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Wie dein Vater ...

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21.01.2016
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Wie dein Vater ...

Jao blies die Wangen auf und ließ seinen Blick über den Platz schweifen. Autos und Motorräder schoben sich im Schritttempo zwischen den Menschen und Ständen hindurch. Er beobachtete die geschminkten Frauen, zu deren Schutz er eingeteilt war. Auf Stöckelschuhen gingen sie auf jeden Fremden zu, der den Platz überquerte und streckten ihre Brüste vor. „Drogen, Mädchen, Jungen?“ Immer wieder blickte er schüchtern zu einer Gruppe junger Prostituierter hinüber, die stupsend und rempelnd auf einem Bordstein saßen. Eines der Mädchen trug weiße Overknee-Strümpfe und ein kurzes schwarzes Kleid, durch das an einigen Stellen ihre Haut schimmerte. Das ebenmäßige Gesicht und die schlanken Schenkel zogen seine Blicke magisch an. Jemand stieß ihm in die Rippen und er zuckte herum. "Wir sollen was erledigen", sagte Ramires grinsend.
Jao mochte ihn. Sie wurden zur gleichen Zeit in die Gang aufgenommen und hatten sich nach der Prügel des Aufnahmerituals gegenseitig ermutigt.
„Da oben liegt ein Junkie“, sagte Ramires. „Wir sollen ihn wegschaffen. Diego meint, er stört die Geschäfte. Danach sollst du dein Zeug holen und dich bei Alvares melden. Er hat eine Lieferung für dich.“ Ramires wandte sich ab und ging voran. Sie passierten eine Mauer mit Graffiti, vor der einige Leute auf Hockern und in Sesseln um ein Feuer herum saßen und erreichten die Wand eines Hauses. Ein Crack-Abhängiger lag mit halb geöffnetem Mund in der gleißenden Sonne und schlief seinen Rausch aus. Ramires stupste ihm mit dem Fuß in die Rippen.
"Hey, aufstehen, Alter". Der Junkie stöhnte und blickte zu ihnen auf.
"Scheiße, der macht es auch nicht mehr lange", sagte Ramires beim Anblick des eingefallenen Gesichtes.
Jao trat erschrocken einen Schritt zurück und biss sich auf die Lippen. Der Junkie hatte die gleichen schwarzen Augen, die ihm seit Tagen in unruhigen Träumen erschienen und seinen Schlaf zu einer Qual machten.

Angstbebend rannte er im Zwielicht zwischen flackernden Feuern umher, verfolgt von einem Rudel hundeartiger Tiere, die er immer nur als Schatten wahrnahm. Sie trieben ihn auf eine Gestalt zu, die weit vor ihm in den Flammen eines Feuers stand und zu ihm hinüberstarrte. Doch kurz bevor er sie erreichte, begann die Hetzjagd von vorn. Seine Mutter hatte ihm solche Geschichten erzählt. Höllenhunde, die Todgeweihte auf einen Dämonen zutreiben, der sie in die Unterwelt begleitet. Wenn sie dir begegnen, sagte sie, neigt sich dein Leben dem Ende zu. Dein Vater hat sie auch gesehen und am nächsten Tag war er tot. Jao kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, um die Erinnerung verdrängen.
„Los, pack an.“ Ramires hatte den Junkie an einem Arm gefasst und zog seinen Oberkörper hoch. Jao griff unter die Achsel des vielleicht Zwanzigjährigen. Ein lähmendes Gefühl kroch in ihn hinein. Er ließ den Junkie los und starrte ihn an. Ramires gestolperte nach vorn und fluchte.
„Was soll denn das, Mann?“
Jao griff wieder unter die Achselhöhle. Erneut spürte er die dumpfe Leere, die ihn mit Müdigkeit überschwemmte und biss die Zähne zusammen. Sie schleiften den Junkie in die angrenzende Gasse und warfen den schlaffen Körper hinter einen Haufen Unrat, auf dem sich hunderte grüne Fliegen tummelten und summten.
Das auslaugende Gefühl wich. Mit blassem Gesicht schaute er Ramires an, der den Mund angewidert verzogen hatte.
"Ich geh dann zu Alvares und kümmere mich um die Lieferung."
Ramires nickte ihm zu und grinste.
"So ein fettes Päckchen Koks hätte ich auch gerne mal."
"Kommt noch, warte ab."
Jao lachte und trat den Weg durch die Gassen zu seiner Hütte an. Er lief über zerbröselten Asphalt. An den Hüttenwänden verstreut lagen Mülltüten, Plastikflaschen, Metallschrott, alles Mögliche, was für niemanden mehr einen Wert darstellte. Über ihm schnitt ein Gewirr aus Stromkabeln den Himmel in mosaikartige Stücke. Er hatte seine Hütte fast erreicht, als er ein Knurren hinter sich vernahm. Jao verharrte und wandte den Kopf um. Ein langbeiniger Schakal stand neben einem Bretterverschlag. Er hatte die Größe eines Kalbes und ein rötliches Fell. Die Augen saßen tief in dem schwarzen Gesicht und blickten ihn tückisch an.
Jao atmete schneller. Ein Zittern im Nacken jagte ihm den Rücken hinab und fuhr ihm kalt in die Beine. Er starrte auf das Vieh, das den Kopf senkte, die Haare sträubte und schnaubte. Jao presste sich an eine Hauswand ohne den Blick von dem Tier abzuwenden. Er wagte nicht einmal zu blinzeln. Langsam schob er sich an der Mauer entlang von ihm weg. Der Schakal schritt ihm nach, zog die Lefzen zurück und entblößte gewaltige Reißzähne. Er schnellte auf ihn zu, sprang an ihm vorbei und verschwand in einer Spalte zwischen zwei Hütten.

Jao legte den Kopf in den Nacken und rang nach Luft. Er spürte sein hämmerndes Herz im Brustkorb und schloss die Augen, riss sie aber sofort wieder auf und stierte auf die Spalte. Jao warf einen hastigen Blick zu seiner Hütte und fasste nach dem Schlüssel in seiner Tasche. Erneut fesselte die Spalte seine Aufmerksamkeit, die zwischen ihm und seiner Hütte lag. Es waren gut dreißig Meter bis zur Tür, nur dreißig Meter, doch er konnte seinen Blick nicht abwenden und sich von der Wand lösen. Jao biss sich kräftig auf die Lippen. Der Schmerz schien ihm einen Impuls zu geben. Mit weichen Knien hetzte er an der Spalte vorbei, in der sich nichts regte. Er prallte auf die Tür und blickte sich um. Der Schakal war nicht zu sehen. Seine zitternden Finger öffneten das Vorhängeschloss und er riss die Tür auf. Hinter sich knallte er sie zu und schlug den Riegel vor. Jao spähte aus dem kleinen Fenster neben der Tür die Gasse hinunter, doch das Tier war nicht zu entdecken.
„Verdammte Scheiße“, flüsterte er und ließ sich auf das Bett fallen. Seine Muskeln zitterten. Er schloss die Augen und hörte seinen heftigen Atem.
Alvares, schoss ihm durch den Kopf. Jao sprang auf, hob die Matratze und lehnte sie gegen die Wand. Er packte den Gürtel mit der kleinen Tasche, schnallte ihn um die Hüften und zog sein Shirt darüber. Dann griff er nach der AMT. Die neun Millimeter mit dem kurzen Lauf lag schwer in der Hand. Ein Gefühl von Sicherheit keimte in ihm auf. Das Klicken des Metalls beim Durchladen beruhigte ihn. Er durfte die Waffe jedoch nur während der Lieferungen tragen, noch war er kein vollwertiger Soldado.
Jao entsicherte die Automatik und wollte sie in den Hosenbund an seinem Rücken schieben, doch sein Blick fiel auf die abschüssige Gasse hinter der Scheibe. Er entschloss sich, die Waffe unter dem Shirt in der Hand zu halten. Leise entriegelte er die Tür, zog sie einen Spalt weit zurück und blickte durch die Öffnung in die angrenzende Gasse hinaus. Zwei nackte Kinder rollten einen Autoreifen vor sich her und kicherten. Jao blickte auf das tätowierte M auf seinem Unterarm, das von Schlangen umwunden war. Er war ein Marabunta, redete er sich ein. Warum sollte er sich vor einem dahergelaufenen Köter, und sei der noch so groß, mehr fürchten als vor einem Mitglied einer anderen Gang. Er verließ er seine Hütte, blickte in die angrenzenden Gassen, die an seiner Hütte zusammentrafen und verschloss die Tür. Bis zu Alvares war es nicht weit.
Er lief langsam und beobachtete jede Vertiefung, jede Lücke zwischen den Hütten. Manchmal blieb er stehen und wartete ab, ob eine Bewegung zu erkennen war. Eine tote Katze lag zwischen ein paar Brettern. Ihr gebrochener Blick war auf eine Dose gerichtet, das Fell mit Blut verklebt. Auf den heraushängenden Eingeweiden wimmelte es von weißen Maden. Dann erreichte er den alten Bahnhof, neben dem einige rostende Eisenbahnwagons mit verhängten Scheiben standen. Er schob die Waffe in den Hosenbund und klopfte an die Tür von Alvares, als ein Schatten über die Wand glitt. Jao zuckte zusammen und warf sich herum. Zwei Schakale liefen an einer jungen Frau vorbei, die vor einem der Waggons ihr Kind in einem Plastikeimer wusch. Sie schien die Tiere nicht einmal zu bemerken.
„Jao. Haben wir Probleme?“
Alvares stand in der Tür und musterte die Umgebung. Der Drogenkoordinator war ein dunkelhäutiger Mann mit gedrungenem Hals. Seine Wangen wurden von zwei Durchschussnarben verunstaltet.
Jao wandte sich ihm mit geweiteten Augen zu. „Zwei riesige Hunde“, hauchte er. „Einer ist mir vorhin schon einmal begegnet.“
„Hunde?“ Alvares zog den Kiefer zur Seite und schaute ihn skeptisch an. „Sie werden dich schon nicht fressen. Komm rein.“
Jao fühlte eine plötzliche Hitze in seinem Gesicht. Er kam sich feige vor, aber Alvares hatte die Tiere nicht gesehen. Doch wagte er auch nicht, ihn noch einmal darauf anzusprechen. Er folgte ihm wie jedes Mal mit einem unbehaglichen Gefühl in den engen Raum mit dem Küchentisch und den zwei Stühlen. Alvares kramte in einer Holzkiste mit Ornamenten und zog ein handgroßes Plastikpäckchen hervor. Er schaute Jao einen Moment an und überreichte es ihm.
„Setz dich“, sagte er und deutete auf einen der Stühle. Jao verstaute die Lieferung in der Tasche seines Gürtels, zog das Shirt darüber und folgte der Aufforderung.
„Noch diese Lieferung und wir machen dich zum Soldado“, sagte Alvares mit einem unergründlichen Lächeln. „Big Shoot braucht einen guten Mann. Aber du wirst dafür noch eine Aufgabe erfüllen müssen. Du weißt, wir brauchen richtige Männer und es wird dir einige angenehme Vorteile verschaffen.“
Jao nickte stumm. Er wusste, was das hieß. Ein walk up. Auf eine Person zuschreiten, ein Mitglied einer anderen Gang, dessen Gebietsüberschreitung mit dem Tode bestraft wurde, ein Verwandter eines Schuldners, im schlimmsten Fall ein Polizist, die Waffe hochreißen und ihm das Gesicht wegschießen. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Er hatte gewusst, dass es auf ihn zukommen würde, doch nun spürte er nur noch eine zermürbende Unentschlossenheit. Aber es gab keinen Weg zurück, sonst würde jemand sein Gesicht zerfetzen. Vielleicht sogar Ramires.
Die Favela hatte ihm bislang nicht mehr geboten als das bloße Überleben. Die Schule hatte seine Hoffnung auf ein besseres Leben enttäuscht. Sie war ihm fremd geblieben, er fühlte sich dort ausgeschlossen und überfordert. Seinen Vater dagegen hatte er immer bewundert, trotz aller Gewaltexzesse, die er im Drogenrausch beging. Jao wollte so sein wie er. Als Soldado konnte er eine hohe Stellung erreichen. Prestige und Macht hingen von der Zahl der Tötungen im Interesse der Gang ab. Geld, Drogen, Mädchen, alles war in greifbarer Nähe. Sein Vater und sein Großvater waren dafür gestorben. Auch sie wollten nicht im Dreck verrecken. Und manchmal, wenn der Drogenrausch ihn überflutete wie aufwühlende Musik, hatte er seine Zukunft glasklar vor sich gesehen, als Führer eines Straßenzuges.
„Bist du bereit, Jao?"
Jao blickte ihn mit großen Augen und nickte mit verkniffenen Lippen.
Alvares schlug zwei Mal mit den Fingerspitzen auf den Tisch und erhob sich.
„Also dann ...“ Er stand auf, begleitete Jao zur Tür, senkte den Kopf und schaute ihn mit erhobenen Lidern an.
„Okay“, presste Jao leise hervor.
Alvares registrierte es mit Genugtuung und lächelte.

Jao trat hinaus in die Mittagssonne. Sein Weg führte ihn aus der Favela hinaus in die Touristenviertel. Er fühlte keine Angst, doch er verspürte eine deutlich ansteigende Erregung. Jao passierte zwei pralle Frauen in knappen Tops, die sich auf einem Sofa rekelten. Sein Blick verweilte auf ihren Brüsten und sie flüsterten sich lachend etwas zu. Rotes Mauerwerk folgte auf Wellblech, Presspappe auf Eisengitter, als er eine Treppe aus zerfallenen Stufen herablief.
„Jao, was geht ab, Mann?“ Zwei Gangmitglieder gingen an ihm vorbei und streckten drei gespreizte Finger nach unten. Jao lachte breit und erwiderte die Geste. Auf einem der Dächer erkannte er einen neun- oder zehnjährigen Jungen, als plötzlich aus einer Seitengasse einer der Schakale erschien. Er verharrte, blickte ihn kurz an und verschwand dann auf der anderen Seite. Jao zuckte zurück und starrte auf die Kante der aus Brettern zusammengezimmerten Hütte an der Ecke der Gasse. Sein Kopf pulsierte im raschen Beben seines Herzens. Im Hintergrund sah er eine verlassene Straße, an der die Favela endete. Jao schluckte, trat einen Schritt vor und beuge sich nach vorn. Dann noch einen Schritt, um die Gasse tiefer einsehen zu können. Eine fette Frau saß auf einem Plastikstuhl vor Regalen mit Colaflaschen und Videos. Jao atmete mit einem Stöhnen aus. Er ging schnell weiter und blickte sich mehrfach um, bis er die Straße erreichte.
Die Favela lag keine fünfzig Schritte hinter ihm, als sich in der Mitte der Straße ein gedrungener Mann mit dem Grinsen eines Verrückten in seinen Weg stellte. Die Brutalität sprang ihm regelrecht aus dem schiefen Gesicht. Jao blieb stehen und musterte ihn. War er Ziel einer anderen Gang oder wusste der Kerl, dass er ein Kurier war? Er fasste den Kolben der Waffe unter dem Shirt und schreckte zusammen. Ein Schakal hatte ihn im Vorbeilaufen gestreift. Ein Zweiter lief hinter ihm her. Sie passierten den Verrückten, der sie nicht einmal anblickte und wandten sich ein Stück weit hinter ihm um. Jao zog die Waffe und spannte den Hahn. Er drückte sie gegen den Oberschenkel und bewegte sich langsam auf den Irren und die Tiere zu, als es hinter ihm ohrenbetäubend knallte. Das Schussgeräusch hallte von den Hauswänden zurück.

Jao war paralysiert. Eine vollständige Lähmung hatte seinen Körper ergriffen. Die Waffe entglitt seinem Griff und fiel klackend zu Boden. Er stürzte rückwärts und schlug mit dem Hinterkopf auf den Asphalt. Über sich sah er eine Straßenlampe, die an einem Kabel im Wind schaukelte. Ein halbes Kind, vielleicht gerade einmal zwölf Jahre alt, trat in sein Blickfeld. Mit großen Augen schaute der Junge zu ihm hinunter, hob den Kopf und blickte zu dem Irren, der sich über Jao beugte. An seinem Hals erkannte Jao das Zeichen der Trucha.
„Gut gemacht, Nuno“, raunte er mit zuckenden Augenwinkeln. Sein Grinsen wurde noch breiter und entblößte fleckige Zähne. In seinen Augen funkelte etwas Sadistisches. Das blasse Gesicht des Kindes lächelte.
Eine schlanke Klinge erschien über Jaos Gesicht. Er wollte das glänzende Metall zur Seite schlagen, konnte seine Arme aber nicht spüren. Seine Augen folgten der Klinge als sie herabglitt. Der Irre zog ihm das Shirt nach oben und durchtrennte den Gurt mit dem Kokain. Dann zerrte er ihn unter Jaos Körper hervor. Der Junge nahm die AMT an sich und durchwühlte seine Hosentaschen.
„Ist das alles, du Pisser? Nur ne scheiß Knarre?“, fluchte er mit heller Stimme.
Der Irre steckte ihm die Spitze der Klinge unter einen Nasenflügel und spuckte ihm ins Gesicht. Er lachte kehlig und wackelte mit dem Kopf.
„Puto“, zischte er und riss das Messer hoch. „Grüß deine Mutter von mir.“
Ein brennender Schmerz zuckte durch Jaos Gesicht und stach in seine Knochen. Milchige Schleier überzogen seine Sicht. Geisterhaft huschten schemenhafte Gestalten an ihm vorbei. Er vernahm Schrittgeräusche, die wie Donnerschläge in seinen Ohren hallten und ein zermürbendes Knistern. Eine greise Frau hielt neben ihm inne. Er konnte sie aus den Augenwinkeln kaum erkennen. Das Gesicht war runzlig. Weißes Haar lugte unter einem Kopftuch hervor. Sie zog etwas Goldenes aus ihrem Ausschnitt und küsste es. Eine schneeweiße Hand griff unter ihren Arm und zog sie fort. Jao wollte ihr nachrufen „Hilf mir“, doch seine Lippen blieben stumm. Er spürte seine Atmung nicht und bekam das Gefühl, zu ersticken.
Aus den vorbeigleitenden Mustern formte sich eine Gestalt. Die Haut war ledern und an einigen Stellen mit einer dichten Behaarung überzogen. Über einer breiten Nase stierten zwei pechschwarze Augen. Hinter seinem Rücken liefen die zwei Schakale hin und her und stierten Jao unablässig an. Jao erkannte die Gestalt. Diese Augen waren unverwechselbar.
„Du warst gewarnt, aber du wolltest es nicht glauben.“ Die wulstigen Lippen bewegten sich kaum. Das Wesen kniete sich auf Jaos Brustkorb. Eine vierfingerige Hand griff ihm um seinen Hals.
„Dein Vater, der Vater deines Vaters, auch sie wussten es nicht besser.“ Die Stimme sprach wie in Trance. Die Augen kamen näher an ihn heran, noch näher, bis er nur noch ihre Schwärze sah.

 

Hallo Rainer, dem Text mangelt es an Souveränität. Ich mache das an mehreren Punkten fest:

- Du erklärst zu viel
- Du bewertest zu viel
- Du benennst unwichtige Details

Als souveräner Autor solltest Du Dir nicht so viele Sorgen darüber machen, ob Deine Leser eine Szene im Detail so vor sich sehen, wie Du sie Dir vielleicht vorstellst. Ebenmäßige Gesichter, geschminkte Frauen, schlanke Schenkel, schüchterne Blicke, magische Anziehungen, gegenseitige Ermutigungen … was sollen all diese Ausschmückungen, Einordnungen und Bewertungen? Ein souveräner Autor hämmert dem Leser keine fertigen Standbilder in den Kopf, sondern deutet nur auf die essentiellen Merkmale einer Situation. Das Zusammensetzen soll dann im Kopf des Lesers geschehen.

Meine Empfehlung: Lesen. Wenn Du beginnst gute Autoren zu lesen, wirst Du ein Gefühl für gute Sprache entwickeln. Leider treiben sich im Bereich Fantasy, SF, Horror und Thriller so viele mittelmäßige bzw. schlechter Erzähler herum, weil das Publikum häufig nur an Unterhaltung oder Alltagsablenkung interessiert ist. Stell es Dir wie McDonald oder Burger King vor: Es mag tausende von Fastfood-Restaurants geben, aber die sind kein Beleg dafür, dass man dort gutes Essen bekommt.

Gruß Achillus

 

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