Was ist neu

Wie du mir, so ich dir

Seniors
Beitritt
26.02.2009
Beiträge
2.226
Zuletzt bearbeitet:

Wie du mir, so ich dir

In der Lücke zwischen dem Hier und dem Jetzt fallen die Fesseln der gewöhnlichen Existenz wie verdorrte Blätter im Herbststurm.
In diesem Zwischen-Hier und Beinahe-Jetzt, dort, wo die Phantasie gebietet, ist die Last des Körpers Geschichte. Der Geist, befreit vom Diktat der Materie, schwebt mit den Wolken. Ein Blick nach unten offenbart die Welt der Zurückgebliebenen. Eine Patchwork-Welt aus grünen, gelben und braunen Flicken.
All das könnte man in eine simple Formel packen. Freiheit multipliziert mit öder Aussicht ergibt Langeweile hoch zehn. Ein Ergebnis, welches niemanden glücklich machen kann. Denn in Wahrheit wird der Mensch weder gut noch böse geboren, sondern als Abenteurer. So sieht’s aus.
Wir lassen uns ein wenig tiefer sinken, bis wir Straßen und Häuser erkennen. Höxter.
Wir fliegen über Höxter. Eine Kleinstadt fern jeder Autobahn. Milde gesagt, nicht sehr aufregend. Malerisch ja, wie die Weser sich am Ort vorbeischlängelt, grüne Auen, im Hintergrund Berge, ebenfalls grün. Unter uns liegt der Ortskern. Die schmale Hauptstraße ist gesäumt von Fußwegen, die eigentlich nur für Seiltänzer breit genug sind. Rechts wie links vornehmlich Fachwerkhäuser mit kleinen Geschäften, vom Bäcker bis zum Souvenirladen, die in diesem verträumten Örtchen auf Kunden warten.
Am Ortsausgang entdecken wir eine junge Frau am Straßenrand. Blonde lange Haare, schlank, Jeanshose und -jacke, beides mit Stickereien und Strass verziert. In der linken Hand hält sie eine kleine Sporttasche. Sie streckt ihren rechten Arm aus, und der Daumen der Hand, die zu diesem Arm gehört, zeigt nach oben. Eine Anhalterin.
Wir stoppen abrupt, gleiten geräuschlos tiefer, bis wir knapp über ihrem Kopf schweben.
Ihre Augen sind leicht gerötet, ihr Atem geht etwas schneller, als es fürs bloße Herumstehen und Daumenausstrecken nötig wäre. Vielleicht war sie bis hier hin gerannt, oder sie hat Angst, überlegen wir, weil sie vielleicht zum ersten Mal als Anhalterin unterwegs ist. Vielleicht ...
Ach was, alles wertlose Spekulation. Also noch näher heran, bis wir ihren Gedanken lauschen können und in ihren Erinnerungen stöbern.
Es gelingt. Genial!
Sie ist auf der Flucht. Eine kleine Bankräuberin, sieh an sieh an, wer hätte das gedacht. Doch ihr Gesicht, länglich mit hohen Wangenknochen, eine schmale Nase, nicht zu lang und nicht zu kurz, der Mund dünn und breit, hübsch geschwungen, sehr sinnlich, wirkt unschuldig und nett.
Seit sie gestern in Bremen eine Sparkassenfiliale ausgeraubt und die Beute mit ihren zwei Freundinnen geteilt hat, dann allein über Nienburg, immer schön an der Weser entlang, Richtung Kassel gefahren war, ging ihr kurz vor Höxter das Benzin aus. Zu tanken hatte sie sich nicht getraut, wegen der Kameras. Sie wusste, die Kripo wartet nur auf einen Fehler von ihr.
Doch Vergangenes interessiert uns nicht. Wir wollen Abenteuer. Mal sehen, ob sich für die kleine Anhalterin nicht rasch eine Mitfahrgelegenheit findet.
Zurück über dem Ortskern, verharren wir über einer Abzweigung mit Ampelanlage. Eine Handvoll Autos wartet davor, und eines fällt besonders ins Auge, ein knallgelber Camaro. Der Fahrer, Mitte dreißig, sitzt allein im Auto und trommelt mit den Fingern aufs Lenkrad. Vielleicht hat er ja einen eiligen Termin.
Nein, hat er nicht. Er ist auf der Jagd. Sein Fuß tippt aufs Gaspedal, der Zwölfzylinder röhrt, dass die alten Fachwerkhäuser erzittern. Die Ampel schaltet auf Grün. Der Golf vor ihm sprintet los. „Was für ein Spinner“, denkt der Jäger und lässt seinen Sportwagen langsam anrollen. „Wer so ein Geschoss fährt, hat es nicht nötig, an jeder Dorfampel den Wilden zu markieren“, denkt er sich. Außerdem will er nach einem geeigneten Opfer suchen. Weiblich selbstverständlich. Blond und knackig muss sie sein. In dieser Hinsicht ist er recht wählerisch.
Seine Hand tastet nach dem Bowie Messer, das in einer selbstgefertigten Scheide in seiner Jacke steckt. Heute Morgen hat er die Klinge gewachst, damit sie schnell und leicht aus dem Leder rutscht. Manchmal kommt es auf Sekundenbruchteile an. Er hatte das schon ein paar Mal erlebt. Nicht angenehm, er hat es lieber langsam, er mag es nicht, wenn sie ihm zu früh auf die Schliche kommen. Das verdirbt das Vorspiel.
Nun, da gibt’s wohl Arbeit für uns. Wenn wir Schicksal spielen wollen, und das Schicksal nimmt bekanntlich seinen Job verdammt ernst, dürfen Wir nichts dem dummen Zufall überlassen. Der lässt die Dinge nur schleifen, der faule Sack, bis einer der Akteure über seine eigenen Füße stolpert. Da sind wir doch aus ganz anderem Holz geschnitzt!
Wir sausen zurück zu der Bankräuberin am Straßenrand.
Die Anhalterin sieht den Golf, hebt schon ihren Daumen, der Golf wird langsamer, aber schnell flüstern wir ihr zu: „Lass es, da kommt noch ein schnellerer Wagen, ein Fluchtwagen wie aus dem Bilderbuch. Genau das was du brauchst.“
Seht nur, sie lässt ihren Arm tatsächlich sinken, sie winkt den Golf durch!
Die Anhalterin lässt den Golf vorbei und springt dem ebenfalls bremsenden knallgelben Sportwagen fast vor den Kühler. Ihr gefällt der Wagen. Ein bisschen zu aufsehenerregend, aber falls es zu einer Verfolgungsjagd kommen sollte, würde er hervorragende Dienste leisten.
Der Fahrer bremst und kurbelt das Seitenfenster herunter.
„Hallo, junge Dame, wo möchten Sie denn hin?“
Wir können nicht auf zwei Hochzeiten zugleich tanzen, und konzentrieren uns zunächst auf die Anhalterin.
Sie bückt sich und schaut ins Wageninnere. Der Kerl, braune Wildlederjacke mit Fransen überall, ebenso die Hose, und hohe Stiefel aus Schlangenleder, erinnert sie an Lederstrumpf. Sein Gesicht wirkt dagegen bieder, rundlich mit Billigbrille und kurzen krausen Haaren. Alles zusammen genommen, macht er auf sie einen harmlosen Eindruck.
„Nach Kassel, oder wenigstens ein Stück in die Richtung.“ Sie hofft auf ein bisschen Glück. Uli wartet dort schon ungeduldig mit gepackten Koffern. Er ist ganz besessen von seinem Plan, mit ihr für ein, vielleicht sogar zwei Jahre in Kroatien zu leben. Sonne, Strand und jede Menge Spaß zu zweit. Die Kohle aus dem Raub würde reichen. Danach, zurück in Deutschland, würde er sie heiraten. „Und Kinder werden wir haben, so viele du willst.“ Diesen Satz spult ihr Herz ab wie ein Tonband mit Endlosschleife.
„Ich fahre nach Würzburg und will bei Kassel auf die A7, ich kann Sie da irgendwo absetzen.“
„Na prima“, sagt sie, öffnet die Tür, schmeißt ihre Sporttasche in den Fußraum und steigt ein. Müdigkeit und Stress sind plötzlich wie weggeblasen. Sie hat das Gefühl, ihr Urlaub begänne schon in diesem Moment.
Um nichts zu verpassen, wo es doch jetzt so richtig interessant wird, quetschen wir uns schnell mit hinein.
„Ich heiße Petra.“
Der Fahrer blinkt raus und gibt Gas.
„Na so ein Zufall, mein Name ist Peter.“ Er lacht.
Natürlich lügen beide, doch das stört uns nicht. Viel interessanter ist der Grund, warum Petra auf ihrem Sitz herumrutscht, als wäre er unbequem.
„Du kannst den Sitz verstellen“, sagt Peter.
„Ach, geht schon.“
Unbequem ist nämlich nicht der Sitz, sondern der handliche Trommelrevolver, der hinten in ihrem Hosenbund steckt. Er drückt ein wenig.
„Hast du denn gar keine Angst, so einfach zu einem fremden Mann ins Auto zu steigen?“
Ah, Peter eröffnet sein Vorspiel. Hat sich ja nicht viel Zeit gelassen.
„Du siehst nicht aus wie jemand, der ... na du weißt schon.“ Sie lächelt; hat keine Angst.
„Ich verrate dir jetzt mal ein Geheimnis.“
Theatralisch aufs Fahren konzentriert, will er sie offenbar ein wenig zappeln lassen. Wir lehnen uns zurück und genießen das Gespräch.
„Und das wäre?“, fragt Petra nach.
„Tja, also diese Typen, die so Dinge machen, na du weißt schon, die sehen nie so aus.“
„Ach, kennst du welche?“
„Ich bin so einer“, sagt er lächelnd zu seiner Mitfahrerin.
Sie lacht ihm ins Gesicht. „Wirklich amüsant, da bin ich mal gespannt, wie du das anstellen willst.“
Ja, das könnte fast unser Text sein.
„Aus Erfahrung kann ich sagen, es ist jedesmal überraschend einfach.“
Er überholt einen Tanklastzug. Der Motor knurrt und lässt die Karosserie erzittern.
„Soso. Und das soll ich dir glauben?“, fragt Petra belustigt.
Peter schweigt eine Weile. Die Bundesstraße führt zwischen Feldern über eine sanfte Hügellandschaft.
Wir haben eigentlich nichts weiter zu tun, als abzuwarten. Eventuell könnten wir ja ein diabolisches Grinsen aufsetzen.
„Ich kann dir zeigen, wie so etwas abläuft. Wenn du Zeit hast. Ich meine es dauert ja nicht lange.“
„Was dauert nicht lange?“
„So ein niedliches Ding wie dich zu überwältigen.“
„Du findest mich niedlich?“ Petra ist bester Laune.
Der Jäger schaut zu ihr hinüber. „Nun, ich benutze nicht jede. Da gibt es gewisse Merkmale, die vorhanden sein müssen.“
„Ah, verstehe, und ich besitze diese Merkmale. Da fühle ich mich aber geschmeichelt.“
Der Jäger runzelt die Stirn. Der Verlauf des Gesprächs missfällt ihm. „Kommen wir doch wieder zurück zum Thema, dem Vorgang an sich.“
Mit gespieltem Ernst erwidert Petra: „Bitte um ausführliche Einweisung, großer Meister.“
„Da vorn“, Peter zeigt mit dem Finger auf ein Wäldchen rechts neben der Straße. „Dort führt ein Forstweg hinein. Etwas rumplig für den guten alten Camaro, aber was tut man nicht alles, um einer jungen Dame ein paar neue Erkenntnisse zu vermitteln.“
„Kennst dich ja gut aus hier.“
„Oh, ich kenne viele schöne Stellen.“ Er nimmt etwas Gas weg und schaut in den Rückspiegel. „Der Forstweg wird nur im Herbst genutzt. Da schlagen sie dann Bäume, für Brennholz. Jetzt interessiert sich niemand für die Gegend.“ Er setzt den Blinker und bremst ab.
„Du willst da tatsächlich reinfahren?“ Petra lacht nicht mehr, sie denkt an ihren Revolver.
„Wie gesagt, dauert nicht lange.“
„Kommt drauf an, wie heftig ich mich wehre, oder?“ Sie denkt an ihren Revolver und daran wie es wäre, wenn sie diesen flotten Wagen für sich hätte. Damit könnte sie Uli abholen, und dann in null Komma nichts in Kroatien sein. Der Gedanke gefällt ihr.
Uns natürlich auch. Außerordentlich sogar.
Der Wagen biegt in den Forstweg. Zwei Rinnen aus getrocknetem Schlamm zwischen hohen Bäumen und dichten Sträuchern.
„Der Weg macht einen Bogen bis zur Waldmitte, und am Ende befindet sich ein Wendeplatz. Oder, in unserem Fall, ein Platz zum Parken. Ich liebe dieses Fleckchen. Es ist wunderbar verschwiegen.“ Er lässt den Sportwagen im Leerlauf rollen. „Ich habe ein Messer, sagte ich das schon?“
„Ich habe einen Revolver, sagte ich das schon?“, äfft sie ihn nach.
Der Jäger lacht leise und schüttelt den Kopf. Spätestens an dieser Stelle fangen sie an zu schreien und fuchteln mit den Armen. Dieses Weib dagegen hat eine Menge Mut. Er ist sehr zufrieden mit ihr.
„Wir sind hier also ungestört? Gut. Ich hab nämlich gestern eine Bank ausgeraubt und brauche jetzt dringend einen neuen Fluchtwagen.“
„Nette Geschichte, nur längst nicht so wahr wie meine. Willst du nicht endlich am Gurt zerren und an der Tür rumfummeln?“
„Dann halt an.“
„Das dürfte dein letzter Wunsch sein, der in Erfüllung geht. Jedenfalls in diesem Leben.“ Er lenkt den Wagen mitten auf den Wendeplatz und stellt den Motor ab.
Petra greift mit der rechten Hand nach ihrem Revolver hinten im Hosenbund.
Peter zieht sein Messer, hält es hoch und dreht es leicht mit der Hand, als würde er es begutachten. „Siehst du?“
Ihre Fingerspitzen erreichen den Revolverknauf. Mehr geht nicht. Der verdammte Gurt ist zu eng, drückt sie zu fest in den Sitz. Mit der linken Hand versucht sie, ihn zu weiten, doch die Abrollmechanik klemmt.
„Siehst du den matten Glanz? Hab die Klinge gewachst. Und weißt du auch warum? Weil Öl mir das Leder versaut. Tolle Idee, was?“
„Ja, du bist ein Genie“, knurrt sie und drückt auf die breite Taste am Gurtverschluss.
„Vergiss es, die Taste hab ich präpariert. Geht nur mit diesem Messer zu öffnen. Wie so manches andere auch.“
Sie ruckt mit ihrem Oberkörper vor und zurück, der Gurt gibt keinen Millimeter nach. Um ihrer Hand am Rücken etwas mehr Raum zu verschaffen, dreht sie sich so weit es geht nach links.
„Wenn ich mein Messer wieder einstecke, den Motor starte und dich nach Kassel fahre, wirst du dann auch niemandem von unserem kleinen Abstecher erzählen?“, fragt er und platzt ein lautes Lachen heraus. „Abstecher! Abstecher! Das ist gut, nicht?“
„Nein, werde ich nicht“, antwortet sie gepresst, während sie ihren gestreckten Zeigefinger endlich hinter den Knauf zwängen kann.
„Ach wie langweilig, immer die gleiche Lüge. Kann nicht mal eine von euch die Wahrheit sagen?“
„Leck mich!“ Sie krümmt den Finger etwas und zieht vorsichtig an der Waffe. Der Revolver rutscht ein paar Zentimeter aus dem Hosenbund und verhakt sich dann mit dem Korn am Stoff ihrer Hose. „Scheiße!“
„Was fummelst du dir da eigentlich am Rücken herum?“
„Mach endlich den scheiß Gurt auf!“
„Sag bloß, du hast da tatsächlich ´ne Knarre.“ Sofort drückt er sein Messer an ihre Kehle. „Deine Hand nach vorn, aber langsam“, flüstert er ihr ins Ohr.
Petra riecht seinen ranzigen Atem. So gut es geht weicht sie nach rechts aus. Der Druck des Messers verringert sich nicht. Endlich umschließt ihre Hand den Revolverknauf.
„Na wird’s bald?“ Er verstärkt den Druck der Klinge. „Ich mag keine Geheimnisse, weißt du.“
Etwas Blut rinnt an ihrem Hals hinab. Er leckt seine Lippen. Das Öffnen hat begonnen. Zu früh, ermahnt er sich, das Weib würde ihm den Sitz vollbluten. Erst will er sie aus dem Wagen schaffen, aber zuvor muss er ihre rechte Hand sehen. „Na los, zeig mir deine Hand! Sofort!“
„Ja doch, sie ist eingeklemmt.“ Ihr Finger berührt den Abzug.
Zu gern würde er sie mit der Klinge ritzen, sie stechen. In seiner Fantasie sieht er ihr Blut aus ungezählten Wunden sprudeln. Ihr schlanker, nackter Körper windet sich in ihrem köstlichen roten Saft.
Petra sieht, wie seine Augen blicklos werden, als wäre er in Gedanken weit weg. Mit aller Kraft zerrt sie am Revolver, der Lauf rutscht aus dem Hosenbund. Für eine Sekunde denkt sie an Uli, an den Inhalt ihrer Tasche, das Geld für seine Träume in Kroatien, die Heirat und ihre Kinder. Dann fasst sie einen Entschluss und richtet den Lauf etwas höher aus.
Peter öffnet seinen Mund, will etwas sagen.
Sie kneift ihre Augen zu und drückt ab. Für Sekunden besteht die Welt aus Schmerz. Der Knall zerreißt ihr fast die Trommelfelle, die Kugel pflügt eine glutheiße Schramme in ihren Rücken.
Peter schreit auf, als die Kugel seine rechte Niere zerfetzt. Das Messer verschwindet von ihrer Kehle. Sie zieht ungelenk ihren rechten Arm nach vorn. Er fühlt sich etwas taub an, war zu lange zwischen Sitz und Körper eingeklemmt.
„Du Fotze! Du verdammte!“, schreit Peter.
Sie will ihm in den Kopf schießen, sieht wie der Bastard mit schmerzverzerrter Fratze sein Messer umgreift; die Klinge ragt nun aus seiner Faust nach unten. Ihr rechter Arm bewegt sich schwerfällig.
Peter holt aus, ihre Abwehr mit Links ist viel zu schwach, und rammt ihr das Messer in die rechte Schulter. Der Revolver fällt ihr in den Schoß. Er zieht am Messer, das in ihrer Schulter steckt.
Petra brüllt ihren Schmerz heraus. Wie von selbst tastet ihre linke Hand zum Revolver. Sie hebt die Waffe. Peter schlägt mit seiner freien Hand von oben auf den Revolver. Der Schuss trifft sein Knie. Der Schmerz gibt ihm genug Kraft, das Messer aus der Schulter zu reißen und sofort sticht er nach ihrer Brust. Die Klinge rutscht an einer Rippe ab, reißt bloß die Haut auf. Er will nur noch stechen, abstechen, Blut sprudel lassen.
Petra ist am Sitz gefesselt, keine Bewegungsfreiheit, kein Ausweg. Er hält ihren Revolverarm in festem Griff schräg nach unten. Nutzlos, denkt sie, aber als die Klinge wieder auf sie zu saust, drückt sie dennoch ab. Der Schalthebel zwingt die Kugel in eine andere Richtung, und das deformierte Geschoß zerfetzt Peters Unterschenkel. Er zuckt zusammen, die Klinge verfehlt Petras Bauch und dringt in ihren linken Oberschenkel.
Die Luft ist grau vor Pulverdampf. Sie starren sich mit tränenden Augen an.
„Du Sau“, keucht er ihr ins Gesicht. „Du verfluchte Sau.“
Sie kann nicht antworten, bekommt kaum Luft.
Die Sitze saugen gierig das Blut auf, rote Sprenkel verzieren das beige Armaturenbrett.
„Jetzt mach ich Schluss mit dir.“ Sein Blick verschwimmt. Er lässt das Messer in ihrem Schenkel stecken, greift unsicher nach dem Revolver, und stöhnt vor Schmerz.
Schnell lässt Petra die Waffe fallen. Mehr kann sie nicht tun. Sie poltert in den Fußraum. Unerreichbar für beide.
Peter schaut sie an. „Das nützt dir nichts, du Aas.“ Er lässt ihren Arm los und fummelt mit zittrigen Fingern an seinem Gurtschloss, öffnet es, hält sich stöhnend die Seite. Blut quillt zwischen seinen Fingern hervor, dann bückt er sich zur Waffe.
Petra zieht sich das Messer aus ihrem Fleisch. Es geht überraschend leicht. Es steckte nicht tief. Sie sieht, wie der Bastard ihre Waffe greift und sich mühsam mit der anderen Hand am Lenkrad aus seiner gebückten Haltung wieder hochziehen will. Sie überlegt, wo sie ihm die Klinge
hineinrammen soll. Es gibt nur diese eine letzte Chance.
Schwerfällig zieht er seinen Oberkörper hoch.
Sie zielt auf seine Halsschlagader. Sein Kopf sinkt aufs Lenkrad. Er rührt sich nicht mehr. Seine Augen sind blicklos. Sie sticht nicht zu.
Nach einer Weile untersucht sie ihr Gurtschloss. In der breiten Taste befindet sich ein länglicher Schlitz. Sie drückt die Messerspitze hinein und der Gurt löst sich aus der Halterung.
Wir schauen ihr noch ein wenig zu, wie sie Peter aus dem Wagen bugsiert, wieder einsteigt, den kleinen Knopf am Schalthebel findet, mit dem das Schaltgetriebe auf Automatik gestellt wird, und Richtung Kassel, zu ihrem Uli fährt. Tapfer ertragen wir ihre Schmerzensschreie. Blut sickert aus ihrer Schulterwunde. Manchmal schlenkert der Wagen ein Stück auf die Gegenfahrbahn.
Doch irgendwie schafft sie es bis ins westliche Gewerbegebiet. Dort lässt sie den Wagen ausrollen, schließt die Augen und sinkt, soweit es der Gurt zulässt, in sich zusammen.
Der Motor läuft, das Seitenfenster ist geöffnet, und die Sporttasche mit dem gestohlenen Geld liegt immer noch auf der Beifahrerseite im Fußraum.

 

Hallo Schmidt!

nicht selbsterklärend am Anfang des Textes, sondern allmählich, so dass der Leser sich das selbst erschließen kann/muss
Jaaa, klingt nach Idealfall.

In Deiner ersten Version waren das WIR zwei: der allwissende Erzähler und der Leser
das Schicksal kam als Drittes dazu
In der zweiten, aktuellen Version sind das WIR drei: Erzähler, Leser, Schicksal
Ich hab soviel rumprobiert, dass mir das zu Schluss gar nicht aufgefallen ist.

Also auf jeden Fall Tausend Dank für deine Mühe. Ich werde intensiv darüber nachdenken, noch ein bisschen vor mich hin tüfteln, mir aber auch ein Zeitlimit setzen. Irgendwann muss die Serie mal weitergehen. Hab schon ein schlechtes Gewissen.
Auch hab ich langsam den Eindruck, dass ich mit der Konstruktion der WIR-Perspektive an meine handwerklichen Grenzen stoße. Milde ausgedrückt.

Gruß
Asterix

 

Jaaa, klingt nach Idealfall.

davon gehe ich aus.
wäre aber auch kein problem für dich

einfach bei der wir form bleiben (ohne schicksal direkt erwähnen etc.)
und beim berichterstatten der geschehnisse einfach ab und zu ein paar regieanweisungen einflechten, die dann auch genauso erfolgen plus zynische bemerkungen und etwas überzogenes moralisches geschwätz
das kann sich dann steigern

dein schreibstil ist doch sehr gut

Gruß Schmidt

 

Hallo Schmidt!

einfach bei der wir form bleiben (ohne schicksal direkt erwähnen etc.)
Das Schicksal hat nun die Rote Karte bekommen. Ist aus dem Spiel.
Damit bleiben zwei im Feld, der Leser und der Erzähler, welcher nach einer (nun notwendiger Weise vollkommen anderen Einleitung) sofort von WIR spricht.
Könnte sogar sein, das der Leser sich aussuchen kann, ob er sich dem WIR anschließt oder nicht. Der Leser kann dieses WIR durchaus für die Kombination aus Erzähler und irgendeinem Menschen, von mir aus seinem Nachbarn, definieren. Oder sogar allen übrigen Menschen.
Bin mir aber nicht sicher, ob mir das gelungen ist.

ein paar regieanweisungen einflechten, die dann auch genauso erfolgen plus zynische bemerkungen und etwas überzogenes moralisches geschwätz
Regieanweisungen sind keine dazu gekommen. Die Idee greife ich in der nächsten Folge auf. Da hab ich es mit einem betrunkenen Sturkopp zu tun, der nicht so recht tun will was ich ihm sage.
Zynische Bemerkungen sind ein paar mehr drin, das wird sich von Folge zu Folge steigern.
Moralisches Geschwätz passt besser zum nächsten Thema, "geben ist seliger!" Wirst du dort also zu Genüge finden!

Vielen Dank für deine Hilfe.

Schönen Rest-Sonntag

Asterix

 

Hi, Asterix,
deine Geschichte fand ich gut zu lesen. Ungewöhnlich der Allwissende Erzähler/ Kommentator in "Wir"-Form, aber da findet sich der Leser rein. Mir hat's gefallen, besonders der ironische Unterton, der durch die ganze Story geistert. Jetzt hab ich die ersten Kommentare gelesen und schlussfolgere, dass das jetzt schon die zweite Version ist, hast also schon fleißig gefeilt. Hut ab.
Ein paar Sachen hätt ich trotzdem noch anzumerken. Nix Dramatisches und ohne Anspruch auf Richtigkeit, eben mal was mir aufgefallen ist. Schau's Dir an und sieh mal selber, ob davon was für Dich relevant ist.;)

nur ein Steinwurf neben dem Tor zur Hölle
einen?
Ein Blick nach unten offenbart die Welt der Zurückgebliebenen.
:rotfl: Ja, ja, selig sind ... :sealed:
Grenzenlose Freiheit multipliziert mit öder Aussicht ergibt Langeweile hoch zehn.
nix da! Unendliche Langeweile.:Pfeif: (wenn ich "grenzenlos" als unendlich definiere :D )
Denn in Wahrheit wird der Mensch weder gut noch böse geboren, sondern als Abenteurer.
Das "Wir" verstehe ich nicht als "Mensch", deshalb ist es hier eher zweitrangig, wie, als was Derselbe geboren wird. reicht nicht, dass Abwechslung und Abenteuer vom "Wir" gesucht werden?
Sie streckt ihren rechten Arm aus, und der Daumen der Hand, die zu diesem Arm gehört, zeigt nach oben. Eine Anhalterin.
Das find ich etwas umständlich. "Sie hob den Daumen. Eine Anhalterin.", wär nach meinem Geschmack besser.
kein Schmollmündchen wie Birgitte Bardot, sondern schmaler und breiter, hübsch geschwungen, etwa so wie der von Julia Roberts.
Er lenkt seine Lippen
leckt
Zu früh, ermahnt er sich, das Weib würde mir den Sitz vollbluten
würde ihm den Sitz vollbluten
das Geld für seine Träume in Kroatien, die Heirat und ihre Kinder.
ihre Träume von Kroatien?
als die Kugel seine rechte Niere zerfetzt.
Weiß das jetzt das allwissende "Wir", oder, wozu ich neige, der Peter? Der kanns aber sicher net so genau eingrenzen, oder?
und rammt ihr das Messer in die rechte Schulter.
Ja, er will den"Waffenarm" stilllegen, aber er ist selber noch angeschnallt. Kann das mit ruckartigen Bewegungen so klappen? Die Stelle mit dem Abschnallen müsstest Du nach hierhin vorverlegen.
rutscht an einer Rippe ab, reißt bloß die Haut auf.
Na, dass das aber auch so ein Hascherl ist, mit glatt nix, als Haut auf den Rippen!:lol:
Sie zielt auf seinen Hals, dort wo die Schlagader ist.
Sie zielt auf die Halsschlagader.

So, ich hab fertisch.;)
Was Du brauchen kannst, entscheide mal selber.
Hat mir trotz meiner langen Moserliste gut gefallen, Deine Geschichte.

LG butterblume

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo butterblume!

Guten Morgen, du Schöne! Werd ich gleich im Anschluss lesen.
Wie du mir, so ich dir.
So funktioniert das hier!

Vielen Dank fürs Lesen und Durchackern.

Ein Blick nach unten offenbart die Welt der Zurückgebliebenen.
Hab sofort gemerkt, da stimmt was nicht. Stand aber wie so oft, auf der langen Leitung, bis mir endlich die Idee kam, aus dem z ein Z zu machen. Manch Einer wird an der Stelle etwas pikiert sein, aber ich reiche ja in den folgenden Zeilen die Hand, man braucht sie nur annehmen, und schon zählt man nicht mehr zu den Zurückgebliebenen. Man darf sich als Teil des WIR betrachten.
Darin liegt der Sinn der ersten Zeilen. Den Leser mehr oder weniger sanft, in die WIR-Gruppe zu führen/drängen.
+++
Das "Wir" verstehe ich nicht als "Mensch", deshalb ist es hier eher zweitrangig, wie, als was Derselbe geboren wird. reicht nicht, dass Abwechslung und Abenteuer vom "Wir" gesucht werden?
Jeder aus der WIR-Gruppe ist als Mensch geboren und hat lediglich seinen Geist vom Körper gelöst. Ich will nicht diktatorisch bestimmen, dass dieses WIR Abenteuer sucht. Sondern den Leser überzeugen. Dazu dient der gesamte Absatz:
All das könnte man in eine simple Formel packen. Freiheit multipliziert mit öder Aussicht ergibt Langeweile hoch zehn. Ein Ergebnis, welches niemanden glücklich machen kann. Denn in Wahrheit wird der Mensch weder gut noch böse geboren, sondern als Abenteurer. So sieht’s aus.
Wer will sich schon langweilen, und wer sieht sich nicht gerne als Abenteurer!
(Du siehst hier auch, ich hab die Formel geändert, sowie das Kursive.)
+++
Zitat:
Sie streckt ihren rechten Arm aus, und der Daumen der Hand, die zu diesem Arm gehört, zeigt nach oben. Eine Anhalterin.

Das find ich etwas umständlich. "Sie hob den Daumen. Eine Anhalterin.", wär nach meinem Geschmack besser.

Möcht ich nicht so gern ändern. Ich liebe diesen Satz.
+++
Zitat:
das Geld für seine Träume in Kroatien, die Heirat und ihre Kinder.

ihre Träume von Kroatien?

Eigentlich ist Kroatien sein Traum. Sie denkt an Heirat und Kinder. Aber Uli will erst nach Kroatien.
Steht weiter vorne im Text:
Sie hofft auf ein bisschen Glück. Uli wartet dort schon ungeduldig mit gepackten Koffern. Er ist ganz besessen von seinem Plan, mit ihr für ein, vielleicht sogar zwei Jahre nach Kroatien zu reisen. Sonne, Strand und jede Menge Spaß zu Zweit. Die Kohle aus dem Raub würde reichen. Danach, zurück in Deutschland, würde er sie heiraten. „Und Kinder werden wir haben, soviele du willst.“ Diesen Satz spult ihr Herz ab, wie ein Tonband mit Endlosschleife.
Das ist ein Absatz, den ich später hinzu gefügt habe, um das Motiv für den Bankraub zu zeigen, und Petra etwas deutlicher zu Charakterisieren.
+++
Zitat:
als die Kugel seine rechte Niere zerfetzt.

Weiß das jetzt das allwissende "Wir", oder, wozu ich neige, der Peter? Der kann’s aber sicher net so genau eingrenzen, oder?

Stimmt. Hab da aber nur den Zeilenumbruch verschoben, könnte nun klarer sein.
+++
und rammt ihr das Messer in die rechte Schulter.

Ja, er will den"Waffenarm" stilllegen, aber er ist selber noch angeschnallt. Kann das mit ruckartigen Bewegungen so klappen? Die Stelle mit dem Abschnallen müsstest Du nach hierhin vorverlegen.

abschnallen vorverlegen geht nicht. Dann hat Petra keine Chance mehr.
Im Absatz davor greift Peter sein Messer extra für diese Attacke um.
Habs im Auto ausprobiert, also vom Bewegungsablauf und in Verbindung mit meiner Armlänge passt es. Meine Faust landet genau im äußeren rechten Bereich des Beifahrersitzes.
+++
Zitat:
rutscht an einer Rippe ab, reißt bloß die Haut auf.

Na, dass das aber auch so ein Hascherl ist, mit glatt nix, als Haut auf den Rippen!

Ja, OK. Wenn ich mit dem Finger auf meine Rippen drücke, fühl ich da nur ein paar Millimeter Gewebe. Bin halt schlank und durchtrainiert.:D
Fleisch klingt nach zu tiefer Wunde. In der ersten Version stach das Messer tief in Petras Bauch. Wurde zu Recht kritisiert, weil Petra mit solch einer Verletzung unmöglich bis Kassel fahren kann. Falls mir noch was Besseres einfallen sollte, ändere ich es irgendwann.
+++

So.
All deine Anmerkungen, die ich jetzt nicht erwähnt habe, hab ich stillschweigend umgesetzt!

Vielen Dank für deine Mühe!

Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix!

Der Plot an sich ist ja eigentlich toll ausgedacht, so schön fies, aber den Erzähler empfinde ich als nervend mit seinem verallgemeinernden »Wir«; meiner Meinung nach nimmt das der Geschichte viel an Spannung. Wenn er behauptet, was »wir« alles denken und gern tun würden, will ich ihm ständig widersprechen. Etwa hier:

Nun, da gibt’s wohl Arbeit für Uns. Wenn Wir Schicksal spielen wollen, und das Schicksal nimmt bekanntlich seinen Job verdammt ernst, dürfen Wir nichts dem dummen Zufall überlassen. Der lässt die Dinge nur schleifen, der faule Sack, bis einer der Akteure über seine eigenen Füße stolpert. Da sind Wir doch aus ganz anderem Holz geschnitzt!
Wir sausen zurück zu der niedlichen Bankräuberin am Straßenrand.
Die Anhalterin sieht den Golf, will schon ihren Daumen heben, aber schnell flüstern Wir ihr zu „lass es, da kommt noch ein schnellerer Wagen, ein Fluchtwagen wie aus dem Bilderbuch. Genau das was du brauchst.“
Ich würde der Frau nichts zuflüstern, um sie ins Auto eines Mörders zu locken, aus dem Holz bin ich nicht geschnitzt. Aber die Idee, daß der Geist eines Toten Schicksal spielt und jemandem etwas ins Ohr flüstert, hat trotzdem was.

Es ist natürlich ein legitimes Stilmittel, den Erzähler so in Erscheinung treten zu lassen und den Leser derart anzusprechen, nur übertreibst Du es für meinen Geschmack mit der Einbeziehung des Lesers.
Erich Kästner fällt mir dazu ein, der hat das auch in manchen Geschichten so gemacht (z.B. in Emil und die Detektive), aber da hatte ich nie das Gefühl, widersprechen zu müssen. Er legt glaub ich dem Leser keine Meinung in den Mund (hab das aber jetzt nicht nachkontrolliert).
Dazu kommt auch noch die Frage, warum »wir« tot sein müssen, um die Geschichte so zu erzählen – damit kann ich mich nur schwer identifizieren. ;-) Ich vermute, Du hast das gemacht, um die Anwesenheit des Erzählers am Ort des Geschehens zu erklären?

Wenn Du ihn einfach nur erzählen ließest, könntest Du die Einleitung um einiges kürzen – so, wie sie jetzt ist, ist sie nämlich auch gar nicht kurzgeschichtentypisch, was ein direkter Einstieg ins Geschehen wäre, z.B. die Anhalterin am Straßenrand; kein Betrachten der Umgebung, bis wir langsam doch irgendwann näherkommen. Die Kleinstadt, die da so lang besprochen wird, bis zum Aufzählen der einzelnen Geschäfte, spielt ja dann gar keine Rolle mehr; Petra war auf der Durchfahrt und sie verlassen die Stadt mit dem Beginn der Geschichte – völlig egal, ob da ein Souvenirladen ist oder nicht. Und in welcher Gegend die Geschichte ungefähr spielt, erkennt man auch an der späteren Erwähnung der Fachwerkhäuser (»der Zwölfzylinder röhrt, dass die alten Fachwerkhäuser erzittern «).

Wie gesagt, die Geschichte selbst gefällt mir, es ist ein ungewöhnliches und spannendes Aufeinandertreffen zweier Menschen, mit denen man eigentlich nichts zu tun haben will. Noch spannender könnte es allerdings sein, wenn der Erzähler die Perspektive von Petra einnehmen würde und nicht ganz so allwissend wäre. Es ist z.B. nicht notwendig, schon vorher zu verraten, daß Peter ein Mordopfer wie sie sucht; viel besser würde das kommen, wenn wir nur mit Petra miterleben – damit würde man erst eher Angst um den Fahrer haben, weil man nicht weiß, was sie mit ihm vorhat, wenn sie eine Pistole hat und ein Fluchtauto benötigt; das Blatt wendet sich dann erst einmal, wenn er ihr seine Pläne eröffnet. Sie fühlt sich trotzdem überlegen und sicher, aber als sie den Revolver nicht so recht in die Finger bekommt und er das Messer ansetzt, überwiegt sicher die Angst, die aber durch die jetzige Erzählweise nicht durchdringt; da könntest Du noch viel mehr Spannung herausholen, wenn der Erzähler nicht so distanziert wäre.

So, jetzt hab ich einmal zwischendurch die anderen Kommentare gelesen – Du scheinst ja schon viel herumgeändert zu haben. Ich hab übrigens erst die Version vom 30. 6. gelesen, beim Korrigieren dann die aktuelle.
Bin mir nicht ganz sicher, ob Du das so geändert hast, oder ob ich das falsch interpretiert hab, daß »wir« tot sind – für mich war es durch Dinge wie die »Lücke zwischen dem Hier und Jetzt« klar, und weil ich keinen anderen Grund weiß, warum »wir« da sonst herumschweben sollten.

Am Ende war ich mir nicht sicher, ob Petra nun tot ist oder nicht – ursprünglich dürfte das wohl eindeutiger gewesen sein. Ich hatte mir eingeredet, sie sei nur erschöpft von den Erlebnissen und, wenn sie nach ein paar Stunden wieder munter würde, ginge es ihr schon wieder besser. – Ich will doch in der nächsten oder übernächsten Folge mit ihr nach Kroatien fahren … dort dürfen sie ihr dann auch gern die Tasche stehlen. ;)

Mir kam es nur darauf an, dass die Tasche mit dem Geld, das bindende Glied zwischen den Serienteilen, für den nächsten Finder frei wird. Das nächste Motto lautet: Geben ist seliger denn nehmen.
Nachdem Du mir in dieser Geschichte Kroatien versprochen hast, geht das so auf keinen Fall. :D Vielleicht überlegst Du Dir das ja noch und hast eine Idee für ein Motto für unterwegs, damit sie nach einem weiteren Abenteuer schließlich doch mit der Tasche dort ankommen kann. ;-)

Das mit den Sprichwörtern, die Du jeweils als Motto für einen Teil der Serie nehmen willst, gefällt mir auch sehr. Nur »Die Tasche« halte ich für den Serientitel zu nichtssagend. Klar, wenn man erst einmal weiß, worum es geht, ergibt »Die Tasche« schon Sinn, aber um Leser anzulocken, halte ich sie für ungeeignet. Ich kam z.B. nicht wegen des Titels hierher, und er hat mich auch zuvor, wenn die Geschichte unter den neuen Beiträgen war, nicht zum Anklicken bewegt, obwohl eigentlich das Sprichwort allein schon die Fähigkeit haben sollte, mich anzulocken, doch die Tasche hat mich jedesmal davon abgebracht. – Wie wär’s denn mit »Die Beute«?

Ich werde wohl statt "Wir", aus Sicht des Schicksals schildern. Z.B. Es flog über Höxter ... Da braucht nicht viel geändert werden.
Wenn Du dafür die Wirs rausnimmst, warum nicht? Das böse Schicksal ist okay, nur als Leser will ich da nicht mit hineingezogen werden. Außerdem gibt es ein paar Redewendungen betreffend Schicksal, die Du vielleicht einbauen könntest. Jedenfalls würde ich Petra am Schluß ihrem Schicksal überlassen, statt diesem »Wir schweben leise davon« (der Satz schreit richtig: »Ich steh nur da, weil sich kein besserer gemeldet hat!«). ;-)
Noch etwas zur Perspektive: Es ist nicht unbedingt notwendig, daß jeder Serienteil aus derselben Perspektive erzählt ist. Wenn das verbindende Element die Tasche ist und wie sie von einem zum anderen kommt, kannst Du dabei ruhig jeweils die Perspektive des jeweiligen (Haupt-)Protagonisten einnehmen. Ich hab das Gefühl, daß Du dieses Wir-Schicksal-Gemisch eingeführt hast, weil Du damit ein weiteres durchgängiges Element schaffen wolltest, aber die beiden (die Tasche und die Sinnsprüche/Sprichwörter) genügen meiner Ansicht nach vollkommen.

Eigentlich soll man sich als Autor von abgedroschenen Redewendungen fernhalten,
Es kommt nur darauf an, wie man sie einsetzt. Das ist wie bei abgedroschenen Themen: Wenn Du sie wirklich gut und überzeugend verarbeitest, wird sich niemand daran stören.

Bin durch meinen Urlaub auch in anderen Bereichen ziemlich in Rückstand geraten, will sagen, ich hechele zurzeit den Ereignissen hinterher.
Da ist ja die ganze Erholung gleich wieder dahin … Einteilung ist das halbe Leben! ;)

die schmale Hauptstraße, gesäumt von Fußwegen, die eigentlich nur für Seiltänzer breit genug sind.
Der Satz hat mir besonders gut gefallen, in der Art hätte ich gern mehr gelesen. :)

Ein bisschen was Seziertes als Nachspeise?

»In der Lücke zwischen dem Hier und Jetzt«
– das braucht ein zweites »dem«: zwischen dem Hier und dem Jetzt

»Eine Kleinstadt weitab von jeder Autobahn.«
– schöner fände ich »fern jeder Autobahn«

»Malerisch ja, wie die Weser sich am Ort vorbei schlängelt, grüne Auen, im Hintergrund Berge, ebenfalls grün.«
– Malerisch, ja
– zusammen: vorbeischlängelt
– Ich finde das allerdings nicht schön formuliert, der zweite Satzteil ist zudem ohne Verb.

»Unter Uns der Ortskern und die schmale Hauptstraße,«
uns
– Verb fehlt (z.B. »ist« oder »liegt«)

»Rechts wie Links vornehmlich Fachwerkhäuser mit kleinen Geschäften, Bäcker, Reisebüro, ein Blumenladen, Schreibwaren, und für die Touristen besonders wichtig, ein
Souvenirladen.«
links
– vor dem Souvenirladen ist ein falscher Zeilenumbruch
– Wofür diese kommentierte Aufzählung? Ich würde mindestens »und für die Touristen besonders wichtig« streichen und dem Satz dafür ein Verb schenken. Vorschlag: Kleine Geschäfte, vom Bäcker bis zum Souvenirladen, warten in den verschlafenen Fachwerkhäusern auf Kunden.

»Wir schweben etwas weiter, bis zum Ortsausgang, und entdecken dort eine junge Frau am Straßenrand.«
– würde das Weiterschweben weglassen und einfach schreiben: Am Ortsausgang steht eine junge Frau am Straßenrand.

»In der linken Hand trägt sie eine kleine Sporttasche.«
– Statt »trägt« würde ich »hält« schreiben, da die Frau ja steht; »trägt« würde ich nur in Verbindung mit Bewegung von da nach dort verwenden, wenn man steht, hält man die Tasche nur (könnte sie genausogut hinstellen) und trägt sie nicht.

»Sie streckt ihren rechten Arm aus, und der Daumen der Hand, die zu diesem Arm gehört, zeigt nach oben. Eine Anhalterin.«
– Wenn Du nur schriebest »Sie streckt den Daumen der rechten Hand hinaus – eine Anhalterin«, hat jeder viel schneller dasselbe Bild. ;-)

»bis Wir knapp über ihrem Kopf schweben.«
– wir klein

»ihr Atem geht etwas schneller, als es fürs bloße rumstehen und Daumen ausstrecken nötig wäre. Vielleicht hat sie Angst, denken Wir, vielleicht ist sie zum ersten Mal als Anhalterin unterwegs. Vielleicht ...«
– fürs bloße Herumstehen und (zusammen: ) Daumenausstrecken
– wir klein
– Ähm, und nein, ich hab mir nicht gedacht, daß sie vielleicht Angst hat, ich hätte eher getippt, daß sie zuvor gelaufen und deshalb noch außer Atem ist. ;-)

»bis wir ihren Gedanken lauschen können und in ihren Erinnerungen stöbern.
Es gelingt. Genial!
Sie ist auf der Flucht.«
– Erfahren »wir« das wirklich, sowie wir in ihren Gedanken sind? Denkt sie gerade »Wow, ich bin eine Bankräuberin auf der Flucht«? Oder könnte es nicht doch so sein, daß sich das Bild erst langsam durch den einen oder anderen Gedanken ergibt? Es könnte sie z.B. hier schon der Revolver drücken, dann sparst Du Dir später die Erklärung. Show wäre jedenfalls, die Gedanken zu zeigen, »Sie ist auf der Flucht« ist in dem Fall tell, weil wir doch den Gedanken lauschen wollten, stattdessen bekommen wir die Schlußfolgerung serviert. ;-)

»Eine kleine Bankräuberin, sieh an sieh an, wer hätte das gedacht.«
– Beistrich nach dem ersten »an«
– »kleine« würde ich streichen; würdest Du einen männlichen Bankräuber auch mit »ein kleiner Bankräuber, sieh an, sieh an« beschreiben?
– Und da am Ende eine Frage steht, gehört statt dem Punkt ein Fragezeichen.

»Dabei wirkt sie so unschuldig, so nett. Ein Gesicht wie ein Engel, länglich mit hohen Wangenknochen, eine schmale Nase, nicht zu lang und nicht zu kurz, der Mund sehr sinnlich, kein Schmollmündchen wie Birgitte Bardot, sondern schmaler und breiter, hübsch geschwungen, etwa so wie der von Julia Roberts.«
– Abgesehen davon, daß meine Vorstellung eines Engelsgesichtes anders ist (die hohen Wangenknochen klingen hart und kantig): Du hast hier zuerst die Wertung (so unschuldig, so nett), dann die Beschreibung, die in meinen Augen etwas zu lang geraten ist, ich würde die Vergleiche mit Bardot und Roberts rausnehmen und mich wahlweise für schmaler oder breiter entscheiden, beides geht nicht, es sei denn, Du meinst dünn und breit, was sich auch wegen der Wiederholung (schmale Nase) besser machen würde. Vorschlag: ein hübsch geschwungener, sinnlicher Mund – was aber natürlich nicht stimmt, denn durch das »Gesicht … mit« muß es heißen: einer schmalen Nase und einem hübsch geschwungenen, sinnlichen Mund.

»Seit sie gestern in Bremen eine Sparkassenfiliale ausgeraubt und die Beute mit ihren zwei Freundinnen geteilt, dann allein über Nienburg, immer schön an der Weser entlang, Richtung Kassel gefahren war,«
– nach »geteilt« muß ein »hat« hin

»Zu Tanken hatte sie sich nicht getraut,«
– entweder »tanken« klein oder das »Zu« streichen

»Sie wusste, die Kripo wartet nur auf einen Fehler von ihr.«
– »wartete« oder »würde … warten«

»Doch Vergangenes interessiert uns nicht. Wir wollen Abenteuer. Mal sehen, ob sich für die kleine Anhalterin nicht rasch eine Mitfahrgelegenheit findet.«
– »kleine« schreit richtig danach, gestrichen zu werden, weil es so ein Nicht-ernst-Nehmen ausdrückt, als wäre sie noch ein Kind.
– Mein Vorschlag dagegen, dem Leser so viel in den Mund zu legen: »Das klingt spannend. Mal sehen, ob sie rasch eine Mitfahrgelegenheit findet.«

»Zurück zum Ortskern, verharren wir über einer Abzweigung mit Ampelanlage.«
– Es müßte entweder heißen »Wir schweben zurück zum Ortskern« oder »Zurück über dem Ortskern« oder »Zurück im Ortskern«; der Beistrich nach »Ortskern« wäre nur in Verbindung mit dem ersten Beispiel richtig.

»Wir sehen eine Handvoll Autos, und eines fällt besonders ins Auge,«
– Da Du gerade von der Ampelanlage gesprochen hast, könntest Du hier das »Wir« vermeiden, indem Du z.B. schreibst: Davor wartet eine Handvoll Autos, eines …

»Der Fahrer, ungefähr Mitte Dreißig,«
– Wenn jemand »Mitte dreißig« ist, ist das bereits eine ungefähre Angabe, »ungefähr« daher überflüssig.

»Die Ampel schaltet auf grün.«
– auf Grün

»denkt der Jäger, und lässt seinen Sportwagen langsam anrollen.«
– ohne Beistrich

»„Wer so ein Geschoß fährt,«
– so ist es richtig, wenn es süddeutsch oder österreichisch sein soll, ansonsten »Geschoss«

»Er hatte dass schon ein paar mal erlebt.«
– das
– ein paar Mal
Außerdem fällt mir gerade auf, daß sich in den letzten und nächsten Sätzen die »hat(te)« häufen.

»Nun, da gibt’s wohl Arbeit für Uns. Wenn Wir Schicksal spielen wollen, und das Schicksal nimmt bekanntlich seinen Job verdammt ernst, dürfen Wir nichts dem dummen Zufall überlassen.«
– klein: uns, wir

»Da sind Wir doch aus ganz anderem Holz geschnitzt!«
– wir

»Wir sausen zurück zu der niedlichen Bankräuberin am Straßenrand.«
– »niedlich« läßt sich gern streichen

»schnell flüstern Wir ihr zu „lass es, da kommt noch ein schnellerer Wagen, ein Fluchtwagen wie aus dem Bilderbuch. Genau das was du brauchst.“«
wir ihr zu: „Lass … Genau das, was du brauchst.“

»Seht nur, sie lässt ihren Arm tatsächlich sinken. Das klappt ja wunderbar!«
– Vorschlag: Das klappt ja wunderbar, sie lässt ihren Arm tatsächlich sinken!
Dem Kritikpunkt, daß sich ein Anhalter nicht aussuchen kann, wer ihn mitnimmt, weil kaum jemand stehenbleibt, muß ich zustimmen, allerdings könntest Du einfügen, daß der Golf bereits im Begriff war, stehenzubleiben, und sie dem ebenfalls bremsenden Sportwagen fast vor den Kühler springt.

»Der Fahrer bremst und kurbelt das Seitenfenster runter.«
– herunter

»„Hallo junge Dame, wo möchten Sie denn hin?“«
– Hallo, junge Dame, …

»Wir können Uns nicht auf zwei Hochzeiten zugleich besaufen, und konzentrieren Uns zunächst auf besagte junge Dame.«
uns
– Statt dem Leser den Wunsch nach einem Besäufnis zu unterstellen, wäre es netter, bei der herkömmlichen Form der Redewendung zu bleiben (Wir können nicht auf zwei Hochzeiten zugleich tanzen), und die Wiederholung der jungen Dame würde ich versuchen zu vermeiden.

»Sie bückt sich und schaut hinein.«
– »ins Wageninnere« wäre schöner als »hinein«

»Sein Gesicht wirkt dagegen bieder, rundlich mit Billigbrille und kurzen krausen Haaren. Für sie ist er harmlos.«
– besser fände ich: Auf sie macht er einen harmlosen Eindruck.

»„Nach Kassel, oder wenigstens ein stückweit in die Richtung.“«
– ein Stück in die Richtung

»mit ihr für ein, vielleicht sogar zwei Jahre nach Kroatien zu reisen.«
– schöner fände ich: mit ihr ein, vielleicht sogar zwei Jahre in Kroatien zu leben.

»Sonne, Strand und jede Menge Spaß zu Zweit.«
– zu zweit

»„Und Kinder werden wir haben, soviele du willst.“ Diesen Satz spult ihr Herz ab, wie ein Tonband mit Endlosschleife.«
– so viele
– spult ihr Herz ab (ohne Beistrich) wie ein Tonband

»Sie hat das Gefühl, ihr Urlaub beginnt schon in diesem Moment.«
– begönne, begänne oder würde beginnen

»Um nichts zu verpassen, wo es doch jetzt beginnt, so richtig interessant zu werden, quetschen wir Uns schnell mit rein.«
uns schnell mit hinein
– Wiederholung »beginnt«, Vorschlag: wo es doch jetzt so richtig interessant wird.

»Der Fahrer tut beschäftig, blinkt raus und gibt Gas.«
geschäftig, blinkt hinaus (würde das aber überhaupt kürzen: blinkt und gibt Gas)

»Wir wissen, dass beide lügen, doch das stört Uns natürlich nicht.«
– Vorschlag: Natürlich lügen beide, doch das stört uns nicht.

»Viel interessanter ist der Grund, warum Petra auf ihrem Sitz herum rutscht, so als wäre er unbequem.«
– zusammen: herumrutscht, das »so« würde ich streichen

»„Ach geht schon.“«
– Ach, geht schon.

»Ah, Peter eröffnet sein Vorspiel. Hat sich ja nicht viel Zeit gelassen. Ist wohl ziemlich ausgehungert, der Knabe.«
– Kennen wir ihn schon so gut, daß wir das beurteilen können? ;-)

»Sie lächelt, sie hat keine Angst.«
– würde das zweite »sie« streichen

»Er will sie ein wenig zappeln lassen, konzentriert sich scheinbar aufs Fahren.«
– Du machst das öfter so, daß Du erst die Schlußfolgerung und dann erst die Beobachtung, die dazu führt, schreibst. Ich würde das umdrehen, z.B.: Theatralisch aufs Fahren konzentriert, will er sie offenbar ein wenig zappeln lassen.

»Wir lehnen uns zurück und genießen die Fahrt.«
– würde ich streichen

»„Und das wäre?“
„Tja, also diese Typen, die so Dinge machen, na du weißt schon, die sehen nie so aus.“
„Ach, kennst du welche?“
„Ich bin so einer“, sagt er lächelnd zu seiner Mitfahrerin.«
– Das solltest Du noch klarer machen, daß der zweite Satz von Peter sein soll, verwirrt mich, ich hätte ihn vom Inhalt her ihr zugeschrieben; nur aufgrund der Tatsache, daß ihr dann drei direkte Reden hintereinander gehören würden, konnte ich den Satz richtig zuordnen.

»„Wirklich amüsant, da bin mal gespannt, wie du das anstellen willst.“
Ja, das könnte fast Unser Text sein.«
– da bin ich mal gespannt
– klein: unser (Ich fand diesen Satz auch seltsam und würde ihn streichen.)

»„So so. Und das soll ich dir glauben“, sagt Petra belustigt.«
– Soso.
– der zweite Satz ist eine Frage – … glauben?“, fragt Petra belustigt.

»Wir haben eigentlich nichts weiter zu tun, als abzuwarten. Eventuell könnten Wir ja ein diabolisches Grinsen aufsetzen.«
– Erzähl doch einfach die Geschichte und laß die beiden Sätze weg. Das ist, als würde während eines Films ständig einer dreinreden. ;-)

»Der Jäger schaut zu ihr rüber. „Nun, ich benutze nicht jede.«
– hinüber
– »benutze« würde er vermutlich nicht sagen, vielleicht »jede nehme ich nicht«?

»Der Jäger kräuselt die Stirn.«
– Er kräuselt die Stirn? Haar kann sich kräuseln, oder ein Faden, aber die Stirn runzelt man eher.

»„Bitte um detailierte Einweisung, großer Meister.“«
– detaillierte

»„Dort geht ein Forstweg rein.«
– hinein

»Da schlagen sie dann Bäume, für Kaminholz.«
– Kaminholz wäre der Logik nach ein Holz, aus dem man vorwiegend Kamine baut; das wären dann Kamine, für die man gar kein extra Feuerholz oder Brennholz mehr bräuchte. ;-)

»Petra lacht nicht mehr, sie denkt an ihren Revolver.
„Wie gesagt, dauert nicht lange.“
„Kommt drauf an, wie heftig ich mich wehre, oder?“ Sie denkt an ihren Revolver und daran wie es wäre,«
– zweimal »sie denkt an ihren Revolver«
– daran, wie

»Uns natürlich auch, riecht herrlich nach Abenteuer, dieser Gedanke. Außerordentlich sogar.«
– extremer Spannungskiller

»Oder in unserem Fall, ein Platz zum Parken.«
– Oder, in

»Ich liebe dieses Fleckchen. Sehr verschwiegen.“«
– Er fühlt sich gerade überlegen, da würde ich ihn nicht so verkürzt reden lassen: Es ist wunderbar verschwiegen.

»„Ich habe ein Messer, sagte ich das schon?“
„Ich habe einen Revolver, sagte ich das schon?“, äfft sie ihn nach.«
– Ich finde ihre Antwort unpassend, warum sollte sie es ihm verraten? Laß sie das vielleicht nur denken oder ganz anders reagieren, z.B. »Huch, da fürchte ich mich aber« oder »Ein Messer? Wie langweilig. Hättest du dir für meinen Tod nicht etwas Originelleres einfallen lassen können?« – Der Leser weiß ja schon, daß sie einen Revolver hat, und kann das richtig einordnen. Daß er gar nicht darauf reagiert (erst viel später kommt er auf die Idee, daß sie vielleicht tatsächlich eine Knarre haben könnte), wirkt auch seltsam.

»Spätestens an dieser Stelle fangen sie an zu schreien und am Gut zu zerren.«
– Gurt

»Ich hab nämlich gestern eine Bank ausgeraubt, und brauche jetzt«
– ohne Beistrich

»Willst du nicht endlich am Gurt zerren und an der Tür rumfummeln?“«
– Die Wiederholung von »am Gurt zerren« ist nicht unbedingt nötig, einmal könntest Du es einfach als wehren bezeichnen, z.B.: »Willst du dich nicht endlich wehren?«

»„Dann halt an.“
„Das dürfte dann dein letzter Wunsch sein,«
– Wiederholung »dann«

»Peter zieht sein Messer, hält es hoch und dreht es leicht mit der Hand,«
– in der Hand

»Mit der linken Hand versucht sie ihn zu erweitern,«
– versucht sie, ihn
– »erweitern« ist auch nicht ganz das richtige Wort, »weiten«, »etwas weiter zu machen« oder vielleicht »verlängern«?

»Tolle Idee was?“«
– Tolle Idee, was?

»wirst du dann auch niemanden von unserem kleinen Abstecher erzählen?“«
– niemandem

»während sie ihren getreckten Zeigefinger endlich hinter den Knauf zwängen kann.«
– das sollte vermutlich »gestreckten« heißen

»„Was fummelst du dir da eigentlich am Rücken rum?“«
– herum

»„Sag bloß, du hast da tatsächlich `ne Knarre.“«
– schöner wäre »eine« statt »ne«, aber wenn schon, dann richtig (das Apostroph auf der Raute-Taste), und am Ende ein Rufzeichen

»So gut es geht dreht sie sich nach rechts weg.«
– »dreht sich nach rechts weg« klingt nach mehr als sie kann, würde »weicht sie nach rechts aus« schreiben.

»„Na los, zeig mir deine Hand! Sofort!“«
– Das geht meiner Meinung nach zu langsam, er wartet da ewig, während ihr jeder andere den Arm schon nach vorn gezogen hätte. Daß er angeschnallt ist, sehe ich nicht als Hinderungsgrund, er könnte sich ja abschnallen. Bleibt er angeschnallt, weil er gerade seine faire Ader hat? ;-)

»In seiner Fantasie sieht er ihr Blut aus ungezählten Wunden sprudeln.«
– Zum einen würde ich »unzähligen« statt »ungezählten« schreiben, zum anderen »sprudelt« Blut nicht oder bestenfalls an der Hauptschlagader, und wenn es nicht doch sein erstes Mal ist, müßte er das wissen.

»Ihr schlanker nackter Körper windet sich in ihrem köstlichen roten Saft.«
– schlanker, nackter

»Petra sieht, wie seine Augen blicklos werden, als wäre er in Gedanken weit weg.«
– oder vielleicht »als träume er«?

»das Geld für seine Träume in Kroatien,«
– ich bin zwar nicht gestolpert, da es aber für manche eine Falle sein dürfte, könntest Du auch einfach »das Geld für Kroatien« schreiben.

»Na, na. Eine mickrige Kugel in der Niere ist noch lange kein Grund, gleich so ausfallend zu werden!«
– Mensch, ständig redest Du dazwischen. Und leg jetzt endlich das raschelnde Popcorn-Sackerl weg! :D

»Sie will ihn in den Kopf schießen, sieht wie der Bastard mit schmerzverzerrter Fratze sein Messer umgreift, die Klinge ragt nun aus seiner Faust nach unten.«
– Sie will ihm in den Kopf schießen, sieht, wie
– nach »umgreift« würde ich einen Punkt oder Strichpunkt machen

»Peter holt aus, ihre Abwehr mit Links ist viel zu schwach, und rammt ihr das Messer in die rechte Schulter.«
– Au, das klingt nach viel zu viel Wucht, da müßte das Messer meiner Meinung sehr tief stecken, dann könnte sie aber anschließend nicht mehr so agieren. Allerdings würde ihm bei der Bewegung seine Niere wohl arg weh tun, was seine Kraft bremsen könnte. ;-)

»Er zerrt am Messer, das tief in ihrer Schulter steckt.«
»Der Schmerz gibt ihm genug Kraft, das Messer aus der Schulter zu reißen«
– Oh, das steckt wirklich sehr tief … ähm: Daß man das Messer so zerren und reißen muß, dafür ist die Schulter glaub ich nicht dick genug. Muß es denn die Schulter sein? Ich kann mir aber ehrlichgesagt überhaupt nicht so recht vorstellen, wie ein Messer so fest stecken kann (aber ich hab darin auch keine praktischen Erfahrungen ;-))

»Der Schuss trifft sein Knie., und sofort sticht er es ihr in die Brust.«
– ohne Beistrich, Du könntest aber auch das »und« streichen
– das »es« würde ich streichen, sonst sticht er mit seinem Knie zu

»Die Klinge rutscht an einer Rippe ab, reißt bloß die Haut auf.«
– Das klingt schon wirklich nach einem sehr ausgehungerten Gerippe, nur Not und Hunger trieben sie zum Bankraub, die Arme. :D

»Er will nur noch stechen, abstechen, Blut sprudel lassen.«
– Ginge ihm das nicht zu schnell? Vorher hatte ich den Eindruck, er wollte es genießen.

»Sie kann nicht antworten, kriegt kaum Luft.«
– statt »kriegt« wäre »bekommt« schöner

»rote Sprenkel verzieren das beige Armaturenbrett.«
– Glaub ich erst, wenn ich erfahre, aus welcher Wunde es da so spritzt.

»Er lässt das Messer in ihrem Schenkel stecken,«
– Also ich weiß nicht, aber dieses ständig feststeckende Messer erscheint mir nicht ganz glaubwürdig, aber ich hab da keine praktische Erfahrung. Zumindest, als es vorher in der Schulter steckte, hätte es doch von selbst herausrutschen müssen, oder nicht?

»„Das nützt dir nichts, du Aas“«
– Satzzeichen fehlt

»Er lässt ihren Arm los und fummelt mit zittrigen Fingern an seinem Gurtschloss, öffnet es, hält sich stöhnend die Seite, Blut quillt zwischen seinen Finger hervor, dann bückt er sich zur Waffe.«
– zwischen seinen Fingern
– nach »Seite« würde ich einen Punkt machen

»Es steckte nicht tief.«
– Wenn es so tief war, daß es stecken konnte, war es gewiß sehr tief.

»Sie sieht wie der Bastard ihre Waffe greift, und sich mühsam mit der anderen Hand am Lenkrad aus seiner gebückten Haltung wieder hochziehen will.«
– keinen Beistrich nach »greift«, dafür aber nach »sieht«

»Sie überlegt, wo sie ihm die blutige Klinge rein rammen soll.«
– Ach, vom Rammen wird sie sauber? :p (– hineinrammen)

»Seine Augen sind geschlossen.«
– Willst Du den wirklich so brav sterben lassen, daß er noch selbst die Augen zumacht? Laß sie den Tod lieber an seinem (Nicht-)Blick erkennen. ;-)

»Wir schauen ihr noch ein wenig zu, wie sie Peter aus dem Wagen zieht, ihm in den Kopf schießt«
– Ich glaube, daß das Ziehen mehr Kraft erfordert als ihn bei der offenen Tür hinauszuschieben und zu treten. Dann könntest Du ihn mit dem Kopf auf einen Stein fallen lassen und sie muß ihm nicht unnötig in den Kopf schießen – bis hierher könnte sie fast auf Notwehr plädieren, wenn sie sie erwischen; ein nachträglicher Kopfschuß paßt da nicht dazu. Und wenn sie vorher soweit gedacht hat, nicht zu tanken, damit sie nicht erwischt wird, wird sie auch jetzt in der Lage sein, weiter zu denken. Verbrecher kennen das Risiko, das sie eingehen, und für einen Bankraub (sofern es keinen Toten gab) muß sie wohl weniger lang ins Gefängnis als für Mord oder Totschlag – sie würde ihr Risiko nicht unnötig erhöhen, und der Kopfschuß wäre mehr als unnötig.

»Sehr geschickt, wie sie mit der linken Hand die Gänge wechselt.«
– Das wirkt unglaubwürdiger als wenn Du sie langsam im ersten oder zweiten Gang fahren ließest.

»Tapfer ertragen Wir ihre Schmerzensschreie.«
wir

»Vielleicht passiert ja noch etwas. Manchmal gerät sie ein Stück auf die Gegenfahrbahn.«
– Den ersten Satz würde ich streichen, der zweite spricht für sich allein. ;-)


Irgendwas wollte ich noch sagen, was ich mir während dem Schreiben der Liste dachte, aber das hab ich jetzt vergessen. War wohl nicht so wichtig. ;-)

Liebe Grüße,
Susi :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Susi!
Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar zum Inhalt und die vielen hilfreichen Anmerkungen zum Text.
Fast alle Anregungen hab ich umgesetzt. Die werde ich hier nicht weiter erwähnen.
Ein paar deiner Gedanken zum Inhalt und Textaufbau kann ich zwar durchaus zustimmen, jedoch kollidieren diese mit meinen Zielen und Vorstellungen. Manchmal gibt es eben mehr als nur eine Möglichkeit.

Ich würde der Frau nichts zuflüstern, um sie ins Auto eines Mörders zu locken, aus dem Holz bin ich nicht geschnitzt.
Mag sein, dass nicht jeder einen inneren Schweinehund besitzt. Aber selbst wenn es nur ein winziges Exemplar ist, sollte man es doch hin und wieder Gassi führen. Für solche Gassi-Gänger ist diese Story geschrieben. Sie sind (freiwillig)Teil der Wir-Gruppe, einer Gruppe, die selbstverständlich nicht die gesamte Menschheit beinhalten kann.;)
+++
Dazu kommt auch noch die Frage, warum »wir« tot sein müssen, um die Geschichte so zu erzählen – damit kann ich mich nur schwer identifizieren. ;-)
Es gibt hier keine Toten. Bin regelrecht erschrocken über deine Annahme, kann sie aber auch nachvollziehen. Habe deshalb ganz am Anfang das Tor zur Hölle rausgenommen und ersetzt. Nun dürfte deutlich sein, dass wir uns in eine Region begeben, wo die Phantasie uns neue Möglichkeiten eröffnet.
+++
Wenn Du ihn einfach nur erzählen ließest, könntest Du die Einleitung um einiges kürzen – so, wie sie jetzt ist, ist sie nämlich auch gar nicht kurzgeschichtentypisch, was ein direkter Einstieg ins Geschehen wäre, z.B. die Anhalterin am Straßenrand;
Der Erzähler ist aktiver Teil der Geschichte. Er verführt (manchen) Leser, sich ihm anzuschließen, um ein Abenteuer zu erleben. So beginnt die Geschichte und die Handlung. Die Anhalterin ist sozusagen bereits der zweite Akt.
+++
Wie gesagt, die Geschichte selbst gefällt mir, es ist ein ungewöhnliches und spannendes Aufeinandertreffen zweier Menschen, mit denen man eigentlich nichts zu tun haben will. Noch spannender könnte es allerdings sein, wenn der Erzähler die Perspektive von Petra einnehmen würde und nicht ganz so allwissend wäre. Es ist z.B. nicht notwendig, schon vorher zu verraten, daß Peter ein Mordopfer wie sie sucht; viel besser würde das kommen, wenn wir nur mit Petra miterleben – damit würde man erst eher Angst um den Fahrer haben, weil man nicht weiß, was sie mit ihm vorhat, wenn sie eine Pistole hat und ein Fluchtauto benötigt; das Blatt wendet sich dann erst einmal, wenn er ihr seine Pläne eröffnet. Sie fühlt sich trotzdem überlegen und sicher, aber als sie den Revolver nicht so recht in die Finger bekommt und er das Messer ansetzt, überwiegt sicher die Angst, die aber durch die jetzige Erzählweise nicht durchdringt; da könntest Du noch viel mehr Spannung herausholen, wenn der Erzähler nicht so distanziert wäre.
Der allwissende Erzähler deckt alles (relevante) sofort auf. Da gibt es keine Zweifel und Geheimnisse. Gerade dadurch entsteht meiner Meinung nach die Spannung in dieser Geschichte. Und Spannung hast du ja auch empfunden.
Deinem Vorschlag nach würde Spannung auf ganz andere Weise erzeugt werden, nämlich durch Unwissenheit des Lesers, also durch Geheimniskrämerei des Erzählers. Das wäre dann der übliche Stil, den ich hier vermeiden wollte.
Angst, oder richtiger entsetzen, soll hier in erster Linie der Leser empfinden, die Gefühle der beiden Kontrahenten zum Geschehen sind absichtlich nicht geschildert. Daher die Distanz.
+++
Am Ende war ich mir nicht sicher, ob Petra nun tot ist oder nicht – ursprünglich dürfte das wohl eindeutiger gewesen sein. Ich hatte mir eingeredet, sie sei nur erschöpft von den Erlebnissen und, wenn sie nach ein paar Stunden wieder munter würde, ginge es ihr schon wieder besser. – Ich will doch in der nächsten oder übernächsten Folge mit ihr nach Kroatien fahren …
In der Erstfassung war Petra eindeutig tot. Nun sieht es eher nach Ohnmacht aus, würde ich sagen.
Du möchtest also gern mit Petras gestohlenem Geld nach Kroatien reisen, tut mir leid, daraus wird nichts.:D
+++
Das mit den Sprichwörtern, die Du jeweils als Motto für einen Teil der Serie nehmen willst, gefällt mir auch sehr. Nur »Die Tasche« halte ich für den Serientitel zu nichtssagend. Klar, wenn man erst einmal weiß, worum es geht, ergibt »Die Tasche« schon Sinn, aber um Leser anzulocken, halte ich sie für ungeeignet. Ich kam z.B. nicht wegen des Titels hierher, und er hat mich auch zuvor, wenn die Geschichte unter den neuen Beiträgen war, nicht zum Anklicken bewegt, obwohl eigentlich das Sprichwort allein schon die Fähigkeit haben sollte, mich anzulocken, doch die Tasche hat mich jedesmal davon abgebracht. – Wie wär’s denn mit »Die Beute«?
Die Verwendung von Sprichwörtern werde ich beibehalten.
"Die Beute". Ein super Titel. Leider ist mir der nicht eingefallen, leider hab ich über den Titel und seine Zugkraft nicht nachgedacht. Jetzt ist es zu spät. :(
+++
Zitat:
Ich werde wohl statt "Wir", aus Sicht des Schicksals schildern. Z.B. Es flog über Höxter ... Da braucht nicht viel geändert werden.

Wenn Du dafür die Wirs rausnimmst, warum nicht? Das böse Schicksal ist okay, nur als Leser will ich da nicht mit hineingezogen werden. Außerdem gibt es ein paar Redewendungen betreffend Schicksal, die Du vielleicht einbauen könntest. Jedenfalls würde ich Petra am Schluß ihrem Schicksal überlassen, statt diesem »Wir schweben leise davon« (der Satz schreit richtig: »Ich steh nur da, weil sich kein besserer gemeldet hat!«). ;-)
Noch etwas zur Perspektive: Es ist nicht unbedingt notwendig, daß jeder Serienteil aus derselben Perspektive erzählt ist. Wenn das verbindende Element die Tasche ist und wie sie von einem zum anderen kommt, kannst Du dabei ruhig jeweils die Perspektive des jeweiligen (Haupt-)Protagonisten einnehmen. Ich hab das Gefühl, daß Du dieses Wir-Schicksal-Gemisch eingeführt hast, weil Du damit ein weiteres durchgängiges Element schaffen wolltest, aber die beiden (die Tasche und die Sinnsprüche/Sprichwörter) genügen meiner Ansicht nach vollkommen.

Das Schicksal als Erzähler und Akteur ist raus. Die "ES" Variante klingt fürchterlich, habs ausprobiert.
Dein Vorschlag, in einem der nächsten Serienteile eine andere Perspektive, einen anderen Erzähler, zu installieren, gefällt mir. Werde das für den dritten Teil ganz scharf ins Auge fassen.
Mit deiner Vermutung, dieses (ursprüngliche) Wir-Schicksal-Gemisch sei als durchgängiges Element geschaffen, hast du teilweise recht. Nur war es anders herum. Zuerst die Idee von dem Gemisch, dann der Gedanke, daraus eine Serie zu machen.
Den letzten Satz: "Wir schweben leise davon", hab ich gestrichen.
+++
Zitat:
Zitat von Asterix
Eigentlich soll man sich als Autor von abgedroschenen Redewendungen fernhalten,

Es kommt nur darauf an, wie man sie einsetzt. Das ist wie bei abgedroschenen Themen: Wenn Du sie wirklich gut und überzeugend verarbeitest, wird sich niemand daran stören.

Danke für deine Zustimmung. Werde mir Mühe geben.:shy:
+++
Zitat:
die schmale Hauptstraße, gesäumt von Fußwegen, die eigentlich nur für Seiltänzer breit genug sind.

Der Satz hat mir besonders gut gefallen, in der Art hätte ich gern mehr gelesen

Vielen Dank für dein Lob.
Leider wachsen solche Vergleiche nicht auf Bäumen. Hab jedenfalls noch kein Baum mit diesen Früchten gefunden, muss sie also hart erarbeiten.
+++
– Wenn Du nur schriebest »Sie streckt den Daumen der rechten Hand hinaus – eine Anhalterin«, hat jeder viel schneller dasselbe Bild.
Stimmt. Da gibt es nur Argument, ihn doch so stehen zu lassen: Dichterische Freiheit!:)
+++
»Eine kleine Bankräuberin, sieh an sieh an, wer hätte das gedacht.«
– Beistrich nach dem ersten »an«
– »kleine« würde ich streichen; würdest Du einen männlichen Bankräuber auch mit »ein kleiner Bankräuber, sieh an, sieh an« beschreiben?
Nein, würde ich nicht. Ich würde auch nicht die Bankräuberin als klein bezeichnen. Aber der Wir-Erzähler tut es. Es entspricht seinem Charakter.
+++
»Doch Vergangenes interessiert uns nicht. Wir wollen Abenteuer. Mal sehen, ob sich für die kleine Anhalterin nicht rasch eine Mitfahrgelegenheit findet.«
– »kleine« schreit richtig danach, gestrichen zu werden, weil es so ein Nicht-ernst-Nehmen ausdrückt, als wäre sie noch ein Kind.
– Mein Vorschlag dagegen, dem Leser so viel in den Mund zu legen: »Das klingt spannend. Mal sehen, ob sie rasch eine Mitfahrgelegenheit findet.«
"kleine" gestrichen. Aber aus einem anderen Grund: Die hämische Einstellung ist bereits bekannt, wäre also eine Wiederholung.
Deinen Vorschlag muss ich ablehnen, weil der Erzähler ein aktives Element bleiben soll. Siehe später: "Nichts dem dummen Zufall überlassen ...
+++
»Ah, Peter eröffnet sein Vorspiel. Hat sich ja nicht viel Zeit gelassen. Ist wohl ziemlich ausgehungert, der Knabe.«
– Kennen wir ihn schon so gut, daß wir das beurteilen können?
"... ziemlich ausgehungert" hab ich gestrichen. Das "Vorspiel" wurde vorher schon erwähnt. Davon wissen wir also.
+++
»Der Jäger schaut zu ihr rüber. „Nun, ich benutze nicht jede.«
– hinüber
– »benutze« würde er vermutlich nicht sagen, vielleicht »jede nehme ich nicht«?
Petra ist für den Jäger eher ein Ding, als ein Mensch. Außerdem gehört die Verwendung dieses Wortes zum Vorspiel. Er will damit etwas Bestimmtes signalisieren.
+++
»Petra lacht nicht mehr, sie denkt an ihren Revolver.
„Wie gesagt, dauert nicht lange.“
„Kommt drauf an, wie heftig ich mich wehre, oder?“ Sie denkt an ihren Revolver und daran wie es wäre,«
– zweimal »sie denkt an ihren Revolver«
– daran, wie
Zuerst denkt sie an ihren Revolver als Abwehrwaffe, dann stellt sie eine andere, weitergehende Verbindung her. Hier findet eine Steigerung statt. Natürlich hätte ich das auch ein wenig anders formulieren können, ohne direkte Wiederholung, aber so fand ich den Wandel ihrer Absicht am deutlichsten dargestellt.
+++
»„Ich habe ein Messer, sagte ich das schon?“
„Ich habe einen Revolver, sagte ich das schon?“, äfft sie ihn nach.«
– Ich finde ihre Antwort unpassend, warum sollte sie es ihm verraten? Laß sie das vielleicht nur denken oder ganz anders reagieren, z.B. »Huch, da fürchte ich mich aber« oder »Ein Messer? Wie langweilig. Hättest du dir für meinen Tod nicht etwas Originelleres einfallen lassen können?« – Der Leser weiß ja schon, daß sie einen Revolver hat, und kann das richtig einordnen. Daß er gar nicht darauf reagiert (erst viel später kommt er auf die Idee, daß sie vielleicht tatsächlich eine Knarre haben könnte), wirkt auch seltsam.
Petra hat sich zu dieser Antwort sozusagen spontan hinreißen lassen. Das wird durch dieses "nachäffen" deutlich. So was kann passieren, aggressives Temperament hat sie ja.
Peter reagiert darauf nicht, weil er es als panische Schutzbehauptung auffasst. Eben weil sie es so sagt wie sie es sagt.
Eine coole Antwort hätte ihn vielleicht eher misstrauisch gemacht. Auch hält er es für äußerst unwahrscheinlich, das eine junge Frau am hellen Tag in Deutschland (dazu noch in Höxter!) mit einem Revolver bewaffnet ist.
+++
»Peter zieht sein Messer, hält es hoch und dreht es leicht mit der Hand,«
– in der Hand
Peter hält das Messer fest in seiner Hand und dreht dann die Hand samt Messer mit dem Handgelenk.
+++
»„Na los, zeig mir deine Hand! Sofort!“«
– Das geht meiner Meinung nach zu langsam, er wartet da ewig, während ihr jeder andere den Arm schon nach vorn gezogen hätte. Daß er angeschnallt ist, sehe ich nicht als Hinderungsgrund, er könnte sich ja abschnallen. Bleibt er angeschnallt, weil er gerade seine faire Ader hat?
Er hat es zunächst nicht gemerkt, dann muss er schnell reagieren, und nicht am Gurt rumfummeln; sein Gurt weitet sich ja auch bei jeder Bewegung.
Petras "Waffenarm" nach vorne zu zerren ist nicht klug, weil es unter Umständen nur Petras tödliche Waffe schneller in Schussposition bringt, als ihm lieb sein kann. Er will ja auch zunächst nicht die Waffe sehen, sondern Petras Hand.
+++
»In seiner Fantasie sieht er ihr Blut aus ungezählten Wunden sprudeln.«
– Zum einen würde ich »unzähligen« statt »ungezählten« schreiben, zum anderen »sprudelt« Blut nicht oder bestenfalls an der Hauptschlagader, und wenn es nicht doch sein erstes Mal ist, müßte er das wissen.
Er sticht im Rausch drauflos, er zählt nicht die Wunden, während selbige dennoch durchaus zählbar sind.
In seiner Phantasie und Vorfreude sieht er das Blut sprudeln. Ist so wie mit dem Heißhunger, kurz bevor man ein Restaurant betritt, da gaukelt einem die Phantasie ja auch einen köstlicheren Geschmack der Speisen vor, als diese in Wirklichkeit haben.
+++
»Petra sieht, wie seine Augen blicklos werden, als wäre er in Gedanken weit weg.«
– oder vielleicht »als träume er«?
Träumen verbinde ich mit schlafen, also Augen zu.
+++
»Peter holt aus, ihre Abwehr mit Links ist viel zu schwach, und rammt ihr das Messer in die rechte Schulter.«
– Au, das klingt nach viel zu viel Wucht, da müßte das Messer meiner Meinung sehr tief stecken, dann könnte sie aber anschließend nicht mehr so agieren. Allerdings würde ihm bei der Bewegung seine Niere wohl arg weh tun, was seine Kraft bremsen könnte. ;-)
Statt "rammt" hätte ich vielleicht "sticht" schreiben sollen. Andererseits hilft in solchen Situationen das Adrenalin gern mal aus und verleiht für den Moment Kraft und (fast) Schmerzfreiheit.
+++
»Die Klinge rutscht an einer Rippe ab, reißt bloß die Haut auf.«
– Das klingt schon wirklich nach einem sehr ausgehungerten Gerippe, nur Not und Hunger trieben sie zum Bankraub, die Arme
Ja genau, vor dem Bankraub hat Petra versucht, sich das Geld für Kroatien vom Munde abzusparen.:D
+++
»Er will nur noch stechen, abstechen, Blut sprudel lassen.«
– Ginge ihm das nicht zu schnell? Vorher hatte ich den Eindruck, er wollte es genießen.
Das Vorspiel will er genießen, aber wen es dann ans "Öffnen" geht...
+++
»rote Sprenkel verzieren das beige Armaturenbrett.«
– Glaub ich erst, wenn ich erfahre, aus welcher Wunde es da so spritzt
Die Sprenkel stammen von der b l u t i g e n Messerklinge, die du mir madig gemacht hast! Schau her:
»Sie überlegt, wo sie ihm die blutige Klinge rein rammen soll.«
– Ach, vom Rammen wird sie sauber? (– hineinrammen)
Jetzt denk dir selber was Neues aus.:D
+++
»Er lässt das Messer in ihrem Schenkel stecken,«
– Also ich weiß nicht, aber dieses ständig feststeckende Messer erscheint mir nicht ganz glaubwürdig, aber ich hab da keine praktische Erfahrung. Zumindest, als es vorher in der Schulter steckte, hätte es doch von selbst herausrutschen müssen, oder nicht?
Eigentlich müsste es aus der Schulter rutschen, weil es dort horizontal steckt und das Gewicht des Griffes nach unten zieht. Allerdings könnte das durch Schulterknochen und Schlüsselbein verhindert werden.
Im Schenkel hat das Messer eine vertikale Ausrichtung, das und das feste Muskelfleisch verhindern ein allzu leichtes herausrutschen.
Probier es mal mit einem großen Stück Schweinefleisch als Schenkelersatz!
+++

Liebe Grüße

Asterix

 

He Asterix,

ich habe mal eine ältere Geschichte von dir ausgebuddelt. Ganz entfernt kann ich mich an den Anfang erinnern. Weiß nicht, warum es damals nicht zum kompletten Lesen gereicht hat. Das ist hiermit nachgeholt. Und - ich habe mich prächtig unterhalten gefühlt.
Die Idee mit dem Erzähler-zoom ist nicht neu, aber ich fand sie sehr geil. Jüngst habe ich das in Das schwarze Haus von King/ Straub auf sehr ermüdende Weise gelesen (so wie das ganze Buch einfach nur lahm ist).
Wie du das aufbereitet hast, gefiel mir schon deutlich besser. Die Stimme ist auf widerlich sympathische Weise Sensations-und-blut-lüstern.
Die Passage zum Einstieg, also die Betrachtung im Allgemeinen, ist sogar richtig lustig. Dann nimmt sich die Stimme etwas zurück, was auch gut so ist. Im letzten Drittel allerdings wirkt es beinahe so, als hättest du sie vergessen, bis es zum Ausfaden kommt.
Rick hatte hier mal eine Geschichte drin, ich glaub highway hieß sie, da hatte er ein ähnliches Setting. Zwei Psychopathen (okay, das eine war sogar ein Pärchen), die ebenfalls in einem Auto aufeinandertreffen. In dem Moment, wo das Paar zum Schlächter einsteigt, endet die Geschichte, muss es im Kopf weitergehen. Du kommst erst dann richtig in Fahrt, was ich durchaus gelungen finde. Mir war das jetzt nicht zu lang oder so. Also das Gerangel und der Kampf, das fand ich sehr spannend. Da du moralisch verwerfliche Leute ins Auto gesetzt hast, war ja irgendwie alles möglich. Das beide draufgehen sehr wahrscheinlich, aber auf welche Weise, das habe ich mit der gleichen Faszination verfolgt, wie dein fieser Erzähler. Die Stimme hatte ja sogar dämonische Anleihen. Zumindest einmal hat sie ja bewusst mit einer Einflüsterung eingegriffen.

greift unsicher nach dem Revolver, und stöhnt vor Schmerz.
Schnell lässt Petra ihren Revolver fallen.
:teach: Beim Bügeln eine kleine Falte übersehen ;)

sehr gern gelesen :)

grüßlichst
weltenläufer

edit - nimm doch noch den Titel aus dem Text raus, streich am besten die Tasche aus dem Titel und den Punkt am Ende gleich mit.

 

Hallo weltenläufer,

da hast du aber tief gegraben und es freut mich (wenn andere arbeiten!). :D

Weiß nicht, warum es damals nicht zum kompletten Lesen gereicht hat.
Vielleicht wars der ursprüngliche Anfang. ;)

Die Idee mit dem Erzähler-zoom ist nicht neu, aber ich fand sie sehr geil. Jüngst habe ich das in Das schwarze Haus von King/ Straub auf sehr ermüdende Weise gelesen (so wie das ganze Buch einfach nur lahm ist).
Wie du das aufbereitet hast, gefiel mir schon deutlich besser.

Sprachlos, kann nur :bounce:

Stunden später:

Heißen Dank für ein durchweg positives Feedback.


Lieben Gruß

Asterix

PS
nimm doch noch den Titel aus dem Text raus, streich am besten die Tasche aus dem Titel und den Punkt am Ende gleich mit.
Genau das wollt ich schon längst gemacht haben. :shy:

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom