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Was Frau Kowal will

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11.04.2011
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Was Frau Kowal will

Sie wurde im Januar eingestellt. Irrte auf Bleistiftbeinen durch das Werktor, als suche sie ein weggelaufenes Haustier.
Ich verlief mich in Hackes Vorzimmer und da stand sie in ihrem nachkriegsmäßigen Mantel und trat einen nassen Fleck in den Belag. Der Alte platzte herein, riss der Sekretärin die Post aus der Hand und stürzte in sein Büro.
„Wie Madame Chauchat“, flüsterte sie, zusammengezuckt unter heftig zugeworfener Tür. „Er kommt dreißig Minuten zu spät. Heute ist mein erster Tag. Und gegrüßt hat er auch nicht.“
„Herr Hacke ist sehr beschäftigt“ erwiderte die Schmidt.
Ich war deplatziert, beräumte mein Postfach und beschloss, zu verschwinden, bevor mir der Alte Überstunden verschaffte mit einem seiner Geistesblitze. Zu spät, der Boden vibrierte, Hacke brach hervor und übersah die Mantelfrau - die ganz erstaunlich reagierte und ihm das Bisschen ihres Körpers in den Weg stellte.
Hacke begriff. „Schloddarik!“, bellte er mich an, „mach‘n Se sich nützlich!“
Ich machte. Führte sie durch Produktion, Lager und Versand. Erklärte das Notwendige und vermied Blickkontakt. Floh der Situation des Fahrstuhls und wählte die Treppe, stellte künftige Mitarbeiter vor. Kaum einer hob den Kopf - so machen wir das hier.
Zehn Minuten, dann standen wir wieder auf dem Flur - wie überzählige Kleiderständer.
„Also, Frau Schuchardt - ich muss dann mal wieder …“
„Kowal“, entgegnete sie und drückte meine Hand; angenehm fest und ohne gleich wieder loszulassen. „Kowal - nicht Chauchat. Und sie?“
„Schloddarik. Export, Osteuropa.“
„Trinken wir einen Kaffee?“
„Was?“
„Das schwarze Getränk. Aus Äthiopien.“
Ich hatte mich aufgehängt wie ein altersschwacher Computer. Versagte beim Laden des Updates, dem Ergründen der Farbtöne ihrer Lippen und Augen.
Ein Knall holte mich zurück. Hacke rollte auf uns zu und trieb mich zu ungekannter Courage. Ich würde sie retten wie ein Soldat, in Deckung ziehen um den ungewollten Preis einer Berührung.
Nicht nötig. Kameradin Kowal tanzte einen Schritt rückwärts und verschmolz mit der Wand.
„Schloddarik!“ traf mich Hackes Speichel. „Nun steh‘n se nich rum mit der jung‘ Frau, das is‘ ihre neue Mitarbeiterin. Räum‘se ihr ‘nen Schreibtisch frei und los, ich will Ergebnisse seh‘n. Kasachstan steht an, und Kroatien, da red‘n wir nach Feierab‘nd.“

Ich habe Prinzipien. Arbeite allein, schreibe Mails, statt zu telefonieren. Meine Jalousien bleiben geschlossen und die Pausen vergesse ich meist.
Sie kam zu spät - am nächsten Morgen und den meisten der Folgenden. Zog das Rollo hoch, installierte eine futuristische Kaffeemaschine und setzte sie in Betrieb. Ich schnupperte. Der sich ausbreitende Duft passte so wenig in dieses Büro wie ich auf eine Party. Frau Kowal umfasste die Tasse mit den Handflächen, setzte sich hin und begann, aus dem Fenster zu starren. Verlor sich beim Anblick des geziegelten Schornsteins, als sei das ihre Aufgabe hier. Irritiert folgte ich ihrem Blick. Auf der zu einem schmalen Streifen beräumten Zufahrt umkurvten sich umständlich die Wagen. Eiszapfen hingen von den Giebeln herab und wuchsen zu Stalaktiten.
„Tausende Menschen wie Ameisen in ihrem Nest“, sagte sie. „Immer darauf bedacht, dem Anderen zu genügen. Den Chef beeindrucken, die Nachbarn grüßen, keine Angriffsfläche bieten. Was meinen Sie, Schloddarik, ist es das, wovon wir als Neunjährige geträumt haben?“
„Ich sollte sie in den Kasachstan-Auftrag einarbeiten“, entgegnete ich und griff nach dem Ordner.

Sie arbeitete fehlerfrei. Koordinierte Liefertermine, erstellte Produktionsaufträge und legte Rechnungen. Versäumte dabei nie ihre Kaffee-Zeremonie; drehte sich zur Seite und versank in etwas Wichtigerem als „Kasachstan“. Griff pünktlich ihren Mantel und ging.
Unmerklich leerte sich mein Postfach. Schmolz der babylonische Leitz-Ordner-Turm dahin wie draußen der Schnee. Plötzlich war ich fertig mit meiner Arbeit, mitten am Tag und zum ersten Mal seit Jahren.
Ich hob den Kopf. Ich hatte Veränderungen befürchtet. Wuchernde Pflanzen oder IKEA-Drucke; ein Familienfoto. Nichts von alledem.
„Glauben Sie, die Kasachen werden glücklicher sein, mit unseren Maschinen?“, fragte sie und klang dabei wie eine leise grollende Pantherfrau. „Oder dem anderen Quatsch: folienverschweißten Menüs und Telefonen, auf denen man mit den Fingern herumkratzt?“
Dieser Duft, dachte ich ohne zu antworten. Kaffee und Kowal, die Mischung des Jahres.
„Sind sie glücklich, Schloddarik?“
Ich sah sie an. Hatte das bisher versäumt, war zum Arbeiten hier, wusste um meine nicht vorhandene Anziehungskraft, hatte Vorkehrungen getroffen, alt zu werden ohne Qual.
Jetzt fand ich ihre Augen unter Brauen, die wie die Tilde spanischer Buchstaben geschwungen waren. Ihr Hals erinnerte mich an etwas Unerreichbares, ich dachte nach und entsann mich an Kleopatra in ihrer Vitrine.
Mechanisch bewegten sich meine Finger auf sie zu, fassten fahrig ihre Hand und hielten sie fest.
Erwachen und Schock. Ich ließ sie los, rannte zum Fenster und riss es auf, schnappte nach Luft in einer veränderten Welt.

„Guten Morgen, Frau Kowal.“
„Minus dreiundvierzig Grad in Kasachstan. Was meinen Sie, Schloddarik, packen das unsere Turbinen?“
„Ja“, entgegnete ich. „Und nein, ich bin nicht glücklich. Sind sie es?“
Darüber musste sie nachdenken. Hielt ihre Tasse wie einen Schatz in der Hand und ließ sich betrachten. Ich berauschte mich. Begriff Gott mit seinen Wundern: den Niagarafällen, dem Vatnajökullgletscher, der Kowalsilhouette. Folgte der Linie ihres Pullovers, einer irischen Landschaft mit Hügeln, die sich kräftig gegen die Maschen drängten. Bewunderte den Mut des Rollkragens, ihre Lippen zu berühren.

Das Frühjahr brachte viel Arbeit. Wir verblieben im Raum, kommunizierten selbst mit dem Nachbarzimmer per Mail. Nofretete ließ ihr Haar wachsen, zog den Pullover über den Kopf und machte die Ablage. Verzichtete auf Strümpfe und ging barfuß zu Röcken, die kurz über den Knien endeten. Mein Sommer bestand aus ärmellosen Blusen, nach oben gereckten Armen und einer Sensation: der tätowierten Sonne auf ihrem Fuß!

Ein Knall! Hacke brach wie ein Panzer in unser Büro.
„Das hätte jeder Penner besser erledigt, Schloddarik! Da kann ich mir ‘nen x-beliebigen Harz-Vier-Empfänger von der Straße hol‘n, der kriegt das besser hin. Sie fahr‘n noch heute nach Kroatien und bring‘ das in Ordnung!“ Er bellte etwas von einer Reklamation und nicht bezahlter Rechnung, forderte meinen Bericht bis Freitagabend und warf die Tür. Also fuhr ich meinen Rechner herunter und trottete zum Wagen. Hörte Schritte.
„Fahren wir“, sagte sie und warf den Laptop in den Fond.

Wir erreichten München. Peilten Udine an und begannen zu sprechen, ganz einfach, wie sich kennenlernende Kindergartenkinder. Erforschten unsere Farben und Songwriter, lobten Poe und Hitchcock. Die beiden Rinnsale schwollen zu Flüssen an, vereinten sich zu einem Strom und durchbrachen den Damm in Richtung Meer. Sie hatte ein Kind geboren, es alleine durchgestanden und den Kopf geschüttelt bei der Diagnose des Arztes - es hatte ihren Körper zu früh verlassen und war wie ein Vöglein aus dem Nest gefallen. Gestorben nach zwei Jahren.
Nach sechzehn Stunden endlich Pula. Wir besichtigten die Anlage und trafen uns mit dem Kunden. Der Kroate winkte ab. Ein Missverständnis, er habe die ganze Zeit versucht, es Hacke zu erklären. Die defekten Ventile stammten von einem alternativen Lieferanten und waren längst ausgetauscht. Alles sei in bester Ordnung; wie wäre es mit einer Portion Cevapcici?
Sie entschied, auf der Meerseite zurückzufahren. Die Klimaanlage verabschiedete sich bei Krinica, in Labin fuhr ich ab und stoppte den Wagen in der Altstadt.
„Ich stinke.“
„Ich mag es, wie du riechst“, erwiderte sie.
„Und du bist schön“, krächzte ich.
„Du nicht, Schloddarik. Da, rechts rum geht’s zum Meer.“
Der Asphalt wechselte auf Schotter, dann brach ein blauer Streifen durch die Macchia. Wir stiegen aus und stolperten den steilen Weg hinunter. Am Ende des Pfades lag eine Bucht; menschenleer, mit einem einzelnen, aus dem Fels wachsenden Baum.
Frau Kowal zog ihr Kleid über den Kopf und sprang wie eine Zehnjährige ins Wasser. Ordentlich drapierte ich meine Wäsche auf einem riesigen Findling. Ich habe mich nie besonders geschämt für meinen komischen Körper. Schwamm in kräftigen Zügen hinaus und ließ mich dann rücklings treiben im letzten Licht des Tages. Stieg aus dem Wasser, fiel um und schlief ein.

Ich erwachte im Dunkeln, flach ausgebreitet auf dem noch immer warmen Stein und spürte: sie war hier.
Claudia Kowal trat hinter dem Findling hervor. Stand mit hinter dem Rücken verschränkten Armen im Sternenlicht, schmal und still, hell und schwarz. Trat näher, kauerte und legte sich auf mich wie ein vom Gewitter überraschter Wanderer. Ich roch Disteln und Meer, berührte ihre Haut und schauderte. Alles wie von selbst. Sie zog die Beine an und baute eine kleine Brücke; fasste mich an, tat einige erstaunliche Bewegungen und nahm mich auf. Wir verschmolzen, rundeten unsere mageren Körper und verwuchsen zu siamesischen Zwillingen, verloren die Kontrolle und verbissen uns ineinander, vereinigten unsere kritischen Massen und detonierten mit leisem Schrei.

Wir frühstückten in der kleinen Konoba des Dorfes. Fanden einen Markt und kauften frische Unterwäsche, Hemd und Kleid. Ich tankte den Wagen voll, fuhr vor und verlor einen kurzen Disput über die kürzeste Strecke. Keine Autobahn, forderte sie. Am Meer entlang, an den verfallenen Kurhäusern; nach Opatija hinauf.
Diesmal schwiegen wir. Ich suchte ihre Hand und fand feuchte Krallen.
„Halt an.“
Ich stoppte auf einem kleinen Parkplatz voller Unrat.
„Warum nicht hier bleiben?“, flüsterte sie.
„Hier?“, entgegnete ich und stellte den Motor ab. „In einem dieser windschiefen Häuser?“
„Wir werden es ausbauen und bewachen lassen von einem riesigen Hund. Du wirst Oliven anbauen.“
„Und du Lavendel“, übernahm ich meine Rolle. „Den du tagsüber schneidest und abends in Säckchen füllst für deutsche Touristen.“
„Ich werde dich Jens nennen.“
„Und ich dich Claudia.“
„Wir werden arbeiten, uns lieben und schwimmen gehen, sonst nichts.“
„Sonst nichts“, lachte ich. Knackte mit den Fingern und startete den Motor. Legte den Gang ein und setzte den Blinker.
„Moment noch.“
Ich ließ sie pinkeln gehen, sah ihren schwarzen Schopf und das perlmuttfarbene Kleid in einer Gruppe junger Motorradfahrer verschwinden.
Fünf oder sechs Minuten später begriff ich. Stieg aus und starrte südwärts, den Bikern hinterher.

Ich habe ihren Schreibtisch entfernen lassen, die Kaffeemaschine verschenkt. Die Jalousien zugezogen. Der Winter brachte Matsch und hustende Kollegen, die ich zur Krankschreibung überredete, um ihre Arbeit zu übernehmen.
Die Finanzprüfung ist durch und Hacke auf Reisen. Es ist elf Monate her.


Ich bekomme den Brief nach der Mittagspause. Erkenne ihre Schrift, verliere den Kampf und öffne.
Ein Foto fällt heraus. Das Handyfoto eines winzigen Mädchens mit dunklen Haaren und meiner Nase.
„Ich würde sterben bei diesem Kind, hat der Arzt gesagt. Was für ein Quatsch. Das ist Antonija, sie ist kerngesund und immer hungrig. Leider hat sie Deine Nase.“
Ich stehe zehn Minuten im Raum. Dann öffne ich langsam die Schublade meines Schreibtisches. Entnehme eine Nadel und pinne das Foto an die Wand. Betrachte das Mädchen und muss plötzlich grinsen.
Wegen der Erkenntnis.
Hab nie gewusst, was die Kowal von mir will.
Jetzt weiß ich es.

 

Hallo nastroazzurro,

ich erinnere mich zwar nicht mehr so gut, an die erste Version, aber doch gut genug, um sagen zu können, hier hat sich ordentlich was getan! Schon allein, dass das blümerante Ende weg ist, fällt mir sofrot positiv auf ;). Und das neue Ende, wird auch schön vorbereitet durch die Geschichte.

Ich war deplatziert, beräumte mein Postfach und beschloss, zu verschwinden, bevor mir der Alte Überstunden verschaffte mit einem seiner Geistesblitze.

Ich war oder ich fühlte mich - mein Gefühl sagt, er fühlte sich so.

Zu spät, der Boden vibrierte, Hacke brach hervor und übersah die Mantelfrau - die ganz erstaunlich reagierte und ihm das Bisschen ihres Körpers in den Weg stellte.

Schön!

Hacke begriff. „Schloddarik!“, bellte er, „mach‘n Se sich nützlich!“

Hier war ich kurz verwirrt, wen Hacke den jetzt meint. Eigentlich ist klar, wenn man den Titel hier präsent hat, aber ein: bellte er mich an, würde sehr helfen.

Zehn Minuten, dann standen wir wieder auf dem Flur - wie überzählige Kleiderständer.

schönes Bild

Und Hacke ist jetzt auch viel besser in Szene gesetzt.

„Ich sollte sie in den Kasachstan-Auftrag einarbeiten“KOMMA entgegnete ich und griff nach dem Ordner.

Dieser Duft, dachte ich ohne zu antworten. Kaffee und Kowal, die Mischung des Jahres.

Hehe.

Begriff Gott mit seinen Wundern: den Niagarafällen, dem Vatnajökullgletscher, der Kowalsilhouette. Folgte der Linie ihres Pullovers, einer irischen Landschaft mit Hügeln, die sich kräftig gegen die Maschen drängten. Bewunderte den Mut des Rollkragens, ihre Lippen zu berühren.

Mag ich :).

Mein Sommer bestand aus ärmellosen Blusen, nach oben gereckten Armen und einer Sensation: der tätowierten Sonne auf ihrem Fuß!

Hier dachte ich, erst redet er über sie, dann über sich. Aber das macht ja bei Blusen kaum Sinn. Aber die Irritation war erst mal da.

„Fahren wir“, sagte sie und warf den Laptop in den Fond.

Wohin wirft sie den Laptop? In die Brühe? ;)

Sie hatte ein Kind geboren, es alleine durchgestanden und den Kopf geschüttelt bei der Diagnose des Arztes - es hatte ihren Körper zu früh verlassen und war wie ein Vöglein aus dem Nest gefallen. Gestorben nach zwei Jahren.

Ich habe davon keine Ahnung, aber wenn ein Vögelchen aus dem Nest fällt, dann lebt es doch keine zwei Jahre mehr? Für mich als Laie - entweder Kind krank oder gleich sterben, weil nicht entwickelt genug, um der Welt zu trotzen. Aber wie gesagt, habe da null Ahnung von.

Die Szene am Szrand ist wirklich schön und wirkt auch gar nicht mehr wie ein Fremdkörper, sondern fügt sich für mich jetzt ins Bild.

Trat näher, kauerte und legte sich auf mich wie ein vom Gewitter überraschter Wanderer. Ich roch Disteln und Meer, berührte ihre Haut und schauderte.

Diese beiden Sätze haben es mir besonders angetan.

Ich habe ihren Schreibtisch entfernen lassen, die Kaffeemaschine verschenkt. Die Jalousien zugezogen. Der Winter brachte Matsch und hustende Kollegen, die ich zur Krankschreibung überredete, um ihre Arbeit zu übernehmen.
Die Finanzprüfung ist durch und Hacke auf Reisen. Es ist elf Monate her.

Sehr, sehr schön!

„Ich würde sterben bei diesem Kind, hat der Arzt gesagt. Was für ein Quatsch. Das ist Antonija, sie ist kerngesund und immer hungrig. Leider hat sie Deine (klein) Nase.“

Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das jetzt wirklich schlucken will, aber da ich es nicht sofort ablehne, ist es wohl okay. Klebt halt ein bisschen wie eine Pointe dran. Aber passt.

Gern gelesen. Sprachlich wirklich oft sehr schön.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege und ganz herzlichen Dank für Deine Beurteilung.
Nach der ich den Rest des Tages wohl mit einem lächelnden Gesicht herumlaufen werde. Ich kann ja eine Menge Kritik ab, aber so positive ist schwer zu verkraften ;).

ich erinnere mich zwar nicht mehr so gut, an die erste Version, aber doch gut genug, um sagen zu können, hier hat sich ordentlich was getan! Schon allein, dass das blümerante Ende weg ist, fällt mir sofrot positiv auf ;). Und das neue Ende, wird auch schön vorbereitet durch die Geschichte.
Ja, manchmal dauerts halt, bis der Groschen fällt. Meist muss ich dazu einen längeren Lauf starten ...

Wohin wirft sie den Laptop? In die Brühe? ;)
Nee, also Fond, Wagenfond ist für mich ein ganz normales Wort, Vielleicht lese ich zu viele alte Geschichten?

Also, nochmal vielen Dank und schönen Abend allen hier,
nastro.

 

Hallo nastroazzurro,
was für ein wunderschöner Text. Ich hab bisher immer einen Bogen um ihn gemacht, obwohl ich den Titel schon immer sehr schön fand. Weiß selbst nicht, warum. Durch Flieges Kommentar bin ich dann doch aufmerksam geworden.
Du hast sehr kraftvolle, sinnliche Bilder, die einem beide Personen sehr schnell nahebringen. Selbst dieser Befehle spuckende Chef wird sehr spürbar, obwohl seine Rolle reduziert ist. Du hast wirlich eine tolle Beobachtungsgabe und du hast diese feinen Beobachtungen in ungewöhnlichen Bildern ausgedrückt. Das mag ich total gerne. Sowas trägt einen, auch wenn man - wie ich - Romantikgeschichten eigentlich nicht mag, und deine Geschichte habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Ich war echt verblüfft, was man für eine liebevolle Geschichte aus dem ganz profanen Sachverhalt Frau sucht Samenspender machen kann.
Und das ist jetzt auch der einzige Wermutstropfen, den ich mir ausdenken könnte, den Schluss hatte ich natürlich nicht erwartet. Aber gefragt habe ich mich schon ein bisschen, was sie denn an ihm findet. Für sein Kind sucht man sich, wenn man nicht gerade sowieso verliebt ist, einen Samenspender, der einen irgendwie anspricht. Der gut aussieht, intelligent ist, ein besonderer Mensch. Und der hier ist glaub ich unter seinen Rolläden und Mails und seiner ganzen Verschlossenheit ein ganz lieber Typ, irgendwie wird das für mich deutlich, obwohl es nirgendwo steht. Wie machst du das nur? Also nehm ich den Wermutstropfen einfach mal als Geschmacksverbesserer, Frau Kowal hat sich schon den Richtigen gewählt.
Vielen Dank für das Lesevergnügen am frühen Morgen.
Zu bemängeln habe ich hier einfach mal gar nix.
Bis denn
Novak

 

Nee, also Fond, Wagenfond ist für mich ein ganz normales Wort, Vielleicht lese ich zu viele alte Geschichten?

Habe ich nie gehört :schiel:

Flüster: *hast Anakreon vergessen, der hat Dir auch schon geschrieben*

 

Hallo Novak.

... was für ein wunderschöner Text ... Vielen Dank für das Lesevergnügen am frühen Morgen...
Wow. Natürlich freut es mich, wenn Dir meine Geschichte gefällt. Ganz herzlichen Dank für das ausufernde Lob, welches mir den Turbo zündet und mich zu (hoffentlich) noch besseren Werken treibt! (bissel zu pathetisch? ;))
Ich wünsche mir, dass sich Claudia und Jens für den Leser in zwei lebendige Wesen verwandeln; sollte mir das bei einigen von Euch gelungen sein befriedigt mich das außerordentlich.

Hallo Fliege,
oh mein Gott :o - Danke.
Hallo anakreon,
Dich habe ich ganz vergessen!

Am Schluss fehlt mir hier ein Wörtchen, ich nehme an es zielt auf: ab
Nein. Das „legte Rechnungen“ sagen wir so auf der Arbeit; jeden Tag. Woanders sagt man’s wahrscheinlich anders, ich kenn nur Bayern (Ge, Resi, legst noa schnell dia zwoa Rechnungen und dann ab mit dia auf di’ Wies’n!) und Sachsen (Karola, nach deen zwee Rechnungen kannste meinetweegen losmachn in de Disco!)
Danke für Deine Einschätzung.
Ich hoffe nur, du gingst auch erholt daraus hervor und kamst nicht strapaziert zurück...
;) Doch, schon strapaziert. Städtereise, zu viel geguckt, zu wenig geschrieben, aber vielleicht zahlt sich ja das viele Gucken irgendwann fürs Schreiben aus.
To Anacreon in Heaven, schön Tag!

Hallo Maria.

... bääh, wer lernt schon in der Arbeit den Zukünftigen. Ich :), aber das ist eine andere und komplizierte Geschichte.
Schreib sie auf, wir sind gespannt wie frische Violinensaiten ;)
Zum Text: Der muss ja nicht Jedem gefallen, ich lese auch grade einen Bestseller mit recht guten Amazon-Bewertungen - doch das Buch ist wirklich Scheiße.
...dein Text ist auch ziemlich kompliziert. Du hast einen abstrakten Erzählstil gewählt, mit Beschreibungen wie "vereinigten unsere kritischen Massen und detonierten mit leisem Schrei"
Weiß nicht, ob ich da vielleicht zuviel Techniker bin. Ich hatte bei den beiden jedenfalls richtig ausgehungerten Sex vor Augen, mit dem gemeinsamen Orgasmus einer detonierenden Atombombe. Die vereint nun mal kritische Massen, um zu funktionieren.
Die noch unvereinigten Halbmassen einer Uranbombe strahlen träge dahin ohne jedes Tun.
Claudia und Jens’ magere Körper leben träge dahin ohne jedes Tun.
Die Vereinigung der Massen zündet die Bombe und setzt enorme Energie frei. Wie viel Energie, wusste vor den tragischen Abwürfen auf die bemitleidenswerten Menschen von Hiroshima und Nagasaki niemand so genau.
Die Vereinigung von Claudia und Jens zündet ebenfalls, mit wie viel Energie wusste keiner der beiden vorher.
Vielleicht nicht der allerbeste Vergleich. Gute Vergleiche und Metaphern findest jeder in seinem eigenen Leben und meines ist (bis zum Beginn meiner phänomenalen Schriftstellerkarriere) das Leben eines Technikers …
Kompliziert, da gebe ich Dir Recht, darf ein Text nicht sein. Weder Kurzgeschichte noch Roman, darauf müssen wir alle immer wieder achten.
... so stehe ich, glaube ich, alleine da.
Das tue ich öfters, hat auch Vorteile ;)
...die Bilder werden problemlos gezeugt ...
Hey, Du gehst aber ran. Ich denke, die Bilder werden eher erzeugt ;)
Also, auch wenn sie mir gefällt, werde ich die Geschichte wegen dem Stil sicherlich kein zweites Mal lesen.
Das mit dem zweimal, dreimal, viermal Lesen wäre einen ganzen Thread wert, aber vielleicht gibt es den ja schon. Als Kind, ja, da liest Du alles immer wieder, aber wie viel Bücher liest man als Erwachsener zum wiederholten Mal? Bei der wenigen zur Verfügung stehenden Zeit?
Bei mir sind es immer wieder die gleichen Autoren, bei denen ich zum Wiederholungstäter werde – die vermutlich beste Schreibschule, die es gibt.
Danke und ein Servus nach Wien!

 

Hallo nastroazzurro,

deine Story hat mir gefallen. Originelle Liebesgeschichten zu schreiben, ist heutzutage nicht einfach. Dir gelingt es, eine alltägliche Romanze durch stilistische (eigenwillige!) Feinheiten und einige gelungene Metaphern zu veredeln. Der Aufbau deiner KG ist gut, das Ende ist einer guten Kurzgeschichte würdig. Aber besonders gefällt mir deine Titelfigur, weil es dir eben gelingt, sie besonders zu charakterisieren. Du schaffst es, eine Figur zu beschreiben, über die ich als Leser nachdenken mag, über die ich mehr wissen möchte, die Tiefe gewinnt, interessant wird und doch viele Geheimnisse bewahrt. Das ist gut. Und das ist gut gemacht.

Es wird auch "erlesbar", dass du deine Figuren magst; selbst den Chef, und auch, wenn da der Vorwurf kommt, gerade der Chef wäre wieder so eine typische Klischeefigur. Ich hatte mal einen Chef, der war mehr Klischee, als das Klischee selbst. Hätte ich den jemals völlig unverfremdet zu einer Figur in einer Kurzgeschichte verarbeitet, dann hätten wohl viele gesagt. "Himmel, was für ein Klischeetyp!" Tja, um solche Klischeetypen literaturfähig zu machen, muss man sie verfremden, ihnen ihre Authentizität rauben. Irgendwie paradox! Aber das nur nebenbei.

Dir ist eine gute Geschichte gelungen, die mich kurzweilig unterhielt und bei der ich an vielen Formulierungen meine Freude hatte.

Nur bei einigen wenigen Formulierungen meinte ich, den einen oder anderen Optimierungsansatz zu sehen. Aber manchmal ist das auch einfach nur so, dass ich dachte: "Das hätte ich halt etwas anders ausgedrückt." Und somit ist das dann auch eher Ansichtssache.

Rick

 

Danke Rick, freut mich riesig, wenn Dir meine Geschichte gefallen hat.
Große Autoren sagen ja: Die Figuren sind wichtiger, viel wichtiger als der Plot.
Das sehe ich genauso und immer wenn ich an meiner eigenen Figur einen Narren gefressen habe und meine, sie jetzt wirklich zu kennen, fließen die Wörter nur so aufs Blatt.
Frau Kowal gehört tatsächlich zu meinen Lieblingsfiguren und umso leichter schrieb sich der Text.

Schön Abend euch allen, ciao nastro!

 

Sehr gut

Hallo nastroazzurro,

wow (die usprüngliche Fassung kenne ich nicht).

maria hat einerseits recht damit, dass es "kompliziert" sei. Aber es ist ja keine Fehlleistung sondern ein Stilmittel. Ich musste den Text sorgfältig lesen, aber ich habe ihn wahnsinnig gerne gelesen, weil er sprachlich SEHR SCHÖN ist! Dann denke ich über den Text auch gerne nach, und das soll ja so sein. Die geleistete Denkarbeit ist der eigentliche Lohn (für Leser wie Autor).

UND GAAANZ SPANNEND: Ist das nur mir aufgefallen? Bis zum Schluss wusste ich nicht, ob "Schloddarik" nun eine Frau oder ein Mann ist. Es gibt nur einen Hinweis mittendrin:

tat einige erstaunliche Bewegungen und nahm mich auf
Die Irritation von Fliege bezüglich
Mein Sommer bestand aus ärmellosen Blusen, nach oben gereckten Armen und einer Sensation: der tätowierten Sonne auf ihrem Fuß!
teile ich in dem Sinn, als dass ich dachte, es wären die Blusen der vermeintlichen ErzählerIN gemeint. Solcherlei Täuschung im Kopf erzeugt ganz schön edle Phantasien ;-) Ich mag solche unterschwelligen Rätsel. Eventuell könnte man noch durch das ungezügelte Verhalten des Chefs auf das Geschlecht des Erzählers schließen, aber das ist dann wirklich spekulativ. Oder ist mir ein Hinweis entgangen?

Einzige Kritik:

Mechanisch bewegten sich meine Finger auf sie zu, fassten fahrig ihre Hand und hielten sie fest.
Erwachen und Schock. Ich ließ sie los, rannte zum Fenster und riss es auf, schnappte nach Luft in einer veränderten Welt.
Mir fehlt dazwischen noch ein Satz zur Reaktion der Kowa, etwas wie "Sie ließ es zu, jedoch ohne Regung."

Insgesamt: Sehr gut.

 

Hallo Fayalit,

vielen Dank für Deine Meinung zu meiner Geschichte. Wenn sie auch noch positiv ist - okay, schön.
Genaugenommen gibt es nur vier unter meinen etwa zwanzig Geschichten, die mir selbst so gut gefallen, dass ich mich zufrieden, die Havanna angezündet, zurücklehnen mag und sage: Die Geschichte ist fertig, genau so sollte sie sein. "Frau Kowal" gehört dazu.
Schön, das Du die Geschichte auch ohne weiteren Hinweis gefunden hast, denn mit "Frau Kowal" ist es genau das Gleiche wie mit Deinem "Topfkönig": Zunächst hatte sie einen - ich unterstelle mal - lieblos runtergeschriebenen Schluss. Da haben mir die Leute hier wirklich weitergeholfen.

In der ursprünglichen Fassung gab es wilden Sex und ein Happy End. Aua, möchte ich heute sagen und danke an dieser Stelle nochmals Fliege, svg, weltenläufer, paleo, Asterix und anakreon.

Mich von dem abschließenden:
„Lass uns ficken, Jens', gähnte Frau Kowal.
Und verbiss sich schon bald in ihr Kissen" zu trennen, fiel mir allerdings schwer.

Kompliziertheit als Stilmittel?
Da brennst Du mir tiefe Furchen auf die Stirn. Hobbyautoren unseres Schlages sind, glaube ich, in aller Regel weit davon entfernt, das in die Reihe zu kriegen. Und nur bei ganz wenigen Autoren gefällt mir das, da fallen mir eher Negativbeispiele wie "Axolotl Roadkill" ein. Ich halte es da lieber mit King, Dick oder Bradbury - klare Sprache und meist klare Perspektive, Ort, Person etc.
Derzeit schreibe ich an meinem Roman weiter und versuche genau das auf jeder einzelnen Zeile zu beherzigen.

Das Schloddarik jemand als Frau sehen könnte - hey, auf diesen Gedanken wäre ich im Traum nicht gekommen. Keine Ahnung, ob ich es schaffen würde, mal was anderes als einen Hetero-Roman zu schreiben, wäre den Versuch wert, ist aber sicher schwer.

Mir fehlt dazwischen noch ein Satz zur Reaktion der Kowa, etwas wie "Sie ließ es zu, jedoch ohne Regung."
Ähh, nö, sehe ich nicht so.

Danke und Ciao!

 

Hallo nastroazzurro,

für die Ausdrücke, die ich mit smileys geschmückt habe, gebe ich dir jeweils einen Sabine Stern. Solche kreativen Bilder lese ich nicht alle Tage. Meinen Glückwunsch.

Liebe Grüße. Sabine.

Sie kam zu spät - am nächsten Morgen und den meisten der Folgenden. Zog das Rollo hoch, installierte eine futuristische:D Kaffeemaschine und setzte sie in Betrieb. Ich schnupperte. Der sich ausbreitende Duft passte so wenig in dieses Büro wie ich auf eine Party. Frau Kowal umfasste die Tasse mit den Handflächen, setzte sich hin und begann, aus dem Fenster zu starren. Verlor sich beim Anblick des geziegelten:) Schornsteins, als sei das ihre Aufgabe hier. Irritiert folgte ich ihrem Blick. Auf der zu einem schmalen Streifen beräumten Zufahrt umkurvten sich umständlich die Wagen. Eiszapfen hingen von den Giebeln herab und wuchsen zu Stalaktiten:D.

 

;), Danke Sabine, ja, da hast Du mich mal kreativ erwischt.
Versuchen wir doch alle, unseren Geschichten durch Spezifika Herz einzuhauchen, oder? Wenn da nicht der Alltag wär mit dem Kopf voller Von-guten-Ideen-Ablenk-Mist wäre.

Freut mich, wenn Dir die Frau Kowal gefallen hat. Ich würde sie auch gern privat kennenlernen, nur habe ich sie noch nirgends entdeckt.

Mit meiner nächsten Protagonisten gehe ich einen komplizierteren Weg: Neunzehnjährige Tochter eines Terroristen. Ob ich das in die Reihe kriege ...

Allen einen textreichen Sonntag!

 

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