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Versagen

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09.09.2015
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Versagen

Es ist Zeit, einen Kaffee zu trinken. Seit zwei Stunden bin ich auf der Piste und ohne wache Lebensgeister ist das Laufen eine Zumutung. Die verdammten Wolfskin-Wanderschuhe scheuern an den kleinen Zehen, der zentnerschwere Rucksack zieht heute besonders an den Schultern und ich befürchte, gleich in der Taille auseinander zu brechen. Aber was soll das, ich brauche keine Ausreden, um mir einen Kaffee zu gönnen. Ich muss niemandem Rechenschaft über meine Befindlichkeiten ablegen, nicht einmal mir selbst.
Die kleine Bar fällt mir nur auf, weil die roten Plastikstühle mitten auf dem Weg wie Signalbojen aus dem Meer der gelbroten Pflastersteine leuchten. Wie ferngesteuert peile ich einen der Tische an der Hauswand an. Mauern, Umzäunungen, Hecken geben mir die Illusion von Sicherheit. Immerhin habe ich so meine Flanken im Blick und bin für eventuelle Angriffe gewappnet. Angriffe, immer diese Übertreibungen. Aber seit ich diese Reise angetreten habe, überfallen mich oft solche bizarren Ideen. Man sagt, Pilgern mache den Kopf frei. Eine haltlose Behauptung, mehr nicht.
Umständlich winde ich mich aus den Trageriemen des Rucksacks, um bloß nicht den straußeneigroßen Bluterguss am Oberarm zu berühren. Ein Andenken an die Anfangszeit meiner Reise, als ich das Monster im freien Fall mit meinem Bizeps abfangen wollte. Ein Fall von fataler Selbstüberschätzung.
Auf dem Fußabstreicher kriecht eine winzige Nacktschnecke, achtsam steige ich über sie hinweg. Der Perlenvorhang klimpert leise, als ich mich in die düstere Bar schiebe. Dunkles Holz und Naturstein, schlicht und rustikal, eine archaische Höhle wie hundert andere auch.
„Buenos dias.“ Ich lächle den Mann hinter dem Tresen an. „Un café con leche, por favor.“ Ich sollte auch eine Kleinigkeit essen. „Y un bocadillo con queso“, füge ich schnell hinzu.
Er brummt etwas Unverständliches in seinen Schnauzer und macht sich mit schwerfälligen Bewegungen am Kaffeeautomaten zu schaffen. Ein verirrter Schafhirte, der die Rolle des Baristas nur mimt, genauso schlecht wie ich die Pilgerin. Ich trete von einem Bein aufs andere, es gibt jetzt nichts Wichtigeres für mich, als die Schnecke zu bergen. Ich habe Angst, sie könnte in der Zwischenzeit von groben Wanderstiefeln zerquetscht werden. Hätte ich mich nur gleich um sie gekümmert! Wie lange dauert das denn noch?
Mein Geld liegt schon lange auf dem Tresen, als ich Kaffee und Brötchen entgegennehme und nach draußen balanciere.

„Na, du Kleine, du lebst ja gefährlich“, spreche ich zur Fußmatte, nachdem ich die Teller abgestellt habe. Aus meiner Seitentasche angle ich ein Papiertaschentuch und breite es vor dem Winzling aus.
„Spielst du schon wieder den Schutzengel, mein Spatz?“, höre ich die warme Stimme meiner Mutter. So klar, dass ich glaube, sie stände neben mir.
Die Schnecke macht mir die Freude und bewegt sich in die Richtung, in der ich sie haben will. Anfassen wäre keine Option, ich ekle mich vor dem Schleim. Auf ihrem fliegenden Teppich lasse ich sie auf das angrenzende Mäuerchen schweben. Meine Mission ist geglückt und ich bin zufrieden, nun kann ich meinen Kaffee genießen, der allerdings in der Zwischenzeit kalt geworden ist.
Ich schiebe die Sonnenbrille auf die Nase, dann schließe ich die Augen und lasse meine Gedanken treiben. Sie landen bei Robert, sein Gesicht erscheint wie ein Zerrbild, aber sein mitleidiges Lächeln kann ich erkennen. „Wer weiß, wofür diese Reise gut ist? Vielleicht spricht man dich in Santiago heilig oder selig oder sonst was. Die heilige Klara, Schutzpatronin aller vergessenen und gequälten Wesen, aller Hinfaller-und-nicht-wieder-Aufsteher.“
Es macht mich traurig und unsicher, dass mein Mann nicht begreift, ich muss mich um Kreaturen sorgen, die sonst keiner wahrnimmt. Ich nenne es Achtung vor dem Leben. Vielleicht hätte ich ihm das klar und deutlich sagen müssen, um ihm seine Überlegenheit aus dem Gesicht zu radieren.
Wenigstens hat er mir keine Steine in den Weg gelegt, darauf kommt es an. Das Wortspiel gefällt mir: Steine in den Weg legen, da hätte er alle Hände voll zu tun, achthundert Kilometer Camino. Jetzt sitze ich hier, alleine, lasse mich von der Sonne wärmen.
Die Schnecke ist verschwunden. Der Nachbar wird sich freuen, wenn sie sich über den Salat in seinem Garten hermacht.
„Unnützes Viehzeug!“ Ich zucke zusammen. Oma? Noch während ich aufspringe, sehe ich einen Schatten über die Hauswand huschen, der augenblicklich mit ihr verschmilzt, selbst zu Stein wird.
Schwerfällig schultere ich den Rucksack. Buen camino!

Mit gesenktem Kopf trabe ich weiter, starre auf den roten Staub der Maragateria, als wäre unter ihm die Antwort auf die Frage verborgen: Wer bin ich wirklich? Ich müsse nur genauer hinschauen. Mit einem Mal erscheint mir das Pilgern wie eine Schnapsidee, lächerlich, sinnlos und dumm.
Was mir bleibt, weiterhin einen Fuß vor den anderen zu setzen und den gelben Pfeilen zu folgen, oder noch besser, wieder eine Pause einzulegen.
Ich nehme einen kräftigen Zug aus der Wasserflasche und schlucke die Zweifel hinunter. Wie aus dem Nichts erscheint ein Sandwirbel auf dem Pfad und tanzt wie ein verrückter Tornado. Ein Rotkehlchen flattert ein Stück neben mir her, lässt sich im Gestrüpp nieder und mustert mich mit dunklen Knopfaugen. Dann zwitschert es munter, einen Gruß oder ein Spottlied, ich verstehe die Botschaft nicht.
Nachdenklich beobachte ich eine einsame Wolke, die sich allmählich auflöst, so wie meine Hoffnung, jemals mein wahres Selbst zu erkennen. Mir ist, als wolle ich meinen Schatten fangen. Er ist so nah, doch immer wenn ich nach ihm greife, entwischt er.

Allmählich steigt der Weg an, vor mir erstreckt sich die Bergkette der Montes de León, sie ruft Erinnerungen an die Heimat wach, an Wanderungen durch dunkle Nadelwälder. Dahinter erwartet mich Ponferrada, wahrscheinlich die nächste Gelegenheit, um in den Fernbus nach Santiago zu steigen. Eine verführerische Idee, mich und meinen Rucksack die letzten zweihundert Kilometer über Schnellstraßen schaukeln zu lassen. Nur weg aus dieser Sinnlosigkeit. Irgendeinen Flieger würde ich finden, der mich nach Hause brächte. Endlich wieder im eigenen kuscheligem Bett schlafen, anstatt auf den durchgelegenen Matratzen in den Herbergen.

Der Anblick von Santa Catalina de irgendwas ist auch nicht geeignet, mein Stimmungstief zu heben. Im Glockenturm hat sich ein Storchenpaar niedergelassen. Die Idylle ist trügerisch, ich spüre es, das ist kein heiliger, sondern ein vergessener Ort.
Ich passiere Fassaden aus rotem Schiefer, die Fenster der Gebäude vergittert, die Türen geschlossen und ich frage mich, ob ihre Bewohner, Greise und Vergessene, das Licht der Mittagssonne scheuen. Die Werbetafeln und Blumenkübel vor dem Gasthaus und der Herberge sind die einzigen Farbtupfer, die die Eintönigkeit brechen. Irgendwo in der Ferne blafft ein Hund, die Luft flimmert über der gepflasterten Dorfstraße.
Auf den ausgetretenen Treppenstufen eines Bauernhofes sitzt eine dreifarbige Katze in der Sonne und putzt ihr glanzloses, struppiges Fell. „Hallo Miezi!“, begrüße ich sie. Unbeeindruckt schaut sie kurz zu mir auf, anscheinend hat sie keine Lust auf ein Gespräch von Frau zu Frau. Als ich sie streicheln will, huscht sie durch ein Loch des maroden Bretterzauns. Ich erhasche einen Blick auf ihren ausgemergelten Körper, auf ihren Bauch, der fast auf dem Boden schleift. Dann höre ich ihre Klagelaute, ihr jämmerliches Rufen. Wusste ich es doch, sie sucht ihren Nachwuchs.

Mir ist, als öffnete sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm beginnt. Die erste Kameraeinstellung: Ein kleines Bauernhaus, weiß getünchte Wände, Geranien vor den Fenstern, gackernde Hühner im Garten. Ich sehe ein Mädchen aus der Haustür kommen und die Treppenstufen herunterspringen. Es summt ein Liedchen. Die leichten Sandalen sind viel zu groß und es rutscht in ihnen hin und her, als wären sie mit Schmierseife eingerieben. Die Frisur zum Schreien. Wahrscheinlich hat die Kleine selbst Hand angelegt.
Wie alt wird sie sein? Vier, fünf Jahre vielleicht?
Die Kleine legt den Kopf schräg, lächelt mich schüchtern an, nimmt mich bei der Hand und zieht mich mit. Bereitwillig folge ich ihr. Ich glaube zu wissen, was sie mir zeigen wird.
Wir schauen uns verstohlen um. Niemand hat gesehen, dass wir das Grundstück verlassen. Unser Weg führt zunächst am Zaun entlang, dann schlagen wir einen Haken zum nahe gelegenen Kornfeld. Am Rand des Feldes hat sich eine Katze im Gras ein Wochenbett gebaut. Nassglänzende Neugeborene drängen sich an ihren Leib und ringen mit piepsigen Stimmchen um die Milchdrüsen. So klein und schon so verfressen. Die alte Katze putzt und leckt die Feuchtigkeit vom Fell der kleinen Tiger.
Ein Schatten fällt auf das Gesicht des Kindes. Dann sehe ich das Entsetzen in seinen Augen.
Die Katze schleckt nicht. Sie frisst gerade ein Junges auf.
Beherzt, mit dem Mut der Verzweiflung rafft die Kleine ihr Schürzchen und packt ein Neugeborenes nach dem anderen hinein, um sie vor der Fressgier der Mutter zu schützen.
Ich schaue ihr noch nach, wie sie den Wurf ins Haus zur Mutti trägt. „Mama, Mama, die Miezi will ihre Babys fressen! Ich habe sie gerettet!“

Meine Mutter hatte über mich gelacht, mir zärtlich übers Haar gestrichen und mir erklärt, dass die Miezi niemals ihre Kinder fressen würde, dafür hätte sie sie viel zu lieb. Das weiß ich noch, als wäre es gestern gewesen. Es kostete sie einiges an Überredungskunst, mich davon zu überzeugen, die jungen Kätzchen zurückzubringen. Aber irgendwann glaubte ich ihren Versprechungen, dass alles gut werde. Ich brachte die Schreihälse dorthin zurück, wo sie hingehörten. Dankbar und flink leckte die alte Katze die drei Entführten ab.
Dummköpfchen, denke ich. Aber woher sollte ich damals auch wissen, dass die Katze nur die Nachgeburt gefressen hatte, und soweit ich mich erinnere, hat mich niemand aufgeklärt, kein Wort über Bienchen und Blumen verlauten lassen und auch nicht über die anderen Dinge des Lebens.

Den ganzen Nachmittag war ich damit beschäftigt, mich immer wieder heimlich zum Bett im Kornfeld zu schleichen, um zu prüfen, ob meine Mutter die Wahrheit gesprochen hatte. Ich konnte mich überzeugen: Alles war gut. Die kleinen, wunderschönen Tiger saugten gierig und die alte Katze, erschöpft von der Geburt, schnurrte leise vor sich hin.
Was weiß eine Vierjährige schon vom Wunder des Lebens. Trotzdem muss ich das Besondere, das Großartige dieses Ereignisses erspürt haben. Still und verzaubert kauerte ich im Gras. Zaghaft streichelte ich die warmen, samtweichen Körper, darauf bedacht, ihnen nicht wehzutun.

Ich lächle glücklich. Die Erinnerung beflügelt mich, meine Schritte sind leicht und federnd. Der Duft von gemähtem Gras und weidenden Kühen liegt in der Luft. Ein Blitz zuckt durch mein Hirn: Meine Oma, braun gebrannt, mit hartem Gesichtsausdruck.
Geh’ weg!
Nein, ich will das nicht sehen! Aber ich bin wehrlos, die Erinnerung greift mit eisigen Fingern nach mir.

Großmutter nähert sich mit energischen, raumgreifenden Schritten dem kleinen Gehöft.
Freudestrahlend renne ich ihr in meinen viel zu großen Sandalen entgegen. Schon von Weitem rufe ich: „Oma, Oma, die Katze hat Junge!“
Sie lässt sich von mir zu der kleinen Familie am Feldrain führen. Ich hüpfte vor ihr her, die Grashalme kitzeln an meinen Beinen.
Plötzlich hat sie es sehr eilig. Ein kurzer Blick auf den Wurf, mit geübtem Griff reißt sie ein Katzenkind nach dem anderen von der Milchdrüse der Mutter und auch sie nutzt ihre geraffte Schürze als Transportmittel für die wimmernde Brut. Jetzt stolpere ich hinter ihr her und will sie um jeden Preis aufhalten, denn mir ist klar, hier läuft etwas falsch. Ich falle hin, rapple mich wieder auf, renne weiter.
Wie ein entschlossener Krieger postiert sich meine Großmutter vor dem Scheunentor, ihr Gesicht versteinert. Mit ihrer linken Hand hält sie den Schürzensaum umfasst, ihre Rechte greift sich das erste Kätzchen und schleudert es mit aller Kraft an das Tor. Ein dumpfes Geräusch, ein Leben ausgelöscht.
„Nein“, schreie ich wie am Spieß und laufe zu ihr, zerre an ihrem Rock, präsent, aber nicht hinderlich. Ehe ich mich versehe, fliegt das zweite Geschwisterchen durch die Luft, piepst entsetzlich, bevor der Aufprall seiner Angst und seinem Leben ein Ende setzt.
Vielleicht gibt es eine Möglichkeit für mich, wenigstens das letzte Kätzchen zu retten. Ich umklammere Omas Bein - sie soll ihren Halt verlieren - und flehe sie an: „Oma, Oma, bitte nicht!“
Sie hört mich nicht. Wieder das ängstliches Quieken, die hilflose Kreatur im Flug, der Laut, der den Tod bedeutet. Stille.
Oma hat entschieden. Ich habe versagt.
Sie nimmt mich endlich wahr, nur um mich wie ein lästiges Insekt wegzuschieben. Dann bückt sie sich nach den winzigen Kadavern und schmeißt sie achtlos auf den Misthaufen.
Meine Großmutter blafft: „Lass das Geflenne!“ Dann lässt sie mich stehen. „Unnützes Viehzeug.“
Ich schluchzte, als könnte ich mein Leben lang niemals wieder damit aufhören. Meine Hände sind zu Fäusten geballt. Ein hilfloser Zwerg am Rande der Verzweiflung.

Eine erwachsene Frau Jahrzehnte später, die leise vor sich hin weint. Salzige Rinnsale des Schmerzes. Und obwohl ich weiß, es ist das Kind in mir, das unter dem Gefühl der Trauer leidet, kann ich nicht damit aufhören.
Ich erkenne, ich muss den Schmerz aus dieser vergangenen Zeit zulassen. Ich muss ihn akzeptieren, nur für eine Weile. Irgendwann wird er schrumpfen, dann kann ich mich befreien von allen Zweifeln an mir selbst.
Ich öffne die Fäuste. Ich muss weiter, muss meinen Weg gehen.

Schwarze Knopfaugen beobachten mich. Das Rotkehlchen legt sein Köpfchen schräg und singt sein Lied.

 

Hallo peregrina,

du beschreibst eine Frau auf Pilgertour, die mit ihren Dämonen kämpft. Ich muss sagen, der Satz hier ist hängen geblieben, der hat mir sehr gefallen:

Ein verirrter Schafhirte, der die Rolle des Barista nur mimt, genauso schlecht wie ich die Pilgerin.
Das ist ein guter Vergleich, der Satz ist prägnant und bliebt bei mir in Erinnerung.

Was mich verwirrt hat, oder besser, wer mich verwirrt hat, ist dieser Robert. Ich habe keine Erklärung, wie er mit deiner Klara zusammenhängt. Erst dachte ich, es ist ihr Partner oder Ex, dann dachte ich, es ist ihr Bruder oder irgendjemand anderes aus der Familie. Drauf gebracht hat mich der Satz "Wann wirst du endlich erwachsen", der irgendwie so nach familiärer Ermahnung klingt.

Also, ja, der Anfang hat mich teilweise ein bisschen stutzen lassen.

Dann aber die Szene mit dem Hof und dem Mädchen und den Kätzchen, das war sehr stark. Vor allem auch den Einstieg fand ich sehr gut.

Mir ist, als öffnet sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm beginnt. Die erste Kameraeinstellung: Ein kleines Bauernhaus, weiß getünchte Wände, Geranien vor den Fenstern, gackernde Hühner im Garten.
Das hat mir gefallen.

Die Szene mit den Kätzchen, ihre Erinnerung an die grausame Oma, verbunden mit dem Gefühl des Versagens, das sich durch den ganzen Text zieht, das alles steigert deinen Text zum Schluss, was die Intensität betrifft. Mich hat das an eine Szene aus meiner Kindheit erinnert, als die Hasenmutter auf dem Hof meiner Großeltern über Nacht alle ihre Kleinen gefressen hat. Aber immerhin hat mein Opa mir erklärt, warum das geschehen ist, oder hat zumindest so getan, und hat sie nicht vor meinen Augen gegen die Wand geworfen. Echt schlimm. Aber sehr eindringliche Szene, das hast du gut gewählt, gerade auch um ihr Gefühl von Machtlosigkeit und Bedauern zu zeigen.

Liebe Grüße an dich!
RinaWu

 
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Liebe peregrina,

das ist ein anstrengender Text für mich als Katzenfreundin. Ein traumatisches Erlebnis, das dem Mädchen, später der jungen Frau, nicht mehr aus dem Kopf geht.

Sprachlich und auch inhaltlich habe ich deinen Text gerne gelesen. Es scheint mir bis jetzt dein bester zu sein.
Meine Anmerkungen sind deshalb lediglich Gedanken, die mir beim Lesen gekommen sind und die ich dir gerne mitteilen möchte:

Du nimmst den Leser am Anfang mit auf den Jakobsweg, auf dem deine Protagonistin im Stil unserer Zeit auf der Suche nach sich selbst ist. Am Ende scheint sich etwas geklärt zu haben:

Ich habe ein Ziel.

Das Vergegenwärtigen des brutalen und das kleine Kind aufs Tiefste verstörenden Verhaltens der Großmutter hat ihr geholfen. Sie hat es an die Oberfläche gelassen und kann es somit verarbeiten. So ähnlich scheint mir der Gedankengang hinter der Konstruktion deiner Geschichte zu sein. Ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob das so einfach und so schnell geht. Auf jeden Fall ist es ein Ansatz, dass sie in Zukunft mit ihrem Erlebnis besser umgehen können wird.

Ich bin frei und ungebunden, selbstbestimmt fällt mir ein, ich muss niemanden Rechenschaft über meine Befindlichkeiten ablegen, nicht einmal mir selbst.

Ich fände eine kürzere, weniger redundante Formulierung besser. So habe ich das Gefühl, dass du mir mindesten zweimal dasselbe sagst.

Hier wie auch an anderen Stellen lässt du deine Protagonistin ihre Gedanken relativieren, indem sie sich selber beinahe sarkastisch kommentiert.

Ein Witz, nur dass ich nicht gelacht habe.

Man sagt, Pilgern mache den Kopf frei. Eine haltlose Behauptung, mehr nicht.

Schon klar, er fand die Idee nicht so prickelnd.

Nach meinem Gefühl könntest du auf solche kommentierenden Äußerungen verzichten. Es dient dir natürlich dazu, Klara zu charakterisieren, aber wenn Robert sie als nicht erwachsen bezeichnet, so scheint mir das im Widerspruch zu stehen: Es gehört schon etwas ‚Erwachsensein’ dazu, sich selbst zu ironisieren.

Und eben das fehlt ihr nach Roberts Meinung.

„Wer weiß, wofür diese Reise gut ist? Kann ja sein, dass du mal eine Sache zu Ende bringst, deine Kinderschuhe ausziehst.“
“ Wann wirst du nur erwachsen, Klara?“

Am liebsten würde sie die Gedanken an Robert verdrängen:

Roberts Gesicht drängt sich in mein Blickfeld, wie ein Zerrbild, aber sein mitleidiges Lächeln kann ich erkennen.

Ich blinzle in die Sonne, dann schließe ich die Augen und lasse meine Gedanken treiben. Das ist ein Fehler, sie landen wieder bei Robert.
Ich rufe mich zur Ordnung, ich wollte doch nicht an Robert denken.

Und dann wandelt sich die Szenerie und auch deine Protagonistin erlebe ich nun anders. Robert verschwindet und das Katzenmotiv tritt in den Fokus deiner Geschichte.

Klara kommt nach Santa Catalina, einem öden und verlassenen Ort. Dabei finde ich, dass du den Wild-West-Vergleich nicht so gut gewählt hat. Es ist mMn ein zu oft strapaziertes Bild

Der Anblick, der sich mir bietet, ist auch nicht geeignet, mein Stimmungstief zu heben.
Wieder dieses Kommentierende, das ich nicht so recht mag.

Santa Catalina de irgendwas, das trostlose Kaff mit den verlassenen Bauten erinnert mich an Geisterstädte in alten Westernfilmen. Fehlten nur noch die Steppenläufer, die über die Dorfstraße rollen und der Sheriff, der hackedicht aus dem Saloon torkelt. Toll, der könnte dann wenigstens meinen Rucksack ein Stück tragen.

Besonders das ‚hackedicht’ konterkariert die von dir beabsichtige Atmosphären-Zeichnung. Ich würde keinen Bezug auf eine Westernstadt nehmen, sondern den Ansatz

Auf den ausgetretenen Treppenstufen eines Bauernhauses sitzt eine dreifarbige Katze in der Sonne und putzt ihr glanzloses, struppiges Fell.

noch ein wenig vertiefen. Gib dem Bauernhaus das Attribut ‚verlassen’ und du brauchst die Western-Kulisse nicht.

Fazit: Ich finde das Thema deiner Geschichte spannend und interessant. Allerdings funktioniert für mich der psychologische Zusammenhang noch nicht völlig. Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, inwieweit das traumatische Kindheitserlebnis die Beziehung zu Robert beeinflusst (hat), warum sie ihm ‚unerwachsen’ erscheint. Da bist du mir zu vage, zumal Robert in der zweiten Hälfte deiner Geschichte einfach nicht mehr vorkommt.

Was ist das eigentliche Motiv ihrer Wanderung? Sinnsuche? Erwachsenwerden? Ein Ziel finden? Ihre Beziehung zu Robert überdenken? An den Ausgangspunkt ihrer inneren Zerrissenheit gelangen? Ich benutze jetzt mal ein hier in letzter Zeit (auch von mir) häufiger gebrauchtes Wort: Da fehlt mir noch ein wenig Stringenz. Man könnte es auch den inneren Zusammenhang nennen. Vielleicht würde es mir schon helfen, wenn ich die beiden Hälften deiner Geschichte besser miteinander in Beziehung setzen könnte, wenn ich in der Darstellung der Beziehung zu Robert schon einen Hinweis auf das unbewältigte traumatische Erlebnis (oder seine Auswirkungen) fände.

Meine Lieblingsstelle in deiner Geschichte:

Nachdenklich beobachte ich eine einsame Wolke, die sich allmählich auflöst, so wie meine Hoffnung, jemals mein Wahres [wahres] Selbst zu erkennen. Mir ist, als wolle ich meinen Schatten fangen. Er ist so nah, doch immer wenn ich nach ihm greife, entwischt er.

Liebe peregrina, das ist nur mein erster Eindruck deiner bewegenden und wirklich gut geschriebenen Geschichte.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo peregrina!

Versagen

ein Wort, dass viele Deutungen zulässt, wenn man gefordert ist und daran scheitert und zum Versager wird oder nicht so funktioniert, wie es andere erwarten, wenn die Stimme versagt oder es schwerfällt, einen Fuß vor den andern zu setzen oder im übertragenen Sinne Anerkennung / eine Bitte / der Gehorsam / Hilfe / Wunsch oder Zustimmung verweigert wird, von allem leuchtet etwas in der Geschichte auf, vom ungläubigen Lebensgefährten bis zur Großmutter, wenn sie den nutzlosen Kätzchen zu leben versagt, was Mädchen nicht verhindern kann.

Drei oder vier kleinere Trivialitäten

..., ich muss niemande[m] Rechenschaft über meine Befindlichkeiten ablegen, nicht einmal mir selbst.
Er ist so nah, doch immer[,] wenn ich nach ihm greife, entwischt er.

Hier besser Konjunktiv
Mir ist, als öffne[te] sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm beg[änne].
(wenn's seltsam klingen sollte, gäb's ja noch die würde ...)
Sie frist gerade ein Junges auf.

Gegen Ende will mir das „Quicken“ nicht gefallen, „quick“ vergleich ich immer mit „schnell“. Vielleicht wäre da „quieken“ besser.

Gern gelesen vom

Friedel,
der dann mal eben wieder weg ist ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe RinaWu,

danke für deinen Komm und dass du so schnell reagiert hast. Ist ja Wahnsinn!

du beschreibst eine Frau auf Pilgertour, die mit ihren Dämonen kämpft. Ich muss sagen, der Satz hier ist hängen geblieben, der hat mir sehr gefallen:

Ein verirrter Schafhirte, der die Rolle des Barista nur mimt, genauso schlecht wie ich die Pilgerin.
Na ja, so ganz kann sie sich mit ihrer neuen Rolle noch nicht anfreunden, sie wird noch hineinwachsen, meine Klara.
Ich lass mir ja am Anfang viel Zeit, versuche ein bisschen Pilger-Stimmung zu erzeugen, weil ich denke, das ist wichtig für den zweiten Teil der Geschichte. Auf der anderen Seite befürchte ich aber, der Anfang könnte zu behäbig wirken und die Langeweile wäre vorprogrammiert. Du hattest diesen Eindruck nicht, das ist schon mal prima, du meinst, die Intensität nähme am Ende zu.

Was mich verwirrt hat, oder besser, wer mich verwirrt hat, ist dieser Robert. Ich habe keine Erklärung, wie er mit deiner Klara zusammenhängt. Erst dachte ich, es ist ihr Partner oder Ex, dann dachte ich, es ist ihr Bruder oder irgendjemand anderes aus der Familie. Drauf gebracht hat mich der Satz "Wann wirst du endlich erwachsen", der irgendwie so nach familiärer Ermahnung klingt.

Robert ist ihr Ehepartner, der so gar kein Verständnis für ihr Verhalten hat. Sowohl die verschrobenen Tierrettungen als auch ihren Drang zu pilgern tut er als spinnerte Ideen ab. Er gibt sich sehr überlegen und hämisch.
Dass du nicht weißt, wer er ist, kann ich gut nachvollziehen. Ich lass ihm im Dunkeln, weil ich den schwelenden Konflikt zwischen den beiden nicht als Schwerpunkt sehen wollte. Da ist etwas, das nicht so läuft, wie es sollte. Möglicherweise auch ein Grund, warum sie den Camino geht, allein.
Ich geh aber noch mal durch die paar Sätze, die er in der direkten Rede beisteuert, die familiären Zusammenhänge sollten schon klar sein.

Dann aber die Szene mit dem Hof und dem Mädchen und den Kätzchen, das war sehr stark. Vor allem auch den Einstieg fand ich sehr gut.
Mir ist, als öffnet sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm beginnt. Die erste Kameraeinstellung: Ein kleines Bauernhaus, weiß getünchte Wände, Geranien vor den Fenstern, gackernde Hühner im Garten.
Da wundere ich mich, denn, wie es so oft bei den eigenen Texten ist, da war ich nicht mit mir im Reinen. Diesen Einstieg empfinde ich fast etwas zu zuckrig. Oder doch nicht?

Die Szene mit den Kätzchen, ihre Erinnerung an die grausame Oma, verbunden mit dem Gefühl des Versagens, das sich durch den ganzen Text zieht, das alles steigert deinen Text zum Schluss, was die Intensität betrifft.
Das lese ich gerne.
Diese verdammte Katzengeschichte ist, wie du dir denken kannst, so in etwa abgelaufen. Die Tötung der Kätzchen ist im Prinzip nichts Besonderes, das war bei vielen Bauern gang und gäbe. Die Tragik oder die Ironie des Schicksals ist mir vor ein paar Jahren aufgegangen, als diese komplette Erinnerung mit aller Macht nach oben drängte. Erst als ich den Wurf in Sicherheit wähnte, kam die wirkliche Bedrohung aus einer unerwarteten Richtung.
Seit dieser Zeit kaue ich auf dem Ereignis herum und in dieser KG sehe ich eine Art Befreiung von dem Gespenst.
Bestimmt können sich viele Erwachsene an ähnliche Kindheitserlebnisse erinnern.

Aber sehr eindringliche Szene, das hast du gut gewählt, gerade auch um ihr Gefühl von Machtlosigkeit und Bedauern zu zeigen.
Das ist der Punkt: Machtlosigkeit, Trauer und Versagensangst.

Vielen Dank für deine Gedanken und liebe Grüße
peregrina

 

Hej peregrina,

der Titel klingt hart und beinahe fürchte ich mich, die Geschichte zu lesen. Aber dann gibt dein Ton und die damit verbundene Langsamkeit Entwarnung. Im Verlauf denke ich aber immer wieder, wann geht's denn nun los? Was treibt sie denn nun auf diesen Weg. Nur ein nörgelnder Ehemann, der ihr nichts zutraut?

Welche Antworten? Ich weiß ja nicht mal genau, wie die Fragen lauten.

Das ist ein guter Ansatz, mir zu erklären, was sie unter den Strapazen auf diesem Weg treibt.

Wie alt wird sie sein? Vier Jahre, keinen Tag älter.

Hiermit vermute ich dann das Drama, dass sich in Form von Landlebenalltag entpuppt. Grausam, aber nicht unüblich und meine schlimmsten Befürchtungen blieben unerfüllt. (Kann man das so sagen, wenn man froh darüber ist? :hmm:)

Und während ich mit der Protagonistin den Weg und die angrenzenden Landschaften und Cafés betrachte, brenne ich darauf, mehr über Klara zu erfahren, von ihren Ab- und Beweggründen, diesen Pfad zu pilgern. Du zeigst mir viel außen und wenig innen.

Eine erwachsene Frau Jahrzehnte später, die sich nicht beherrschen kann, die den Schmerz des hilflosen Kindes spürt, das um Kätzchen trauert.

Ich habe nicht mitbekommen, dass sie unbeherrscht ist und voll von Schmerz. Vielleicht stimmt was nicht mit mir heute Abend, denn ich habe sie eher scheu und zurückhaltenden empfunden, wie sie sich in Ecken in Cafés setzt, geduldig auf den Kaffee wartet, wie sie die Schnecke rettet, sich an die Hand nehmen lässt. Dennoch mag ich es, wie du sie zweifeln lässt, an ihrem Entschluss, den (Trampel-)Pfad zu gehen und sie abgeklärt auf den zu erwartenden Erfolg der Reise blickt

Man sagt, Pilgern mache den Kopf frei. Eine haltlose Behauptung, mehr nicht.

Ich mag Klara und wäre ihr gerne weiter gefolgt, hätte sie sich entwickeln sehen, mehr von ihrem Vertand und ihrem Humor.
Vielleicht ein anderes Mal.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo peregrina,

haben wir Wortkrieger-Wanderwochen? (Und gibt es einen Preis für schlechte Alliterationen?) Erst Peeperkorn, jetzt du. Jedenfalls machst du damit deinem Namen alle Ehre.

Dein Text mäandert zunächst recht ruhig und ohne klar erkennbares Ziel dahin. Das wurde schon kritisiert, aber ich finde es passend zum Motiv der Pilgerreise, zu der Suche nach sich selbst, nach Antworten oder - wie in diesem Fall - überhaupt erst mal nach den Fragen. Passend auch, dass manches, was in den ersten Szenen erwähnt wird, erst im nachhinein seine Bedeutung für die Geschichte zeigt. Da spiegelt die formale Ebene die inhaltliche ein Stück weit wider. Überhaupt mag ich dieses Pilgermotiv, wahrscheinlich, weil ich mich selbst seit einiger Zeit um eine neue Ausrichtung bemühe.

Obwohl Klara auf der Suche ist und bisher nicht einmal die richtigen Fragen zu kennen glaubt (ein weiterer Punkt, den ich gut nachvollziehen kann), scheint sie sich selbst, ihr Tun und ihr Denken stark zu reflektieren, oft auch ironisch. Auch das wurde kritisiert, aber auch das finde ich sehr ansprechend. Für mich zeigt das einerseits ihr Ringen um Orientierung, andererseits auch ihre inneren Widersprüche, die sich vermutlich aus den verschiedenen "erzieherischen" Einflüssen ihrer Vergangenheit ergeben, von denen wir Robert, die Mutter und die Großmutter näher zu sehen bekommen. (Vielleicht interpretiere ich hier aber auch zu viel hinein.)

Robert wird reichlich unsympathisch gezeichnet, sehr dominant, fast herrisch. Es scheint ihm Freude zu machen, Klaras Ambitionen - sei es die geplante Reise oder das Retten schutzloser Tiere - niederzureden. Dass sie überhaupt mit ihm zusammen ist, spricht für ein (bisher?) sehr schwaches Selbstbewusstsein. Dazu passt Klaras Bedürfnis nach Sicherheit (sucht Ecken und Wände), sie hat sich in ihrem Leben bisher meist klein gemacht, macht jetzt aber mit ihrer Pilgerreise eine mutigen Schritt nach draußen. Ein Anfang - wohin mag er führen? Es steht zu hoffen, dass sie nach Ende der Pilgertour zumindest Robert den verdienten Laufpass gibt.

Vor der Begegnung mit dem kleinen Mädchen und den Kätzchen scheint sie allerdings kurz vor dem Aufgeben zu sein. Leider kann ich nicht einschätzen, ob sie noch sehr nahe am Beginn der Reise steht (der Bluterguss am Arm scheint noch frisch zu sein) oder schon kurz vor deren Ende. Das kommt mir aber relevant vor - vielleicht könntest du das mit einer Angabe zur Geographie des Gesamtweges elegant einflechten.

Und dann die Tötungsszene. (Habt du und Peeperkorn hier außer den Wortkrieger-Wanderwochen auch eine Katzenkiller-Kampagne am Laufen?) Grausam, aber so war das wohl damals. Und die Großeltern fanden es wohl auch noch sinnvoll, es die Kinder live miterleben zu lassen, damit diese etwas lernen. Ich weiß nicht mehr, wie alt ich war, als ich sah, wie mein Großonkel ein Kaninchen häutete. Vermutlich zu klein, um es zu begreifen, denn es hat mich damals nicht annähernd so betroffen gemacht, wie es das heute tun würde. Allerdings können Kaninchen auch nicht so kläglich maunzen wie Katzen.

Ein paar Textstellen:

Es wird Zeit, einen Kaffee zu trinken.
Kaffeetrinkerin ist sie auch. Sehr sympathisch! :D :kaffee:

Man sagt, Pilgern mache den Kopf frei. Eine haltlose Behauptung, mehr nicht.
Letzteres versucht ihr wahrscheinlich Robert einzureden. Könnte man am Anfang so einer Reise auch fast glauben, funktioniert aber trotzdem.

Ich trete von einem Bein auf’s andere
aufs lieber ohne Apostroph

Fehlten nur noch die Steppenläufer, die über die Dorfstraße rollen(Komma) und der Sheriff, der hackedicht aus dem Saloon torkelt.

Am Rand des Feldes hat sich eine Katze im Gras ein Wochenbett gebaut.
Ist das eine Katze oder eher die Katze, der Klara kurz vorher schon begegnet war?

Die Katze schleckt nicht. Sie frisst gerade ein Junges auf. Doch sie weiß sich zu helfen.
"Sie" scheint hier die Katze zu sein, gemeint ist aber sicher das Mädchen.

„Mama, Mama, die Miezi will ihre Babys fressen! Ich habe sie gerettet!“
Hier hast du mich gefischt! Gerade wundere ich mich noch, warum der Ruf des Mädchens hier auf Deutsch wiedergegeben ist, wo du doch sonst spanischen O-Ton geschrieben hast. Dann merke ich, dass du nahtlos in Klaras Erinnerung überblendest. Schön gemacht!

Nachfolgend wird mir aber unklar, was aktuelle Realität und was Erinnerung ist. In der Rückblende erklärst du/Klara, dass Katzenmütter nicht wirklich ihre Jungen fressen, sondern nur die Nachgeburt. Direkt vor der Rückblende hast du es aber noch als Fakt dargestellt, dass die Katze ein Junges frisst. Verhält sich die heutige Katze anders als die frühere? Oder fällt Klara da schon in die Erinnerung zurück und (gemeinsam mit dem Mädchen) ihrem früheren, kindlichen Irrtum anheim? Oder ist die ganze Begegnung mit dem Mädchen (samt Katzennest) eine Mischung aus Erinnerung und Einbildung? (Ich tendiere beim zweiten Lesen zu letzterem. Indiz: beide Mädchen haben die gleichen zu weiten Sandalen.) Ist diese Mehrdeutigkeit beabsichtigt, oder bin ich als Leser zu schwer von Begriff?

Aber woher sollte ich damals auch wissen, dass die Katze nur die Nachgeburt gefressen hatte(Komma) und soweit ich mich erinnere, hat mich niemand aufgeklärt

Eine erwachsene Frau Jahrzehnte später, die sich nicht beherrschen kann, die den Schmerz des hilflosen Kindes spürt, das um Kätzchen trauert.
Sich nicht beherrschen zu können, klingt für mich nach einem lauten, womöglich gewalttätigen Ausbruch. Ich vermute, du meinst eher, dass Klara ihre Trauer nicht beherrschen und ihre Tränen etc. nicht zurückhalten kann. Dann wäre eine andere Formulierung vielleicht passender.

Ich kann den Schmerz nicht abschütteln. Ich weiß, ich muss ihn zulassen. Tränenüberströmt öffne ich die Fäuste. Ich muss weiter. Ich habe ein Ziel.
Den Schmerz zuzulassen, ist natürlich der erste Schritt zur Bewältigung. Das Ziel, das Klara nun endlich zu haben glaubt, bleibt mir etwas unklar, aber ich kann mir natürlich aus dem Kontext einiges zusammenreimen. Trotzdem wäre meine Frage, ob du das nicht vielleicht etwas konkretisieren möchtest.

So weit meine Gedanken, die du mit dieser Geschichte in mir ausgelöst hast. Das hat mir richtig gut gefallen!

Grüße vom Holg ...

 
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Selbstfindung im Zuge einer Pilgerwanderung, Katzenbabys, Tierliebe … hm. Eigentlich wären das ja durchaus taugliche Motive, also Motive, wo man sich als vorurteilsfreier Leser echt schwer tut, der Geschichte gegenüber nicht wohlwollend zu sein.
Trotzdem hab ich so meine paar Probleme mit der Geschichte, peregrina. Vermutlich, weil ich halt so überhaupt nicht vorurteilsfrei bin.
(Und deshalb kannst du meine Kritik getrost als irrelevant abtun. Sagen will ich dir meine Bedenken trotzdem, schon aus dem Grund, weil sie zeigen, auf wie vielfältige Weise eine Geschichte wahrgenommen werden kann. Und, ja, wie wenig Einfluss man im Grunde als Autor auf die Rezeption durch den Leser hat.)

Nun, wie gesagt, ich habe Vorurteile, und ganz besonders gegenüber solchen Massenphänomenen wie z.B. der Begehung des Jakobsweges. Einfach deshalb, weil mir jede Art von (menschlichem) Herdentrieb höchst suspekt ist, ich persönlich mein Bedürfnis nach Sinnsuche, nach Selbstfindung, nach Naturerfahrung, nach was auch immer, allemal an Orten ausleben würde, wo ich tunlichst alleine bin und zu allerletzt dort, wo jährlich hunderttausende andere genau das Gleiche tun ...

Und dementsprechend habe ich schon von Beginn an Vorbehalte gegenüber der Protagonistin. Für mich ist sie einfach eine weitere aus der Masse derjenigen, die unreflektiert(?) bei einem Trend mitmachen, na ja, und so eine Figur taugt für mich einfach nicht als Sympathieträgerin.
Und deshalb lese ich dann auch eher unbeeindruckt von ihren Sorgen und Nöten und ihrem schrecklichen Kindheitserlebnis. Noch dazu, weil dessen Bewältigung so vollkommen reibungslos vonstatten zu gehen scheint: Ein bisschen durch die Gegend gehen, sich erinnern und - hokuspokus – das war’s mit der seelischen Erschütterung.

Möglicherweise wäre ich der Geschichte gegenüber nachsichtiger, würde die Protagonistin durch irgendeine x-beliebige Landschaft wandern und sie nicht ausgerechnet den Jakobsweg für ihre Reise gewählt hätte. Der ist für den Großteil der Zigtausenden, die ihn jährlich beschreiten, ja vorwiegend positiv besetzt, steht beinahe sinnbildlich entweder für spirituelle Läuterung und innere Einkehr oder für alternativen Abenteuerurlaub (oder eine beliebige Mischung aus diesen Motiven.)
Aber ich frage mich halt, wie viele oder wenige ihn als das begreifen, als was man ihn eigentlich begreifen sollte: Nämlich als Mahnmal. Ein Mahnmal gegen Intoleranz, Gewalt, religiöse Verblendung und kirchliches Machtstreben, eine Gedenkstätte für all die durch die katholische Kirche vertriebenen und ermordeten Minderheiten Spaniens. Wenn man das Thema nur ein bisschen hinterfragt, kommt man ja sehr schnell drauf, dass sich der ganze Jakobsweg-Mythos in Wahrheit schlicht auf Geschichtsfälschung gründet: Weil die Kirche ab dem 8. Jahrhundert die Mauren endgültig von der iberischen Halbinsel verjagen wollte (die sogenannte „Reconquista“, die Rückeroberung durch die Christen, wobei schon dieser Ausdruck irreführend ist, weil niemals zuvor die Christen Herrschaft über dieses Gebiet gehabt hatten, es also keine Wiedereroberung, sondern einfach die nächste Eroberungswelle war) und zu diesem Zweck ihre Macht im nichtislamischen Teil Spaniens stärken wollte, zauberte sie flugs einen Nationalheiligen aus dem Hut, der den „heiligen“ Krieg gegen die "Ungläubigen“ legitimieren sollte. Dass der Apostel Jakobus in Wahrheit in Jerusalem enthauptet worden war, spielte da keine große Rolle, eine dubiose Legende, wonach sein Leichnam irgendwie halt nach Spanien gekommen und in Galizien begraben worden sei, war schnell erfunden. Das angebliche Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela ist also eine aus purem politisch-katholischem Machtstreben entstandene Chimäre. Und im Namen dieses Jakobs wurden neben den Mauren dann auch gleich die Sepharden und die Ketzer als Feinde erkoren und vertrieben oder ermordet. 1232 wurde dafür eigens die unselige Inquisition etabliert und 1451 schließlich die rassistischen „Statuten der Blutreinheit“ („Limpieza de sangre“) erlassen, um auch die zum Christentum konvertierten Juden diskriminieren zu können. Gleichzeitig massakrierte die Inquisition die Ketzer, die vom „wahren“ christlichen Glauben Abgefallenen. Wenn sie Glück hatten und nicht auf dem Scheiterhaufen landeten, mussten sie zur Strafe zum angeblichen Grab Jakobs wallfahrten, um ihre Sünden abzubüßen.
Die Mauren und die sephardischen Juden verkörperten in Spanien eine hochstehende Kultur voller großzügiger Toleranz. Der schmerzvolle Aderlass für Wissenschaft und Kunst, den ihre Vertreibung verursachte, ist vergleichbar mit der Aushöhlung des deutschen und österreichischen Geisteslebens in den 1930ern, als die deutschen und österreichischen Juden gezwungen waren, aus ihrer Heimat zu fliehen.
Die Geschichte des Heiligen Jakobus und des Jakobsweges ist also von Anfang an untrennbar mit Intoleranz und Gewalt verknüpft.

Das alles muss und braucht deine Protagonistin natürlich nicht zu wissen und zu kümmern, sie darf das genauso geflissentlich außer Acht lassen, wie die unzähligen anderen „Pilger“ das im wirklichen Leben vermutlich ja auch tun. Nur muss sie sich dann auch den Vorwurf von mir gefallen lassen, sie sei in der Wahl ihres Reiseziels entweder vollkommen blauäugig gegenüber jeglichem historischen Kontext, oder aber naiv religiös. Für mich macht beides sie nicht unbedingt sympathisch. Und wie soll ich eine Geschichte mögen, deren Protagonistin von dir offenbar als Sympathieträgerin entworfen ist, die ich aber nicht als solche empfinden kann?

Wie gesagt, peregrina, das sind zwar alles meine Gedanken und Assoziationen, ausgelöst aber wurden sie durch deine Geschichte. Insofern finde ich’s nicht ganz verkehrt, dir davon zu erzählen.


offshore

 
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Sicher muss ich nicht besonders betonen, wie großartig ich es finde, dass du meine KG gelesen und kommentiert hast. Vielen Dank dir, liebe barnhelm.

das ist ein anstrengender Text für mich als Katzenfreundin. Ein traumatisches Erlebnis, das dem Mädchen, später der jungen Frau, nicht mehr aus dem Kopf geht.
Nein, das ist nicht angenehm, wenn solche Kindheitserlebnisse hochgespült werden, oder besser gesagt, wenn sich Erinnerungsfragmente zu einem Gesamtbild formen. Ob man von einem traumatischen Erlebnis sprechen kann, weiß ich nicht, auf jeden Fall ist es ein sehr aufwühlendes. Die eigentliche Tragik sind nicht die getöteten Kätzchen, sondern die trügerische Sicherheit, in der ich mich wähnte.
Mir hat es jedenfalls ganz gut getan, mich damit auseinanderzusetzen und die Erinnerungen niederzuschreiben, oder das, was ich dafür halte.

Sprachlich und auch inhaltlich habe ich deinen Text gerne gelesen. Es scheint mir bis jetzt dein bester zu sein.
Du meinst das wirklich ernst?

Das Vergegenwärtigen des brutalen und das kleine Kind aufs Tiefste verstörenden Verhaltens der Großmutter hat ihr geholfen. Sie hat es an die Oberfläche gelassen und kann es somit verarbeiten. So ähnlich scheint mir der Gedankengang hinter der Konstruktion deiner Geschichte zu sein.
Ja, Erinnerung und Schmerz zulassen, ist ja schon viel.

Ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob das so einfach und so schnell geht.
Sicher ein berechtigter Zweifel, aber wenn wir davon ausgehen, dass die Erinnerung unter der „Oberfläche“ schlummert, quasi abgerufen werden könnte und der Jakobsweg dafür sorgt, dass sie sich in einer emotionalen Ausnahmesituation befindet, könnte ich mir als Hobby-Psychologe schon vorstellen, dass der Trigger „Katze sucht Nachwuchs“ ausreicht, die einzelnen Erinnerungs-Bausteine zusammenzusetzen.

Ich bin frei und ungebunden, selbstbestimmt fällt mir ein, ich muss niemanden Rechenschaft über meine Befindlichkeiten ablegen, nicht einmal mir selbst.
Ich fände eine kürzere, weniger redundante Formulierung besser. So habe ich das Gefühl, dass du mir mindesten zweimal dasselbe sagst.
Um genau zu sein, dreimal. Wird gestrafft.

Hier wie auch an anderen Stellen lässt du deine Protagonistin ihre Gedanken relativieren, indem sie sich selber beinahe sarkastisch kommentiert.

Ein Witz, nur dass ich nicht gelacht habe.
Man sagt, Pilgern mache den Kopf frei. Eine haltlose Behauptung, mehr nicht.
Schon klar, er fand die Idee nicht so prickelnd.
Nach meinem Gefühl könntest du auf solche kommentierenden Äußerungen verzichten.

Mir ist durchaus klar, dass wir in diesem Punkt unterschiedliche Sichtweisen haben.
Ich mag das gerne. Ich wähle ja bewusst die Ich-Erzählerin, weil die Prota durch die erlebte Rede ihr Gedankengefecht austragen kann. Und Menschen, die ein bisschen schräg und ironisch auf ihre eigenen Handlungen und Gefühle schauen können, find ich eben interessant.

Es dient dir natürlich dazu, Klara zu charakterisieren, aber wenn Robert sie als nicht erwachsen bezeichnet, so scheint mir das im Widerspruch zu stehen: Es gehört schon etwas ‚Erwachsensein’ dazu, sich selbst zu ironisieren …
Und eben das fehlt ihr nach Roberts Meinung.
Das ist Roberts Meinung, präzise. Aber der Text verrät nichts Genaues darüber.
Der Leser erlebt nur, was Klara tut, denkt und woran sie sich erinnert. Der Leser muss sein eigenes Urteil fällen. Wobei ich mir vorstellen kann, der eine oder andere kommt schon zu dem Ergebnis, dass Klara zu mindestens etwas ungewöhnlich ist. Wer spricht denn in der Regel schon mit Schnecken?
Mir kommt Karla sogar reifer vor als Robert, der in seiner Hilflosigkeit unqualifizierte, zynische Ansagen macht.
Wobei ich mich jetzt nicht an dem einen Satz festklammern will. Wenn es der Vermeidung von Ungereimtheiten dient, streich ich den Gedankengang Erwachsensein.
Schau’n wir mal.

Klara kommt nach Santa Catalina, einem öden und verlassenen Ort. Dabei finde ich, dass du den Wild-West-Vergleich nicht so gut gewählt hat. Es ist mMn ein zu oft strapaziertes Bild.
Du hast recht: In dem Fall ist kein Bild besser als das unoriginelle. Der Vergleich sollte wirklich verschwinden.

Der Anblick, der sich mir bietet, ist auch nicht geeignet, mein Stimmungstief zu heben.
Wieder dieses Kommentierende, das ich nicht so recht mag.
Diese Kommentare sind ja wie ein Tau, an dem sich meine Pilgerin entlanghangelt.
Würden sie fehlen, zumindest sehe ich das momentan so, könnte das Gerüst ins Schwanken kommen und eine Seite der Prota würde fehlen. Aber für die Zukunft werde ich mal probieren ohne die Sprechblasen auszukommen. Vielleicht schaffe ich es, Schritt für Schritt.

Fazit: Ich finde das Thema deiner Geschichte spannend und interessant. Allerdings funktioniert für mich der psychologische Zusammenhang noch nicht völlig. Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, inwieweit das traumatische Kindheitserlebnis die Beziehung zu Robert beeinflusst (hat), warum sie ihm ‚unerwachsen’ erscheint. Da bist du mir zu vage, zumal Robert in der zweiten Hälfte deiner Geschichte einfach nicht mehr vorkommt.
So, bisher hatten wir ein paar kleinere kosmetische Eingriffe besprochen, jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem, das du wieder mal glasklar erkannt hast.

Ich benutze jetzt mal ein hier in letzter Zeit (auch von mir) häufiger gebrauchtes Wort: Da fehlt mir noch ein wenig Stringenz. Man könnte es auch den inneren Zusammenhang nennen. Vielleicht würde es mir schon helfen, wenn ich die beiden Hälften deiner Geschichte besser miteinander in Beziehung setzen könnte, wenn ich in der Darstellung der Beziehung zu Robert schon einen Hinweis auf das unbewältigte traumatische Erlebnis (oder seine Auswirkungen) fände.
Ich bleibe ganz bewusst vage, leuchte die Beziehung der beiden nicht aus, weil ich mir trotz größter Anstrengung keine Auswirkungen des Kindheitserlebnisses (ich sehe es nicht als traumatisch) auf die Beziehung vorstellen konnte, dafür ist es zu harmlos.
Der erste Teil der KG ist nichts anderes als eine Ist-Zustands-Analyse, der zweite Teil die Erinnerung an die Kindheit, die ich (die Autorin) aufarbeiten wollte. Das Verbindende ist A) der Titel, weil sich die Protagonistin sowohl in der Gegenwart als auch in ihrer Kindheit als Gescheiterte sieht [denn die Beziehung wackelt arg, Robert hat Null-Verständnis für sie] und B) das anhaltende Bedürfnis von Klara Tiere zu beschützen oder zu retten. Also gibt es keine negativen Auswirkungen des Erlebten auf ihr Erwachsensein. Mit aller Macht wollte ich auch vermeiden, ein Vorher und ein Nachher zu zeigen, so nach dem Motto: Und jetzt wird alles besser, einfacher. Ich bin mir bewusst, alles andere als eine klassische KG nach bewährtem Strickmuster. Kein konkreter Konflikt, keine Entwicklung und Teil eins und zwei sind nur beliebig aneinander geklebt.
Ein Sakrileg, ich weiß, auf das die Todesstrafe bei den WK steht. Aber der Text musste vom Tisch, den hatte ich so lange in der Mache. Natürlich wird aus einem Text nicht zwangsläufig eine gute KG, nur weil der Autor die Unzulänglichkeiten zu benennen weiß.

Meine Lieblingsstelle in deiner Geschichte:
Nachdenklich beobachte ich eine einsame Wolke, die sich allmählich auflöst, so wie meine Hoffnung, jemals mein Wahres [wahres] Selbst zu erkennen. Mir ist, als wolle ich meinen Schatten fangen. Er ist so nah, doch immer wenn ich nach ihm greife, entwischt er.
Ja, das ist eine verträumte, melancholische Aussage. Wenn ich dir aber jetzt gestehe, dass ich Bauchzwicken hatte, den Begriff „wahres Selbst“ einzubringen, der eine neue Baustelle in der Geschichte eröffnet, nämlich die der Spiritualität, wirst du verwundert sein. Aber offensichtlich ist diese sogenannte „Selbstfindung“ schon so weit in den täglichen Sprachgebrauch eingeflossen, dass das niemand mehr hinterfragt. Puh, wieder Glück gehabt.

Liebe peregrina, das ist nur mein erster Eindruck deiner bewegenden und wirklich gut geschriebenen Geschichte.
Ein tolles Lob, da freue ich mich sehr, logisch.


Ganz liebe Grüße und noch mal danke für deine Mühe
peregrina

 

Hola@peregrina,

Deine neue Geschichte ist wirklich gut.
Mir hat das Lesen Spaß gemacht, auch deshalb, weil ich jetzt meine, (‚bei einer Blindverkostung’ hätte ich beinahe geschrieben) beim Maskenball Deinen Stil mit fast untrüglicher Sicherheit herausfinden zu können. Da bist Du mit Sieben-Meilen-Stiefeln vorwärts gestürmt!

Ein paar minimale Pünktchen hätte ich eventuell und unter gewissen Umständen leicht hüstelnd anzumerken:), jedoch werde ich jetzt – Caramba! – diesen ganzen kleinlichen Scheiß, den ich nicht als Kritik, sondern in Frageform posten wollte, löschen.
Ich soll doch froh sein, eine geistvolle und charmante Geschichte frei Haus geliefert zu bekommen, statt herumzupörkeln!
Liebevoll, aber auch sorgfältig ist dieser Text geschrieben, die Autorin ist uneitel bis zur zarten Selbstironie und alles liest sich wunderbar, denn es ist wahr und schön. Es wäre schade gewesen, die Reise abzubrechen, weil dann weder Pilgerin noch Leser auf ihre Kosten gekommen wären.

Das mit dem Maskenball ist Blödsinn – ‚peregrina pur’ ist mir lieber. Und lass uns nicht so lange hängen bis zum nächsten Text!

José

 
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Hallo Friedrichard,

schön, von dir zu lesen. Du bist auch so eine treue Seele, die es sich nicht nehmen lässt,
ihren Leseeindruck zu vermitteln, dafür danke ich dir sehr.

Versagen
ein Wort, dass viele Deutungen zulässt, wenn man gefordert ist und daran scheitert und zum Versager wird oder nicht so funktioniert, wie es andere erwarten, wenn die Stimme versagt oder es schwerfällt, einen Fuß vor den andern zu setzen oder im übertragenen Sinne Anerkennung / eine Bitte / der Gehorsam / Hilfe / Wunsch oder Zustimmung verweigert wird, von allem leuchtet etwas in der Geschichte auf, vom ungläubigen Lebensgefährten bis zur Großmutter, wenn sie den nutzlosen Kätzchen zu leben versagt, was Mädchen nicht verhindern kann.

Das hast du schön gesagt.
Ja, der Titel Versagen ist der Kitt, der die beiden Stücke der KG zusammenhält. Wobei für mich lange Zeit die Frage im Raum stand, ob er nicht zu plump gewählt ist, ob es nicht besser wäre, der Leser würde sich die Grundaussage selber erarbeiten.
Es sind tatsächliche mehrer Ebenen, auf denen das Versagen aufleuchtet.
Und als ob das noch nicht genug wäre, versagt der Autorin auch noch ihr gesunder Menschenverstand, was die
Drei oder vier kleinere Trivialitäten
beweisen.
Ich habe keine Ahnung, wie sich die Fehlerchen einschleichen konnten. Da will ich mich gar nicht hinter flüchtigem Korrekturlesen verstecken, solche Schnitzer erwachsen nicht aus Leichtsinn, sie sind eindeutig die Vorboten der Versagensangst.

Ich versuch’s mit Fassung zu tragen und gehe davon aus, dass du schon immer mal eine KG lesen wolltest, in der die Katzen quicken und fresen.

Hier besser Konjunktiv
Mir ist, als öffne[te] sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm beg[änne].
Danke. Hab mich für die vorgeschlagene seltsame Variante entschieden, bewusst, damit der Konjunktiv endlich hängen bleibt.

Gern gelesen vom

Friedel,
der dann mal eben wieder weg ist ...


Dankeschön für deine Zeit en je aandacht.

Liebe Grüße aus den grauen, verregneten Niederlanden in den wahrscheinlich nicht weniger tristen Pott,
peregrina


Hallo liebe Kanji,

beinahe habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich deinen Komm lese, du bist so emsig und teilst mir regelmäßig deinen Leseeindruck mit.
Ständig nehme ich mir vor, mich durch einen Besuch einer deiner KGs zu revanchieren, aber so recht krieg ich das nicht auf die Reihe.

Lass uns gleich Nägel mit Köpfen machen!

Im Verlauf denke ich aber immer wieder, wann geht's denn nun los? Was treibt sie denn nun auf diesen Weg. Nur ein nörgelnder Ehemann, der ihr nichts zutraut?

Welche Antworten? Ich weiß ja nicht mal genau, wie die Fragen lauten.
Das ist ein guter Ansatz, mir zu erklären, was sie unter den Strapazen auf diesem Weg treibt.
Ich verstehe deine Unzufriedenheit. Ich bin nicht überrascht, weil mir bewusst ist, dass ich eine gewisse Neugierde beim Leser heraufbeschwöre und dann seine Erwartungen nicht erfülle.
Ich glaube, dass es nicht nur einen Grund geben kann, warum jemand diesen Weg geht, die Entscheidung ist die Summe von Erfahrungen, Enttäuschungen, Verlusten, Sehnsüchten, Hoffnungen. Selbst der Wunsch zu laufen, kann über Jahre reifen und dann kommt der Moment, der der einzig richtige ist.
Du wirst jetzt sagen: Natürlich kann das im richtigen Leben so sein, aber mich interessieren die Motive, die Entwicklung einer fiktiven Figur genau in dieser Geschichte, was natürlich dein legitimes Recht ist.

Im Text gibt es nur die aus dem Zusammenhang gerissene direkte Rede von Robert, in der er seine Ansichten verkündet. Die Erwiderungen Klaras bleiben geheim, könnte ein Hinweis auf Anzeichen von allgemeiner Sprachlosigkeit der Prota sein.
Dass das Paar eine Krise durchläuft, deute ich nur an, aber sie ist erkennbar, dachte ich.

Eine zentrale Rolle spielt die Frage nach dem „wahren Selbst“, auch wenn ich lange gezögert habe, diesen Begriff zu verwenden, da er aus dem spirituellen Bereich entlehnt ist.
Nehmen wir mal an, ich kann mit meinem Verstand erfassen, was er aussagen soll (vereinfacht: unser wirkliches Wesen befreit vom unermüdlichen Wirken des Egos). Und nehmen wir weiter an, Kinder seien unverfälschter als Erwachsene, also mehr sie selbst, dann könnte man doch zu der Schlussfolgerung kommen, die Klara in der Geschichte braucht ihr „wahres Selbst“ nicht zu suchen, es ist immer da, im Erwachsenenleben ebenso wie in ihrer Kindheit, sie muss nur die Augen öffnen.

Ich hab wirklich viele verschieden Ansätze zur Aussage und Wirkung der Geschichte ausgetestet, trotzdem wäre ich dir nicht böse, wenn du mich in diesem Fall mit einem Taschenspieler vergleichen würdest, der den Leser mit billigen Tricks anlockt, ihm Auflösung vorgaukelt, am Schluss entpuppt sich alles nur als Illusion.

Und während ich mit der Protagonistin den Weg und die angrenzenden Landschaften und Cafés betrachte, brenne ich darauf, mehr über Klara zu erfahren, von ihren Ab- und Beweggründen, diesen Pfad zu pilgern. Du zeigst mir viel außen und wenig innen.
Ein Schwachpunkt?
Wünschst du dir mehr Gefühle?

Eine erwachsene Frau Jahrzehnte später, die sich nicht beherrschen kann, die den Schmerz des hilflosen Kindes spürt, das um Kätzchen trauert.
Ich habe nicht mitbekommen, dass sie unbeherrscht ist und voll von Schmerz. Vielleicht stimmt was nicht mit mir heute Abend, …
Mit dir ist alles in Ordnung, aber
„unbeherrscht“ ist eine unpassende Formulierung, The Incredible Holg hat das auch angemerkt. Vielleicht kann ich den Schmerz noch besser zeigen, da schau ich noch mal drüber.

… denn ich habe sie eher scheu und zurückhaltenden empfunden, wie sie sich in Ecken in Cafés setzt, geduldig auf den Kaffee wartet, wie sie die Schnecke rettet, sich an die Hand nehmen lässt.
Da freue ich mich, du hast sie so wahrgenommen, wie ich sie zeigen wollte, etwas schüchtern, verunsichert, orientierungslos, sanft.
Eine Frage: Hast du auch den Text so gelesen, als würde ein fremdes Kind Klara an die Hand nehmen?

Ich mag Klara und wäre ihr gerne weiter gefolgt, hätte sie sich entwickeln sehen, mehr von ihrem Vertand und ihrem Humor.
Vielleicht ein anderes Mal.
Das mag ich so an dir: Du gibst die Hoffnung auf Weiterentwicklung nie auf.

Danke für deine aufschlussreichen Überlegungen, sie waren wichtig für mich, hat Spaß gemacht.

Liebe Grüße,
peregrina


Dein Text mäandert zunächst recht ruhig und ohne klar erkennbares Ziel dahin. Das wurde schon kritisiert, aber ich finde es passend zum Motiv der Pilgerreise, zu der Suche nach sich selbst, nach Antworten oder - wie in diesem Fall - überhaupt erst mal nach den Fragen.

Lieber Holg,

was für ein Auftakt, ich bin sprachlos, gerührt trifft es noch besser. Der Text hat dich tatsächlich erreicht, aber ich bin sicher, das liegt auch an deiner momentanen Offenheit für die Pilgerthematik.

Passend auch, dass manches, was in den ersten Szenen erwähnt wird, erst im nachhinein seine Bedeutung für die Geschichte zeigt. Da spiegelt die formale Ebene die inhaltliche ein Stück weit wider.
Diese Aussage ist mir besonders wichtig. Denn auf den ersten Blick haben die beiden Teile der KG nur wenige Berührungspunkte, sie sind nur durch ganz feine Gespinste miteinander verbunden.

… andererseits auch ihre inneren Widersprüche, die sich vermutlich aus den verschiedenen "erzieherischen" Einflüssen ihrer Vergangenheit ergeben, von denen wir Robert, die Mutter und die Großmutter näher zu sehen bekommen. (Vielleicht interpretiere ich hier aber auch zu viel hinein.)
Innere Widersprüche existieren auf alle Fälle, aus unterschiedlichen Erziehungsansätzen resultieren sie sicher nicht. (Wobei ich schon gerne, so als Privatperson wissen würde, warum wir so sind, wie wir sind.)

Robert wird reichlich unsympathisch gezeichnet, sehr dominant, fast herrisch. Es scheint ihm Freude zu machen, Klaras Ambitionen - sei es die geplante Reise oder das Retten schutzloser Tiere – niederzureden.
Kein Versehen: er ist sehr selbstherrlich, zynisch und er weiß genau, wie er Klara kleiner reden kann, als sie sowieso schon ist.

Dass sie überhaupt mit ihm zusammen ist, spricht für ein (bisher?) sehr schwaches Selbstbewusstsein.
Und nicht zu vergessen, er darf als Einziger reden. Wir erfahren nicht, ob und was Klara geantwortet hat. (Sie spricht hauptsächlich mit Tieren.) Ich will es jetzt nicht so weit treiben, es als Stilmittel zu deklarieren, aber mit ein bisschen gutem Willen könnte man Klaras Schweigen als Sprachlosigkeit, als Unvermögen, sich mit Robert auseinander zu setzen, deuten.

Dazu passt Klaras Bedürfnis nach Sicherheit (sucht Ecken und Wände), sie hat sich in ihrem Leben bisher meist klein gemacht, macht jetzt aber mit ihrer Pilgerreise eine mutigen Schritt nach draußen. Ein Anfang - wohin mag er führen?
Diese Reise ist fast schon die Bewältigung des Konflikts, ein mutiger Befreiungsschlag von Roberts Gequassel. :thumbsup:
Wenn sie zu der Erkenntnis gelangt, dass sie sich so annehmen sollte, wie sie ist, dann hat sie viel gewonnen.

Es steht zu hoffen, dass sie nach Ende der Pilgertour zumindest Robert den verdienten Laufpass gibt.
Dann hätte ich den tag Fantasie wählen müssen. :lol:

Leider kann ich nicht einschätzen, ob sie noch sehr nahe am Beginn der Reise steht (der Bluterguss am Arm scheint noch frisch zu sein) oder schon kurz vor deren Ende. Das kommt mir aber relevant vor - vielleicht könntest du das mit einer Angabe zur Geographie des Gesamtweges elegant einflechten.
Es ist wichtig, du hast recht, pack ich rein. Kurz vor dem Ziel wäre ein Aufgeben umso bedauerlicher.

Und dann die Tötungsszene …
Grausam, aber so war das wohl damals. Und die Großeltern fanden es wohl auch noch sinnvoll, es die Kinder live miterleben zu lassen, damit diese etwas lernen.
Ja, die Schule des Lebens, aber ich befürchte, es war pure Gedankenlosigkeit.

Man sagt, Pilgern mache den Kopf frei. Eine haltlose Behauptung, mehr nicht.
Letzteres versucht ihr wahrscheinlich Robert einzureden. Könnte man am Anfang so einer Reise auch fast glauben, funktioniert aber trotzdem.
Woher weißt du das? Diese Aussage ist für mich vermintes Gebiet. Was ist ein freier Kopf? Ich glaubte immer, ein Kopf, in dem sich erst keine Gedanken drehen und dann mit einem Mal nur noch kreative, erhellende. Sich pure Inspiration manifestiert. Pustekuchen, in Klaras Hirn wurde das Gedankendickicht immer verrückter und unübersichtlicher. Deshalb wertet sie so.

Lieber Holg,

alle von dir angemerkten Textstellen plus Kommata werden bei der Überarbeitung berücksichtigt.

Noch ein Wort zur Rückblende.
Genau in dem Moment, wo die Kinoleinwand entblößt wird, setzt die Erinnerung, also die Rückblende ein. Ich dachte die „Kameraeinstellung“ ist deutlich genug, deshalb war ich so frei (unkonventionell) nicht Präteritum oder Plusquamperfekt zu nutzen. Ich habe mich für eine Begegnung Klaras mit ihrem kindlichen Ich entschieden, das sie sanft, fast zögerlich in die Erinnerung führt. In einem früheren Entwurf hatte ich noch stehen: "Mein Gott, das bin ja ich. Wie alt werde ich wohl sein?“, als die Göre die Treppenstufen heruntergesprungen kommt.

Ich glaube zu wissen, was sie mir zeigen wird.
Schien mir als Hinweis darauf ausreichend zu sein, dass wir es mit einer klaren Erinnerung zu tun haben.

Der Rückblick ist in drei Etappen unterteilt, wobei Klara mit jeder Stufe mehr und mehr emotional eingebunden wird. Der letzte Teil ist wieder im Präsens geschrieben, da bildet die Zeitform für den Leser keine Stolperfalle, weil er sich schon in der Vergangenheit befindet.
Interessant. Mein vermeintlicher „Geniestreich“ scheint nicht geglückt, wie deine Fragen belegen.

Nachfolgend wird mir aber unklar, was aktuelle Realität und was Erinnerung ist. In der Rückblende erklärst du/Klara, dass Katzenmütter nicht wirklich ihre Jungen fressen, sondern nur die Nachgeburt. Direkt vor der Rückblende hast du es aber noch als Fakt dargestellt, dass die Katze ein Junges frisst.
Klara als Kind nimmt nur wahr, dass die Katze ein Junges frisst. Ihre heldenhafte Aktion rettet die Tiere vor dem Tod. Das ist ja die Crux an der Geschichte: die Rettung ist vergeblich, die Sicherheit trügerisch, weil Oma alles ausmerzt, was sie als nicht lebenswert empfindet.

Du bist nicht zu schwer von Begriff, ich vermute, die Wiederholung der Treppe (erst sitzt die dreifarbige Katze auf ihr und dann springt das Mädchen herunter) und das Verwenden der „falschen“ Erzählzeit bringen dir Verwirrung. Hat sicher auch was mit Lesegewohnheiten zu tun.

So weit meine Gedanken, die du mit dieser Geschichte in mir ausgelöst hast. Das hat mir richtig gut gefallen!
Ich freue mich über dein Lob, aber jetzt hab ich ein ernstes Problem.
Muss ich die Zeitform wirklich ändern?

Danke dir für dein ausführliches Feedback, die Fehlersuche, deine hilfreichen Gedanken, die mich gefreut, aber auch ins Grübeln gebracht haben.

Liebe Grüße,
peregrina

 
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Liebe peregrina,

beinahe wäre mir deine Geschichte durchgerutscht und das wäre sehr schade gewesen.

Du traust dich was. Hast keine Furcht davor, ein Ambiente für dein Thema zu wählen, das in den letzten Jahren von sehr vielen Menschen vereinnahmt wurde, geradezu einen Boom ausgelöst hat.
Ist das nun schlecht, die Idee, zwecks Selbstfindung den Jakobsweg zu gehen, zu wählen? Nur weil andere schon vor deiner Prota dort unterwegs waren?
Ich habe lange überlegt. Es gibt wahrscheinlich gar nicht so viele Orte, die ohne religiösen Bezug diesen Läuterungsnimbus haben. Tibet vielleicht, war auch eine Zeitlang sehr in Mode. Wüstengegenden. Also mich hat der Jakobsweg nicht gestört.

Ich möchte eher zum Thema Stringenz etwas sagen. Da geht es mir wie barnhelm. Eigentlich könnte ich auf Robert gerne verzichten. Er ist für mich höchstens als Katalysator von Bedeutung für einen Prozess, der schon in früher Kindheit begonnen hat:

... Wunder des Lebens. Trotzdem muss ich das Besondere, das Großartige dieses Ereignisses gespürt haben.

Nicht alle im Leben der Prota haben diesen frühen Blick als Stärke wahrgenommen, nicht die Familie, nicht der gefühlskalte Ehemann. So muss sie sich eben auf den Weg machen, um Gefühle in Gewissheit zu verwandeln.

Und dieser Weg führt zur Reflexion. Anders als Kanji finde ich hier die reflektierenden Passagen ganz in Ordnung. Meditatives Wandern kann sehr wohl zu Klarheit für Klara führen.;) Dabei begleite ich sie gerne. (Da braucht es keinen Umweg über den Western).

Außerdem gefällt mir deine Sprache gut. Da hast du einiges an Sicherheit dazugewonnen.

Gut gemacht.

Liebe Grüße wieselmaus

 

Liebe wieselmaus,

nur auf die Schnelle: Dankeschön für deine Worte, aber da fehlen noch ein paar. Dein Hinweis scheint spannend zu werden.
Ich freue mich auf die Vervollständigung deines Komms.

Liebe Grüße,
peregrina

 

Mir ist, als öffnete sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm begänne.

Hallo peregrina,

ich habe gerade deinen Text noch einmal gelesen und stolpere über den obigen Satz. Du schreibst ja alles vorher in der Gegenwart. Dann kannst du nach ‚als’ den Konjunktiv II (aber auch den Konj.I) verwenden (öffnete/öffne). Aber nach meinem Gefühl sollte ‚beginnen’ hier im Indikativ stehen. Der irreale Vergleich bezieht sich auf das Öffnen des Vorhangs. ‚bevor der Hauptfilm beginnt’ ist mMn ein Temporalsatz, der das Öffnen zeitlich bestimmt, aber keine weitere Möglichkeit ausdrückt.

Bin mir nicht ganz sicher, aber bei ‚begänne’ sträubt sich mir einiges.
Friedrichard, wie siehst du das?

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo peregrina,

Innere Widersprüche existieren auf alle Fälle, aus unterschiedlichen Erziehungsansätzen resultieren sie sicher nicht.
Ich denke, jeder Mensch, mit dem wir interagieren, trägt - mehr oder weniger zielgerichtet - zu unserer "Erziehung" bei. Die drei Nebenpersonen in deiner Geschichte (Robert, Mutter, Großmutter) haben alle einen Einfluss auf Klara, jeder bringt sie in irgendeine Rolle, in der sie sich so oder anders verhält. Nur wenige Menschen dürften in der glücklichen Lage sein, in jeder Rolle dieselbe Person sein zu dürfen. Jede Rolle ist aber mit Zielen, Werten, Einstellungen usw. behaftet. Ergo trägt praktisch jeder gewisse Widersprüche in sich, die mehr oder weniger problematisch sein und u.U. zu inneren Konflikten führen können. So jedenfalls meine küchenpsychologische Sichtweise.

Und nicht zu vergessen, er darf als Einziger reden. Wir erfahren nicht, ob und was Klara geantwortet hat. (Sie spricht hauptsächlich mit Tieren.) Ich will es jetzt nicht so weit treiben, es als Stilmittel zu deklarieren, aber mit ein bisschen gutem Willen könnte man Klaras Schweigen als Sprachlosigkeit, als Unvermögen, sich mit Robert auseinander zu setzen, deuten.
So viel guten Willen braucht es dazu m.E. gar nicht, das passt schon. ;)

Woher weißt du das? Diese Aussage ist für mich vermintes Gebiet. Was ist ein freier Kopf? Ich glaubte immer, ein Kopf, in dem sich erst keine Gedanken drehen und dann mit einem Mal nur noch kreative, erhellende. Sich pure Inspiration manifestiert. Pustekuchen, in Klaras Hirn wurde das Gedankendickicht immer verrückter und unübersichtlicher. Deshalb wertet sie so.
Wenn Klara diese spezielle Erwartung hat, dann mag sie die Aussage, Pilgern mache den Kopf frei, tatsächlich als haltlos erachten. Ich finde, frei ist der Kopf dann, wenn er aus seiner Routine und seinen immer gleichen Gedankenkreisen herauskommt. Frei wofür? Was füllt diesen frei gewordenen Raum? Kreative Gedanken sind nur eine von mehreren Möglichkeiten. Wenn das Denken nicht mehr durch äußere Ereignisse bestimmt wird, kann der Kopf endlich mal das hervorkramen, womit er sich schon immer mal befassen wollte, wofür er im Alltag aber nie die Muße hatte. Das mag erst mal verrückt und unübersichtlich sein, aber das heißt womöglich nur, dass man sich mal die Zeit nehmen sollte, diese Dinge näher zu betrachten und zu ordnen, nachdem man sie zu lange ins Unterbewusste abgeschoben hatte. Wenn man das abgearbeitet hat, kommen vielleicht die erwünschten kreativen Ideen ...

Woher ich das weiß? Zum einen von einer Handvoll Leute, die sich schon mal auf Pilger- oder ähnliche Wanderreisen begeben haben. Zum anderen aus eigener Erfahrung, nachdem ich mir selbst mal eine sechswöchige Auszeit gegönnt habe. Wandern war da zwar nur ein relativ kleiner Teil, aber das Entscheidende ist m.E. das Ausklinken aus dem Alltagstrott. Körperliche Bewegung ist aber hilfreich. (Blutfluss, Sauerstoff, Endorphine, wasweißich ...)

Muss ich die Zeitform wirklich ändern?
Für mich nicht. Ich habe da zwar wirklich etwas auf dem Schlauch gestanden, das mit der Kinoleinwand habe ich nicht geschnallt, obwohl es jetzt, nachdem du es erklärt hast, völlig klar erscheint. Aber es hat mich überhaupt nicht gestört, ein bisschen daran herumzurätseln, was nun wohl real ist und was nicht. Ein bisschen "Mysterium" finde ich bei so einer Geschichte sogar ganz passend; alles immer ganz eindeutig zu machen, ist ja beinahe langweilig. Und es ist ja nicht mal gesagt, dass es überhaupt noch irgendwem so geht wie mir.

Übrigens war es wahrscheinlich weniger die Erzählzeit oder die Treppe, die mich auf die falsche Fährte gebracht hat, als vielmehr die Tatsache, dass das Mädchen Klara an die Hand nimmt und es somit scheinbar zwei verschiedene Personen sein "müssen". Und darauf solltest du m.E. nicht verzichten. Wenn es ein oder zwei Leute wie ich nicht raffen, so be it.

Grüße vom Holg ...

 
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Hey peregrina,

beim Lesen deiner Geschichte sind mir viele gute Beobachtungen aufgefallen. Das Tempo war für mich stimmig und ich mochte das Bildhafte, Harmonische deiner Geschichte, mit dem du ja dann Ende des zweiten Drittels brichst, was ich ebenfalls gut fand. Der Text hat sich für mich gelesen wie ein literarisch überformter Eintrag aus einem Reisetagebuch. Es gibt auf jeden Fall einen Bogen, aber es werden auch Dinge angesprochen (Robert, der Kaffee in der Bar) die nicht wirklich weitergeführt werden. Manchmal, das ist mir aufgefallen, bin ich mit den humorvollen, so leicht ironischen Gedanken deiner Protagonistin nicht so auf einer Wellenlänge. Oft aber auch schon.

Ein Witz, nur dass ich nicht gelacht habe.

Das hab ich als humorvolle Bemerkung schon zu oft gehört. Der Vergleich mit dem Witz hinkt ein bisschen und deshalb hört es sich für mich so dahergesagt an.

„Na, du Kleine, du lebst ja gefährlich“, spreche ich zur Fußmatte, nachdem ich den Kaffee abgestellt habe.

Das fand ich wiederum sehr charmant/kreativ, dass sie zur Fußmatte spricht :3

Ich rufe mich zur Ordnung, ich wollte doch nicht an Robert denken.

Hier hab ich mich wie meine Vorredner gefragt, ob es Bezüge zur Geschichte von Peeperkorn gibt, oder ob das zufällig ist (vielleicht erwacht ja auch bei mehr als einem/r SchriftstellerIn die Reiselust zur Zeit) :>

aller Hinfaller-und-nicht-wieder-Aufsteher. Hahaha.“

Das "Hahaha" erinnert mich an SMS-Texte. Das würde ich in einen erläuternden Nebensatz umwandeln.

Schwerfällig schultere ich den Rucksack. Buen camino!

Schöne Raffung!

Kaff mit

Ein Leerzeichen zu viel

die über die Dorfstraße rollen und der Sheriff, der hackedicht aus dem Saloon torkelt. Toll, der könnte dann wenigstens meinen Rucksack ein Stück tragen.

Das ist für mich irgendwie ein bisschen rausgefallen, auch wenn es zum assoziativen Erzählen deiner Story passt. Es war mir hier einfach etwas zu viel, glaube ich. Ich denke, der Sprung ist mir etwas zu groß und das "toll" hat sich so umgangssprachlich gelesen.

Ich erhasche einen Blick auf ihren ausgemergelten Körper, auf ihren Bauch, der fast auf dem Boden schleift

feine Beobachtung!

Wie alt wird sie sein? Vier Jahre, keinen Tag älter.

die Frage und die Präzise Antwort erzeugen für mich einen kleinen Widerspruch. Nach so einer schätzenden, suchenden Frage hätte ich eine Vermutung in der Art "Wie alt wird sie sein? Drei, vier Jahre vielleicht" erwartet.

Die Katze schleckt nicht. Sie frisst gerade ein Junges auf.

Guter Kippmoment. Kam Plötzlich und hat mich beim Lesen ordentlich aufgeweckt.

Dummköpfchen, denke ich. Aber woher sollte ich damals auch wissen, dass die Katze nur die Nachgeburt gefressen hatte und soweit ich mich erinnere, hat mich niemand aufgeklärt, kein Wort über Bienchen und Blumen verlauten lassen und auch nicht über die anderen Dinge des Lebens.

Wusste ich auch nicht :0

denn es ist mir klar:

"denn mir ist klar" klingt vielleicht etwas rhythmischer.

Bin gespannt auf weitere Stories.
Lieben Gruß
Carlo Zwei

 

Liebe peregrina,

selten habe ich mich so über einen Kommentar auf meinen Kommentar gefreut wie bei dir. ;)

beinahe habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich deinen Komm lese, du bist so emsig und teilst mir regelmäßig deinen Leseeindruck mit.
Ständig nehme ich mir vor, mich durch einen Besuch einer deiner KGs zu revanchieren, aber so recht krieg ich das nicht auf die Reihe.

Das empfinde ich völlig überflüssig. Gerade hier sind wir doch freier und ich empfinde weniger Pflichtgefühl. Alles kann, nix muss. Ich lese und kommentiere deine Geschichten gerne, weil sie mir vielschichtig scheinen und mich anregen, genauer zu lesen. Das impliziert natürlich, dass es bei anderen nicht so ist ... Stimmt auch. :shy:

Ich verstehe deine Unzufriedenheit. Ich bin nicht überrascht, weil mir bewusst ist, dass ich eine gewisse Neugierde beim Leser heraufbeschwöre und dann seine Erwartungen nicht erfülle.
Ich glaube, dass es nicht nur einen Grund geben kann, warum jemand diesen Weg geht, die Entscheidung ist die Summe von Erfahrungen, Enttäuschungen, Verlusten, Sehnsüchten, Hoffnungen. Selbst der Wunsch zu laufen, kann über Jahre reifen und dann kommt der Moment, der der einzig richtige ist.
Du wirst jetzt sagen: Natürlich kann das im richtigen Leben so sein, aber mich interessieren die Motive, die Entwicklung einer fiktiven Figur genau in dieser Geschichte, was natürlich dein legitimes Recht ist.

Unzufriedenheit resultiert nur daraus, dass ich wirklich Interesse an der Protagonistin habe und ihr gerne folge, beobachte, an ihren Gedanken, an dem Prozess des Pilgerns teilhaben möchte. Ja, das möchte ich. :D

Im Text gibt es nur die aus dem Zusammenhang gerissene direkte Rede von Robert, in der er seine Ansichten verkündet. Die Erwiderungen Klaras bleiben geheim, könnte ein Hinweis auf Anzeichen von allgemeiner Sprachlosigkeit der Prota sein.
Dass das Paar eine Krise durchläuft, deute ich nur an, aber sie ist erkennbar, dachte ich.

Das stimmt. Habe ich auch erkannt. Dennoch ist mir persönlich die Charakterdarstellung zu eindimensional. Natürlich bin ich mir bewusst, dass alles weitere mehr Zeit kosten würde ... ich hätte sie. :)

Nehmen wir mal an, ich kann mit meinem Verstand erfassen, was er aussagen soll (vereinfacht: unser wirkliches Wesen befreit vom unermüdlichen Wirken des Egos).

Eine wunderbare, intensive Ausgangssituation. Enorm schwierig und tiefgründig. Das würde mir gefallen.

Und nehmen wir weiter an, Kinder seien unverfälschter als Erwachsene, also mehr sie selbst, dann könnte man doch zu der Schlussfolgerung kommen, die Klara in der Geschichte braucht ihr „wahres Selbst“ nicht zu suchen, es ist immer da, im Erwachsenenleben ebenso wie in ihrer Kindheit, sie muss nur die Augen öffnen.

Auch diese Ausgangssituation behagt mir ungemein und denke, wenn man sie ließe, könnten Kinder eine lange Zeit diesen Zustand nutzen und langfristig davon profitieren, so wie Klara es könnte.

Ich hab wirklich viele verschieden Ansätze zur Aussage und Wirkung der Geschichte ausgetestet, trotzdem wäre ich dir nicht böse, wenn du mich in diesem Fall mit einem Taschenspieler vergleichen würdest, der den Leser mit billigen Tricks anlockt, ihm Auflösung vorgaukelt, am Schluss entpuppt sich alles nur als Illusion.

Das ist aber auch eine Möglichkeit, die es zu respektieren gilt und das kann ich.

Ein Schwachpunkt?
Wünschst du dir mehr Gefühle?

Das kann ich nicht beurteilen, aber wünschen würde ich es mir, weil ich Klara noch mehr unterhaken und mit ihr gehen könnte.

Vielleicht kann ich den Schmerz noch besser zeigen, da schau ich noch mal drüber.

Das wäre der Intensität sicher zuträglich.

Eine Frage: Hast du auch den Text so gelesen, als würde ein fremdes Kind Klara an die Hand nehmen?

Ja. Und natürlich irritierte mich dann das Kind extrem. Jetzt, wo ich weiß, dass es Klara selbst ist, frage ich mich, wie ich mir die Erwachsene Klara in diesem Augenblick vorstellen muss, bin mir aber auch im Klaren darüber, dass es durchaus mir zu überlassen sein kann.

Das mag ich so an dir: Du gibst die Hoffnung auf Weiterentwicklung nie auf.

Niemals. ;)

Danke für deine aufschlussreichen Überlegungen, sie waren wichtig für mich, hat Spaß gemacht.

Das ist auch für mich eine große Freude. Ich habe mir schon oft gewünscht, bei Texten nachfragen zu können und manchmal erwische ich mich dabei, wie ich Bücher lese und mir Notizen mache, weil ich das dringend ansprechen müsste. :D

Vielen Dank für den Austausch und liebe Grüße, Kanji

 

Bin mir nicht ganz sicher, aber bei ‚begänne’ sträubt sich mir einiges.
@Friedrichard, wie siehst du das?
fragt barnhelm den Verursacher zu der Formulierung
Mir ist, als öffnete sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm begänne.

Liebe barnhelm,

klar, sträubt sich manchem das Haar vor allem bei manchem Konjunktiv irrealis, weil sie als veraltet gelten, zu komliziert (dabei gibt es nix einfacheres, wenn man korrekt das Präs. Und Prät. bilden kann, Konjunktiv I und II hinzukriegen, vor allem beim Verb „öffnen“.

Klar, ist der zweite in seiner Ursprungsfassung Indikativ/Präs. ein Temporalsatz – aber der Konjunktiv hat so gut wie nix mit der Zeitlichkeit am Hut, die dem naiven Leser im Konj. I vorgegaukelt würde. Zwischen ich „öffne“ (Präs.) und „öffnete“ (Prät.) gibt es einen Zeitunterschied, zwischen „öffne“ (Konj. I) und „öffnete“ (Konj. II) gibt’s keinen, außer dem Grad der Wirklichkeit. Und da dieser Einleitung ein Gedankengang/eine Erinnerung folgt, wäre – um die Verwechselung Präs./Konj. I auszuschließen, nur Konj. II möglich und Konjunktiv irrealis, weil Kopfkino allemal ohne Leinwand erfolgt, außer man träümte im Kinosaal, statt dem Film zuzuschauen.

Geschickt ist dabei,

liebe peregrina,

Ellipsen hinter diese grammatische Fußfalle zu stellen ohne verräterische Verben

Mir ist, als öffnete sich der Samtvorhang vor einer Kinoleinwand, bevor der Hauptfilm begänne. Die erste Kameraeinstellung: Ein kleines Bauernhaus, weiß getünchte Wände, Geranien vor den Fenstern, gackernde Hühner im Garten. Ich sehe ...
Vielleicht sollten wir zwo einen der altniederfränkischen Dialekte, die von Flandern bis zu den Friesen, und besonders heutigentags von Aachen bis an den Mittelrhein und in niderlant gesprochen wird und schließe mit

tot ziens!,

Friedel

 
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Hallo ernst offshore,
auch dir vielen Dank für deine Zeit, Mühe, Gedanken und Emotionen, die du zweifelsfrei in meinen Text und deinen Komm investiert hast.

…Sagen will ich dir meine Bedenken trotzdem, schon aus dem Grund, weil sie zeigen, auf wie vielfältige Weise eine Geschichte wahrgenommen werden kann. Und, ja, wie wenig Einfluss man im Grunde als Autor auf die Rezeption durch den Leser hat.)
Natürlich finde ich es wichtig und spannend zu erfahren, wie so eine Geschichte rezipiert wird. Dein Feedback ist im Grunde der Gegenentwurf zu dem von The Incredible Holg und spiegelt sicher Grundeinstellungen, Vorurteile, Maßstäbe, Erwartungen wider und nicht zuletzt zeigt es die praxisnahe Anwendung des Begriffes „gewaltfreies Kommunizieren“ :D.

Selbstfindung im Zuge einer Pilgerwanderung, Katzenbabys, Tierliebe … hm. Eigentlich wären das ja durchaus taugliche Motive, also Motive, wo man sich als vorurteilsfreier Leser echt schwer tut, der Geschichte gegenüber nicht wohlwollend zu sein.
Trotzdem hab ich so meine paar Probleme mit der Geschichte, peregrina. Vermutlich, weil ich halt so überhaupt nicht vorurteilsfrei bin.
Deine Vorbehalte kann ich akzeptieren. Obwohl die Schwingungen zwischen den Zeilen auf eine herbe Kritik an der Autorin und ihrem Umgang mit Thema und Schauplatz hindeuten könnten. Man könnte meinen, du bescheinigst ihr Oberflächlichkeit, Gedankenlosigkeit, vielleicht sogar Effekthascherei in dem Sinne: Man nehme eine einsame Pilgerin, gebe drei Kätzchen dazu, würze mit einer Prise Wehmut, rühre das Ganze gut um und fertig ist die KG, der alle Leserherzen zufliegen.
Ist natürlich purer Unsinn, weil, das ist wiederum nur eine mögliche Wahrnehmung und Auslegung deines Komms in Abhängigkeit vom Rezipienten.
Was zu beweisen war.

(Und deshalb kannst du meine Kritik getrost als irrelevant abtun…
Hey, warum sollte ich?

Nun, wie gesagt, ich habe Vorurteile, und ganz besonders gegenüber solchen Massenphänomenen wie z.B. der Begehung des Jakobsweges. Einfach deshalb, weil mir jede Art von (menschlichem) Herdentrieb höchst suspekt ist, ….
Und dementsprechend habe ich schon von Beginn an Vorbehalte gegenüber der Protagonistin. Für mich ist sie einfach eine weitere aus der Masse derjenigen, die unreflektiert(?) bei einem Trend mitmachen, na ja, und so eine Figur taugt für mich einfach nicht als Sympathieträgerin.
Wir wissen sehr wenig über die Protagonistin. Bildung, Beruf, Alter bleiben genau so im Verborgenen wie die Info, ob sie sich mit Geschichte, Bedeutung, Symbolik des Weges auseinander gesetzt hat.
Wir lernen nur ihre ausgeprägte Tierliebe kennen und mit diesem Wissen kann ich ihren Drang, in der Herde hinter den anderen Rindviechern herzulaufen, völlig nachvollziehen. Also, das will ich dem armen Hascherl zugestehen.

Und deshalb lese ich dann auch eher unbeeindruckt von ihren Sorgen und Nöten und ihrem schrecklichen Kindheitserlebnis. Noch dazu, weil dessen Bewältigung so vollkommen reibungslos vonstatten zu gehen scheint: Ein bisschen durch die Gegend gehen, sich erinnern und - hokuspokus – das war’s mit der seelischen Erschütterung.
Ich denke, man kann behaupten, das Kindheitserlebnis ist schon verarbeitet, ich sehe keine Beschädigung der Protagonistin, nur den Spleen mit Tieren zu reden. Sie erinnert sich lediglich an das Erlebnis als Ganzes und spürt den Schmerz des Kindes als Erwachsene. Den Schluss muss ich noch nachbessern, dass muss klarer werden.

Die Geschichte des Heiligen Jakobus und des Jakobsweges ist also von Anfang an untrennbar mit Intoleranz und Gewalt verknüpft…
Ich bin beeindruckt von deinem fundamentalen Camino-Wissen.

Das alles muss und braucht deine Protagonistin natürlich nicht zu wissen und zu kümmern, sie darf das genauso geflissentlich außer Acht lassen, wie die unzähligen anderen „Pilger“ das im wirklichen Leben vermutlich ja auch tun.
die Betonung liegt auf vermutlich

Wie gesagt, peregrina, das sind zwar alles meine Gedanken und Assoziationen, ausgelöst aber wurden sie durch deine Geschichte. Insofern finde ich’s nicht ganz verkehrt, dir davon zu erzählen.
Das find ich prima. Es war für mich wirklich aufschlussreich, deine Gedanken zur KG aus einem völlig anderen, wenn auch leider dem Blickwinkel des Vorurteils, zu erfahren.


Einen lieben Gruß nach Wien von
peregrina

Hallo barnhelm, hallo Friedrichard,

wenn ich den Plausch über meinen Freund, den Konjunktiv, richtig verstehe, dann ist die lustige „begänne-Form“ grammatikalisch absolut korrekt.
Mir soll es recht sein, je ungewöhnlicher, umso einprägsamer.

Danke für eure Überlegungen.

Liebe wieselmaus,

morgen geht es weiter. So viel schon vorab: Deine Anregungen haben mich mit der Nase auf einen offensichtlichen Fakt gestoßen.

Hola mi amigo mejor joséfelipe,

wenn du dich doch dazu durchringen könntest, mich „den kleinlichen Scheiß in Frageform“ wissen zu lassen, den du mir vorenthalten hast, wäre ich sehr froh.
Wir lernen doch immer noch aus unseren Fehlern.
Wenn ich die KG am Sonntag überarbeite, könnte ich alles berücksichtigen.

Hallo Carlo Zwei,

danke für deine Meinung. Für die Beantwortung deines Komms brauch ich noch ein bisschen Zeit.


Euch allen einen schönen Abend,
peregrina

 

Hola, cara peregrina!

Ich habe einen Gegenvorschlag: Ich verschiebe meinen Post auf die Zeit nach der Überarbeitung.
Alles, was mir auffiel (war eh nicht der Rede wert), haben die anderen schon erwähnt – und wie ich Dich einschätze, wirst Du das Ding auf Hochglanz wienern.
Aber glänzen tat’s schon, ehrlich.

Bis nächste Woche!
José

 

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