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Thema des Monats Weil die Welt klein und grausam ist

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17.10.2006
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Weil die Welt klein und grausam ist

Es ist kurz vor zwei, als mein Bruder anruft. Während wir sprechen, sehe ich aus dem Fenster. Dort ist nichts, außer dröger Sonntag. Thomas erzählt mir, dass er sich ein wenig verspäten wird. Dagegen habe ich nichts. Am liebsten würde ich mir den Hörer so lange gegen das Ohr donnern, bis ich entweder taub oder wenigstens ohnmächtig werde, aber das würde meinen Bruder nur verwirren, deswegen entschließe ich mich, noch ein bisschen Konversation zu betreiben, und ich erzähle ihm von Vanessa.

Vanessa ist neu und schnell erklärt. Sie studiert irgendein medizinisches Fachgebiet und ich treffe sie bereits seit vier Monaten. Wir sind inzwischen so etwas wie Freunde geworden. Dieser Schritt ist wichtig für das weitere Vorgehen. Ja, sage ich, wir können mit der zweiten Phase weitermachen.
Kennen gelernt habe ich sie über ein Internetforum für Magersüchtige, als purge_princess001. Magersüchtig ist sie nicht, sondern einfach nur neugierig – sie betreibt dort irgendwelche Recherchen. Ich finde solche Plattformen irre spannend.
„Natürlich ist sie dein Typ“, sage ich. Diese Aussage hat einen rein prophylaktischen Charakter, aber für gewöhnlich reicht sie aus, um einen Themenwechsel zu provozieren. Darüber hinaus ist sie allerdings sinnlos; mein Bruder ist nicht wählerisch, war es nie.
Genau das hat er mir voraus.
„Hast du was von Vater gehört?“ sagt er.
Im Laufe unseres Gespräches fängt mein Bruder an zu weinen. Diese manischen Phasen sind Überbleibsel aus den Mittzwanzigern; zu dieser Zeit war er verheiratet, aufstrebend und das, was man allgemein als normal definiert. Doch irgendwo zwischen beruflichem Erfolg und zwischenmenschlichem Scheitern kam dann der Bruch. Solche Vorgänge müssen wohl kompliziert sein.
Ich spreche ihm Mut zu und versichere ihm, dass alles in Ordnung ist. Alles geht seinen Gang. Du bist nicht schuld. Mach dir keine Sorgen. Sein Weinkrampf geht in einen Lachanfall über, danach folgt eine Art von heuchlerischer Ruhe, die ich verabscheue. Ganz sicher hat er heute schon was gezogen.
„Hast du alles besorgt?“
Ja, sage ich. Heute früh habe ich noch den Rasen gemäht, aber es kommt mir vor, als müsste ich es morgen gleich noch mal machen. Bäume sind nur als Schemen gegen das Sonnenlicht zu erkennen, aber der Rasen nimmt es auf und zieht viel Licht ins Haus. Trotz der Helligkeit und dem Gefühl von Sommer denke ich an den Keller unter mir. Treppe im Flur runter, dann erste Tür links, ein Raum von etwa vierzig Quadratmetern. Es gibt Vorrichtungen zum Fesseln und einen Galgen. Sogar eine Streckbank. Und ganz neu: einen Gynäkologenstuhl, frisches Chirurgenbesteck, OP-Lampen in Kunststoffgehäuse. Alles Anschaffungen für unseren neuen, abendfüllenden Spielfilm. Seinen Film.
Thomas wird jetzt so ruhig, dass ich im Hintergrund Verkehrsgeräusche hören kann.
„Wann?“ sagt er dann noch.
„Gegen acht. Und du?“
Aufgelegt.

Die nächsten Stunden liege ich in absoluter Stille auf dem Sofa im Wohnzimmer. An der Decke sind erste Schatten zu sehen; es dämmert. Die Gedanken an den heutigen Abend bringen mich an den Rand einer Depression, aber meine antrainierten Abwehrmechanismen arbeiten mit stoischer Routine. Meine Gedanken sind im Badezimmer, bei den Rasierklingen im Spiegelschrank. Nicht heute. Ich bin feige, dass weiß ich, aber auch damit kann man sich arrangieren.
Ich schenke mir ein halbes Glas Whiskey ein. Pur. Sofort fühle ich mich besser.
Mein Blick geht ziellos durch den Raum, bleibt an dem Holzkreuz hängen, das unsere Mutter vor zehn Jahren dort hingehängt hat. Ein dürres Gerippe ist dran genagelt. Lose Umrisse nisten sich in meinem Kopf ein, die Ahnung eines großen Ganzen hinter dem, was sowieso niemand versteht. Alles steht in chaotischen Gegensätzen; die Fragmente ziehen sich nicht an, sondern stoßen sich ab. Auf der Ebene, auf der Leute wie wir uns bewegen, ist das Wort Mensch ohne greifbaren Inhalt; möglicherweise haben wir an einem Punkt unser Schicksal doch selbst gewählt. Dieser Gedanke ist unerträglich. Und dennoch; es gibt einen Ausweg.

Vanessa und Thomas sitzen im Wohnzimmer am Esstisch und betreiben planmäßige Annährung. Ich stehe in der Küche und tue das, was ich meiner Meinung nach am besten kann: ich koche. Heute abend wird es Garnelen mit Rosmarienkartoffeln geben, dazu einen gemischten Salat. Und irgendwo habe ich auch noch eine Flasche Weißwein rumstehen. Es riecht nach Olivenöl, alle meine Sinne sind hellwach.
Sie lacht über einen seiner Witze. Mein Bruder hat im Laufe der Jahre die Technik der Tarnung kultiviert. Im Grunde erzählt er die Lebensgeschichte unseres Vaters nach; nein, er wird zu unserem Vater. Er hat das gleiche Lächeln und den gleichen Sprachduktus. Er hat auch seinen gottgegebenen Charme, woher allerdings der Rest kommt, kann ich nicht sagen. Das ist wahrscheinlich alles nur ein riesiges Missverständnis. Das Gerippe am Kreuz schweigt sich dazu aus.
Diese ganze Inszenierung gehört zum Plan, zum Gesamtkunstwerk, wie mein Bruder es nennt. Wir könnten die ganze Sache auch anders durchziehen, aber er will es eben so haben.
Der weitere Ablauf sieht vor, solange Konversation zu betreiben, bis sie einschläft; ich habe ihren Cocktail mit einer soliden Dosis Schlafmittel vermischt. Nach diesem Teil werden wir sie nach unten schaffen, wo es dann zur vorletzten Etappe geht. Wie die sich dann gestaltet, hängt ganz von der Form und der Kreativität meines Bruders ab. In der Regel dauern die Dreharbeiten aber nie länger als zwei Stunden.
Die Beseitigung ihrer Leiche wird das geringste Problem sein; es hat Vorteile, wenn die Eltern im Geld schwimmen.

„Wusstet ihr, dass es mehr HIV kontaminierte Blutkonserven gibt, als bekannt gemacht wird?“
Ich schüttele den Kopf und esse weiter. Thomas beugt sich rüber und macht sein erzähl mir mehr Gesicht. Um seine Augen bilden sich Fältchen.
„Das liegt daran, dass immer mehr Blut aus dritte Welt Ländern verwendet wird“, sagt sie.
Thomas bekommt einen kleinen Lachanfall, beruhigt sich aber schnell wieder. Vanessa prostet mir zu, ihre Schultern sehen unter ihrem hauchdünnen Abendkleid atemberaubend aus. Es ist eine schöne Geste, aber ich kann nur daran denken, meinem Bruder die Gabel in den Hals zu rammen.
„Kannst du mir ein paar davon organisieren? Ich habe noch eine Rechnung mit meinem Steuerberater offen.“
„Vielleicht.“
Sie schiebt sich eine Garnele in den Mund. Die Art, mit der sie es tut, erinnert mich an etwas; so langsam wird es Zeit für den Schlafcocktail.
„Eigentlich stehe ich nicht auf Fisch. Mein Vater ist Fleischimporteur, ich bin gewissermaßen damit aufgewachsen“, sagt sie.
„Von wo importiert er?“
„Von überall her. Hauptsächlich Südamerika. Manchmal auch aus Europa. England.“
„Du bist doch in Südamerika gewesen, oder?“
„Ja. Bevor ich anfing, klinische Chemie zu studieren, wollte ich Ethnologin werden, also habe ich ein Jahr im Urwald verbracht.“
Sie wirkt gelangweilt, also gebe ich auf. Thomas holt ein kleines Tütchen aus seiner Hosentasche und legt es auf den Tisch. Es sind noch ungefähr drei Gramm Kokain drin.
„Nachtisch“, sagt er.
Ich und unser Gast lehnen ab, also zieht er die erste Line allein weg.
Ihr Handy klingelt. Sie geht aus dem Raum, während sie redet. Wahrscheinlich der Kontrollanruf der besten Freundin. Das ist natürlich nichts neues, und ändern wird es auch nichts. Diese Adresse existiert ebenso wenig wie ich.
Thomas wird unruhiger. Die ersten Anzeichen von Erregung machen sich bei ihm bemerkbar. Man erkennt es daran, dass er sich ständig mit der Hand über das Gesicht wischt, oder seinen Handrücken kratzt. Ich habe auch schon drei Gläser Wein weg, und so langsam stellen sich kleine Probleme ein.

Vanessa kommt zurück und trinkt ihr Glas leer. Dieser Moment erfährt eine Art Zeitraffer. Auf diesem Platz saß noch vor Wochen eine andere. Davor noch eine andere, davor noch eine andere, und davor noch...
„Wusstet ihr, dass es einen Urstamm gibt, der aus dem Fleisch seiner Toten eine biologisch höchst interessante Substanz gewinnt?“
Thomas ist voll und ganz auf seinen Nachtisch fixiert. Ich bin mittlerweile hundemüde. Koks war noch nie mein Fall.
„Anderes Thema. Viel interessanter finde ich, dass ihr heute sterben werdet.“
In meinem Kopf wird ein Hammer gegen einen Gong geschlagen. Alles brüllt, ich sollte jetzt etwas wirklich sinnvolles unternehmen, aber abgesehen davon, dass ich es geschafft habe, von meinem Platz aufzuspringen, erweist sich jeder Versuch, eine organisierte Handlungskette zu vollbringen, als beunruhigend hoffnungslos.
Schritte von überall her. Meine Reaktion hängt um eine Sekunde meiner Wahrnehmung hinterher.

Ich sehe Spiegelungen in den Terrassenfenstern. Menschen die sich bewegen – hinter mir. Aber wie? Ich drehe mich um, sehe gerade noch eine Faust auf mich zufliegen. Ich lande hart auf dem Rücken, starre an die Zimmerdecke. Pfeifen im Ohr. Alles ist ein Rauschen.
Hände greifen zu, zerren mich unter eine Glocke aus Gekreische und Gebrüll. Nackte Körper tanzen und springen. Schemen von Gesichtern. In dem Chaos kann ich meinen Bruder weder sehen, noch hören. Ich werde quer durch das Zimmer gestoßen, stolpere in den Flur. Ich bin zwischen unzähligen Körpern eingekeilt, Hände grabschen, zerren, reißen. Alle kreischen mir mindestens einmal ins Ohr. Dann plötzlich Stop. Ich erkenne unseren Gast in der Menge. Einige bewegen sich zur Seite, um Platz zu machen. Ein nackter, blonder Mann kommt aus Richtung Kellertür; sein Schwanz ist riesig, er hat die Muskulatur eines Schwergewichtsboxers. Soweit ich es sehen kann, ist er nirgendwo tätowiert.
Er nimmt Vanessa – oder wie auch immer dieser Mensch heißt – beiseite und redet mit ihr. Ich kann einen losen Zusammenhang herstellen, aber ich bekomme keinen verwertbaren Gedanken zusammen. Sie macht ein Handzeichen. Dreimal werde ich am Kopf getroffen, ehe ich zu Boden gehe. Zuerst wird alles weiß, milchig und unscharf, dann habe ich das Gefühl, dass mein Hirn in den Magen absackt. Lichtpunkte bilden sich. Und aus. Ich habe gerade noch Zeit, ein paar Füße zu sehen, die hier absolut nichts zu suchen haben.

Grelles Neonlicht blendet mich, als ich wieder zu mir komme. Halbwegs klar im Kopf stelle ich fest, dass ich nicht liege, sondern senkrecht bin; ich stehe. Ganz weit hinten bin ich erleichtert. Bewegen geht allerdings nicht; wahrscheinlich bin ich gefesselt. Der Boden unter meinen Füßen ist kalt.

Das erste klare Bild ist komplex, aber den Inhalt verstehe ich. Vor mir sitzt Thomas entkleidet und ebenfalls gefesselt auf dem Gynäkologenstuhl. Er atmet flach. Über seinem Mund ist ein Streifen Klebeband. Der Tisch mit dem Chirurgenbesteck fällt mir sofort auf. Die Instrumente funkeln. Der Anblick bereitet mir Kopfschmerzen, aber trotzdem bin ich klar genug, um die Ironie der Situation zu begreifen; wir sind in unserem – seinem - Filmset.
Mein Verstand arbeitet schwammig, aber die Szene lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass ich einer Operation beiwohnen soll. Das Gewicht dieser Erkenntnis bewirkt, dass ich mir nur eine Frage stellen kann, nämlich die, nach welchen Kriterien hier vorgegangen wurde. Warum ist er dort? Warum stehe ich hier? Ist es verwerflich, dass ich in dieser Lage nur an mich denken kann?
Meine Augen können sich einfach nicht an das Licht gewöhnen, aber ich erahne weiter hinten Silhouetten von Menschen. Ich befinde mich in einem Schwebezustand, der zwischen Angst und einer sonderbaren Erregung hin und her pendelt.
Irgendwo habe ich bei der Planung des heutigen Abends einen fundamentalen Fehler begannen.

Eine Gestalt nähert sich mir. Sie ist es. Ohne Abendkleid. In der Hand hält sie eines der Messer, mit dem man Menschen aufmachen kann. Mein Körper ist eine einzige Missempfindung; gut möglich, dass ich selbst in dieser absurden Lage noch einen Ständer bekomme.

Die Klinge blitzt auf, zieht meinen Blick an.
„Was habt ihr hier unten gemacht?“
Sie stellt die Frage in einem nuancenlosen, neutralen Ton, der aus ihrem Mund sehr ungewöhnlich klingt. Es ist mir nicht möglich, die wahre Intention herauszuhören, also treffe ich eine verwirrte, spontane Entscheidung.
„Wir haben Menschen umgebracht.“
„Warum?“
„Er ist krank.“
„Und du?“
„Ich habe gefilmt.“
„Und mich wolltest du auch filmen?“
„Nein.“
„Wer ist er? Dein bester Freund?“
„Mein Bruder.“
Thomas beginnt sich zu regen. Er schlägt die Augen auf. Als er merkt, in welcher Lage er sich befindet, gerät er in Panik, versucht, sich irgendwie zu befreien. Aber ob er auch wirklich begreift? Niemand reagiert auf ihn.
„Hat er dich gezwungen, ihm zu helfen?“
Niemals, das Gerippe an der Wand kann es bezeugen. „Ja.“
Thomas Bemühungen, von dem Stuhl loszukommen, werden deutlich ehrgeiziger.
Sie schaut zwischen ihm und mir hin und her, als würde sie Möglichkeiten abwägen.
„Es gibt Möglichkeiten“, sagt sie.
Wir schauen uns an. Daran gibt es nichts hypnotisches; hier geht es darum, wach zu bleiben. Hier soll etwas transportiert werden.
Sie bewegt sich langsam von mir weg, geht auf Thomas zu. Hilfesuchend sieht er mich an, wie er es noch nie getan hat; das gibt dem Moment etwas einzigartiges, aber ich weiche aus. Ob er ahnt, was kommen wird?
„Wenn du einen Menschen isst, dann gehen seine Kräfte auf dich über, oder, du vernichtest ihn.“
Ich habe keine Ahnung, wovon sie redet, also sage ich nichts. Thomas versucht zu schreien – vergeblich. Das einzige, was er mit seinen Bemühungen erreicht, ist, dass sein Kopf aussieht wie heißgekocht.
„Willst du sein Herz?“
Thomas zappelt. Thomas reißt die Augen noch weiter auf. Er hat Todesangst. Irgendwie großartig. Aber es hilft mir nicht dabei, eine Antwort zu finden.
„Willst du sein Herz?“
Sie hebt das Messer. Die Spitze schwebt wenige Zentimeter über der Haut. Sie zeigt direkt nach unten. Thomas fleht mich mit seinen Augen an, etwas zu unternehmen, aber das alles hier liegt außerhalb jeglichen Einflusses.
Ich bin ein Gerippe an der Wand.
„... oder sein Gehirn? Das Gehirn ist das Zentrum der Seele.“
Der Raum wird von leichten Klangvibrationen ausgefüllt. Die Horde bewegt sich aus dem Schatten ins Licht. Männer und Frauen. Alle nackt, alle hungrig. Alle ohne Ausdruck in den Gesichtern. Und trotzdem hat die Szene etwas feierliches.
„Seelenfraß“, schreit sie. Ein Chor murmelt das gleiche Wort.
Thomas nimmt in diesem Bild eine untergeordnete Rolle ein – sie ist das Zentrum. Er ist nur ein zappelndes, ängstliches Etwas im Nichts. Ein Fragesteller, ein Nichtswissender, ein königlich ins Knie gefickter.
Eine Sekunde ohne ein Ereignis, dann bewegt sie das Messer nach unten. Das zähe Tempo, mit dem sie das tut, gibt mir noch mal Gelegenheit, in das, in dieses Gesicht meines Bruders zu sehen. Ich fühle nichts. Nichts besonderes.

Thomas wird dort aufgeschnitten, wo ich unseren Magen vermute. Er macht quietschende Laute, Rotz kommt aus der Nase, er legt alle Kraft in seinen Körper, aber sie schneidet unbeirrt weiter. Blut kommt in einer Linie aus dem Schnitt hervor, verteilt sich, läuft in Richtung Boden.
Die Klinge wird bis zum Griff versenkt. Es sieht aus, als wäre es ganz einfach. Sie arbeitet sich jetzt von links nach rechts. Wenn es stimmt, dass man im Moment des Todes sein gesamtes Leben noch mal vor sich ablaufen sieht, möchte ich wissen, was er jetzt für einen Film vor sich hat. Sein Kopf zuckt hin und her, gurgelnde Geräusche kommen aus ihm heraus, seine Hände krallen sich in das, was sie gerade anfassen.
Sie nimmt einen Hautlappen hoch, klappt ihn auf die Seite. Darunter ist eine rote Fläche zu sehen. Vier große Stücke faltet sie auseinander, danach legt sie das Messer weg, arbeitet mit bloßen Händen weiter. Thomas hat seine offenen Augen nach oben gerichtet. Ob er dort etwas gesucht hat? Ihre Füße stehen in einer Pfütze aus Blut. Eine Form, rot, geformt, wie ein Seestern.
Sie macht was mit ihren Händen, schaufelt Blut heraus, tut etwas, was ich noch nie gesehen habe. Thomas Kopf wackelt mit starrem Blick sachte hin und her. Keine Regung mehr. Tod. Mir wird warm zwischen den Beinen. Etwas fließt an mir herunter. Kein Blut.
Jetzt hat sie etwas in ihren Händen, hält es in die Höhe. Etwas daran hängt schlaff nach unten, ist um ihren Unterarm gewickelt. Gedärm, das eben noch gelebt hat. Jetzt nicht mehr.
„Seelenfraß“, sagt sie.
Sie bewegt ihren offenen Mund darauf zu, beisst hinein, beisst ab. Zweimal, dreimal, dann fällt es auf die Erde. Es berührt ganz zart ihren Fuß. Fleisch gegen Fleisch. Fleisch, gegen Fleisch, gegen Blut.
Sie holt noch etwas heraus, etwas neues, kommt damit auf mich zu.
„Willst du ihn vernichten?“
Ich weine, mein Rachen wird trocken. Ich rieche Blut. Ich weine, ich liebe ihn doch, habe es immer getan. Nur unseren Vater, den habe ich gehasst.

Sie geht zurück, lässt das Stück zu den anderen auf den Boden fallen, macht dann einen Instrumentenwechsel. Es gibt ein Klappern von Metall auf Metall. Unerträglich.
Sie hält jetzt die Säge in der Hand, mit der man Knochen zersägen kann, wenn man will. Das ist die göttliche Bestimmung. Sägezähne und Hals kommen in Kontakt. Sie sägt den Kehlkopf auf, Fleisch klafft auseinander. Sein Kopf ruckt hin und her, stößt immer wieder gegen ein Teil, das ein leichtes Quietschen macht. Ich will eine Zeitreise, jetzt, schließe die Augen, sehe nichts, öffne sie wieder, muss hinsehen.
Die Säge wird gegen und dann durch die Knochen hindurch bewegt. Dann ist es geschafft, der Kopf wird abgehoben. Der Körper sitzt kopflos da. Einfach so. Eine Veränderung wurde herbeigeführt. Ich habe es gesehen, ich bin Zeuge. Ich habe alles gesehen. Sie hat ihn in der Hand, den Kopf, der ihm jetzt fehlt. Der Mund ist zugeklebt, so kann ihn ja niemand hören. Die Augen stehen offen und sind leer. Die Horde kommt näher, manche geduckt, manche aufrecht. Ein Gemisch aus blanken Körpern. Sie kommen näher.
„Das Gehirn ist das Zentrum der Seele“, sagt sie. Sie ist nicht viel mehr, als ein blutverschmiertes Gesicht inmitten eines Blutbads.
Sie kommen näher. Mir wird etwas ins Gesicht geschlagen. Nun bin ich auch voller Blut. Zähne brechen, ich spüre es mit der Zunge. Da bricht was in meinem Körper auseinander, drückt von innen nach außen; es schmerzt furchtbar. Heiß drückt was gegen meinen Kopf, ich werde taub. Das ist der Übergang zur Körperlosigkeit. Ich werde inexistent. Ich lache. Sie sind längst da. Zähne kommen, verbeißen sich, reißen Haut ab. Finger sind im Mund und in die Augen. Ich lache, aber ich sehe nichts. Etwas fügt sich zusammen.

Ob die Kamera läuft?

 
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Hallo!

Das ist mein Beitrag zum Thema des Monats. So, viel Spaß beim zerhackstückeln der Story:D!

Gruß,
Satyricon

 
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Moikka Satyricon,

saugeile Geschichte, das kann ich jetzt nicht anders sagen!

Und fast hätte ich dieses Leute-in-Kellern-umbringen setting mit als Negativbeispiel in den TdS-Aufruf gesetzt - dann fiel mir aber ein, daß sie genau daran kranken, was dieser Text zu umgehen weiß: sie sind weder physisch noch psychologisch überzeugend und laufen nur über reine Handlungsbeschreibung. Deine Geschichte ist eine der ganz wenigen hier - im Grunde die einzige, an die ich mich erinnere - die dabei eine stimmige Innenperspektive wie auch eine sehr intensive Körperlichkeit hat. Und damit ausgesprochen sinnlich ist - nicht trotz, sondern gerade wegen der Grausamkeit.

Es herrscht eine zur Handlung passende, angenehme Abwesenheit von Moral, die die Erzählpespektive gut unterstützt. Und anstatt daß diese alte boa, wie krank-Sicht auf die Figuren gewählt wird, streust Du leise Zweifel, Reue, den analytischen Blick 'von außen' zusammen mit Ironie ein, ganz unaufdringlich. Das Ende wirkt daher nicht als gerechte Strafe, sondern mehr wie schlichtes Pech. Und somit genau die Perspektive, die es in diesem Genre braucht, und zu selten glaubhaft transportiert wird.

Hier ein paar Sachen, Positives wie Gekrittel :D:

„Du bist ein Engel. Hast du was von Vater gehört?“ sagt er.
Geschickt - da Engel meist für Frauen verwednet wird, könnte das ich auch erstmal weiblich gelesen werden.

Im Laufe unseres Gespräches fängt mein Bruder an zu weinen. Diese manischen Phasen sind Überbleibsel aus den Mitzwanzigern (...) die ich verabscheue. Ganz sicher hat er heute schon eine Portion intus.
Diese gesamte Szene gefällt mir sehr gut: Der Bruder kommt schon reichlich gestört rüber, sehr lebendig geschildert. Andererseits ahnt man durch die beinahe schon gelangweilte Beobachtung des Erzählers, daß auch er bereits etwas "anders" tickt. Schön, daß der Bruder hier nicht be- oder gar verurteilt wird; so bleibt mir als Leser die Freiheit, wie ich mit dem Personal hier umgehen möchte.

„Hast du alles besorgt?“
Ja, sage ich. Heute früh habe ich noch den Rasen gemäht, aber es kommt mir vor, als müsste ich es morgen gleich noch mal machen.
An vielen Stellen hab ich mich echt scheckig gelacht. Die Frage leitet sonst eine Aufzählung an Instrumenten ein, die schon klischeehaft ist - doch hier kommt erstmal das Rasenmähen. Super gelöst, denn um was es geht, wird deutlich, ohne ein Wort darüber verloren zu haben. Hübsches Spiel mit Erwartungen; und Du traust auch hier dem Leser was zu, anstatt ihm alles vorzukauen. So bleibt es auch für genregewohnte Leser spannend.

allgemein wohl als normal definiert. Doch irgendwo zwischen beruflichem Erfolg und zwischenmenschlichem Scheitern kam dann der Bruch. Solche Vorgänge müssen wohl kompliziert sein.
Wortdoppelung. Das erste kann raus, zumal da auch noch das allgemein steht, das werden zu viele Füllwörter.

„Wann?“ sagt er dann doch noch.
„Gegen acht. Und du?“
Aufgelegt.
Sehr schön verkürzt. Ich würde nur doch oder noch rausholen, zu viel für die Kürze.

Ein dürres Gerippe ist dran genagelt. Lose Umrisse nisten sich in meinem Kopf ein, die Ahnung eines großen Ganzen hinter dem, was sowieso niemand versteht. Alles steht in chaotischer Opposition; die Fragmente ziehen sich nicht an, sondern stoßen sich ab. Auf der Ebene, auf der Leute wie wir uns bewegen, ist das Wort Mensch ohne greifbaren Inhalt; möglicherweise haben wir an einem Punkt unser Schicksal doch selbst gewählt. Dieser Gedanke ist unerträglich. Und dennoch; es gibt einen Ausweg.
Keine Ahnung, was der Scheiß bedeuten soll.
Kreisch, "dürres Gerippe"! Alles in allem finde ich dies einen sehr starken Absatz, weil es genau ein gutes Beispiel für die nicht-normierte moralische Perspektive ist. Ich rate aber leidenschaftlich dazu, den letzten Satz zu streichen: Man denkt, ach so wenn das Scheiß ist ... Außerdem gibt er mir ungewöhnlicherweise (und daher unpassend) Leserichtung und Interpretation vor. Hier - wie oft im Text - verwendest Du Semikolon als Doppelpunkt oder Bindestrich (manchmal gar als Punkt), das liest sich eigenartig hoperig. Wäre schöner für den Sprachfluß, wenn Du da gesamt nochmals drüberschauen würdest. Und eine Menge Kommata sind zu viel, da ich darin nicht 100% firm bin, verbessere ich hier nicht detailliert.
eine Art von heuchlerische Ruhe
Entweder eine Art von heuchlerischer Ruhe oder besser: eine heuchlerische Ruhe.

Meine Gedanken sind im Badezimmer und den Rasierklingen im Spiegelschrank.
Der Bezug ist falsch: hieße so im Badezimmer und in den Rasierklingen. Besser entweder Meine Gedanken sind im Badezimmer, bei den Rasierklingen (im Spiegelschrank > könnte raus.) oder Meine Gedanken sind im Badezimmer, den Rasierklingen im Spiegelschrank.

zum fesseln
zum = zu dem, beim = bei dem - danach Substantiv nicht Verb: großgeschrieben

betreiben planmäßige Annährung.
Tolle Formulierung, gefällt mir gut, sehr individuell. Die ganze Sache mit dem Kochen ist klasse. Sie macht einem die Banalität der Szene (wie die Prots sie empfinden) deutlich, sie bringt eine andere Sinnlichkeit hinein, und sie zeigt den Erzähler von einer sehr sympathischen Seite. Zugewandt.

Warum ich damit drinhänge? Das ist ein Faktor und ein echtes Problem; ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.
da mit muß hier getrennt. Das ist einer der Faktoren und ein echtes Problem - ich habe nicht den Hauch einer Ahnung. Fände ich eleganter.

Das ist wahrscheinlich alles nur ein riesiges Missverständnis.
Hehe, wie lustig, der Klassiker der Krimis, nur hier neu verwendet; sehr schön.

und den gleichen Sprachsyntax.
die Sytanx. "Sprach" kann raus, da Syntax die Zuordnung/Verhältnis von Zeichen und Bezeichnetem innerhalb von Sprache ist; also bereits impliziert.

soliden Dosis Schlafmittel vermischt
versetzt, sagt man eher

„Wusstet ihr, dass es mehr HIV kontaminierte Blutkonserven gibt, als bekannt gemacht wird?“
Ich schüttele den Kopf und esse weiter. Thomas beugt sich rüber und macht sein erzähl mir mehr Gesicht. Um seine Augen bilden sich Grübchen.
Toll schräg, aber nicht gewollt übertrieben. Besser als Ausdruck kursiv: erzähl mir mehr -Gesicht

Um seine Augen bilden sich Grübchen.
Hä, geht das? Um die Augen sind meist Fältchen, in den Wangen Grübchen, nämlich kleine Dellen. Hm.
Manchmal auch aus Europa. England.“
Ihiii, wie eklig, sehr dezent, wirklich.

Diese Adresse existiert ebenso wenig, wie ich.
Komma raus. Das ist insgesamt problematisch. Die falschen Namen sind ok. Aber wenn die Frauen vorsichtig genug für einen Kontrollanruf sind, lassen sie sich nicht von den Gastgebern abholen und zur Adresse fahren, sondern von einem Taxi oder einem Freund. Die beiden Brüder müßten ihnen also die richtige Adresse genannt haben. (Wenn Serienkiller lange nicht gefaßt werden, liegt es oft daran, daß die Opfer spontan mit nach Hause genommen wurden, also niemand wußte, wo sie waren. Oder die Opfer waren mit dem Täter länger bekannt, dann sahen sie keinen Grund für Sicherheitsmaßnahmen wie Kontrollanrufe.) Hier solltest Du eine plausible Lösung finden.

Die ersten Anzeichen von Erregung machen sich bei ihm bemerkbar. Man erkennt es daran, dass er sich ständig mit der Hand über das Gesicht wischt, oder seinen Handrücken kratzt. Ich habe auch
Der Wechsel von man auf ich klingt immer ungeschickt, wie wäre ein: erkennbar daran, dass er sich ständig mit der Hand ...?

„Wusstet ihr, dass es einen Inselstamm gibt, der aus dem Fleisch seiner Toten eine biologisch höchst interessante Substanz gewinnt?“
Thomas ist voll und ganz auf seinen Nachtisch fixiert. Ich bin mittlerweile hundemüde. Koks war noch nie mein Fall.
„Langweiliges Thema. Viel interessanter finde ich, dass ihr heute sterben werdet.“
Inselstamm klingt eigenartig falsch, mir fällt grad keine Alternative ein, aber denk doch nochmal dran. Da sie oben "interessant" sagt, wirkt das "Langweiliges Thema" zu aprupt, zumal man nicht weiß, wer spricht. Eigentlich mag ich freischwebende direkte Rede, hier wäre eine Zuordnung gut. Die Entwicklung der Szene finde ich sonst sehr gut gelöst, mit dieser verräterischen Ruhe.

In meinem Kopf wird ein Hammer gegen einen Gong gehämmert (> geschlagen). Alles brüllt, ich sollte jetzt etwas wirklich sinnvolles unternehmen, aber abgesehen davon, dass ich es geschafft habe, von meinem Platz aufzuspringen, erweist sich jeder Versuch, eine organisierte Handlungskette zu vollbringen, als beunruhigend hoffnungslos.
Da würde ich mindestenes einen Punkt reinbringen, die Kette ist sehr lang, obwohl mir die Formulierung, die feine Beobachtung sehr gut gefällt.

Ich lande hart auf dem Rücken, starre an die Zimmerdecke. Pfeifen im Ohr. Alles ist ein Rauschen.
Toller Rhythmus, sehr gut nachvollziehbare Körperzustände, lebendig beschrieben.

Ich bin zwischen unzähligen Körpern eingekeilt, Hände grabschen, zerren, reißen. Alle kreischen mir mindestens einmal ins Ohr. Dann plötzlich Stop. Ich erkenne unseren Gast in der Menge. Einige bewegen sich zur Seite, um Platz zu machen. Ein nackter, blonder Mann kommt aus Richtung Kellertür; sein Schwanz ist riesig, er hat die Muskulatur eines Schwergewichtsboxers. Soweit ich es sehen kann, ist er nirgendwo tätowiert.
Er nimmt Vanessa – oder wie auch immer dieser Mensch heißt – beiseite und redet mit ihr. Ich kann einen losen Zusammenhang herstellen, aber ich bekomme keinen verwertbaren Gedanken zusammen. Sie macht ein Handzeichen. Ich werde hart am Kopf getroffen. Drei Treffer braucht es, ehe ich zu Boden gehe. Zuerst wird alles weiß, milchig und unscharf, dann habe ich das Gefühl, dass mein Hirn in den Magen absackt. Lichtpunkte bilden sich, und aus. Ich habe gerade noch Zeit, ein paar Füße zu sehen, die hier absolut nichts zu suchen haben.
Einige bewegen sich zur Seite > der Bezug liegt auf dem Gast, soll aber auf: Menge = falscher Anschluß. Das mit den Tats wäre mir auch aufgefallen. (Das meine ich keinefalls ironisch! :D)
oder wie auch immer dieser Mensch heißt – beiseite und redet mit ihr. sie (Vanessa) - der - ihr: schau doch mal, wie die Bezüge stimmiger könnten. Lichtpunkte bilden sich. Und aus. würde ich eleganter finden, da es auch "bilden sich aus" gibt. Das mit den Füßen finde ich sehr schön; absolut realistisch geschildert. Eines der vielen Beispiele dafür, daß man als Leser immer ganz nah am Geschehen, oder besser im Geschehen, gehalten wird.

Halbwegs klar im Kopf stelle ich fest, dass ich nicht liege, sondern senkrecht bin; ich stehe. Ganz weit hinten bin ich erleichtert.
Besser: sondern aufrecht stehe / aufrecht stehen muss. Hinten is nich, tief in mir eigentlich, aber das ist kitschig, den Satz würde ich verkürzen: Ich bin eigenartig erleichtert oder sowas.

bewirkt, dass ich mir nur eine Frage stellen kann
Warum stehe ich hier? Ist es verwerflich, dass ich in dieser Lage nur an mich denken kann?
Fein beschriebener Gedankengang.
einer sonderbaren Art von Erregung
wenn Du schon sonderbar hast, brachst Du die Art nicht mehr, was eh häßlich ist.

seinem Mund klebt ein Streifen Klebeband
Doppelt gemoppelt: klebt kann einfach gestrichen werden. Das beweglich beim Tisch in dem Satz davor auch, das klingt eigenartig und tut nix zur Sache.
Irgendwo habe ich bei der Planung (des heutigen Abends) für den heutigen Abend einen fundamentalen Fehler begannen.

Eine Gestalt nähert sich mir. Sie ist es. Ohne Abendkleid. In der Hand hält sie eines der Messer, mit dem man Menschen aufmachen kann. Mein Körper ist eine einzige Missempfindung; gut möglich, dass ich selbst in dieser absurden Lage noch einen Ständer bekomme.

Die Klinge blitzt auf, zieht meinen Blick an.
„Was habt ihr hier unten gemacht?“

Gefällt mir super, sehr viel Spannung, ohne aufdringlich zu werden; schöne Wechsel.
die wahre Intension
Intention
wird er panisch, versucht, sich irgendwie zu befreien
Panisch werden ist so ein Teenieausdruck, selbst wenn der Erzähler verwirrt ist, sollte dennoch ein gerät in Panik hierher.

„Hat er dich gezwungen, ihm zu helfen?“
Niemals, dass Gerippe an der Wand kann es bezeugen. „Ja.“
:lol: Bruaharhar, klasse. Genaugenommen müßte es: das Gerippe an der Wand oben, denn es gibt unten vermutlich keines. Ist aber eine gezählte Erbse. Ein s raus.
Exo, als auch Endokannibalismus.“
Exo- wie/als auch

Thomas Bemühungen, von dem Stuhl loszukommen, werden deutlich ehrgeiziger.
Sie schaut zwischen ihm und mir hin und her, als würde sie Möglichkeiten abwägen.
„Es gibt Möglichkeiten“, sagt sie.
Wir schauen uns an. Daran gibt es nichts hypnotisches; hier geht es darum, wach zu bleiben. Hier soll etwas transportiert werden.
Bei den Möglichkeiten gefällt mir die Doppelung, weil sie den Absatz schön aufhebt. Auch hier gefällt mir die Ruhe der verrückten Szene sehr gut - anstatt die Bedrohung zu verwässern, intensiviert das Gesagte. Hypnotisch groß (ich hatte Hypothetisches gelesen, das wäre auch nett); wie auch Neues, etc, davon sind noch zwei drei Fehler im Text, schau mal nach. es geht darum, wach zu bleiben. Hier soll etwas transportiert werden. wäre eleganter.
läuft zäh in Richtung Boden.
Frisches Blut läuft ganz flott. :p
Eine Form, rot, aber geformt, wie ein Seestern. Mir wird warm.
Sehr hübsch! Aber kann aber raus, denn auch Seesterne sind orange/rot. *Erbsen weiter zähl*


Thomas zappelt. Thomas reißt die Augen noch weiter auf. Er hat Todesangst. Irgendwie großartig. Aber es hilft mir nicht dabei, eine Antwort zu finden.
„Willst du sein Herz?“
Sie hebt das Messer. Die Spitze schwebt wenige Zentimeter über der Haut. Sie zeigt direkt nach unten. Thomas fleht mich mit seinen Augen an, etwas zu unternehmen, aber das alles hier liegt außerhalb jeglichen Einflusses.
Ich bin ein Gerippe an der Wand.
„... oder sein Gehirn? Das Gehirn ist das Zentrum der Seele.“
Gefällt mir insgesamt sehr gut - nichts zu viel, nichts zu wenig beschrieben, individueller Stil. Der running gag (obwohl es nicht unbedingt nur witzig ist) mit dem Gerippe gefällt mir irre gut! Bezüge sind korrekt, aber mißverständlich, besser vllt: Sie hebt das Messer. Die (oder: dessen) Spitze schwebt wenige Zentimeter über der Haut, zeigt direkt nach unten.
Kein Blut. Das ist dort bei ihm.
Der zweite Satz klingt ungelenk, selbst wenn der Erzähler nicht ganz bei sich ist. Wäre ohne den letzten Teil härter, kann man sich eh selbst denken.

Der letzte Absatz (und dann der letzte Satz) gefallen mir auch: Nie gibt die Erzählstimme ihre Ruhe auf, nie wird uns suggeriert, daß man das bitte super eklig, abartig, zu finden hat. Man kann gut in der Erzählung bleiben, hört gern zu, bekommt alles gezeigt und hat alle Freiheit, selbst Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Ein Erzähler der (sehr vermutlich) stirbt gilt oft als verpönt, aber ich lese das sehr gern. "Blanke Körper" ist eine tolle Formulierung, die mich gruselt, kann nichtmal sagen, warum genau. Anatomisch fein gelöst die ganze Schneiderei; es gibt nichts, wobei ich "fake" oder "schlecht recherchiert" denken würde.

Echt großes Lob! Und hoffentlich hast du Dich nicht zum ersten und letzten Mal in die Rubrik locken lassen. Bin auch schon gespannt, ob und wenn wie sich der Text entwickelt, wenn Du später vllt. durch andere Komms was veränderst.

Herzlichst, *devilsign smiley*
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Salve, oder irgendwie sowas!

Also, ich habe ein paar der (wirklich) hässlichen Schurken abgeknallt, zumindest die meisten. Einigen wenige, von denen ich mich noch nicht trennen konnte, habe ich dann doch noch am leben gelassen. Kann ja noch kommen, mal sehen, wie es übermorgen aussieht:D!

Und eine Menge Kommata sind zu viel, da ich darin nicht 100% firm bin, verbessere ich hier nicht detailliert.

Ich bin es leider auch nicht! Werde mal sehen, dass ich das schnell hinbekomme.

Hübsches Spiel mit Erwartungen; und Du traust auch hier dem Leser was zu, anstatt ihm alles vorzukauen. So bleibt es auch für genregewohnte Leser spannend.

Ja, dass war eines meiner Ziele. Sehr schön, wenn es (bis jetzt) funktioniert hat!

Komma raus. Das ist insgesamt problematisch. Die falschen Namen sind ok. Aber wenn die Frauen vorsichtig genug für einen Kontrollanruf sind, lassen sie sich nicht von den Gastgebern abholen und zur Adresse fahren, sondern von einem Taxi oder einem Freund. Die beiden Brüder müßten ihnen also die richtige Adresse genannt haben. (Wenn Serienkiller lange nicht gefaßt werden, liegt es oft daran, daß die Opfer spontan mit nach Hause genommen wurden, also niemand wußte, wo sie waren. Oder die Opfer waren mit dem Täter länger bekannt, dann sahen sie keinen Grund für Sicherheitsmaßnahmen wie Kontrollanrufe.) Hier solltest Du eine plausible Lösung finden.

Jep, da haste leider recht! Ich grübele auch schon darüber nach. Ich hab ne Liste mit möglichen Alternativen gemacht, aber keine hat mich bis jetzt gebissen. Ich hoffe, dass ich das aber schnell verbessern kann. Ist ja nicht zum aushalten, dieser Zustand:D!

Inselstamm klingt eigenartig falsch, mir fällt grad keine Alternative ein, aber denk doch nochmal dran. Da sie oben "interessant" sagt, wirkt das "Langweiliges Thema" zu aprupt, zumal man nicht weiß, wer spricht. Eigentlich mag ich freischwebende direkte Rede, hier wäre eine Zuordnung gut. Die Entwicklung der Szene finde ich sonst sehr gut gelöst, mit dieser verräterischen Ruhe.

Hm, ich könnte schwören, mal in einer Doku. das Wort gehört zu haben. Als ich recherchiert habe, ist es nicht wieder aufgetaucht, aber das war trotzdem noch ganz verschwommen im Hinterkopf. Na jut, nun ist es eben ein Urstamm;). Der Wechsel ist auch entschärft.

Echt großes Lob! Und hoffentlich hast du Dich nicht zum ersten und letzten Mal in die Rubrik locken lassen
Sehr, sehr vielen dank!

Gruß,
Satyricon

 

Hallo Satyricon,

recht außergewöhnliche Geschichte, muss ich schon sagen. Definitiv keine leichte Kost. Ich habe sie einmal vor ein paar Tagen gelesen (hatte aber keine Zeit sie zu kommentieren) und jetzt nochmal, nach deiner Überarbeitung.

Ich muss zugeben, es ist nicht ganz mein Stil, aber unterhalten hat sie mich dennoch gut. Ein paar Stellen haben mir sehr gut gefallen, bei manch anderen frage ich mich, was du dem Leser hier sagen willst (aber dazu unten noch mehr), du regst bewusst zum Nachdenken an und lässt Platz für Interpretationen. Anfangs war mir manches zu vage, ich hätte mir an der einen oder anderen Stelle eine ausführlichere Darstellung / Beschreibung gewünscht, nur dann funktioniert vermutlich die Geschichte nicht mehr, da du durch die teilweise wirren und augenscheinlich unzusammenhängenden Gedanken des Prot. dessen emotionale Situation, seinen Wahnsinn, schildern möchtest.

Aber gehen wir die Geschichte am Besten mal durch.

Am liebsten würde ich mir den Hörer so lange gegen das Ohr donnern, bis ich entweder taub oder wenigstens ohnmächtig werde, aber das würde meinen Bruder nur verwirren, deswegen entschließe ich mich, noch ein bisschen Konversation zu betreiben, und ich erzähle ihm von Vanessa.

Gefällt mir gut der Einstieg. Es zeigt schon früh, dass dem Prot. etwas Zwanghaftes anlastet und er, wie soll ich sagen, emotional schwankt bzw. hin- und hergerissen ist. Es gelingt dir, das in wenigen Worten rüberzubringen, daher ein gelungener Einstieg in die Geschichte.

Ich finde solche Plattformen irre spannend.

Erinnert an Fight Club im Internetzeitalter :)

„Du bist ein Engel. Hast du was von Vater gehört?“ sagt er.

Ab hier hab ich den Prot. für eine Frau gehalten. Ich sehe nicht ganz, welchen Sinn diese offensichtliche Irreführung des Lesers hat. Mir persönlich gefällt das nicht so gut.

Im Laufe unseres Gespräches fängt mein Bruder an zu weinen. Diese manischen Phasen sind Überbleibsel aus den Mitzwanzigern; zu dieser Zeit war er verheiratet, aufstrebend und das, was man allgemein als normal definiert. Doch irgendwo zwischen beruflichem Erfolg und zwischenmenschlichem Scheitern kam dann der Bruch. Solche Vorgänge müssen wohl kompliziert sein.

Bin kein Experte, aber sind manische Phasen nicht eher von übertriebener Heiterkeit / Fröhlichkeit geprägt? Wenn er anfängt zu weinen ist das doch eher depressiv, oder? Ansonsten gelingt es dir auch hier wieder - ähnlich wie im 1. Absatz schon - mit sehr wenigen Worten den Bruder toll zu charakterisieren. Sehr gut gefällt mir auch der letzte Satz dieses Abschnitts, weil er wieder etwas über den Prot. aussagt. Finde die Vorstellung der beiden Figuren für den Leser äusserst gelungen.

Sein Weinkrampf geht in einen Lachanfall über, danach folgt eine Art von heuchlerischer Ruhe, die ich verabscheue.

"Heuchlerische Ruhe" gefällt mir gut!

Wir stehen jetzt in einem dunklen Raum von etwa vierzig Quadratmetern.

Wer ist denn "Wir" in diesem Fall? Der Prot. denkt ja nur an diesen Raum. Ab hier wird natürlich klar, in welche Richtung das Ganze läuft. Dass es dann doch nicht 08/15 wird, ist deinem handwerklichen Geschick und deinem außergewöhnlichen Stil zu verdanken.

Die Gedanken an den heutigen Abend bringen mich an den Rand einer Depression, aber meine antrainierten Abwehrmechanismen arbeiten mit stoischer Routine. Meine Gedanken sind im Badezimmer, bei den Rasierklingen im Spiegelschrank. Nicht heute. Ich bin feige, dass weiß ich, aber auch damit kann man sich arrangieren.

Hier verstärkt sich das Gefühl aus dem 1. Absatz, der Prot. handelt aus einem Zwang heraus, eigentlich gegen seinen Willen. Die Gründe dafür bleiben verborgen, werden (an anderer Stelle) vage angedeutet (bspw. bei der Erwähnung des Vaters). Das hast du ziemlich gut gemacht.

Alles steht in chaotischer Opposition; die Fragmente ziehen sich nicht an, sondern stoßen sich ab. Auf der Ebene, auf der Leute wie wir uns bewegen, ist das Wort Mensch ohne greifbaren Inhalt; möglicherweise haben wir an einem Punkt unser Schicksal doch selbst gewählt. Dieser Gedanke ist unerträglich. Und dennoch; es gibt einen Ausweg.

Top der Absatz. Naja, die "chaotische Opposition" gefällt mir nicht so gut (hört sich so politisch an), aber er regt definitiv zum Nachdenken an. Absätze wie diesen habe ich in der Rubrik hier noch nicht so oft gelesen.

Wir könnten die ganze Sache auch anders durchziehen, aber er will es eben so haben. Warum ich da mit drinhänge? Das ist ein Faktor und ein echtes Problem - ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.

Das finde ich nicht so gut - ich würde die Frage und die Antwort rausnehmen, vor allem weil es überhaupt keine Antwort ist. Für mich ist bis zu der Stelle schon klar geworden, dass der Prot. innerlich zerrissen ist und sein Handeln nicht explizit begründen kann - es nochmal explizit zu erwähnen ist überflüssig und steht dem sonstigen Grundton der Geschichte, die Dinge eher verdeckt zu lassen bzw. vage zu umreißen, entgegen.

Die Beseitigung ihrer Leiche wird das geringste Problem sein; es hat Vorteile, wenn die Eltern im Geld schwimmen.

Sowas meine ich mit Dinge vage umreißen. Hier kann man sich als Leser alles Mögliche vorstellen. Ist ein interessanter Stil, den du sehr konsequent einhälst.

„Das liegt daran, dass immer mehr Blut aus dritte Welt Ländern verwendet wird“, sagt sie.
Thomas bekommt einen kleinen Lachanfall, beruhigt sich aber schnell wieder.

Sehr geschickt eingebauter "Lachanfall". Der Thomas ist in der Tat ziemlich irre, auch wenn ich mich als Leser an der Stelle gefragt habe, warum das Oper nicht mißtrauisch wird. Jetzt, wo ich das Ende kenne, macht natürlich alles Sinn, also auch hier Kompliment für eine geschickt eingebaute, intelligente Idee deinerseits.

Diese Adresse existiert ebenso wenig wie ich.

Manchmal hast du solche Sätze in deiner Geschichte drin, die für mich des Guten ein wenig zu viel sind. Auf diesen bspw. kann ich mir keinen Reim mehr machen, was will der Prot. damit aussagen? Dass sie falsche Identitäten vorspielen (gibts keine Namenschilder an der Tür)? Wäre dann nicht "... existiert ebenso wenig wie wir" angebrachter?

Thomas ist voll und ganz auf seinen Nachtisch fixiert. Ich bin mittlerweile hundemüde. Koks war noch nie mein Fall.

Den letzten Satz würde ich weglassen. Der Prot. hat das Koks ja schon abgelehnt. Darauf würde ich an der Stelle nicht rumreiten. Eigentlich müsste der Prot. vor Adrenalin nur so strotzen und könnte daher nicht müde sein - hast du das hier absichtlich eingebaut, um den Wahnsinn zu unterstreichen?

In meinem Kopf wird ein Hammer gegen einen Gong gedonnert.

Ich weiß nicht, wie es Vanessa gelungen ist, die beiden Brüder zu überlisten. Schließlich hat der Prot. das Essen und die Getränke zubereitet. Das ist so eine Stelle, an der ich mir eine ausführlicherere Erklärung gewünscht hätte.

Nackte Körper tanzen und springen. Schemen von Gesichtern. In dem Chaos kann ich meinen Bruder weder sehen, noch hören. Ich werde quer durch das Zimmer gestoßen, stolpere in den Flur. Ich bin zwischen unzähligen Körpern eingekeilt, Hände grabschen, zerren, reißen.

Was ist das, sind das Wahnvorstellungen aufgrund von irgendwelchen Drogen im Essen / im Wein? Oder möchtest du die Entscheidung darüber bewusst dem Leser überlassen?

„Hat er dich gezwungen, ihm zu helfen?“
Niemals, das Gerippe an der Wand kann es bezeugen. „Ja.“

Das Gerippe hängt doch im Wohnzimmer, und jetzt sind sie im Keller.

Das einzigste, was er mit seinen Bemühungen erreicht, ist, dass sein Kopf aussieht, wie heißgekocht.

Das einzige; ausserdem muss das letzte Komma weg.

Der Raum wird von leichten Klangvibrationen ausgefüllt. Die Horde bewegt sich aus dem Schatten ins Licht. Männer und Frauen. Alle nackt, alle hungrig. Alle ohne Ausdruck in den Gesichtern. Und trotzdem hat die Szene etwas feierliches.

Cool, gefällt mir gut die Stelle. Der Wahnsinn kommt in der kompletten Kellerszene ziemlich gut rüber, auch durch solche Stellen:

Thomas zappelt. Thomas reißt die Augen noch weiter auf. Er hat Todesangst. Irgendwie großartig.

Eine Sekunde ohne ein Ereignis, dann bewegt sie das Messer nach unten. Das zähe Tempo, mit dem sie das tut, gibt mir noch mal Gelegenheit, in das, in dieses
Gesicht meines Bruders zu sehen. Ich fühle nichts. Nichts besonderes.

Da hat sich ein Absatz reingeschlichen, der wohl nicht hinein gehört.

Sie nimmt einen Hautlappen hoch, klappt ihn auf die Seite. Darunter ist eine rote Fläche zu sehen. Vier große Stücke faltet sie auseinander,

Kann ich mir bildlich nicht vorstellen. Müssten es nicht zwei Stücke sein? Eine links, eine rechts vom Schnitt?

Etwas daran hängt schlaff nach unten, ist um ihren Unterarm gewickelt. Gedärm, das eben noch gelebt hat.

Würde ich anders formulieren, Gedärm lebt ja nicht.

Sie bewegt ihren offenen Mund darauf zu, beisst hinein, beisst ab. Zweimal, dreimal, dann fällt es auf die Erde. Es berührt ganz zart ihren Fuß. Fleisch gegen Fleisch. Fleisch, gegen Fleisch, gegen Blut.

Für die Gore-Fans unter uns ... ;)

Das ist der Übergang zur Körperlosigkeit. Ich werde inexistent. Ich lache. Sie sind längst da. Zähne kommen, verbeißen sich, reißen Haut ab. Finger sind im Mund und in die Augen. Ich lache, aber ich sehe nichts. Etwas fügt sich zusammen.

Das ist handwerklich schon recht gut gemacht. Wirklich tolle Figur, die du da entworfen hast.

Also ich denke an meinen Kommentaren siehst du, dass mir die Geschichte gefallen hat, wenn es eben auch nicht typischerweise mein Stil ist. Dir ist es gelungen, ein eigentlich weit verbreitetes Thema auf neue Weise darzustellen, außerdem eine sehr geschickte Charakterisierung zweier völlig kranker Typen zu machen, die mit vielen intelligent eingestreuten, vagen Andeutungen auskommt und trotzdem ein schlüssiges Bild ergibt. Handwerklich finde ich das auf sehr hohem Niveau, man merkt du hast dir echt was gedacht, auch wenn man sich als Leser darauf einlassen muss und es nicht mal in 5min schnell runterlesen kann.

Komplimemt, Satyricon, mir hats Spaß gemacht.

Viele Grüsse.

 
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Moin, Schwups!

Bin kein Experte, aber sind manische Phasen nicht eher von übertriebener Heiterkeit / Fröhlichkeit geprägt? Wenn er anfängt zu weinen ist das doch eher depressiv, oder? Ansonsten gelingt es dir auch hier wieder - ähnlich wie im 1. Absatz schon - mit sehr wenigen Worten den Bruder toll zu charakterisieren. Sehr gut gefällt mir auch der letzte Satz dieses Abschnitts, weil er wieder etwas über den Prot. aussagt. Finde die Vorstellung der beiden Figuren für den Leser äusserst gelungen.

Für das Krankheitsbild: das ist ein Mischzustand einer manisch-depressiven Erkrankung, auch Bipolare Störung genannt. Da können solche Phasen in sehr rascher folge hintereinander auftreten. (Daher auch weinen-lachen kurz hintereinander.) Am Anfang war diese Stelle ein wenig länger, aber das ging mir dann zu sehr in Richtung Medizinreferat, also habe ich das ein wenig entschärft, damit die Geschichte flüssig bleibt.

Wer ist denn "Wir" in diesem Fall? Der Prot. denkt ja nur an diesen Raum.

Ja, da muss ich noch mal bei. Im Grunde ist die Lösung ja ganz einfach; ich streiche einfach den Anfang!

Top der Absatz. Naja, die "chaotische Opposition" gefällt mir nicht so gut (hört sich so politisch an), aber er regt definitiv zum Nachdenken an. Absätze wie diesen habe ich in der Rubrik hier noch nicht so oft gelesen.

Vielen dank! Was ich mit der Opposition anfange, weiß ich noch nicht so wirklich. Eigentlich sollte die Stimme gebildet klingen, aber vielleicht tut es auch ganz simpel ... in chaotischen Gegensätzen. Äh... gekauft:D!
Das finde ich nicht so gut - ich würde die Frage und die Antwort rausnehmen, vor allem weil es überhaupt keine Antwort ist. Für mich ist bis zu der Stelle schon klar geworden, dass der Prot. innerlich zerrissen ist und sein Handeln nicht explizit begründen kann - es nochmal explizit zu erwähnen ist überflüssig und steht dem sonstigen Grundton der Geschichte, die Dinge eher verdeckt zu lassen bzw. vage zu umreißen, entgegen.

Da habe ich so des öfteren das Problem. Wann ist zuviel, wann ist zuwenig? Da bin ich immer sehr dankbar, wenn jemand einen Tipp hat!

Ich weiß nicht, wie es Vanessa gelungen ist, die beiden Brüder zu überlisten. Schließlich hat der Prot. das Essen und die Getränke zubereitet. Das ist so eine Stelle, an der ich mir eine ausführlicherere Erklärung gewünscht hätte.

Genau hier kommt der Anruf ins Spiel. Also, die Idee dahinter ist, dass diese Vanessa (oder wie auch immer dieser Mensch heißt), die Horde einfach ins Haus lässt. Zuerst sind die einfach so reingestürmt, aber das fande ich dann nicht so dolle. Vielleicht ist diese Stelle zu schwammig geworden, aber so soll es jedenfalls rüberkommen. Ach so, von wegen Schlafmittel: dazu kommt es ja garnicht erst. Zum Essen gibt es Wein, der Cocktail (mit dem Mittel) sollte folgen. Aber dann kommt ja alles anders:D.
Was ist das, sind das Wahnvorstellungen aufgrund von irgendwelchen Drogen im Essen / im Wein? Oder möchtest du die Entscheidung darüber bewusst dem Leser überlassen?

Nee, dass ist die Horde. DIE HORDE! Okay, klar, warum nackt? Das es hier ein wenig surreal wirken könnte, habe ich mir schon fast gedacht. Hier trifft eben Wahnsinn auf noch größeren Wahnsinn. Die einen machen echte Snufffilme, die anderen laufen nackt durch die Gegend und essen Menschen, alles klar, soweit:D?

Kann ich mir bildlich nicht vorstellen. Müssten es nicht zwei Stücke sein? Eine links, eine rechts vom Schnitt?

Da habe ich auch lange mit mir gerungen, aber ich denke, wenn man in solch einem Zustand ist, wie der Prot. an dieser Stelle, gehen schon mal ein paar Details unter. Da habe ich einfach frech beschlossen, es dem Leser zu überlassen.

Für die Gore-Fans unter uns .

Du machst Dir kein Bild, wie die erste Fassung ausgesehen hat:D!

Also ich denke an meinen Kommentaren siehst du, dass mir die Geschichte gefallen hat, wenn es eben auch nicht typischerweise mein Stil ist. Dir ist es gelungen, ein eigentlich weit verbreitetes Thema auf neue Weise darzustellen, außerdem eine sehr geschickte Charakterisierung zweier völlig kranker Typen zu machen, die mit vielen intelligent eingestreuten, vagen Andeutungen auskommt und trotzdem ein schlüssiges Bild ergibt. Handwerklich finde ich das auf sehr hohem Niveau, man merkt du hast dir echt was gedacht, auch wenn man sich als Leser darauf einlassen muss und es nicht mal in 5min schnell runterlesen kann.

Joar, ist mir aufgefallen, und es freut mich wirklich sehr, dass es Dir gefallen hat! Vor allem, da ich weiß, dass Du andere Stories bevorzugst;).

Also, sehr vielen dank, für's lesen und Komm. schreiben! Die meisten Deiner Vorschläge werde ich nehmen! (Zum Beispiel das, mit dem auswalzen des offensichtlichen ect. Und "Du bist ein Engel..." werfe ich auch raus! Ist schon irgendwie klar, dass sowas ein schiefes Bild abgibt.)

Gruß,
Satyricon

 
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Moi Satyr,

Du machst Dir kein Bild, wie die erste Fassung ausgesehen hat!
Argh, Selbstzensur! Sofort streiche ich das sau aus -geil, so haben wir nicht gewettet, Brutus. :lol:
Gibt's die Fassung noch? *flöthechellechz*

EDIT: Ich weiß doch ... annährend löschhart ist es nicht, aber das Level paßt hier gut, finde ich.
Will haben! Darf ich die 5.- auch anders abbezahlen? Öhm, mit einer Deathmetal-Compilation beispielsweise?

Zitat Schwups:
Kann ich mir bildlich nicht vorstellen. Müssten es nicht zwei Stücke sein? Eine links, eine rechts vom Schnitt?
Da habe ich auch lange mit mir gerungen, aber ich denke, wenn man in solch einem Zustand ist, wie der Prot. an dieser Stelle, gehen schon mal ein paar Details unter. Da habe ich einfach frech beschlossen, es dem Leser zu überlassen.
Hübscher Kreuzschnitt, dachte ich. Da würde ich kein Problem sehen.

Moa, ich spam ja rum *renn weg*
:D Katla

 

Spam-o-rama!

Argh, Selbstzensur! Sofort streiche ich das sau aus -geil, so haben wir nicht gewettet, Brutus.
Gibt's die Fassung noch? *flöthechellechz*

Nee, dass ist pure Rücksichtnahme auf die jüngeren Leser, und jene, mit einem etwas schwächeren Magen:D!

Gruß des Servo-Ninjas:
Satyricon

P.S.: Joar, die Fassung gibts noch: für fünf Euro:D!

 

Hallo Satyricon.

Mir hat Deine Geschichte (noch) nicht gefallen, sie ist mir zu dicht.
Du solltest das "Opfer" besser einbringen und beschreiben, sowie den langsamen Übergang, den die Prot. erleben, dehnen. Da kommt kein Horror auf. Das Mädchen sagt nur, daß die beiden heute sterben werden und das wars!
Und woher kommen plötzlich die Helfer?

Gruß FF

 

Mir hat Deine Geschichte (noch) nicht gefallen, sie ist mir zu dicht.
Du solltest das "Opfer" besser einbringen und beschreiben, sowie den langsamen Übergang, den die Prot. erleben, dehnen. Da kommt kein Horror auf. Das Mädchen sagt nur, daß die beiden heute sterben werden und das wars!
Und woher kommen plötzlich die Helfer?

Na, dann spring ich mal gleich aus dem Fenster. Übrigens, Du bist anscheinden in das Wort dehnen verliebt, dass lese ich öfter bei Dir. Bringt das etwas verborgenes zum Ausdruck, oder warum willst Du alles dehnen, ausdehnen usw.? Kommt mir komisch vor. Mit komischen Sachen will ich nix zu tun haben.

Tschüss!

 

Hallo,

Ich spreche ihm Mut zu und versichere ihm, dass alles in Ordnung ist. Alles geht seinen Gang.
Konjunktiv hier, klingt gleich doppelt so gut. Unterstreicht das Distanzierte.

danach folgt eine Art von heuchlerischer Ruhe, die ich verabscheue.
Das ist wieder dieser Fügungssatz „die ich verabscheue“, rangeklasche Relativsätze klingen einfach nicht. Vielleicht mal einen Konsekutivsatz versuchen: danach folgt so eine Art von heuchlerischer Ruhe, dass mir schlecht wird.
Oder:, herrscht eine heuchlerische Ruhe, von der mir schlecht wird.
(also auch nicht das geistige „verabscheue“, sondern ein sinnliches Verb dann.)

aber meine antrainierten Abwehrmechanismen arbeiten mit stoischer Routine.
Das klingt gestelzt. Vor allem „antrainierte Abwehrmechanismen“ – muss man einfach kürzen. „mechanismen“ schon.
Und stoische Routine. Also würde der Satz nicht stärker wirken mit einem einfachen: Aber mein Abwehrmechanismus arbeitet routiniert. Da wär doch alles gesagt und man hat noch eher eine Spannung drin, ein kleines Geheimnis, etwas über das der Leser eher nachdenken kann, so eine kleine Fußangel.

, bleibt an dem Holzkreuz hängen, das unsere Mutter vor zehn Jahren dort hingehängt hat.
Hängen – hingehängt Wortwiederholung; und dann „hingehängt hat“ sag das dreimal schnell hintereinander, dann fällt dir die ungünstige Tonfolge auf. Das klingt wie chinesisch. Irgendwas mit nageln passt immer gut zu einem Kruzifix, drapiert, arrangiert, irgendwas schönes geht da immer.

den gleichen Sprachsyntax.
Sprachduktus meinst du; wenn nicht, dann Syntax, die ist weiblich und brauch kein „Sprach-“ davor.

mit einer soliden Dosis Schlafmittel vermischt.
Wirklich „solide“? Das schwankt irgendwie zwischen „als Gag nicht stark genug“ und „normal verwendet ungewöhnlich“.

„Wusstet ihr, dass es mehr HIV kontaminierte Blutkonserven gibt, als bekannt gemacht wird?“
Was ist das denn für ein hohler Satz? Würde irgendjemand so formulieren?

„Wusstet ihr, dass es einen Urstamm gibt, der aus dem Fleisch seiner Toten eine biologisch höchst interessante Substanz gewinnt?
Boah, was ist das denn für eine? Lebendes Trivial Pursuit, oder was?

Ach Gottchen, ich kann so was nicht ab, also diese Art von Torture-Porn geht mir gegen den Strich. Das mag konservativ sein, aber ich kann diesem rohen Krassen als einziger Komponente nichts abgewinnen, es ist ja eine Art Zitatenspiel auch. Wir haben das perverse Killer-Bruder-Pärchen mit Motiven aus Hannibal, Dämonisch, Dexter und Running Scared und dann – irgendwie – ist das Opfer eine Animus-Besessene mit einem Kannibalen-Kult. Und es geht halt um diese Kannibalismus-Phantasien wie sie vor einigen Jahren in den Medien waren. Aber es ist zu sehr diese Fixierung auf die eigentliche Tat, auf das Körperliche, glaub ich. Die Figuren sind mir da zu sehr Funktionsträger und nur das Krasse dieser Bilder soll dann wirken, ohne dass irgendeine Art von Geschichte entwickelt wird (natürlich gibt es da die Symbolik – das doppelte Essen, die poetische Gerechtigkeit, die Brüder-Geschichte, aber das ist ja nur ein bisschen Farbe auf dem Putz).
Wir haben hier den Protagonisten, der sich selbst irgendwie ablehnt, und in einer Fight Club/American Psycho-Sprache neben sich herumsteht und flüsternd schlau daherredet. Aber wo ist denn da die literarische Gestaltung, das Eigene, die Ideen, der Witz, der Esprit? Es ist mir zu sehr auf diesen Effekt bedacht, es ist für mich Torture-Porn, ich mag das nicht.
Also die letzte Passage, wenn er da gezwungen wird, seinen Bruder zu essen, mit dieser Symbolik und Ausführlichkeit, würde für mich nur am Ende eines langen Textes stehen können, bei denen ich mit den Figuren warm geworden bin, bei denen sich mir langsam erschlossen hat, um was es da geht, bei dem ich die Figur des Erzählers akzeptieren kann in irgendeiner Form, und da sind die Ansätze da, aber es wirkt so alibimäßig: Ja, der Vater. Ja, und der Bruder und Koks und mein Gott, wir sind halt krank. Und man kennt das auch schon, jetzt am Wochenende lief „Running Scared“ – das ist wirklich mal ein riesen Film, ein moderner Film über Männlichkeit – und gegen Ende gibt es da eine sehr starke Passage mit diesem Pädophilen-Ehepaar. Daran hat mich die Geschichte hier erinnert, aber dort sind das Nebenfiguren und die eigentliche Tat, das was sie zu Monstern macht, bleibt am Rande der Wahrnehmung, das ist im Augenwinkel, man ahnt es die ganze Zeit. Und hier. Gerippe an der Wand und Gynäkologenstuhl und ein Chirugie-Set und sie wird zum Essen eingeladen – das ist mir zu plakativ.
Aber das ist natürlich auch immer meine persönliche Ablehnung dieser Art von Thema, die da aus mir spricht. Die Faszination für das Morbide gibt es ja schon ewig. In den letzten Jahren kommt immer mehr der Trend auf, den Psychopathen (oder den unmoralisch Handelnden) als Identifikationsfigur zu nehmen, ihn zu entdämonisieren (Dexter von mir aus, als Beispiel, oder Mr. Brooks oder die Sopranos oder Breaking Bad oder No Country for old Men oder x andere Sachen; das ist im Moment DER Trend in der Popkultur), aber das ist schon richtig schwer und in so kurzer Form – es gibt ja hier kaum Platz für eine Charakterisierung der Figuren – muss das fast immer misslingen.

Gruß
Quinn

 

Hallo!

Also, diesmal kann ich mit Deinem Komm. nicht so wirklich was anfangen, weil...

Ach Gottchen, ich kann so was nicht ab, also diese Art von Torture-Porn geht mir gegen den Strich.

... damit ja schon alles gesagt wurde, irgendwie. Dann is das so, da kann man halt nix machen. Hier erfahre ich eben, dass Du gewisse Dinge nicht magst, na schön. Dann wird ein Film und Serienkatalog runtergebetet, der so rein garnix damit zu tun hat - das ist allerhöchstens Peripherie, wenn überhaupt. Deswegen gibt es auch nicht wirklich was zu sagen, außer, dass ich es natürlich schade finde, dass es halt nicht gefällt. Ist aber auch gut so, denn so soll es ja auch sein.

Was ist das denn für ein hohler Satz? Würde irgendjemand so formulieren?

Durchaus, es sei denn, es gibt eine Regel, die das verbieten würde. Vielleicht magst Du den Wortlaut nicht, weil er Dir zu übertrieben erscheint, aber inhaltlich stimmt das schon, nur mal so als Randinfo.

Boah, was ist das denn für eine? Lebendes Trivial Pursuit, oder was?

Ja, eben. Was ist denn das nun für eine? Ich kenne solche Trivial Pursuit Menschen. Die essen zwar niemanden auf, aber gewisse Ähnlichkeiten gibt es da schon:D!

Ja, mehr is nun wirklich nich, weil Du ja Deinen Standpunkt solchen Themen gegenüber klar gemacht hast.

Dennoch, sehr vielen dank, dass Du Dir trotzdem die Zeit genommen hast!

Gruß,
Satyricon

 

Hallo Satyricon!

Schön, dass du dich am TdM beteiligt hast!
Wirklich, ich finde, es ist eines der schwersten, die wir hier hatten. Muss man aufpassen, nicht in eine Fahrrinne zu geraten.

Tja, ich gestehe, ich bin noch nicht im Reinen, was diese Geschichte hier angeht. Hat mir wirklich gefallen, wie du eingestiegen bist, die Erzählform ist - zumindest für den ersten Teil - gut gewählt. Die Jetzt-Form hat bei mir gewirkt, sie bringt ja eine gewisse Rasanz in die Erzählung.

Das geht gut bis zu der Szene, in der Vanessa zurückschlägt. Ab da kommt mir das ganze Stück etwas aufgesetzt vor, die Splatterszene sehr bemüht.

Bei mir ist dabei kein Horror aufgekommen, obwohl ja die Zutaten alle stimmten. Aber es ist schon so, mit einem Protagonisten, den man nicht kennt, leidet man nicht mit.


So bleibt für mich dann doch ein etwas schales Gefühl zurück, ich kann die Story als Ganzes nicht werten, weil ich sie nicht verstehe.
Du lieferst auch keine Erklärung und schon gar keinen Überbau. Irgendwie wie hingeschrieben.

Nichtsdestotrotz war sie spannend, in den ersten zwei Dritteln, und von daher habe ich sie gerne gelesen.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo!

Das geht gut bis zu der Szene, in der Vanessa zurückschlägt. Ab da kommt mir das ganze Stück etwas aufgesetzt vor, die Splatterszene sehr bemüht.

Das war auch die allergrößte Schwierigkeit dabei, Grausamkeit darzustellen, die hingenommen wird, weil es für den Prot. als Erlösung erscheint. Ich wollte das schon so explizit haben, er sollte Zeuge des gesamten Vorgangs sein. Das kann man als Effekthascherei deuten, aber anders hätte es für mich nicht funktioniert.

Bei mir ist dabei kein Horror aufgekommen, obwohl ja die Zutaten alle stimmten. Aber es ist schon so, mit einem Protagonisten, den man nicht kennt, leidet man nicht mit.

Ne, natürlich nicht. Das lag auch nicht in meiner Absicht, dass man am Ende die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und denkt, dass ihm etwas schreckliches passiert ist. Hier geht es schon um eine Art von Gerechtigkeit. Mitgehangen-mitgefangen, wie man so schön sagt.

So bleibt für mich dann doch ein etwas schales Gefühl zurück, ich kann die Story als Ganzes nicht werten, weil ich sie nicht verstehe.
Du lieferst auch keine Erklärung und schon gar keinen Überbau. Irgendwie wie hingeschrieben.

Das macht nix;). Das mit den Erklärungen ist aber immer so eine Sache. Es ist auch ein bisschen davon abhängig, was und wie man selbst gerne schreiben möchte. Klar, ich kann Tonnen von Exposition liefern, wenn ich will. Ich könnte andere Figuren nehmen, die anders reden, anders denken, und anders handeln. Ich könnte etablierte Stile oder andere Dinge kopieren. Das alles kann ich machen. Nur, meine Vorstellung einer harten Story sieht eben so aus, wie das, was da jetzt steht. Hier geht es auch darum, ein bisschen zu hinterfragen, ohne, dass ich mich jetzt hinstellen will, und sage: "Seht her, diese Story hat aber eine unerhörte Tiefe!" Es ist einfach nur eine rohe, gewalttägige Geschichte, ein Ausschnitt einer chaotischen, kleinen, stumpfen Welt, und wo das, was letztenendes Geschieht, geschieht, weil es - meiner Meinung nach - geschehen musste. Die beiden Knilche hätten nicht ewig so weitermachen können.

Nichtsdestotrotz war sie spannend, in den ersten zwei Dritteln, und von daher habe ich sie gerne gelesen.

HeHe, dass man sowas immer gerne liest, ist ja logisch:D!

Sehr vielen dank, für die Zeit, die Du Dir genommen hast!

Gruß,
Satyricon

 

Hallo Satyricon!

Eigentlich ist es ja nicht Usus, auf eine Antwort zu antworten. Ich mach es mal trotzdem, weil ich denke, dass es der Sache dient. (Was auch immer die Sache ist, he-he!)


Aber es ist schon so, mit einem Protagonisten, den man nicht kennt, leidet man nicht mit.

Ne, natürlich nicht. Das lag auch nicht in meiner Absicht, dass man am Ende die Hände über dem Kopf zusammenschlägt...

Nun, ich denke, dass der Horror sich nicht unbedingt darin äußert. Wir sind ja alles soziale Wesen (sollten es zumindest sein), und wenn dem Mitmenschen etwas Fieses zustößt, krümmt man sich doch innerlich, weil man sich denkt: Gott sei Dank hat sich diese Ratte nicht in meinem Gemächt festgebissen, aber sie hätte es können. Und diese Emphatie ist es doch, die uns mitleiden lässt. Aber mit einem Pappkameraden leide ich nicht mit, nur mit einem Menschen, auch wenn er fies ist und die Bestrafung verdient.

Du lieferst auch keine Erklärung und schon gar keinen Überbau. Irgendwie wie hingeschrieben.

Das macht nix. Das mit den Erklärungen ist aber immer so eine Sache.

Tja, meiner Meinung nach passiert ja nichts in einer Story ohne einen Grund. Und wenn es nur deshalb ist, um die Handlung voranzutreiben.

Den Überbau, finde ich, sollte eine Story schon haben. Ein Motto, wenn du so willst, eine Botschaft oder Message. Natürlich kann man auch Thema sagen oder Leitmotiv. Ich glaube nichtmal, dass das was ganz Großartiges sein muss, eigentlich nur etwas alltägliches, vielleicht in deinesm Fall: Er andern eine Grube gräbt...

Aber dazu passen die vorgeblichen Opfer irgendwie nicht, nicht in diesen Rahmen. Sie gebärden sich doch so, als sind sie Teil eines noch größeren Planes. Man wartet auf die Auflösung.

Keine Tiefe (ist natürlich nicht zu verachten), aber ein Grundgerüst, eine Konzeption sollte vorhanden sein, nach der sich die Handlung richtet.

War das verständlich? Ich hatte selbst meine Probleme:dozey:

Schöne Grüße von meiner Seite!

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi Hanniball, moi Satyr,

unanständigerweise sag ich jetzt auch nochmal was: diese Diskussion ist insofern spannend, als daß sie verschiedene Leserichtungen im Horror aufzeigt. Und Ähnliches sehe ich darin, ob man sich nun bei einer story gruseln soll/kann, oder eben nicht.

Der Frage, ob man mit einer der Figuren mitleiden können sollte, möchte ich mal entgegenstellen: Was, wenn ich mich aber in der Rolle des Täters/Täterin wiederfinden möchte? Für beide Varianten braucht es eine stimmige psychologische Innensicht, nur was man als Leser damit macht, kann unterschiedlich sein.
Ich lese diese story nicht aus Opferperspektive, sondern wechsle die Rollen (von Erzähler auf weiblichen Gast), nachdem das 'Opfer' ihr wahres Gesicht gezeigt hat. Interessant ist für mich überhaupt nicht, ob ich mit dem Opfer - egal welchem - leiden kann, sondern wie ein Täter sein Handeln sehen würde. Wie ein Körper auf extreme Zustände reagieren könnte. Vllt auch, wie eine andere Ästhetik aussehen könnte. Ebenso, dritte Variante, kann man sowas als Erotik lesen: auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht, passiert in diesen Kategorien das gleiche - nämlich wird eine Reaktion/Gefühl beschrieben, das auf 'Manipulation' an einem Körper zurückzuführen ist. Auch hier geht es um die Neugier, und weniger um ein 'Mit/Leiden'.
Ich will dem Autor diese Intention beim Schreiben auch gar nicht unterstellen, sondern nur zeigen, wie sich Interpretationen verselbständigen oder frei nutzen lassen können. Möglicherweise lese ich das so, weil ich selbst gern so schreibe, aber auf jeden Fall ist es eine alternative Sicht auf die story.

Ähnliches zum Prinzip "Gruseln" in dieser gesamten Rubrik, wie auch bei diesem Text - ich will mich gar nicht immer gruseln, ich möchte eine glaubwürdige, wenn auch möglicherweise abgedrehte, Innensicht von 'ungewöhnlichen' Menschen/Kreaturen. Ich möchte eine Weltsicht, wie ich sie nicht über meinen Alltag automatisch erlebe; sondern mag etwas Neues, etwas, das mich eine andere Betrachtung lehren kann. Diese ist u.a. durch die stimmige, gut beobachtete Psychologie & Körperlichkeit eine der wenigen stories, die mir so etwas bietet. Dafür lese ich, und dafür schreibe ich selbst.

Insofern mag das 'Mitleiden' oder 'Gruseln' einfach eine Frage der Perspektive sein. :shy:

Heippa hei,
Katla

 

Ist eine Horrorstory, in der es gerecht zugeht, noch eine solche oder nur ein politisch korrektes Gewäsch, das sich vom sonntäglichen Tatort nur dadurch unterscheidet, dass es nicht zu prime time gesendet werden kann? Genügt es, nur die richtigen Zutaten irgendwie miteinander zu vermischen, um dem Leser das erwartete Gruseln zu liefern, oder muss da nicht vielmehr eine Welt entworfen werden, in der, wie Katla schon sagte, ungewöhnliche Figuren ein Innenleben haben und glaubwürdig agieren?

Wenn man die Glaubwürdigkeit bzw. Logik betrachtet, kommt man unweigerlich zu folgenden Punkten:

1. Die Leichen zu beseitigen sei kein Problem, wird da behauptet, wobei genau das das größte Problem aller Serienmörder ist.
2. Wieso gibt es für dieses Haus mit akkurat gemähtem Rasen und Handyempfang keine Adresse? Nur damit das Treiben der Geschwister über Jahre hinweg funktionieren kann?
3. Wie aus dem Nichts wird eine ganze Horde nackter Menschen hervorgezaubert, die offensichtlich schon länger dem Kannibalismus frönen, wobei jedem klar sein müsste, dass solches Treiben nicht unentdeckt bleiben kann, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß.
4. Aber selbst wenn eine minutiöse Planung der Kannibalen eine Entdeckung bisher verhinderte, dann gehört dieser Überfall sicher nicht dazu, denn Vanessa weiß weder, dass die beiden Geschwister sind, noch was sie in Vergangenheit getan haben – eine gute Planung sieht anders aus.

Auf ein weiteres Problem dieser Geschichte hat jedoch schon Hanniball hingewiesen: Auch mir war es als Leser unmöglich, mitzuempfinden - weder mit dem Ich-Erzähler noch mit irgendeinem der Akteure. Ich blieb unbeteiligt, beschriebenen Gräuel drangen nicht zu mir durch, und das obwohl die Geschichte im Präsens und Ich-Form geschrieben ist, die beide normalerweise Nähe erzeugen.

Das liegt vielleicht an der kühlen Sprache des allzeit analysierenden Erzählers: Er weiß alles und hat auch alles im Griff - bis es eben zum Überfall kommt, wo er plötzlich nichts mehr weiß, geschweige denn handeln kann. Schon vorher war er, statt Vanessa, auf einmal hundemüde, was natürlich nur dem einen Ziel dienen muss: Seine Passivität zu erklären – er kann sich gerade noch vom Tisch erheben, dann wird er getroffen und wacht erst im Keller gefesselt wieder auf.

Seine Überrumpelung ist auch die des Lesers, ich jedenfalls habe das Geschehen danach nur noch mit mäßigem Interesse verfolgt, denn die Absicht, das Krasse der Bilder wirken zu lassen, wie Quinn es schon sagte, war nicht zu übersehen. Schade.

 

Hi Sartyricon,

coole Story über die Abgründe menschlicher Psyche. Auch vom Aufbau her nichts zu bemängeln und auch das Ende is gut, alla am Ende wird der Wolf vom Bär gefressen. Hat mir gut gefallen! Allerdings sind mir die charaktere ein wenig zu monoton, das lässt das ganze mehr wie ein Bericht wirken, weiß nicht wirklich worans liegt:/
Aber hat mich trotzdem gut unterhalten. Kritikmäßig wurd ja so ziemlich alles gesagt.

mfg Leos

 
Zuletzt bearbeitet:

Tach Satyricon,

inhaltlich wurde schon viel gesagt, ich möchte mich auf das Sprachliche beschränken. Nur so viel: ich habe die Geschichte in einem Rutsch gelesen, eine gewisse Spannung hatte sie durchaus und einen Handlungsverlauf, mit dem ich nicht gerechnet habe.

Es sind aber noch ’ne ganze Menge Schludrigkeiten im Text.

Dort ist nichts, außer dröger Sonntag.
Kurz, knackig, richtig gut.

Am liebsten würde ich mir den Hörer so lange gegen das Ohr donnern, bis ich entweder taub oder wenigstens ohnmächtig werde, aber das würde meinen Bruder nur verwirren, deswegen entschließe ich mich, noch ein bisschen Konversation zu betreiben, und ich erzähle ihm von Vanessa.
In einem Dialog wäre „donnern“ okay, aber im Erzähltext? Das ist zu umgangssprachlich. Warum nicht einfach schlagen?
Bei der Gelegenheit könntest du auch das „so lange“ streichen, es ist überflüssig:
„Am liebsten würde ich mir den Hörer gegen das Ohr schlagen, bis ich taub werde ...“
Das Wörtchen „deswegen“ ist Blödsinn. Es steht für Kausalität, aber die sehe ich nirgends. Was du schreibst, könnte man eher so verstehen: Ich möchte meinen Bruder verwirren, deswegen betreibe ich Konversation ... Was du sagen wolltest, ist wohl aber folgendes: „Ich möchte meinen Bruder nicht verwirren, deswegen/deshalb/also ...“
Der Bremsklotz „deswegen entschließe ich mich“ ist furchtbar. Schmeiß den raus, am besten „Konversation betreiben“ gleich hinterdrein. Lass ihn plaudern, reden, schwatzen, aber doch nicht Konversation betreiben.
Noch eine letzte Frage zu diesem Satz: Meinst du mit „Konversation betreiben“ auch seine Erzählung über Vanessa?

Vanessa ist neu und schnell erklärt.
Der gefällt mir wieder richtig gut.

Sie studiert irgendein medizinisches Fachgebiet und ich treffe sie bereits seit vier Monaten.
Warum „bereits“? Füllwort, kann raus.
Ich würde die Satzglieder umdrehen und ein Satzzeichen spendieren, dann fügte es sich besser an den vorangegangen Satz.
„Vanessa ist neu und schnell erklärt.
Ich treffe sie seit vier Monaten; sie studiert irgendein medizinisches Fachgebiet.“

„Natürlich ist sie dein Typ“, sage ich. Diese Aussage hat einen rein prophylaktischen Charakter, aber für gewöhnlich reicht sie aus, um einen Themenwechsel zu provozieren.
Provozieren ist hier nicht das rechte Wort, oder? Eine vorbeugende Aussage, die einen Themenwechsel herausfordert? Meintest du: die zu einem Themenwechsel führt?
Aber der Satz ist in seiner Gänze ohnehin recht steif formuliert.

Ich spreche ihm Mut zu und versichere ihm, dass alles in Ordnung ist
Konjunktiv I: „dass alles in Ordnung sei.“

Bäume sind nur als Schemen gegen das Sonnenlicht zu erkennen, aber der Rasen nimmt es auf und zieht viel Licht ins Haus.
„Die Bäume“ klänge hier runder.
Und dann: Der Rasen nimmt also das Sonnenlicht auf (aha, das Licht ist teilweise futsch, wie auch immer der Rasen das anstellen mag) und zieht viel Licht (wie? Das Licht ist doch im Rasen, wohin zieht der Rasen es denn nun schon wieder?) ins Haus (ins Haus? Der Rasen zieht das Licht ins Haus?).
Der Satz ergibt keinen Sinn.

Trotz der Helligkeit und dem Gefühl von Sommer
Genitiv: „des Gefühls von Sommer“
Mit „Gefühl von Sommer“ kann ich auch nicht wirklich was anfangen. Sehr abstrakte Formulierung.

Es gibt Vorrichtungen zum Fesseln und einen Galgen. Sogar eine Streckbank. Und ganz neu: einen Gynäkologenstuhl, frisches Chirurgenbesteck, OP-Lampen in Kunststoffgehäuse.
„Und ganz neu“ ist eine Ellipse, ausgeschrieben könnte sie lauten: Und ganz neu ist ein Gynäkologenstuhl ...“, es müsste also richtig heißen:
"Und ganz neu: ein Gynäkologenstuhl"
„OP-Lampen in Kunststoffgehäuse“ liest sich wie „Fischstäbchen in Remouladensauce“.
Also entweder „OP-Lampen in Kunststoffgehäusen“ oder „OP-Lampen im / in einem Kunststoffgehäuse“.

Thomas wird jetzt so ruhig, dass ich im Hintergrund Verkehrsgeräusche hören kann.
„Wann?“ sagt er dann noch.
„Gegen acht. Und du?“
Aufgelegt.
Wirklich, wirklich gut! Kein Gerede über das Verhalten des Bruders, das bloße „Aufgelegt.“ sagt so viel aus.

Die nächsten Stunden liege ich in absoluter Stille auf dem Sofa im Wohnzimmer.
Natürlich ist die Stille absolut, sonst wäre sie ja keine solche. Absolut kann raus.
Wohnzimmer könntest du auch streichen; ohne Ortsbestimmung geht beim Wort „Sofa“ wohl jeder vom Wohnzimmer aus.

An der Decke sind erste Schatten zu sehen; es dämmert.
Die gleiche Nummer wie weiter oben bei „ich entschließe mich“:
Erzähl nicht, dass da etwas zu sehen ist, zeig es. Nur ein Vorschlag auf die Schnelle:
„Die Dämmerung wirft erste Schatten an die Decke.“

Mein Blick geht ziellos durch den Raum, bleibt an dem Holzkreuz hängen, das unsere Mutter vor zehn Jahren dort hingehängt hat.
In diesem Satz hängen sie aber viel rum.

Ein dürres Gerippe ist dran genagelt.
Da fällt dir doch sicher ein deutlich bessere Formulierung ein.

Lose Umrisse nisten sich in meinem Kopf ein, die Ahnung eines großen Ganzen hinter dem, was sowieso niemand versteht. Alles steht in chaotischen Gegensätzen; die Fragmente ziehen sich nicht an, sondern stoßen sich ab.
„Lose“ Umrisse gibt es nicht, du meintest sicher „vage Umrisse“, worauf auch die folgende „Ahnung“ schließen lässt.
„Chaotische Gegensätze“ gibt es ebensowenig: Chaos ist ein Zustand ohne jegliche Ordnung, oder besser: vollständige Unordnung. Da kann es keinen Fixpunkt geben, zu dem sich ein Gegensatz herausbilden könnte.
Welche Fragmente ziehen sich nicht an? Im Satz zuvor waren es bloß Umrisse.

Vanessa und Thomas sitzen im Wohnzimmer am Esstisch und betreiben planmäßige Annährung.
Solche Sätze passen in diese Rubrik: sie sind gruselig. Oben hast du schon „Konversation betrieben“, jetzt betreiben zwei Turteltäubchen „planmäßige Annäherung“, und womöglich werden sie im weiteren Verlauf „den Austausch von Lustsekreten betreiben“ oder gar einen „Mord betreiben“. Ich hoffe, du liest aus diesen Beispielen heraus, warum ich diese Formulierung (und insbesondere das Wörtchen betreiben) schrecklich finde. Da ist kein Leben in der Bude, kein Schwung im Satz, das könnte so auch einem Schreiben des Amtsgerichts entnommen sein.

Ich stehe in der Küche und tue das, was ich meiner Meinung nach am besten kann: ich koche.
Gerade in Prosatexten einer der ersten Streichkandidaten. Wozu die Bescheidenheit? Nimm sie raus, und der Satz hat viel mehr Kraft:
„Ich stehe in der Küche und tue das, was ich am besten kann: ich koche.“

Es riecht nach Olivenöl, alle meine Sinne sind hellwach.
„Alle meine Sinne“ erinnert an ein bestimmtes Lied ... „meine Sinne“ reicht vollauf.

Mein Bruder hat im Laufe der Jahre die Technik der Tarnung kultiviert.
Och nee. Technik der Tarnung. Und die dann auch noch kultiviert. Dann doch lieber ganz einfach:
„Mein Bruder hat es im Laufe der Jahre gelernt, sich zu tarnen.“

Der weitere Ablauf sieht vor, solange Konversation zu betreiben, bis sie einschläft;
Gut, ich seh schon, du scheinst das Wort „betreiben“ zu mögen, und bei dir gibt es keine Gespräche oder dergleichen, sondern Konversation. Wie schon gesagt: so schreiben Gerichte. So steht es in Handbüchern. Schön ist das nicht.

ich habe ihren Cocktail mit einer soliden Dosis Schlafmittel vermischt.
Was ist eine solide Dosis? Solide Tische, solide Grundlagen, ja. Aber als Adjektiv zu Dosis ergibt das keinen Sinn.

„Wusstet ihr, dass es mehr HIV kontaminierte Blutkonserven gibt, als bekannt gemacht wird?“
Hier fehlt ein Gedankenstrich: „HIV-kontaminierte“
Wie kommt Vanessa ausgerechnet auf dieses Thema? Das fällt vom Himmel auf die Tafel: Platsch. Immerhin geht es um Blut, wir sind in einer Horrorgeschichte. Ginge es um Strickmuster, hätte ich nix gesagt.
Kontaminiert ist ein Wort, das in normalen Gesprächen eher selten fallen wird.

Thomas beugt sich rüber und macht sein erzähl mir mehr Gesicht.
Gedankenstriche: „... sein erzähl-mir-mehr-Gesicht.“

„Das liegt daran, dass immer mehr Blut aus dritte Welt Ländern verwendet wird“, sagt sie.
Gedankenstriche: „Dritte-Welt-Ländern“

Bevor ich anfing, klinische Chemie zu studieren, wollte ich Ethologin werden, also habe ich ein Jahr im Urwald verbracht.“
Ethnologin

Ich und unser Gast lehnen ab, also zieht er die erste Line allein weg.
Der Esel nennt sich stets zuerst. Und „unser Gast“ ist doch Vanessa. Vorschlag:
„Vanessa und ich lehnen ab, also ...“

Thomas wird unruhiger. Die ersten Anzeichen von Erregung machen sich bei ihm bemerkbar. Man erkennt es daran, dass er sich ständig mit der Hand über das Gesicht wischt, oder seinen Handrücken kratzt.
Nimm das raus, bitte. „Man entschließt sich“, „man kann sehen“, jetzt kann man „es daran erkennen“ ... Fährst du auch mit Parkkralle Auto?
Wenn man es genau nimmt, kann auch der zweite Satz ersatzlos raus. Oder der erste. Aber mein Favorit für den Lokus wären die Anzeichen der Erregung. Was bliebe:
„Thomas wird unruhiger. Ständig wischt er sich mit der Hand über das Gesicht, kratzt seinen Handrücken.“
Und die abschließende Frage wäre dann noch: Braucht es hier den ersten Satz?

Dieser Moment erfährt eine Art Zeitraffer.
Zeitraffer oder nicht, „Art“ ist ein Blähwort. Und jede Wette, dass der Moment keine Zeitraffer „erfährt“. Das ergibt keinen Sinn.

„Wusstet ihr, dass es einen Urstamm gibt, der aus dem Fleisch seiner Toten eine biologisch höchst interessante Substanz gewinnt?“
Redet die wirklich so?

Ich bin mittlerweile hundemüde.
Füllwort.

In meinem Kopf wird ein Hammer gegen einen Gong geschlagen.
Nicht Passiv, sondern aktiv: In meinem Kopf schlägt ein Hammer gegen einen Gong.
Aber auch so finde ich den Satz nicht griffig.

Alles brüllt, ich sollte jetzt etwas wirklich sinnvolles unternehmen, aber abgesehen davon, dass ich es geschafft habe, von meinem Platz aufzuspringen, erweist sich jeder Versuch, eine organisierte Handlungskette zu vollbringen, als beunruhigend hoffnungslos.
Schritte von überall her.
Und wieder so ein Bremser: „aber abgesehen davon“ ist viel zu förmlich
Genauso wie die „sich erweisenden Versuche“ und „die organisierte Handlungskette“.
Der Satz ist zudem viel zu verschachtelt.
„beunruhigend“ kann raus, das steckt in hoffnungslos schon mit drin.

Ich sehe Spiegelungen in den Terrassenfenstern. Menschen die sich bewegen – hinter mir. Aber wie? Ich drehe mich um, sehe gerade noch eine Faust auf mich zufliegen. Ich lande hart auf dem Rücken, starre an die Zimmerdecke. Pfeifen im Ohr. Alles ist ein Rauschen.
Der Abschnitt gefällt mir sehr gut. Einzig der letzte Satz gefiele mir so besser: „Alles ist Rauschen.“

Hände greifen zu, zerren mich unter eine Glocke aus Gekreische und Gebrüll. Nackte Körper tanzen und springen. Schemen von Gesichtern. In dem Chaos kann ich meinen Bruder weder sehen, noch hören. Ich werde quer durch das Zimmer gestoßen, stolpere in den Flur. Ich bin zwischen unzähligen Körpern eingekeilt, Hände grabschen, zerren, reißen. Alle kreischen mir mindestens einmal ins Ohr.
Auch wieder eine gute und lebendige Passage. Die Sätze passen sich ans Geschehen an, werden kürzer, abgehetzter, finde ich wirklich gelungen.
Dass ihm jeder mindestens einmal ins Ohr kreischt, ist übertrieben genau. Es reicht doch: „Alle kreischen mir ins Ohr“, den Rest überlass dem Leser.

Ein nackter, blonder Mann kommt aus Richtung Kellertür; sein Schwanz ist riesig, er hat die Muskulatur eines Schwergewichtsboxers.
Muskulatur klingt nach einer Fachtagung von Medizinern.
Besser klingt: „er hat Muskeln wie ein Schwergewichtsboxer“.


Okay, ich will es nicht ausufern lassen und belasse es mal dabei. Vielleicht kannst du mit den Anregungen ja (teilweise) etwas anfangen.

Was mir sprachlich fehlt, ist die Genauigkeit in vielen Sätzen, und manchmal neigst du dazu, durch unnötige Einschübe den Dampf aus dem Geschehen zu nehmen.

Viele Grüße,
Some

 

Hallo Satyricon,

tja, inhaltlich ist ja, wie bereits somebody sagte, nahezu alles gesagt. Auf Fehlersuche glaub ich, muss ich mich mittlerweile auch nicht mehr begeben, da kam ja schon 'ne Menge.
Kurz nur - gefallen hat mir auf alle Fälle die Überraschung, wo du Opfer- und Täterrolle so ganz nebenbei umgedreht hast. Allerdings, die Kannibalen-Sekte so ganz plötzlich und mächtig und viele - nun ja.
Trotzdem, es hat mir gefallen - nettes Teil.

lg
lev

 

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