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"Wie das neunzehige Schaf überlebte" oder "Widerspruchstodleben"
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„Wie das neunzehige Schaf überlebte“ oder „Widerspruchstodleben“
Es war ein ziemlicher Schock und ein Aufruhr unter allen Bewohnern Nichthausens, als bekannt wurde, dass ein Schaf mit neun Zehen auf dem örtlichen Bauernhof geboren worden war. Der Bauer war anscheinend mit der Genforschung heimlich so weit fortgeschritten, dass er nun neunzehige Schafe „erzeugen“ konnte. Das Schaf mit neun Zehen ließ sich von den immer größer aufschäumenden Besuchermengen wenig beeindrucken, es fraß weiter sein Grasprotein, das in großen Mengen auf dem ländlichen Boden wucherte, und merkte nicht, dass es doch ein wenig anders war als die anderen Schafe. Das ganze Land schrie auf deswegen, Wissenschaftler versuchten, die Genmanipulationsmethode des Bauern herauszufinden, doch er schaltete auf stumm. Plötzlich wollte jeder neunzehige Schafe. Es wurden neunzehige Plüschschafe entworfen, die ihren Machern Millionen einbrachten, denn jedes Kind wünschte sich eines, sogar manch Erwachsener konnte sich der Anziehungskraft dieser neun Zehen nicht entziehen. Die Regierung versuchte, das Schaf zu bekommen und durch große Gehirnwäschebildschirme, die seit Jahren für den Notfall in jeder Stadt verbreitet waren, die Existenz dieses Schafes zu leugnen, da es der Wirtschaft des Landes, ja, sogar des Kontinents schadete, denn man kaufte nur noch neunzehige Plüschschafe bei Privatverkäufern. Bald kamen Wilderer und wollten es als Souvenir und schossen darauf, allerdings vergeblich, denn der Bauer hatte schon entsprechende Schutzmaßnahmen vorgenommen. Seine Frau fragte den Bauern einmal, ob sie das Schaf nicht verkaufen sollten, es brächte Tausende von Geldeinheiten, sagte sie. Das wollte der Bauer nicht, er könne sein Baby doch nicht einfach verkaufen, wie Müll, sagte er. Doch die Frau hatte schon Interessenten gefunden, die den Bauern mit Angeboten nur so überhäuften, es ging über die Millionen hinaus. Der Bauer wollte aber nicht seinen Neunzeh, wie er es liebevoll nannte, an einen Zirkus oder Zoo oder an eine Sportmannschaft als Maskottchen verkaufen, für kein Geld der Welt. Und da der Bauer ein schlauer Mensch war, verkleidete er einfach ein anderes Schaf als Neunzeh und seinen Neunzeh als ein ganz normales Schaf mit zehn Zehen und lagerte es sicher in seiner Scheune, wo niemand herein oder -raus konnte, außer der Bauer selbst. So überlebte das neunzehige Schaf schließlich: Es starb nach zwei Tagen.