Was ist neu

Was geht in Euren Köpfen vor wenn Ihr schreibt?

Mitglied
Beitritt
13.12.2001
Beiträge
7

Was geht in Euren Köpfen vor wenn Ihr schreibt?

Hallo zusammen :)

Mich würde einmal interessieren, auf welchen Grundlagen Ihr Eure Geschichten aufbaut.

Bei mir ist es beispielsweise so, dass ich am Beginn einer Geschichte nur eine ganz ungefähre Ahnung davon habe, worüber im einzelnen ich später schreiben werde. Ich weiß zwar, was für ein Thema der Geschichte zugrunde liegt, aber alle Einzelheiten, z.B. welche Charaktere in ihr auftauchen, welche Handlungsorte vorkommen, wie sie ausgeht etc. ergeben sich bei mir immer erst im Verlauf des Schreibens.

Oft entwickeln meine Geschichten und vor allem die darin enthaltenen Charaktere ein Eigenleben, das mich selbst immer wieder völlig überrascht. Am Anfang eines Dialoges weiß ich nie, was meine Charaktere eigentlich sagen werden (und oft genug weisen mich meine Charaktere darauf hin, dass an einigen Stellen in der Geschichte etwas nicht so ganz stimmt), oder sie reagieren völlig anders, als es (falls ich denn einen Plan hatte) von mir gedacht war.

Kleines Beispiel: Ich habe eine fiktive Szene, in der ich einen meiner Charaktere zu einer bestimmten Handlung bringen möchte, aber der Charakter reagiert ganz anders als von mir geplant, und zeigt mir, dass seine Idee, diese Handlung umzusetzen viel besser und effiktiver ist als meine, und obendrein auch noch zu einem besseren Ergebnis führt...


Wie seht Ihr Eure Geschichten vor Euch?

Bei mir läuft im Kopf immer eine Art Film ab, mit richtigen Kameraeinstellungen, Musik und Geräuschen, die ich dann zu beschreiben versuche bzw. von denen ich mich inspirieren lasse. Das heißt, ab einem bestimmten Stadium brauche ich mir nicht mehr aktiv den Kopf zu zerbrechen, sondern beschreibe nur noch, was ich die ganze Zeit über vor meinem inneren Auge sehe.


Habt Ihr eine Geschichte schon einmal "auf dem Reißbrett" entworfen?

Ich habe mir schon desöfteren sagen lassen, man sollte vorher die Stationen einer Story skizzieren, im Vorfeld Fakten recherchieren und die Charaktere vorher erschaffen und beschreiben (quasi mit komplettem Lebenslauf). Auch wenn viele Details der
Vorarbeiten später innerhalb der Geschichte nicht vorkommen, sollen sie dennoch für den nötigen Tiefgang sorgen (welcher Charakter hat welche Ambitionen, hängt mit wem wie zusammen, würde aufgrund seiner Vorgeschichte in bestimmten Situationen wie reagieren etc.).


Habt Ihr schon einmal für eine Geschichte recherchiert?

Ich würde unheimlich gerne den (natürlich ultimativen) historsichen Roman schreiben, dessen Seitenzahl (natürlich) nicht unter 1500 Seiten liegen darf ;)
Wenn ich mir Romane ansehe wie z.B. "Die Säulen der Erde" von Ken Follet oder "Der Medicus" von Noah Gordon (ok, sind natürlich extreme Beispiele), dann frage ich mich immer, wie weit hier wirklich recherchiert wurde und wie viel Fiktion ist, die auf Wahrscheinlichkeiten beruht. In diesen beiden Beispielen tritt eine unglaubliche Vielzahl an Fachinformationen (Architektur/ Medizin) zu Tage, die natürlich sauber vorbereitet wurden. Die aktuelle Politik (welcher Herrscher steht wofür ein, wer liegt mit wem warum im Krieg etc.) wurde mit Sicherheit ebenfalls sauber recherchiert. Aber wie sieht es zum Beispiel mit Handlungssträngen aus, die abseits der großen historischen Fakten ablaufen wie z.B. der Besuch eines Viehmarktes in einer eher unebdeutenden Ortschaft? Glaubt Ihr, dass auch hier nachgeforscht wurde, oder dass hier ausschließlich die Phantasie des Autors eingesetzt wurde?
Um die Frage auf den Punkt zu bringen: Wann ist genug recherchiert und wann reicht ein gesundes Allgemeinwissen über die damaligen Lebensumstände der Menschen aus?


Woher nehmt Ihr Eure Schreibkenntnisse?

Schreibt Ihr nur, weil Ihr selber viel lest und übernehmt entsprechend die Stile Euch bekannter Autoren, oder lest Ihr Euch gezielt Wissen über das Schreiben an?


Was inspiriert Euch?

Wollt Ihr Geschichten schreiben, wie es sie bereits ähnlich gibt (soll keine Herabsetzung sein), oder versucht Ihr, neue und unbekannte Wege zu gehen?
Wenn ich mich in den Foren umsehe, gibt es hier doch einige Autoren, die vor allem deswegen Kurzgeschichten schreiben, um sich auf einen späteren Roman vorzubereiten.

Ich habe zwar noch eine ganze Menge weiterer Fragen, lass es aber erstmal hierbei bewenden :)

Ach ja... Ein schönes und erfolgreiches Neues Jahr Euch allen

Roede

 

Bei mir verhält sich das in Bezug auf das Schreiben und Entwickeln der Charaktere und dem Film im Kopf genau wie bei Dir. Manchmal hat man nicht mal einen Grundstrang, an den man sich halten will bzw. immer hält oder halten muß - da geht es einfach so.

Griasle
stephy

 

Hallo Roede Baer ,

Wie seht Ihr Eure Geschichten vor Euch?

Als Puzzle. Die Idee hinter der Geschichte ist das fertig zusammengesetzte Puzzle (einschl. Grundlage und Rahmen). Das Puzzle besteht aus größeren Stücken (Kapitel), diese wiederum aus kleineren Stücken (Absätze), dieser wiederum aus noch kleineren (Sätze) und diese wiederum ...

Nur wenn alles wirklich zusammenpasst habe ich auch ein sauberes Gesamtbild, eben eine Geschichte.

Klaus

 

Also wenn ich schreibe ist es so ähnlich wie bei dir. Ich weiß ungefähr worum es geht und schreibe nach Gefühl los, und dann tauchen Personen auf, oder Geschehnisse, die mich selbst verwundern. Vor allem bin ich so ein Typ, der seine Storys nie überarbeitet und sie meistens in der Ursprungsform läßt. Das ist mir schon oft zum Verhängnis geworden. Denn meistens sind die Geschichten von mir stupide und irgendwie schlecht.
Aber ich arbeite daran.... na ja jetzt bin ich was vom Thema weg.
Jedenfalls die Geschichte entwickelt ein Eigenleben und bildet sich und ich bin wie ein Medium das sie niederschreibt, selten gebe ich wirklich meinen Senf dazu, oder berarbeite geplante Ideen.
Das meiste was mir einfällt kommt ganz spontan.

 

Ich sehe meine Geschichten, bzw Geschichten allgemein, ziemlich abstrakt, als Bild.
Auf dem zunächst leeren Hintergrund wird skizziert, gezeichnet, radiert, gemalt, übermalt und allmählich entsteht ein mehr oder weniger stimmiges Gesamtbild.

Die Entwicklung meiner Geschichten ist ganz unterschiedlich. Oft habe ich nur eine bestimmte Szene im Kopf, und wenn ich anfange, die zu beschreiben, zeichnet sich langsam eine Richtung ab und die Geschichte schreibt sich irgendwann sozusagen selbst. Etliche solche Szenen ruhen auf meiner Festplatte, auf diversen Disketten, in Heften, Büchlein usw...
Manchmal kenne ich Anfang und Ende einer Geschichte und die Herausforderung besteht darin, beides zu verbinden. Aber ehrlich gesagt läuft es dann meistens doch ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe...

Ein Film läuft beim Schreiben auch in meinem Kopf ab. Ich versuche, die Bilder, die ich sehe, dem Leser so genau wie möglich zu beschreiben, damit er sie nachvollziehen kann.

Eine Geschichte "auf dem Reißbrett" schreibe ich jetzt seit 6 oder 7 Jahren...
Ob die nochmal was wird...?

Recherchiert habe ich bisher nicht viel, aber mir schwebt seit einiger Zeit wage ein größeres Projekt vor, das einiges an Nachforschungen beanspruchen wird.

Ich lese gern und zeitweise viel, aber ich kopiere, denke ich, keinen Stil. Ich schreibe Geschichten, seit ich schreiben kann, weil es mir schlicht ein Bedürfnis ist. Wissen über das Schreiben habe ich mir über das Lesen von Büchern hinaus nicht bewußt angeeignet.

Inspiriert werde ich meistens schlicht vom Alltag.
Ich verarbeite auch Alpträume, Ängste, schmerzvolle Erinnerungen, aufgestaute Wut und spontane Geühlsausbrüche in meinen Texten. Diese sind dann natürlich sehr persönlich und ich lasse sie lange ruhen und überarbeite sie sehr oft, um Abstand zu bekommen und sie besser, bzw. überhaupt erst beurteilen zu können.
Trotzdem bleiben sie fast immer in der Schublade.

Meine besseren Geschichten sind meiner Meinung nach die, in die ich gefühlsmäßig nicht so verstrickt bin und die schon beim Schreiben aus einem gewissen Abstand betrachten kann.

Soviel von

:cool: Sav (die jetzt total heiß darauf ist, endlich wieder eine ihrer Geschichten weiterzuschreiben)

[Beitrag editiert von: raven am 03.01.2002 um 03:09]

 

Bei mir läuft im Kopf immer eine Art Film ab, mit richtigen Kameraeinstellungen, Musik und Geräuschen, die ich dann zu beschreiben versuche bzw. von denen ich mich inspirieren lasse. Das heißt, ab einem bestimmten Stadium brauche ich mir nicht mehr aktiv den Kopf zu zerbrechen, sondern beschreibe nur noch, was ich die ganze Zeit über vor meinem inneren Auge sehe.
Aha, Du denkst also nicht über Deine Formulierungen nach, hehehe... ;)

Das geht mir ganz genau so, nur dass ich vorher stundenlang nachdenke und mir ein sehr genaues Drehbuch schreibe(im Brägen). Klar kommen einem bei der Niederschrift noch Ideen, die man einbaut, Nuancen werden verändert, Charaktere geschliffen, aber im Prinzip stehen meine stories (die exakte Handlung betreffend) zu 95% fest, bevor ich den ersten Buchstaben tippe. Bei Büchern sind es etwa 85-90%.

Zum Thema Stilbildung:

Everything, that is written, is based on writing
Salman Rushdie

Damit will er ausdrücken, dass der Stil eines jeden Schriftstellers (nicht seine Themata) auf dem basiert, was er gelesen hat. Niemand kopiert einen bestimmten Autor (es sei denn, er ist ein Idiot ohne eigene Kreativität), aber jeder übernimmt gewisse Prinzipien aus seiner Lieblingsliteratur. Insofern ist jeder Stil das Produkt der Bücher/Schriftsteller, die einen Autoren beeindruckt haben. Sie stellen quasi seine literarische Sozialisation dar. Das Schöne daran ist, dass das Produkt etwas völlig Neues, u.U. sogar Innovatives sein kann.

Dennoch stehen wir alle auf den Schultern von Genies - jedenfalls jene von uns, denen brauchbare Sätze aus der Feder fließen...

 

also bei mir ist es auch wie bei dir. Im meinem Kopf habe ich einen imaginären Fernseher. Da läuft dann das, was ich schreiben will, als Film ab. Und das, was ich sehe, versuche ich so genau wie möglich und so gut wie möglich zu beschreiben.

Bisher habe ich immer drauf losgeschrieben, aber ich versuche mir gerade anzugewöhnen, vorher ein Muster - die Charaktere, die Schauplätze etc. - auf Papier aufzuschreiben

 

@raven:

Was heißt denn "im Brägen"?

Im Hirn.
Hmmm, lecker, Brägenwurst! :D

Zum Thema:

Ich weiß immer schon vorher, wie meine Geschichte aussehen wird. Meist schreibe ich erst eine, wenn mir eine gute Pointe oder ein prägnanter Schluss eingefallen ist. Oft verändert sich das noch ein klein wenig, beim schreiben kommen neue Ideen oder Szenen hinzu, aber "einfach drauflos" schreibe ich nur bei "Gedichten" (was sich bei mir so schimpft), bei Kurzgeschichten und meinem Roman nicht.

 

Ich glaube, heutzutage ist da kein Hirn mehr drin. Aber das ist ohnehin nur ein Problem der Fleischfresser. ;)

 

Tja.
Was geht in meinem Kopf vor?

Also.
Ich überleg mir, was die Leuz unterhält und schreib es hin.

So, fertig.

 

In meinem Kopf geht folgendes vor:
. . . .
. . .
. . .
. . . .
. . .
. . .
Das Ganze spielt sich in 10 Minuten ab, wobei jeder Punkt für einen Neuronenimpuls steht.

 

Bei vielen Geschichten habe ich am Anfang bereits eine grobe Vorstellung, was ich schreiben will. Aber das Ende habe ich meist noch nicht erdacht, und auch der Weg dorthin ist nur sehr vage und nebelig. Aber wenn die Idee steht, dann fange ich an. Der Rest ergibt sich beim Schreiben.
Eine sehr interessante (aber noch nicht fertige, und daher hier noch nicht veröffentlichte) Geschichte ergab sich einmal aus einem einzigen Satz: Ich wollte eine Geschichte schreiben, die mit dem Satz anfängt: "er stand auf dem Bahnhof und rauchte". Warum? Weil dies im Zweifelsfall einer der alltäglichsten Situationen ist, in der sich ein Protagonist befinden kann. Also schrieb ich den Satz nieder, ohne zu wissen, wie die Geschichte weitergehen, geschweigedenn enden sollte. Ein oder zwei Stunden später waren es mehrere Seiten, einfach hingesponnen, ohne gross nachzudenken.
Dann habe ich allerdings den Fehler begangen, diesen Strom an Gedanken zu unterbrechen, indem ich die Geschichte ein paar Tage ruhen liess. Warum weiss ich auch nicht mehr. Und nun muss ich mich erst wieder in diese Welt hineinfinden...
Daher ein Rat: Wenn Ihr einmal eine gute Idee habt, dann legt die Geschichte nicht nieder, bis sie fertig ist. Das gilt natürlich nur für Kurzgeschichten - nicht für Romane.

Zur Frage: "Wissen aneignen übers Schreiben": in Stephen Kings "Das Leben und das Schreiben" ist besonders der Teil "...das Schreiben" interessant. Hier geht er gut zur Sache, und erklärt, was er unter "gutem und interessantem Schreiben" versteht. Sehr empfehlenswert (und ich bekomme noch nicht einmal Provision für diese Werbung...).

gruss,
philipp.

[Beitrag editiert von: philipp am 06.01.2002 um 04:16]

 

Frage:
Was geht in Euren Köpfen vor wenn Ihr schreibt?

Antwort:
Zwischen dem sechsten und achtem Bier frage ich mich das manchmal auch... Börps... Das Dumme ist nur, am nächsten Tag weiß ich nix mehr davon, und dann ist es meistens zu spät... tja.


Sodele!

Poncher

 

Hm, ich denke nicht besonders viel wenn ich schreibe. Ich glaube, dass es wichtig ist, zunächst nicht über die schönsten Formulierungen nachzudenken, weil das unweigerlich die beste Story zerstören muss. Eine gute Kurzgeschichte sollte zwar zum einen aus dem Bauch herauskommen, aber andererseits auch klar strukturiert sein und ein Mindestmaß an literarischem Tiefgang aufweisen.
Übrigens bin ich jetzt wieder da! Hi Ponch, alter Kumpel... *g* Ich habe ein kurzes Sabbatjahr eingelegt was Kurzgeschichten anbelangt, aber ich werde jetzt wieder anfangen neue kgs zu schreiben.

Grüßle
Toby

 

Hm, ich denke nicht besonders viel wenn ich schreibe. Ich glaube, dass es wichtig ist, zunächst nicht über die schönsten Formulierungen nachzudenken, weil das unweigerlich die beste Story zerstören muss.

Du relativierst das später zwar, aber es stellt trotzdem eines der schwachsinnigsten statements dar, die ich je das Schreiben betreffend vernehmen musste. Vielleicht hab ich Dich falsch verstanden, und Du bist jemand, der immer erst, eine Art Konzept/Plot/Storyboard niederschreibt, um dann DARAUS Prosa zu machen, doch wenn Du es meinst, wie Du es formuliert hast, ist es einfach nur nicht zu Ende gedacht, denn Schreiben ist IMMER die harmonische Symbiose von Inhalt UND Form!!!
:teach:

 

Schreiben ist IMMER die harmonische Symbiose von Inhalt UND Form!!!

Das hast Du schön gesagt. Darf ich das verwenden?

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom