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Was die Boten brachten

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20.01.2018
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Was die Boten brachten

Dieses Jahr kommt der Winter aus Westen.
Artjom und ich wandern einen Flusslauf entlang, als wir ihn sehen. Stück für Stück kriechen Nebelschwaden vom anderen Ufer herüber. Dort, wo ihr kalter Hauch das Wasser berührt, bildet sich Eis. Die Fläche wächst, zersplittert in mehrere Schollen. Der Strom treibt sie an uns vorbei, verteilt sie und reißt sie für kurze Zeit auseinander, aber als mein Blick dem Flusslauf folgt, sehe ich auch dort die Nebelfront. Auf der anderen Seite des Ufers klettert der Frost die Bäume hinauf, verteilt sich in den Ästen und spinnt das Holz in seinen toten Kokon ein. Das Blattwerk, noch eben farbenfroh im Sommerwind wiegend, wird steif und grau und zerspringt mit einem Knall in kleine Eisstücke. Das Weiß hat jegliche Farbe verschluckt.
Artjoms kastanienbraune Augen weiten sich vor Staunen. Sein kindliches Gesicht verblasst im Angesicht des Winters. Unter meinen Schuhen bildet sich Raureif.
„Komm, Sohn. Lass uns gehen“, murmle ich. Er nickt, den Blick weiter gebannt auf das Eis gerichtet.

Wanderfels liegt auf einem kahlgeschlagenen Hügel, umgeben von einem dichten, schattigen Kiefernwald. Noch treibt sein würziger Geruch durch die Luft, aber wenn man den Boden genauer betrachtet, kann man auf dem Nadelteppich bereits eine dünne Frostdecke entdecken. Jeden Schritt, den ich mache, wird von einem ungewohnten Knirschen begleitet.
Eine Reihe Schafe unterbricht ihr Fressen und glotzt Artjom und mir nach, während wir einen spärlichen Kiesweg emporsteigen. Wir leben in einfachen Häusern, mit Wänden aus gebrannten Tonziegeln und Baumstämmen in jeder Ecke. Auf den Dächern schützen Strohbündel vor Wind und Wetter. Wanderfels besitzt keine Tore, keine Mauern, keine Wachen. Stattdessen ziehen sich silbernen Linien einmal um das ganze Dorf. Je näher wir dem Marktplatz kommen, desto mehr tauchen auf, erscheinen aus Straßen, Gärten und Hinterhöfen, kreuzen sich mit der Linie, der wir folgen, und weben ein dichtes Netz, das immer feinmaschiger wird. Schließlich erreichen Artjom und ich das Zentrum, einen Brunnen, mitten auf dem Marktplatz. Aus allen Richtungen führen die Linien hierher, kriechen die moosbedeckten Steinwände entlang, über den Rand und in die Dunkelheit hinein.
Alle sind gekommen. Zwischen den Ständen quetschen sich hunderte Einwohner, drängeln und schubsen, um einen Blick zu erhaschen. Kaum einer ragt mir bis zur Schulter. Ich will Artjom gerade auf meine Schultern setzen, als er sich von mir löst und durch die Menge zu einem kleinen, blonden Jungen läuft. Sven, wenn ich mich richtig erinnere.
„Fresse halten!“, brüllt eine Stimme. Häuptling Harlan muss auf dem Brunnen stehen, um seinen Untertanen in die Augen blicken zu können. Sein Bart ist so rot wie das Herbstlaub, seine Haare waren das auch mal. Jetzt ist sein nackter Schädel runzeliger als ein Kürbis.
„Sperrt gefälligst eure Lauscher auf!“ Er räuspert sich und blickt mit zusammengekniffenen Augen durch die Menge. „Die Holzfäller haben Meldung gebracht. Der Winter ist wieder da.“
Seine Stimme geht im Raunen unter. Verzweifelt versucht Harlan, sich Stimme zu verschaffen, und wedelt mit den Armen in der Luft, während sein Gesicht dieselbe Farbe annimmt wie sein Bart.
„Aber wie kann das sein?“, ruft eine Stimme. Es ist Kastor, der Fischer. „Ich meine, der letzte Winter ist erst vier Monde her, oder?
„Was ist mit den Spähern? Können wir sie noch rechtzeitig warnen?“
„Vielleicht ist es ja nur ein Versehen?“
„Nein“, rufe ich. Schlagartig dreht sich die Menge zu mir um. Als Priester hat mein Wort Gewicht, wenn auch nicht viel. Sie müssen ihre Köpfe in den Nacken legen, um mir in die Augen schauen zu können, und verstummen. „Artjom und ich haben ihn auch gesehen. Der Winter kommt, aber aus Westen, nicht aus Osten.“
„Das ist unser Untergang“, jammert die hässliche Helena. Eine der ersten, die den Glauben an die Götter verloren hat. „Ich habe es euch doch gesagt. Die Vier haben uns verlassen! Wir werden alle sterben!“
„Halt die Fresse, Hure“, brüllt Harlan mit heiser Stimme. Die Menge pflichtet ihm murmelnd bei. „Warum haust du nicht ab, hm? Los, verzieh dich in deinen Hexengarten!“
Mein Bruder hatte noch nie ein Händchen für Menschen. Ich räuspere mich. „Der Winter steht bereits auf der anderen Seite des Flusses. Der Strom wird ihn eine Weile aufhalten, aber nicht lange. Wir müssen aufbrechen.“

Umgehend beginnen wir mit den Vorbereitungen für unsere Abreise.
Die Stallburschen bringen die Pferde in ihre Boxen, die Schäfer treiben ihre Herden zusammen. Ich erwische eines der Viecher dabei, wie es die Blumen auf meinem Gartenschrein anknabbert, und jage es fort. Fünf steinerne Götzen sehen ihm nach, stumm und teilnahmslos wie eh und je. Wir holen alles Korn von den Feldern, ob reif oder nicht. Der Winter wird es eh zerstören und wir können jeden Krümel Essen gebrauchen. Ein Karren nach dem anderen rollt Richtung Speicher, zum Brunnen. Sie bringen Pilze, Blumen, Heu für die Pferde, Gras für die Schafe. Kisten werden gepackt, gestapelt und vertäut, die Seile um in den Erdboden eingelassenen Ösen geschlungen. Auf dem Marktplatz errichten die Holzfäller ein Rondell aus Feuerholz. Vor ein paar Tagen ist eine Gruppe Späher nach Osten aufgebrochen. Harlan lässt Tauben nach ihnen schicken, wenn auch eher aus verzweifelter Hoffnung als aus Vernunft.

„Ich verstehe das nicht“, murmelt Harlan. Mein Bruder und ich stehen zusammen am Rand des Dorfes, die Hände hinter dem Rücken und in die weite, weite Ferne blickend. „Wie kann der Winter wieder da sein, jetzt schon? Und dann auch noch aus der falschen Richtung?“
„Vielleicht hat er umgedreht“, überlege ich.
„Aber das ergibt keinen Sinn! Jedes Jahr kommt er aus Osten und verschwindet im Westen. Er ist doch kein Tier, das man einfach in eine Richtung treiben kann, oder?“
Ich schaue nach unten. Zwei Schritte vor meinen Füßen verläuft die äußerste Linie durch das Gras. „Hab Demut, Bruder. Es ist nicht unser Recht, die Götter und ihre Werke zu verstehen. Wenn es ihnen danach steht, werden sie uns den Sinn offenbaren. Aber nicht vorher.“
Harlan spuckt auf den Boden. „Ich sag dir mal was. Ich hab es satt, ihr Idiot zu sein. Nicht nur, dass wir Hals über Kopf aufbrechen müssen. Wir lassen womöglich fünf unserer Leute zurück. Was bin ich denn für ein Anführer, wenn ich sie nicht warnen kann, hm? Wie soll ich den Willen der Götter verkünden, wenn ich ihn nicht verstehe?“
„Du vergisst, dass ich ihren Willen verkünde. Deine Aufgabe ist es, unser Volk zu leiten.“
„Ach ja? Dann sei so gut und erkläre deinem ahnungslosen Bruder mal, was der ganze Bockmist soll.“ Harlans Fuß findet einen Kieselstein und kickt ihn in hohem Bogen davon. Schweigend sehe ich zu, wie er den Hügel hinunterrollt und im Gras verschwindet. In der Ferne läuft eine Gruppe Frauen den Hügel hoch. Unter ihnen ist auch Elise, die Tochter des Metzgers. Ich kann mich noch daran erinnern, wie mein Bruder und ich um sie geworben haben. Harlan war der ältere Sohn, trat in Vaters Fußstapfen, sah besser aus und war, zumindest damals, nicht alle naselang besoffen. Nüchtern betrachtet war es nur logisch, sich für ihn zu entscheiden.
„Ich bin nur ein Mensch, Harlan, und sie Götter. Ich maße mir nicht an, ihre Entscheidungen zu verstehen. Ein bisschen mehr Vertrauen in sie würde dir gut tun.“
„Ein bisschen mehr Vertrauen in sie wäre dumm!“
Er war schon immer unerlaubt ehrlich. Manchmal vermisse ich die Zeiten, als Harlan und ich noch jünger waren. Wir hatten mal mehr Gemeinsamkeiten als nur Blut.
Er verschränkt die Arme und starrt trotzig auf die Ebene hinaus. Von irgendwoher kann ich jemanden weinen hören. „Du bist mir ein Rätsel. Erst entscheidest du dich gegen den letzten Willen Vaters und wirst Priester. Dann ziehst du raus in die Welt und willst das heilige Wort verkünden, schwängerst aber entgegen dem Kodex eine Fremde und kommst mit Frau und Kind nach Wanderfels zurück. Und tust dann so, als wäre nie etwas gewesen?“ Er flucht etwas in seinen roten Bart.
Schließlich erreicht die Gruppe das Dorf. In der Mitte läuft ein junges Mädchen, das Gesicht voller Tränen, während ihre Freundinnen sie umkreisen wie ein Schwarm Bienen. Stundenlang standen sie am Waldrand, Ausschau haltend, bangend darauf hoffend, bekannte Gesichter im Unterholz zu entdecken. In der Ferne färben sich die ersten Baumkronen schneeweiß.
Als sie weg sind, schreit Harlan wütend auf. Voller Wut tritt er gegen eine Häuserwand, immer und immer wieder, bis sich erste Risse durch das Fundament ziehen. Schweigend betrachte ich die Ankunft des Winters.
„Das ist doch alles scheiße! Scheiße ist das, verfickte Scheiße!“ Er bleibt stehen, legt den Kopf in den Nacken. Langsam beruhigt sich sein Atem. „Na gut. Wenn wir jetzt nicht gehen, gehen wir gar nicht. Wir setzen Anker. Komm.“
„Nein. Ich werde von hier aus zusehen.“
Harlan zuckt mit den Schultern und verschwindet.
Kurz darauf beginnt es. Die silbernen Linien färben sich golden, heizen auf. Dampf steigt in die Luft.
„Vater?“
Ich drehe mich um. Artjom steht hinter mir. Ich habe ganz vergessen, nach ihm zu schauen.
„Was ist, Junge?“
„Warum bist du nicht am Marktplatz, wie alle anderen auch?“
Ich zucke mit den Schultern. Ein Knacken fährt durch den Boden, Grasbüschel fliegen in die Luft. Der Boden beginnt zu zittern. „Ich wollte noch einmal die Wälder sehen.“
Er stellt sich neben mich und greift meine Hand. Gemeinsam sehen wir zu, wie die goldene Linie vor uns ein Loch in den Boden schneidet. Plötzlich stehen wir an einer Kante. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, hebt Wanderfels ab und steigt in die Luft, hoch und immer höher. Neben mir weiten sich Artjoms Augen vor Ehrfurcht, während der Wald kleiner wird.
Ich lächle. „Hier ist es doch viel schöner als am Marktplatz, findest du nicht?“
Er nickt und greift meine Hand fester.

Wir steigen nicht sehr hoch. Man kann noch immer die Baumwipfel erkennen. Die Winterwinde sind rau, peitschen durch die Straßen und treiben Wanderfels nach Osten, aber der Anker sitzt zu tief im Boden, als dass wir forttreiben könnten. Leider kann man unser Dorf nicht steuern, es fliegt mit dem Wind. Je höher wir steigen und je tiefer die Sonne sinkt, desto flacher werden die Schatten. Über uns gleiten Wolken auf die Abendsonne zu, unter uns hat der Winter längst den Grashügel erreicht, wandert nun zurück nach Osten.
Die Luft ist dünn hier oben, aber wir haben uns daran gewöhnt. Goldene Linien leuchten unter den Füßen, bringen Licht in jeden noch so entlegenen Winkel, halten den Boden mit ihrer fremden Magie zusammen. Als Harlan und ich einen Rundgang machen und die Vorräte protokollieren, stellen wir fest, dass wir längst nicht genug Nahrung haben, um ein halbes Jahr in der Luft zu bleiben. Falls der Winter länger bleibt, müssen wir wohl oder übel Anker lichten. Dann entscheidet der Wind über unser Schicksal.
Kleine Feuerschalen lodern neben dem Brunnen. Eng sitzen die Eltern in Kreisen beieinander und unterhalten sich mit gedämpften Stimmen, während die Kinder zwischen den bunten Ständen toben. Einige von ihnen haben noch nicht verstanden, dass ihre Väter nicht mehr zurückkehren werden, aber niemand will derjenige sein, dass es ihnen erklärt. Also lassen wir sie spielen.
Ich bin gerade in einem Gespräch mit Kastor, da umringen mich Artjom und seine Freunde. „Erzählst du uns eine Geschichte?“, fragt er und setzt sich erwartungsvoll auf meinen Schoß.
„Siehst du nicht, dass ich mich unterhalte, Bursche?“
„Entschuldigung.“
Kastor wirft ihm einen missbilligenden Blick zu. Als ich mit Eva und Artjom zurückgekehrt bin, habe ich befürchtet, die Leute würden meinen Sohn behandeln wie einen Aussätzigen. Es ist Harlan zu verdanken, dass die Meisten ihn akzeptiert haben. Artjom spielt mit ihren Kindern, flitzt durch ihre Häuser, isst ihre Suppe und spricht ihre Sprache. Eva hatte es nicht so leicht.
„Na schön. Was wollt ihr denn hören?“
„Erzähl etwas über Wanderfels.“
„Na schön.“ Ich räuspere mich. „Weit, weit im Osten, wurde vor langer Zeit ein Teil der Welt zerstört. Ich weiß nicht, was dort passiert ist oder wie es dazu kam, aber eine Katastrophe hat die Erde auseinandergerissen. Die meisten Fragmente verschwanden im Abgrund oder stürzten vom Himmel, aber einige von ihnen wanderten solange durch die Welt, bis sie gefunden wurden.“
Plötzlich stolpert Harlan in den Kreis. Ein Bierkrug fällt ihm aus der Hand und fällt scheppernd zu Boden, während der weiße Schaum zwischen den Goldfäden verrinnt. Im Schein des Feuers brennt sein Bart. Als er zu fluchen beginnt, schauen einige der Kinder überrascht auf und zu ihren Eltern.
„Vater?“, fragt mich Artjom. Eine Brise fährt ihm durch die Haare und wirbelt sie in sein Gesicht. Er sieht Eva so ähnlich.
„Ja, Sohn?“
Artjoms Freund Sven zieht ein Holzschiff durch ein Meer aus Stein und Dreck. Seine Freunde tun es ihm gleich und knien sich zu ihm auf den Boden. „Erzähl etwas über den Winter. Etwas über die Boten“
„Nein. Darüber gibt es keine Geschichten.“
„Aber warum?“
„Weil die Menschen sie nicht hören wollen.“
Harlan torkelt auf uns zu, stützt sich an einem Marktstand ab. „Wieso willst du dem Jungen denn nichts von den Boten erzählen, hm?“ Seine Lippen beben, wenn er spricht, und zittern, wenn sie stillstehen. In der Dunkelheit liegen seine kleinen Augen noch enger in der Stirn. Fast scheint es, als wollten seine Stirnlappen sie verschlingen.
„Es ist keine Kindergeschichte. Ich will ihnen nicht unnötig Angst machen.“
Er schnaubt. „Unnötig Angst? Schau dich doch mal um, du Idiot. Vielleicht willst du ihnen ja sagen, was gerade geschieht, hm? Ich hätte dann nämlich weniger Angst vor dem Winter.“
Ich seufze. „Na schön. Irgendwann müsst ihr es sowieso lernen. Jedes mal, wenn der Winter kommt, schickt er seine Boten vor. Als erstes erreicht uns der Frost. Du hast ihn ja gesehen, Artjom. Eine Nebelwolke, die alles und jeden, den sie berührt, mit Eis überzieht. Von den Goldfäden einmal abgesehen.“
Artjom nickt.
„Dann, wenn alles weiß und starr ist, fällt der Schnee. Tagein, tagaus. Ohne Pause. Hier oben kann er zum Glück nicht liegen bleiben, weil die Fäden ihn schmelzen. In manchen Jahren hatten wir so viel Tauwasser, dass sich an den Kanten Wasserfälle gebildet haben. Als drittes kommen die Irrlichter. Kleine, blaue Kugeln, die durch die Luft schweben und ein Band aus Licht hinter sich herziehen. Sie sind harmlos und nicht gerade intelligent, also falls ihr eines seht, lasst es einfach davon ziehen. Es wird euch nichts tun. Die Fischer in Baltmoor behaupten, sie wären die verlorenen Seelen all jener, die der Winter genommen hat, und dass sie jetzt dazu verdammt wären, auf ewig mit ihm zu wandern.“
Artjom starrt ins Feuer. „Glaubst du ihnen?“
„Nein. Nein, das ist Schwachsinn, Sohn.“

Stunden später, als das Feuer aus und die Kinder müde sind, mache ich mich mit Artjom auf den Weg nach Hause. Selten war es so still in Wanderfels. Wenn in unserem Dorf ein Toter beklagt wird, hängen die Leute für ihn ein buntes Stoffband aus dem Fenster. Die Götter können die Farben aus dem Himmel sehen und lassen sich hinab, um den Trauernden Trost zu spenden. Während ich mit Artjom Hand in Hand durch die verlassenen Straßen wandere, bleibt mein Blick an Regenbögen hängen, die im lauen Nachtwind baumeln. Fünf Bänder hängen aus jedem Fenster. Seit der Märchenstunde ist er sonderbar ruhig.
Plötzlich bleibt er stehen. „Papa?“
„Ja?“
„Werden die Späher sterben?“
Seine Hand zwingt mich zum Anhalten. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Nervös beiße ich mir auf die Lippen.
„Wieso fragst du das?“
„Harlan hat es erzählt. Er hat laut geflucht und böse Wörter gesagt. Er meinte, es wäre seine Schuld, dass sie sterben würden. Weil er sie hinaus geschickt hat.“
„Seine Schuld? Nein, das stimmt nicht.“
„Wessen dann?“
Ich will antworten, aber die Worte bleiben mir im Hals stecken. Artjom schaut mich mit großen Augen an. „Denkst du, sie werden Irrlichter? So wie Mama?“ Plötzlich erhellt sich sein Gesicht. „Papa, vielleicht kommt der Winter deshalb zurück. Vielleicht sucht Mama nach uns!“
„Ach was."
„Doch! Was wäre, wenn-“
„Nein.“
„Aber-“
„Sei still.“ Schnell schaue ich mich um, aber wir sind alleine. Ich senke die Stimme und bücke mich zu Artjom herab. „Schlag dir diesen Unsinn aus dem Kopf, Bursche. Der Winter kommt zurück, weil die Götter es so wollen, und nicht wegen irgendwelchen Irrlichtern.“
„Aber Papa, das macht doch gar keinen Sinn. Wieso sollten die Götter wollen, dass unsere Späher st-“
„Hör auf!“ Ich habe bei bestem Willen keine Ahnung, wie ich einem Kind die schweren Seiten des Glaubens beibringen soll. Das es Tatsachen gibt, die jenseits unserer Macht und unseres Verstehens gefällt werden. „Eines Tages wirst du den Sinn darin verstehen, Sohn. Eines Tages. Aber bis dahin musst du ihnen dein Vertrauen schenken.“
Aber Artjom senkt nur den Kopf und starrt zu Boden. Kein einziges Wort kommt ihm an diesem Abend noch über die Lippen.

In der Nacht fällt der erste Schnee. Spätestens jetzt sind die Späher tot. Während die Sonne aufgeht, knie ich mit gefalteten Händen in einer Mischung aus Wasser, Gras und Matsch und lausche, ob die Götter mir etwas zu sagen haben. Fünf Steingötzen hocken auf einem Altar und beugen sich zu mir herab. Ihre Namen wechseln von Dorf zu Dorf, die Wunder, die sie einst vollbracht haben, haben Stoff für hunderte Legenden geliefert. Vier von ihnen sind scharfkantige Figuren aus schwarzem, glatt poliertem Stein, mit langen Fingern und vom Regen verwaschenen Gesichtern. Ihre Münder sind zu Grimassen verzerrt, aber man kann noch immer erahnen, wie erhaben diese Meisterstücke der Handwerkskunst einst ausgesehen haben mussten.
Die letzte Statue ist unbearbeitet. Im Laufe der Zeit ist er in Vergessenheit geraten, genauso wie alle seine anderen Namen und seine Geschichten, und so kennt man ihn nur noch als den Verlorenen. Einzig und alleine seine bloße Existenz ist geblieben. Falls ein Gott sterben kann, dann sieht sein Tod so aus.
Hin und wieder leisten mir einige Gläubige aus dem Dorf Gesellschaft bei meinen Gebeten, aber heute bin ich allein. Ich genieße die Einsamkeit der frühen Stunde, genieße das Gefühl, der einzige Mensch in ganz Wanderfels zu sein. Ich genieße den letzten Moment der Stille, bevor das Dorf aufwachen und den Schnee sehen wird. Einige von ihnen werden zu mir kommen und mich fragen, warum der Winter zurückkehrt. Ich werde ihnen antworten, was ich bereits Harlan und Artjom gesagt hab, und es wird ihnen nicht gefallen. Vertrauen ist sowohl der Segen als auch der Fluch des Gläubigen. Gab es eine gute Ernte oder einen schnellen Winter, preisen sie die Vier. Aber sobald ihr glasiges Haus des Glaubens von einem Stein getroffen wird, wenden sie sich von ihnen ab.
Vor meinem geistigen Auge erscheint ein Bild von Eva.
Sie ist nicht echt.
Mein Haus ist nicht aus Glas, meines ist aus Stein, sicher vor Unwetter und Tieren, die an seinem Fundament nagen könnten. Ich senke den Kopf und bete, die Götter mögen mir Erleuchtung schenken, die Kraft geben, meine menschlichen Zweifel zu besiegen. Mir das große Ganze zeigen.
„Bin ich bloß besoffen oder hockst du da wirklich im Schnee?“
Hinter mir erscheint ein rotbackiger, aber gut gelaunter Harlan. Mit einem lauten Plumpsen lässt er sich ins Gras fallen und rollt sich auf den Rücken, die Beine angewinkelt. In seinem Bart klebt Kotze.
„Es ist vier Uhr Morgens, Bruder.“
„Weiß ich. Linda hat ihre Kneipe vor einer Stunde geschlossen.“ Er krächzt ein Lachen. „Wo hast du denn deinen Jungen gelassen? Ich hab mit Kastor ne Wette am Laufen. Er behauptet felsenfest, du würdest ihn jeden Morgen mit zum Beten schleppen.“
„Er schläft.“
„Ha! Der räudige Hund schuldet mir eine Nacht mit seiner Frau!“
„Ich dachte, du hast eine.“
Harlan spuckt auf den Boden. „Elise, die alte Fotze. Sogar Artjoms Kuscheltiere haben mehr Grips als diese Frau. Wie konnte ich das nicht erkennen? Jede Nacht hurt sie sich von einem Kerl zum anderen, macht mich zum Gespött der Leute. Ich meine, jetzt haben unsere Frauen wenigstens etwas gemeinsam, oder?“ Er lacht ein fieses, dreckiges Lachen. „Leider ist deine tot und meine quietschfidel. Scheiße aber auch.“
Ich schweige, geduldig darauf wartend, ob die Götter mir etwas mitzuteilen haben. Leider ist der Einzige, der etwas mitteilen möchte, Harlan.
„Weißt du überhaupt, wie neidisch ich auf dich war?“
„Nein.“
„Mein glaubensfester, kleiner Bruder. Guckt keiner Frau hinterher, fasst keinen Krug Bier an. Ich habe nichts von diesem religiösen Geschwafel verstanden, mit dem du dich umgeben hast, und niemand sonst aus Wanderfels hat es. Und dann, nach fünf verfickten Jahren, kreuzt du hier mit einem Sohn und einer wunderschönen Frau auf und bist immer noch derselbe Holzkopf wie damals. Keine Ahnung, was Eva an dir fand.“
„Hör auf, von ihr zu reden.“
„Warum? Tut es weh?“ Er lacht. „Tut es weh, wenn ich ihren Namen ausspreche? Eva-“
„Halt den Mund!“
„Schön. Wie du meinst.“ Er gähnt. „Dein Junge sah gestern geknickt aus.“
„Es geht ihm gut.“
„Das sagt du. Aber wir wissen ja beide, dass du keine Ahnung von Menschen hast, richtig?“ Ächzend rollt er sich auf den Bauch und starrt in die Leere.
„Warum bist du wirklich gekommen?“
„Brauche ich einen Grund, meinen Bruder zu besuchen?“
„Es ist vier Uhr nachts und du bist stinkbesoffen. Sag mir einfach, was du möchtest.“
Er seufzt. Sein Kopf sackt ab, so dass es jetzt mit dem Kinn flach auf der Brust aufliegt. „Ach, es ist nichts. Nur...“
„Was ist?“
„Ich habe Angst.“ Harlan schaut mich an. Er ist ungewöhnlich blass. „Scheiße. Schön. Ich habe es gesagt und dazu stehe ich. Ich habe Angst vor dem Winter“
„Das ist doch Unsinn.“
„Ach ja? Sag das mal Hrangar. Und seinen toten Freunden. Und ihren Familien. Dieser beschissene Winter. Ich hasse ihn.“
„Beruhige dich.“
„Denk doch nur mal an die Leute, die seinetwegen gestorben sind. Unsere Späher. Smutje. Eva. Unsere Tante.“ Eine Träne rinnt in seinen roten Bart. „Meine Ise.“
„Harlan.“
„Sie war so klein. So ein zartes, kleines Ding.“ In seinen Augen funkeln die Tränen. „Sie konnte noch nicht einmal sprechen. Ich habe nie ein einziges Wort von meiner Tochter gehört, kannst du das glauben?“ Seine Stimme geht in einem elendigen Wimmern unter und er wischt sich mit seiner Pranke durchs Gesicht. „Und das alles nur, weil uns die Götter jedes Jahr einen Winter schicken. Und als ob das nicht genug wäre, schicken sie ihn nun im Sommer! Ich verstehe es nicht, ich verstehe es einfach nicht. Vielleicht ist ihnen einfach langweilig, vielleicht finden sie Spaß an unserem Leid. Ach, ich weiß nicht.“ Sein Atem wird ruhig. „Du solltest mehr Zeit mit Artjom verbringen. Der Winter ist für niemanden einfach, aber am wenigsten für Kinder.“ Harlan stoppt. Langsam und unter schwerster Anstrengung beugt er sich auf und lehnt sich mit dem Oberkörper an den Altar. „Ich sollte jetzt gehen.“
„Ist alles in Ordnung?“
„Sicher.“
„Komm schon, Harlan. Bleib noch eine Weile.“
„Nein. Tut mir leid, ich wollte die alten Geschichten nicht wieder auspacken. Dann guck ich mal, ob Elise schon zuhause ist.“
Harlan verschwindet. Es wird still in Wanderfels. Die Götter schweigen weiter.

Die Wochen vergehen. Je kleiner eine Gemeinde ist, desto präsenter ist die Abwesenheit eines Einzelnen. Ich tröste die Frauen und Töchter, besänftige die Söhne, die mit geballten Fäusten vor leeren Urnen hocken. Auch wenn die Hinterbliebenen bei meinen Worten nicken, weiß ich, dass sie tief in ihrem Inneren keinen Sinn finden. Ich wünschte, ich könnte es ihnen verständlich machen, dass er nur gegeben werden kann, nicht entdeckt. Tatsächlich ertappe ich mich immer öfter selbst dabei, ein Gefühl der Ungeduld zu verspüren.
In der dritten Woche wird Kastor dabei erwischt, wie er eines der wenigen Fässer mit gebeiztem Fisch klaut. Zur Strafe verprügelt Harlan ihn öffentlich auf dem Marktplatz, solange, bis sein Blut die Goldfäden rot färbt und die aufgebrachte Menge wieder beruhigt ist. Einige der Strenggläubigen fordern, es sei nicht wert, ihn weiter zu füttern, und wollen Kastor über den Rand der Plattform zu werfen. Aber Harlan lässt nicht mit sich reden.
Eine Woche später stürzt eines der Waisen von der Plattform. Keiner weiß, ob sie gesprungen ist oder nicht, aber wenn man an der Kante steht, kann man in der endlosen Schneelandschaft einen kleinen, schwarzen Punkt erkennen. Da wir ihre Leiche nicht bergen können, bekommt auch sie eine leere Urne. Ein sechstes Band flattert jetzt aus den Fenstern, spendet ein wenig mehr Farbe.

Ich wache auf. Es ist mitten in der Nacht. Gedimmtes Licht scheint ins Zimmer, beleuchtet das gespenstische Schneetreiben auf der Straße. Feine Linien aus Eis teilen das Fenster in hunderte, symmetriefreie Scheiben. Gegenüber liegen die Häuser im Schatten.
Ich will gerade wieder einschlafen, als ich bemerke, wie ein Licht über die Häuserwand wandert. Sofort bin ich am Fenster. Unter mir, direkt vor meiner Haustür, schwebt ein faustgroßes, blaues Licht. Sanft pulsierend stößt es eine Welle nach dem anderen aus, gleitet hoch und runter und dreht sich tanzend um sich selbst, während es einen hauchdünnen, weißen Schleier hinterlässt, welcher sich kurz darauf in einem Band aus Licht aufzulösen. Das Irrlicht schwebt weiter, Richtung Marktplatz, und plötzlich kann ich für einen kurzen Moment eine wankende Gestalt mit einem roten Bart und haarlosen Kopf erkennen, die sich an eine Hauswand stützt, einmal nach vorne beugt und dann in die Dunkelheit torkelt.
Kurz darauf ist die Straße wieder gänzlich in Schwärze gehüllt.

Mein verkaterter Bruder und ich stehen an der Kante, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und in die Ferne starrend. Die Leiche des Waisen ist in einem Meer aus Weiß verschwunden, vom Neuschnee verdeckt. Ich weiß nicht, was ich suche, aber finden tue ich es sicher nicht. Vor Helligkeit schmerzen meine Augen. Der Grasboden unter unseren Füßen ist stellenweise gefroren. Am Tag schmelzen die Goldfäden das Eis, aber kaum kommt die Nacht, frieren Wind und Frost den Boden wieder ein, damit die Sonne ihn am nächsten Morgen auftauen kann. Ein endloser Kreislauf.
„Kastor hat mir noch immer nicht verziehen“, murmelt Harlan. Seine ohnehin schon kleinen Augen liegen jetzt so eng in der Stirn, dass man sie unter den buschigen, verschneiten Augenbrauen schwer erkennen kann. „Für die Prügel.“
„Er kann froh sein. Ohne dich hätten ihn die anderen noch getötet.“
Ich kann seine Antwort nicht verstehen, aber es ist sicherlich etwas ketzerisches. Vielleicht liegt es daran, dass mir der Wind um die Ohren pfeift, vielleicht aber auch daran, dass er die Stimme senkt. Ich bekomme eine Gänsehaut.
„Weißt du, sonderbarerweise tut es mir leid“, murmelt er jetzt. „Ich wünscht, ich hätte ihm nicht die Fresse polieren müssen.“ Er lacht leise. Dunstschwaden bilden sich vor seinem Mund, werden ihm aber entrissen, noch bevor er fertig ausreden kann. „Denke bloß nicht, wir wären jetzt Freunde. Kastor ist ein riesiges Arschloch und ich schwöre dir bei deinen vier Göttern, könnte ich mit seiner Frau schlafen, ich würde es auf der Stelle tun. Und trotzdem...“
Ich verschränke meine Arme. „Die Götter lehren uns, dass unseren Taten Konsequenzen folgen, ob gewollt oder nicht. Kastor wusste, dass Klauen falsch war, und hat es dennoch getan. Nun muss er mit der Strafe leben.“
Harlan schnaubt. „Ach ja? Ist ja nicht so, als wäre der Rest von uns heilig, was?“
Ich ignoriere seinen Seitenhieb. Am Horizont ist ein grauer Punkt aufgetaucht, stört das Farbenmonopol des Winters.
„Unseren Taten folgen Konsequenzen.“ Harlans Blick verliert den letzten Rest Ausdruck. „Schön. Ich frage dich das jetzt als Priester, nicht als Bruder. Ist es meine Schuld, dass die Späher tot sind?“
„Natürlich nicht.“
„Wessen dann?“
Ich zögere mit meiner Antwort und bevor ich etwas sagen kann, hat er mir das Wort bereits wieder abgeschnitten. „Die des Winters, richtig?“
Ich nicke vorsichtig.
„Und der Winter kommt zurück, weil die Götter es so wollen. Richtig?“
„Ich weiß, worauf du hinauswillst.“
„Vor ein paar Wochen noch war Hochsommer. Ich hatte doch keine Ahnung, was geschehen würde. Ich wollte nie...“ Er bricht ab. Sein roter Bart hat an Intensität verloren. Graue Haarsträhnen schlängeln sich durch eine Schicht aus Schnee. „Scheiße. Dieser Winter macht mich noch verrückt.“
Ich lege ihm die Hand auf die Schulter. „Alles gut. Wenn du nicht den Vier vertraust, dann vertraue mir. Der Winter wird vorübergehen.“
„Ja, aber wann? Weißt du, ich habe nachgedacht.“ Harlan lacht. „Ja tatsächlich, dein kleiner, dummer Bruder ist nicht der einzige in der Familie, der sich ab und zu mal Gedanken zu einer Sache macht. Naja, vielleicht doch.“ Seine Stimme verliert das letzte Stück Unbeschwertheit. „Meiner Meinung gibt es nur drei Möglichkeiten. Entweder gibt es deine Götter überhaupt nicht. Oder sie können den Winter nicht aufhalten. Oder es ist ihnen einfach scheißegal.“
Plötzlich taucht unter uns eine gewaltige Kette aus Stahl und Eisen auf. Ein Ruck fährt durch den Boden, als sie sich spannt und die Insel zum Stillstand zwingt, aber der Wind presst sich noch immer gegen das fliegende Stück Fels. Ich kann ein Kreischen hören, dass ächzende Geräusch von zwei elementaren Kräften, die aufeinanderprallen. Wir bewegen uns nicht mehr, keinen Zentimeter, aber man kann den Druck förmlich sehen, der auf der Kette lastet. Erst jetzt bemerke ich überhaupt, wie weit der Ostwind uns fort getrieben hat.
Der graue Fleck am Horizont ist größer geworden.

„Er kommt! Ein vierter Bote kommt!“
Die Stallburschen werfen noch etwas Stroh in die Pferdeboxen, bevor sie die Klappen verriegeln und das Weite suchen. Alles, was nicht niet und nagelfest ist, wird von den Straßen geräumt. Die bunten Bänder verschwinden aus den Fenstern. Menschenströme ziehen durch die vermatschten Gassen, folgen den rettenden Goldfäden zum Marktplatz. Um mir herum bauen die Händler ihre Stände ab.
„Artjom!“ Ich rufe seinen Namen, aber er geht in der hektischen Menge unter. Niemand schenkt mir Beachtung. „Hat jemand Artjom gesehen? Artjom, wo bist du?“
Harlan steht auf dem Brunnen. „Bewegt eure Ärsche hierher! Los, macht schon!“
Einer nach dem anderen verschwindet im dunklen Schacht. Ich suche die Menge ab, zwänge mich zwischen händehaltenden Kindern und Eltern mit Decken und Taschen hindurch, halte Ausschau nach Artjoms Freunden. Aber ich kann keinen von ihnen finden. Schließlich ist der Platz leer.
„Hast du Artjom gesehen?“ rufe ich Harlan zu, aber der hat das Seil bereits mit beiden Händen gepackt und verschwindet im der Dunkelheit des Brunnens.
Als ich mich umdrehe, trifft mich die Sturmwand. Ich werde nach hinten geworfen, überschlage mich, pralle unsanft gegen den Brunnen. Auf einmal ist es stockdunkel, als die Sturmwolke Wanderfels einhüllt. Das Strohdach eines Hauses rollt über den Marktplatz, verfehlt mich um eine Armlänge. Um mir herum prasseln Hagelkörner nieder, reißen Kerben und Löcher in den Steinboden. Wo sie einschlagen, bildet sich Eis, aber bevor sie mich treffen können, bin ich bereits auf den Beinen und springe in den Brunnen.
Ich lande in einer Pfütze. Das gedämmte Licht der Goldfäden wirft meinen Schatten tausendfach an die gekrümmte Wand und als ich nach oben schaue, erblicke ich einen pechschwarzen Himmel.
Mitten in Wanderfels liegt, verschlossen hinter einer schweren Messingtür, unser Kornspeicher. Im Inneren ist Harlan gerade dabei, den Dorfbewohnern Plätze zuzuweisen. Ein Rahmen aus Fässern und Kisten zieht sich an den Wänden entlang. Auf ausgebreiteten Tüchern hocken Menschen Körper an Körper, schwatzen und lachen nervös miteinander, während sie versuchen, den Sturm zu vergessen. Aber ich kann in ihren Augen sehen, was sie wirklich denken. Rote, verwässerte Kugeln, manche voller Angst, manche einfach nur voll Ungewissheit. Ein Knallen hallt zwischen den Wände umher. Die hässliche Helena versteckt sich mit dem Kopf unter einem Kissen, während sie ihre Hände auf ihren Kopf gelegt hat und seltsame Worte vor sich her murmelt. Neben ihr weint ihre Tochter.
Eine Hand greift nach mir. Es ist Kastor.
„Was soll das alles?“
„Bitte, jetzt nicht.“
„Was soll das? Wieso schicken die Götter uns einen Sturm?“ Der Fischer war nie hübsch, aber seit Harlan ihm ein blaues Auge verpasst hat, würde ihm nicht einmal mehr Elise einen Besuch abstatten.
„Kastor, ich muss meinen Sohn finden! Hast du Artjom gesehen?“
„Wieso schickt der Winter einen vierten Boten? Was haben wir denn falsch getan? Womit haben wir all das Leid verdient?“
„Ich weiß es nicht!“
Seine Hand löst sich. Plötzlich steht Harlan neben mir.
„Harlan, wo ist Artjom?“
„Was?“
„Wo ist mein Sohn? Hast du ihn gesehen?“
„Nein. Keine Ahnung. Ich dachte, du würdest ihn holen.“
Ich stürme zur Tür, aber seine Hand packt mich an der Schulter. „Was tust du da? Du kannst da nicht einfach rausgehen! Im Sturm wirst du keine fünf Minuten überleben!“
„Artjom ist da draußen.“
„Es hat keinen Sinn, nach ihm zu suchen.“
„Gar nichts ergibt mehr Sinn.“ Es fühlt sich an, als würde mir mein Leben zwischen den Fingern verrinnen. Ein Teil von mir fehlt, den ich noch gar nicht kannte, gar nicht wahrgenommen habe. Als habe jemand die Uhr zu einem Punkt zurückgedreht, an dem ich Eva noch nicht kannte und Artjom nicht mehr war als Name. Ich fühle mich wieder wie der junge, unbeschwerte Mann, der voller Tatendrang in die Welt hinauszog, und doch schwingt dabei etwas mit, dass sich erst jetzt ein Teil von mir ist.
Ein Lügner. Ich bin ein Lügner.
Und ich fühle mich unglaublich betrogen.
„Bruder, jetzt hol mal tief Luft. Dein Sohn ist ein kluger Bursche. Sicherlich versteckt er sich, bis der Sturm weg ist. Du wirst schon sehen. Ihm passiert nichts.“ Aber in seinen Augen sprechen etwas anderes. Auch er lügt. Er weiß, wie die Dinge wirklich stehen.
Ich muss an Ise denken und an Eva. An die Späher. An alles, was der Winter genommen hat. Ich würde eher sterben, als Artjom zu verlieren.
Ich löse mich von ihm und greife nach der Klinke.
Es klopft an der Tür. Ein einziges Mal, hart und kurz.
Die Gespräche verstummen. Die Leute starren Harlan an. Harlan starrt mich an. Meine Hand schwebt über der Klinke, wartet auf eine Entscheidung.
Es klopft erneut. Ich reiße die Tür auf.
Schnee weht herein, blendet mich, nimmt mir die Sicht. Schlagartig wird die Wärme, hinausgezogen, während ich langsam wieder zu sehen beginne.
Im Türrahmen steht ein Mann. Er hat scharfe, kantige Gesichtszüge und blasse Wangen, in denen sich das Licht der Goldfäden spiegelt. Schneeweiße Haare fallen ihm über die Schultern und über einen zerschlissenen Mantel. In der Hand hält er einen kahlen Wanderstock. Frost überzieht seine Fingerkuppen und seine faltigen, alten Hände.
Hinter ihm erscheint Artjom. Er zwängt sich an dem Fremden vorbei und läuft zu mir, während sein unbekannter Begleiter einfach nur dasteht und uns anstarrt. Das Dorf starrt zurück.
„Wer bist du?“, fragt Harlan.
Langsam kommt er auf uns zu. Hinter ihm fällt die Tür ins Schloss. Im Licht der Goldfäden kann ich ihn genau betrachten. Sein Gesicht hat hunderte feine Kanten, wie ein Block Eis, welchen man immer und immer wieder zerkratzt und geformt hat. Schnee löst sich aus seinen Haaren und fällt zu Boden. Eine Gänsehaut jagt mir über den Rücken.
Er öffnet den Mund. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis er spricht, aber es könnten Stunden gewesen sein. Vielleicht auch Tage.
Menschen.
Seine Worte sind überall und nirgends gleichzeitig, hoch und tief, laut und leise. Ein Chor hallt von den Wänden wieder. Er redet mit der Stimme von Tausenden und doch nur mit der eines Einzelnen.
Der Knabe hat mich hierher geführt.
Sein Blick gleitet durch den Raum, bleibt an jedem von uns haften, als wäre unsere Existenz ein pures Wunder. Dunstschwaden bilden sich vor meinem Mund, während über uns der Sturm lauter wird.
Ich kenne diesen Ort
In seiner Stimme schwingt ein Hauch Verwunderung mit. Es mag an mir liegen, aber ich bin mir sicher, dass das Licht der Goldfäden vorhin heller war.
Wo bin ich?
Alle schauen zu Harlan. Harlan starrt zu mir. Ich erwidere etwas, aber die Worte bleiben mir im Hals stecken. Der Wanderer wendet sich mir zu.
„Wanderfels“, huste ich.
Wanderfels.
Er dreht sich zur Tür.
Ich kenne diesen Ort, aber ich weiß nicht, woher. Ich habe es vergessen.
Seine Finger berühren die Tür. Eis bildet sich auf dem Messing und breitet sich aus. Helenas Tochter umklammert ihre Mutter und vergräbt den Kopf in ihrem Schoss. Keiner rührt sich. Über uns tobt der Sturm jetzt in voller Stärke. Ich kann etwas krachen hören, ein Splittern.
Ich kann mich nicht erinnern. Ich hatte längst vergessen, dass ich vergessen habe.
Die Goldfäden werden immer schwächer. Das Eis bedeckt jetzt die ganze Tür.
„Was bist du?“, flüstert Harlan.
Ich weiß es nicht. Nicht mehr.
Er legt den Kopf schief, als dachte er angestrengt nach.
Ich wurde. Ich wurde verbannt. Ich muss etwas suchen.
„Verbannt?“ Es ist Kastor.
Eine Strafe.
„Aber warum?“, frage ich.
Ich weiß es nicht mehr. Es ist längst belanglos geworden.
Der Winter blickt sich um. Seine Hand nähern sich einer der Goldfasern, die sich durch die Wand zieht. Sie flickert, immer und immer wieder, und wird schließlich silbrig. Auf einmal ist es noch ein kleines Stückchen dunkler.
Ich kenne diesen Ort.
Harlan schaut zu mir rüber. Artjom zieht an meinem Ärmel. „Papa kennt die Geschichte. Los, erzähle sie ihm.“
Ausdruckslos wendet sich der Winter mir zu und so erzähle ich ihm dieselbe Geschichte, die ich auch Artjom und seinen Freunden erzählt habe. Ich berichte von einer Katastrophe im Osten, die den Boden zerrissen hat, von den Fragmenten, die jetzt durch die Welt fliegen, von den Goldfäden, die unsere Plattform mit ihrer exotischen Magie zusammenhalten. Ich erzähle auch, wie wir jedes Jahr in die Luft steigen und wie wir versuchen, den Boten zu entfliehen. All das nimmt der Winter schweigend auf und als ich fertig bin, senkt er den Kopf und dreht sich zur Eistür.
Danke.
„Wofür?“
Dass du mich erinnert hast. Ich muss jetzt gehen.
„Warte“, sage ich.
Er dreht sich zu mir um.
„Gibt es mehr? Mehr wie dich?“
Er überlegt.
Das letzte Mal, als ich ihnen begegnete, haben sie mich auf diese Welt geschickt. Ich weiß es nicht.
Dann öffnet der Winter die Tür aus Eis und verschwindet in der Dunkelheit.

Als der Sturm vorbeigezogen ist, bin ich der Erste, der aus der Gruft klettert. Kaum ein Haus steht noch. Die Tonwände sind zersplittert und voller Kratzer und Schnitte, die Baumstämme lädiert. Die meisten Strohdächer sind verschwunden. Stattdessen stapeln sich aufgelöste Fetzen in den Gassen wie Barrikaden. Etwas steht zwischen mir und die Sonne und ich brauche einen Moment, um zu begreifen, dass es schneeweiße Baumwipfel sind. Und sie werden größer.
Dann schlagen wir auf. Ein Wucht zuckt durch den Boden, reißt mich von den Beinen. Wanderfels neigt sich gefährlich scharf nach rechts und bleibt halb schräg auf der Seite liegen. Ich rutsche hinab, über den Marktplatz, aber schaffe es noch rechtzeitig, einen der Silberfaden im Boden zu packen. Jemand schreit. Der Brunnen, der noch eben senkrecht in den Himmel gezeigt hat, liegt jetzt quer und willkürlich. Um mir herum haben die meisten Goldfäden sich in Silber zurückverwandelt, aber stellenweise findet sich in ihnen noch einen Hauch Glanz, was unseren Fall abgemildert hat. Am Horizont kann ich das geschwungene Metall einer gigantischen Kette erkennen.
Wanderfels ist von seiner letzten Reise zurückgekehrt.
„Heilige Scheiße.“ Es ist Harlan. Er springt aus dem Brunnen, rutscht über den Steinboden und kommt wenige Meter neben mir zum Halt. Seine Augen weiten sich, als er den Anker sieht. „Vielleicht ist es an der Zeit, unsere Häuser auf dem Boden zu bauen. Was meinst du, Bruder?“
Ich nicke.
„Bist du jetzt eigentlich arbeitslos?“
„Keine Ahnung.“ Ich weiß bei bestem Willen nicht, wie es weitergehen soll.

Der Winter kommt nie wieder zurück. Er verschwindet im Osten. Ich weiß nicht, was er gesucht hat und weshalb, aber ich hoffe, er hat es gefunden. Ich bete für ihn, dass diese sinnlose Strafe ein für allemal ein Ende hat.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Meuvind,

Deinen Text zu korrigieren war echt hard work. Du hast noch jede Menge Rechtschreibfehler und unscharfe Formulierungen drin. Da tut eine gründliche Überarbeitung Not. Ich hab mitgeschrieben:

Auf der anderen Seite des Ufers klettert der Frost die Bäume hinauf, verteilt sich in den Ästen und spinnt das Holz in seinen toten Kokon ein.
Kokon finde ich als Bild schief, da würde ich etwas suchen wie eisige Umarmung o.ä..

Vorsichtig taste ich nach meiner halben Mondhalskette.
Was darf ich mir darunter vorstellen? :confused:

Massive Baumstämme stehen in jeder Ecke eines Hauses
Innen im Haus stehen Baumstämme? Oder meinst du: "Massive Baumstämme bilden die Ecken eines jeden Hauses?"

Zwischen den Ständen
Hä, wo kommen die denn jetzt her? Marktplatz, ok, aber da stehen ja nicht immer welche? Könntest du umgehen, wenn du schreibst: Alle sind gekommen, es ist Markttag.

Ein Wagen nach dem anderen rollt Richtung Stadtmitte, zum Speicher.
Nanu, Stadtmitte? Ich denke, es ist ein Dorf?

Kisten werden gepackt, gestapelt und vertaut,
verstaut oder vertäut?

die Seile um in den Boden eingelassenen Ösen geschlungen.
In den Wagenboden oder den Erdboden, wie muss ich mir das vorstellen?

Im Westen steht der Winter bereits vor der Tür
Die Redewendung finde ich zu ausgelutscht, da würde ich mir was anderes überlegen.

Alles, das Beine oder Flügel hat, ist schon weit, weit entfernt.
Alles, was …
Ich frage mich, was du meinst. Die Menschen (und ihre Beine) sind doch noch da? Ich würde deutlich machen , dass du nur von freilebenden Tieren redest, oder liege ich da falsch?

Mein Bruder und ich stehen zusammen am Rand des Dorfes, die Hände hinter dem Rücken und in die weite, weite Ferne blickend.
Aus dem Adverb würde ich ein Verb machen: … und schauen in die Ferne.

Irgendwelchen Regeln.
Irgendwelche

Was bin ich denn für ein Anführer, wenn ich nicht weiß, was um mir herum geschieht?
… wenn ich nicht weiß, was um mich herum geschieht?

Ach ja, Mister Heilig?
Mister finde ich unpassend, was spricht gegen den klassischen Meister?

Während meiner Abwesenheit hat mein Bruder Elise geheiratet, die Tochter des Metzgers. Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als wir beide um sie geworben haben. Eine schöne Frau.
Führt mich etwas raus, wofür brauche ich die Info? Mal sehen ...

Willst du mich eigentlich verarschen?
verarschen passt für mich nicht zum übrigen Duktus, da würde ich "auf den Arm nehmen" oder noch besser "einen Bären aufbinden" bevorzugen. Auch später würde ich die derbe Sprache reduzieren, wenn der Bruder spricht.

Er war schon immer unerlaubt ehrlich. Manchmal vermisse ich die Zeiten, als Harlan und ich noch kleiner waren.
Kleiner oder jünger?

Wir hatten mal mehr Gemeinsamkeiten als nur Blut.
nur (unser) Blut?

„Ich werde von hier zusehen.“
„Ich werde von hier (aus) zusehen.“?

Ich zucke mit den Schultern. Ein Knacken fährt durch den Boden, Grasbüschel fliegen in die Luft. Der Boden beginnt zu zittern. „Ich wollte noch einmal die Wälder sehen. Bevor der Winter kommt.“
Er stellt sich neben mich, greift meine Hand. Gemeinsam sehen wir zu, wie die goldene Linie vor uns ein Loch in den Boden schneidet. Plötzlich stehen wir an einer Kante. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, hebt Wanderfels ab und steigt in die Luft, hoch und immer höher. Neben mir weiten sich Artjoms Augen vor Ehrfurcht, während der Wald kleiner wird.
Das ist unfassbar geil. Jetzt macht alles einen Sinn. Chapeau.

Über dem Schalen brutzelt, aufgespießt auf einem Stock, ein Feuerschwan.
den, einen schön die Feuerschwan-Idee

und kaum einer kehrt zurück. Tatsächlich bin ich der Einzige.
das widerspricht sich, da würde ich ein "zur Zeit" einfügen.

eine Kante, und dahinter...“
Leerzeichen vor dem Dreipunkt.

obwohl sie es bereits zum tausendsten Mal hören.
klingt merkwürdig, Vorschlag: "obwohl sie es zum tausendsten Mal hören" oder "obwohl sie es bereits tausend Mal gehört haben.

während sie mit großen Augen allem folgen, das über meine Lippen kommt
Da fehlt am Schluss ein Punkt oder Doppelpunkt.

Über dem Abgrund schweben jetzt die Trümmern der alten Welt
Trümmer

Artjoms Freund weichen zurück
Freunde

Ab und zu wäre mal ein Absatz ganz nett, um den Text zu gliedern, sonst kommt das wie ein Block rüber und erschwert das Lesen ungemein.

In manchen Jahren ist hatten wir so viel Tauwasser
ist weg

… lasst es einfach davon ziehen
davonziehen

und dass sie jetzt dazu verdammt wären, auf ewig mit ihn zu wandern
ihm

Das kalte Metall liegt weich in meiner Hand.
Metall liegt weich? Oder liegt das Metall in der weichen Hand?

Stunden später, als das Feuer aus und die Kinder müde sind
so passt das nicht, Vorschlag: "Stunden später, als das Feuer ausgegangen ist und die Kinder müde sind, …"

mache ich mich mit Artjom auf nach Hause
UGS! … "auf den Weg nach Hause"

Er liegt auf dem Bett, kuschelt mit seinem Plüsch-Feuerschwan und starrt an die Decke.
Oh, das katapultiert mich aus dem Setting, genau wie auch die Türklinke. Ich befinde mich in einer archaischen Welt und begegne Plüsch-Tieren? Da würde ich umschwenken auf eine Feuerschwanpuppe aus grob zusammengenähten Stofffetzen.

Ich dachte, du hast Eine
eine (bezieht sich auf Frau im Satz davor)

hat mehr Gripps als diese Frau
Grips

Jede Nacht hurt sie sich von einem Kerl zum Anderen
anderen immer klein.

Was ich dir eigentlich sagen will, ist, du bist ein Esel
Das hakelt. Vorschlag: "Was ich dir eigentlich sagen will, ist Folgendes: Du bist ein Esel."

zwänge mir die Schuhe über die Füße
zwänge meine Füße in die Schuhe?

Vorsichtig bewege ich mich auf Artjom und die Kante zu, die Hand nach ihm ausgestreckt.
Unscharfes Bild, die Kante hat keine Hand.
Vorschlag: "Vorsichtig bewege ich mich auf Artjom und die Kante zu, die mit einem unsichtbaren Band an ihm zu zerren scheint."

wirbelt um meine Arme und Beine, lässt sich von einem unsichtbaren Wirbelsturm treiben.
unschöne Doppelung

Dampfend schmilzt der Neuschnee. Artjom und ich stehen an der Kante, als das Wasser ins Tal hinunterstürzt, halten Hände, als das Irrlicht verschwindet, und sind noch immer zusammen, als der Tag über uns hereinbricht.
Schöner letzter Satz!

Deine Geschichte erinnert mich an eine animierte Serie, die mal bei Pro7 lief. Da ging es auch um Erdfragmente, die wie Inseln durch das All treiben. Hab leider den Namen vergessen.

Du schreibst schöne, atmosphärisch dichte Fantasy. Ich mag die Story, auch wenn sie mMn den Rahmen einer Kurzgeschichte bei weitem sprengt. Wie du den Haupt-Erzählstrang mit dem Abheben der Bodenscholle unterbrichst, den Ich-Erzähler die Welt weiter ausbreiten lässt, um schlussendlich alle Fäden wieder zusammenzubringen und die Story übersinnlich mit der irrlichternden Mutter aufzulösen, das ist schon echt klasse. Du hast echt eine Wahnsinns-Phantasie und hast die KG sehr geschickt konstruiert. Ein Feilen an der Sprache und eine Strukturierung des Aufbaus mit sinnvollen Absätzen würde sich meiner Meinung nach positiv auswirken.
Am Titel würde ich auch etwas ändern. Ich denke du meinst, dass die Boten des Winters das Irrlicht/ die Mutter zurückbringen, doch das kann ich mir nur zusammenreimen. Warum so kryptisch?

Peace, linktofink

ps. eine Sache noch, die ich mich gefragt habe: Wie reist der Ich-Erzähler eigentlich, wenn alle Inseln durch die Luft fliegen?

 

@RinaWu @Achillus @TeddyMaria @Lem Pala @Friedrichard @Vulkangestein @rieger @Isegrims @greenwitch @weltenläufer @maria.meerhaba @erdbeerschorsch @Kanji @linktofink

Sooooooooo. Hat ne ganze Weile gedauert. Hier mal die Patchnotes:

-Weniger Rechtschreibfehler und Sprachsülze. Ich schreibe bewusst weniger, ich kenne mich ja. Schon mal ein fettes Sorry im Voraus.
-Der Anfang ist ein wenig überarbeitet, paar mehr Adjektive und Beschreibungen, damit es runder wird
-Die letzte Hälfte wurde gelöscht, bestehende Dialoge und weiteres überarbeitet.
-Der Fokus hat sich verändert. Es geht nicht mehr um Artjoms Beziehung zu seinem Vater und den Verlust seiner Mutter, sondern stärker um den Winter und dessen Konsequenzen für das Dorf. Das Ganze geht Hand in Hand mit einer zunehmenden Glaubenskrise des Prots. und ein bisschen Theodizeefrage. Ich hoffe, dass die Fäden jetzt besser zusammenlaufen und sich das Ergebnis runder anfühlt. Tut es zumindest für mich.

Ich gehe natürlich weiter auf eure individuellen Kommentare ein, hab da was aufzuarbeiten.

Liebe und dankvolle Grüße
Michel

 

Hi @maria.meerhaba,

tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.

Für mich bricht der Spannungsbogen zusammen, als der Vater irgendeine Geschichte erzählt. Da wird aus der außergewöhnlichen Geschichte ganz plötzlich gewöhnlicher Alltag, in der nichts mehr zu passieren scheint und ich gezwungen werde, eine nicht fabelhafte Vater-Sohn-Beziehung zu verfolgen, die an ihrer eigenen Einfältigkeit erstickt.

Uhm, ja. Stimmt schon irgendwie. Tatsächlich war die Märchenstunde für mich der Punkt, wo ich auch gesagt habe: Okay, das passt nicht. Die nicht fabelhafte Vater-Sohn-Beziehung ist jetzt raus, weil, naja. Einfältig passt.

All das Wunderbare, der Zauber des Anfangs und ihre Beschreibung, all das geht in der Handlung unter, die nur von der Beschreibung des Dorfes und des Winters lebt.

Ich hoffe, die Handlung sagt dir jetzt mehr zu.

Das schaffst du bislang nicht. Hier und da funktioniert es. Als er in das Zimmer von dem Sohn betritt, da bekam deine Figur etwas mehr Leben als sonst

Tatsächlich fand ich, dass das eine der schwächsten Szenen war. Mir ist durchaus bewusst, dass der Prot. sehr passiv agiert, was ich aber bis zu einem gewissen Grad auch möchte. Seine Zurückhaltung passt mMn zu seinem Dasein als Priester und seiner persönlichen Veränderung, die er aufgrund Evas Tod durchlebt.

Und er lässt das als Oberhaupt zu? Nur eine Frage, kein Vorwurf an den Autor. Aber wieso lässt er das zu? Vor allem wenn er einen Ruf zu wahren hat? Macht sich der Anführer zum Gespött, wird ihn doch niemand mehr ernst nehmen und das lässt er einfach so zu? Wieso?

Da habe ich auch drübernachgedacht. In der aktuellen Version liegt es am Tod seiner kleinen Tochter, durch den er sich von seiner Frau, auch wenn noch verheiratet, entfremdet hat. Während sie wahllos Liebschaften eingeht, säuft Harlan seinen Kummer einfach weg. Somit ist er längst das "Gespött der Leute" und checkt es nur nicht.

Wie lange fliegt schon das Dorf? Wenn du mich fragst, am Morgen ist es hochgeflogen und es ist noch eine Nacht vergangen. Zumindest macht deine Geschichte diesen Eindruck auf mich, so dass ich dieser Aussage keinen Glauben schenken kann.

Hmm. Geändert.

Tja, in meiner Fantasie springt der Vater und der Sohn von dem Dorf hinunter, sterben brutal und das Dorf knallt ihnen auf den Kopf und alle sterben und irgendwie ist das eine Genugtuung, weil keiner mehr lebt, der die losen Enden zusammenbinden und die Geschichte vollständigen kann.

Ich mag deine Fantasie.

Wenn die Challenge nur aus unfertigen Geschichten bestehen soll, werde ich dieses Jahr meinen Pfeffer dazu nicht geben.

Screw it. Ich habe die meisten Fäden jetzt zusammengeführt, die, die nicht passen, überwiegend rausgenommen. Ich würde mich freuen, wenn du der Geschichte noch eine Chance gibst. Vielleicht gefällt sie dir ja jetzt besser.

Liebe Grüße
Michel

Hi @erdbeerschorsch,

Nicht ganz präzise erscheint mir das hier:
-- "Als wir das Dorf erreichen, hat sich die Nachricht bereits herumgesprochen."
- Die Nachricht? Die beiden haben doch gerade den Winter gesehen, nicht davon reden hören!

Jup. Ist raus.

Der Begriff "Jahreszeit" wirkt hier wie ein Splitter aus unserer Welt, nicht als Element deiner Fantasiewelt.

Auch richtig. Damn, hab ich vollkommen übersehen.

Und warum sollte es dumm sein, auf die Götter zu vertrauen? Auf die Götter vertrauen hieße hier ja, darauf zu vertäuen, dass es irgendeinen Sinn habe, dass der Winter so schnell wiederkommt.

Tatsächlich habe ich da ne Weile drüber nachgedacht und finde, dass das als roter Faden für die Geschichte viel mehr taugt. Dementsprechend hat sich die Handlung jetzt ab der Hälfte größtenteils verändert.

Wir haben mehr Gemeinsamkeiten als unser Blut. Oder das Blut, ginge auch noch. Aber das muss schon rein, dass es ein bestimmtes Blut ist, nicht Blut im allgemeinen.

Das fand ich gar nicht, aber okay. Du scheinst nicht der Erste zu sein, den das stört.

Diese Linien, die dann kommen, das find ich wieder ganz gekonnt. Ich hab zwar auf die Schnelle nicht ganz und gar folgen können, aber das dürfte an mir liegen. Besser so, als wenn du zu viel erklärst.

:thumbsup:

(Wie dann Harlan im Traum erscheint, puh, das ist schon hart am Kitsch, oder? Und spröde ist es auch.)

Ein Traum war das jetzt nicht, das war schon echt....

Vielen Dank für deine Eindrücke

Liebe Grüße
Michel

 

Hallo @Meuvind,

ich habe deine Geschichte direkt nach der Erstellung angefangen zu lesen. Ich bin nicht weit gekommen, irgendwie hat es mich nicht so richtig gepackt und der Text ist ja nicht gerade kurz. Ich habe dann die anderen Kommentare verfolgt und mitbekommen, dass du einiges überarbeiten willst und erstmal abgewartet. Und jetzt bin ich wieder hier. :)

Du weißt, ich liebe Fantasy und ich finde es gibt viel zu wenig Fantasyautoren in diesem Forum. Freut mich, dass es mit dir nun einer mehr ist!

Ich finde du erschaffst eine schöne Welt, die Erzählweise ist mir allerdings etwas zu behäbig. Kennst du Patrick Rothfuss, der erzählt auch sehr ausufernd und ist damit gerade sehr erfolgreich. Ich musste mich teilweise etwas durch seine Bücher quälen und bei dir ging es mir ähnlich. Man will weiterlesen, weil man weiß, da kommt noch was gutes, aber zwischendurch fragt man sich, warum denn da so viele Zeichen stehen.

Dieses Jahr kommt der Winter aus Westen.
Das mit dem Winter ist natürlich grade sehr in, Game of Thrones hat es ja vorgemacht mit den Jahreszeiten, die kommen, wann sie wollen. Von daher wäre es doch mal erfrischend gewesen, den Sommer als Bedrohung auftreten zu lassen. Die Waldbrände in Kalifornien zeigen einem ja wie erschreckend auch diese Jahreszeit sein kann. Du hast dich für den Winter entschieden, das ist jetzt wohl nicht mehr zu ändern. Und ich hasse den auch, von daher passt das schon. :)

Das Blattwerk, noch eben farbenfroh im Sommerwind wiegend, wird steif und grau und zerspringt mit einem Knall in kleine Eisstücke.
Der Einstieg gefällt mir gut. Auch, dass die grünen Blätter gefrieren, zeigt den krassen Übergang von Sommer zu Winter.
Nur die Stelle mit dem Knall finde ich nicht so passend. Ich stelle es mir eher vor wie ein Knistern, ein Zerreißen. Der Knall ist mir zu laut.

Sein kindliches Gesicht verblasst im Angesicht des Winters.
Nicht so schön. Gesicht und Angesicht. Und verblassen ist ja auch nicht das richtige Wort. Vielleicht in die Richtung:
Artjoms kastanienbraune Augen weiten sich vor Staunen und der kalte Wind bläst jegliche Farbe aus seinem Gesicht.

Wanderfels
Der Name gefällt mir, da habe ich mich direkt gefragt, wie der Ort zu seinem Namen kommt und ob er wohl wandern kann.

Wanderfels liegt auf einem kahlgeschlagenen Hügel, umgeben von einem dichten, schattigen Kiefernwald. Noch treibt sein würziger Geruch durch die Luft, aber wenn man den Boden genauer betrachtet, kann man auf dem Nadelteppich bereits eine dünne Frostdecke entdecken. Jeden Schritt, den ich mache, wird von einem ungewohnten Knirschen begleitet.
Du nutzt mir zu viele Adjektive. Auch so etwas macht einen Text langsam und behäbig. Die Beschreibung ist schön, könnte aber knackiger sein.
Wanderfels liegt inmitten eines Waldes auf einem Hügel. Der würzige Duft der Kiefern hängt noch in der Luft, aber der Frost knirscht bereits bei jedem Schritt unter meinen Füßen.
Ich weiß, so willst du nicht schreiben, und das sollst du auch gar nicht. Das wäre mein Stil und nicht deiner. Ich wollte nur einmal aufzeigen, was man alles wegnehmen könnte.

Wir leben in einfachen Häusern, mit Wänden aus gebrannten Tonziegeln und Baumstämmen in jeder Ecke. Auf den Dächern schützen Strohbündel vor Wind und Wetter.
Ist mir zu tellig, die Info ist auch nicht wichtig.
Den Punkt mit den Baumstämmen hat schon jemand angesprochen, das finde ich auch merkwürdig formuliert.

Stattdessen ziehen sich silbernen Linien einmal um das ganze Dorf.
Das mit den Linien ist eine coole Idee.

Alle sind gekommen.
Hier dachte ich kurz, alle Linien seien gekommen.

Kaum einer ragt mir bis zur Schulter. Ich will Artjom gerade auf meine Schultern setzen,
Zweimal Schulter.

Seine Stimme geht im Raunen unter. Verzweifelt versucht Harlan, sich Stimme zu verschaffen,
Zweimal Stimme. Versuch auf so Wortwiederholungen zu achten. Das liest sich nicht so schön. Tipp: Ich merke sowas am ehesten beim Lautlesen.

„Halt die Fresse, Hure“,
Ähm, wie bitte?! Was läuft denn mit dem schief?

Mein Bruder hatte noch nie ein Händchen für Menschen.
Das ist ja die Untertreibung des Jahrhunderts.

Umgehend beginnen wir mit den Vorbereitungen für unsere Abreise.
Die Stallburschen bringen die Pferde in ihre Boxen, die Schäfer treiben ihre Herden zusammen.
Ich bin der Meinung alle Possesivpronomen könnte hier durch einfache Artikel ersetzt werden. Und dafür vielleicht die „dies“ bei Stallburschen und Schäfer entfernen.

Vor ein paar Tagen ist eine Gruppe Späher nach Osten aufgebrochen. Harlan lässt Tauben nach ihnen schicken, wenn auch eher aus verzweifelter Hoffnung als aus Vernunft.
Hiervor würde ich einen Umbruch setzen. Es ist ein gedanklicher Wechsel von den Vorräten zu den Spähern. Du machst generell ziemlich wenig Umbrüche.

in die weite, weite Ferne blickend
Mindestens ein weit kann weg, vielleicht sogar beide.

Langsam beruhigt sich sein Atem.
Seine Atmung oder?

aber der Anker sitzt zu tief im Boden, als dass wir forttreiben könnten.
Mir ist nicht ganz klar, warum sie diesen Anker brauchen. Wäre forttreiben nicht gut? Ist es nicht überall besser als im herz des Winters?

Als ich mit Eva und Artjom zurückgekehrt bin, habe ich befürchtet, die Leute würden meinen Sohn behandeln wie einen Aussätzigen. Es ist Harlan zu verdanken, dass die Meisten ihn akzeptiert haben.
Ich bin mir nicht sicher, ob das Perfekt hier Sinn macht.

Artjoms Freund Sven zieht ein Holzschiff durch ein Meer aus Stein und Dreck. Seine Freunde tun es ihm gleich und knien sich zu ihm auf den Boden.
Die Stelle irritiert mich. Da steht also Harlan, sprengt die Erzählrunde, die Kinder sind verstört und ängstlich. Und im nächsten moment spielen sie friedlich. Was ist passiert? Harlan ist ja immer noch da.

Seine Lippen beben, wenn er spricht, und zittern, wenn sie stillstehen. In der Dunkelheit liegen seine kleinen Augen noch enger in der Stirn. Fast scheint es, als wollten seine Stirnlappen sie verschlingen.
Seine, seine, seine. Das mit den Stirnlappen hört sich eklig an. Wie ein Alien.

Nein, das ist Schwachsinn, Sohn
Unsinn empfinde ich hier als passender.

Und jetzt geht mir so langsam die Puste aus. Die Spannung ebbt ab und es gibt keinen Haken, der mich weiter zieht. Außer natürlich der Challengehaken, der zieht im Moment immer und unerbittlich, macht keine Ausnahmen.
Die Leute habe den Absprung geschafft, es ist ungemütlich und kalt, aber das haben sie ja schon oft überstanden nicht wahr? Mir fehlt also der Köder, die Frage, die mich dazu bringt weiter zulesen.
Ich finde du schreibst schön, gemütlich, wie ein bequemer Sessel ist. Aber wenn man da zu lange sitzt , dann schläft man ein, döst vor sich her und genießt dass es so bequem ist. Rüttle mich wach. Lass etwas passieren, mit dem ich nicht rechne.

Seit der Märchenstunde ist er sonderbar ruhig.
Der Wind? :p

Ich habe bei bestem Willen keine Ahnung, wie ich einem Kind die schweren Seiten des Glaubens beibringen soll.
Als Priester sollte er doch so was besser draufhaben oder nicht?

Die letzte Statue ist unbearbeitet. Im Laufe der Zeit ist er in Vergessenheit geraten, genauso wie alle seine anderen Namen und seine Geschichten, und so kennt man ihn nur noch als den Verlorenen. Einzig und alleine seine bloße Existenz ist geblieben. Falls ein Gott sterben kann, dann sieht sein Tod so aus.
Das ist nett, und ich bewundere, wie viele Details du dir ausgedacht hast. Aber ich bin der Meinung so etwas hat in einer Kurzgeschichte nichts zu suchen. Das ist etwas für einen Roman. Wenn du diesen Abschnitt löschst, wird der Geschichte nichts fehlen.

Dann geht es weiter um einige Schwierigkeiten, die der Winter mit sich bringt, die Strafe von Kastor, der Selbstmord des Waisenmädchen, die Irrlichter, das alles schafft Atmosphäre, aber mitreissen tut es mich nicht. Spannung kommt erst hier wieder auf:

„Er kommt! Ein vierter Bote kommt!“
Oh, einen vierten Boten kennen wir noch gar nicht. Er scheint nicht beleibt zu sein.

aber der hat das Seil bereits mit beiden Händen gepackt und verschwindet im der Dunkelheit des Brunnens.
Irgendwie passt das nicht zu dem Harlan, der sich sonst wegen seiner Untertanen so Sorgen macht.

Ich stürme zur Tür,
Irgendwie kriege ich das nicht ganz sortiert. Der Zugang zu dem Speicher ist im Brunnenschacht? Und ganz unten ist dann diese Tür?

Ein Teil von mir fehlt, den ich noch gar nicht kannte, gar nicht wahrgenommen habe.
Was meist du damit? Die Liebe zu seinem Sohn?

Schnee weht herein, blendet mich, nimmt mir die Sicht.
Wenn die Tür im Brunnenschacht ist, ist diese dann nicht geschtzt?

Im Licht der Goldfäden kann ich ihn genau betrachten.
„Im Licht der Goldfäden“ benutzt du ganze vier Mal im Text.

Sie flickert, immer und immer wieder, und wird schließlich silbrig.
Flickern kenne ich nicht. Eher flackern?

Etwas steht zwischen mir und die Sonne
Und der Sonne.

liegt jetzt quer und willkürlich.
Der Brunnen liegt willkürlich? Das hört sich merkwürdig an.

Am Horizont kann ich das geschwungene Metall einer gigantischen Kette erkennen.
Das kann ich mir nicht vorstellen. Ist die Kette so riesig, dass sie sich wie ein gebirge auftürmt und sogar über den Bäume zu sehen ist?

„Vielleicht ist es an der Zeit, unsere Häuser auf dem Boden zu bauen. Was meinst du, Bruder?“
Ich nicke.
„Bist du jetzt eigentlich arbeitslos?“
Irgendwie verstehe ich das ganze Ende mit dem Winter nicht. Wieso ist er gegangen? Wieso sind sie sich sicher, dass er nicht mehr wiederkommt? Wieso hat die Magie versagt? Warum sollte der Prota nun arbeitslos sein?
Das mit der Strafe, der Verbannung des Winters, und dann ist die Geschichte die Lösung? Hä? Irgendwas habe ich glaube ich verpasst.

Also eigentlich habe ich schon alles gesagt, ich mag deine Fantasie und deine Art zu schreiben. Aber deine Art zu erzählen ist mir zu langatmig, da ist mir zu viel Beiwerk, zu viel, das die Geschichte aufhält anstatt sie vorwärts zu bringen. Aber das ist nur meine Meinung, ich bin mir sicher, dass es viele gibt, die genau diese Art der ausschweifenden Fanatsy lieben – siehe Patrick Rothfuss.
Ich freu mich auf jeden Fall auf weitere Geschichten von dir und wünsch dir viel Erfolg bei der Challenge.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hi @Kanji,

Die kommt einige Male vor und, nenn mich pingelig, glaube nicht an eine halbe Kette, sondern nur an ein halben Amulett, einen halben Anhänger.

ja das Problem wurde öfters angesprochen, sollte eigentlich ein halber Mond sein. Da es aber nicht besonders wichtig für die Handlung war, ist es jetzt raus.

Das ist gemein. Die Eltern hatten so viel Hoffnung auf eine schöne Tochter. :shy:

Tjaaaa. Das Leben spielt halt nicht immer so, wie man es möchte :lol:.

Könnte man nicht die Heiligen Vier als eigenständiger Begriff schreiben? Ich mag, dass es kein monotheistischer Glaube ist.

Hmm. Interessante Idee.

Ein Bruderzwist, der aber eher harmlos daherkommt, nur so verbales Gerangel. Auch okay. Ich störe mich ein wenig an dem Wort Mister und wundere mich selbst.

Jup, falsche Sprachebenen. Auch ne Sache, die gehen musste.

Auch hier passt das Adjektiv nicht sooo gut, denn du meinst sicher jünger. Klein ist Harlan ja immer noch, wenn ich es richtig verstanden habe. :D

Richtig, das trifft es besser :lol:.

:susp: so n blöder Wetteinsatz. So n blöder Harlan.

Ich hab den Kerl mittlerweile richtig ins Herz geschlossen.

Und jetzt sag ich’s doch: Der Mond hat kein Licht. :klug:

Recht haste!

Ich schwanke zwischen fünf und dreizehn :D

Ich bin mir das auch nicht sehr sicher, hatte so um 8-9 im Kopf.

ch wünsche dir viel Glück für die Challenge und freundlicher Gruß, Kanji

Danke!

Liebe Grüße
Michel

 

Hallo @Meuvind,
was ich an deiner Geschichte mag, sind die sinnlichen Bilder, die du schaffst, den Wanderfels, die Goldfäden, die schwere Kette, die Wirkung, die der Winter hat. Auch das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Brüdern, die sich aber doch immer wieder treffen, fand ich interessant, wobei ich deinen Protagonisten im Vergleich zu seinem Bruder eher blutleer fand, aber das ist wohl seine Rolle als "Pfaffe". Seit dem ersten Einstellen hast du einen Schwerpunkt gesetzt, auf den Zweifel an den Göttern, der auch in Artjom wächst. Im Gegensatz zum "echten Leben", wo sich Naturkatastrophen ja durchaus auch auf menschliches Fehlverhalten zurückführen lassen, spielt deine Geschichte in einer alten Welt, in der die Menschheit Spielball der Götter ist. Möglicherweise würde es deiner Geschichte noch mehr Spannung geben, wenn der Zweifel der Menschen an Artjom und an den Göttern zu einer bedrohlichen Situation für ihn oder seinen Sohn führen könnte. Hier könntest du noch ein paar "goldene Fäden" zusammenführen. Das Volk begegnet den beiden sowieso schon mit Misstrauen. Was passiert, wenn sich in dieser Situation die Götter gegen die Menschen wenden? Es zieht sich so durch, dass er als Priester offenbar gar keinen Draht nach oben hat und seine Durchhalteparolen wirken ja sehr schwach.
Dass am Ende der Gott selbst auftaucht, dement und desorientiert, das fand ich allerdings originell.

Noch ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind:

Jeden Schritt, den ich mache, wird von einem ungewohnten Knirschen begleitet.
Jeder

Je näher wir dem Marktplatz kommen, desto mehr tauchen auf, erscheinen aus Straßen, Gärten und Hinterhöfen, kreuzen sich mit der Linie, der wir folgen, und weben ein dichtes Netz, das immer feinmaschiger wird.
Schön, das Netzbild.

„Fresse halten!“, brüllt eine Stimme.
Gut eingeführt. Das hat was Humoristisches mit dem Bruder.

Verzweifelt versucht Harlan, sich Stimme zu verschaffen, und wedelt mit den Armen in der Luft, während sein Gesicht dieselbe Farbe annimmt wie sein Bart.
Eben. Heißt es nicht "sich Gehör verschaffen"?

„Hab Demut, Bruder. Es ist nicht unser Recht, die Götter und ihre Werke zu verstehen. Wenn es ihnen danach steht, werden sie uns den Sinn offenbaren. Aber nicht vorher.“
Ach ja, die alte Leier.

Einige von ihnen haben noch nicht verstanden, dass ihre Väter nicht mehr zurückkehren werden, aber niemand will derjenige sein, dass es ihnen erklärt. Also lassen wir sie spielen.
der

Ich habe bei bestem Willen keine Ahnung, wie ich einem Kind die schweren Seiten des Glaubens beibringen soll. Das es Tatsachen gibt, die jenseits unserer Macht und unseres Verstehens gefällt werden. „Eines Tages wirst du den Sinn darin verstehen, Sohn. Eines Tages. Aber bis dahin musst du ihnen dein Vertrauen schenken.“
Das klingt sehr ... hohl.

Die letzte Statue ist unbearbeitet. Im Laufe der Zeit ist er in Vergessenheit geraten, genauso wie alle seine anderen Namen und seine Geschichten, und so kennt man ihn nur noch als den Verlorenen. Einzig und alleine seine bloße Existenz ist geblieben. Falls ein Gott sterben kann, dann sieht sein Tod so aus.
Das Bild gefällt mir gut. Ich glaube, das "er" würde ich durch "der Gott" ersetzen, weil es sich sonst falsch auf "die Statue" bezieht.

Sie ist nicht echt.
Das verstehe ich nicht.

Ich schweige, geduldig darauf wartend, ob die Götter mir etwas mitzuteilen haben. Leider ist der Einzige, der etwas mitteilen möchte, Harlan.
:D

Tatsächlich ertappe ich mich immer öfter selbst dabei, ein Gefühl der Ungeduld zu verspüren.
ein Gefühl verspüren. Hm. Geht das plastischer? Dass er sich bei einer aggressiven Handlung gegenüber den Götzen ertappt? Einem beim Putzen die Nase abbricht, oder so?

„Meiner Meinung gibt es nur drei Möglichkeiten. Entweder gibt es deine Götter überhaupt nicht. Oder sie können den Winter nicht aufhalten. Oder es ist ihnen einfach scheißegal.“
Ja, hier wird genörgelt, aber für deinen Protagonisten hat das eben keine Konsequenzen.

Plötzlich taucht unter uns eine gewaltige Kette aus Stahl und Eisen auf. Ein Ruck fährt durch den Boden, als sie sich spannt und die Insel zum Stillstand zwingt, aber der Wind presst sich noch immer gegen das fliegende Stück Fels.
Schön.

Ich fühle mich wieder wie der junge, unbeschwerte Mann, der voller Tatendrang in die Welt hinauszog, und doch schwingt dabei etwas mit, dass sich erst jetzt ein Teil von mir ist.
ein Wort zuviel

Ein Lügner. Ich bin ein Lügner.
Und ich fühle mich unglaublich betrogen.
Gut gemacht, dass er an den Punkt kommt, kurz bevor der Gott anklopft.

Ich kann mich nicht erinnern. Ich hatte längst vergessen, dass ich vergessen habe.
Den zweiten Satz finde ich entbehrlich. Das ist so eine Metaebene.

So ganz sicher bin ich nicht, ob ich die ganzen Hintergründe verstanden habe. Der Winter ist irgendwie total verstört, weiß aber, dass seine Strafe eigentlich schon verjährt ist. Dann trollt er sich. Und der Wanderfels bleibt von da an am Boden.
Ich glaube, du bist dabei, eine schöne, bildhafte Sprache zu entwickeln. Ob das mehr in Richtung Fantasy oder Märchen geht, vermag ich gar nicht zu sagen. Ich wünsche dir noch viel Spass bei der Challenge, Meuvind.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hi @linktofink,

Deinen Text zu korrigieren war echt hard work.

Vielen, vielen Dank für dein aufmerksames Auge und deine fleißigen Finger :lol: leider komme ich schnell in einen Flow, der dann bald alle Fehler ausblendet. Das ist noch eine der Sachen, die ich mir aneignen muss. Hab auf jeden Fall alles korrigiert.

Kokon finde ich als Bild schief, da würde ich etwas suchen wie eisige Umarmung o.ä..

Gemeint war aber keine Umarmung, sondern tatsächlich ein Kokon. Ein Kokon aus Eis, das ist kein bloßes Bild, sondern wirklich schon die Beschreibung.

Was darf ich mir darunter vorstellen? :confused:

Die Kette hat ja für reichlich Verwirrung gesorgt :D ein halber Anhänger, nicht die halbe Kette. Ist aber jetzt raus.

Innen im Haus stehen Baumstämme? Oder meinst du: "Massive Baumstämme bilden die Ecken eines jeden Hauses?"

Letzteres. Wurde auch umgeschrieben.

Nanu, Stadtmitte? Ich denke, es ist ein Dorf?

Ja, unglückliche Formulierung meinerseits.

In den Wagenboden oder den Erdboden, wie muss ich mir das vorstellen?

Auch wieder letzteres.

verarschen passt für mich nicht zum übrigen Duktus, da würde ich "auf den Arm nehmen" oder noch besser "einen Bären aufbinden" bevorzugen. Auch später würde ich die derbe Sprache reduzieren, wenn der Bruder spricht.

Die Sprachebenen waren echt verzwickt. Hab erstmal alles "moderne" rausgenommen. Zwar besteht noch immer ein deutlicher Unterschied zwischen Harlan und seinem Bruder, aber das muss so. Ich hoffe, ich habe damit ihre Persönlichkeit ein bisschen besser eingefangen.

das widerspricht sich, da würde ich ein "zur Zeit" einfügen.

Jup, ist auch raus.

Ab und zu wäre mal ein Absatz ganz nett, um den Text zu gliedern, sonst kommt das wie ein Block rüber und erschwert das Lesen ungemein.

Ja, jetzt sind deutlich mehr Absätze drin. Ich hoffe, es ist jetzt angenehmer zu lesen :D.

so passt das nicht, Vorschlag: "Stunden später, als das Feuer ausgegangen ist und die Kinder müde sind, …"

Huh. Ist mir tatsächlich gar nicht aufgefallen.

Oh, das katapultiert mich aus dem Setting, genau wie auch die Türklinke. Ich befinde mich in einer archaischen Welt und begegne Plüsch-Tieren? Da würde ich umschwenken auf eine Feuerschwanpuppe aus grob zusammengenähten Stofffetzen.

Auch raus. Der Feuerschwan hatte eigentlich keine Funktion, also habe ich ihn "gefeuert" (BA DUM TSS!)

Deine Geschichte erinnert mich an eine animierte Serie, die mal bei Pro7 lief. Da ging es auch um Erdfragmente, die wie Inseln durch das All treiben. Hab leider den Namen vergessen.

Tatsächlich habe ich die Idee aus einem Spiel, Bastion oder so, wo man eine fliegende Insel hat, die Stück für Stück mit neuen Fragmenten erweitert wird. Dass mit den Linien, keine Ahnung, die fand ich einfach cool, also habe ich sie reingepackt. Das mit Gold und Silber kam dann später dazu.

Du schreibst schöne, atmosphärisch dichte Fantasy. Ich mag die Story, auch wenn sie mMn den Rahmen einer Kurzgeschichte bei weitem sprengt.

Ha! Lies sie mal jetzt. Ist nur fast doppelt so lang...
Vielleicht sollte ich einfach an Romanen arbeiten.

Am Titel würde ich auch etwas ändern. Ich denke du meinst, dass die Boten des Winters das Irrlicht/ die Mutter zurückbringen, doch das kann ich mir nur zusammenreimen. Warum so kryptisch?

Was die Boten bringen sind Erinnerungen, ein Stück Vergangenheit, was aber dennoch konserviert wurde. Die Irrlichter sind ein letzer Bestandteil dessen, was einst Menschen waren. Der Titel sollte eigentlich darauf anspielen, dass der Vater mit dem Eintreffen des Irrlichts seinen Sohn wiederfindet, sich die beiden wieder näher kommen. Aber da das alles in der neuen Fassung raus ist, brauche ich wohl einen neuen Titel....

Viele Grüße und danke für deinen hilfreichen Kommentar!
Michel

 

Hi @Nichtgeburtstagskind,

sorry, dass es so lange gedauert hat. Viel zu tun, und dabei ist noch nicht einmal Weihnachten :xmas:.

Kennst du Patrick Rothfuss, der erzählt auch sehr ausufernd und ist damit gerade sehr erfolgreich. Ich musste mich teilweise etwas durch seine Bücher quälen und bei dir ging es mir ähnlich. Man will weiterlesen, weil man weiß, da kommt noch was gutes, aber zwischendurch fragt man sich, warum denn da so viele Zeichen stehen.

Den kannte ich tatsächlich nicht, danke für den Tipp. Das mit dem ausufernden Schreiben... Ich versuche, unnötige Informationen weitesgehend kurz zu halten, dafür aber viel Zeit in den Aufbau in die Welt zu stecken, weil das mMn die Glaubwürdigkeit stärkt. In dem richtigen Mischen beider bin ich noch nicht annähernd gut, was leider schnell zu langatmigen Geschichten führen kann, aber das kann man ja sicher noch lernen.

Von daher wäre es doch mal erfrischend gewesen, den Sommer als Bedrohung auftreten zu lassen.

Die Idee gefällt mir...

Nur die Stelle mit dem Knall finde ich nicht so passend. Ich stelle es mir eher vor wie ein Knistern, ein Zerreißen. Der Knall ist mir zu laut.

Ich hatte mir vorgestellt, dass die Blätter platzen wie Scherben. Wie ein Glas, das man zu lange ins Feuer gehalten hat und dann springt. Das muss ich noch umschreiben.

Der Name gefällt mir, da habe ich mich direkt gefragt, wie der Ort zu seinem Namen kommt und ob er wohl wandern kann.

Ich hab mir dutzende Namen überlegt, aber keiner wollte richtig passen. Am Ende habe ich einfach den offensichtlichsten genommen und mir gedacht, so, passt schon :lol:.

Ich weiß, so willst du nicht schreiben, und das sollst du auch gar nicht. Das wäre mein Stil und nicht deiner. Ich wollte nur einmal aufzeigen, was man alles wegnehmen könnte.

Ja, Adjektive sorgfältig einsetzen. Ich weiß tatsächlich noch gar nicht, ob und inwiefern ich einen "Stil" habe. Eigentlich mag ich sie, aber wenn sie den Lesefluss stören, sollte ich da doch nochmal ran.

Zweimal Schulter.

Ups.

Zweimal Stimme. Versuch auf so Wortwiederholungen zu achten. Das liest sich nicht so schön. Tipp: Ich merke sowas am ehesten beim Lautlesen.

Gute Idee.

Ähm, wie bitte?! Was läuft denn mit dem schief?

Ich mag ihn :D.

Hiervor würde ich einen Umbruch setzen. Es ist ein gedanklicher Wechsel von den Vorräten zu den Spähern. Du machst generell ziemlich wenig Umbrüche.

Sry, aber was sind Umbrüche? :confused: kenne ich nicht. Eine besondere Form von Absätzen?

Mir ist nicht ganz klar, warum sie diesen Anker brauchen. Wäre forttreiben nicht gut? Ist es nicht überall besser als im herz des Winters?

Schon, aber da sie den Flug nicht beeinflussen können, würden sie einfach auf gut Glück in die Welt hinaustreiben und hoffen, nirgendwo hin zu fliegen, so sie vielleicht nicht hin möchten.

Ich bin mir nicht sicher, ob das Perfekt hier Sinn macht.

Ich auch nicht. Eigentlich ist es ja eine abgeschlossene Sache, also warum nicht?

Die Stelle irritiert mich. Da steht also Harlan, sprengt die Erzählrunde, die Kinder sind verstört und ängstlich. Und im nächsten moment spielen sie friedlich. Was ist passiert? Harlan ist ja immer noch da.

Hjaa. Mein Fehler. Das passiert, wenn man zwei Textsegmente zusammenführt und nicht darauf achtet, sie fließend zu verbinden. Das hier ist nämlich die Stelle, wo der alte in den neuen Text übergeht.

Ich finde du schreibst schön, gemütlich, wie ein bequemer Sessel ist. Aber wenn man da zu lange sitzt , dann schläft man ein, döst vor sich her und genießt dass es so bequem ist. Rüttle mich wach. Lass etwas passieren, mit dem ich nicht rechne.

Du meinst, einen zusätzlichen Spannungpunkt? Das ist keine schlechte Idee, aber eine, auf die ich gerade echt keine Antwort habe :D ich schlaf drüber.

Als Priester sollte er doch so was besser draufhaben oder nicht?

Naja, er ist jetzt nicht gerade ein Spitzenpriester...

Das ist nett, und ich bewundere, wie viele Details du dir ausgedacht hast. Aber ich bin der Meinung so etwas hat in einer Kurzgeschichte nichts zu suchen. Das ist etwas für einen Roman. Wenn du diesen Abschnitt löschst, wird der Geschichte nichts fehlen.

Finde ich nicht. Ich habe das deshalb hinzugefügt, damit der fünfte, "verlorene" Gott bereits im Hinterkopf ist, wenn man schließlich dem Winter höchstpersönlich begegnet, welcher ja selbiger ist Vielleicht scheint das an der Stelle unnötig, aber ich denke, dass der Leser ohne ihn dasitzt und sich denkt:
"Hä? Was macht der Kerl da in der Handlung?"
Also, noch mehr also sowieso.

Oh, einen vierten Boten kennen wir noch gar nicht. Er scheint nicht beleibt zu sein.

Das ist jetzt die Frage: Zwischenpeak der Spannung oder Endpeak?

Irgendwie kriege ich das nicht ganz sortiert. Der Zugang zu dem Speicher ist im Brunnenschacht? Und ganz unten ist dann diese Tür?

Richtig. Der Speicher ist mitten in Wanderfels drinnen.

Was meist du damit? Die Liebe zu seinem Sohn?

Si, Senora.

Wenn die Tür im Brunnenschacht ist, ist diese dann nicht geschtzt?

Der Schnee kommt nicht vom Sturm, sondern vom Winter selbst.


Irgendwie verstehe ich das ganze Ende mit dem Winter nicht. Wieso ist er gegangen? Wieso sind sie sich sicher, dass er nicht mehr wiederkommt? Wieso hat die Magie versagt? Warum sollte der Prota nun arbeitslos sein?
Das mit der Strafe, der Verbannung des Winters, und dann ist die Geschichte die Lösung? Hä? Irgendwas habe ich glaube ich verpasst.

Aaalso.
Der Prot, der ja sowieso ein bisschen verwirrt ist und langsam vermutet, dass die Götter nicht so sind, wie er gedacht hat, trifft also den Winter, den fünften Gott. Der hat längst vergessen, was überhaupt los ist, weil er schon seit Jahrhunderten stumpf durch den Winter rennt. Leider glaubt der arme Mann, er wäre in einer Winterwelt, checkt aber nicht, dass der Winter ihm folgt, wohin er geht. Wobei folgen falsch ist, weil er ja auch vor ihm ist. Wie eine Aura, die ihn umgibt. Oder ein Fluch.
Als der werte Herr sich dann aber etwas genauer umschaut, stellt er plötzlich fest, dass ihm der Ort, der Speicher und Wanderfels, bekannt vorkommt. Als er fragt, erzählt ihm der Prot. von der Katastrophe, den treibenden Inseln und so weiter. Der Winter, dessen Gedächtnis langsam auftaut, erinnert sich daran, dass er für jene Katastrophe die Verantwortung trägt und seine Existenz eine Strafe dessen ist, die ihm von den anderen Viern angehängt wurde. Als der Winter dem Prot dann verrät, dass die anderen Götter weg sind, hat sich das gesamte Theodizeegebilde rund um "Warum schicken die Götter den Winter zurück" geklärt. Götter gibt es nicht, der Winter wandert, wie er Bock hat. So die Theorie.
Praktisch erkenne ich, dass das dann doch zu viel des Guten war und ich mir noch einmal gründlich Gedanken machen muss, wie ich diese Erkenntnis am besten verpacke :D.

Ich freu mich auf jeden Fall auf weitere Geschichten von dir und wünsch dir viel Erfolg bei der Challenge.

Vielen Dank dir! Und danke!

Liebe Grüße
Michel

Hi @Chutney,

Möglicherweise würde es deiner Geschichte noch mehr Spannung geben, wenn der Zweifel der Menschen an Artjom und an den Göttern zu einer bedrohlichen Situation für ihn oder seinen Sohn führen könnte.

Das gefällt mir. Damn, jetzt weiß ich, was für Zwischenspannung sorgt.

Es zieht sich so durch, dass er als Priester offenbar gar keinen Draht nach oben hat und seine Durchhalteparolen wirken ja sehr schwach.

Das ist gewollt, wenn auch vermutlich etwas zu ausgereizt. Wobei dann schnell die Frage nach dem Grundmotiv, warum er überhaupt Pfaffe ist, auftauchen kann.

Gut eingeführt. Das hat was Humoristisches mit dem Bruder.

Ich LIEBE diesen Kerl :D.

Ach ja, die alte Leier.

Ich war auf einer katholischen Schule. Glaub mir, ich hab das alles durchgepaukt, von Montag bis Freitag und alles, was es mir gebracht hat, sind bescheuterte Ideen für Geschichten. Ich bin mir nicht sicher, ob mein Relilehrer das meinte, als er sagte, dass sein Unterricht wichtig für unseren Lebensweg sei.

Das Bild gefällt mir gut. Ich glaube, das "er" würde ich durch "der Gott" ersetzen, weil es sich sonst falsch auf "die Statue" bezieht.

Jup. Gute Idee.

ein Gefühl verspüren. Hm. Geht das plastischer? Dass er sich bei einer aggressiven Handlung gegenüber den Götzen ertappt? Einem beim Putzen die Nase abbricht, oder so?

Coole Idee, aber lieber nicht. Das Gefühl zu verstärken...

Ja, hier wird genörgelt, aber für deinen Protagonisten hat das eben keine Konsequenzen.

Du meinst, da wäre mehr Spannung drin, wenn der Winter ihn persönlich ganz betreffen würde? Ja schon, aber das wollte ich mir für den Schluss aufsparen.

So ganz sicher bin ich nicht, ob ich die ganzen Hintergründe verstanden habe. Der Winter ist irgendwie total verstört, weiß aber, dass seine Strafe eigentlich schon verjährt ist. Dann trollt er sich. Und der Wanderfels bleibt von da an am Boden.

Uhm, ne, nicht ganz. Guck doch mal weiter oben in diesem Post, da hab ich es kurz zusammengefasst.

Ich glaube, du bist dabei, eine schöne, bildhafte Sprache zu entwickeln. Ob das mehr in Richtung Fantasy oder Märchen geht, vermag ich gar nicht zu sagen. Ich wünsche dir noch viel Spass bei der Challenge, Meuvind.

Danke für deine Eindrücke!

Liebe Grüße
Michel

 

Hi @Meuvind

ich noch mal. :)

Sry, aber was sind Umbrüche? :confused: kenne ich nicht. Eine besondere Form von Absätzen?
Ein Umbruch ist eigentlich nur ein Zeilenumbruch, also der Start einer neuen Zeile. Ein Absatz wäre für mich eine Leerzeile.

Schon, aber da sie den Flug nicht beeinflussen können, würden sie einfach auf gut Glück in die Welt hinaustreiben und hoffen, nirgendwo hin zu fliegen, so sie vielleicht nicht hin möchten.
Ich würde eben annehmen, dass es nur besser werden kann, egal wo sie hinfliegen. Vielleicht könntest du da noch was einbinden, wie die Gefahr über den Rand der Welt zu treiben oder so.

Der Prot, der ja sowieso ein bisschen verwirrt ist und langsam vermutet, dass die Götter nicht so sind, wie er gedacht hat, trifft also den Winter, den fünften Gott. Der hat längst vergessen, was überhaupt los ist, weil er schon seit Jahrhunderten stumpf durch den Winter rennt. Leider glaubt der arme Mann, er wäre in einer Winterwelt, checkt aber nicht, dass der Winter ihm folgt, wohin er geht. Wobei folgen falsch ist, weil er ja auch vor ihm ist. Wie eine Aura, die ihn umgibt. Oder ein Fluch.
Als der werte Herr sich dann aber etwas genauer umschaut, stellt er plötzlich fest, dass ihm der Ort, der Speicher und Wanderfels, bekannt vorkommt. Als er fragt, erzählt ihm der Prot. von der Katastrophe, den treibenden Inseln und so weiter. Der Winter, dessen Gedächtnis langsam auftaut, erinnert sich daran, dass er für jene Katastrophe die Verantwortung trägt und seine Existenz eine Strafe dessen ist, die ihm von den anderen Viern angehängt wurde. Als der Winter dem Prot dann verrät, dass die anderen Götter weg sind, hat sich das gesamte Theodizeegebilde rund um "Warum schicken die Götter den Winter zurück" geklärt. Götter gibt es nicht, der Winter wandert, wie er Bock hat. So die Theorie.
Ach, krass. Das habe ich wirklich nicht erkannt.
An welcher Stelle wird denn klar, dass der Winter der fünfte Gott ist? Ich bin den Text grade noch mal durchgegangen, aber auch mit diesem Wissen wird mir das nicht klar.
Ok, der Winter ist Schuld an den Erdsplittern. Aber wieso kennt der Winter den Kornspeicher von Wanderfels?
Dann erkennt der Winter, dass er Schuld ist an der Zerstörung der Welt und deswegen geht er? Hä?
Oh, ich hab nen Knoten im Kopf.
Ich habe das Gefühl, das ist viel zu mächtig für eine Kurzgeschichte. Ich würde da auch jeden Fall abspecken. Und dann schreibst du irgendwann nen Roman und tobst dich richtig aus. ;)

Liebe Grüße,
NGK

 

Hi, @Meuvind

Bevor wir uns sehen, muss ich mich ja auf den aktuellen Stand bringen. :D Erstmal ein Riesensack Kleinigkeiten. Ich kippe den mal hier aus, okay?

Jeden Schritt, den ich mache, wird von einem ungewohnten Knirschen begleitet.

"Jeder" statt "Jeden"

Verzweifelt versucht Harlan, sich Stimme zu verschaffen, und wedelt mit den Armen in der Luft, während sein Gesicht dieselbe Farbe annimmt wie sein Bart.

"sich Stimme zu verschaffen" klingt, als hätte er die Stimme verloren, wäre also sprachlos oder hätte eine Kehlkopfentzündung. Üblich ist "sich Gehör zu verschaffen".

Eine der ersten, die den Glauben an die Götter verloren hat. „Ich habe es euch doch gesagt. Die Vier haben uns verlassen! Wir werden alle sterben!“

Das ergibt doch keinen Sinn. Sie hat den Glauben an die Götter verloren, glaubt aber, dass das Unglück geschieht, weil die Vier die Dorfgemeinschaft verlassen haben? Also glaubt sie doch an die Götter. :p

Ich erwische eines der Viecher dabei, wie es die Blumen auf meinem Gartenschrein anknabbert, und jage es fort.
Gemeinsam sehen wir zu, wie die goldene Linie vor uns ein Loch in den Boden schneidet.
In der dritten Woche wird Kastor dabei erwischt, wie er eines der wenigen Fässer mit gebeiztem Fisch klaut.
Ich will gerade wieder einschlafen, als ich bemerke, wie ein Licht über die Häuserwand wandert.

Hör mal, Du musst auf Dein "wie" aufpassen. "wie" bedeutet "die Art und Weise, auf die", und das ist an all den rausgesuchten Stellen völlig unerheblich und nicht das, was Du meinst. Was Du meinst, ist in den meisten rausgesuchten Fällen "dass" oder "als".

Kisten werden gepackt, gestapelt und vertäut, die Seile um in den Erdboden eingelassenen Ösen geschlungen.

Mal ganz davon ab, dass "die Seile um in den Erdboden eingelassenen Ösen geschlungen" grauenhaft klingt, ist es auch noch falsch. Es muss "eingelassene" statt "eingelassenen" heißen. Passiert ja häufig, dass sich die Fehler gerade da verbergen, wo der Satzbau grauenhaft ist. Da würde ich die Verwendung eines Nebensatzes empfehlen, um das alles etwas zu entzerren. Zum Beispiel: "die Seile um Ösen geschlungen, die in den Erdboden eingelassen sind."

Als Harlan und ich einen Rundgang machen und die Vorräte protokollieren, stellen wir fest, dass wir längst nicht genug Nahrung haben, um ein halbes Jahr in der Luft zu bleiben. Falls der Winter länger bleibt, müssen wir wohl oder übel Anker lichten. Dann entscheidet der Wind über unser Schicksal.

Sie haben nicht genug Nahrung, um in der Luft zu bleiben, also planen sie, noch weiter weg zu fliegen? Um sich umzubringen, oder was? :lol:

Einige von ihnen haben noch nicht verstanden, dass ihre Väter nicht mehr zurückkehren werden, aber niemand will derjenige sein, dass es ihnen erklärt.

"der es ihnen erklärt" statt "dass es ihnen erklärt"

Es ist Harlan zu verdanken, dass die Meisten ihn akzeptiert haben.

"meisten" wird hier klein geschrieben. Ja, ich weiß, es ist verwirrend.

Weit, weit im Osten, wurde vor langer Zeit ein Teil der Welt zerstört.

Komma weg vor "wurde".

Ein Bierkrug fällt ihm aus der Hand und fällt scheppernd zu Boden, während der weiße Schaum zwischen den Goldfäden verrinnt.

Warum zweimal "fällt"?

Etwas über die Boten“

Hier fehlt ein Punkt.

Jedes mal, wenn der Winter kommt, schickt er seine Boten vor.

Komma vor "Mal".

Seit der Märchenstunde ist er sonderbar ruhig.

Hier schilderst Du vorher die ganze Zeit das Dorf, weshalb ich schon korrigieren wollte: "es" statt "er", aber Du meinst Artjom. Da er davor eine Weile lang gar nicht erwähnt wird, würde ich hier nochmal seinen Namen schreiben.

Das es Tatsachen gibt, die jenseits unserer Macht und unseres Verstehens gefällt werden.

"Dass" statt "Das". Außerdem werden Tatsachen nicht gefällt. Tatsachen sind einfach ... da. Entscheidungen werden gefällt, aber ... Ich würde vielleicht schreiben: "Dass es Dinge gibt, die Menschen nicht verstehen können." Oder so.

„Es ist vier Uhr Morgens, Bruder.“

"vier Uhr morgens" oder "vier Uhr am Morgen"

Sein Kopf sackt ab, so dass es jetzt mit dem Kinn flach auf der Brust aufliegt.

Was ist denn "es"? Wenn Du "den Kopf" meinst, müsste es ja "er" sein. Aber Du könntest auch einfach schreiben: "so dass das Kinn flach auf der Brust liegt."

Ich habe Angst vor dem Winter“

Hier fehlt ein Punkt.

Langsam und unter schwerster Anstrengung beugt er sich auf und lehnt sich mit dem Oberkörper an den Altar.

"aufbeugen"? Ich kenne "herabbeugen" und "kniebeugen", aber "aufbeugen"? Wie wäre es mit "aufrichten"?

Einige der Strenggläubigen fordern, es sei nicht wert, ihn weiter zu füttern, und wollen Kastor über den Rand der Plattform zu werfen.

Sie fordern, er sei es nicht wert? Das ist doch keine Forderung. Sie fordern, Kastor über den Rand der Plattform zu werfen. Sie sagen vielleicht oder rufen oder stellen, er sei es nicht wert. Eine Forderung ist das nicht.

gleitet hoch und runter und dreht sich tanzend um sich selbst, während es einen hauchdünnen, weißen Schleier hinterlässt, welcher sich kurz darauf in einem Band aus Licht aufzulösen.

Ich sehe keinerlei Vorteil von "welcher" gegenüber "der". Wirklich keinen einzigen Vorteil. Es ist länger, umständlicher und wird von kaum einem/einer Deutschsprecher/in im Alltag benutzt. Außerdem heißt es natürlich "auflöst" statt "aufzulösen".

Ich kann seine Antwort nicht verstehen, aber es ist sicherlich etwas ketzerisches.

"Ketzerisches" groß.

„Ich wünscht, ich hätte ihm nicht die Fresse polieren müssen.“

"wünschte" statt "wünscht"

Kastor wusste, dass Klauen falsch war, und hat es dennoch getan. Nun muss er mit der Strafe leben.

"Klauen" ist so furchtbar umgangssprachlich. Du willst ja den Prot und Harlan sprachlich als Kontraste darstellen, deshalb sollte der Prot in meinen Augen "Stehlen" sagen. Außerdem "war" es ja nicht falsch, es "ist" immer falsch. Und er "weiß" es hoffentlich immer noch. Bei einem Priester würde ich erwarten, dass er mal so ein paar Allgemeingültigkeiten raushaut und damit nicht spart.

„Meiner Meinung gibt es nur drei Möglichkeiten.

"Meiner Meinung nach"

Um mir herum bauen die Händler ihre Stände ab.
Um mir herum prasseln Hagelkörner nieder, reißen Kerben und Löcher in den Steinboden.
Um mir herum haben die meisten Goldfäden sich in Silber zurückverwandelt, aber stellenweise findet sich in ihnen noch einen Hauch Glanz, was unseren Fall abgemildert hat.

Das ist lustig. Ich glaube zu wissen, dass diese "mir/mich"-Verwechslung dialektale Sache da unten in NRW ist. Es heißt auf Hochdeutsch in allen Fällen "mich" statt "mir".

„Hast du Artjom gesehen?“ rufe ich Harlan zu, aber der hat das Seil bereits mit beiden Händen gepackt und verschwindet im der Dunkelheit des Brunnens.

Komma vor "rufe" und "in der Dunkelheit" statt "im der Dunkelheit"

doch schwingt dabei etwas mit, dass sich erst jetzt ein Teil von mir ist.

"sich" weg.

Aber in seinen Augen sprechen etwas anderes.

Ganz davon ab, dass das grammatikalisch offensichtlich Nonsense ist, würde ich schreiben: "Aber aus seinen Augen spricht etwas anderes."

Schlagartig wird die Wärme, hinausgezogen, während ich langsam wieder zu sehen beginne.

Komma weg vor "hinausgezogen".

Sein Gesicht hat hunderte feine Kanten, wie ein Block Eis, welchen man immer und immer wieder zerkratzt und geformt hat.

"welchen"? Warum nicht "den"?

Ich kenne diesen Ort

Hier fehlt ein Punkt.

So. Das war jetzt auch echt alles an Kleinscheiß. Zumindest alles, was mir aufgefallen ist.

Kommen wir zum Inhalt. In den Kommentaren habe ich schon gesehen, dass Du Dich nicht mehr auf Artjom konzentriert, sondern dieses Priester-Dilemma in den Vordergrund gerückt hast. Das hat mir erstmal die Lust darauf genommen, den Text nochmal zu lesen. Ich bin froh, dass ich es trotzdem getan habe.

Ich finde fiktive Religionen total faszinierend. Ich spiele ja Pen&Paper, vor allem "Das schwarze Auge" und dabei immer Geweihte, die Priester und Priesterinnen dieser Welt. Das Spiel mit den Göttern und Göttinnen, das Leben nach strengen Richtlinien, das macht für mich einen großen Zauber aus, mit dem man tolle Charaktere erschaffen und tolle Konflikte erarbeiten kann.

Und ich finde, Du machst das toll, indem Du den Winter als Aufhänger benutzt, einen Priester in die Bedrouille zu bringen, sich auch selbst zu fragen: Warum machen die Götter das mit uns?

Die Wochen vergehen. Je kleiner eine Gemeinde ist, desto präsenter ist die Abwesenheit eines Einzelnen. Ich tröste die Frauen und Töchter, besänftige die Söhne, die mit geballten Fäusten vor leeren Urnen hocken. Auch wenn die Hinterbliebenen bei meinen Worten nicken, weiß ich, dass sie tief in ihrem Inneren keinen Sinn finden.

Das hier ist zum Beispiel eine starke Stelle.Und hier fasst Du das alles wunderbar zusammen:

Vertrauen ist sowohl der Segen als auch der Fluch des Gläubigen.

Ich möchte im Übrigen noch ergänzen, dass man Vertrauen nicht braucht, wenn es Sicherheit gibt (wichtiger Punkt, auf den ich am Ende nochmal komme). Das ist das Verrückte am Vertrauen, nicht nur höheren Mächten gegenüber, sondern auch anderen Menschen gegenüber. Wenn ich ganz genau weiß, was wann warum und wie passiert, dann muss ich nicht vertrauen. Vertrauen bedeutet, dass ich mich auf etwas verlasse, ohne sicher sagen zu können, dass die Dinge sich so ereignen werden, wie ich es hoffe. Und deshalb ist Vertrauen, auch in andere Menschen, so eine unglaubliche Leistung.

Ich würde Dich ermutigen, den Gedanken mit den Vieren und dem toten Fünften zu vertiefen. Das nicht unbedingt in der Geschichte voll und ganz auszubreiten – die Geschichte ist lang genug. Aber ich habe das Gefühl, dass die Religion nicht definiert genug ist. Du hast ein Pantheon, und Du hast um das Pantheon eine kleine Geschichte gesponnen. Das ist gut. Aber mir fehlt das zentrale Element einer Religion: Die Übertragung der göttlichen Geschichte auf den Alltag der Gläubigen.

Die Religion gibt ihren Priester/inne/n und Anhänger/inne/n einen Moralkodex und bestimmte Handlungsanweisungen. Die sind je nach Glaubensrichtung unterschiedlich streng, aber ich würde sagen, es gibt sie immer. Das können ganz kleine Sachen sein wie Speisegebote und Kleidungsvorschriften. Oder größere Sachen wie tägliche Rituale. Von Deinem Prot erfahren wir nur, dass er täglich betet. Das finde ich ziemlich schwach für einen Priester. Du hast schon das wirklich Schöne und Liebevolle mit den Bändern am Fenster, ich würde mir noch etwas wünschen, was den Alltag Deines Prots in die Nähe seiner Götter richtet. Was seinen gesamten Alltag durchdringt.

Auch wird mir nicht klar, welche Moral er vertritt. Wofür stehen die Vier? Beispiel: In DSA spiele ich momentan eine Ingerimm-Geweihte. Ingerimm ist der Gott von Feuer und Handwerk (er ähnelt stark dem griechischen Hephaistos). Als Dienerin des Ingerimm schätzt meine Priesterin das Handwerk und trägt immer eine Laterne bei sich, deren Feuer nie verlöschen darf. Sie löscht keine Hausbrände, denn das Feuer muss immer brennen, und verbrennt Feinde wie gefallene Verbündete. Ingerimm ist kein konservierender Gott: Großartiges Handwerk wird ihm geopfert. Deshalb ist mein Charakter auch jemand, der Zerstörung predigt. Das Großartige muss geopfert werden, darf nicht den Menschen allein vorenthalten bleiben, und auch das Böse muss ständig ausradiert werden, davon dürfen keine Spuren bleiben. Besitz ist ihr deshalb relativ gleichgültig. Sie reißt trotzdem sämtliche Edelsteine an sich, die die Gruppe entdeckt, um sie ihrem Gott zu opfern.

So wirkt sich ein Moralkodex kohärent auf das Handeln der Figur aus und auf die Ratschläge, die sie ihren Gefährt/inn/en gibt. Eine Priesterin der Hesinde, der Göttin von Weisheit und Magie in der Welt von DSA, würde eher Konservierung predigen, dazu raten, an allem festzuhalten, was einmal wichtig sein könnte. Sie würde sammeln und sammeln, sich mit Gewicht abplacken und alles im heimischen Tempel in eine Bibliothek einsortieren.

Und an Deinem Prot vermisse ich so ein bisschen die Linie. Er redet, wie auch ein/e Philosoph/in reden könnte. Er hat ganz viele logische Gedanken verknüpft und spendet Hoffnung, weil es irgendwie auch vernünftig ist. Mir fehlt das, was die Forschung übrigens das "minimal counter-intuitive" Element nennt: Etwas, das nur einer Religion entspringt, etwas, das ganz fest ist, an das Dein Prot fest glaubt, was innerhalb seiner Wertewelt total Sinn ergibt, von außen aber erstmal irritierend wirkt.

Noch der große Wermutstropfen für mich: Dass ein Gott oder zumindest ein höheres Wesen in voller Gestalt erscheint. Das finde ich megaplump. Beim Lesen von fiktiven Religionen und auch beim DSA-Spielen schätze ich es, dass die Existenz der Götter nie ganz gesichert ist (nimm als Beispiel hier noch die Figur der Melisandre aus GoT – super stark, eben weil sie vertrauen muss und nie Sicherheit hat). So ist es ja auch im RL, und das greift das auf, was ich vorhin über Vertrauen sagte. Meine steile These ist: Die Dorbewohner/innen gewinnen durch den Besuch des Winters nicht das Vertrauen in die Götter zurück. Weil sie jetzt SICHER wissen, dass es sie gibt. Und das ist nicht das gleiche wie Vertrauen. Und das ist nicht was, wo Du hin willst. Denke ich mal. Du willst, dass Dein Prot und das Dorf Vertrauen gewinnen.

Also, ich würde sagen: Mach den Gott nicht körperlich. Lass das Unwetter hereinbrechen, lass den Priester eine Vision empfangen oder sonst irgendetwas, sodass er plötzlich weiß, was zu tun ist, um den Winter zu befreien. Er tut das, und so endet dann die Geschichte, wie sie endet. Und keiner weiß SICHER, ob das jetzt Zufall war, ob Dein Prot Zauberkräfte hat oder ob er eben ein ergebener und erhörter Diener der Götter ist. Und DADURCH können alle echtes Vertrauen gewinnen.

Das als Gedanken von mir. Tatsächlich finde ich die Überarbeitung sehr gelungen. Ich möchte Dich nur ermutigen, noch einen Schritt weiter zu gehen, den Gedanken wirklich zu Ende zu denken und Dir zu überlegen, was Du brauchst, um diesen zu Ende gedachten Gedanken auch der Dorfgemeinschaft zu präsentieren. Und die Religion greifbarer zu machen, mit Moral und Alltag aufzufüttern.

Make it work!

Bis Samstag,
Maria

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Meuvind,

was für eine fantasievolle Geschichte.
Ich sag es direkt: Probleme hatte ich mit Verortung und Zeit und anfangs mit den überladenden Beschreibungen.
Im Einzelnen:

Dieses Jahr kommt der Winter aus Westen.
Artjom und ich wandern gerade einen Flusslauf entlang, als wir ihn sehen.
Guter erster Satz. Das "gerade" könnte raus, dadurch würde es stärker.
Der Strom treibt sie an uns vorbei, verteilt sie und reißt sie für kurze Zeit auseinander,
Ich muss zugeben, dass ich nur schwer in den Text hereingekommen bin. Das mt den Lanfschaftsbeschreibungen wollte und wollte gar nicht mehr aufhören. Erst weiter in der Mitte weiß man, dass dieses Wetter quasi der Hauptprota ist.
„Komm, Sohn. Lass uns gehen“, murmle ich.
"Sohn" hört sich altmodisch an und ich bekomme ein Gefühl für Verortung und Zeit (dachte ich).
Wanderfels liegt auf einem kahlgeschlagenen Hügel, umgeben von einem dichten, schattigen Kiefernwald. Noch treibt sein würziger Geruch durch die Luft,
Hier habe ich erst viel später begriffen, dass Wanderfels der Ort/die Gegend heißt.
"Sein würziger Geruch" könnte sich auch auf "Wanderfels" beziehen.
Ich hätte geschrieben: "...Kiefernwald, dessen würziger ..."
Wanderfels besitzt keine Tore, keine Mauern, keine Wachen.
Da wurde mir erst klar, dass es ein Ort ist.
Stattdessen ziehen sich silbernen Linien einmal um das ganze Dorf.
silberne
Was ist das für ein seltsamer Ort, frage ich mich da. Ich war da nur am Grübeln.
Häuptling Harlan muss auf dem Brunnen stehen,
Häutling! Ach so, es geht um Indianer.
„Die Holzfäller haben Meldung gebracht. Der Winter ist wieder da.“
Kurz danach werden Späher genannt und ich wunderte mich, was das für Späher sind, wenn sie das nicht sehen. Erst später wird klar, dass sie eine ganz andere Seite/Himmelsrichtung beobachtet haben.
„Ich meine, der letzte Winter ist erst vier Monde her, oder?
Gänsefüßchen fehlen
Als Priester hat mein Wort Gewicht, wenn auch nicht viel.
Häuptling, Priester? Ne, doch keine Indianer. Schon rattert mein Kopf wieder und lenkt mich von der Geschichte ab.
Harlan war der ältere Sohn, trat in Vaters Fußstapfen,
Harlan lebt doch noch. Er ist der ältere Sohn.
Die silbernen Linien färben sich golden, heizen auf. Dampf steigt in die Luft.
WTF? Was geht da ab?
Wir steigen nicht sehr hoch. Man kann noch immer die Baumwipfel erkennen.
Da wird mir klar, dass es eine fliegende Insel ist.
treiben Wanderfels nach Osten, aber der Anker sitzt zu tief im Boden, als dass wir forttreiben könnten.
Wie abgedreht.

Kastor wirft ihm einen missbilligenden Blick zu. Als ich mit Eva und Artjom zurückgekehrt bin
Ich glaube, hier wird Eva zum ersten Mal erwähnt. Wer ist das?
Ein Bierkrug fällt ihm aus der Hand und fällt scheppernd zu Boden, während der weiße Schaum zwischen den Goldfäden verrinnt.
fällt / fällt
Außerdem Passivsatz; nicht immer gut.
"Er lässt den Bierkrug fallen, der auf den Boden scheppert." oder ähnlich.
Das "während" bedeutet im eigentlichen Sinne, dass in der selben Zeit, in der der Becher fällt (3 Millisekunden) der Schaum verrinnt. Das kommt nicht hin.

„Doch! Was wäre, wenn-“
„Nein.“
„Aber-“
was wäre, wenn ...
"Nein."
"Aber ..."
Schnell schaue ich mich um, aber wir sind alleine.
"aber" ist überflüssig. Sagt auch irgendetwas über einen Vergleich oder eine Bedingung aus, die hier gar nicht existiert.
unsere Späher st-“
Wieder so ein merkwürdiger Bindestrich ...
Das es Tatsachen gibt,
Dass es
aber man kann noch immer erahnen, wie erhaben
erahnen / erhaben
Klingt zu gleich. Viell. "sich vorstellen"
Die letzte Statue ist unbearbeitet. Im Laufe der Zeit ist er in Vergessenheit geraten, genauso wie alle seine anderen Namen und seine Geschichten,
"ist er". Wer ist er? Du sprichst von einer Statue. Sie.
Mein Haus ist nicht aus Glas, meines ist aus Stein, sicher vor Unwetter und Tieren, die an seinem Fundament nagen könnten.
Gibt es denn sonst Häuser aus Steinen in Wanderfels? Nichts von mitbekommen.
Glashäuser sind doch auch sturmfest. Zumindest in unserer Gegenwart.
"meines ist aus Stein, sicher vor Unwetter und Tieren, die an seinem Fundament nagen könnten." Kleines Bezugsproblem. "die" sind ja "Unwetter und Tiere". Unwetter nagt aber nicht am Fundament.

Nur...“
Nur ... (Leerzeichen)

Die Wochen vergehen. Je kleiner eine Gemeinde ist, desto präsenter ist die Abwesenheit eines Einzelnen.
Was geschah denn in den Wochen? Das würde mich schon interessieren. Wer ist denn in der Zeit verschwunden? Es wird ja von "kleiner" gesprochen.
und wollen Kastor über den Rand der Plattform zu werfen.
(zu) werfen
Welche Plattform? Ich höre zum ersten Mal von einer Plattform.

Mein verkaterter Bruder und ich stehen an der Kante,
Kante = Plattform?
Ich kann seine Antwort nicht verstehen, aber es ist sicherlich etwas ketzerisches.
etwas Ketzerisches (bin mir fast sicher)
Der graue Fleck am Horizont ist größer geworden.

„Er kommt! Ein vierter Bote kommt!“

Das mit den (Wetter)boten ist eine klasse Idee.
nicht niet und nagelfest
niet- und nagelfest
Ich stürme zur Tür, aber seine Hand packt mich an der Schulter.
Wieder dieses unpassende "aber". Gefällt mir persönlich nicht.
Es klopft an der Tür. Ein einziges Mal, hart und kurz.
Häh? Du sagst einmal und kurz. Geht denn auch einmal und lang?
Egal, wie ich an einer Tür klopfe, jeder einzelne Schlag ist doch gleich kurz/lang. Kurze oder lange Abstände zwischen den Schlägen gibt es, aber nicht bei einem einzigen.
Menschen.
Seine Worte sind überall und nirgends gleichzeitig, hoch und tief, laut und leise.
Welche Worte? Er sagt nur ein Wort.
Ich wurde. Ich wurde verbannt. Ich muss etwas suchen.
Ich wurde ... ich wurde verbannt.
„Aber warum?“, frage ich.
Schau mal weiter oben, da hast du kein Komma nach dem Fragesatz.
Ausdruckslos wendet sich der Winter mir zu
Wirklich nicht schlecht. Das hat was.

Abgedreht und fantasievoll.
Schön, dass deine Fantasie so blüht. Bin gespannt auf weitere Texte von dir.
Hat mir gefallen.

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hi @Nichtgeburtstagskind,

Vielleicht könntest du da noch was einbinden, wie die Gefahr über den Rand der Welt zu treiben oder so.

Stimmt. Am besten deutlicher machen.

An welcher Stelle wird denn klar, dass der Winter der fünfte Gott ist? Ich bin den Text grade noch mal durchgegangen, aber auch mit diesem Wissen wird mir das nicht klar.

Vollständig wird es nie ausgesprochen. Klar sollte es spätestens werden, wenn der Prot. den wahren Kern des Winters erkennt und ihn nach den Göttern fragt.

Dann erkennt der Winter, dass er Schuld ist an der Zerstörung der Welt und deswegen geht er? Hä?
Oh, ich hab nen Knoten im Kopf.

Die Idee ist, dass der Winter erkennt, dass er nicht vor dem Winter und sich selbst fliegen kann. Weil er ja eben der Winter ist. Also beschließt er, nach Osten zu wandern, wo nach der Katastrophe und dem Abgrund eben kaum noch was abgeht. Sei es aus spirituellen Gründen, keine Ahnung weil er sich erinnern will, oder einfach nur, weil er wenig Menschen schaden will.

ch habe das Gefühl, das ist viel zu mächtig für eine Kurzgeschichte. Ich würde da auch jeden Fall abspecken. Und dann schreibst du irgendwann nen Roman und tobst dich richtig aus. ;)

Wie sieht es hier im Forum eigentlich mit Novellen aus? Eher schwierig, richtig?
Naja, was heißt zu mächtig. Ich glaube, ich muss mir weiter klar machen, was eigentlich der Kern des Ganzen ist und worauf ich hinaus will. Dann wird weiter gekürzt und gefeilt.
Romane, uff, davon kann ich aktuell nur träumen :D aber Träume sind ja auch was schönes.

Vielen Dank für deinen Kommentar
Liebe Grüße Michel

Hi @TeddyMaria,

Bevor wir uns sehen, muss ich mich ja auf den aktuellen Stand bringen. :D Erstmal ein Riesensack Kleinigkeiten. Ich kippe den mal hier aus, okay?

Klar, aber ist es okay, wenn ich sie bis Sonntag liegen lasse? Heute korrigiere ich nichts mehr und morgen früh geht es schon in den Zug.

Das ergibt doch keinen Sinn. Sie hat den Glauben an die Götter verloren, glaubt aber, dass das Unglück geschieht, weil die Vier die Dorfgemeinschaft verlassen haben? Also glaubt sie doch an die Götter. :p

Vielleicht ist Glauben hier das falsche Wort. Vertrauen würde es eher treffen.

Aber ich habe das Gefühl, dass die Religion nicht definiert genug ist. Du hast ein Pantheon, und Du hast um das Pantheon eine kleine Geschichte gesponnen. Das ist gut. Aber mir fehlt das zentrale Element einer Religion: Die Übertragung der göttlichen Geschichte auf den Alltag der Gläubigen.

Das ist ein verdammt interessanter Aspekt, und du hast Recht. Dafür, dass Religion so eine zentrale Rolle hat, bleibt sie, außer morgendlichen Gebeten, schwammig und undefiniert. Am besten wäre es, wenn ich mehr Facette einbringe, aber so beiläufig, dass es dem Text nicht den Atem nimmt. Verstehst du, ich will keinen haushohen Tell-Block drin haben, der in die ohnehin schon unnötig lange Geschichte kaum reinpasst. Vielleicht suche ich mir ein, zwei Gegenstände oder Regeln, die eine besondere Rolle einnehmen, und lasse sie durch die Handlung laufen,

Auch wird mir nicht klar, welche Moral er vertritt.

Hmm, wenn ich so darüber nachdenke, hast du Recht. Das Pantheon braucht einen Schatz, den es zu behüten gilt. Vielleicht kann man den ja mit dem Winter verbinden?

Etwas, das nur einer Religion entspringt, etwas, das ganz fest ist, an das Dein Prot fest glaubt, was innerhalb seiner Wertewelt total Sinn ergibt, von außen aber erstmal irritierend wirkt.

Naja, er glaubt, dass es Sinn macht, wenn ein Winter einfach umkehrt und zurückkehrt und dabei Menschenleben fordert. Es würde sich sicher lohnen, diesen Gedanken, den er hat, schlüssiger und deutlicher zu formulieren. Das würde ihm auch ein wenig Blutarmut nehmen.

So, Rest am Sonntag. Oder morgen.

Liebe Grüße
Michel

Hi @GoMusic,

vielen Dank für deinen Kommentar. Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich mich ihm erst am Wochenende widme, dann aber auch in aller Fülle. Gerade fehlt mir die Zeit.

Liebe Grüße
Michel

 

Hi @GoMusic ,

super, dass auch du reingeschaut hast. Ich sage schon einmal danke für alle Rechtschreibfehler, durch die ihr euch gequält habt, damit man mir sie unter die Nase reiben kann :lol:.

Ich sag es direkt: Probleme hatte ich mit Verortung und Zeit und anfangs mit den überladenden Beschreibungen.

Dabei hatte ich mir extra (mehr) Mühe damit gegeben, den Anfang recht harmlos zu lassen, damit der Leser einfacher hineinfindet. Klar, die Beschreibung als Start ist nicht jedermans Sache, aber ich mag es.

Guter erster Satz. Das "gerade" könnte raus, dadurch würde es stärker.

Danke! Mit dem gerade hast du Recht, kommt raus.

Ich muss zugeben, dass ich nur schwer in den Text hereingekommen bin. Das mt den Lanfschaftsbeschreibungen wollte und wollte gar nicht mehr aufhören. Erst weiter in der Mitte weiß man, dass dieses Wetter quasi der Hauptprota ist.

Mir war wichtig, ihn schnell zu etablieren. Wenn man erst hören würde "Damn, der Winter kommt, wir werden alle sterben, ich glaube, mein Reis ist umgefallen", dann würde man sich als Leser doch denken, was juckt mich das. Ist ja nur ein Winter, aber das ist er eben auch nicht. Vielleicht bin ich zu weit gegangen. An den Beschreibungen könnte man sicher noch feilen, insbesondere im Umfang.

Häutling! Ach so, es geht um Indianer.

Naja, nicht ganz.

Häuptling, Priester? Ne, doch keine Indianer. Schon rattert mein Kopf wieder und lenkt mich von der Geschichte ab.

Mal was generelles: Ist sowas schlecht? Ich persönlich versinke leicht in Geschichten, ohne mir dabei Gedanken zu allem Möglichen zu machen, weshalb ich viele auch erst gut finde, aber erst beim wiederholten Lesen logische Fehler und Brüche finde. Und ich denke, insbesondere bei Fantasy, wo der Autor ja seine "eigene Welt" vorstellt, kann das schnell passieren, dass man sich als Leser vezettelt und nicht mehr folgen kann. Denn irgendwie nehme ich mir ja bekannte Elemente aus allen Richtungen und mische sie zu etwas Neuem zusammen.

Das "während" bedeutet im eigentlichen Sinne, dass in der selben Zeit, in der der Becher fällt (3 Millisekunden) der Schaum verrinnt. Das kommt nicht hin.
"aber" ist überflüssig. Sagt auch irgendetwas über einen Vergleich oder eine Bedingung aus, die hier gar nicht existiert.

Danke für diese beiden Sachen. Ich merke langsam selbst, dass ich ein Gespür für solche Sachen bekomme, wenn auch noch sehr zaghaft. Es gibt so viele verrückte Sachen, auf die man beim Schreiben achten muss... Da will man nur einen Satz schreiben und schon geht der nicht in sich auf.

Gibt es denn sonst Häuser aus Steinen in Wanderfels? Nichts von mitbekommen.
Glashäuser sind doch auch sturmfest. Zumindest in unserer Gegenwart.
"meines ist aus Stein, sicher vor Unwetter und Tieren, die an seinem Fundament nagen könnten." Kleines Bezugsproblem. "die" sind ja "Unwetter und Tiere". Unwetter nagt aber nicht am Fundament.

Das war als Metapher gemeint, als eine Art innerer Monolog. Richtig, Unwetter nagt nicht am Fundament, aber man spricht ja auch vom "Zahn der Zeit, der an () nagt." Würde nicht etwas ähnliches gehen? Keine Ahnung, Zahn des Unwetters klingt irgendwie plump.

Was geschah denn in den Wochen? Das würde mich schon interessieren. Wer ist denn in der Zeit verschwunden? Es wird ja von "kleiner" gesprochen.

Da bin ich stellenweise drauf eingegangen, nicht aber als ganzen Absatz. Erst einmal sind da die Späher, die ja nicht mehr zurückkommen können und dementsprechend bereits für tot erklärt wurden. Und dann ist da das eine Mächen, welches über die Kante stolpert.

(zu) werfen
Welche Plattform? Ich höre zum ersten Mal von einer Plattform.
Kante = Plattform?

Jup. Das Wort Plattform passt eventuell nicht so gut in die Welt, aber ich wusste einfach kein besseres. "Wanderfels" beschreibt das Bild eigentlich mMn ziemlich gut.

etwas Ketzerisches (bin mir fast sicher)

Ich habe (fast) keine Ahnung. Ich frage mal Dr. Google.

Das mit den (Wetter)boten ist eine klasse Idee.

Danke! Schön, dass es dir gefällt.

Häh? Du sagst einmal und kurz. Geht denn auch einmal und lang?
Egal, wie ich an einer Tür klopfe, jeder einzelne Schlag ist doch gleich kurz/lang. Kurze oder lange Abstände zwischen den Schlägen gibt es, aber nicht bei einem einzigen.

Das fällt auch unter das Thema "Sachen, die ich nicht vollständig durchdacht, sondern frei nach Schnaue aufgeschrieben habe". Ich muss da nochmal ran.

Abgedreht und fantasievoll.
Schön, dass deine Fantasie so blüht. Bin gespannt auf weitere Texte von dir.
Hat mir gefallen.

Freut mich! Ich bin auch froh, dass ich jetzt langsam hier hereinwachse. Hoffentlich sieht man sich ja mal im nächsten Jahr, wenn der Stammtisch am Niederrhein tagt. Geht da eigentlich etwas im Januar?

Liebe Grüße
Michel

 

Hallo @Meuvind ,

eine fantasievolle Angelegenheit. Hat mir gefallen, wenn ich auch die innere Logik nicht ganz nachvollziehen konnte. Kann aber sein, dass die Länge des Textes mir dabei im Weg stand.

Die Bewohner von Wanderfels sind also keine Menschen? Da ist eine gewaltige Lücke für mich. Ich habe sie eher als Nachkommen derselben verstanden, schon allein, weil sie in ihrer Sprache und ihrem Verhalten keinen Deut anders sind. Und wo hat der Priester seine Frau gefunden? Gibt es noch andere Wanderfelsen oder bewohnbare Inseln auf der Erde?

Die meisten Fragen tauchen für mich in der Frage der Theodizee auf. Da ist viel Geraune dabei. Ist natürlich wirklich eine Grundfrage der Theologie, an der sich schon viele abgearbeitet haben. Ganz schön mutig, sie in eine Fantasy-Geschichte zu verpacken. Aber warum nicht?

Das Setting, vor allem die Gestaltung des Wanderfelsens, hat mir gut gefallen. Hier kann ich viel Kreativität zu erkennen.

Entgegen meiner Gewohnheit, mich auf Fragen des Plots zu beschränken und die sprachliche Begutachtung den gewieften Leuten hier im Forum zu überlassen, möchte ich doch auf einige "Fehler" hinweisen, die mir beim Lesen über den Weg gelaufen sind. Es ist ja Challengetime, und da sollte alles top sein.:teach:

Eine Reihe Schafe unterbricht ihr Fressen

Schafe unterbrechen ihr Fressen

Viecher

Hier sollte der Priester in seinem Stil bleiben: Tiere

besoffen.

dito: betrunken

unerlaubt ehrlich.

Das ist Jargon, hier schlage ich vor: kränkend ehrlich

Jedes mal

jedesmal

Die Götter können die Farben aus dem Himmel sehen und lassen sich hinab, um den Trauernden Trost zu spenden.

Wie das? Ist das schon einmal passiert oder gehört das zur Legende?

eines der Waisen
des Waisen

Es heißt die Waise, also

eine der Waisen, der Waise (Genetiv)

etwas ketzerisches

etwas Ketzerisches

Vielleicht gibt's noch mehr 'Flusen'. Bis zur Abstimmung kannst du ja noch ein wenig polieren.

freundliche Grüße
wieselmaus

 

Hi @wieselmaus ,
danke für deinen Kommentar. Ist es okay, wenn ich morgen darauf eingehe? Mache ich eigentlich nicht gerne, aber ich bin echt hundemüde ;).

Viele Grüße
Michel

 

Hi @wieselmaus,

so, jetzt aber!

Die Bewohner von Wanderfels sind also keine Menschen? Da ist eine gewaltige Lücke für mich. Ich habe sie eher als Nachkommen derselben verstanden, schon allein, weil sie in ihrer Sprache und ihrem Verhalten keinen Deut anders sind. Und wo hat der Priester seine Frau gefunden? Gibt es noch andere Wanderfelsen oder bewohnbare Inseln auf der Erde?

Uhm, wie kommst du darauf? :D das sind eigentlich schon Menschen, doch doch.
Das mit der Welt ist wie folgend: Eigentlich ist da alles top, so wie hier auch. Aber wenn man weit genug nach Osten reißt, steht man irgendwann an einer Kante, und dahinter liegt halt, naja, nichts. Und das Fleckchen Erde, dass dort früher war, dass sind jetzt die Inseln, die jetzt zufällig durch die Welt wandern. Wo genau der Prot. seine Frau gefunden hat ist ja nicht wichtig, aber es wird da halt irgendwo in der Gegend gewesen sein. Und JA, es gibt noch mehr Inseln, aber das ist Stoff für eine andere Geschichte.

Die meisten Fragen tauchen für mich in der Frage der Theodizee auf. Da ist viel Geraune dabei. Ist natürlich wirklich eine Grundfrage der Theologie, an der sich schon viele abgearbeitet haben. Ganz schön mutig, sie in eine Fantasy-Geschichte zu verpacken. Aber warum nicht?

Theodizee war so eines der Sachen, die mich im Schulreliunterricht halbwegs interessiert hat. War auf einer katholischen Schule, weshalb wir Religion pausenlos und ohne Ende hatten und das kreuz und quer durch die Bibel. Ich habe längst nicht alle Nägel der Geschichte auf den Kopf getroffen, aber das Verlangen stelle ich auch gar nicht. Es ist ja immer noch ein bisschen work-in-progress und es macht mir ehrlich gesagt einfach sau Spaß, solche Sachen in meine Geschichten zu verfrachten.
Klar, dass das Thema bereits durchgekaut wurde, aber es passt einfach. Als ich mich an die Überarbeitung der Geschichte gesetzt habe, habe ich mir überlegt, dass ich einen roten Faden, ein Thema brauche. Dann ist alles geflogen, was nichts direkt damit zu tun hatte, und so bin ich dann auf Theodizee gekommen.
Ich würde am liebsten noch weiter in das Thema eintauchen. Einige Kommentare hatten mir ja bereits vorgeschlagen, in der Mitte einen zusätzlichen Spannungspunkt einzufädeln, wo sich das natürlich eignen würde. Aber der Text ist bereits so lang, ich weiß nicht.

Auf jeden Fall vielen Dank für deinen Kommentar und deine Geduld!

Liebe Grüße
Michel

 

Hola @Meuvind,


Dich jetzt noch – nach über 130 Beiträgen – willkommen zu heißen, wäre ziemlich unpassend. Ich tu’s aber trotzdem, Du bist bienenfleißig im Forum, das imponiert mir.

Was mir beim Lesen Deiner Kg auffiel, habe ich notiert – aber es sind nur subjektive Anmerkungen.

Stück für Stück kriechen Nebelschwaden

Bisschen unglücklich vielleicht. Nebelschwaden stückweise?

Bei Deiner gelungenen Schilderung des Wintereinbruchs am Fluss stört mich allerdings eine Kleinigkeit:

Das Blattwerk
, noch eben farbenfroh im Sommerwind wiegend, wird steif und grau und zerspringt mit einem Knall in kleine Eisstücke.

Das könntest Du noch einmal überdenken. Das ‚noch eben’ liest sich wie gestern und überspringt wegen des Sommerwinds den ganzen Herbst. Und dass Blätter knallend in kleine Eisstücke zerspringen, ist physikalisch unmöglich, und obwohl ich am, quasi im Wald wohne, ist mir dieses Phänomen unbekannt.

Jeden Schritt, den ich mache, wird von einem ungewohnten Knirschen begleitet.

Jeder Schritt, den ...

Eine Reihe Schafe ...

Wunderlicher Ausdruck für eine Herde / einige Schafe / nur: Schafe. Wieso ‚Reihe’?
Aber natürlich kenne ich den Spruch: Nichts ist so schwer zu ertragen, wie eine Reihe ...

... während wir einen spärlichen Kiesweg emporsteigen.

Was zum Kuckuck ist ein spärlicher Weg?

ziehen sich silbernen Linien

silberne

Auf den Dächern schützen Strohbündel vor Wind und Wetter.

Oha. Liest sich, als ob auf den Dächern Strohbündel ... lägen, haha. Die können mit Bestimmtheit nicht schützen – höchstens vor dem bösen Blick:sconf: – oder davonfliegen. Aber vielleicht meinst Du Ried / Reet? ‚Auf den Dächern’ ist ungenau, denn die StrohReetbündel sind doch Bestandteil des Daches.

„Die Holzfäller haben Meldung gebracht.

Meldung gemacht.

Seine Stimme geht im Raunen unter. Verzweifelt versucht Harlan, sich Stimme zu verschaffen,

... versucht H., sich Gehör zu verschaffen

Lieber Meuvind, Du haust richtig rein, drückst alle Tasten – und so soll es sein, verdammt noch mal! Dein Text hat eine ziemliche Länge, und natürlich will ich keine Doktorarbeit schreiben. Also lese ich jetzt still weiter und beende meine Mäkeleien.

Ich glaube, es hat keine allzu große Bedeutung, wie mir die Geschichte gefallen hat – viel wichtiger finde ich Dein Schreib-Engagement, und da können Deine Leser sicherlich noch einiges erwarten.

Meine Bemerkungen zu Beginn könnten Dich eventuell dazu bringen, Dein Geschriebenes kritischer unter die Lupe zu nehmen. Aber nicht zu schnell! Erst nach einigen Tagen hat man genügend Distanz zum eigenen ‚Werk’; günstigstenfalls liest man es dann so, als ob man einen fremden Text zu kommentieren hätte.

Dass wir alle unsere Texte möglichst schnell einstellen wollen, weiß ich aus eigener Erfahrung. Zumindest am Anfang. Und bedenke, allzu lange Texte schrecken manche Leser ab – schließlich sind wir hier bei Kurzgeschichten.

Ich wünsch Dir eine profitable Zeit bei uns.

José

 

Hi @josefelipe ,

so läuft man sich über den Weg. Freut mich, dass du es hierhergefunden hast.

Was mir beim Lesen Deiner Kg auffiel, habe ich notiert

Verdammt, die meisten Fehler davon hatte ich eigentlich auf der Liste. Wieso sind die denn immer noch nicht ausgebessert? Ich dachte, ich hätte mit der neuen Version alle behoben. Hab wohl welche übersehen...

Das ‚noch eben’ liest sich wie gestern und überspringt wegen des Sommerwinds den ganzen Herbst.

Hmm, haste Recht. Vielleicht mehr Diversität?

Und dass Blätter knallend in kleine Eisstücke zerspringen, ist physikalisch unmöglich,

Also physikalisch betrachtet ist meine Geschichte sowieso reiner Bumms. Spätestens bei den schwebenden Inseln...

Lieber Meuvind, Du haust richtig rein, drückst alle Tasten – und so soll es sein, verdammt noch mal!

Jawohl!

Ich glaube, es hat keine allzu große Bedeutung, wie mir die Geschichte gefallen hat – viel wichtiger finde ich Dein Schreib-Engagement, und da können Deine Leser sicherlich noch einiges erwarten.

Aktuell bin ich eher im Lese-Engagement. Früher gingen mir die Geschichten viel leichter von der Hand, aber seit ich hier bei euch bin, brauche ich dreimal so lang. Einfach, weil mir beim Schreiben konstant auffällt, was ich hier für einen Blödsinn fabriziere :lol:. Aber wenn ich länger zum Schreiben brauche, ist auch wahrscheinlicher, dass die Geschichten kürzer werden.

Und bedenke, allzu lange Texte schrecken manche Leser ab – schließlich sind wir hier bei Kurzgeschichten.

Vielleicht sollte ich mich bald mal in dem Romanbereich austoben...

Ich wünsch Dir eine profitable Zeit bei uns.

Vielen Dank! Solche Kommentare helfen mir echt total, weil ich dann nicht nur eine Rückmeldung zur Geschichte bekomme, sondern auch eine zu meinem Stand als Autor!

Liebe Grüße
Michel

 

Hi @Meuvind,

bei dir wollte ich auch noch vorbeischauen. Ich habe deine Geschichte gleich zu Beginn, als du sie eingestellt hast, angefangen zu lesen. Den Einstieg finde ich wirklich gelungen:

Dieses Jahr kommt der Winter aus Westen.
Artjom und ich wandern einen Flusslauf entlang, als wir ihn sehen. Stück für Stück kriechen Nebelschwaden vom anderen Ufer herüber. Dort, wo ihr kalter Hauch das Wasser berührt, bildet sich Eis.
Das finde ich richtig stimmungsvoll. Ansonsten gehöre ich eher nicht zur Zielgruppe für Fantasy, und ich muss gestehen, mich hat tatsächlich die Länge abgeschreckt und ich habe die Geschichte zunächst zur Seite gelegt. Jetzt, wo ich sie gelesen habe, bin ich tatsächlich der Meinung, dass eine deutliche Straffung ihr gut tun würde. Keine Ahnung, wie viel du da schon getan hast, und wie oft dir das vielleicht schon vorgeschlagen wurde. Ich weiß selbst, wie doof das immer ist, wenn dieser Vorschlag kommt, aber mMn könnte da immer noch einiges gekürzt werden, um die Spannung mehr herauszuarbeiten. Man merkt, dass du viel Spaß am Schreiben hast, da sind sehr schöne Formulierungen dabei, und der Entwurf dieser Fantasiewelt ist dir gut gelungen. (Wobei ich manchmal Schwierigkeiten habe, mir bestimmte Dinge vorzustellen, aber das liegt an meiner Fantasy-Unbedarftheit.)
Ich schaffe es leider aus Zeitgründen nicht, den gesamten Text auf Kleinkram durchzugehen, aber am Anfang habe ich das noch getan. Ich habe die anderen Kommentare nicht gelesen.
Eine Reihe Schafe unterbricht ihr Fressen und glotzt Artjom
Eine Reihe Schafe klingt komisch, ein paar würde besser klingen, dann hättest du auch das Verb im Plural. Sind doch mehrere, gönne ihnen den Plural. ;)
Stattdessen ziehen sich silbernen Linien einmal um das ganze Dorf. Je näher wir dem Marktplatz kommen, desto mehr tauchen auf, erscheinen aus Straßen, Gärten und Hinterhöfen, kreuzen sich mit der Linie, der wir folgen, und weben ein dichtes Netz, das immer feinmaschiger wird.
Ich finde ich die Idee mit den Fäden sehr schön, kann sie mir aber nicht richtig vorstellen. Laufen die am Boden entlang oder schweben die in der Luft herum wie Spinnweben?
„Fresse halten!“, brüllt eine Stimme. Häuptling Harlan muss auf dem Brunnen stehen, um seinen Untertanen in die Augen blicken zu können.
Harlan ist witzig, der ist mit seinem rotzigen Gehabe ein schöner Bruch zu der eher betulichen Fantasywelt. Ich finde es erfrischend, dass er diese schnoddrige Alltagssprache benutzt.
Als Priester hat mein Wort Gewicht, wenn auch nicht viel. Sie müssen ihre Köpfe in den Nacken legen, um mir in die Augen schauen zu können.
Kaum einer ragt mir bis zur Schulter.
Wieso ist der denn eigentlich so groß, der Priester? Gibt es da einen bestimmten Grund, den ich überlesen habe? Und Harlan ist so ein Zwerg, sein eigener Bruder?
Und irgendwie passt mir das hier nicht zu Harlan:
Harlan war der ältere Sohn, trat in Vaters Fußstapfen, sah besser aus und war, zumindest damals, nicht alle naselang besoffen.
So, wie du Harlan beschreibst, ist er ja eher ein Gnom, kleiner als seine Untertanen, glatzköpfig (okay, früher hatte er rote Haare), und irgendwo steht noch was von engstehenden Augen und Stirnwulst … Na, das ist mir mal ein Traumprinz … :lol: Und der Erzähler ist so ein hochgewachsener Mensch, der eine schöne Fremde geheiratet hat, da klingt er ja doch viel attraktiver. Also, wenn ich jetzt wählen müsste … :shy:
Als Harlan und ich einen Rundgang machen und die Vorräte protokollieren, stellen wir fest, dass wir längst nicht genug Nahrung haben, um ein halbes Jahr in der Luft zu bleiben. Falls der Winter länger bleibt, müssen wir wohl oder übel Anker lichten. Dann entscheidet der Wind über unser Schicksal.
Also, diese Idee, dass der ganze Ort in der Luft schwebt für mehrere Monate, um dem Winter zu entgehen, das finde ich eine sehr kreative Erfindung von dir. Ich würde es schön finden, wenn du dich mehr auf solche Besonderheiten beschränkst und die anderen Stellen, wo nicht wirklich etwas passiert, oder immer wieder ähnliche Befindlichkeiten beschrieben werden, einfach eindampfst. Dann wäre ich bestimmt gleich zu Beginn drangeblieben. ;)
Natürlich wäre es etwas anderes, wenn man als Leser nicht mit KG-Erwartungen herangeht. Bin ich aber nun mal.
„Bist du jetzt eigentlich arbeitslos?“
„Keine Ahnung.“ Ich weiß bei bestem Willen nicht, wie es weitergehen soll.
Wer eigentlich ist vllt. arbeitslos, der Priester? Weil es nix mehr zu beten gibt? Ich finde arbeitslos sprachlich nicht so passend, auch wenn es Harlan ist, der ja eine modernere Sprache benutzt. An dieser Stelle ist es aber unnötig vordergründig. Vllt. Brauchen wir jetzt eigentlich noch einen Priester? Den fettmarkierten Satz bräuchte ich auch nicht, mit dem sehr schönen Schluss beantwortet er die Frage ja indirekt selbst:
Der Winter kommt nie wieder zurück. Er verschwindet im Osten. Ich weiß nicht, was er gesucht hat und weshalb, aber ich hoffe, er hat es gefunden. Ich bete für ihn, dass diese sinnlose Strafe ein für allemal ein Ende hat.
Er hat ja doch noch was zu beten gefunden!

Soweit mein kleiner Leseeindruck, vllt. ist ja noch etwas Hilfreiches dabei für dich, so kurz vor Schluss.

Liebe Grüße von Raindog

 

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