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Und plötzlich war alles anders

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19.05.2006
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Und plötzlich war alles anders

Es gab keinen bestimmten Tag, an dem ich trans wurde. Es gab bloß den Tag, an dem ich es mir eingestand. Erst viel später kam der Moment, an dem ich den Mut fand, mein soziales Umfeld daran teilhaben zu lassen, endlich bereit, alle Konsequenzen dieser Offenbarung zu ertragen.
Seit meinem ultimativen Schritt, das Schicksal zu bezwingen, ist einige Zeit vergangen. Anfängliche Euphorie und Optimismus sind nüchterner Realität gewichen. Aus heutiger Sicht habe ich bloß ein Leid gegen ein anderes getauscht. Auch wenn es mir erträglicher erscheint, es bleibt ein Leid.
Das Handy klingelt. Hoffentlich keine fremde Person, die mich aufgrund meiner Stimmlage als Mann anspricht. Ein Blick auf das Display, es ist Peter. Der einzige Freund aus meiner Jugendzeit, mit dem ich noch Kontakt habe.
Ich übernehme das Gespräch. „Hi, Darling!“
„Wie geht's, Madam?“
„Danke, ich komm zurecht.“
„Johanna feiert heute Abend Geris Vierziger. Sie hat eine Menge Leute eingeladen. Ich hab mir gedacht, du willst vielleicht mitkommen.“
„Ausgerechnet der Geri. Von dem hab ich seit Jahren nichts mehr gehört.“
„Mach dir nicht ins Höschen und geh mit. Du sitzt sonst eh nur allein daheim herum. Johanna hat extra gesagt, ich soll dich mitbringen.“
„Mitbringen! Na ja. Und was hat Geri dazu gesagt?“
„Der weiß von nix. Die Party soll eine Überraschung für ihn werden. Wird sicher lustig. Mach dir keine Sorgen, bis auf Geri und Johanna kennt niemand deine Vergangenheit.“
„Ich weiß nicht so recht.“
„Es tut dir sicher gut, ein wenig aus dem Haus zu kommen.“
„Hab nicht mal ein Geschenk. Und was soll ich da anziehen?“
„Was ihr Mädels immer mit dem Anziehen habt. Egal. Irgendwas halt.“
Ich wäge kurz ab, aber er hat recht. Ich sollte tatsächlich mehr unter die Leute gehen. Seit Längerem sitze ich fast jeden Abend allein vor dem Fernseher. „Na gut. Wann holst du mich ab?“
„Ich bin um sieben bei dir. Schau aber, dass du dann fertig bist. Um acht fängt die Party an.“
„Okay, Bussi!“
„Dir auch, bis dann.“
Ich wähle einen knielangen Jeansrock, kombiniert mit roter Bluse, dazu schwarze Strumpfhose und halbhohe Pumps. Ein wenig die Augenbrauen betont, Wimperntusche, einen Hauch Lippenstift. Das nackenlange Haar auf Mittelscheitel gekämmt, dazu silberne Kreolen, fertig.
Mir ist ein wenig flau im Magen, als ich mich im Spiegel betrachte. Vielleicht sollte ich doch besser Jeans tragen. In Hosen fühle ich mich sicherer. Besonders in fremder Umgebung.
Ich überlege eine Weile hin und her, aber was solls. Als Peter vor der Tür steht, bin ich fertig. „Siehst super aus,“ sagt er und kneift ein Auge zu.
„Ja, ja,“ antworte ich lächelnd und küsse ihn auf die Wange. Mir ist klar, dass er schmeichelt, aber dennoch freut mich sein Kompliment. Wir kennen einander seit frühester Jugend. Bis heute verbindet uns tiefe Freundschaft, geprägt von gegenseitigem Vertrauen.
Dass er mich so akzeptiert wie ich bin, voll und ganz als Frau sieht, nie meinen alten Namen oder falsche Pronomen verwendet, verleiht ihm Alleinstellung unter allen früheren Freunden bis hin zu meiner Familie.
Seit meiner Geschlechtsangleichung umschleichen wir einander. Er mich wie die Katze den heißen Brei, ich ihn wie ein Schulmädchen, das wohl möchte, aber gleichzeitig Angst vor dem ersten feuchten Kuss hat. Obgleich sexuell erfahren, auch wenn es sich hauptsächlich um verkrampfte Pflichtübungen gehandelt hatte, verhielt ich mich in meiner neuen Lebensrealität anfänglich so schüchtern wie eine pubertierende Hauptschülerin.
Vielleicht war es gerade dieser jungfräuliche Aspekt, der Peter an mir reizte, aber so sehr er sich um mich bemühte, mehr als zärtliche Begrüßungsküsschen, gemeinsames Nacktbaden am Schotterteich und verhaltene körperliche Berührungen ließ ich nicht zu. Es war, als gäbe es einen inneren Wall, eine Hemmung, die ich nicht überwinden konnte.
Geris Wohnung liegt im ersten Stock eines Zweifamilienhauses abseits der Hauptstraße. Er hat die ganze obere Etage für sich allein, nur seine Freundin wohnt mit ihm. Die beiden sind schon länger zusammen, ich kenne Johanna von früher. Sie ist eine quirlige Esoterikerin, die sich aus Jesus, Mohammed und Buddha ihre persönliche Religion zusammengebastelt hat.
Geri stellt sich eher als schlichtes Gemüt mit Bodenhaftung dar. Vielleicht ist es gerade dieser Gegensatz, der die beiden füreinander interessant macht.
Als wir aus dem Wagen steigen, kommt uns Johanna freudestrahlend entgegen. „Hallo Eva, du siehst umwerfend aus“, sagt sie und drückt mir links und rechts ein Küsschen auf die Wangen, noch bevor ich irgendetwas sagen kann. „Schön, dass ihr gekommen seid.“
Nachdem Peter dieselbe Behandlung erfahren hat, gehen wir ins Haus.
Fast alle geladenen Gäste sind bereits da. Geri befindet sich auf dem Heimweg vom Büro und soll bald kommen, sagt Johanna. Wir werden instruiert, uns im Nebenzimmer zu verstecken, wenn er seinen Wagen vor dem Haus parkt, bis wir von ihr gerufen werden. Die Überraschung soll perfekt sein. Nicht lange und wir hören den Kies auf dem Parkplatz vor dem Haus knirschen. Johanna guckt aus dem Fenster und scheucht uns ins Nebenzimmer. Wir stehen dicht gedrängt, sind mucksmäuschenstill und warten wie verabredet.
„Hallo Baby,“ sagt Geri, als er das Wohnzimmer betritt.
„Alles Gute zum Purzeltag!“, ruft Johanna.
Das ist unser Zeichen. Im nächsten Moment drängen zwei Dutzend Personen ins Wohnzimmer, scharen sich um den überraschten Geri, es werden Schultern geklopft, Fäuste aneinandergestoßen, Küsschen verabreicht, Gratulationen verkündet. Als ich an die Reihe komme, wage ich erst mal nicht, das Geburtstagskind zu küssen. Ich habe so meine Erfahrungen. „Alles Gute zum Geburtstag!“, sage ich und überreiche mein Geschenk, ein Messer mit Hirschhorngriff. Geri ist Hobbyjäger und Waffennarr.
Der Hirschfänger gehörte meinem Ex-Freund. Den musste er unbedingt haben. Als er abhaute, blieb er unbenützt zurück.
Ich sehe Geri an, dass mein Geschenk gut bei ihm ankommt.
„Tolle Klinge“, sagt er, „vielen Dank“. Er fackelt nicht lange und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Gleich fühle ich mich in meinem engen Jeansrock wohler.
Peter zieht mich beiseite. „Na siehst du, alles halb so schlimm“, flüstert er.
Johanna verschwindet in der Küche und kommt mit einem riesigen Tablett voll belegter Brötchen zurück. „Im Kühlschrank steht der Sekt“, sagt sie. „Auch Mineralwasser, Cola und Bier.“ Sie blickt auffordernd in die Runde. „Getränke sind Männersache“, fügt sie schnippisch hinzu. Peter macht sich gemeinsam mit einem Typen, den ich nicht kenne, auf den Weg in die Küche.
Nicht lange und die Stimmung steigt. Es wird zusammengestanden, gelacht, gequatscht, gefuttert, geraucht, der Sekt fließt in Strömen, daneben gibt es noch Bowle, Kognak und Whiskey. Auch ich entspanne mich, sitze bequem in der geräumigen Sitzecke bei Knabbergebäck und einem Glas Sekt und bin froh, mitgekommen zu sein. Meine anfängliche Steifheit hat sich gelegt. Peter und der Gast, mit dem er zuvor die Getränke aus der Küche geholt hat, setzen sich zu mir.
„Ich bin Hans“, stellt sich der Unbekannte vor und reicht mir die Hand. „Peter und ich sind gemeinsam in die HTL gegangen. Haben uns Jahre nicht gesehen.“
„Hi“, sage ich. „Eva.“
Hans zieht die Brauen hoch. „Du bist mit Peter hier?“
„Ja. Wir sind gute Freunde.“
„Gute Freunde?“ Er wirft Peter, der gerade seine Pfeife stopft, einen fragenden Blick zu.
„Nicht so, wie du denkst. Wir sind gute Freunde, das ist alles.“ Peter hat seine Pfeife fertig und verzieht sich schmunzelnd in Richtung Balkon.
„Dann gibt es noch Hoffnung“, sagt Hans und grinst mich lausbübisch an. „Darf ich mich zu dir setzen?“
„Natürlich.“
Ich streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und betrachte Hans aufmerksam. Er ist groß gewachsen, schlank und hat kurze, schwarze Haare. Neben seinem jungenhaften Gesicht gefällt mir vor allem seine tiefe, sonore Stimme, die mich umhüllt wie eine warme Decke. Hans beginnt sein Rad zu schlagen, erzählt von sich und seinem Leben, und so erzähle ich ihm auch etwas von mir. Nicht alles, aber mehr als üblich.
Hans hört aufmerksam zu, etwas, das bei Männern selten vorkommt. Wir stellen fest, gemeinsame Interessen zu haben, reden über Politik, Musik und Kultur, auch da sind wir weitgehend deckungsgleich. Er ist mir auf Anhieb sympathisch.
„Du hast so eine schöne, rauchige Stimme“, sagt Hans. „Echt sexy. Ich mag das.“
Längst ist er nah an mich herangerückt. Ich kann seine Körperwärme und den Atem spüren, lasse diese Nähe solange zu, bis ich seine Hand an meinem Knie fühle.
„Hans“, sage ich. „Was hast du vor? An einem One-Night-Stand bin ich nicht interessiert.“
„Entschuldige!“ Er lehnt sich zurück und nimmt die Hand von meinem Knie. „Du bist genau mein Typ, Eva“, seufzt er. „Das weiß ich jetzt schon. Ich möchte dich unbedingt näher kennenlernen.“ Er zögert kurz. „Du lebst doch momentan solo, soviel ich weiß?“
„Wer hat dir denn das verraten.“
„Sag ich nicht.“ Er grinst mich frech an. „Aber wir könnten doch zusammen mal was unternehmen. Kino, Konzert, Wandern. Wann immer du willst, ich bin bereit.“
Was soll schon groß passieren? Wir tauschen unsere Telefonnummern aus, danach muss ich auf die Toilette. „Bin gleich wieder da.“
Er setzt einen schmachtenden Blick auf. „Lass mich nicht zu lange warten.“
Als ich aus der Toilette zurückkomme, steht Hans mit Geri zusammen. Hans gestikuliert und schüttelt immer wieder den Kopf. Ich kann nicht hören, worüber sie sprechen und trete näher.
„Du Betrüger!“, schreit er, als er mich erblickt. „Um ein Haar wäre ich auf dich reingefallen!“
Ich blicke ihn verständnislos an.
„Du bist doch ein Transvestit!“, zischt er mir ins Gesicht, laut genug, dass es alle Umstehenden hören können. „Ein verkleideter Mann!“ Er schüttelt sich demonstrativ. „Und das muss mir passieren!“
Bevor ich noch irgendetwas erwidern kann, spüre ich zwei Hände, die mich an den Schultern nehmen und sanft beiseiteschieben. Peter ist plötzlich da und stellt sich zwischen Hans und mich. „Was fällt dir ein?“, schreit er ihn an. „Bist du völlig vertrottelt?“
Hans reckt selbstbewusst den Kopf in die Höhe. „Ich bin keine Schwuchtel! - Du vielleicht?“
„Nein, aber du bist ein mieses Arschloch, das sich nicht benehmen kann!“
Wie gereizte Kampfhähne stehen sich die beiden gegenüber. So zornig habe ich Peter selten erlebt. Seine Hände zittern vor Wut.
Hans: „So was hättest du mir doch gleich sagen müssen. Wie komm ich dazu?“
Peter: „So was? Eva ist kein So was. Sie ist eine liebe Freundin und in meiner Begleitung hier. Wenn du sie beleidigst, beleidigst du auch mich.“
„Sie? Hast du Sie gesagt?“
„Halt jetzt besser dein blödes Maul, sonst passiert noch was.“
Mittlerweile sind wir zum Zentrum des Geschehens mutiert. Alle Augenpaare ruhen auf uns dreien, kein Mucks ist zu hören. Johanna versteckt sich hinter Geri, der mit gesenktem Kopf Löcher in den Boden starrt, und lugt wie ein Papagei über seine Schulter.
„So eine Scheiße“, sagt Hans noch. „So eine elende Scheiße!“ Dann verschwindet er aus meinem Blickfeld. Endlich! Ich atme auf.
„Lass uns gehen“, sagt Peter. „Ich halte es hier nicht mehr aus.“
Ich sage gar nichts, alles in mir ist erstarrt. Peter holt meine Jacke, wir verlassen grußlos die Party.
Als wir aus dem Haus treten, legt er einen Arm um meine Schultern, ich drücke mich an ihn und beginne zu weinen. Schluchze meinen Weltschmerz in seine Lederjacke hinein.
Es ist immer dasselbe. Anfangs werde ich umschwärmt, aber sowie die Männer etwas bemerken oder es ihnen von jemandem gesteckt wird, lassen sie mich fallen wie ein benutztes Tempo. Und ich bin blöd genug, es immer wieder aufs Neue zu probieren.
„Eva“, sagt Peter leise, als wir beim Auto ankommen. Ich hebe den Kopf, er nimmt ihn in beide Hände und küsst mich auf den Mund. Ich erwidere den Kuss. Unsere Zungen spielen miteinander, ich schließe die Augen, sauge Peters Geruch, eine Mischung aus Tabak, Leder und Mann tief in mich ein. In meinem Kopf beginnt etwas nachzugeben. Es ist, als würde ein Damm brechen. Verdrängte Gefühle schaffen sich Bahn, überfluten mein Gehirn.
Für eine Weile bleiben wir schweigend, eng umschlungen, neben dem Auto stehen.
„Fahren wir zu dir oder zu mir?“, fragt Peter und streicht mir über den Kopf.
„Zu dir“, sage ich lächelnd. „Zu dir.“

 
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Hallo @Manuela K. ,

wir hatten ja schon mal zu einem Teil des Textes kurz per PN geschrieben.

Ich möchte nicht ins Detail gehen, allerdings stößt mir etwas unangenehm auf, bzw. finde ich es arg befremdlich, dass der nette Cis/Het-Freund irgendwie Transsexualität besser zu verstehen scheint und diese Identität wesentlich besser als gegeben annimmt, als die Prota selbst. Ich kann selbstverständlich nicht von einem ehemaligen Partner + Freundeskreis auf alle Transleute der Welt schließen, aber soweit ich es persönlich wie auch in Interviews, Dokus etc. gehört habe, ist das - logischerweise, oder? - meist genau umgekehrt.

War das ein Versuch, dem Nicht-Transleser eine Brücke in den Text zu bauen? Wäre eine typische white saviour Figur, ginge es um schwarze Protas.

Seit meinem ultimativen Schritt, das Schicksal zu bezwingen, ist einige Zeit vergangen. Anfängliche Euphorie und Optimismus sind nüchterner Realität gewichen. Aus heutiger Sicht habe ich bloß ein Leid gegen ein anderes getauscht.
An information kindly brought to you by the Trump / Vance administration.
*JK Rowling Official liked this*

Ich wähle einen knielangen Jeansrock, kombiniert mit roter Bluse, dazu schwarze Strumpfhose und halbhohe Pumps. Ein wenig die Augenbrauen betont, Wimperntusche, einen Hauch Lippenstift. Glücklicherweise habe ich ein schönes Hautbild. Make-up und Rouge verwende ich nie. Das nackenlange Haar auf Mittelscheitel gekämmt, dazu silberne Kreolen, fertig.
Es wäre eine wirklich sehr gute Gelegenheit gewesen, die Hintergründe dieser sehr klassisch weiblichen Mode zu erklären, die ja (okay, 5 Punkte dafür, dass es keine High Heels sind) immer das gleiche Stereotyp präsentiert. Du weißt sicher, worauf ich hinaus will.

Ich empfehle zum Gegencheck z.B. Gretchen Felker-Martin: Manhunt (auf dt. bei Festa), leider viel headhopping, aber sonst top.

In dieser Form vermittelst du nichts Relevantes und zementierst Tausend Mal Gehörtes, leider viel davon Unrealistisches und Inauthentisches. Ich bin echt nicht für nur own voices Texte, wo kämen wir da hin, aber na ja ... Irgendwie mehr mittig so. Und vielleicht einen Plot? Anstatt drei, vier der immergleichen fiktionalen Schlüsselszenen, die man in jedem von einem Außenstehenden gedrehten Spielfilm sieht, seit so den 1960ern.
EDIT: Sekunde, sehr positiv ist selbstverständlich das Ende, das man so in den 60ern und auch noch nicht den 90ern hätte erwarten können.

Sorry, ich sehe insgesamt leider noch nicht so ganz, wo du damit hin möchtest. Nix für ungut und herzliche Grüße,
Katla

 
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Hallo Katla,

danke für Lesung und Kommentar. Ich gehe gleich in die Vollen. Deine Kritik richtet sich vor allem gegen den deiner Meinung nach klischeebehafteten, stereotypen Plot, der quasi bis ins Kitschige abgleitet. Dazu meine Hauptfigur, die deiner Ansicht nach wohl dem Stereotyp eines Tradwifes entspricht, weil sie Rock, Strümpfe und Pumps trägt. Immerhin gefällt dir das Ende so halbwegs. - Mir auch. ;)

dass der nette Cis/Het-Freund irgendwie Transsexualität besser zu verstehen scheint und diese Identität wesentlich besser als gegeben annimmt,

Woraus erschließt sich das für dich? Weil er zu einer intimen Beziehung mit Eva eher bereit ist, als sie? Eva braucht halt länger, um ihre Gefühle neu zu ordnen. Dazu mehr weiter unten.

An information kindly brought to you by the Trump / Vance administration.
*JK Rowling Official liked this*

Damit kann ich überhaupt nichts anfangen. Ich kenne Rowling als undifferenzierte Transhasserin. Besonders wenn es um MzF-TS geht. Vance denkt ähnlich, wenn ich mich nicht irre. Angeblich hat er sogar ein transidentes Kind. Aber was hat das mit meinem Text zu tun?

Es wäre eine wirklich sehr gute Gelegenheit gewesen, die Hintergründe dieser sehr klassisch weiblichen Mode zu erklären, die ja (okay, 5 Punkte dafür, dass es keine High Heels sind) immer das gleiche Stereotyp präsentiert. Du weißt sicher, worauf ich hinaus will.

Ich weiß worauf du hinauswillst. Da regt sich wohl die Feministin a la Simone de Beauvoir in dir. (Der Grad der Emanzipation verhält sich reziprok zur Höhe der Absätze oder: Je höher die Absätze, desto kürzer die Hauptsätze). Welche Hintergründe soll ich erklären, wenn sich eine junge Frau weiblich kleidet und hübsch zurechtmacht? Sie will eben als Frau gefallen. So what? Die wenigsten Frauen laufen mit neonfarbener Stoppelfrisur, in zerrissenem Blaumax und Dr. Martens-Boots herum.

In dieser Form vermittelst du nichts Relevantes und zementierst Tausend Mal Gehörtes.

Warum ist der Text inhaltlich nicht relevant? Weil er nicht deiner Weltsicht, Denkweise entspricht? Ereignisse wie das beschriebene finden mehr oder weniger ausgeprägt täglich statt. Ausgrenzung und Ablehnung von TS sind Alltag. Vielleicht nicht in deinem persönlichen Umfeld, aber in der Normgesellschaft sind sie durchaus an der Tagesordnung.

Unrealistisch und inauthentisch?
Der war gut. :D

Und vielleicht einen Plot? Anstatt drei, vier der immergleichen fiktionalen Schlüsselszenen, die man in jedem von einem Außenstehenden gedrehten Spielfilm sieht, seit so den 1960ern.

Ich denke, die Story hat einen Plot, sogar einen Hauptkonflikt und letztlich auch die Lösung eines bestehenden Konfliktes betreffend Evas Gefühlen zu Peter. Sie hat schlicht Annäherungsprobleme, die Peter eben nicht hat. Wenn es nur mehr solche Peter gäbe. Daraus zu schließen, er käme mit TS besser zurecht als sie, kann ich nicht nachvollziehen. Wann und wo stellt sie ihre weibliche Identität in Frage?
Natürlich ist es nicht leicht, eine intime Beziehung mit jemandem zu beginnen, den man schon seit vielen Jahren in Form einer Männerfreundschaft kennt und plötzlich ändert sich die eigene Geschlechtlichkeit. Da gibt es durchaus innere Hürden, Dämme, zu überwinden. Vielleicht nicht für jeden, aber jedenfalls für meine Protagonistin. Wie viele Heteropaare kennst du, die nach vielen Jahren vorhergehender Freundschaft in eine intime Beziehung gefunden haben? Um wieviel schwieriger ist es erst in einer derart prekären Situation.
Mag sein, dass dieses kurze Geschichtlein auf dich abgelutscht, stereotyp und - ich schließe daraus - kitschig wirkt. Ich kann damit leben. "Kitsch ist die Kunstform der kleinen Leute", sagte einst Arik Brauer. Und da gehöre ich dazu. :)
Schade, dass dir der Text nicht gefällt. Ich habe die letzte Woche intensiv daran gearbeitet, ihn übers Wochenende von etwa 2600 Wörtern auf knapp 2000 eingedampft. Erst gestern sind letzte Infodumps des ersten Drittels weitgehend rausgeflogen.
Mal sehen, was andere Leser dazu sagen. Falls sie etwas dazu sagen. ;)

LG, Manuela :)

 

Hallo @Manuela K.,

wenn du dem Leser vermitteln willst, wie schwer es für eine Trans-Person ist akzeptiert zu werden und mit der neuen Identität zu leben, dann ist dir das nur zum Teil gelungen. Allerdings ist diese Thematik auch anspruchsvoll, da man sich in etwas hineinversetzen soll, was weit außerhalb der eigenen Erfahrungen liegt (zumindest, wenn man nicht trans ist). Mord z.B., liegt auch außerhalb eigener Erfahrungen, aber Gewalt (Schmerz) kennt man, kann gewissermaßen extrapolieren.

Gerade zu Beginn wird dem Leser viel aufgelistet: Es war so und so, ist so ...
Da würde ich kürzen:

Wenn mich jemand fragt, warum ich diesen Weg gegangen bin, antworte ich, mir blieb keine andere Wahl. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es gibt immer eine Alternative.
Eines Nachts kam sie an mein Bett, bot mir lächelnd die Hand und lockte mit sanfter Stimme. Ich widerstand und entschied, weiterzuleben.

Es gab keinen bestimmten Tag, an dem ich trans wurde. Es gab bloß den Tag, an dem ich es mir eingestand.* Erst viel später kam der Moment, an dem ich den Mut fand, mein soziales Umfeld daran teilhaben zu lassen, endlich bereit, alle Konsequenzen dieser Offenbarung zu ertragen. Was blieb mir anderes übrig. Ich war innerlich nie ein Mann, habe mich bloß der Gesellschaft so präsentiert, wie es von mir erwartet wurde. Der verzweifelte Versuch einer Kompensation, nichts anderes.
Seit meinem ultimativen Schritt, das Schicksal zu bezwingen, ist einige Zeit vergangen.
Anfängliche Euphorie und Optimismus sind nüchterner Realität gewichen. Aus heutiger Sicht habe ich bloß ein Leid gegen ein anderes getauscht. Auch wenn es mir erträglicher erscheint, es bleibt ein Leid.

*dass ich diesen Weg gehen musste.
"Ich war innerlich nie ein Mann, habe mich bloß der Gesellschaft so präsentiert, wie es von mir erwartet wurde" - das ist eigentlich klar, sonst hätte er keine Konsequenzen gezogen.

"Anfängliche Euphorie und Optimismus" hier den Grund der Euphorie benennen?

Durch die Kürzung käme man unvermittelter zum Thema, der konfliktbeladenen Situation (es wird noch genug Erklärendes geschildert, das Anziehen, die Getränke der Party).

Nachdem Peter dieselbe Behandlung erfahren hat, gehen wir ins Haus.
Interessant , die "Behandlung", diese Distanz. Zeigt einen gewissen Argwohn.

Hans beginnt sein Rad zu schlagen, erzählt von sich und seinem Leben, und so erzähle ich ihm auch etwas von mir. Nicht alles, aber mehr als üblich.

Dieses 'Rad schlagen' ist sehr gut getroffen, "erzählt ... aus seinem Leben" ist ziemlich allgemein, warum nicht etwas Konkretes nennen, das 'Rad' verdeutlichen?

Es ist immer dasselbe. Anfangs werde ich umschwärmt, aber sowie die Männer etwas bemerken oder es ihnen von jemandem gesteckt wird, lassen sie mich fallen wie ein benutztes Tempo. Und ich bin blöd genug, es immer wieder aufs Neue zu probieren.
Diese Gedanken kommen hier spät im Text als Konklusion, sie könnten den Abschnitt über die Zurückweisung aber dramatisieren, wenn sie genau dann auftreten, wenn sich die (schon erlebte) Situation wiederholt.

Den Schluss habe ich so erwartet, er ist mir zu märchenhaft (nicht stilistisch, eher inhaltlich), hätte offen gelassen, wie es mit den Beiden weiter geht. Aber klar - man kann so oder so entscheiden, das Schöne am Autorinsein ist die Macht über die Figuren:D

Ach ja

vertschüsst.
Hört sich 'verzischelt' ;) an.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 
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Hallo @Manuela K. ,

ja, ich finds auch schade, dass der Text mir nicht gefällt. Hab auch den Eindruck, dass es günstiger gewesen wäre, aus Sicht des Freundes zu erzählen, weil du dann nicht so stark in die Transfrau gehen müsstest und alle Zweifel, Fragen etc. aus dem passenderen Mund kämen, sozusagen.

Woraus erschließt sich das für dich?
Hm, na ja, aus dem, wie die Figuren angelegt sind.

Dazu meine Hauptfigur, die deiner Ansicht nach wohl dem Stereotyp eines Tradwifes entspricht, weil sie Rock, Strümpfe und Pumps trägt.
und
Ich weiß worauf du hinauswillst. Da regt sich wohl die Feministin a la Simone de Beauvoir in dir. (Der Grad der Emanzipation verhält sich reziprok zur Höhe der Absätze oder: Je höher die Absätze, desto kürzer die Hauptsätze). Welche Hintergründe soll ich erklären, wenn sich eine junge Frau weiblich kleidet und hübsch zurechtmacht? Sie will eben als Frau gefallen. So what? Die wenigsten Frauen laufen mit neonfarbener Stoppelfrisur, in zerrissenem Blaumax und Dr. Martens-Boots herum.
Leider nicht.
Du hast ja recherchiert, du weißt dann, dass man eine Geschlechtsangleichung nicht spontan mal bewilligt bekommt und auch nicht mal so nebenher ein Rezept für Hormone. Der jahrelange Weg erfordert ja, dass bewiesen wird, wie stark jemand sich im andersgeschlechtlichen Körper fühlt, wie überzeugend man sich entsprechend in der Öffentlichkeit geben kann - und der Beweis erfordert ein ganz enorm traditionell-antiquiertes stereotypes Verhalten und v.a. bei Körpersprache und Kleidung. Über mehrere Jahre hinweg, das kann sehr extremes Verbiegen bedingen, das zu Depressionen und Identitätskrisen führen kann (nicht, ob jemand sich als Frau generell fühlt, sondern was Frausein für sie individuell ausmacht vs von Ärzten aufoktruiert ausmachen soll). D.h. eine große individuelle Bandbreite, was 'Frausein' ausmacht / ausmachen kann, wird Biofrauen zugestanden, aber keinen Transfrauen. Darauf will ich hinaus.
Es wäre eine Gelegenheit gewesen, diese Praxis anzusprechen und zu kritisieren, z.B. dass sie froh ist, endlich nicht mehr Beweise bringen zu müssen, sondern entspannt auch mal Hosen tragen zu können. Und vllt. dazu mit Make-Up und Push-up, aber hey, nicht immer dieses gleiche Transen-Outfit, das in der beschriebenen Form tatsächlich genau die Vorgaben sind (oder in den 2000ern in Deutschland waren, denke aber nicht, dass sich da viel geändert hat).

Aber was hat das mit meinem Text zu tun?
Kann ja nicht sein, dass sie nach der Angleichung erleichtert und froh ist. ;) (Zumindest allein, mit sich selbst, oder in der Transcommunity, zu der sie aber wohl eh keinen Zugang hat.)

Ausgrenzung und Ablehnung von TS sind Alltag. Vielleicht nicht in deinem persönlichen Umfeld, aber in der Normgesellschaft sind sie durchaus an der Tagesordnung.
Selbstverständlich! Mein Ex (und jahrelanger Freund nach der Trennung) hat wegen dieser Ausgrenzeung und dem ständigen Hass Suizid begangen. Dabei war er wirklich tough und ein activist in der Transgemeinschaft, underground Filmemacher ...
In den USA sind die Leute zwar noch ein bisschen hysterischer als in Mittel-/Nordeuropa, aber auch hier steigt die Gewalt- und auch Mordrate unfassbar an. (vgl. theadvocate.com)

Wann und wo stellt sie ihre weibliche Identität in Frage?
Der Punkt, an dem deine Prota ist, scheint mir zum Teenagealter oder jünger zu passen. Diese ganze Zweifel und Fragen passen nicht so gut zu einer Situation, wo eine bereits seit Jahren gerödelt hat, um sich bei Ärzten, Therapeuten, Krankenkasse, ggfs. Anwälten etc. durchzusetzen. Nicht wie eine, die das alles schon Tausend Mal durchdacht hat, u.a. weil das Prozedere gute, sichere Argumente benötigt.
Ich hätte statt so vielen Zweifeln, Fragen und zaudern eher eine gute Prise schwarzen Humor / Sarkasmus erwartet.

Wie viele Heteropaare kennst du, die nach vielen Jahren vorhergehender Freundschaft in eine intime Beziehung gefunden haben?
Eines, und ein Frauenpaar, die bis dahin hetero waren. Was aus dem Mixpaar wurde, weiß ich nicht, die Frauen sind nach 30 Jahren noch zusammen. Die Sache mit 'aus Freundschaft wird Liebe' war aber nicht mein Punkt.

Herzliche Grüße,
Katla

 
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Hallo Woltochinon"

Vielen Dank für deine Zeit und Arbeit, sich mit diesem Text zu beschäftigen. Ist das eine Premiere, von dir besprochen zu werden? Oder täusche ich mich. Wie auch immer, den Hinweis auf Löschung des Einstiegs-Info-Dumps finde ich gut, er wurde sofort umgesetzt. Mittlerweile bleiben bis zum Läuten des Handys noch 120 Wörter. Ursprünglich waren es 340. Ich gestehe, diesen Absatz zu mögen. Vermutlich hat er deshalb meine Kürzungsorgie überlebt. Aber es heißt doch: First kill your darlings. ;)
Andreas Eschbach schrieb mal anderswo, er würde bei der Überarbeitung eines Textes grundsätzlich den ersten Absatz streichen, da er kaum je etwas taugt. Eher dazu dient, sich warm zu schreiben, in die Story zu finden.

Allerdings ist diese Thematik auch anspruchsvoll, da man sich in etwas hineinversetzen soll, was weit außerhalb der eigenen Erfahrungen liegt (zumindest, wenn man nicht trans ist). Mord z.B., liegt auch außerhalb eigener Erfahrungen, aber Gewalt (Schmerz) kennt man, kann gewissermaßen extrapolieren.
Es ist immer schwierig, sich in eine andere Person hinein zu fühlen. Ich kenne einen Querschnittspatienten, habe auch dann und wann Kontakt, kann mir aber dennoch (glücklicherweise) nicht vorstellen, wie sich das anfühlt.

"Ich war innerlich nie ein Mann, habe mich bloß der Gesellschaft so präsentiert, wie es von mir erwartet wurde" - das ist eigentlich klar, sonst hätte er keine Konsequenzen gezogen.
Er? :D
Nicht alle verhalten sich so. Sogenannte Primär-TS bspw. zeigen bereits im Kleinkindalter Abweichungen vom "geschlechtlichen Normverhalten." Bei den allermeisten beginnt diese Problematik erst mit dem Einsetzen der Pubertät. Und dann ist es für MzF-TS bereits zu spät. Stimmbruch, Knochenbau schaffen irreversible Veränderungen.
"Anfängliche Euphorie und Optimismus" hier den Grund der Euphorie benennen?
So gut wie jede/r schwelgt anfänglich in Glücksgefühlen, bzw. Optimismus, wenn das lang erträumte "Ziel" erreicht ist. Das legt sich bei den meisten wieder, wenn sie in der nüchternen Realität ankommen. Ich kenne einige TS, aber keine/r davon ist glücklich, keine hat einen Hetero-Lebenspartner. Es ist auch nicht easy & funny, wie häufig insistiert wird, wenn man sich diverse Pride-Aufmärsche ansieht, wo es von Dragqueens und anderen Transvestiten nur so wimmelt. Mit Transidentität hat das kaum bis wenig zu tun. Jedenfalls nicht für jene, die tatsächlich an Geschlechtsdysphorie leiden und an grellen Bühnen- oder Talkshowauftritten kein Interesse haben. Sie wollen bloß in die Reihe treten und grau sein.
Und es gibt auch keine LGBTQ+ Community. Das ist eine Erfindung der woken Medienlandschaft. Die Schwulen wollen mit post op MzF nichts zu tun haben, weil ihnen genau das Ding fehlt, worauf es ihnen ankommt, die Lesben sehen in MzF bloß verstümmelte Männer. Lange Zeit wurden MzF im Wiener Frauencafe rausgeworfen, so man sie entdeckte. In der österr. Landeshauptstadt Wien gibt es z.B. kein einziges TS-Lokal. Aber ich will jetzt nicht zu lange ausschweifen.
Dieses 'Rad schlagen' ist sehr gut getroffen, "erzählt ... aus seinem Leben" ist ziemlich allgemein, warum nicht etwas Konkretes nennen, das 'Rad' verdeutlichen?

Der Text hatte ursprünglich knapp über 3000 Wörter. Ich wollte den Plot auf 2000 eindampfen. Mag sein, dass ich da und dort zu viel gerafft habe. Aber ich finde, Details aus dem Leben von Hans sind für die Story bedeutungslos. So gut wie jeder Mann schlägt sein Rad, wenn er eine Frau umwirbt.
Den Schluss habe ich so erwartet, er ist mir zu märchenhaft (nicht stilistisch, eher inhaltlich), hätte offen gelassen, wie es mit den Beiden weiter geht. Aber klar - man kann so oder so entscheiden, das Schöne am Autorinsein ist die Macht über die Figuren:D

Ein wenig Cinderella darf schon sein. :D Das Schlussbild ist erst während des Schreibens entstanden. Ursprünglich wollte ich das Ende offen lassen.
vertschüsst.
Hört sich 'verzischelt' ;) an.
Das ist in Österreich ein gängiger Begriff. Er steht für: sich verdrücken, abhauen oder aus der Verantwortung stehlen.

Danke für deinen umfangreichen Beitrag plus Anregungen. Es gäbe viel zu diesem Thema zu erzählen, aber ich will keine Reality-TS-Doku schreiben. Auch wenn sie angesichts der um sich greifenden TS-Hysterie (pro und contra) nötig wäre. Aber wen interessiert das schon?

Lieben Gruß,
Manuela :)

 
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Hi Katla, again!


ja, ich finds auch schade, dass der Text mir nicht gefällt. Hab auch den Eindruck, dass es günstiger gewesen wäre, aus Sicht des Freundes zu erzählen, weil du dann nicht so stark in die Transfrau gehen müsstest und alle Zweifel, Fragen etc. aus dem passenderen Mund kämen, sozusagen.
Ich habe die Perspektive ebenso wie die Namen zweimal geändert. Zuerst Eva in 3. Person, dann auktorial, dann Eva in 1. Person.
Du hast ja recherchiert, du weißt dann, dass man eine Geschlechtsangleichung nicht spontan mal bewilligt bekommt und auch nicht mal so nebenher ein Rezept für Hormone. Der jahrelange Weg erfordert ja, dass bewiesen wird, wie stark jemand sich im andersgeschlechtlichen Körper fühlt, wie überzeugend man sich entsprechend in der Öffentlichkeit geben kann - und der Beweis erfordert ein ganz enorm traditionell-antiquiertes stereotypes Verhalten und v.a. bei Körpersprache und Kleidung.
Na ja. Geschlechtswechsel zur Beliebigkeit zu machen, wie das gegenwärtig in Deutschland der Fall ist, kann ich nicht nachvollziehen. Motto: Jetzt bin ich Frau, nächstes Jahr bin wieder Mann oder was anderes. Und das alles ohne fachärztlicher Diagnose, es reicht die bloße Behauptung, so zu sein. Schon mit 14 Jahren völlige Entscheidungsfreiheit über Hormoneinnahme. Wenn es doch ein Irrtum war, sind die Gonaden mit 18 Jahren unwiderruflich kaputt. Umgekehrt: Liegt man richtig und wartet ab, schlägt das Testosteron zu und schafft unverrückbare Tatsachen. Es ist ein einziges Elend.
Anbei: Hormone gibt es spielend leicht im Netz. Verschreiben darf sie jeder Arzt. Und das geschieht auch da und dort. Es gibt regelrechte TS-Ärzte, die ähnlich arbeiten wie einst in den USA die sogenannten Beachdoctors, die in Shorts unter dem Sonnenschirm sitzend Oxycodon-Rezepte verkauften.

Über mehrere Jahre hinweg, das kann sehr extremes Verbiegen bedingen, das zu Depressionen und Identitätskrisen führen kann (nicht, ob jemand sich als Frau generell fühlt, sondern was Frausein für sie individuell ausmacht vs von Ärzten aufoktruiert ausmachen soll). D.h. eine große individuelle Bandbreite, was 'Frausein' ausmacht / ausmachen kann, wird Biofrauen zugestanden, aber keinen Transfrauen. Darauf will ich hinaus.
Die ganze Angelegenheit ist eine einzige Identitäts- und leider auch Existenzkrise. Viele verlieren Job, Familie und Freunde. Eine Krise, die nie zu 100 Prozent lösbar ist. Wenigstens nicht für die große Mehrheit der Betroffenen. Von einigen Super-Models mal abgesehen. Aber selbst die werden geächtet, wie man am Bud Light Boykott in den USA erkennen konnte. Die Suizidrate Betroffener (vor und danach) ist dementsprechend hoch.

Es wäre eine Gelegenheit gewesen, diese Praxis anzusprechen und zu kritisieren, z.B. dass sie froh ist, endlich nicht mehr Beweise bringen zu müssen, sondern entspannt auch mal Hosen tragen zu können.
Meine Figur hat kein Problem damit, mal Hosen zu tragen. Sie fühlt sich in unbekannter Umgebung einfach sicherer in Hosen. Das wollte ich damit sagen. Es geht übrigens vielen Bio-Frauen ebenso. ;) Dass sie extreme Fem-Kostümierung nicht braucht, weil sie ohnehin sehr glaubwürdig aussieht, erkennt man wohl an den Annäherungsversuchen von Hans und Peter. Gerade Typen wie Hans würden sich nie an erkennbare TS heranmachen.

Und vllt. dazu mit Make-Up und Push-up, aber hey, nicht immer dieses gleiche Transen-Outfit, das in der beschriebenen Form tatsächlich genau die Vorgaben sind (oder in den 2000ern in Deutschland waren, denke aber nicht, dass sich da viel geändert hat).
Viele MzF-TS neigen dazu, sich anfänglich überzukostümieren. Besonders jene, die es lieben, sich in Talkshows oder auf diversen Aufmärschen zu präsentieren. Sie wirken häufig wie weibliche Karikaturen. Überhaupt wird medial einiges zusammengemischt, das nicht zusammen gehört. Nicht alle, die im Fummel erscheinen, sind tatsächlich trans. Conchita Wurst bspw. wurde medial als TS mit weiblichen Pronomen verkauft. Nahezu die gesamte audience beim ESC hatte Tränen der Rührung in den Augen. Tatsächlich ist er eine schwule Dragqueen, die sich mit diesem Schmäh ins int. Rampenlicht gesetzt hat und jetzt nicht so recht weiß, wie man diese Kunstfigur wieder los wird.

Kann ja nicht sein, dass sie nach der Angleichung erleichtert und froh ist. ;) (Zumindest allein, mit sich selbst, oder in der Transcommunity, zu der sie aber wohl eh keinen Zugang hat.)
Wie beschrieben. Anfänglich sind das fast alle. Erleichtert und froh und glücklich. Du hast Recht. Aber die OP ist keine Lösung, sondern eine Überlebensstrategie. Jedenfalls für die Allermeisten. Besonders MzF wehren sich lange diesen Weg einzuschlagen. Bei FzM geht das schneller, sie sind durchschnittlich um zehn Jahre jünger wenn sie diese Entscheidung treffen.
Eine Transcommunity ist mir in Österreich - abgesehen von ein, zwei Internetforen - nicht bekannt. Die meisten wollen nach Beendigung ihre Transition schlicht in Ruhe gelassen werden und ihre Veranlagung nicht zum Lebensthema machen, was in Partnerschaften mit anderen TS jedoch kaum möglich ist.

Selbstverständlich! Mein Ex (und jahrelanger Freund nach der Trennung) hat wegen dieser Ausgrenzeung und dem ständigen Hass Suizid begangen. Dabei war er wirklich tough und ein activist in der Transgemeinschaft, underground Filmemacher ...
Das tut mir außerordentlich leid, kommt aber (zu) häufig vor in TS-Kreisen. Die Ami schießen hier, wie so oft, den Vogel ab. Was sich abgespielt hat, als die wunderschöne Dylan Mulvaney für Bud light Werbung machte, ist unvorstellbar. Sie bekam sogar Morddrohungen, das Produkt wurde boykottiert, die Aktie der Bierfirma stürzte in den Keller.
Der Punkt, an dem deine Prota ist, scheint mir zum Teenagealter oder jünger zu passen.
Tatsächlich? Ich sehe sie so um Mitte Dreißig. Immerhin kennt sie Peter seit frühester Jugend. ;)

Diese ganze Zweifel und Fragen passen nicht so gut zu einer Situation, wo eine bereits seit Jahren gerödelt hat, um sich bei Ärzten, Therapeuten, Krankenkasse, ggfs. Anwälten etc. durchzusetzen.
Das alles ist ja heute gar nicht mehr notwendig. Es reicht die bloße Willensbekundung für die standesamtliche Eintragung. Man kann dort auch mit Vollbart erscheinen. Früher musste man dafür geschieden oder ledig sein, (gleichgeschlechtliche Ehen waren in Ö lange Zeit verboten) einen mindestens einjährigen Alltagstest absolvieren, zwei unabhängige psychologisch/psychiatrische Gutachten plus medizinisch/hormonellem Status vorlegen.

Ich hätte statt so vielen Zweifeln, Fragen und zaudern eher eine gute Prise schwarzen Humor / Sarkasmus erwartet.
Man kann das natürlich lustig darstellen. Aber daran ist nichts lustig. Es ist in Wahrheit ein einziges Elend, das einem das Leben schwer macht. Ein wahrhaft dorniger Weg für jede/n Betroffenen.
Danke, dass du noch mal Stellung bezogen hast. Einen schönen Tag wünsch ich noch.

Manuela :)

 

Hallo Manuela,

Man kann das natürlich lustig darstellen. Aber daran ist nichts lustig.
Ich sag ja: Manhunt. Wenn du Humor nicht mit Transleuten in Verbindung bringen kannst, kennst du offenbar keine, oder nicht genug. Für mich durchzieht schwarzer Humor und auch Selbstironie alles bei dem Thema, eben weil es ein Zeichen von großer Selbsterkenntnis ist und auch ein guter coping mechanism (coping mit den Reaktionen der Normalo-Umwelt, nicht mit der eigenen Identität, natürlich).
Verdreh mir hier bitte nicht die Worte im Mund, ich denke, es war ganz klar, was ich meinte.
Es ist in Wahrheit ein einziges Elend, das einem das Leben schwer macht.
"Einem" - also bist du eine Transfrau? Wow.

Jemand mit solcher Haltung sollte vielleicht dieses Thema nicht aus der Ichperspektive schreiben, aber whatever. Vielleicht willst du ja auch nur ein paar kontroverse Komms und die sind bei diesem Thema garantiert.

Herzlichst,
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

"Einem" - also bist du eine Transfrau? Wow.
Don't jump to conclusions. ;) Aber stell dir ruhig vor, es wäre so. Ich hab kein Problem damit.

Jemand mit solcher Haltung sollte vielleicht dieses Thema nicht aus der Ichperspektive schreiben.
Wer sonst?
Anbei: Ich schreibe meistens in der 1. Person. War auch schon vieles in meinen Geschichten: z.B. Knastbruder, Polizistin, Junkie, Mann, Frau ...

Vielleicht willst du ja auch nur ein paar kontroverse Komms und die sind bei diesem Thema garantiert.
Mir geht es nicht um Kontroversität. Bei Veröffentlichung dieses Textes hatte ich durchaus weiche Knie. Aber die habe ich eigentlich immer, wenn ich etwas ins Netz stelle.

LG

 

Hallo @Manuela K.,

danke für deine informative Replik!

Andreas Eschbach schrieb mal anderswo, er würde bei der Überarbeitung eines Textes grundsätzlich den ersten Absatz streichen, da er kaum je etwas taugt. Eher dazu dient, sich warm zu schreiben, in die Story zu finden.
Da wird es für mich schwierig ... manchmal fange ich eine Geschichte von hinten oder in der Mitte an. Wenn ich das dann streiche, weils unter "warmschreiben" fällt ...:lol:

"Ich war innerlich nie ein Mann, habe mich bloß der Gesellschaft so präsentiert, wie es von mir erwartet wurde" - das ist eigentlich klar, sonst hätte er keine Konsequenzen gezogen.
Er? :D
Das zeigt, wie Schwierig es ist, die Thematik zu erfassen: War sie vor der Entscheidung ein 'Er' oder schon 'Sie'?


Ich kenne einige TS, aber keine/r davon ist glücklich, keine hat einen Hetero-Lebenspartner.
Irgendwie erschütternd. Ob es da Statistiken gibt?

"Anfängliche Euphorie und Optimismus" hier den Grund der Euphorie benennen?
So gut wie jede/r schwelgt anfänglich wenn das lang erträumte "Ziel" erreicht ist. Das legt sich bei den meisten wieder, wenn sie in der nüchternen Realität ankommen.
Deine Ausführungen finde ich interessant, hätte auch nicht gedacht, dass sich die Realität so verhält, wie von dir dargestellt. In Bezug zu deinem Text war meine Frage, ob du direkt ansprechen solltest, worin die anfängliche Euphorie besteht. Ist es ein neues Körpergefühl? Die Hoffnung in die entsprechende 'Gender-Group' integriert zu werden? Das Wohlgefühl nicht mehr vor einer Entscheidung zu stehen? Ich denke, nicht jeder ist so nah an der beschriebenen Situation, um gleich entsprechende Assoziationen zu haben.

Das ist in Österreich ein gängiger Begriff.
Ah, okay, deshalb mein Unbehagen bei dem Sound.

Aber wen interessiert das schon?
Das denke ich auch oft. Vielleicht eine Überforderung des Einzelnen mit immer mehr, meist negativen, Informationen aus allen Richtungen. Eine nicht nachlassende Flut.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Hi Woltochinon!

Das Thema interessiert dich offenbar. :)

Das zeigt, wie Schwierig es ist, die Thematik zu erfassen: War sie vor der Entscheidung ein 'Er' oder schon 'Sie'?
In der Selbstwahrnehmung ist jede/r Betroffene - und ich meine damit med. diagnostisch abgesicherte transidente Menschen, keine Travestiekünstler - bereits vor der endgültigen Transition Mann oder Frau. Es ist also nicht so, dass sich Betroffene MzF als Frauen "verkleiden", vielmehr leben sie bis zu ihrem Outing in männlicher Camouflage.

Deine Ausführungen finde ich interessant, hätte auch nicht gedacht, dass sich die Realität so verhält, wie von dir dargestellt. In Bezug zu deinem Text war meine Frage, ob du direkt ansprechen solltest, worin die anfängliche Euphorie besteht. Ist es ein neues Körpergefühl? Die Hoffnung in die entsprechende 'Gender-Group' integriert zu werden? Das Wohlgefühl nicht mehr vor einer Entscheidung zu stehen? Ich denke, nicht jeder ist so nah an der beschriebenen Situation, um gleich entsprechende Assoziationen zu haben.
Fettmarkiertes: Ja und nochmals ja! Die Integration in die entsprechende Gender-Group klappt im Regelfall nur, wenn ideale Bedingungen vorliegen, wie Ga-Op, Körpermaße, Gestik, Optik und Stimmlage. All dies ist für das "Passing" in etwa gleich wichtig. Das Problem ist nur, dass auch Männer die zwei Meter groß sind, einen Körperbau und kantige Gesichter wie kanadische Holzfäller haben, an dieser Geschlechts-Dysphorie leiden. Nicht weniger als "Idealkandidaten", eher mehr, aufgrund der deutlich geringeren Erfolgsaussichten in Hinblick auf gesellschaftliche Akzeptanz. Man nimmt es diesen Bedauernswerten auch weniger ab, als jenen, die gut ins Genderschema passen.
So, und jetzt wird es Zeit, mich informativ zurückzuhalten, bevor uns der Webmaster auf PN und Chatroom verweist. :cool:

Lieben Gruß,
Manuela :)

 

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