderes dran.

Ist all das wirklich wichtig für die Begegnung mit Vlatko. Er hat sie nicht gefickt. Das ist der Kern des Absatzes und das weiß ich ja schon zu diesem Zeitpunkt. Lisa spielt ab da keine Rolle mehr. Warum also noch mal die ganze Situation um sie analysieren? Kann man machen - ich brauch es nicht. Ich!

Diese Alice Munro, die jetzt als Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschihcte gefeiert wird, ihre Kurzgeschichten sind doch vierzig, fünfzig Seiten lang, oder? Und die drehen sich vierzig, fünfzig Seiten lang um eine einzige Sache, oder? Ich hab noch gar nichts von der gelesen, aber ich wette, das ist so.

:) Keine Ahnung, ich habe auch noch nichts gelesen von ihr.

Ich mag zum Beispiel TC. Boyle, der schreibt dicke Romane und auch Kgs, und da gibt es auch auzserzählte Szenen, ...

Kings KGs habe ich noch nicht gelesen, Boyle schon. Nein, er wiederholt nicht. Er schreibt nicht erst ne Szene und schickt den Erzähler dann hinterher, es nochmal zu erzählen, aber ich kenne sicher nicht alle Geschichten von ihm ...
Aber Thomas Bernhardt tut das. Der redet drei Seiten lang von der selben Sache, immer und immer wieder wiederholt er, aber in jedem seiner Endlossätze schiebt er eine neue, winzige Nuance dazu, die die Handlung vorwärts drängt, die den Blickwinkel öffnet, erweitert - und das hat schon wieder Klasse, den Leser damit bei der Stange zu halten. Aber auch er geht nicht wieder einen Schritt zurück zwischendurch.
Also, ich glaub, Du hast das "auserzählt" in den falschen Hals bekommen. Ich finde da nichts negatives dran. Auserzählen heißt für mich - breite Anlage, viel Raum für Charaktere, Konflikte, Nebenfiguren und Nebenhandlung. Nicht abbrechen, wenn es eng wird. Das sind alles gute Sachen, keine Frage, solange sie dem Thema und der Entwicklung zuträglich sind. Daran arbeitest du und das finde ich gut. Nur finde ich, ist es hier nicht immer so. Und! Ich habe ja nicht mal gesagt, dass das schlecht ist. ICH mochte es nicht immer. ICH mag aber auch keine Bitterschokolade. Da steht ganz klar:

Fliege schrieb:
Und den Traum fand ich super. Thema mag ich, sagte ich schon. Und ich finde das alles auch sehr nachvollziehbar mit dem Film, den er dann schiebt. Ich würde den auch fahren an seiner Stelle, aber sowas von.
Bis auf den persönlich bedingten Abstrich in der B-Note, wieder mal ein Vergnügen von Ihnen lesen zu dürfen, Herr JuJu .

Da frag ich mich tatsächlich, ob der Drang, moglichst viel mit möglichst wenigen Worten zu sagen, nicht irgendwann dazu führt, dass man einfach weniger sagt?

Da gehe ich ganz mit dir.

Ich muss da schon schmunzeln auch, wie feirefiz da mit "Wortschwall" kommt, und dann beschreibe ich das Zimmer der Schwester und mach einen Kifferjoke zwischendrin und ihr "klingeln die Ohren", als sei sie jetzt geistg überfordert oder so. Sonst liest sie nur Mangas, ist ja klar! :) Bei ihr daheim leigen doch hundert pro lauter Schinken wie der Zauberberg oder Effi Briest oder Mann ohne Eigenschaften rum, oder? :) Und wenn sie je einen Horrorschriftsteller in ihrem Leben anfasst, dann Lovecraft! Ein weiterer Kg-Verfasser, der selbstvertändlich ein absoluter Meister der Verdichtung war! :P Also manchmal verstehe ich die Leute gar nicht. Vielleicht ist es echt gut, dass ich nichts Geisteswissenschaftliches studiert hab, ihr hättet doch für alle Ewigkeit mein Hirn mit Scheiße vollgefickt.

Ich finde, dass geht hier mal richtig unter die Gürtellinie!

Spannung und Verdichten – passt das zusammen?

Ja. Nämlich alles raus, was die Spannung rausnimmt.

Hörst du die Musik, Fliege? Fragst du dich, warum die dumme Tussi unbedingt nochmal in den Keller will?

Das frag ich mich tatsächlich und deswegen guck ich keine Horrorfilme :D.

Willst du sagen, dass es umöglich ist, in einem KG Spannung zu erzeugen?

Nein.

Und überhaupt wirkst du so, als würde der Text dir gefallen, ...

Ich habe das auch ganz klar dahingeschrieben. Und ich habe hier nicht angefangen mit Definitionszeug.

Du hast unter deiner letzten Geschichte geschrieben, dass wir so "anders" sind, ich und du, so grundsätzlich - ich wollte dir noch sagen: ich empfinde das gar nicht so.

Ich wollt eigentlich nur sagen, ich bin eine Unterhaltungstussi und du ein Literaturliebhaber. Ich kanns auch mal leicht und oberflächlich ertragen. So ganz grundsätzlich gesehen, sind wir beide schon Menschen ;).

Also, ich find das Pulverfass ist ganz schön voll mit heißer Luft ;). Du darfst in deinen Geschichten eh alles machen, wie du es magst.

Friedensgrüße, Fliege

 
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Zitat Fliege.

Ich finde, dass geht hier mal richtig unter die Gürtellinie!

Ach komm … ich fand das so schlimm jetzt nicht. Das war jetzt auch keine persönliche Beledigung drin, die musst du mir erst zeigen, Fliege. Ich mach mich da ein bisschen über Geisteswissenschaftler her, aber ganz ohne selbstdestruktive Selbstironie bringt man einen solchen Satz in einem Literaturforum auch nicht zusammen, oder? Ich meine, überleg dir das doch mal.

Wir reden da auch völlig aneinander vorbei, glaube ich, weil wir da alle so verschiedene Vorstellungen von Lit. im Kopf haben und dann Raster ansetzen ohne den Gegenüber überhaupt zu verstehen und so. Aber ich meine … ich hab hier jetzt auch nicht angefangen mit Definitionen, und ich hab das schon auch so verstanden, Fliege, in deinem Kommentar, dass dir der Text gefällt, was mich gefreut hat und was ich auch gesagt hab, aber er sei dir nicht Kg-artig genug. Die Stelle würde auch schon von offfshort zitiert, und mir gings da schon auch grundsätzlich um die Vorstellung, mal weg von der Geschichte, dass man durchaus so schreiben kann und was eigentlich eine KG ist. Ich weiß, du hast gesagt, "persönlich" geht es dir so, aber es war jetzt auch nicht so leicht zu verstehen, warum es dir persönlich so geht. Mir geht es persönlich auch immer so, wie es mir persönlich gerade geht.

Du entwickelst dich halt zum "Auserzähler" zum "länger - doller - mehr", und somit geht für mich auch ein bisschen das verloren, was für mich den Reiz an KG's ausmacht, was sie unterscheidet von Novellen, Romanen etc. Die Dichte, mit wenig viel zu sagen. Hier weiß ich gar nicht, ob ich eine KG lese oder eben den Anfang zu etwas Großem. Verstehe mich jetzt nicht falsch, das ist schon gut gemacht, ich lese das gern, ich würde es auch weiterlesen, nur eben nicht unter der Sichtweise - KG.

Das ist jetzt auch nicht so ultraverständlich, da kann man doch sehr viel hineininterpretieren.

Mein Kommentar bezog sich vor allem auf Flieges Antwort, feirefiz, verstehe aber natürlich auch, wenn du dich angesprochen fühlst. :)

Ich kann nur sagen, dass du grundsätzlich nicht unrecht hast, und natürlch kann ich einen den Text durchgehen und an einer Stelle was kürzen oder umformulieren und pointierter gestalten … klar. Ich will das alles auch gar nicht abstreiten.
Aber was genau wolltest du eigentlich sagen? :) Dass ich den Cheeseburgerdilaog kürzen kann ... oder? Der Dialog danach? Wo er mit Phil redet? Die Gedanken auf dem Klo? Was eigentlich? Der Beginn? Ich glaub so richtig geht das aus deinem ersten Kommentar gar nicht hervor.

weniger wie son linguistisches Transkript eines Partyabends, wo jedes äh und jede Wiederholung verzeichnet werden muss. Deshalb kann man ja trotzdem Umgangssprache darstellen, nur halt ein bisschen selektiver. Nur die richtig wichtigen Aussagen direkt zitieren, sozusagen. Hast Du im ersten Abschnitt doch auch gemacht:

Zitat:
Na gut, dann sprech ich sie halt an. Ich ging rüber, sie lächelte gleich, wir wechselten ein paar Worte, ohne Zweifel richtig banales Zeug, dann gingen wir zusammen raus, wahrscheinlich, weil ich sie fragte, ob sie Lust auf frische Luft hätte. Das war so meine Standardfrage.

Hier hast Du das banale Zeug ja auch nicht auserzählt, wahrscheinlich weil Du gemerkt hast, dass es unproportional wäre, an dieser Stelle und für die Bedeutung dieser Szene. Und mit dem indirekten "Hast Du Lust auf frische Luft", kann man sich trotzdem vorstellen wie der redet und was für ein Typ das ist. Da steht ein Satz stellvertretend für viele und das ist gut so. Also ich würde halt mehr mischen zwischen 1:1 Dialog für's feeling und dann auch mal großzügig ähnliches Gerede zusammenfassen oder weglassen.


Guck mal, wie fruchtbar unsere Gespräche sind, fiz, ich glaub endlich versteh ich dich jetzt. Du magst meine langen Dialoge nicht. Von der Gewichting her und überhaupt. Die sind dir zu länglich und so weiter. Okay, gut. Wenn ich mir deine Texte so angucke … dü würdest so was nie bringen, das ist klar. Vielleicht würden das die meisten nicht bringen, kann auch sein. Wenn man einen starken Erzähler hat, dann pickt man immer die wichtigsten Sätze heraus und gibt die dann so wieder, schlägst du auch vor, am Anfang hab ich das auch gemacht, wie du auch sagst, da hab ich gerafft erzählt. Da war ich in einem ganz anderen Erzählmodus auch drin. Bzw. da war ich in einem Erzählmodus drin. Die Dialoge, wenn die so sind, sind dann Realtime, und wie ohne Erzähler.
Ich steh da einfach voll drauf, du nicht so.
Wo bekommt man ein besseres Gefühl für die Figuren? Am Anfang, wo der Marc alles erzählt und Lisa kotzt und Phil hockt rum? Oder da bei den langen Dialogen, wo es praktisch keinen Erzähler mehr gibt? Ich denke ganz klar: man sieht das bei den langen Dialogen. Am Anfang sagt der Erzähler, die Schwester war so und so, der Vlatko dies und das … und wie ist die Schwester? Wie ist Vlatko? Das sieht man dann, wenn sie auftauchten und zu reden anfangen. Und auch Phil sieht man dann erst. Und in gewisser Weise auch Marc selbst. Also ich verstehe durchaus das Bedürfnis nach Verdichtung, und irgendwann ist es wohl wirklich auch zu viel …
Aber jetzt laber ich schon wieder und kein Bock mehr. Ich will jetzt auch nicht so wirken, als könnte ich keine Kritik vertragen, mal weg von der Geschichte hier, mich reizen Dialoge einfach, weil ein Erzähler kontrolliert und färbt alles, aber in einem Dialog ensteht Dynamik, die man nur schwer voraussehen kann. Das ist dann wirklich "echt", das ist Chaos und das ist Leben.

 
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Hallo,

Es passierte hinter dem Jugendhaus, nachts, während ich mit meiner Schwester sprach, und fing damit an, dass ich eine Woche vorher in einer Bar gewesen war, wo ein Mädchen namens Lisa sich betrank.
Nee, das geht so nicht. Nicht in einem Satz, nicht mit „und“, und nicht mit dieser Gleichzeitigkeit hier. Das geht: Es passierte in der Küche, meine Hand zitterte, das hatte schon am Morgen begonnen. Den ganzen Tag hatte ich mich unwohl gefühlt. Das ist : 1 – 1- 0 - 0
Aber du sagst: 1 – 1 - Minus-15
Es passierte hinter dem Jugend haus (Jetzt), nachts (jetzt), während ich mit meiner Schwester sprach (Jetzt), und fing damit an (bisschen zurück), dass ich eine Woche vorher in einer Bar gewesen war (buuuuuuuuuh).

, mittlerweile dienten sie vor allem der Kurzweile.
Dopplung „weile“

Lisa sah immer wieder zu mir auf und fuhr mit der Hand über meinen Rücken, über den Lendenwirbelbereich, so ein aufgeregtes Frauenstreicheln war das, als würde sie mich wachhalten wollen, und da fragte ich mich, wie weit ich mit ihr gehen konnte.
Das ist gut, aber Jo hat Recht: Dir fehlt Sorgfalt. Gibt paar Leute, die kommen damit eher durch, und paar, denen es schwer fällt. Jimmy tut sich auch schwer, wenn die Sorgfalt bisschen wegbricht, bei Jo ist es eine Katastrophe (deshalb merkt sie das bei anderen auch), andere kommen damit eher durch – du nicht so. Ich kann das auch nicht. Zu viele Marotten und Sprachticks. Es gibt Leute, bei denen ist der erste Entwurf schon toll, bei anderen nicht so. Das sagt nichts über die Qualität ihres Talents oder irgendwas aus, sondern das sind verschiedene Arbeitsmethoden. Und grad bei Autoren, die eher "oral-tradiert" schreiben (so wie man's spricht), sind mehrere Schritte unbedingt notwendig. Vielleicht wird das mit der Zeit dann weniger oder die Schritte werden zumindest effizienter - weiß ich nicht. Aber ich teil hier das Urteil von Fiz: Es fehlen Schritte.

Wo wir grad dabei sind: Ich misch mich ja höchst gerne in den Zwist anderer Leute ein, aber … herrje. Du solltest nicht übermüdet posten, ich mag die Rants ja normal echt gerne, aber, als ich das heute morgen gelesen hab, hatte ich auch das kurz das Bedürfnis, dir eine zu verpassen. Bisschen im Augenwinkel behalten, wie der andere sich fühlt bei so was – oder du willst ihr halt an den sprichwörtlichen Kragen – aber ich glaub nicht, dass virtuelle sexuelle Spannung – ehm, cool dass wir das mal gesagt haben!
Apropos Gefühle: Ich bin 32. Von wegen älteres Semester! Nicht mehr ganz junger Autor! Ich hab auch Gefühle!

und ihre Freundinnen sie jetzt ganz schön mit der Kotzaktion aufzogen
Kotz-Aktion – wenn sich ein Kompositum auf den ersten Blick nicht erfassen lässt, dann sind solche Trennstriche ein Dienst am Leser. Bei Kotzaktion liest man Kotza – Katze? – Hm – nochmal zurück

So war ihr Magen im letzten Augenblick noch dazwischen gegangen und hatte uns vor Schlimmerem bewahrt.
Das mein ich mit schlampig, du wirst den Satz sicher 3mal gelesen haben und jedesmal hast dir gedacht: Na ja … wird schon passen. Noch 2mal mehr und du hättest gesagt. Okay, ich mach was anderes. Eine ungewollte Personifikation von Dingen (oft noch in Kombination mit einer stehenden Wendung) ist die Ursache für fast jede Stilblüte. Das hier ist ja keine 100%-Stilblüte, sondern eine 40%, aber … wem hilft das? Es geht besser, also macht man es besser.

Acht Stadionrunden in zwölf Minuten. Gott, was man nicht alles für ne Eins tut. Ich lehnte mich gegen die Wand, zog mein T-Shirt aus und wischte mein Gesicht damit ab. „Wer?“
Neulich, als ich völlig aus Spaß die achte Wurzel aus Pi zog, während ich gleichzeitig das Sonntagsrätsel der New York Times löste und Sun Tsus Kunst des Krieges in der Originalsprache las, dachte ich so bei mir: Das wär jetzt kein Satz, den ich sagen würde, um Sympathie beim Leser zu erzeugen. Ich hab mal einen Roman gelesen, da sah man den Bösewicht eigentlich nur in Szenen, in denen vom Bett aus telefonierte, neben ihm zwei platinblonde Frauen, die er total ins Koma gevögelt hatte – und am Ende waren es Killerinnen, die ihn umgebracht haben, als sein übler Auftraggebe sein Versagen feststellte (Ha!).


Frag mich nicht, wie das zusammenhängt, aber wenn man voll mit Glitzer ist, passieren komische Dinge.
Also ich hab schon Spaß bei dem Text. Es ist halt eine unverdichtete Erzählstimme – ich hab damit auch schon rumgespielt. Es ist trotzdem wichtig, dass man die bearbeitet und gestaltet, und das merk ich halt schon bei dem Text. Das ist nicht bös gemeint, aber, wenn man unverdichtet schreibt, muss man trotzdem so viel an dem Text arbeiten, vielleicht noch mehr, als wenn man ihn verdichtet. Die Füllwörter und Floskeln – die sind Rhytmus-Elemente dann oder Zeichen, man lässt die nicht einfach so im Text.
Entweder könnte ich jetzt Kracht empfehlen oder Hornby (von dem ich übrigens nur einen Roman gelesen hab!) oder noch besser: Comedian Rolf Miller, heißt der glaub ich. Der setzt da auch sein „pfff“ und „mjaaaaa“ alles als Rhythmuselemente ein.

Sie war vierzehn, hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an, und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum. Das bereitete mir Kopfschmerzen, denn zum einen war sie meine Schwester, und zum anderen war das hier die Glitzer-Funk-Soul, und sie hatte einen Jeansrock und was Rückenfreies an und sie lief mit einem Cocktail in der Hand herum.
Den musste ich zweimal lesen und dann fand ich ihn echt gut.

doch heute schienen von über der Bar blaue und grüne Lichter auf die Menge.
Das ist einfach ein Anfänger-Satz. Das muss man doch ehrlich sagen, oder? „von über der Bar“

Und ausgerechnet darauf steht sie. Das ist nicht so wie bei uns, als wir noch vierzehn waren, das artet alles aus jetzt.“
„Laber nicht, bei uns war das genau so.“
Das ist echt gut.

Sie streichelte seine Schulter wie ein Tigerfell. „Wow, echt schön …“
Es war ein stinknormales schwarzes Hemd.
Den Dialog find ich schon saukomisch hier.

Aber selbst ist er der größte Dichtkopf, den es je gab! Er ist mal nach Hause gekommen und hat das Klo nicht gefunden und dann hat er einfach in einen Blumentopf gekotzt! Und ein anderes Mal, da waren wir im Urlaub …“
Fällt bisschen aus der Figurenstimme raus, oder? „Dichtkopf“

„Hey, ist dir überhaupt klar, was ich gerade gesagt hab? Insgesamt drei Zombies. Hast du das gehört, Phil? Ich kann selbst gar nicht glauben, dass ich das gesagt hab.
Da hatte ich kurz so das Bild von so einem Verkäufer vom Fischmarkt im Kopf. Butter-Kalle, Fisch-Uwe oder wie die heißen.

Er hatte einen extrem ausgeprägten Kiefer, einen Drei-Tage Bart, und Wangen- und Kinn- und Nasen- und Stirnknochen überall.
Das ist so eine Parodie auf Personenbeschreibungen, ich find den Text schon sehr lustig. Ich mochte auch das mit den Cheeseburgern gern und Falaffel und „die sterbliche Vierzehnjährige“.

Das mit der Prügel-Androhung – wenn so was wirklich wäre, da würde doch einer sagen „Dann holen wir die Bullen“, das muss ja nicht der Erzähler selbst sein, aber wenigstens Phil. Das da einer sagt: Wenn dem was passiert, dann zeigen wir das an. Ich frag mich ja, in welcher Logik das spielt, dass so eine Option nicht da ist. „Totalmuschi“. Jeder weiß, wie der Vogel heißt, der hat da eine Drohung vor x Zeugen ausgestoßen – ich glaub es hackt. Na gut, in meiner Welt wären Leute auch nicht so dämlich, etwas zu trinken, das Zombie heißt und wo wohl einfach Spirituosenreste zusammengekippt werden.

„Soll ich dann sagen: Hey Vlatko, du koksverseuchter Freak! Wart mal kurz! Bevor du mich blutig schlägst und fickst, so wie angekündigt, will ich diese Flasche noch wegwerfen, damit ich dich nicht verletze! Okay gut, alles klar … jetzt kann's losgehen! Auf welchem Planeten macht das Sinn?“
Ich hätte da noch einen Gag reingeschrieben, dass er sie recyclet. Wart kurz! Ist das Klar-Glas oder Grünglas? Wo ist der Container?

Nach einer Weile spürte ich, dass ich pissen musste. Das kam mir sehr ungelegen. Ich versuchte meinen Harndrang zu unterdrücken und hörte auf zu trinken, aber ich hatte schon zu viel Flüssigkeit zu mir genommen und das Gefühl wurde immer stärker.
Alter. Dr. Toilet ans Telefon? Bleib mal in der Figur. „Harndrang“ :P Da ist dir aber echt der Medizinstudent reingeruscht.

Sobald ich mich von der Bar entfernte, würde alles dunkel und undurchsichtig werden. Ich blickte über die Menge hinweg nach hinten.
Das find ich gut, ich frag mich das sehr oft, wie die Jungs eigentlich, seit sie 8 sind, Actionfilme sehen können und dann geht dieses Hollywood-Strategie-Wissen an ihnen vorbei. Oder das Wissen aus Computer-Spielen.
Hast du „The World's End“ schon gesehen? Großartig.

Die Flasche blieb ganz, so weit bin ich nicht gegangen, aber ich hätte es ziemlich gerne getan. Ich war eigentlich kurz davor.
Kurz, ernsthaft, ich amüsier mich hier auf Kosten des Textes und schreib keine gescheite Kritik, das ist dir gegenüber ja auch unfair, aber hier: Die Konstruktion der Erzählsituation ist unklar, ich glaub daher rührt ein Gros des Kummers. Die Erzählsituation ist so als würde er das wem live erzählen – in manchen Passagen-, aber dann auch viel wieder: „Wie erlebt“ mit einem normalen personalen Ich-Erzähler. Das ist unsauber, denke ich.

Ich atmete mehrmals durch, spielte mit meinem Schwanz, bis er größer wurde, und ließ mir dann alle Zeit der Welt beim Pissen.
Ich weiß nicht, ob du da Pluspunkte erwartest für so eine Art „Absolute Ehrlichkeit, was Penisfunktion angeht“, aber … was bringt das wirklich? Und worauf lenkt es die Aufmerksamkeit? Da wird ja grade so getan, als wär das jetzt das erste Mal im Leben des Erzählers, dass er da mit kurzem Johannes vorm Pinkelbecken steht. Das lustige ist doch dieses, was Schwupps auch gesagt hat: Der guckt da jedem auf den Schwanz und wundert sich über die bösen Blicke.

Lydias Vater wartete bereits. Er hatte seinen fetten Benz auf dem Gehweg abgestellt und die Warnblinker angemacht.
Ich überleg grad, ich hab so eine Phase mit Dorfkirmes auch mal mitgemacht, da war ich aber noch jünger als 17 da – auch so mit Warnblinkanlage und Kram. Aber da wär uns nie sowas passiert, weil auch immer Ältere und Erwachsene auf diesen Feiern waren und da aufgepasst hätten. Da hatte ich nie das Gefühl, jetzt wäre Leib und Leben in Gefahr. Das ist in der Geschichte ja auch so ein „schwarzer Fleck“ - dass da keiner ist, der auf ihn aufpassen würde. Kein „älterer“, der dann sagt: Nee, so nicht. Ich kenn halt nur begrenzt solche Dorf-Feiern, aber da sind ja normal auch Kontigente da von Vereinen, Burschenschaften usw., die das „regulieren“. Na gut, vielleicht ist der Erzähler dann ein Außenseiter in der Situation, aber das sind jetzt meine Gedanken. Ich kann nicht sagen, dass ich so eine Situation abstrus finde oder so, asber ich hab halt ein klares Bild im Kopf, wie das bei mir mal war, und find es schwer, das mit dem Bild hier zusammen zu kriegen. Das wird ja auch gar nicht erwähnt, als Option: Weder Polizei, noch so ein regulierendes Element, das dann „nach dem Rechten sieht“, sondern der Junge ist in so einer „Allein im Wald“-Situation. Es wär plausibel, wenn man dann sagt: Er ist der Einzelgänger. Oder: er wird „im Stillen bedroht“. Oder: Dieses Macho-Ding, die Angst davor, eine Pussy zu sein, ist so riesig, dass er das unbedingt allein durchstehen muss (wobei ich das wirklich für Quatsch halte – aus meiner Erfahrung).

Ich hob die Hand, er auch, und wir schlugen ein - aber ohne zuzugreifen. Wie ließen unsere Hände auseinander gleiten, zogen sie zurück, zeichneten einen Kreis, machten beide eine Faust, und knallten sie sanft zusammen.
Ach … jetzt mal im Ernst, klar es gehört irgendwie dazu … aber – boah.

„Sie haben ihn zusammengeschlagen“, sagte meine Mutter mit bebender Stimme. „Sie haben ihn zusammengeschlagen und in eine Mülltonne geworfen und sie zugeklebt. Und dann haben sie Phil den Eulenbuckel runtergerollt!“
Die gucken doch alle zu viele Filme. Wo ist das her?

„Schlaf weiter, du Homo.“
„Okay, okay …“
Ich dachte schon!

Samstagnacht fühlte sich immer seltsam an, wenn man sonntagmorgens mit Skittles auf der Couch saß.
Meine Lieblingsgeschichte hat mir mal ein Kumpel erzählt, Freitag gesoffen, den ganzen Samstag vertrödelt, bis abends die Sportschau lief, zusammen mit Vater und Bruder geguckt und dann hat das Telefon geklingelt und eine Tussi von 6 Wochen vorher war dran, sie hätte ihre Tage nicht bekommen und sie wollte ihm das nur mal sagen – diese Kater-Geschichten sind toll.

Meine Schwester ging zum Schrank, holte eine Decke, ordnete blitzartig die Kissen um, so richtig mit Routine, wie ein Thai in einem Fast-Food Imbiss, und breitete dann die neue Decke aus.
Spitzen Vergleich!

Vlatko besiegt dich doch mit diesen Gedanken. Er besiegt dich mit deiner Angst und mit deinem Hass. Denk nicht an Vlatko. Scheiß auf Vlatko.
Ich muss da immer schmunzeln, ich mag das in den Filmen auch, wenn dann die knallharten Typen anfangen mit so halbverdautem Mister Miyagi-Zeug. :) Das, was so „runter-sickert“. „Der besiegt mich doch mit diesen Gedanken!“ - das find ich echt spannend, ohne Ironie, was als Gedanken in der männlichen Macho-Popkultur kursiert. Was so übrig geblieben ist, so ein kleiner gemeinsamer Wissenskodex zwischen Yoda, Sportfilmen und Mister Miyagi. Dieses Hollywood-Film-Schema: Aufstehen, Underdog, Ehre, Mut.

Ich find's gut. Echt. Gut, ist halt Teil einer Serie – merkt man dann in der Spannungskurve auch. Die geht zum Ende halt runter, hast zwei Höhepunkte, die Konfrontation, wo er die Drohung bekommt, und die Panikattaccke am Klo – und dann geht es hinten raus halt runter. Aber – ja gut, wenn das eine Serie ist, ist da schwer meckern? Ich fand Kill Bill I auch total blöd und den zweiten auch; n einer Doppelvorstellung passt es dann aber.

Sonst: Ich bin ein Fan von „Mehr“, für mich ist mehr mehr und nicht weniger mehr.

Formal: Das, was ich gesagt hab, mit Bearbeiten, gilt trotzdem, auch wenn einige schöne Stellen dabei sind. Mit einer gründlicheren Bearbeitung würden auch die unverdichteten Stellen noch literarischer unliterarisch sein und noch literarischer authentisch sein. Das wirst du dir antun müssen, wenn du besser werden willst. Es ist halt frustrierend, aber es bringt auch nix, wenn du dann austeilst.

Ich hoff du nimmst mir das nicht übel, wenn ich bisschen launiger kommentiert habe als sonst, aber ich hab im Moment wohl auch ein Mitteilungsbedürfnis und grad bei so Geschichten, hab ich dann immer Bock, rumzulabern und das hat nicht immer was mit dem Text zu tun.

Außerdem existiert unser Foren-Beziehung momentan ohnehin auf diese Schrödinger-Art. Je nachdem, ob uns wirklich ein teuflisches Weibsbild gegeneinander ausgespielt hat (wegen deinen: Ich erkenn eine Frau als Erzähler sofort! Das ist niemals ein Mann“-Pamplethen) oder ob du es doch warst und mich hier vorschiebst, um von dir abzulenken!

Ansonsten: Du hast völlig falsche Vorstellungen davon, was man in einem Germanistik-Studium in Deutschland eigentlich so macht. Ich kann dir versichern mit den Germanisten, die wir hier haben, haben wir noch Glück gehabt. Könnte viel schlimmer sein.

Ich hab's gern gelesen, war lustig, was Lockeres für zwischendrin, muss auch mal sein
Quinn

 

Hallo JuJu,
vorangestellt, ich mag keine Jugendgeschichten. Deswegen habe ich hier bisher auch nichts aus der Challenge kommentiert, obwohl die Texte alle gut gemacht sind. Aber diese Konflikte sind mir ziemlich fern, ich habe in meiner Jugend irgendwie andere gehabt. Habe auch nie Jugendliteratur gelesen, deswegen will ich zum Inhalt gar nichts sagen.
Warum ich aber doch was zu deiner Geschichte etwas schreiben will, ist die Art, wie du die Dialoge gestaltest. Die gefällt mir sehr gut. Ich habe jetzt schon einige Texte auf KG.de gelesen, aber ich glaube noch keinen Autor gesehen zu haben, der sich so viel Zeit für die Dialoge nimmt (ich hoffe, ich tu jetzt niemandem Unrecht). Und ich lese das dann bei dir, auch jetzt bei der 100%gen oder Salz der Erde glaube ich auch, und frage mich dann, wie es kommt, dass du auch aus inhaltlichen Belanglosigkeiten, eine anziehende Konversation gestalten kannst.
SIe wirkt halt sehr authentisch, man hat das Gefühl, dass du dich sehr gut in deine Figuren hineinversetzen kannst, wirklich, als würdest du von dir erzählen. Das macht natürlich den Reiz aus. Ich habe jetzt schon mehrmals in deinen Kommentaren gelesen, dass du rätst, richtig in die Situationen reinzugehen, nicht aufzuhören, den Konflikt auszureizen usw. Dafür eignen sich die Dialoge natürlich hervorragend. Ich denke, das ist ein guter Tipp. Sicher schlägt man da zuweilen über die Stränge, aber man bekommt bei deinen Texten jedenfalls nie das Gefühl, die Figuren in ihnen wären nicht lebendig. Das stellt schon eine Beziehung her und das ist für einen Text entscheidend.
Es gibt da natürlich einige Arten, wie man an die Charakterisierung der Figuren herangeht, die Dialogform funktioniert bei dir. Mir ist das noch ein wenig fremd. Ich frage mich in diesem Zusammenhang auch, ob es sich für alle Themen so gut eignet. Wie viele Gedankengänge lassen sich da rüberbringen, kommt durch diese Herangehensweise nicht vielleicht der atmosphärische Aspekt zu kurz, wie viel Platz bleibt da für Subtext? Vielleicht würde es mir leichter fallen, dies beurteilen zu können, wenn ich bei der Geschichte hier mit dem Thema etwas anfangen könnte. Jedenfalls hatte ich beim Text nicht das Gefühl, dass im Rahmen der Thematik etwas fehlen würde.
Na ja, ich finde diesen Ansatz sehr gut. Der gibt mir auf jeden Fall viele Denkanreize. Er sorgt definitiv für einen Textflow, was so längere Texte wie deiner nun mal brauchen. Und mutig ist er auch. Ich finde es wichtig, dass man sich solche Sachen traut.
Unter diesem Aspekt habe ich es gerne gelesen.
lg, randundband

 
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Hallo feirefiz,

ich hab mir das nochmal angeschaut und ein bisschen drüber nachgedacht, und ich denke, mein Verhalten war schon ein bisschen grenzwertig. Jetzt würde ich sagen: Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist!, aber ich glaub, ich weiß es ungefähr, und so viel mit dir persönlich hat es tatsächlich nicht zu tun, wenn überhaupt. Also es tut mir leid.

Danke für die Erläuterungen zum Text.


Hallo Maria,

Also ich hätt sie erschlagen. Vierzehn und Alkohol verdient einen schönen Tritt ins Gesicht.

Das kann man schon irgendwie auch so sehen, aber ich denk, das ist halt die Kultur, oder? Hier in Deutschland? Ich meine, es trinken doch alle. Das gehört dazu. So ab vierzehn, fünfzehn, wer auf so Festen unterwegs ist … das ist ja richtig Kultur eigentlich. Die meisten großen Brüder würden da wohl gar nichts sagen.

Das Ende sollte natürlich nicht ganz so qualvoll zum Lesen sein, aber vielen Dank für den ehrlichen Lesereindruck.


Hallo Schwups,


Gefällt mir sehr gut, das Beispiel, aber damit solltest du es gut sein lassen. Dann kommt die Geschichte mit den Falafeln, das hab ich nicht mehr verstanden, worauf du hinauswillst, und das Problem ist, dass die Diskussion ab dem Moment auch nicht mehr vom Fleck kommt, die dreht sich auf der Stelle. Das wirkt auf mich als Leser eher ermüdend, langweilig dann, weil ich da nichts mehr rausziehen kann. Du hast als Beispiel die Breaking Bad Episode genannt, wo die Kumpels von Jesse diese abstruse Star Trek Handlung konzipieren - das ist auch ein wirklich gutes Beispiel, absolute Kult-Szene, aber zum einen ist die wirklich witzig, und zum anderen meine ich mich auch zu erinnern, dass es in der Szene auch darum geht, zu zeigen, wie fertig Jesse eigentlich ist, sein Desinteresse zu betonen - also das ist kein reiner Selbstzweck. Solche Elemente fehlen mir dann bei der Diskussion mit den Falafeln, da ist kein wirklicher Witz dabei, ich lerne nichts über die Figuren - wie gesagt, mir gibt das nichts mehr. Ist ein klarer Streichkandidat.

Ich muss da noch ein bisschen drüber nachdenken mit den Falafeln, es ist etwas grenzwertig vom Aufbau her und alles, da stimme ich dir voll zu.

Vielleicht geht das wirklich eher in Richtung Roman, aber wenn es dazu zu wenig hergibt, was gibt es dann? Dann hast du am Ende 30.000 Wörter oder so, das ist schwierig dann. Mich würde interessieren, ob du selbst schon ein klares Bild über den weiteren Verlauf hast und ungefähr auch schon weisst, welchen Umfang das am Ende abdecken wird - oder ob du dich jetzt so von Teil zu Teil hangelst und selbst mal schaust, wie weit das gehen wird.

Ich hab in etwa ein klares Bild über den weiteren Verlauf, hab auch schon weitergeschrieben. Also ich weiß, wie ich es enden lassen möchte und wo sich das hinbewegt. Bei paar Sachen, bin ich mir noch nicht ganz sicher, wie ich es machen will, gerade die Nebenkonflikte, die Schwester macht mir zu schaffen, weil ich das Gefühl hab, es werden manche Leser enttäuscht sein, wenn sie zu sehr aus der Geschcihte verschwindet, aber ich denk das schieb ich noch ein bisschen vor mir her und entscheide dann, wenn es so weit ist, an diesen Wendepunkten dann. Also ich hab kein Whiteboard, wo alles bin ins Detail durchstrukturiert ist, das ist bei mir im Kopf, oder manchmal kommen mir ganz konkrete Ideen für eine Szene, und dann schreibe ich die Dialogzeilen irgendwo weiter vorne rein, so schmierzettelartig.
Ich denke jetzt bei einer "richtigen" Serie, oder auch bei einem Roman oder so, das Ganze geht ja nicht in Druck, oder wird nicht gefilmt, ehe es nicht fertig ist. So ist das Ding hier quasi noch am Entstehen, das nimmt mir ein bisschen die Gestaltunsmöglichkeiten, weil ich jetzt schwerlich etwas am Anfang einfügen oder wegmachen oder ändern kann, damit es in Folge vier wieder rund wird oder so, aber naja … also kg.de hat schon auch so Schreibwerkstattcharakter, da kann man das irgendwie einfach machen, finde ich. Im Grunde ist jede Geschichte ein Experiment, so empfinde ich das, aber das Ding hier für mich nochmal besonders.
Die Länge ja … schwierig … also es wird eine moderne Serie sein, mit einem übergreifenden Arc und so, es sollen schon einheitliche Sinnesblöcke sein, die ich hier poste, das versuche ich schon auch zu gesalten, aber da werde ich mir ehrlich gesagt auch nicht das Bein rausreißen, um das Fernsehgerecht zu machen, im Grunde hoffe ich, das ergibt sich ein Stück weit von selbst, die Spannung schwingt naturgemäß immer ein bisschen, und wenn dann zwanzig Seiten lang gar nichts passiert, und ich weiß, das wird eine strunzlangweilige Folge werden, nun … dann ist das doch so oder so schlecht. Aber letzten Endes soll es schon auch etwas werden, das man auch an einem Stück lesen könnte, klar.


Auch nicht begeistert bin ich von dem Traum - mag ich nicht, eine Szene zu beschreiben und dann zu sagen, ätsch, war ein Traum.

Mir geht es eigentlich auch immer so mit Träumen. Das war eig. so ne Schnapsidee von mir: ach, da könnte noch ein Traum rein! Und das nehme ich dann selbst gar nicht ernst und schreib das irgendwann ein bisschen so aus Spaß und finde es dann irgendwann gar nicht so schelcht und lasse es. Und dann bin ich überrascht, bei einigen kam der Traum ja gut an. Ich denke, eben weil die Spannung da so runtergeht und irgendwie noch ein Höhepunkt kommen könnte, passt es so als Pseudohöhepunkt. In einer fertigen Geschichte, würde es da irgendwie eskalieren müssen zum Schluß, noch am gleichen Abend, aber der Konflikt wird halt nach hinten verlagert, deswegen geht das nicht.


Mein Gesamteindruck, das ist eine tolle Geschichte, verfasst auf hohem Niveau, die mich über weite Strecken auch richtig gefesselt hat. Mit dem Ausklang war ich nicht glücklich, aber na ja, jetzt kannst du auch sagen, selbst schuld wenn du den ersten Teil einer Serie anklickst . Ich bin auf jeden Fall gespannt und mich hast du sicher als Leser von weiteren Teilen gewonnen.

Dein Fazit freut mich sehr, es ist schon die Frage, was man von einem Pilot als Autor alles erwarten kann, aber wenn ich das so lese, jo … also damit bin ich schon sehr zufrieden.


Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.


Hallo Quinn,

Das mit der Prügel-Androhung – wenn so was wirklich wäre, da würde doch einer sagen „Dann holen wir die Bullen“, das muss ja nicht der Erzähler selbst sein, aber wenigstens Phil. Das da einer sagt: Wenn dem was passiert, dann zeigen wir das an. Ich frag mich ja, in welcher Logik das spielt, dass so eine Option nicht da ist. „Totalmuschi“. Jeder weiß, wie der Vogel heißt, der hat da eine Drohung vor x Zeugen ausgestoßen – ich glaub es hackt. Na gut, in meiner Welt wären Leute auch nicht so dämlich, etwas zu trinken, das Zombie heißt und wo wohl einfach Spirituosenreste zusammengekippt werden.

I
ch überleg grad, ich hab so eine Phase mit Dorfkirmes auch mal mitgemacht, da war ich aber noch jünger als 17 da – auch so mit Warnblinkanlage und Kram. Aber da wär uns nie sowas passiert, weil auch immer Ältere und Erwachsene auf diesen Feiern waren und da aufgepasst hätten. Da hatte ich nie das Gefühl, jetzt wäre Leib und Leben in Gefahr. Das ist in der Geschichte ja auch so ein „schwarzer Fleck“ - dass da keiner ist, der auf ihn aufpassen würde. Kein „älterer“, der dann sagt: Nee, so nicht. Ich kenn halt nur begrenzt solche Dorf-Feiern, aber da sind ja normal auch Kontigente da von Vereinen, Burschenschaften usw., die das „regulieren“. Na gut, vielleicht ist der Erzähler dann ein Außenseiter in der Situation, aber das sind jetzt meine Gedanken. Ich kann nicht sagen, dass ich so eine Situation abstrus finde oder so, asber ich hab halt ein klares Bild im Kopf, wie das bei mir mal war, und find es schwer, das mit dem Bild hier zusammen zu kriegen. Das wird ja auch gar nicht erwähnt, als Option: Weder Polizei, noch so ein regulierendes Element, das dann „nach dem Rechten sieht“, sondern der Junge ist in so einer „Allein im Wald“-Situation.

Ich geh im nächsten Teil darauf ein, was man da alles für Möglichkeiten hat. Das wird sich wie die Antwort auf deine Gedanken lesen. Das ist schon ein schwarzer Fleck, die Frage ist berechtigt und ich stelle mir die auch, aber ich denke, den Fleck gibts wirklich. Das ist auch ein bisschen utopisch, was du das darstellst, dass da die Älteren auf die Jungen aufpassen, und alles geregelt abläuft, und jeder Jugendliche gleich bei den Bullen ruft und so was. Ich glaube, das läuft da in der Jugend häufig viel viel anarchischer ab. Bei vielen ganz bewusst, weil sie regulierende Elemente gezielt aus dem Weg gehen. Diese ganzen Subkulturen, die wollen doch nichts mit Bullen zu tun haben, die verstoßen selbst permanent gegen das Gesetz, allein schon altersbedingt. Marc ist auch kein großer Außenseiter, denke ich, und im Jugendhaus wird er selbst einer der älteren sein.
Also das glaubt du jetzt vielleicht gar nicht, aber du bist nicht der erste, der irgendwie auf die Idee kam, mir eine zu verpassen, und ich wär aber nie auf die Idee gekommen, bei den Bullen anzurufen. Hätte ich ja alle paar Wochen machen können … hey, hier Juju wieder, ich steh grad an der Bar im Keller-Club, und da hat grad einer gemeint, er würde mich umbringen ... ja, ja, war glaub schon sein Ernst ... warte ... die Musik ist zu laut, ich hör euch nicht … ob ich Alkohol getrunken hab?
Also ich will nicht auf Gangster tun, so gewalttätig hab ich meine Jugend nicht in Erinnerung, aber … ich kenne solche Situationen zu genügend. Das ist jetzt auch nicht ganz "vorbei", nur weil ich ein bisschen älter bin, das könnte doch auch heut Abend noch passieren, dass mir einer auf den Sack gehen will.
Der Klassiker ist eigentlich, du bist auf der Tanzfläche, wirst mehr oder weniger grundlos zusammengeschlagen, weil du das falsche Mädchen anguckst, du wehrst dich gerade noch so ein bisshen, und dann kommen die Securities, packen dich, schlagen dich auch noch zusammen, und werfen dich in die Gosse. Hab ich schon oft gesehen. Also … wenn du 17 bist, und betrunken, und du blutest aus der Nase, oder gar 15 oder 16, und es ist zwei uhr morgens, und jetzt willst du du die Bullen holen .. Gott … da ist man froh, das man noch lebt, und man leckt seine Wunden und geht nach Hause. Also die meisten machen es so. Ich sage nicht, dass das so logisch ist, aber das ist einfach so. Und man steht da schon unter Generalverdacht auch … wenn man jung und betrunken ist und sich schlägert … sogar wenn man klar das "Opfer" ist, man ist da trotzdem ein Raufbold, der Probleme macht, in den Augen der Erwachsenen. Vielleicht wird das klarer noch in den nächsten Folgen, ich stelle mir Marc auch nicht unbedingt als supereinfachen ausgeglichenen Typ vor.
Und hier in der Situation ist es ja nur eine Drohung … was will man da machen? Irgendwen bestellen, der die die Nacht über das Händchen hält? Phil hat da schon die richtige Idee: geh nach Hause. Man muss das alles auch nicht überberwerten, das macht nur der Erzähler, weil er selbst betroffen ist. Was ist schon eine Drohung unter Jugendlichen? Vlatko ist auch nur 17. Wie ernst wird das genommen? Oder wir ernst ist das? Im Normalfall? Was wird nicht alles gesagt und behauptet in Laufe eines solchen Abends, wo Alkohol fließt? Das ist doch auch Thema der Geschichte hier, dass Marc sich fragt, inwieweit das überhaupt Vlatkos Ernst ist. Das ist doch auch das Schlimme, das man sich nie sicher sein kann. Man kann die Bullen rufen, wenn man tot ist … klar, das geht schon, ist aber auch irgendwie ein schwacher Trost. Ab und zu wird das schon passieren, dass ein Junge auf die Fresse kassiert, und dann Anzeige erstattet wird, aber wer leitet das ein? Ich wette, fast immer die Eltern.
Da ist so ähnlich wie mit Arztbesuchen, wer geht gerne zum Arzt? Manche sehr gern, andere vermeiden und verdrängen jede Gefahr.
Also in all den Jahren hab ich nur einmal bei den Bullen angerufen, das war in Paris, da wollte irgendwann ein Psycho mitten in der Nacht zu mir in die Wohnung rein, ich kannte den gar nicht und der hat echt eine halbe Stunde lang gegen die Tür geschlagen und gebrüllt, und ich hab die Bullen gerufen und sie sind am nächsten Morgen gekommen. Da hab ich das Küchenmesser geholt, mich irgendwann ins Bett gelegt, und einfach gehofft, dass ers nicht irgendwie reinschafft.


Außerdem existiert unser Foren-Beziehung momentan ohnehin auf diese Schrödinger-Art. Je nachdem, ob uns wirklich ein teuflisches Weibsbild gegeneinander ausgespielt hat (wegen deinen: Ich erkenn eine Frau als Erzähler sofort! Das ist niemals ein Mann“-Pamplethen)

Gut, dass du das noch in Klammern hinzufügst, sonst hätte ich mich vielleicht noch fragen müssen, von welchem Weibsbild jetzt die Rede ist (?) :)

oder ob du es doch warst und mich hier vorschiebst, um von dir abzulenken!

Alter, das ist mir jetzt aber zu hoch! :) Wie ist das alles zu verstehen? Was müsste ich da alles berücksichtigen? Übersehe ich irgendwas? Ich kann nicht in deinen Kopf schauen … und ich weiß aber auch nicht wirklich, ob es unsere Art wär, so was durchzukauen .. ich denke, das wird schon passen.


Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren! Bin jetzt nicht auf alles eingegangen, aber es sind sehr viele treffende hilfreiche Sachen dabei.


Hallo Randundband,


Danke für den Kommentar. Ja … wie gesagt, ich mag Dialoge, das macht mir Spaß und lch les so was auch gerne. Vielleicht übertreibe ich es hier auch ein bisschen, also wer die ganze Zeit darauf wartet, dass Vlatko endlich erscheint, und so ist das aufgebaut, der muss den Dialog fand ein bisschen zu lange finden … ich frage mich fast, ob ich hier nicht "Genres" ein bisschen mische.

man bekommt bei deinen Texten jedenfalls nie das Gefühl, die Figuren in ihnen wären nicht lebendig.

Ja schön, das Lob freut mich, man schreibt irgendwie auch so, wie man gerne liest, und ich mag vor allem Sachen mit lebendigen Figuren.


Auch dir vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.


MfG,

JuJu

 
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Hallo Jones!

Es passierte hinter dem Jugendhaus, nachts, während ich mit meiner Schwester sprach, und fing damit an, dass ich eine Woche vorher in einer Bar gewesen war, wo ein Mädchen namens Lisa sich betrank.
Find ich ziemlich kompliziert und auch ungeschickt formuliert.

Na gut, dann sprech ich sie halt an. Ich ging rüber, sie lächelte gleich, wir wechselten ein paar Worte, ohne Zweifel richtig banales Zeug, dann gingen wir zusammen raus, wahrscheinlich, weil ich sie fragte, ob sie Lust auf frische Luft hätte. Das war so meine Standardfrage.
Hat schon mal jemand angemerkt, dass es manchmal besser kommt, bisschen knapper zu schreiben ;-)

Bald hatte ich sie gegen einen Baum gedrückt und wir machten rum. Ich weiß noch, wie sie zwischen mir und dem Baum regelrecht pulsierte, wie sie auf und ab rutschte wie ein warmes kleines Tier, wie sie mmmm machte, als ich ihren Hals küsste, und wie ich ihre Brust mit der Hand umfasste und dachte: Hast recht, fühlt sich verdammt gut an.
Gefällt.

Du hast ja selbst schon von den Brüdern Kasamarov gesprochen und wie gut dir das gefällt. Ich verstehe das. Aber: Kann es sein, dass du momentan nicht so ganz weißt, wie du schreiben willst, in welchem Stil ... Vergleich mal die beiden Sätze:

Es passierte hinter dem Jugendhaus, nachts, während ich mit meiner Schwester sprach, und fing damit an, dass ich eine Woche vorher in einer Bar gewesen war, wo ein Mädchen namens Lisa sich betrank.
Das klingt so bisschen vom Aufbau wie die bei den alten (sicherlich ganz ausgezeichneten) Russen. Dann aber:
Später sind wir noch zu mir gegangen, Phil, Lisa und ihre Freundin. Mein Zimmer war im Keller, da konnten wir so laut sein, wie wir wollten, und meine Mutter bekam nichts mit. Das hatte ich mir echt gut eingerichtet.
Das sind in meinen Ohren verschiedene Erzähler.

So war ihr Magen im letzten Augenblick noch dazwischen gegangen und hatte uns vor Schlimmerem bewahrt.
Also das ist nicht gut, finde ich, da kann man bestimmt was Treffenderes sagen. Ich denk mal nach: So hatte uns ihr Magen im letzten Moment zwar nicht direkt Steine in den Weg gelegt, aber manchmal reicht auch ein bisschen Sushi, um einen aufzuhalten.


Nein, nein, das nicht … Aber offenbar war er am Wochenende auch da.“
„Wo denn?“
„Im Trödler, als du Lisa abgefüllt hast.“
Okay, also er war da, hat zugeguckt, wie jemand seine Schwester abfüllt und mit nach hause nimmt und eine Woche später macht er dann einen Aufriss? Der hat wohl keinen Hals, der Typ. Wenn jemand meine Schwester vor meinen Augen abfüllt und sie betrunken mitschleift, gibt's gleich auf die Fresse. Mal im ernst: Da will man doch Schlimmeres verhindern und geht dazwischen.... für mich unlogisch in dem Plot.

Dort, wo ein Mädchen namens Lisa sich betrank, das aussehtechnisch einen geilen Lendenwirbelbereich hatte. Ich finde echt, dass die Erzählstimme noch hier und da ein bisschen sehr ungeschliffen klingt. Als hättest du dir wenig Mühe mit der Nachbearbeitung gegeben, was nicht bedeutet, das nicht viele gute Ideen im Text stecken.

Meine Schwester hatte uns gesehen und kam mit einer Freundin auf uns zu. Sie lächelte, hob den Zombie mit beiden Händen in die Höhe – dabei rutschten vierzig oder fünfzig bunte Bändchen Richtung Ellenbogen – und tapste durch die Menge. Als sie vor uns stand, schlang sie den rechten Arm um meinen Hals und sagte: „Hey, was geeeeeeeeht?“
Die Freundin quietschte vor Freude, und meine Schwester lächelte verschmitzt.
„Nicht so viel“, sagte ich. „Bei dir?“
„Voll viel! Schau mal, ich glitzere! Cool, was? Hallo Phil! Wow, schönes Hemd! Echt schön, darf ich mal anfassen?“
„Klar.“
Sie streichelte seine Schulter wie ein Tigerfell. „Wow, echt schön …“
Es war ein stinknormales schwarzes Hemd.
Die Stelle find ich sehr gut, die sehe ich so genau vor mir und ich fühl die Gefühle von allen Beteiligten irgendwie. Klasse!


Ich finde, der Abschnitt, wo sie Angst vor Vlatko haben und sich an seine Bierflasche klammern, zieht sich ein bisschen in die Länge. Insgesamt auch ein paar Längen, finde ich, aber ich hab auch das Gefühl, du lässt es einfach fließen, was oft sehr gute Sätze produziert, ohne dass man sich dabei anstrengen muss. Trotzdem würde ich auch sagen, dass der Text noch verdichtet werden müsste, bis er bei mir Staunen und Kniefälle auslösen könnte. Da ist was Geschwätziges, das über die Geschwätzigkeit deiner anderen Texte noch hinausgeht und ich denke nicht, dass längere Texte schreiben bedeutet, geschwätziger zu werden. Klar, die alten Russen nehmen sich auch sehr, sehr viel Zeit, um alle Charaktere und Motive aus den verschiedensten Blickwinkeln zu beleuchten, aber da ist es trotzdem sprachlich oft so unglaublich genau, dass es eine wahre Freude ist, allein die Formulierungen zu lesen. Tolstoi drückt manche Sachverhalte, die man schon immer kannte, aber nie erklären konnte, weil man glaubte, man würde die Wörter dafür nicht haben, plötzlich mit den simpelsten Begriffen aus und da macht echt allein das lesen von Belanglosigkeiten auch Spaß, weil sie ganz nebenbei noch so bisschen die Welt erklären und das auf eine aufregende, frische Art.
Sicher findest du es jetzt etwas weit hergeholt, ständig von den alten Russen zu reden, nur weil du gerade Dostojewski liest, aber ich hab das Gefühl, du würdest gerne in diese Richtung gehen und diese Beobachtungen und die psychologische Herangehensweise von Tolstoi et.al. mit deinem lockern Stil verquirlen, um irgendwann was ganz Eigenes auf dem Blatt zu haben. Kein schlechter Plan.


„Fickst du eigentlich auch mit so Spasten auf Autorücksitzen?“
Ich würde das meine vierzehnjährige Schwester so nicht fragen.


Ich finde, die Geschichte hat Längen, ich finde, das Ende ist wieder Dostojewski und Tolstoi, die Mitte ist Juju. Ich finde, das Thema wie immer gut, ich finde, es schwebt so etwas Düsteres zwischen Vlatko und der Schwester von Marc. War da was, wird da was sein? Man weiß es nicht, man ahnt es aber. Klar, du kannst schreiben, hat ja die beste Geschichte des Jahres geschrieben, das weiß man jetzt hier. Ich finde es gut, dass du dir gerade jetzt den Freiraum nimmst und nicht mit etwas perfekt geschliffenem ankommst, weil alle erwarten vom großen JuJu, dass er noch besser wird. So, wie du es machst, ist es für dein Selbstwertgefühl am besten, glaub ich und nebenbei hats du ja auch noch andere Sachen zu tun. Hat mich gefreut und hat mir auch wieder viel Spaß gemacht, ich hätte halt nur mindestens 15 Prozent gestrichen, aber ist dein Text.


Lollek

Lollek

 
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Hey Juju noch mal,

ich will nur kurz eins sagen: Also wenn einer von so Security-Typen zusammengeschlagen wird, dann ist das nur "Das ist halt so", weil die Leute denken "das wär halt so".
Aber wenn Leute anfangen, deswegen Alarm zu machen und das zur Anzeige bringen, dann ist das nicht mehr lange "Das ist halt so". Es gehört auch zur Zivilcourage, sich gegen erlittenes Unrecht zu wehren. Wenn da natürlich nie einer kommt und das zur Anzeige bringt, dann denken die Security-Leute wirklich sie hätten Carte Blanche und dann reicht es nicht mehr, einem dem Arm zu verdrehen, sondern es gibt noch eine hinterher, damit er's lernt.

Mir ist schon klar, dass nicht alles von der Polizei geregelt werden kann, und dass es auch große Hemmungen gibt, die einzuschalten. Aber du hast in der Geschichte so dramatisch geschildert, mit dem Aufeinandertreffen da vor der Kirmes, dass ich dachte, das wär jetzt eine riesen Sache, zumal der ja richtig Angstzustände mitmacht. Für mich ist dann die Frage: Wenn der Leidensdruck so groß ist, warum unternimmt man dann nichts? Du stellst das dann in deiner Antwort so hin, als wär es das normalste der Welt, in ständiger Gefahr zu leben, halt mal richtig zusammengeschlagen werden. Da wär so nix bei. Also ich finde, das müsste dann deutlicher in der Geschichte rauskommen, du wertest das als Autor offenbar ganz anders als der Erzähler der Geschichte und anders als z.b. ich als Leser- was ich kenne sind Raufereien, klar, aber wirklich "Gewalt" und jemanden zusammen zu schlagen mit der Absicht, ihm große Schmerzen zuzufügen, das ist schon was ganz anders.
Wenn man vielleicht in der Disco eine falsche Frau anschaut und man wird deshalb blöd angemacht oder angerempelt oder geschubst - da muss man natürlich nicht zur Polizei gehen. Aber das ist auch nicht dasselbe wie "zusammengeschlagen werden". Für mich sind das ganz andere Dimensionen.

Wenn du da erzählst mit Paris und so - gut, vielleicht gibt es für Metropolen, in denen man nur Tourist ist, dann ganz andere Verhaltensweisen. Aber ich hab bei deiner Geschichte wirklich ein Element vermisst, das dann deutlich macht, warum er das unbedingt mit sich alleine ausmachen muss. Meinem Weltbild entspricht es einfach nicht - und ich bin mir ziemlich sicher, in den meisten Teilen von Deutschland ist die Polizei sehr schnell da, wenn ein Anrufer sagt, jemand ist an seiner Tür und schlägt wie irre drauf.

Das ist auch nicht gleich eine "Utopie", aber wenn ich das so les, glaub ich wirklich langsam, ich bin da in einer behüteten Blase aufgewachsen und nun furchtbar naiv. :)

 
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Hallo Lollek,

Vielen Dank für den Kommentar!
Ich kann viel damit anfangen … also dieser Satz am Anfang, ich seh ein, dass das irgendwie nict passt. Das sind immer so Sahcen, wenn man zu Schreiben beginnt, wie ist man da drauf? Was hat man gerade im Ohr? Und dann passiert das und man lässt es irgendwie.

Den Schluß, also …

Was hab ich noch den Rest des Abends gemacht? Playstation gezockt? Hausaufgaben etwa? Ich weiß es nicht mehr genau. Als ich das Licht ausmachte und ins Bett ging, sagte ich mir, dass Vlatko bereits der Vergangenheit angehörte. Dass er es nie wagen würde, mir den „Überraschungseffekt“ zu zeigen. Dass so was einfach cool klang, wenn man was getrunken hatte und die Kumpels danebenstanden. Dass er gerne Scheiße redete, so wie ich auch auf Parties auch manchmal Scheiße redete. Und wenn man im eigenen Bett unter einer warmen Decke lag, war das auch leicht zu glauben. Ein Teil von mir glaubte das wirklich. Ich hätte einen Fuffi drauf gewettet, dass ich Vlatko so schnell nicht wieder sehen würde. Ganz bestimmt hätte ich das getan.
Aber natürlich hatte ich Schiss, dass ich ihn bald wiedersehen würde. Beziehungsweise dass ich ihn nicht rechtzeitig sehen würde. Ich lag im eigenen Bett unter einer warmen Decke und hatte Angst - und das machte mich wütend. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie er Na und? zu meiner Schwester sagte. Und zu mir: Das siehst du dann, wenn du auf dem Boden liegst und blutest.
Ich stellte mir vor, wie ich die Flasche mit einer sauberen Bewegung über seinen Kopf zog - und stellte fest, dass das ein schöner Gedanke war. Ich mochte diese Vorstellung. Ich mochte sie sehr. Ich stellte mir das immer und immer wieder vor in dieser Nacht. Wie Vlatko unbehelligt ins Klo stolperte, und dann: Bäm! Oder wie er vor meinem Haus aus den Büschen sprang und Phil vor Scheck in Ohnmacht fiel, und dann: Bäm!
Oder wie er meine Schwester schubste oder wie er sie ohrfeigte, und wie ich dann reinrauschte und ihn zerstörte.
Mit der Zeit fragte ich mich, ob ein perverser Teil von mir sich nicht wünschte, dass er sie angegriffen hätte.
Ich lag lange wach in dieser Nacht. Ich lag lange wach und grübelte wie vielleicht nie zuvor.
Diese Gedanken bringen dir ganz nichts, dachte ich irgendwann. Vlatko besiegt dich doch mit diesen Gedanken. Er besiegt dich mit deiner Angst und mit deinem Hass. Denk nicht an Vlatko. Scheiß auf Vlatko.
Aber das war viel leichter gesagt als getan. Denn ein Teil von mir wollte, dass es noch nicht vorbei war. In mir lebte etwas, das sich nach einem Wiedersehen sehnte, etwas, das nach Rache und Action durstete, allen möglichen Konsequenzen zum Trotz.
Aber wollte ich ihn wirklich wiedersehen? Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich mich wirklich für ein Wiedersehen entscheiden? Oder wollte ich nur in Gedanken Vergeltung üben? An welcher Stelle drang hier die Phantasie in die Realität ein? Wo waren die Berührungspunkte? Was war echt?
Ich wusste es nicht, aber vielleicht war es auch zu früh, um so was zu wissen. Vielleicht kann man so was auch gar nicht wissen. Vielleicht ist es einfach so, dass sich manche Dinge unfertig anfühlen. Vielleicht ist das alles, was man wissen kann. Ja, dachte ich, als ich in den Schlaf glitt: Vielleicht. Vielleicht ist alles vorbei, aber mit Vlatko bist du nicht fertig.

Ich glaub schon, dass das "Juju" ist. Es ist vielleicht etwas ungewöhmlich, weil meine Ich-Erzähler normalerweise nicht so lange über ihre Ängste nachdenken und das dann auch noch aufschreiben, aber ich find das jetzt auch nicht so krass unpassend. Aber klar … generell entwickle ich mich und probiere auch mal neue Sachen aus. Also … ihr habt schon Recht, auch wo Quinn sagt: Der Erzähler spircht mal den Leser an, mal ist es "wie erlebt" - das ist auch ein bisschen unsauber. Das stimmt, aber … das ist auch Auslegungssachen, wie eng man das jetzt sehen will. Das ist auch "echt", wenn einer so erzählt. Aber ich lass das bisschen ruhen und les das dann nochmal und denk drüber nach, auf jeden Fall vielen Dank, ist gut mal wieder hier Kritik zu bekommen. Der Schachtelsazu zu Beginn ist strange, ja. Freut mich, dass das Thema und so dir gefällt.

Hallo Quinn,


und ich bin mir ziemlich sicher, in den meisten Teilen von Deutschland ist die Polizei sehr schnell da, wenn ein Anrufer sagt, jemand ist an seiner Tür und schlägt wie irre drauf.

Ja, bestimmt.


also wie gesagt, die Gedanken hab ich mir auch gemacht. Da hab ich schon gesagt, dass sich der nächste Teil wie die Antwort auf deinen Kommentar lesen wird. Du wirst mir gar nicht glauben, aber das hier hatte ich bereits geschrieben, bevor ich Teil 1 überhaupt gepostet hab:

Für mich kam die Polizei gar nicht in Betracht. Daran dachte ich gar nicht. Heute würde ich das natürlich. Wenn mich heute jemand drohen würde, wie Vlatko damals, und dann noch auf die Idee käme, jeden Tag in der Mittagspause unerlaubterweise bei mir am Arbeitsplatz rumzuhängen – da würde ich sämtliche Register ziehen. Da würde ich einen Anwalt holen und Kameras aufstellen und notfalls etwas erfinden. Ich würde irgendwie dafür sorgen, dass der Typ nie wieder auch nur in meiner Nähe atmen dürfte, ohne dafür in den Bau wandern zu müssen.
Aber damals kante ich solche Regster gar nicht. Ich war siebzehn und auf das Taschengeld meiner Eltern angewiesen und schon mein ganzes Leben minderjährig und …

Also … offensichtlich war das ein schwarzer Fleck, den ich auch gespürt hab, wenn ich schon das Bedürfnis hatte, derart mit dem Erzähler einzugreifen, um meinen Erwachsenen Lesern kwas larzustellen. Aber wie schon gesagt: Ich glaube, den Fleck gibt es.
Es ist sicherlich nix „Normales“, wenn man zusammengeschlagen wird. Mich hat noch niemand „zusammengeschlagen.“ Das sagt man halt so. Aber man hat mir ein paar Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Und das empfand ich dann schon als Gewalt. Also … es fällt mir schwer, über so was zu reden, ohne so zu klingen, als würde ich voll hart und Gangster klingen wollen, aber nur als Beispiel:
Bin einmal auf so einem Dorffest gewesen, auch mit 16, 17. Da hat so ein Typ meine Schwester geschubst, ich war betrunken und wusste nicht warum, dann hab ich ihn geschubst, dann hat er mich am Kragen gepackt, und ich ihn am Kragen, und dann ruft einer: Auseinander! Und ich lasse ihn los, und im selben Moment gibt er mir voll die Faust mit. Da hat sich alles gedreht und ich hab ein bisschen geblutet und am nächsten Tag blaues Auge . Und später sind Leute noch zu mir gekommen, noch am selben Abend, und haben gemeint: Ey … reg dich nicht so auf, der Typ ist eig. in Ordnung, der wusste ja nicht, dass sie deine Schwester war, sonst hätte er das nicht gemacht.
So richtig hat das niemand gejuckt. Und mich irgendwann auch nicht mehr und das war's. Und an Polizei dachte ich gar nicht.

Einmal bin nachts um fünf in Berlin aus einem Club mit einem Kumpel zusammen, paar Tage nach Sylvester, das ist jetzt drei oder vier Jahre her, und ich bin voll vertieft in meinen Gedanken und laber meinen Kumpel mit irgendwelchen Theorien voll, und wir gehen gerade über den Hackischen Markt und dann höre ich wie einer mir zuruft, so aus der Entfernung. Halt dochs Maul! Und ich im Weitergehen, so über die Schulter, ohne ihn überhaupt zu sehen: Ach… halt doch du's Maul! Und mein Kumpel sagt auch: Ja, halt dochs Maul, Mann … Und dann spingt einer auf, rennt auf ihn so, knallt ihm die Faust ins Gesicht und bricht ihm die Nase. Das ging so schnell, das glaubst du gar nicht. Ich hab nicht mal gescheckt, was los ist. Und dann ist der Typ auf noch auf mich los. Und ich Fäuste hoch und gehe so nach hinten, und dann ist der Typ plötzlich ausgerutscht und hingefallen. Weil der Hackischer Markt voll mit Schnee war. Und weiter hinten hab ich schon gehört, wie seine Kumpels sich den Arsch ablachen. Un der Typ ist aufgestanden und hatte dann irgendwie kein Bock mehr, und ist zu seinen Kumpels zurück. Und mein Kumpel hab ich suchen müssen, der war schon hundert Meter weiter, der hat geblutet wie ein Schwein. Vielleicht haben wir es uns es da sogar überlegt mit Polizei, aber wir hätten den ja kaum identifizieren können … und wir sind heim und das wars. Für mich jedenfalls. Mein Kumpel musste sich dann noch ne Weile sich mit der kaputten Nase rumschlagen.

Einmal … das gehört zu meinen „Lustigen“ Gewaltanekdoten:
Sylverster 2002 oder so, Großraum Stuttgart, irgendeine Party in einer Tiefgarage. Und dann stümen alle raus, weil bald Neujahr ist, und 10, 9, 8, 7 … Frohes Neues! Und alle umarmen sich und Freues Neues! Freues Neues! Und zufällig steht da so eine Hübsche neben mir, die ich gar nicht kenne, und ich drehe mich ihr zu und breite die Arme aus und grinse so. Und sie grinst auch und wir umarmen aus. Und im nächsten Augenblick liege ich im Schnee und keuche nach Luft. Und da war einer reingerauscht und hat mir einen Karate-Kick verpasst. Und ich bin aufgestanden, und hab gesehen, wie aggro der ist, und mir gedacht: Na, das fängt schon mal gut an … und hab mich einfach in die Menge zurückgezogen.

Also das kann Ratz-Fatz gehen, Quinn. Ich hab das schnell gelernt : Wenn ich mich nicht „benehme“, und mit den falschen Leuten zu tun habe, dann gibt's aufs Maul. Ich bin doch weiß Gott nicht der erste Junge, der das zu spüren bekommen hat. Das funktioniert in ganz vielen Milieus und Clubs und Bars so. Und ich bin in einer der wohlhabendsten Gegenden der Welt aufgewachsen.


Und das sind jetzt auch nur die Anektdoten, wo dann auch wirklich was passiert ist (und auch nicht alle), und die sich knackig und unkompliziert erzählen lassen. All die Male, wo einer "nur" versucht hat, mich einzuschüchtern mit einer Drohung …
Ich weiß jetzt nicht, was ihr jetzt für ein Bild von mir habt, es ist wohl so tatsächlich so, dass ich keiner bin, der sich immer und überall in jeder Lage zurücknimmt – aber echt, ich bin so krass auch nicht, ich hab nie Stress gesucht. Verglichen mit meinen Kumpels, die auf der Hauptschule waren, war ich ja der totale Softie. Jetzt könnte ich auch anfangen von wegen "Immigranten" und Deutsche, und wie anders da die Mentalität da ist … ich mach da ein Riesenfass auf, aber natürlich gibt es da ganz große Unterschiede. In Jos Geschcihten wird doch auch jedes Mal irgendwer "zusammengeschlagen".

Es gibt natürlich auch so Schuppen in Stuttgart, Schocken zum Beispiel, wo Indie läuft, und Funk und Blues und so, und alles Studenten und Hipsters und Deutsche dort unterwegs, da passiert einem eher nichts. Da fehlt diese aggressive Ebene. So im großen und Ganzen. Aber überall sonst? Im Night-Life? Wo die Leute mit Porsches vorfahren und die ganzen Ausländer und coolen Gangster abhängen? Oder weiß der Geier, was es da nicht alles für schäbige Schuppen und Dorfdiscos gibt? Da geht es um Gewalt und Geld und Sex. Und nur darum. Das gehts zu wie in billigen Action-Filmen. Die richten sich vielleicht danach. Und in der Jugend, mit 15, 16, 17, da probieren sich die Jungs doch ganz gezielt im Gangstersein auch aus. Und auch da werden dann die harten Jungs mit Sex und Anerkennung belohnt. Will das irgendwer abstreiten?

Ich bin auch behütet aufgewachsen, Quinn. Paris war auch ein kleiner Kulturschock für mich. Da gehe ich die Straße runter, gleich in der ersten Woche, und einer sprintet an mir vorbei, und ich drehe mich um und vier schwarze Jungs mit Baseballschlägern steigen aus einem Auto und rennen ihm hinterher. Und das in einer Fressgasse vor vielen Leuten. So was hab ich in D nie gesehen.

Also ich bin kein traumatisiertes Opfer, das voll ängstlich durch die Welt geht, das war nur eine Zeitlang in Paris so, da hab ich in einem abgefuckten Bezirk im Nord-Osten gewohnt, aber ich hab mich auch nie darüber „gewundert“, wenn ich hier mal gedroht wurde oder so. Und beängstigend ist es aber trotzdem … also je nachdem, bei schwäbischen Medizinstudenen mach ich mir keine Sorgen. Aber wer weiß schon, was so ein Mensch in Berlin konsumiert hat, und wann er die Lust verliert, auf dich einzutreten? Deutschland ist voller Jungs, die dir die Nase brechen, wenn du nicht aufpasst.

Frag Jo, ob ich hier Scheiße labere. Oder frag Lollek oder Jimmy. Ich kenn jetzt auch nur meine Sicht. Vielleicht finden die das auch übertrieben, keine Ahnung. Vielleicht sind mir so Sachen häufiger zugestoßen, weil ich eine Zeitlang pathologisch häufig nachts weggegangen bin. Aber ich kann nicht glauben, dass ich der einzige hier bin, der hier solche Situationen kennt. Und zumindest bei mir hat die Polizei nie ne Rolle gespielt.
Und hier in der Geschichte: Marc ist gar nicht „alleine“. Der ist immerhin mit Phil da. Und das sind nur … was, zwei Stunden? Was willst du denn machen, wenn du pissen musst? Du musst doch irgendwo hin. Man muss sich doch frei bewegen können. Ruft er nicht sogar kurz ein paar Fußballkumpels an, die nicht rangehen? Also ich weiß schon, was du meinst … sonst hätte ich das im nchsten Teil nicht geschreiben, aber … das hat jetzt auch sonst niemand angesprochen, oder? Und du magst das albern finden, aber es wird auch einfach nicht in Marcs Welt- und Selbstbild passen, (Angst hin oder her), dass ein andere Jugendlicher ihn droht und er die Polizei deswegen anruft und einen Riesenclusterfuck draus macht.

Jetzt hab ich schon wieder soo viel gelabert, aber ich weiß auch nicht, wie ich dir das verdeutlichen soll. Ich bin auch relativ behütet aufgewachsen, aber … das sind einfach alles Dinge, die mir passiert sind und die ich immer wieder erlebt habe. Nicht jede Woche oder jeden Monat, aber bestimmt alle drei Monate. Und es war halt immer entweder "schon vorbei", oder noch nicht „ernst“ genug. Ich glaube, das ist auch der Normalfall. Und ja: ich hab mich in diesen Momenten immer ziemlich alleine gefühlt. Da war ich auf mich alleine gestellt. Da groß damit rechnen, dass die Menge sich regt … die gucken ganz schön lange zu. Das klingt wieder amerikanisch, und vielleicht ist es das auch, aber: Ich bin auf jeden Fall so eingestellt, dass ich auf mich selbst aufpassen muss. So bin ich auch sozialisert worden. Meine nicht-deutschen Familienmitgleider haben mir mit 6 Boxhandschuhe angezgen, so zum Spaß, bisschen catchen, und mir immer wieder eingetrichtert: Deckung hoch. Wenn du schlägst, dann richtig. Was ist das? Deckung hoch! Boxen kann ich schelcht bis gar nicht, aber ich nehm immer sofort die Fäuste hoch. Das hab ich internalisiert. Ich glaube wirklich, das hat mir häufig auch was gebracht
Klar, das ist alles auch nicht: „Krankenhausreif“ oder Messerstecherei. Das ist auch nicht Paris und Baseballschlägern, oder USA und da zuckt jemand ne Knarre , aber … natürlich spielt körperliche Gewalt eine Rolle unter Jugendlichen und auch darüber hinaus. Ich glaube, ganz egal, ob du jetzt Amerika bist oder die Mafia oder einfach nur der gefährlichste Mann im Raum – live by the sword, die by the sword - da wird schon was dran sein, aber man wird kurzfristig selbstverständlich auch belohnt dafür. Auch in Deutschland.

 

Hallo Juju,

hat mich stark an HIMYM erinnert, das mit dem Überraschungsmoment;)
Wie auch beim 100%igen Mädchen gefiel mir auch hier einfach dieser spezielle Humor gepaart mit Tragik und Spannung. Hier war es jetzt mehr Spannung, beim 100%igen Mädchen mehr Tragik. Sehr geschickt machst du das hier mit der Spannung. Die Gefahr kann sozusagen überall lauern. Weiß er, wo ich wohne? Aber vor allem ist sie ein Hirngespinst.
Das mit dem Traum war echt fies von dir;)

Die Dialoge haben wirklich Spaß gemacht und ich fand sie auch echt, bis auf diese Ausnahme:
„Hey, ist dir überhaupt klar, was ich gerade gesagt hab? Insgesamt drei Zombies. Hast du das gehört, Phil? Ich kann selbst gar nicht glauben, dass ich das gesagt hab. Ich meine, das sind drei Zombies mehr, als du trinken solltest. Du bist nicht mal mit dem Zweiten fertig und du lallst schon, nach dem dritten wirst du kaum noch laufen können, und wenn du vier trinkst, fällst du wahrscheinlich ins Koma. Und ich sage nicht mehr als drei! Ich hab schon aufgegeben, normale Sachen von dir zu verlangen, weil das eh nichts bringt, jetzt geht’s quasi nur noch ums Überleben. Das ist ja wie, wenn ich sagen würde: Iss maximal vierzehn Cheeseburger, wenn du das nächste Mal zu McDonald's gehst. Weil beim Fünfzehnten könnte es sein, dass du stirbst. Und dann sagst du: Sei nicht so spießig. Ungefähr so ist das. Ich meine, über Falafel oder so was reden wir ja gar nicht. Falafel stehen hier nicht mal zur Debatte. Hey, hörst du mir zu?“
Also ich hatte den Eindruck, der Marc wäre eher so der wortkarge Typ, doch dann setzt er zu so einem Monolog an. Da dachte ich auch die ganze Zeit: hey, da muss doch mal wer dazwischenquatschen.

Vodka-Orange
Heißt es nicht einfach Wodka-O? Ich kenn halt nur diesen Bushido-Song: Wenn wir kommen, gibt es Wodka-O. Wenn wir kommen, bist du Opfer tot. Nein ernsthaft: also ich habe noch keinen Wodka-Orange sagen hören.

„Hahahahaha!“ Lydia brach in wieherndes Gelächter aus und meine Schwester gleich hinterher. Sie klammerten sich aneinander und fielen fast um. „Hahahahaha!“
Ich finde dieses Hahahaha wirklich mutig. Ich weiß nicht, mein Ding ist es jetzt nicht so. Aber passt irgendwie zum Text, ist Teil deines Stils. Das ist in Ordnung. Aber ich würde es dann nicht doppelt erwähnen. Entweder nur schreiben, dass sie in Gelächter ausbrach oder "Hahahaha."

und einem Gesicht wie eine Skulptur - aber nicht im Sinne von schön, sondern im Sinne von aus Stein gemeißelt, und das ziemlich grob.
Das fand ich so geil:thumbsup:

Ein paar Vertipper hab ich dir noch aufgelistet, siehste alles selbst:

Das Nacht mit Lisa kam mir wieder in den Sinn
Gut, dann kannst du nachher was erleben, du Votze.
aber so was das nun mal.
was ich für ein erbärmliches Bild ich gerade abgab
„PHIL!“, brüllte ich den Hörer.
Diese Gedanken bringen dir ganz nichts

Vielleicht ist es einfach so, dass sich manche Dinge unfertig anfühlen.
Deine Geschichte fühlt sich auch etwas unfertig an. Aber ich hatte das Gefühl, dass das genau so sein muss. Außerdem fand ich den Schlussgedanken absolut stark, weil ich mich auch zurückerinnerte. Verdammt, da waren ähnliche Gedanken. Kurz vor dem Einschlafen ... wenn ich erfahren würde, dass er sie geschlagen hat, bring ich ihn um. Ich besuch ihn mit meiner Gasknarre und schieße ihm ein Auge aus, um mich bei Jimmys Story "Randgeschehen" zu bedienen.

Also ich fühlte mich gut unterhalten. Danke Juju

Schöne Grüße
Hacke

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hacke,

Vielen Dank für den Kommentar und sorry wegen der Verspätung.

hat mich stark an HIMYM erinnert, das mit dem Überraschungsmoment

Die Folge kenne ich jetzt leider nicht, aber wenn du das so sagst … ich kann mir das gut vorstellen, ja, wie Barney da rumtheorisiert von wegen der besondere Effekt und so.


Die Dialoge haben wirklich Spaß gemacht und ich fand sie auch echt, bis auf diese Ausnahme:
„Hey, ist dir überhaupt klar, was ich gerade gesagt hab? Insgesamt drei Zombies. Hast du das gehört, Phil? Ich kann selbst gar nicht glauben, dass ich das gesagt hab. Ich meine, das sind drei Zombies mehr, als du trinken solltest. Du bist nicht mal mit dem Zweiten fertig und du lallst schon, nach dem dritten wirst du kaum noch laufen können, und wenn du vier trinkst, fällst du wahrscheinlich ins Koma. Und ich sage nicht mehr als drei! Ich hab schon aufgegeben, normale Sachen von dir zu verlangen, weil das eh nichts bringt, jetzt geht’s quasi nur noch ums Überleben. Das ist ja wie, wenn ich sagen würde: Iss maximal vierzehn Cheeseburger, wenn du das nächste Mal zu McDonald's gehst. Weil beim Fünfzehnten könnte es sein, dass du stirbst. Und dann sagst du: Sei nicht so spießig. Ungefähr so ist das. Ich meine, über Falafel oder so was reden wir ja gar nicht. Falafel stehen hier nicht mal zur Debatte. Hey, hörst du mir zu?“
Also ich hatte den Eindruck, der Marc wäre eher so der wortkarge Typ, doch dann setzt er zu so einem Monolog an. Da dachte ich auch die ganze Zeit: hey, da muss doch mal wer dazwischenquatschen.

Mich freut, dass du die Diaoge mochtest. DIe Stelle da … also.. ich weiß auf jeden Fall, was du meinst. Aber wie irgendwo schon gesagt, so Monologe im Dialog les ich halt immer wieder, viel viel längere auch, und dann gefällen sie mir. Kann sein, dass kein "nomaler" Mensch so lange redet, aber … naja, manchmal schon oder? Auf Parties und so? Offshore hat genau die Stelle rausgepickt, weil er die mochte.
Also klar … das sind Sachen in Geschichten, die sind vielleicht "larger than life", aber ich glaube, der Leser verzeiht einem das, wenn er die Stelle oder die Figuren mag, dann verzeiht er dir das auch gerne, dann geht er mit den Figuren und wil ihnen sehen und zuhören und glauben. Also ich weiß, was du meinst, es ist logisch irgendwie richtig, aber ich weiß halt nicht, ob ich mich dieser Logik zu sehr unterwerfen will. Ich guck schon, dass es echt klingt, aber ist gut zu wissen, wie aufmerksam ihr seid, vielen Dank, dass du mich darauf aufmerksam machst.


Deine Geschichte fühlt sich auch etwas unfertig an. Aber ich hatte das Gefühl, dass das genau so sein muss. Außerdem fand ich den Schlussgedanken absolut stark, weil ich mich auch zurückerinnerte. Verdammt, da waren ähnliche Gedanken. Kurz vor dem Einschlafen ... wenn ich erfahren würde, dass er sie geschlagen hat, bring ich ihn um. Ich besuch ihn mit meiner Gasknarre und schieße ihm ein Auge aus, um mich bei Jimmys Story "Randgeschehen" zu bedienen.

Also ich fühlte mich gut unterhalten. Danke Juju


Freut mich, dass dich die Story unterhalten konnte und der Schluß dir gefiel. Wirklich vielen Dank für den Kommentar.

MfG,

JuJu

 

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