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Whiskas hat der Kater genug

Seniors
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24.04.2003
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Whiskas hat der Kater genug

Mein zerrüttelter Verstand benötigt eine Ruhepause.
Mum ist heute drei mal zum Einkaufen gefahren. Erst hatte sie die Milch vergessen, dann das Whiskas.
Alles für die Katz; genau wie ihre billigen Ausreden.
Das fette, fast undefinierbare Wollknäuel schleift wie eine tickende Zeitbombe aus widerlichem Fleisch und glitschigem Gedärm durch die Wohnung, weil Mum es so sehr überfüttert hat.
Aber wie sollte ihre Entschuldigung auch sonst lauten, wenn sie sich aufmacht ihren Yoga Lehrer zu vögeln?
Dad isst nach der Arbeit jeden Abend beim Chinesen, also braucht sie für ihn nichts zu besorgen; würde mich nicht wundern, wenn er sie in Wahrheit auch betrügt.
Für mich kauft sie ohnehin nichts ein, ich bin schließlich alt genug, um mein Leben selbst in den Griff zu bekommen . So ist das, wenn man gerade vierzehn geworden ist.
Alles, was die beiden noch miteinander verbindet, ist das vom Kater vollgehaarte Sofa. Es erstaunt mich, wie diese zum Ungetüm mutierte Persiflage eines ehemals stolzen Jägers es überhaupt noch fertig bringt auf die ausgeblichenen Kissen zu steigen, um sie anschließend mit den Ausdünstungen ihrer abstoßenden Körperöffnungen auf ewig zu entweihen. Aber was denke ich, der Mensch ist doch auch bereits seit langer Zeit domestiziert; nur das seine neuen Herrscher von ihm selbst erschaffen wurden.
Ich öffne den Kühlschrank.
Gähnende Leere, was auch sonst?
Würde ich den zerkratzten Holzschrank öffnen, ich stieße auf wahre Berge verfaulten Fleisches, welches einst wie festgewachsenes Fallobst an den von Hormonen verseuchten Beinen kranker Rinder und Schweine wie die Pest umherschaukelte. Nur das es jetzt fein säuberlich in bunt bedrucktes Plastik eingeschweisst ist.
Wer achtet schon auf das Mindesthaltbarkeitsdatum, wenn es einen steifen Schwanz gibt, der das heilige Fleisch deiner Erzeugerin in schnellen Bewegungen davon überzeugen kann, das selbiges jetzt sterilisiert ist und Ausrutscher wie der verachtete Sohn in Zukunft der Vergangenheit angehören?
Nur pure Lust und stinkendes Sperma in einem dahin vegetierenden Körper. Ohne Seele; ohne Verstand; ohne Mitgefühl.
Sie ist alt geworden. Bald wird er sie von sich fort schicken und dann heult sie wieder den ganzen lieben langen Tag durch die Gegend; leert drei Flaschen billigsten Sekt und verschmiert anschließend den Beckenrand der Toilette mit ihrem emporgewürgten Kummer.
Dad hat dann wie immer keine Ahnung von nichts und tröstet sie auch noch.
Ich bräuchte ihm bloß zu stecken, dass sie um ihren verloren gegangenen Seitensprung trauert und er seine Hände auch ruhigen Gewissens bei sich behalten könne, schon würde der klägliche Rest des inszenierten Familienidylls endgültig dort landen, wo er hingehört; in der Hölle des vorgespielten Luxus; in der verdammten Biomülltonne der Versager mit zu viel Geld auf dem Konto.
"Komm doch her, Mon cheri", locke ich den von fettigen Haaren überlausten Klumpen in meine Richtung, "So nennt Frauchen dich immer, nicht wahr? Du verkrüppeltes Etwas, willst du was zum fressen haben? Sicher willst du, du hast doch immer Hunger." - Kaum zu glauben, wie leicht man sich ein der Abhängigkeit verfallenes Tier eigens machen kann. Wie ein Junkie, dem man etwas Schore unter die Nase hält und der einem daraufhin mit den Worten "Ist doch bloß ein schneller Fick, stell dich nicht so an du Schlampe" die eigene Freundin zur Verfügung stellt.
Mit euphorischen Ruderbewegungen hole ich alles raus, jede noch so in die hintersten Winkel gerutschte Dose, all die vielen tausend Krankheiten und Bazillen, die so angenehm nach Jagdinstinkt duften. Dann reiße ich sie auf, die kleinen Industrieschätzchen, manche mit Fischaroma, andere mit der schwachen Geruchsandeutung eines getöteten Rehs, welches auf mindestens viertausend Produkte verteilt worden ist, aber dennoch bloß ein Geweih besaß, das jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach im sanften Rot des Kaminfeuers irgendeines Managers die friedvolle Waldhütte als falsche Trophäe ziert.
"Friss das alles auf du Ungeheuer und werde eins mit der versifften Couch. Mon Cheri, ich wünsche guten Appetit!"

Mum kommt um kurz nach neun zurück. Ich weise sie nicht darauf hin, dass der Supermarkt bereits um halb sieben schließt. Sie stinkt nach altem After Shave und männlichem Schweiss. In ihrer linken Hand hält sie eine durchsichtige Tüte; bis obenhin gefüllt mit Whiskas und zwei Tetra Paks Vollmilch; ein bisschen Vorrat kann schließlich nicht schaden.
Sie begrüßt mich nicht; macht sie nie.
"Jaaa....wo ist denn mein kleines Mon Cheri? Mama hat dir was leckeres mitgebracht." - Erst als die Reaktion des bösen Garfields ausbleibt blickt sie mir in die Augen.
"Er liegt auf der Couch. Ich hab ihm schon Leckerchen gegeben."

Ich genieße jeden Augenblick, sauge ihre entsetzten Schreie wie Orgasmen in mich auf. Das blutige Küchenmesser habe ich auf den Wohnzimmertisch gelegt, direkt neben die halbleere Chipstüte.
"Oh mein Gott! Was hast du getan? Mon Cheri! Was hat der böse Junge bloß mit dir getan!"
Wie ein Taifun stürmt sie auf mich zu. Das verschmutzte Messer in der Hand.
"Keine Angst", beruhige ich sie, "die unverdauten Innereien hat Dad morgen Abend auf dem Teller. Garniert mit gebratenem Gemüse und körnigem Reis; oder soll ich ihm erzählen, was du Nachmittags so treibst? Ohne sein Geld will ich dich nicht erleben, du verbrauchte Hure!"

Und so kam es, dass Dad zum Wochenende hin ganz besonders schlimme Blähungen hatte, was natürlich nicht daran lag, dass ich ihm sein Essen an diesem Tag vom China Imbiss um die Ecke höchstpersönlich abgeholt hatte.
Schließlich sollten es sich die beiden auch mal wieder richtig gemütlich machen.
Eng umschlungen, auf der versifften, fleckigen Couch.
Die Blutflecken hatte Mum auf einen vergessenen Tampon abgeschoben und er hatte es ihr aus Gleichgültigkeit heraus geglaubt.
Wie immer.

 

Hi Cerberus.

Kompliment! Ein krasser Auszug aus dem Leben eines stink-"normalen", reichen Jugendlichen.
Wie schon rainman sagte, der Amoklauf scheint vorprogrammiert.

Deine ausschmückenden Wortspielchen sind ebenfalls nach meinem Geschmack. Fand allerdings das Ende ein wenig zu harmlos (lediglich Blähungen?)
Hätte mir erbarmungslose Magenkrämpfe, hemmungsloses Übergeben oder dergleichen gewünscht (natürlich für den Vater).
Du hättest bestimmt eine Möglichkeit gefunden, dieses in oben genannten Wortspielchen nett zu umschreiben.

Mal sehen, was Du so in Deinen anderen Werken vollbracht hast.


Gruß Salem

 

Hallo Salem!

Danke für dein Lob.

Den von dir vorgeschlagenen Verbesserungsvorschlag fürs Ende, möchte ich mir für den Nachfolger
"Erbarmungslose Magenkrämpfe, hemmungsloses Übergeben oder dergleichen hat der Vater genug" aufheben :D

Beste Grüße

Cerberus

 

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