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Warten
„Tschüss, Papa! Bis später!“ wie jeden Freitag werde ich mich heute mit einer Freundin treffen. Einfach ein bisschen über Gott und die Welt reden und von einer viel zu stressigen Woche Abschied nehmen.
Keine Zeit. Muss mich beeilen.
Warten.
Ich sitze und warte.
Ich warte mein ganzes Leben.
Warten.
Warum, wofür, auf was?
Lisa kommt auf mich zu: „Was ist denn passiert?“ – „Er will mich nicht mehr sehen. Was habe ich falsch gemacht?“ – „Mach dir nicht so viele Gedanken. Lass uns feiern gehen. Er wird schon zur Besinnung kommen!“
Warten. Unendliche Minuten. Was ist los mit mir? Weltuntergang?
Ich höre auf zu warten. Was soll das? Ich beweise mir jetzt alles!
„Kommst du noch mit zu mir?“
Schuld.
Übelkeit.
04:04 Uhr in der Nacht. Es blitzt.
Ich fahre nach Hause. Ich warte auf ihn. Er hat mir immer Rat gegeben. Ich schäme mich.
Wo bleibt er denn?
05:12 Uhr. Ein poltern. Er wird wohl jetzt erst aufstehen. Wo ist mein Ratgeber. Ich warte immer noch. Ich schaue Fern. Die Werbepausen sind kurz um diese Zeit. Und ich warte, aber er kommt nicht. Ich habe doch ein Geräusch oben gehört. Papa, warum kommst du nicht? Ich brauche deine Hilfe. Deinen Rat.
Ich habe aufgehört zu warten. Stehe auf.
Die Tür geht auf. Mutter auf der Couch. Ich sehe sie an. Ich weiß, was sie sagen wird. Ich will es nicht hören.
Tod. Endlichkeit. Vergänglichkeit. Stille.
Ich habe ihn doch gehört. Er hat beim Aufstehen irgendwas umgeschmissen. Ich weiß es doch. Ich habe auf ihn gewartet. Er kommt. Ganz sicher.
„Nein.“
Ich könnte lachen. Vor 12 Stunden dachte ich, meine Welt sei untergangen.
Es war 04:04 Uhr. Und ich habe gewartet und nichts gefühlt.