Hallo Ginny,
bin ich mal wieder der geneigte Leser 
das ist eine deiner kurzen Kurzgeschichten, bei denen ich sagen möchte, daß sie gar nicht länger sein sollten. Wie auch bei „Die Dinge liegen so nah“ ist der Text schön dicht (hehe, mir fällt grad keine bessere Formulierung ein) und lebt von Andeutungen und knappen Hinweisen, die dennoch genügend Aussagekraft haben, um dahinter eine größere Geschichte erahnen zu können. Geht mir jedenfalls so.
Öhm... also hat mir gefallen 
Detailanmerkungen:
Es war ein kalter Frühlingstag, als ich mich entschloss das Grab meines Mannes zu besuchen.
Ich würde den Entschluß nicht explizit nennen. Wie wäre:
„Es war ein kalter Frühlingstag, als ich / an dem ich das Grab meines Mannes besuchte.“
Meine Schritte wurden langsamer. Meine Hände krampften sich
Hm, zweimal gleicher Satzanfang.
In meiner Unsicherheit hatte ich die Verkäuferin gebeten, mir etwas zusammenzustellen. Dabei war es ganz gleich, was ich ihm brachte. Blumen hatten in unserer Ehe keine Rolle gespielt.
Ist es zuviel interpretiert, wenn ich daraus lese, daß eine gewissen Entfremdung/Kühle das Ende der Ehe gekennzeichnet hat? Sie weiß nicht, welche Blumen sie ihm bringen kann, er hat ihr auch niemals welche geschenkt. Die beiden haben schlußendlich nur mehr nebeneinander hergelebt (was wohl auch das Fremdgehen des Ehemannes belegt). Ich weiß, klingt sehr weit hergeholt, aber diese Gedanken gingen mir beim Lesen durch den Kopf.
Ich stutzte, als ich ans Grab trat.
Das „Stutzen“ hat mich aus dem Lesefluß gerissen. Ich finde, es paßt überhaupt nicht und sollte ersatzlos gestrichen werden. Da die Prot ja eh auf das Grab zugeht, würde doch auch (sinngemäß) reichen:
„Die Kränze auf seinem Grab waren verschwunden, doch ein Rosenstrauß lag vor dem Stein / an ihrer Stelle lag ein Rosenstrauß vor dem Stein.“
Na ja, so als Vorschlag.
Nur wenige Sätze standen darauf. Ich las sie einmal, noch einmal und ein drittes Mal.
Yo, Geschmackssache, aber mir gefällt an dieser Stelle die Aufzählungsform „ich las sie, noch einmal und noch einmal...“ nicht.
Ich finde, der Schock und das ungläubige Lesen der Zeilen würde besser zum Ausdruck kommen, wenn du die drei „Lesegänge“ durch Punkte in Stücke hackst, ungefähr so:
„Nur wenige Sätze standen darauf. Ich las sie (einmal). Dann noch einmal. Ein drittes Mal.“
Das hat m.M.n. etwas von drei schallenden Ohrfeigen.
Es waren schöne Worte. Worte, unter denen mein Name hätte stehen sollen. Kein fremder. Nicht der einer anderen Frau.
„Kein fremder“ finde ich hochgradig überflüssig. Der Schlag ins Gesicht sitzt viel heftiger, wenn du ihn streichst.
Das Thema deiner Geschichte gefällt mir sehr gut. Wie geht man mit solchen Dingen um? Kann/darf man einen Toten hassen, wütend auf ihn sein? Ändert sich das häßliche Wesen der Untreue, „nur“ weil man es jetzt mit einem Toten zu tun hat? Schwierig zu beantworten, wie ich finde, jedenfalls dann, wenn man eine solche Situation noch nicht durchlebt hat. Himmel, wenn ich mir das vorstelle... nein, lieber nicht.
Gruß,
Some