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Vor Anantapur

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10.09.2016
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Vor Anantapur

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen. Wenn überhaupt. Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas. Hier werde ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.

Wenn man sich konzentriert, dann braucht alles ein bisschen länger. Ich erinnere mich an dein Gesicht, aber das Mädchen, das ich vor ein paar Jahren war, habe ich schon vergessen. Du bist jetzt eine Brücke für mich, ein Archiv, mein Tagebuch. Was ich in dir nicht finde, existiert für mich nicht. Halte mich nicht für selbstsüchtig, das hier ist für dich, ich brauch es nicht mehr, also lass ich es los. Behalte diese Erinnerungen oder mach damit, was du willst. Sie gehören jetzt dir. Und um noch etwas vorwegzunehmen: Wir werden uns nie wiedersehen.

Es war schwül und Sommer. Die Süße klebte wie Honig an den Fensterscheiben. Du trugst lange Haare und ich nicht, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt. Wir tauschten Namen aus, als hätten wir uns dazu verabredet. In dem Kino, in dem immer nur alte Streifen liefen, trafen wir uns, fuhren Papierbötchen auf einem mit Wasserstoffsulfid verseuchten See und bezeichneten uns als romantischen Sondermüll. Kurz: Wir lernten uns kennen.
 Bis dahin wusste ich nicht, wie das ist, einen besten Freund zu haben, wie schön. Wir kochten Spaghetti und hielten uns für erwachsen; schauten Stummfilme in Farbe und verrieten uns unsere Wünsche und Ängste. Schliefen wir bei dir, beachteten deine Eltern dich. Bis sie begriffen, dass da nichts lief, außer Freundschaft eben. Ich hab sie von Anfang an gehasst. Ob du eine Schwuchtel bist, hat dein Vater dich gefragt, weil wir nichts miteinander hatten und er das komisch fand. Ich hab dir angeboten, zu sagen, dass wir ein Paar sind. Du hast mit dem Kopf geschüttelt und von da an haben wir uns nur noch bei mir getroffen. Meine Eltern haben uns behandelt, als wären wir Geschwister. Sie liebten dich, genau wie ich.

Wie verstört du warst. Du hattest deinen ersten feuchten Traum und stottertest und deine Zunge war wie taub und dann musste ich es aussprechen, weil du dich so geschämt, es aber nicht ertragen hast, auch nur ein Mal ein kleines Geheimnis ganz allein für dich zu behalten. Du hast mich angestiftet. Alles habe ich ausgespuckt, wir haben uns ausgezogen voreinander, ohne uns jemals zu berühren. Vom Tennistrainer wusstest du und dass ich diesen Sport verabscheute und doch gute Miene machte, weil ich ihn übers Netz hinweg riechen konnte, und es war ja nicht undenkbar. Er hat die Zeichen nicht gesehen oder hat sie nicht sehen wollen.

Was dich angeht, bin ich mir sicher, deine Talente haben sich entfaltet, wie man so schön sagt. Nur, dass du kein Priester geworden bist, hoffe ich, was nicht heißt, dass ich mir dich nicht im Talar vorstellen kann. Du hast gezeichnet, gemalt, Isländisch gelernt und Alemannisch. Auch wenn du dich nicht sehr leiden konntest, muss dir aufgefallen sein, dass andere stolz darauf waren, mit dir befreundet zu sein. Alle, außer deinen Eltern.

Die Zeit des Dornröschenschlafes, in dem sich unser schönes und hässliches Städtchen befand, und wir uns mit ihm, beendete unsere Freundschaft nicht. Im Gegenteil glaube ich, dass wir noch tiefer schliefen, weil es sich zu zweit so schön träumen ließ. Du lerntest Tamara kennen, die du, warum auch immer, mochtest. Die unter Essstörung litt und die einzige Person war, die ich kannte, die nichts wollte, außer sehr guten Noten, die sie ihren Eltern zeigte, die ihr rieten, Freunde zu treffen, die Tamara nicht hatte. Bis sie uns kennenlernte. Sie war die einzige, die vom Gewitter, das uns zwei letztlich auseinandergebracht hat, verschont blieb. Kein Wunder, wenn du mich fragst.

Allein im Dunkeln bist du nie gern gewesen. Du bist nie gern allein gewesen. Immer mussten andere dir zeigen, was dein Wert ist, weil du dir selbst nicht geglaubt hast. Nur, wenn wir zusammen waren. Ich hab dich oft stundenlang im Arm gehalten. Schöner, trauriger Junge. Du hast dich an meine Brust gedrückt, die Augen geschlossen. Hast gelächelt und ich hab gelächelt. Zweihunderteinundachtzig Porträts und meine Haare sind immer länger und länger geworden.

Nach Tamara lernten wir Ben, unseren zweiten gemeinsamen Freund kennen. Für dich eine Vaterfigur, für mich der Beweis, dass ich scheinbar doch in der Lage war, Freundschaften zu schließen, und das mit uns nicht einfach nur ein mehr oder weniger glücklicher Zufall war. Richtig Freunde haben. Mit sechzehn, wir waren wirklich spät dran. Vier Seelenkrüppel aus der Ostprovinz. Du wolltest verlassene Kirchen sehen. Nach Zeitz sind wir gefahren, nach Bernburg und Meilendorf, haben Picknick gemacht auf einem Altar. Es war das beste Jahr jemals. Das Gewitter aber lag schon in der Luft.

Zu ihrem Geburtstag überraschten wir Tamara im Biologie-Club. Du hattest sie gemalt, aber es war eines deiner schlechtesten Bilder. Ben schenkte ihr einen goldenen Kuli und ich ihr ein Buch über Entspannungstechniken. So hatte es etwas vom Besuch der heiligen drei Könige. Tamara war das Jesuskind und freute sich wie eines. Aber nur eine Dreiviertelstunde lang, drei Stück Kuchen, die wieder im Klo landen würden. Tamara musste ‚weitermachen‘. Man sei ehrgeizig. Man habe Pläne. Man trinke Sekt nur am Wochenende. Tamara konnte nicht loslassen, nicht verlieren, nicht nicht Tamara sein. Ich wusste, dass die Wege sich trennen.

Deine Eltern waren nach wie vor ein Thema. Zu deinem Siebzehnten hatte deine Mutter dir gesagt, dass sie besser nicht mit dir schwanger geworden wäre. Du hast sogar genickt, meintest du. Wie konntest du nach allem immer noch ein guter Sohn sein wollen? Kurz habe ich überlegt, ob du dir diese Sachen einfach ausdenkst, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemand wirklich so bösartig sein kann. Aber welchen Grund hättest du schon gehabt? Ein Märtyrer warst du, ein dummer, und wenn es etwas bringt, nutze ich diese Gelegenheit gerne, um dich hiermit heilig zu sprechen. Mein Freund St. Omer, der Talentierte, der sich seinen Eltern zum Fraß vorwarf und oft bei uns zum Pizzaessen vorbeikam, der mein Bruder wurde und ich seine Schwester. Es hat mich in der Brust gezwickt und wenn du nicht hingesehen hast, habe ich manchmal geweint. Selbst wenn man einen Menschen mag, kann es sein, dass man ihn in der Ostprovinz zurücklassen muss. Es tut weh, falls dich das tröstet.

Ben für seinen Teil hat sich aufgelöst wie eine Aspirintablette. Manchmal muss man gar nicht viel sagen. Jedenfalls hat er es nicht geschafft, sich zu trennen. Die Spielsachen, die Kleinodien, in denen er sein fünfzehnjähriges Ich konservierte, wurden Stück um Stück zum Museum aufgebaut, dessen Direktor und alleiniger Besucher er selbst war. Als Einzelgänger ist er geboren und wird, das hoffe ich, von Zeit zu Zeit noch Gäste in sein Museum locken. Sei mir nicht böse, aber er ist dir nur ein Vater gewesen, weil das die einzige Rolle ist, bei der man im Grunde bei sich selbst bleibt. Schwer war es nicht, ihn loslassen, aber das zu hören, würde ihn sehr kränken.

Meine Haare waren gerade schulterlang, als du mich gezwungen hast, dir deine abzurasieren. Auch die Nachrichten wurden immer absurder: Ein Mensch aus Arizona behauptete, aus einer anderen Zeit hergereist zu sein, in Mülheim-Kärlich wurde ein Atomkraftwerk mit einem Kühlturm verkauft, der höher war als der Kölner Dom, und in Bayern entdeckten sie eine neue Flusskrebsart. Zum Glück wohnten wir alle im dritten oder vierten Stock. Als im Juni die Elbe überlief und das Hochwasser kam, bekamen wir alle zwei Tage schulfrei. Die hast du bei uns verbracht. Du musstest jetzt nicht mehr vierundzwanzig Stunden am Tag guter Sohn spielen. Vielleicht noch achtzehn, aber das war ein Fortschritt. Wir schauten Filme von Sagan oder lasen uns Comics vor, bis die Welt wieder in Ordnung war.

Deine Bilder verkauften sich auf Facebook wie sonst was. Das hielt zwei sogenannte Eltern nicht davon ab, sich für ihren Sohn zu schämen. Ein Künstler, so eine Vergeudung. Doch wenigstens fiel dir auf, dass deine Mutter einmal erwähnt hatte, sie habe Glasmalerin werden wollen; bevor deine Fruchtblase und damit ihr Traum geplatzt ist. Große Kirchenfenster. Sie hätte das gekonnt. Stattdessen war sie selbst zu einer Art Marienbildnis geworden. Nur der Heiligenschein fehlte noch. Du hast gelernt, dir selbst zu vertrauen. Immerhin wurdest du mit Komplimenten bombardiert. Omer hier, Omer dort. Die MZ hat über dich geschrieben und eine Galeristin aus Frankfurt machte dir eine Art kapitalistischen Heiratsantrag. Ich glaube, nein zu sagen, war nicht die schlechteste Entscheidung, ein wichtiges Signal vielleicht sogar, und eine Ausstellung in der Schirn sprang trotzdem heraus.

Irgendwie hattest du den Braten gerochen. Vielleicht hatten das alle, außer mir. Dieser Braten war mein Tennislehrer. Ob kurze Haare oder lange, ob St. Omer oder nicht. Zweimal die Woche ging ich zum Tennis und zog meinen Rock immer höher. Du musst ihn fragen, Ari, sagtest du. Aber wenn er schon die Zeichen nicht sieht! Er sieht sie, aber er will, dass du den ersten Schritt machst, wie man so schön sagt. Vielleicht hätte ich auf dich hören sollen, bevor es zu spät war. Aber wer hätte schon mit diesem Gewitter gerechnet? Ich nicht.

Es war die REM-Phase des Dornröschenschlafes. Die Augenlider zuckten kurz, aber zum Aufwachen reichte es nicht. Tamara und Ben hätte kein stampfendes Nilpferd aufgeweckt. Wie sonst auch zog Ben es vor, in verklärter Weise von seiner Vergangenheit zu sprechen. Er war nie gemobbt worden, hatte sich nie glatte, statt lockigen Haaren gewünscht, hatte nie kleiner und hagerer sein wollen, weil das seinem Schönheitsideal entsprach. Vor allem aber hing Ben zu null Prozent an seinem fünfzehnjährigen Ich und trauerte dem Mädchen, das ihm damals einen Korb voll Scheiße gegeben hatte, in keiner Weise nach. Es war alles in Ordnung. Niemand brauchte sich Sorgen machen.

Tamara ging vollständig darin auf, Teil von etwas zu sein. Als solcher wurde sie allseits geschätzt. Teil des Freundeskreises, Teil der Klassengemeinschaft, Teil des Biologie-Clubs, Teil der Familie. Man werde sich das Leben schon verdienen. Man arbeite hart und nachts und sei seines eigenen Glückes Schmied. Ein stummer Applaus für Tamara, ein Lächeln, ein süßer Traum. Hach! Auch für sie hast du auf Café Keese gemacht. Sie wollte ja so gern, aber die Potenziellen waren ihr dann doch immer zu langweilig. Dann lieber solo. Irgendwann kommt er schon, während eines Doktorandenseminars oder einer ungezwungenen Betriebsfeier. Go for it!

Und dann, als wirklich niemand damit rechnete, kam der vierzehnte April. Du musst ausnahmsweise bei dir zu Hause gewesen sein. Was Ben machte, wusste ich gar nicht mehr so richtig. Tamara arbeitete wahrscheinlich. Es gab eine Warnung und kurz hatte ich den unverfänglichen Gedanken, solche Wetteranomalien könnten theoretisch auch etwas mit dem Klimawandel zu tun haben. Weil das aber niemand aussprach, war wahrscheinlich noch genug Zeit, um an andere Möglichkeiten zu glauben. Ein feuchter Blitz, dann kam die ganze Soße herunter. Hast du so etwas schon mal gesehen, Ari, hast du?, fragte mein Vater. Ich hab so was noch nie gesehen, Ari, noch nie.

Es war das Wunder, auf das niemand gewartet hatte. Blitzkaskaden färbten den Himmel, Fensterscheiben platzten und wir hörten unsere Stimmen nicht mehr. Ich dachte nicht an dich, Omer, nicht an Ben oder Tamara. In meinem Kopf schlug jemand Tennisbälle. Gelb und feucht. Du hast davon in den Nachrichten gelesen: Tennistrainer (36) zu Asche verbrannt. Aber Omer, ob du mir glaubst oder nicht, ich habe es gewusst. Ich habe es in diesen Minuten vorhergesehen. Der Rest ist dir bekannt, aber nicht die Konsequenz. Du hast mir geglaubt, aber ich hab dich belogen. Im Tennisrock bin ich zum Galgenberg. Die Bäume um mich herum haben gebrannt. Ich habe mir gesagt, wenn mich der Blitz trifft, dann sterben wir im selben Moment. Es waren hunderte und ich die Bergspitze. Doch sollte ich verschont bleiben, hau ich hier ab, lass euch alle zurück, egal, ob du einer von denen bist.

Warum hat es den Tennistrainer getroffen und nicht deine Eltern? Die Welt ist schlecht. Während ich dort stand und auf meinen Blitz wartete, verprügelte dich dein Vater. Dass du endlich rauskommst, Schmarotzer. Wir trafen uns vor meiner Haustür. Abgesehen vom Platzregen und kniehohen Wasser war es ein unauffälliger Freitagabend. Wir waren durchnässt bis auf die Knochen, wie man so schön sagt. Die Blitze zuckten in der Ferne und aus deiner Nase und deinem linken Auge blutete es. Der vierzehnte April war dein Einzugsdatum bei uns und so manches unbekümmertes Seelchen wird dieses Jahrhundertwetter aus den Träumen gerissen haben. Vielleicht hat Ben sich endlich als den Einzelgänger erkannt, der er nun einmal ist. Tamara dürfte, wenn überhaupt, festgestellt haben, dass es keine Rolle spielt, was die Zeitläufe so bringen. Man gehe seinen Weg. Man verfolge ihn strammen Schrittes. Zumindest du bist in jener Nacht deinen Rabeneltern davongeflogen. Aber was ist mit mir?

Nach Anantapur sind es immer noch zwei Stunden. Der Zug ist steckengeblieben, worin auch immer. Der Mann kaut wieder auf seinem Stück Holz. Auch ich habe Appetit bekommen. Mit der Mittelmäßigkeit ist es ein Kreuz, das sage ich dir, und das schleppe ich jetzt woanders mit mir herum. Nur um eines will ich dich noch bitten: Komm niemals her! Du würdest mich bereits nach kurzem Suchen finden. Bleib, wo du bist, wenn du jemals mein Freund St. Omer warst. Erzähl ihnen, ich sei gestorben, im Zug stecken geblieben, ein bengalischer Tiger, denk dir das Dramatischste aus.

 

So, die (erste) Überarbeitung ist fertig. Einen Absatz zum Tennistrainer habe ich hinzugefügt und sonst vor allem Kleinigkeiten, die ihr kritisiert habt, geändert und ein bisschen rumgefeilt. Hat Spaß gemacht, sich nochmal mit dem Text und den sehr schönen Kommentaren (danke nochmal!) auseinanderzusetzen.
Liebe Grüße

 

Hallo @Carlo Zwei,

Halte mich nicht für selbstsüchtig, das hier ist für dich, ich wünsche es mir auch, aber brauch es nicht mehr, also lass ich es los.

Das ist ein bisschen zu viel, finde ich, mir hätte "Halte mich nicht für selbstsüchtig, das hier ist für dich, ich brauche es nicht mehr (,also lasse ich es los)" hier gereicht. Das "ich wünsche es mir auch" klingt ein wenig so, als würde sie oder der Autor jede noch so kleine eventuelle Misskommunikation abwägen bzw. aus dem Weg räumen wollen, dafür erscheint sie mir eigentlich zu stark in ihrem Wesen, als dass sie das nötig hätte.

Du hattest deinen ersten feuchten Traum und stottertest und deine Zunge war wie taub und dann musste ich es aussprechen,

Weiß nicht, aber "stottertest" klingt schon fast selbst wie stottern, gebräuchlicher fände ich da auch eine hat-Variante.

Klar beruhte das auf Äußerlichkeiten; nicht mal seinen Vornamen habe ich mir gemerkt, auch wenn er ihn mir vielleicht verraten hat. Im Nachhinein denke ich, es ging gar nicht so sehr um ihn, mehr um das, was das bei mir auslöste. Er hatte sogar Haare an den Beinen und – wie gesagt – der Duft. Dass ich verknallt war in einen Mann ohne mir bekannte Charaktereigenschaften, hat mir gezeigt, dass meine Empfindungen überhaupt nicht so unberechenbar und ungewöhnlich waren, wie ich dachte oder wie du mir weisgemacht hast. Das war eine stinknormale Sommerverliebtheit im Sportverein. Ein bisschen bedrohlich, aber auch ein Anker, zu wissen, ich kann mir eine Menge vormachen, aber am Ende ist alles doch ziemlich normal.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Absatz neu ist und ich bin mir nicht sicher, ob er mir gefällt. Das war ja in meinem ersten Kommentar ein Thema: Wo ist die Verbindung zum Tennislehrer, was war er für sie. Das willst du hier erklären, denke ich, bzw. die "magische" Verbindung zwischen den beiden ein bisschen kräftigen und dadurch auch die ganze Motivation hinter dem Handeln der Protagonistin, und jetzt wäre es vielleicht interessant, die Geschichte zum ersten Mal zu lesen. Denn jetzt, mit diesem Vorwissen, liest sich der Absatz sehr erklärend. Zu erklärend. Und gleichzeitig auch nicht ganz auf dem clever-subtil-psychologischen Niveau des restlichen Textes. Hier zum Beispiel: "Es ging gar nicht so sehr um ihn, mehr um das, was er in mir auslöste." Das habe ich schon zu oft gelesen, sorry. Und "der Mann ohne mir bekannte Charaktereigenschaften", der ist mir zu wissenschaftlich, also rein sprachlich, zu sehr Muster.

Vorher konnte sie ihn nur "über das Netz hinweg riechen". Das war sicher einfach zu überlesen, was da zwischen den Zeilen mitschwingt, das wäre vielleicht ein Kritikpunkt für den ein oder anderen, aber mir hat es, dort an der Stelle, gereicht. Das war kitzlig und spannend und ... subtil eben.

Immer mussten andere dir zeigen, was dein Wert ist,

Alternativ vielleicht: was du wert bist, erscheint mir näher an der Alltagssprache

Wie sonst auch zog Ben es vor in verklärter Weise von seiner Vergangenheit zu sprechen.

Hätte hier ein Komma nach vor gesetzt

Dem Mädchen, das ihm damals einen Korb voll Scheiße gegeben hatte in keiner Weise nach.

Und hier nach hatte

Ja, was soll ich sagen, ich habe die Geschichte auch jetzt wieder sehr gerne gelesen, jetzt wusste ich ja auch schon ein bisschen, was mich erwartet, ich hab das große Ganze schon durchblickt und diese Lesesicherheit hat sich gut angefühlt. Beim ersten, zweiten Durchgang war das aber auch gleichzeitig das, was mich so begeistert hat, dass in jedem Absatz, in jedem Satz fast, eine neue Information lauert, ein Puzzlestück, das das Bild vervollständigt. Vielleicht ist das ja auch noch mal eine interessante Rückmeldung für dich: Beide Lesarten funktionieren für mich ganz wunderbar, beide haben ihren Reiz. Ich bin mir sicher, es gibt viele Geschichten, die das nicht leisten können, die einen geringeren Wiederlesewert haben.

Ich könnte kaum sagen, was du sonst noch verändert hast, aber scheinbar nur Gutes, denn sie fühlt sich rund und stimmig an. Hab nix zu meckern. Außer ... Du weißt schon. Schau da noch mal drauf. Meine Meinung ist, dass du den Absatz nicht brauchst, dass er mehr schadet als hilft in der jetzigen Form. Aber vielleicht ist das auch eine exklusive Meinung.

Danke fürs Fleißigsein oder so und bis zur nächsten Überarbeitung oder bis zur nächsten Geschichte oder bis wo auch immer ...

Bas

 

Danke @Bas ,

den Absatz habe ich jetzt prompt wieder rausgenommen. Da steht es jetzt einfach Meinung gegen Meinung. Und wenn das so ist, bleibe ich vorerst bei der alten Version. Danke auch für den Vorschlag, den zweiten Absatz etwas zu entschlacken. War ja nur ein Nebensatz. Aber das hat schon viel gebracht. Wirklich ein guter Einwand. Krass, dass du immer noch zwei Komma-Fehler aufgetrieben hast :Pfeif: Ich glaube, dass die durch eine Streichung entstanden sind ... also ... ja ... ähm ... danke :-)

Schön natürlich, dass die Story in deinen Augen auch Wiederlesewert hat, wie du es formulierst. Und überhaupt, dass du sie nochmal gelesen und kommentiert hast und vor allem, dass sie dir immer noch gefällt :gelb:

Auf deine Nachricht antworte ich auch ganz bald, wenn nicht heute, dann morgen!
Hab einen schönen Tag und viele Grüße
Carlo

 
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Hallo @Carlo Zwei,
danke für die schöne Geschichte. Ich bin gerade unterwegs gewissermaßen auf Montage und habe sie die letzten zwei Abende vorm Einschlafen gelesen. Ich finde den Text sehr musikalisch, die Absätze wie Strophen in einem Lied, wehmütig und dabei ganz unsentimental, etwas abgerissenes, das noch im Wind flattert, dahin, wo es einmal angebunden war. Irgendwie für mich eine Sommergeschichte. Ich verstehe allerdings auch die Kommentare, die auf die Frage zielen, was das Zentrum der Geschichte ist, denn die Liebe zum Tennislehrer ist es nicht. Dem dramatischen Höhepunkt fehlt das Drama (denn der Leser hat mit dem Tennislehrer nichts am Hut), aber Aris Gefühl, das etwas endet, geht ja ohnehin tiefer. Ich frage mich: geht sie weg, weil sie von Omer enttäuscht ist? Geht sie, weil es eben an der Zeit ist, zu gehen? Vielleicht muss man das nicht trennen, und der verbrannte Tennislehrer ist kein dramatischer Höhepunkt, sondern eher der Wegweiser an der Abzweigung. Da ich das Unbestimmte, Schwebende an der Geschichte mag, habe ich keine konkreten Verbesserungsvorschläge, und im Detail nur eine Kleinigkeit:
"... beachteten deine Eltern dich." Also das habe ich im ersten Durchgang etwa achtmal gelesen, bevor ich's verstanden hab. Vielleicht kannst du es dem Leser mit einzwei Worten mehr klarer machen, auch ohne den Rhythmus zu durchbrechen - es ist ja die erste Information, die wir über seine Familie bekommen.
Dir einen schönen Abend,
herzlichen Gruß
Placidus

 

Hey @Placidus ,

habe mich sehr über deinen Besuch gefreut. Vor allem, dass du das "vor dem Einschlafen" gelesen hast :D Ich hoffe, du hast weiterhin eine gute Montage bzw. hast alles gut zu Ende gebracht. Das mit der Musik finde ich einen schönen Vergleich. Ich höre auch eigentlich immer Musik beim Schreiben und Rhythmus hat hier beim schreiben auf jeden Fall eine Rolle gespielt. Das kann manchmal viel Konzentration kosten. Es gibt ja auch so etwas wie ein inneres Metronom, dass man sicher auch als Flow bezeichnen könnte, wie so eine Richtschnur, die einem hilft im Rhythmus zu bleiben. Und gleichzeitig darf das einen nicht verführen, einfach draufloszuschreiben. Eine "Sommergeschichte" – ich freue mich wirklich, wie der Text bei dir angekommen ist. Du sprichst ja dann auch die Sache mit dem Tennis-Trainer an. Ja, ich habe da schon mal einen Anlauf gestartet. Leider nicht geglückt. Zumindest gefühlsmäßig und auch Bas hat mir das so gespiegelt. Vielleicht versuche ich da nochmal was. Aber ja, das mit dem Wegweise. So eine Bedeutung sehe ich da auch. Es ist ein auslösendes Ereignis. Der Anlass. Während der Auslöser so ein Wunsch nach etwas Unbestimmten, anderen ist. Mir gefällt auch die Idee, dass das etwas ist, das in Ari bereits angelegt ist und sozusagen nur noch Zeit zum Reifen braucht. An der von dir erwähnten Stelle feile ich nochmal. Auch danke dafür.
Freut mich, dass du damit etwas anfangen konntest.

Viele Grüße
Carlo

 

Hey @Carlo Zwei

Mich wieder ans Kommentieren herantastend, schreibe ich mal etwas zum ersten Absatz:

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, doch sie sehen mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen. Wenn überhaupt. Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas. Hier werde ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.
Erster Satz: Wo bin ich? Nahaufnahme. Zweiter Satz: Was sehe ich, wie werde ich gesehen? Dritter Satz: Wo bin ich? Totale. Am Ende dieses Satzes ein seltsamer Einschub ("das kann man berechnen"). Vierter Satz: Wie werde ich gesehen? Fünfter Satz: Was tue ich? Sechster Satz: Was sehe ich? Siebter Satz: Wie werde ich gesehen, was höre ich?

Ich empfinde den ersten Abschnitt als etwas zerrupft. Hier eine Neuanordnung, um zu verdeutlichen, was ich meine.

Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas. Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. [Hier wäre ein Satz zu den anderen Fahrgästen sinnvoll, finde ich. Dann stünde das folgende "alle" nicht so verloren.] Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle doch sie sehen mich nicht. Meine Haare halte ich mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen. Wenn überhaupt. Hier werde Ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.

Ob das besser ist, weiss ich nicht, aber es wäre auf alle Fälle ordentlicher. Gestört hat mich vor allem das mehrmalige und widersprüchliche Erwähnen der Sichtbarkeit. Zunächst: Sie sehen mich nicht. Dann: Meine Hände liegen da wie Beweisstücke. Dann: Hier werde ich unsichtbar. Was heisst: "hier"? Gerade eben hat die Prota ihre Sichtbarkeit betont, die bleichen Hände. Und jetzt wird sie unsichtbar? Wodurch? Und dann eben dieses Ruckelige.

Ehrlich gemeinte Frage: Ist es so, wie ich es gerne hätte, zu ordentlich? Geht da der Zauber verloren? Was meinst du?

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Peeperkorn

so schön, dich mal wieder zu lesen. Danke für deine Gedanken zu dem Absatz

Mich wieder ans Kommentieren herantastend, schreibe ich mal etwas zum ersten Absatz:

Freut mich, dass du es hier tust :D

Erster Satz: Wo bin ich? Nahaufnahme. Zweiter Satz: Was sehe ich, wie werde ich gesehen? Dritter Satz: Wo bin ich? Totale. Am Ende dieses Satzes ein seltsamer Einschub ("das kann man berechnen"). Vierter Satz: Wie werde ich gesehen? Fünfter Satz: Was tue ich? Sechster Satz: Was sehe ich? Siebter Satz: Wie werde ich gesehen, was höre ich?
zerrupft
Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas. Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. [Hier wäre ein Satz zu den anderen Fahrgästen sinnvoll, finde ich. Dann stünde das folgende "alle" nicht so verloren.] Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle doch sie sehen mich nicht. Meine Haare halte ich mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen. Wenn überhaupt. Hier werde Ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.

Das ist sehr schön analysiert und ja, stimmt, ziemlich zerrupft. Ich empfinde deine Version auch als viel geordneter und angenehmer zu lesen. Danke, dass du das extra ausformuliert und sogar noch Satzteile rausgenommen hast. Da wünsche ich mir dich als Lektor – (nur in dieser Hinsicht) schade, dass du Autor bist (und ich noch nicht beim privaten Lektor) :D

Ich weiß jetzt nicht, ob du den übrigen Text gelesen hast. Wahrscheinlich hat dich der Absatz aufgehalten, was ich verstehen kann. Ich glaube aber, dass sich das danach ändert. Womit ich gleich zur Frage kommen will:

Sie sehen mich nicht. Dann: Meine Hände liegen da wie Beweisstücke. Dann: Hier werde ich unsichtbar. Was heisst: "hier"? Gerade eben hat die Prota ihre Sichtbarkeit betont, die bleichen Hände. Und jetzt wird sie unsichtbar? Wodurch? Und dann eben dieses Ruckelige. Ehrlich gemeinte Frage: Ist es so, wie ich es gerne hätte, zu ordentlich? Geht da der Zauber verloren? Was meinst du?

Keine Ahnung. Angst hätte ich auf jeden Fall drum (wie immer ...). Aber Ich werde es unbedingt ausprobieren und auf mich wirken lassen. Ich will mal genau zu deinen Anmerkungen hierzu was sagen.
Sie sehen mich nicht und meine Hände liegen da wie Beweisstücke ist ja kein Widerspruch. Die anderen sehen ihre Augen nicht und das gibt ihr das Gefühl, dass sie nicht gesehen wird; wie bei Kindern, die sich die Hände vors Gesicht halten in der Annahme, unsichtbar zu werden. Sie ist sich aber bewusst, dass ihre Hände wie Beweisstücke daliegen – jemand der genau hinschaut, würde es bemerken. Aber das ist scheinbar nicht der Fall. Dadurch entsteht ja eigentlich nebenbei eine komplexe Raumsituation (um es nicht Zauber nennen zu müssen). Das wäre meine Argumentation. Aber ich kann schwer widerstehen das alles für nichtig zu erklären, wenn du das infrage stellst, einfach weil ich weiß, dass deine Texte – obwohl immer sehr komplex – klar sind wie sonst was. Und meine Texte sind oft ein bisschen unordentlich oder sehr, das gebe ich zu. Aber: Gerade diese etwas wirren Anfänge gefallen mir – die ersten zwei Absätze, das mache ich eigentlich sehr oft so. Ein bisschen Verwirrung stiften und Rauch blasen, aus dem sich das Bild herausschält. Aber ich möchte dich dabei nicht verlieren. Wenn du so einen ersten Absatz liest und aufhörst bzw. dich festhakst, dann hat sicher der Text etwas falsch gemacht bzw. ich :D (er hat dein Kritikerhirn nicht schnell genug lahmgelegt). Vielleicht war diese Geschichte einfach ein Blindgänger; was ich nicht glaube, zumindest kein totaler Blindgänger. Sie ist unmittelbar (also nur eine Woche vielleicht) nach "Zeitz" entstanden und etwa zwei Monate vor "Am alten Hafen".

Danke Peeperkorn! Habe mich riesig gefreut, dass du kommentiert hast, und fand es toll, zu sehen, wie man so einen Bastard von Absatz in etwas völlig Klares verwandeln kann, hehe.

Lieben Gruß
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Carlo Zwei

Sie sehen mich nicht und meine Hände liegen da wie Beweisstücke ist ja kein Widerspruch. Die anderen sehen ihre Augen nicht und das gibt ihr das Gefühl, dass sie nicht gesehen wird; wie bei Kindern, die sich die Hände vors Gesicht halten in der Annahme, unsichtbar zu werden. Sie ist sich aber bewusst, dass ihre Hände wie Beweisstücke daliegen – jemand der genau hinschaut, würde es bemerken. Aber das ist scheinbar nicht der Fall. Dadurch entsteht ja eigentlich nebenbei eine komplexe Raumsituation (um es nicht Zauber nennen zu müssen). Das wäre meine Argumentation.
Das habe ich genau so gelesen, wie du das hier ausdividierst. Und ich finde das sehr gut. (Das "und sie sehen mich nicht" habe ich in meiner Version gestrichen, weil ich es als überflüssig empfinde. Ich sehe alle. Meine Hände sind sichtbar. Da braucht es keine positive Formulierung: Sie sehen mich nicht. Wenn sie angestarrt würde, stünde das nämlich im Text. So meine Überlegung, aber das ist vielleicht zu sophisticated)
Auf alle Fälle bringt für mich einzig der nachfolgende Satz das schön gefüllte Fass zum Überlaufen: Hier werde ich unsichtbar. Nur an diesem Satz will ich den Widerspruch festmachen. Die Prota wird nicht gesehen, obwohl sie durchaus sichtbar ist. Worauf soll ich nun als Leser den Satz beziehen, dass sie unsichtbar wird? Ganz plump: Ich habe zunächst gedacht, dass sie die Hände im Schoss verbirgt. Also nur das dritte Aufgreifen der Sichtbarkeitsthematik hat mich irritiert.

Bezüglich weiterlesen und festhaken brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich besitze zurzeit die Aufmerksamkeitsspanne eines Laubfroschs. Wäre ich in Leseform, hätte ich ganz bestimmt weitergemacht und weiterkommentiert. :shy: Ich fand es sehr passend, dass du den Begriff "Lektor" ins Spiel gebracht hast, tatsächlich stecke ich noch im kleinteiligen Lektoratsmodus fest.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hmm. Am liebsten würde ich Friedrichard rufen wie so einen Dschinn, …

ist dem Friedel vorhin erst aufgefallen,

liebe @Katta und lieber Carlo,

na, ganz so weit sollte es nicht kommen, dass ich mit Rushdie mal durch Amerika führe und schon gar nicht hab ich was vom Papst an mir (sieht man von Reich-Ranickis Ironie mal ab, so ein Kritiker fehlt an allen Ecken und ins Besondere den Kanten, und selbst wenn das Problem sich erledigt haben sollte, so hoff ich, es geht auch nur um den Satz

Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht.
der m. E. korrekt ist, wenn die Definition vom Institut für deutsche Sprache, Mannheim, sozusagen das Mutterhaus der Dudenredaktion – auch da gibt’s keinen Papst, denn da muss immer entschieden werden, was veröffentlicht wird und gelegentlich wird sogar – weil das „Volk“ es im Maule führt – nackter Unsinn wie „lol“ veröffentlicht.

Da wird die Ellipse definiert als "eine selbstständige Einheit, in der das Prädikat, Teile des Prädikats oder einzelne vom Vollverb geforderte Satzglieder nicht vorhanden sind. Diese Elemente können aus dem (grammatischen) Kontext, der Situation oder dem Weltwissen ergänzt werden", wobei "Weltwissen" besser durchs "allgemeine" Wissen ergänzt würde, denn selbst der gesammelte Brockhaus (gibt's den überhaupt noch?) kann alles wissen.

Warum der @ ... Anruf auf meinem Gerät nicht ankam ... k. A., aber ich bin auch recht kurzsichtig ...

Tschüss

Friedel

 
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Ich sehe alle. Meine Hände sind sichtbar. Da braucht es keine positive Formulierung: Sie sehen mich nicht.

das ist für mich irgendwie super schwierig. Ich habe jetzt wirklich viel rumprobiert, aber kriege es irgendwie nicht hin, dass ich nicht nachher unzufrieden bin – ich hoffe, dass das nichts Psychologisches ist, wo jede Abweichung vom oft gelesen Original falsch klingt. Das wäre fatal. Vielleicht bin ich aber auch einfach noch nicht drauf gekommen. Ich sitze jedenfalls noch ein bisschen dran.

Hier werde ich unsichtbar.

Und dass ist mindestens genauso schwierig für mich. Vor allem, weil ich ohne das keine schöne Absatzstruktur hinkriege. Klingt total oberflächlich, ich weiß. Aber ich kann den Satz nicht mit "Ich" anfangen (zu oft) und auch nicht mit "Der Mann neben mir schnarcht ..." Weil dann der Mann zu sehr im Fokus steht bzw. der Übergang zwischen auf dem Holz kauen und plötzlich schnarchen. Es passiert einfach – ich glaube, dass es am Fokus liegt. Dann habe ich versucht "Hier werde ich unsichtbar" einfach rhythmisch durch etwas Gleichlautendes zu ersetzen, das sich aber in den Ablauf der Wahrnehmung der Erzählerin fügt, so wie du es vorgemacht hast. Aber nichts hat mich richtig überzeugt. Es ist schwierig. Ich versuche es weiter und danke dir sehr, dass du dich da so reingefuchst hast.

Begriff "Lektor" ins Spiel gebracht hast, tatsächlich stecke ich noch im kleinteiligen Lektoratsmodus fest.

Heißt das etwa ... dass du fertig bist? :D

Ein zweites: einen schönen Tag dir (oder Abend)! Und nochmals Danke fürs Nachhaken und Erläutern.

Lieben Gruß

––––––––


Danke Friedl, dass du deiner Rolle als Dschinn gerecht geworden bist, hehe. Und für die Erklärungen natürlich.

der m. E. korrekt ist, wenn die Definition vom Institut für deutsche Sprache, Mannheim, sozusagen das Mutterhaus der Dudenredaktion – auch da gibt’s keinen Papst, denn da muss immer entschieden werden, was veröffentlicht wird und gelegentlich wird sogar – weil das „Volk“ es im Maule führt

hehe. Warum gibts eigentlich noch keine grammatikalischen Volksentscheide? Wahlfisch mit H

in der das Prädikat, Teile des Prädikats oder einzelne vom Vollverb geforderte Satzglieder nicht vorhanden sind. Diese Elemente können aus dem (grammatischen) Kontext, der Situation oder dem Weltwissen ergänzt werden"

Okay, das ist offen genug, schätze ich :Pfeif: darauf werde ich mich jetzt jedenfalls immer beziehen.

Vielen Dank und Grüße (keine Ellipse)

 

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