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Versteinerte Zeit

Beitritt
10.12.2002
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Versteinerte Zeit

„Ich stecke fest!“
Liras dicke, gefütterte Lederweste war wieder nach oben gerutscht. Die Wulst um ihre Brust presste gegen die Felsen und machte das Atmen schwer. Verzweifelt zappelte sie und versuchte mit schlangenartigen Bewegungen, ihre Kleidung zurecht zu rücken. Keine Chance.
„Seil!“
Der Zug an ihrer Hüfte ließ etwas nach. Lira rutschte ein Stück nach vorne, die Wulst glättete sich und sie bekam wieder besser Luft. Es half nichts: Jedes Mal, wenn Gren am Seil zog, schob die Weste sich wieder zusammen. Vorwärts war sie hier durchgekommen, aber rückwärts schien unmöglich.
Erschöpft legte sich Lira auf die glitschigen Felsen und versuchte, sich zu entspannen. „Nur keine Panik, nur keine Panik“, flüsterte sie vor sich hin. Die drei Worte waren schon seit einer ganzen Weile ihr Mantra.
Für die anderen war schon der Einstieg zu eng gewesen, aber Lira hatte diese wahnwitzige Idee gehabt, sich in den engen, von Fledermäusen vollgeschissenen Kamin abzuseilen. Es sollte in diesen Höhlen Milchkristalle geben, deswegen waren ihre Freunde und sie hier, aber niemand wollte so dringend einen finden wie Lira.
Der Schacht war immer enger geworden und schließlich hatte sie aufgegeben. Als Gren sie wieder herausziehen wollte, hatte sich die verdammte Weste zusammengeschoben.
„Was ist los? Geht ‘s wieder?“, kam seine ängstliche Stimme von hinten.
„Nein! Nein es geht nicht!“, schrie sie wütend zurück. Es fehlte nicht viel und sie finge an zu heulen. Das wäre nun wirklich das letzte.
„Lira, du musst da wieder herauskommen ...“
„Halt den Mund, hörst du? Halt bloß den Mund!“
Ohne den Weg rückwärts und ohne sich drehen zu können, blieb nur eine Möglichkeit. Sie wischte sich einige mit Guano vermischte Tränen aus dem Gesicht.
„Gib Seil! Ich versuch ‘s noch einmal vorwärts!“
„Lira ...“
„Mach schon! Nun mach schon, verdammt!“
Kurz geschah nichts, dann erschlaffte das Seil. Wieder begann sie, vorwärts zu robben. Lira war die kleinste und schmalste in der Gruppe. Mit ihren fast fünfzehn Jahren war sie natürlich erwachsen, aber was bei anderen Frauen in solch engen Kaminen im Weg sein könnte, lies bei ihr immer noch auf sich warten.
Sie wühlte mit ihren Händen im feuchten Dreck nach Halt und zog sich mit aller Kraft nach vorne. Noch einmal. Jetzt konnte sie wirklich nicht mehr richtig atmen, so eng pressten die Felsen von allen Seiten auf ihren Brustkorb. Und noch einmal.
Es würde nicht klappen, gleich steckte sie wieder fest, diesmal in beide Richtungen. Funken sprühten vor Liras Augen, es war schwierig, Nase und Mund aus dem Dreck zu halten. Ihr war jetzt alles egal. Sie würde sterben, aber nicht, ohne es versucht zu haben. Sie atmete aus, machte sich so schmal, wie es nur ging, zog sich nach vorne ...
Ihre Hand griff ins Leere. Ihr Herz stockte, um sofort mit doppelter Geschwindigkeit weiter zu rasen. Das war es. Mit aller Gewalt zog Lira sich weiter. Der Kamin endete abrupt im Nichts. Bald baumelte ihr Oberkörper in der Dunkelheit, während sie hüftabwärts noch im Kamin steckte.
„Stop!“ Das Seil kam mit einem Ruck zum stehen.
Luft. Sie atmete tief durch. Luft.
Das Licht war ausgegangen, irgendwann hatte sie im Kamin das Muster verloren. Als Lira endlich die einzelnen Schläge ihres Herzens wieder unterscheiden konnte, konzentrierte sie sich auf ihren Fokus. Ein Licht flackerte neben ihr auf, schwebte im Nichts und folgte jeder Bewegung ihres Kopfes.
Offenbar hing sie in der Decke einer tiefen Höhle. Lira wühlte ein Steinchen aus dem Schlamm, legte ein zweites Licht darauf und ließ ihn fallen. Sie konnte bis fünf zählen, dann machte es leise „Klack“. Sie veränderte das Muster der Magie ein wenig und unter ihr leuchtete der Kiesel hell auf. Kurz konnte sie die Umrisse einer großen Halle erkennen, dann fiel wieder alles ins Dunkel.
Lira seufzte. Lan und andere könnten das helle Licht über Stunden aufrecht erhalten, aber schon das kurze Aufflackern zehrte an der Energie ihres kleinen Fokus. Der Obsidiansplitter war einfach viel zu schwach. Deshalb brauchte sie einen Milchkristall.
„Hier ist eine große Höhle! Gib Seil!“
Langsam schwebte sie abwärts und das kleine Licht neben ihrem Kopf folgte ihr. Zwei oder drei Körperlängen über dem Boden ruckte das Seil erneut.
„Was ist los?“ Sie musste jetzt schreien, um sich verständlich zu machen.
„... Seil ist zuende ... zurück ...“ klang es schwach zu ihr herunter.
„Nein. Ich will da runter!“
„... zurück ...“
„Ich-will-da-runter!!“ Einen Moment geschah nichts, doch dann begann sie, wieder nach oben zu schweben.
Das durfte nicht sein. Ich will nicht noch einmal durch diesen scheiß Kamin, auch nicht vorwärts. Und ich will einen Kristall. Sie riss ihr Messer aus der Tasche, trennte mit einigen schnellen Schnitten das Seil durch und fiel das letzte Stück.
Das ist schon wieder eine absolut dämliche Idee, schoss es ihr durch den Kopf. Aber davon hatte sie in letzter Zeit eine Menge.
Nachdem Lira sich sortiert hatte, rief sie nach Gren, aber mit dem Seil hatte sie auch die letzte Verbindung zu ihren Freunden durchtrennt. Sie war allein.
Was sollte sie tun? Vor Liras wirklich großartiger Idee mit dem Kamin waren sie schon stundenlang durch die Höhlen gewandert. Die Anderen waren wie Lira Magier und reisten gemeinsam mit ihr als Gaukler und Artisten getarnt durch die Länder. Ihr zu Liebe hatten sie einen Umweg gemacht, um hier in den Höhlen nach Milchkristallen zu suchen.
Lira war hundemüde und eigentlich sehnte sie sich nach einer längeren Rast. Nur hatte sie, als sie in den Schacht kletterte, ihren Rucksack mit den Vorräten abgeschnallt. Ohne etwas zu essen lief ihr die Zeit davon. Die Energie ihres Fokus reichte noch für ein paar Stunden Licht, bevor der Splitter sich wieder aufladen musste. Dann war sie sowieso gezwungen zu rasten. Also gleich los.
Sie konnte nur die nähere Umgebung sehen, aber die Halle war riesig und zur Abwechslung mal eine Höhle, wie sie sein sollte: Wunderschöne Stalagmiten wuchsen aus dem Boden und verbanden sich mit von der Decke hängenden Stalaktiten zu einer Vielzahl von Säulen. In Kalk erstarrte Wasserfälle flossen die Wände herunter, der nasse, leicht abschüssige Boden ging an einer Seite in einen kleinen Höhlensee über. Eine gelblich-weiße geheimnisvolle Welt. Die Luft war frisch und nährte bei Lira die Hoffnung, weitere Ausgänge zu finden. Wegen ihres Guanobades roch Lira sich selbst jetzt deutlicher als ihr lieb war. Kurz überlegte sie, ein Bad in dem eiskalten Wasser zu riskieren, aber sich wieder zu trocknen und aufzuwärmen hätte unverantwortlich viel Energie von ihrem Splitter gefordert.
Es gab hier keine Milchkristalle, dafür aber gleich mehrere Tunnel in alle Richtungen. Unschlüssig stand Lira in der großen Halle. Wo lang? Eine falsche Entscheidung konnte sehr schnell tödlich sein. Wie lange konnte sie ohne Nahrung durchhalten? Drei Tage? Eine Woche?
Ein seltsamer Stein fiel ihr auf. Er schaute sie an. Nein, kein Stein, ein Schädel. Von einem Menschen. Daneben einige Knochen, erst auf dem zweiten Blick zu erkennen. Alt. Sehr alt.
Lira betrachtete die spärlichen menschlichen Überreste. Der Schädel war zur Hälfte im Sinter versunken, auch die Knochen mit Kalkstein überzogen. Lira hatte keine Ahnung von solchen Dingen, aber das musste sehr lange gedauert haben. Pater Markan, der ihr das Lesen beigebracht hatte, hatte einmal behauptet, Elúsia sei 3500 Jahre alt. Ob das ausreichte?
Da war noch etwas anderes. Einige gelbe Steine waren ebenfalls im Sinter festgebacken. Lira zog ihr Messer, kratzte, bohrte und grub im noch weichen Gestein. Schließlich zerrte sie eine Kette hervor. Sie hielt den Atem an. Die Steine waren durchsichtig und in ihrem Inneren waren Insekten und Teile von Pflanzen eingeschlossen. Sie hatte von solchen Steinen gehört, aber nicht geglaubt, dass es sie tatsächlich gab.
Noch etwas anderes war seltsam mit der Kette, aber Lira konnte nicht wirklich benennen, was es war. Egal, die Steine waren schön und sie hängte sich das alte Schmuckstück um den Hals. Es war wie für sie geschaffen.
Das war ein guter Anfang und sie fühlte sich deutlich besser. Jetzt musste sie nur entscheiden, wo sie lang gehen sollte und am besten unterwegs über einige Milchkristalle stolpern.
Die Tunnel waren in etwa gleich, aber mit ihrem neu gefassten Selbstvertrauen entschied sich Lira für einen leicht abschüssigen Gang und marschierte einfach los. Ob auf oder ab war egal, der Einstieg zu den Höhlen lag in der Flanke eines Tales, über ihr war Fels bis hinauf zum großen Eis. Kurz schaute sie zurück auf den Schädel und die Knochen. Wer war dieser Mensch gewesen und was hatte ihn in diese Höhle getrieben?
„Es wird schon alles gut gehen,“ sagte sie laut und deutlich in die Stille, „ich bin stark.“
Unterwegs hielt Lira immer wieder an und legte ihre Hand in Richtung ihres Weges auf den Fels. Sie knüpfte ein kleines magisches Muster und unter ihren Fingern färbte sich der Felsen blau. Ob die anderen nach ihr suchten? Bestimmt, aber auch sie selbst musste merken, wenn sie im Kreis lief.
Lira wusste nicht, wie lange sie schon durch die Höhlen gewandert war, als schließlich ihr Licht nachließ. Todmüde legte sie sich an Ort und Stelle auf den Fels und schlief sofort ein.

Kälte und Hunger weckten Lira auf. Seltsame Tiere und bunt bemalte Menschen in Tierfellen hatten ihr unruhige Träume bereitet. Eine Frau mit der Kette um den Hals tauchte darin auf, aber Lira konnte sich an keine Details erinnern. Sie fühlte sich zerschlagen und hätte sich gerne etwas aufgewärmt, aber wenn sie heute eine weite Strecke zurücklegen wollte, musste sie sparsam mit dem Fokus umgehen. Die nagende Leere in ihrem Magen zeigte nur zu deutlich, wo ihre Prioritäten liegen sollten. Sie machte ihr Licht und zog weiter. Noch immer hatte sie das schwer erklärbare Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein und blieb optimistisch.
Immer wieder zweigten weitere Tunnel ins Nirgendwo ab. Ihr blieb nichts anderes übrig, als auf gut Glück weiter zu laufen. Der Boden verlief völlig uneben. Mal stapfte sie durch tiefen, stinkenden Schlamm, dann war da wieder glatter Fels, mal war es trocken, dann watete sie durch Wasser, mal ging es abwärts, mal aufwärts. Wo unter der Decke Fledermauskolonien hingen, lagen Kot und die Skelette verendeter Tiere in einer dicken Schicht auf dem Fels. Es stank bestialisch und die kleinen Knochen knirschten unter Liras Schuhen.
Sie musste sich beeilen und zugleich vorsichtig bleiben, eine Verletzung wäre fast sicher das Ende. Gefahr drohte nicht nur von eigener Unachtsamkeit: Manchmal war der Boden in diesen Höhlen nur eine dünne Kruste zu darunter liegenden Kammern, in die man leicht einbrechen konnte. Gleich am ersten Tag ihrer Suche war Rasin an einer solchen Stelle verunglückt, zum Glück war er angeseilt gewesen. Außerdem konnten in dieser sonst so stillen Welt schon der Schall und die Erschütterung ihrer Schritte Geröll über ihrem Kopf lösen.
Lira war schon wieder lange unterwegs, da wurde der Gang auf einmal sehr schmal und führte so steil nach oben, dass sie klettern musste. Vorsichtig hangelte sie sich den versteinerten Wasserfall Felsstufe für Felsstufe hinauf, bis es kurz unter der Kante nicht weiterging. Frustriert schaute sie nach oben. Lira hatte einmal gesehen, wie Lan einen Stein in eine runde Kugel verwandelte. Mit so etwas könnte sie sich jetzt ein paar ganz bequeme Stufen in den Fels zaubern. Aber das war weit jenseits ihrer Fähigkeiten und so mussten sie sich mit konventionellen Kletterkünsten behelfen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und suchte mit der Hand nach einer kleinen Bank, irgendeinen Griff. Mit der Linken fand sie etwas Halt, aber nicht genug für ihr ganzes Gewicht. Lira zog sich so weit hoch, wie es ging, streckte ihre Rechte und tastete die Wand ab. Nichts. Ein Muskel in ihrem Bein fing an zu flattern. Sie zog noch einmal, suchte, fand ein kleines Loch im Fels, gerade genug für zwei ihrer Finger. Augenblicke später lag sie erschöpft oben auf der Kante.
Mit einem Ruck setzte sie sich auf. Jetzt wusste Lira, was sie am Vortag an der Kette mit den Steinen gestört hatte. Sie nahm das Schmuckstück in die Hand. Die einzelnen Steine waren durchbohrt und hingen an einem langen Lederband. Ein Lederband, aber die Kette war so alt, dass sie fast ganz im Kalk versunken war. Lira riss am Band. Es war so stabil, als wäre es neu. Das war unmöglich, es sei denn, die Menschen damals hatten auch schon über Magie verfügt. Lira konnte sich das nicht vorstellen, aber die Fakten sprachen für sich.
Sie war wütend auf sich selbst. Das Ding einfach umzuhängen war also die dritte gute Idee des gestrigen Tages. Mal sehen, wie viele heute noch dazu kommen. In einer verspäteten Vorsichtsmaßnahme steckte sie das Schmuckstück in ihre Tasche und stand auf. Wenn die Kette magisch war, was tat sie dann, außer da zu sein?
Lira schob die Frage beiseite. Keine Zeit. Nachdem sie ihren Durst in einer Pfütze gelöscht hatte, machte sie sich wieder auf den Weg. Der Tunnel gabelte sich bald darauf und diesmal ging sie aufwärts.
Endlos lange, sie wusste nicht, wie lange, lief sie durch die dunklen Gänge. Ihr Optimismus vom Anfang war längst verflogen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war und ob sie sich wenigstens in ungefährer Richtung auf einen Ausgang bewegte. Einziger Maßstab für die verflossene Zeit war ihr Hunger, der sich längst von einem lästigen Nager in ein gefährliches Raubtier verwandelt hatte. Nirgendwo war eine Spur ihrer Freunde, nirgendwo ein Zeichen im Fels. Irgendwann war sie einfach zu erschöpft zum Weiterlaufen und legte eine weitere Rast ein. Die restliche Energie des Fokus verwendete sie für einen einfachen Wärmezauber. So war ihr wenigstens einige Stunden warm.
Diesmal schlief sie traumlos, aber als Lira aufwachte, war sie noch viel schwächer, als am Tag zuvor. Wie viel Mal könnte sie noch schlafen und würde überhaupt wieder aufwachen?
Niedergeschlagen machte sie sich erneut auf den Weg. Nichts deutete auf irgendwelche Veränderungen hin, nichts auf einen nahen Ausgang. Nur Tunnel, Kammern, Hallen, Kammern, Hallen und wieder Tunnel.
Wenn sie hier heraus war, würde sie sich erst mal richtig satt essen. Ein Braten. Irgendwelches Fleisch. Sie hatten noch einen Hirsch im Lager. Den am Drehspieß und dazu ...
Lira hatte gerade eine weitere Halle betreten, da sah sie einen kleinen Höhlensee. Angst befiel sie. Sie lief einige Schritte zwischen Felsen, die ihr merkwürdig bekannt vorkamen und stand vor einem blau leuchtenden Handabdruck. Die Tunnel hatten sie im Kreis geführt.
Lira sank auf den Höhlenboden. Was konnte sie jetzt noch tun? Ihre Freunde hielten sie wahrscheinlich längst für tot und hatten die Suche aufgegeben. Wie sollte sie je den Ausgang finden? Sie rollte sich auf dem kalten Fels zusammen. Diesmal fing sie wirklich an zu heulen.
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie vor sich den im Kalk versunkenen Schädel. Würde sie auch wie der da als Knochenhaufen enden und langsam im Gestein versinken? Sie fühlte die Kette in ihrer Tasche und wühlte sie hervor. Dem da drüben hat deine Magie auch nicht geholfen. Sie wollte das Ding wegwerfen. Stattdessen krallte sie sich daran fest. Gleich, gleich musste sie wieder aufstehen und es von Neuem versuchen, gleich ...
Es roch nach Rauch. Wie war das möglich? Gren und die anderen konnten es nicht sein, die brauchten kein Feuer für Wärme und Licht. Sie stand wankend auf und versuchte herauszufinden, woher der Geruch kam. Aber wohin sie auch ging, wurde er nur schwächer.
„Hallo?“ Keine Antwort.
„HAAALLOO!?“ Stille.
Schließlich kehrte sie zu der Stelle zurück, wo sie gelegen hatte. Hier war der Geruch am stärksten. Sie setzte sich auf einen Stein, der merkwürdigerweise aussah wie ein Sitz, und versuchte nachzudenken. Woher kam der Rauch? Sie fror nicht mehr, Es war warm hier. Heiß.
Auf einmal sah Lira das Feuer. Es brannte direkt vor ihr, blass und undeutlich, aber sie konnte es sehen.
„Was geschieht hier?“, dachte sie.
Wer bist du?
Eine fremde Frauenstimme. Aber nicht zu hören, nur zu fühlen. „Was geschieht hier?“, wiederholte sie in Gedanken.
Ich habe ein Feuer entzündet und atme Kristall. Es ist ein Ritual, es wird mir Kraft geben. Du bist bloß ein Fiebertraum. Die Stimme zögerte. Denke ich.
Als wäre es ihre eigene, tauchte eine durchscheinende Hand vor Lira auf und warf weißes Pulver ins Feuer. Die Flammen loderten grün auf, eine dichte Rauchwolke breitete sich aus.
„Ich halluziniere. Ich sterbe wohl schon“, dachte Lira, rappelte sich aber dennoch auf und betrachtete den Platz, an dem sie selbst bis eben gesessen hatte. Eine Frau saß dort, wie das Feuer war sie durchscheinend und blass. Felle bedeckten ihren Körper und auf ihrem Kopf trug sie ein großes Geweih. Auch wo unter den Fellen ihre Brüste sein mussten, waren zwei kleine Hörner befestigt, vielleicht von Ziegen, und betonten ihre weibliche Figur.
Interessant. Ich kann dich sogar sehen. So einen Traum hatte ich noch nie.
„Ich bin kein Traum.“
Was dann? Die Schattenfrau schaute sie an. Du trägst meine Kette. Bist du Schamá?
Was? Lira griff an ihren Hals. Ja, da war die Kette. Wann hatte sie sie wieder angelegt?
„Was heißt Schamá?"
Eine weise Frau. Eine, die das Wissen trägt. Das weißt du nicht? Ich dachte, das wüssten alle.
„Ich bin Magierin.“
Ein komischer Name für diese Sache. Aber egal. Du hast Wissen, bist also Schamá. Die Frau nickte zufrieden. Sie schien keine größeren Probleme mit der Situation haben. Lira ging es da anders.
„Was machst du hier?“
Dies ist die Ritualhöhle meines Clans und ich bin ihre Schamá. Die Frage ist: Wenn du kein Kristalltraum bist, was machst du dann hier? Und warum trägst du die Kette meines Clans?
„Ich suche den Ausgang.“
Wenn du kennst den Ausgang nicht kennst, war es sehr unvorsichtig, so tief in die Höhle zu laufen. Sie zögerte. Ja, ich kann deine Erschöpfung fühlen. Du bist schon zu lange hier. – Du stirbst, wenn du nicht bald an die Oberfläche zurückkehrst.
„Ich weiß.“ Sie zuckte hilflos mit den Schultern. „Kennst du den Weg?“
Ja. Geh ... Wieder zögerte die Frau. Ich kann es dir nicht erklären. Es gibt zu viele Abzweigungen.
Die gerade aufkeimende Hoffnung in Lira erstarb. „Bitte, versuch es.“
Aber die Frau schüttelte den Kopf. Wir müssen tiefer träumen. Dann kann ich es dir vielleicht zeigen. Sie warf noch eine Handvoll weißes Pulver ins Feuer. Wieder schlugen grüne Flammen empor und der Rauch verdichtete sich. Die Frau nahm jetzt klarere Konturen an, Lira konnte die Kette um ihren Hals erkennen. Die Schamá schaute sie an und schüttelte den Kopf.
Es reicht nicht.
Tränen schossen Lira in die Augen, aber die Frau sprach weiter.
Womit webst du die Magie?
Einen Moment verstand Lira nicht. Dann holte sie den Obsidiansplitter hervor. „Hiermit.“
Ich weiß nicht, was das ist. Aber zerschlag es und wirf es ins Feuer.
Einen Moment war Lira sprachlos. Warum nicht? Der Splitter war ihr wertvollster Besitz, aber wenn sie hier starb, war das auch egal. Sie legte den Fokus auf den Boden und bückte sich nach einem kleinen Fels.
„Ich brauche den Splitter für Licht“, fiel ihr im letzten Moment ein.
Du hast kein Feuer? Du machst Licht und Wärme mit Magie?
Lira nickte.
Wirf deinen Splitter komplett ins Feuer. Seine Magie wird den Traum auch so stärken, wenn auch nicht sehr. Ich weiß nicht, ob es reichen wird, aber es ist das einzige, was wir versuchen können.
Sie tat es. Was blieb ihr übrig?
Einen kurzen Moment geschah nichts. Dann durchzuckte ein stechender Schmerz Liras rechtes Bein, als hätte jemand einen Dolch hineingerammt. Sie schrie auf, knickte weg und stürzte zu Boden.
Ja, jetzt sind wir eins.
Panisch schaute Lira auf. War sie in eine Falle getappt? Aber es war nicht ihr eigenes Bein, das schmerzte. Das Bein der Schamá war gebrochen und stand in einem unmöglichen Winkel ab. Lira wurde schlecht bei dem Anblick.
Ich bin hunderte Mal hier unten gewesen, aber diesmal bin ich ausgerutscht auf den letzten paar Schritt. Dein Glück, sonst hätte ich wohl weniger Kristall ins Feuer geworfen. – Aber wenn du nicht die Kette getragen hättest, hätte das auch Nichts genützt.
Lira bemühte sich, den pochenden Schmerz zu verdrängen. Bei der Kette waren diese Knochen gewesen ...
Knochen? Welche Knochen? Jeder Gedanke waren jetzt wie ein gesprochenes Wort.
„Nichts. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken. „Kannst du mir jetzt den Ausgang zeigen?“
Welche Knochen? Du hast die Kette bei einer Toten Schamá gefunden? Wo?
Ohne, dass Lira antwortete, glitt der Blick der Frau zu dem Schädel. Oder zumindest dorthin, wo Lira noch schwach den durchsichtigen Schädel erkennen konnte. Der Rest der Höhle hatte sich sehr verändert: Tierzeichnungen bedeckten die Felsen und Schnitzereien menschlicher Akte verzierten den weichen Kalkstein der Stalagmiten. Rund um das Feuer steckten mit Tierschädeln geschmückte Stäbe im Boden, buntbemalte Felle waren zwischen ihnen aufgespannt. Der schwarz verbrannte Boden erzählte von vielen vergangenen Feuern an dieser Stelle. Am prunkvollsten aber war der Sessel-Felsen, in dem die Schamá saß und in dem Lira unwissend gesessen hatte. Magische Symbole waren tief in ihn hineingeschnitten und mit Farbe ausgemalt, Kristalle und andere glitzernde Steine waren mit Lederbändern in durchdachten Mustern an ihm befestigt.
Oh. Das ist ja traurig. Die Schamá betrachtete noch immer nachdenklich die Stelle, wo Lira die Kette gefunden hatte. Sehr, sehr traurig, wiederholte sie mehr zu sich selbst als zu Lira. Dann wandte sie sich ab, als ob nichts wäre.
Dir ist die Kette also nicht überreicht worden von deiner Vor–Magierin?
„Sie war im Kalk eingebacken. Ich habe sie fast nicht herausbekommen.“
Die Frau schwieg und schaute Lira an. Nun, ich wollte ja in die Zukunft schauen, murmelte sie fast unhörbar. Wie heißt du?, fragte sie dann unvermittelt.
„Lira.“
Den Namen verstehe ich nicht, was bedeutet er?
„Nichts, es ist einfach nur ein Name.“
Die Schamá zog die Stirn kraus. Und wie alt bist du?
„Vierzehn.“
Vierzehn. Und doch kann ich in deiner Erinnerung keine Männer finden. Wie kann das sein?
Lira war etwas verwirrt durch den plötzlichen Themenwechsel.
„Das ist doch normal. Viele Frauen heiraten erst mit sechzehn oder sogar siebzehn.“
Eine seltsame Zeit. Schon vierzehn und doch noch ein Kind.
„Ich bin kein Kind mehr.“
Wenn du noch mit keinem Mann gelegen hast, bist du noch ein Kind und solltest diese Kette eigentlich nicht tragen. Aber das spielt wohl keine Rolle aus deiner Perspektive. Wieder sprach sie mehr zu sich selbst als zu Lira. Schade, ich hätte viele Fragen, aber der Traum wird wohl nicht mehr lange anhalten. Ihre Magie ist so schwach.
„Bitte, der Ausgang.“
Ja, dein Ausgang. Schau mich an. Versuche, meine Gedanken zu lesen.
Lira wusste nicht genau, was die Schamá von ihr erwartete. Sie konzentrierte sich, als wolle sie durch den Kopf der Frau nach der Magie greifen, als wäre die Schamá der Fokus. Plötzlich sah sie die Höhlen deutlich vor sich, alle die großen und kleinen Gänge und Hallen. Es gab dunkle Nischen und Abzweigungen, die auch die Schamá nicht kannte, aber Lira sah sofort den Weg, den sie nehmen musste. Sie könnte sich ohrfeigen. Solange sie die Kette getragen hatte, solange sie gedacht hatte, auf dem richtigen Weg zu sein, war sie es auch gewesen. Die Kette kannte den Weg, sie hatte versucht, ihn ihr zu zeigen. Erst als Lira sie abgelegt hatte, war sie falsch gelaufen.
„Danke.“
Du solltest dich auf den Weg machen. Der Kristallrauch wird dich stärken, aber er hält nicht ewig.
Sie nickte, aber dann fragte sie doch: „Was ist das für eine Kette?“
Ist das nicht offensichtlich? Die Magie liegt in den Steinen. Schau dir die kleinen Tiere in ihnen an. Die Steine lassen in ihrem Innern die Zeit gefrieren und halten alles fest, das ist ihre Natur. Wir stärken ihre Magie regelmäßig im Kristallrauch. So wird alles, was die Steine berührt, in sie hineingezogen und bewahrt. All unsere Erinnerung und Wissen. – Ja, du denkst das Richtige, auch das Wissen um den Weg hinaus. Die Kette ist ihn viele tausend mal gegangen. Wenn die Schamá die Kette trägt, hat sie teil am Wissen der Ahnen und kann über die Dinge des Clans entscheiden.
Sie schaute Lira nachdenklich an. Aber diesmal ist es anders. Ich bin nicht tot und du keine meiner Ahnen. Trotzdem hat die Kette uns irgendwie miteinander verbunden.
„Ich dachte, das Pulver ...“
Die Schamá schüttelte den Kopf. Die Magie des Kristalls kann das Tor nur öffnen. Aber das Tor selbst sind die Steine der Kette.
Ein trauriger Zug glitt über ihr Gesicht. Dort wird sie eines Tages liegen? Das darf nicht sein. Manche Dinge sollten nicht vergessen zu werden.
„Ich werde sie mitnehmen.“ Sie wollte die Kette sowieso nicht hergeben. „Der Kristallrauch, wie wird ...“
Du weißt es schon. Es stimmte. Liras Kopf war voll mit Dingen, von denen sie vor wenigen Minuten noch nicht geträumt hätte. Es würde eine Weile dauern, alles zu sortieren. Geh jetzt.
Lira zögerte, die verletzte Frau allein zu lassen. „Es tut mir leid.“ Sie wies auf das verletzte Bein.
Du scheinst zu glauben, dass dort meine Knochen liegen. Wieso? Ich bin hier und die Knochen sind dort drüben, nicht?
Du bist verletzt und die Kette...
Die Kette wird von Generation zu Generation unter den Schamá weitergegeben. Mein Clan wird mich schon suchen und bald finden. Niemand weiß, wer dort liegt: Ich, meine Tochter oder eine ferne Nachfolgerin in tausend Jahren.
Die Frau machte eine Pause und starrte verloren durch die große Höhle.
Trotzdem – Ich dachte immer, es würde nie enden.
Lira sagte nichts mehr und drehte sich um. Bei jedem Schritt vom Feuer weg zuckte sie vor Schmerz zusammen, als ob ihr eigenes Bein gebrochen sei. Dann, als sie Hitze und den Rauch hinter sich ließ, wurde ihr Kopf schlagartig klar. Der Schmerz verschwand und mit ihm der Feuerschein. Die Höhle stockfinster. Ihr Fokus.
Panisch drehte sie sich um und machte in der Dunkelheit einige Schritte zurück. Das Feuer blieb verschwunden, die Magie war gebrochen. Lira fiel auf die Knie und tastete auf dem nassen Boden herum. Wie sollte sie ihren Splitter hier wiederfinden? Was, wenn er zerstört war? Diese Art von Magie kannte sie nicht, nie wäre ihr selbst in den Sinn gekommen, einen Fokus ins Feuer zu werfen. Was geschah dort mit der Magie?
Auf einmal sah sie ihn. Dunkelrot glühte er in der Dunkelheit, ein winziger Funken. Lira konnte die Hitze spüren, die von ihm ausging, aber das Gestein um ihn herum war kalt und nass. Eine Weile wagte sie nicht, ihn anzufassen, erst als das Glühen verschwand, legte sie eine Hand über den Splitter und wartete, bis die Hitze nachgelassen hatte. Dann nahm sie ihn in die Hand und sog die Luft ein. Er war noch heil, wenn auch fast leer.
Lira machte nur ein winziges Licht, sie wollte nicht noch einmal in der Höhle rasten. Die Halle sah wieder so aus, wie in ihrer Erinnerung. Genauer, wie in ihrer eigenen Erinnerung, denn jetzt waren da noch andere Bilder. Sie setzte sich auf den Sessel-Felsen. Einen Moment hielt sie alles für einen Traum, aber hier und da erkannte Lira einzelne Linien im Gestein wieder. Linien, die ihr zuvor nicht aufgefallen waren, ihr zufällig erschienen, in denen sie jetzt aber Reste alter Zeichnungen erkannte, versunken hinter dem Kalk. Sie nahm ihr Messer heraus und hackte auf den gelblich-weißen Boden zu ihren Füßen ein. Nach einigen Schlägen veränderte sich das Gestein und schwarze Asche und Kohlestücke kamen zum Vorschein. Altes Feuer.
Sie war erstaunlich kräftig. Viel kräftiger als zuvor. ... Der Kristallrauch wird dich stärken, aber er hält nicht ewig, hatte die Schamá gesagt.
Der Schädel starrte sie stumm an. Es war Zeit zu gehen und sie machte sich ein letztes Mal auf den Weg. Sie kannte nicht nur den Ausgang, sondern alle Höhlen, die der Clan bewohnt hatte und sogar, wofür sie genutzt wurden. Sie war jetzt in der Ritualhöhle. Auf dem Weg hinaus würde sie an der Höhle der Frauen vorbeikommen. Die Höhle der Männer war woanders. Obwohl es verboten war, musste irgendeine Schamá sie einmal von innen gesehen haben, sonst wüsste Lira jetzt nicht, wie es dort aussah. Es gab eine spezielle Halle für die Gebärenden und eine für die Vorräte des Clans. Und eine Kristallhöhle.
Mit einem klaren Ziel im Kopf kam sie schnell voran, das Steilstück, das ihr solche Mühe bereitet hatte, umging sie einfach durch ein paar Seitentunnel. Die Schamá sind auch immer hier entlang gegangen, aber die Männer meistens geklettert, erinnerte sie sich plötzlich.
Wieso hatte sie die Schamá eigentlich nicht nach ihrem Namen gefragt? Sheéra. Der Vogel, der mit dem Sturm fliegt. Wusste sie das alles, weil sie ihre Erinnerungen geteilt hatten, oder lag es an der Kette?
Etwas später war der Gang unerwartet blockiert, die Decke irgendwann eingestürzt. Einen Wimpernschlag lang fühlte Lira wieder Panik in sich aufsteigen, dann entspannte sie sich. Sie drehte sich um, ging eine kurze Strecke zurück, und nahm eine andere Abzweigung. Sie kannte viele Wege.
Der Tunnel gabelte sich, zum Ausgang ging es rechts. Aber links war es nicht weit bis zu Kristallhöhle. Das Kristallpulver. Sie sah die Kristalle vor sich, wie sie in der Höhle wuchsen und plötzlich verstand sie etwas, was sie die ganze Zeit schon geahnt hatte. Sie lief nach links, rannte jetzt fast und vertraute auf ihrer neuen Ortskenntnis.
In der Kristallhöhle hatte das Gestein eine dunklere Farbe als in den übrigen Höhlen und es war wärmer. Wasser tropfte durch Ritzen in der Decke, aber hier wuchsen keine Tropfsteine. Die Wände, der Boden, alles war über und über mit Kristallen in allen Farben bedeckt. Lira zog ihr Hemd aus und knotete es zu einem Beutel zusammen. Sie sammelte alle kleinen weißen Kristalle die sie finden konnte und steckte sie in ihren Beutel. Zerstoßen waren sie Hauptbestandteil des weißen Pulvers. Aber sie hofften noch auf etwas anderes. Sorgfältig suchte sie die Wände ab. Da.
Vorsichtig trennte Lira den Milchkristall aus dem umgebenden Gestein. Im Prinzip waren es die gleichen Kristalle, die die Schamá für das Pulver nutzten. Nur mussten die Kristalle für einen Fokus zu einer seltenen Größe anwachsen. Lira fand insgesamt fünf, die verwendbar waren. Bevor sie und ihre Freunde in die Höhlen aufgebrochen waren, hatten sie auf einen oder zwei Kristalle gehofft, von dreien geträumt. Fünf. Die Kristalle mussten noch geschliffen und auf Verunreinigungen geprüft werden, aber Lira machte sich keine Sorgen. Lan kannte jemanden, der so was konnte.
Diesmal machte sie sich wirklich auf den Weg nach draußen und kurze Zeit später sah sie zum ersten Mal seit langem wieder Tageslicht.

Liras Freunde hatten auf sie gewartet, und am Abend dieses Tages saß sie an einem großen Feuer und schaufelte die Reste einer Fleischsuppe in sich hinein. Gerade, als sie angefangen hatte, ihr Abenteuer zu erzählen, war die Wirkung des Kristallrauchs auf einmal verflogen und sie wäre beinahe ohnmächtig geworden. Jetzt hatte sie mit vollem Mund den Rest ihrer Geschichte erzählt und es ging ihr bedeutend besser. Ihre Kristalle wurden gerade herumgereicht und bestaunt.
Plötzlich glitt die Kette von ihrem Hals und fiel ins Gras. Erschrocken bückte sich Lira und wollte sie wieder aufheben, aber es waren nur noch einzelne Steine. Das Lederband zerbröselte zwischen ihren Fingern.
„Welche Magie sie auch immer zusammen gehalten hat, scheint verbraucht zu sein“, bemerkte Gren.
Lira sammelte die durchsichtigen Steine aus dem Gras, sagte aber nichts.
„Was willst du mit ihnen jetzt machen? Verkaufen?“
Lira schüttelte den Kopf. „Ich werde eine neue Schnur nehmen und die Kette heilmachen.“
„Wozu? Für die Steine bekommst du einzeln mehr.“
„Ich will sie aber nicht verkaufen.“
„Warum? Sie sind wertvoll und wir nicht reich.“
„Ich will die Kette tragen und mich erinnern.“
Außerdem war sie sich nicht sicher, ob die Magie wirklich verschwunden war: Die Magie liegt in den Steinen, hatte die Schamá gesagt. Und die Steine waren schließlich noch da.

 
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Geschrieben von relysium
Für eine WELT sind 3500 Jahre VIEL zu wenig.

Ähm... Tatsächlich? :confused: :D Sorry, aber laut Bibel (oder vielmehr laut gültiger Bibelinterpretation "bibeltreuer Christen" ist die Erde 6000 Jahre alt. Und in der Story steht nur, dass ein gewisser "Pater Markan" behauptete, Elúsia sei 3500 Jahre alt - nicht, dass das der Fall ist: Im Gegenteil, angesichts der versinterten Knochen zweifelt Lira offenbar an dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage (helles Köpfchen...). Für einen Charakter in einer mittelalterlichen Welt ist es jedenfalls völlig glaubwürdig, das Erdalter in Jahrtausenden zu vermuten, haben unsere Vorfahren bis zu Beginn der Neuzeit auch getan. - Und das es bei Elúsia um eine Welt geht sollte eigentlich daraus klar werden, dass Lira hier über geologische Vorgänge sinniert - und das der Begriff in meinen Geschichten regelmäßig auftaucht. Irgendwann erscheint dann die große Sammlung... *g* :)

@ Arathas: Ja mit so einer kleinen Verunsicherung habe ich in Gedanken gespielt, aber nicht alle damit verbundenen Probleme lösen können: Da ich mit Lira noch einiges vorhabe (sie also nicht umbringen wollte) konnte sie höchstens in ihre ferne Zukunft gucken - vielleicht muss sie ja irgendwann in die Ritualhöhle zurück, um die Shamá etwas wichtiges zu fragen... Was die Frage offen ließe, woher die Kette kam, wenn das Skelett in Wahrheit ihr eigenes ist, das irgendwann einmal dort liegen wird. (Grundsätzlich kann die Kette ihr natürlich auch etwas über die Zukunft verraten, wie es offenbar der Schamá ja geschehen ist. Voraussetzung ist nur, das wer anders die Kette nach Lira trägt und mit Erinnerungen füllt. - Es wäre ein interessanter Plot, die KG dahingehend aufzulösen, daß Lira irgendwann klar wird, daß sie in der Höhle sterben wird, und jemand anders die Kette gefunden hat und mit ihr Knotakt aufgenommen hat. - Es wäre nur eine komplett andere Geschichte geworden, als ich erzählen wollte. :) )

@floh: Nein. Ich habe die unendliche Geschichte zwar gelesen, aber das ist so lange her...
Ich habe ein bißchen an das "Rad der Zeit" gedacht, wo einer der Charaktere auf magische Weise die Erinnerungen toter Generäle "bekommt" und zu einem großen Soldaten wird und an eine Deep Space 9 Episode ("The Sound of her Voice"), in der ein Funksignal von einem verunglückten Raumschiff durch die Zeit reist und die zur Rettung eilende Crew nur noch den längst mumifizierten Körper der Stimme finden, mit der sie sich bis eben noch unterhalten haben...
Wie war das in der unendlichen Geschichte mit den Auryn (Erinnerung versagt)?
Gruß, Niels

 

Nur noch eine Quizfrage zum Abschied:
Wie nennen die Einwohner einer anderen Welt ihre Welt?

Antwort: Welt.

r

PS: Jaja, ich weiß... ;)

 

@Niels: In diesem Roman war die Kindliche Kaiserin der Inbegriff, der Nabel Phantásiens, ohne ihr es das Reich niemals geben konnte, da quasi aus ihr Phantásien hervorging. Und dieses Zeichen Auryn (eigendlich mit einem accent aigu auf y) vertritt sie, an wessen Brust es auch immer liegt. Der Träger bekommt also nicht etwa "nur" die Erinnerung, wie in Deiner Geschichte, sondern trägt im gewissen Sinne ganz Phantásien bei sich. Meint, dass ihm keine Gefahr etwas anhaben kann, meint, dass alle Geschöpfe beim Anblick des Pentakels hellhörig werden (außer vielleicht Morla ;) ), meint aber auch, dass der Träger sich an die Spielregeln der Kindlichen Kaiserin hält.
Fazit: Ende hat sein Kleinodmotiv viel mehr mystifiziert, viel mehr mit den Handlungssträngen seines Buches verzahnt, als Du deines. Aus Deinem Post oben lese ich aber, dass Du ihm sowieso keine Konkurrenz machen wolltest.


FLoH.

 

Hej Niels!

*Geschichte ausgrab*

Wow, bin begeistert - warum nehme ich mir nur so selten die Zeit, längere Geshcichten zu lesen? Eine ebenbürtige Geschichte zu Elora, ganz eindeutig!
Lebendige, glaubwürdige Charaktere, eine spannende, realitätsnahe Handlung (okay, Magie und so nicht, aber in einer Famtasywelt eben doch wieder) und in meinen Augen weder zu lang noch langatmig, langweilig oder sonstwie ... lang. Genau richtig - ich würde auch einen kompletten Roman über Elusia vershclingen und hinterher "Mehr!" schreien, da bin ich mir sicher! ;)

Ich hab noch wezi Fehler gefunden, die kommen jetzt:

Wenn du kennst den Ausgang nicht kennst,
„Nichts. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken. „Kannst du mir jetzt den Ausgang zeigen?“
Anführungszeichen oben hinter "Nichts".

Liebe Grüße und weiter so!

chaosqueen :cq:

 

Hi Niels,

das ist mal wieder typisch - ich bin 3 Tage nicht da, und verpasse gleich deine neue Geschichte! *sich ärgert*
Also, groooßes Kompliment. Ich finde die Story rundum gelungen, muß mich der Chaosqueen da anschliessen. Ich will, dass du ein Buch darüber schreibst, das dann veröffnetlichst, ach ja, und signieren musst du es mir auch ;)

*immer noch Niels-Arne-Fan ist*

Weiter so, definitiv weiter so... bitte, bitte ;)
Ich habe Lira übrigens gleich an ihrem Fokus erkannt *angeb*
So, jetzt muss ich hier noch mal ein bisschen weiterkritisieren, habe also keine Zeit mir, um dir noch mehr Lob aufzuschreiben. Du weisst ja schon, dass du toll schreibst!

FG (fanatische Grüße ;)) Vita

 

@vita: *räusper* Schau Dir doch bitte mal kurz an, von wann die Geschichte ist... :D

Okay, ich hab sie auch verpasst, bekenne mich ebenso schuldig! ;)

 

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