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Wenn mein Baby kommt
Als Leander heimkam, hatte er einen Brand. Das nasse Hemd klebte ihm am Rücken. Eine Stunde auf der A5 festgesteckt, die Bushido-CD gekillt— er war bedient.
„Hast du wieder geraucht?“, fragte sie.
Und wenn schon.
Er knallte das Notebook in die Ecke und riss die Kühlschranktür auf.
Das Licht war immer noch kaputt.
„Ich hab hier Pils reingestellt. Wo ist das?“
Denise servierte Avocado-Thunfisch-Salat.
Er ließ sich auf seinen Platz fallen.
„Arno wird Teamleiter.“
„Ist das gut oder schlecht?“, zirpte sie.
„Das einzige, was der kann, sind Gantt-Diagramme. Aber mit den Leuten in der Produktion reden oder was arbeiten, das kann der nicht."
Arno, was ein Speichellecker.
Leander wusste, wer arbeiten konnte und wer nur so tat als ob. Er war sich nicht zu schade, einen von den Hilfsarbeitern anzubrüllen, wenn es sein musste. Es war die einzige Sprache, die diese Sonderschüler verstanden. Dem Chef gefiel das nicht.
Leander kratzte sich unter dem Arm.
"Noch irgendwo Bier?“
Es war immer da. Saß wie ein stummes Gespenst mit am Tisch.
Das Telefon läutete. Denise schaute aufs Display, dann klickte sie den Anruf weg.
Lass mich doch, Anna, dachte sie. Du mit deinen Zwillingen, ach so süß.
Heute war Denise' freier Tag im Sanitärfachgeschäft. Sie hatte ihn genutzt.
Das Walnussbaguette war kross, die Meersalzbutter delikat. Auf den Villeroy & Boch-Tellern thronten Gambas an Safranreis — wertvolles Protein.
Alkohol war Gift. Sein Pils hatte sie heute Mittag weggeschüttet.
Den Karottensaft hatte Denise mit Ananas und Orange aufgepeppt, alles versucht, aber die Karotte war immer noch herauszuschmecken.
Leander ließ das Glas stehen.
Mit dem Dessert hatte sie sich selbst übertroffen: Sahnecreme mit einem Hauch von Mokka. Während er es in sich hineinschaufelte, stellte sie sich hinter ihn und massierte seine knotigen Schultern.
Das Negligée hatte sie über dreihundert Euro gekostet, war quasi ihre Investition in die Zukunft, und Gott sei dank überprüfte er ihre Kreditkartenabrechnungen nie. Leander sah zur Uhr. Sie schlang ihre Arme um seine Schultern und knabberte an seinem Ohr.
„Komm mal mit“, schnurrte sie. „Ich muss dir was zeigen.“
Er zog die Nase hoch und verschwand ins Bad. Auch gut.
Denise räumte den Geschirrspüler ein und verstaute die Essensreste, in Tupperdosen verpackt, im Kühlschrank.
Dann zündete sie die Kerzen im Schlafzimmer an und wartete.
Er kam nicht.
Sie ging ins Gästeklo und pieselte auf einen Streifen. Seit einem Jahr kaufte sie die Tests nicht mehr im Internet, sondern nur noch aus der Apotheke. Immer noch positiv. Na also.
Um neun ging sie ins blauflackernde Wohnzimmer, fand Leander auf dem Sofa schnarchend. Die Kommissarin befragte Zeugen im orangegekachelten Hallenbad. Denise schaltete den Fernseher aus, kniete auf dem Boden und pustete ihm ins Ohr. Jetzt war Raffinesse gefragt, denn morgen wäre zu spät.
Sie strich ihm über den Arm und flüsterte: „Lass uns ins Bett gehen.“
Leander hatte seine Hose geöffnet. Sein Bauch quoll über den Bund, er hatte im letzten Jahr zugelegt. Aus seiner Nase wuchsen Haare.
Es war jetzt nicht wichtig.
Denise zog ihn an den Armen.
„Herrgott, lass jetzt“, knurrte er. „Hatte einen anstrengenden Tag, ja?“
Sie spürte einen Knoten im Hals. „Es geht nur noch heute. Ganz kurz.“
„Komm, hör auf mit deinem Rumgeheule.“
Er wälzte sich vom Sofa und taumelte davon.
„Gott verdammt“, hörte sie ihn brüllen.
Sie folgte ihm in den Flur und sah die Flammen aus dem Schlafzimmer dringen.
Leander rannte los, stolperte über seine herabrutschende Hose und füllte den gelben Plastikeimer mit Wasser.
Das Schlafzimmer war verräuchert, das Ehebett schwarz. So legten sie sich zu zweit auf das große Ecksofa im Wohnzimmer.
Leander kam schnell und stieß sie wund. Ihr Negligée riss links neben der Naht auf. Denise legte sich ein Kissen unter den Po und lag noch lange wach, lauschte mit rotgeränderten Augen durch die geöffnete Balkontür nach draußen. Die Mücken stachen in dieser Sommernacht erbarmungslos zu.
Wenn erst ihr Baby käme, würde alles anders werden.
Irgendwo draußen schrie ein Tier.