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Thema des Monats Und du gehst dich amüsieren?

Team-Bossy a.D.
Seniors
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23.02.2005
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Und du gehst dich amüsieren?

Tanzen, bis die Füße in den schmalen Sonntagsschuhen wehtun. Ein Glas Wein oder auch zwei. Ein Bursche, der sie im Kreise dreht, bis ihr schwindelig wird. Und sie würde lachen, weil es ihr so gut täte.
„Ich habe nichts anzuziehen.“
Ilse witterte Morgenluft und zog einige Haarnadeln aus Marlies' Dutt. „Ach komm, Schwesterchen, wenn du deine Haare offen lässt, sieht keiner, dass dein Sonntagskleid schon ein paar Jahre alt ist.“
Marlies setzte sich auf die Bettkante und ließ sich ins Federbett fallen.
„Ach, ich weiß nicht.“
Ilse legte sich neben sie und strich ihr eine Strähne hinters Ohr. „Edwin würde dir doch nicht den Kopf abreißen, wenn du am Winzerfest zum Tanzen gehst. Du kannst doch nicht jahrelang nur daheim sitzen und auf ihn warten.“
Marlies sah an die Decke, ohne weiter zu blinzeln. Irgendwann kamen die Bilder wie aus dem Nichts. Heute sah sie mehrere Köpfe, die im Gespräch zusammensteckten.
„Die reden dann über mich.“
„Die sollen dir den Buckel runterrutschen.“ Eine brüllende Kuh ließ Ilse hochspringen. Sie knöpfte ihre Arbeitsschürze auf und band sie neu zurecht. „Ich mach' heute mit Vater den Stall und kümmere mich noch schnell ums heiße Wasser. Du hast Zeit, dir noch die Haare zu waschen. Und hörst du, rubbel' nicht zu viel drin herum, damit die Locken schön bleiben.“

Edwin hätte etwas dagegen, wenn sie mit anderen Männern tanzen würde. Es war beim letzten Fest, das sie gemeinsam erlebten, als er mit ihr über die Bretter flog und ihr dabei ins Ohr flüsterte, dass ja kein anderer so nah an sie herankommen und in ihre blauen Augen blicken solle, wie er es gerade täte. Dabei streiften seine Lippen den Hals leicht unterhalb vom Ohr und sie hielt sofort die Luft an in der Hoffnung, dass diese Berührung damit auch bliebe. „Du bist der wichtigste Mensch für mich, Edwin. Also fast. Die Ilse noch, aber sonst keiner.“
„Und du bist meine Marlies.“ Edwin presste sie ganz nah an sich. Unter dem Vorwand eines kleinen Kusses schlich er mit der Zunge an ihre heran.
„Edwin, hier unter den Leuten!“
„Wart' erst mal ab, bis wir alleine sind.“
Einige Sekunden dachte sie an das drohende Ende seines Heimaturlaubes und ärgerte sich darüber, dass sie den Abend nicht aus vollem Herzen genießen konnte.
"Wir sollten noch heiraten, bevor ich fahre."
"Übers Heiraten haben wir noch nie gesprochen."
"Ich war auch noch nie im Krieg."
Vier Tage später fand die Hochzeit statt. Standesamtlich getraut mit ihrem Sonntagskleid, ohne kirchlichen Segen, war sie in wenigen Minuten Edwins Frau. Der Fotograf im Nebenraum machte ein gutes Geschäft mit den Paaren, die er wie am Fließband ablichtete.

Marlies hängte das eingerahmte Hochzeitsbild von der Wohnzimmerwand ab und legte es auf den Schoß. „Wenn ich nur wüsste, dass du noch lebst.“ Er wirkte in seiner Ausgehuniform wie ein Fremder. Lieber hätte sie ihn in einem Anzug gesehen. Trotzdem mochte sie das Bild. Das musste an dem kaum merklichen Lächeln liegen, dass er dem Fotografen gönnte. Groß stand er neben ihr, seinen linken Arm unbeholfen um ihre Schulter gelegt. Marlies küsste zart seinen Kopf. Das Glas war kalt. Mit ihrem Taschentuch polierte sie den Abdruck, bis er verschwunden war. „Ich kann nichts für diesen Krieg. Entschuldige, wenn ich jetzt zum Feiern gehe.“
Ihr Vater saß am Küchentisch vor seinem Vesper. „Marlies, halt' dich zurück, wenn du ins Dorf gehst.“
„Dir täte etwas Abwechslung auch mal gut, Vater.“
„Ich weiß jedenfalls, wie ich mich als Witwer zu verhalten habe!“
„Hör doch auf, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich bin weder Witwe, noch jetzt grade wirklich eine Ehefrau, noch schau ich anderen hinterher. Ich bin grade … ja, was bin ich denn? Gönn' mir doch das Fest.“
„Du weißt nicht, was dein Mann durchmacht und gehst dich amüsieren?“
Ilse dirigierte Marlies an den Schultern zur Tür. „Komm, lass ihn. Es hat keinen Wert.“

Es war das zweite Winzerfest nach den langen Jahren im Krieg. Marlies' Haar war frisch gewaschen, die braunen Locken wippten bei jedem Schritt. Ihr altes Kleid leuchtete in einem frischen Blau, das ihre Augenfarbe betonte. Der linke Schuh scheuerte am Knöchel, was ihr egal war. Die Musik hatten sie schon von Weitem gehört. Der Dorfplatz im Nachbarort war hell erleuchtet. Als sie bei den ersten Tischen ankamen, hatten die Bläser und Trommler mit ihrer Lautstärke so zugelegt, dass Marlies sehr nahe an das Ohr von Ilse herankommen musste. „Wird nicht einfach, einen Platz zu finden.“
In der Mitte war extra für diesen Abend der Tanzboden aufgebaut worden. Birkenzweige waren um das Geländer gebunden, Kinder klemmten sich wie Äffchen um die Latten und schauten den Tanzenden zu. Auf der einen Seite saßen die Musiker durch ein Podest etwas erhöht.
Rund um den Tanzboden waren die Dorfbewohner an Biertischen verteilt und genossen Festbier oder Limonade. Von einer übermütigen Gruppe wurden die Schwestern angerempelt und nach vorne geschubst. Marlies sog tief die Luft ein. „Ilse, riechst du das? Grillwürste! Wie lange habe ich schon keine mehr gegessen!“
Schallendes Gelächter über einen Witz auf der einen Seite, auf der anderen schien jemand nach ihr zu rufen. Sie drehte sich um.
„Marlies, das freut mich, dass du hier bist!“ Martin strahlte sie an.
„Ja, ich dachte …“, fing Marlies an zu erklären. Ilse lächelte in sich hinein und verschwand im Getümmel.
„Ich hab' dich schon lange nicht mehr gesehen, außer bei den Gottesdiensten.“
„Ach Martin, ich weiß grade nicht, was ich bei Festen soll. Ich bin ja grade nicht Fisch, nicht Fleisch.“
„Da hast du recht. Du bist einfach eine wunderhübsche junge Frau.“ Martin führte sie ohne Aufforderung auf die Tanzfläche, während er schon den Takt mit Daumen und Mittelfinger schnippte. Dem Musikverein fehlten viele Spieler. Die einzelne Instrumentengruppen bestanden fast nur aus ein bis zwei Musikanten, das Flügelhorn fehlte komplett. Sie versuchten sich an einem Walzer.
„Bin ich glücklich, wieder Musik zu hören. Ist das nicht grandios?“ Martin war mit den Lippen an ihrem Ohr. „Und das mit dir.“
Sie musste ihren Kopf leicht in den Nacken legen, um den Schalk in seinen Augen aufzufangen.
Ihre linke Hand lag auf seinem Oberarm. Durch das Hemd hindurch fühlte sie seine Muskeln. Ihre rechte umschloss er mit festem Händedruck. Unentwegt sah er sie an, während er ihre Taille umfasste und sie im Walzertakt führte. Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Wie lange war es her, dass ein Mann sie so im Arm gehalten hatte? Sie tanzten einige Minuten. Kein Wort durchbrach die knisternde Spannung, die sich in ihrem Inneren auflud. Die Härchen ihrer Haut richteten sich auf.
„Mit jeder Runde wird das schöner, Marlies. Ich genieße diesen Augenblick wie keinen anderen in meinem Leben. Und ohne Angst, es könnte einen Bombenalarm geben, das ist so schön.“
Er könnte sie jetzt küssen. Es wäre ihr egal, was die anderen dachten.
In einer Pause zwischen zwei Stücken umfassten ihre Hände seine Unterarme. „Martin, wieso hast du mich nie geküsst, als wir früher zusammen unterwegs waren?“
„Ich hab' mich nie getraut.“
„Schade, ich habe mir das immer gewünscht.“
"Du hättest mich ja auch küssen können.“
„Ich hab' mich auch nie getraut. Und dann kam ja auch Edwin.“
„Ich habe bis heute nicht verstanden, wieso du ihn ausgesucht hast.“
Marlies konnte seinen Gesichtsausdruck nicht richtig deuten. War das ein missglücktes Grinsen oder schaute er traurig drein? „Wahrscheinlich, weil mir Edwin viel deutlicher gezeigt hat, dass er mich will. Du hattest ja dafür Glück im Unglück mit deiner Verletzung.“
„Soll das jetzt ein Trost sein? Ja glaubst du, das ist so einfach, dann daheim zu sein, während deinen Kameraden im Dreck liegen und um ihr Leben bangen müssen?“
„Nein, natürlich nicht. Aber du bist daheim. Für dich geht es weiter. Edwin kommt sicher auch bald.“ Sie starrte auf seinen obersten Hemdknopf.
„Marlies, wirklich? Machst du dir nicht etwas vor? Ich mein es ernst. Schau mal. Jetzt ist der Krieg drei Jahre vorbei und du hast seit – wie lange eigentlich? – nichts von ihm gehört. Wie lange willst du warten?“
„Es sind jetzt fast fünf Jahre.“
Martin musste ganz genau hinhören, um Marlies zu verstehen.
„Ich warte, bis er zurückkommt oder ich erfahre, dass er gefallen ist. Das ist die eine Wahrheit. Die andere ist, dass ich es nicht mehr aushalte. Ich halte diese Ungewissheit nicht mehr aus. Und ich halte es nicht mehr aus, alleine zu sein.“
Die Musikkapelle setzte zum neuen Stück ein. Marlies' Lippen berührten sein Ohr. „Halt' mich für verrückt, das ist mir egal. Ich möchte mit dir irgendwo anders hin.“
Er nickte, ließ sie los, als wollte er nicht mehr mit ihr tanzen, nahm sie leicht an der Hüfte und dirigierte sie vom Tanzboden in die frisch gemähte Wiese. Martin löste sich von ihr und ging alleine zielstrebig aus dem Licht. Sie schlenderte durch die Reihen von Biertischen, sprach im Vorbeigehen noch ein paar Worte mit einer alten Schulkameradin und steuerte auf die Schule zu, in der die Aborte waren. Kurz davor drehte sie ab und suchte Martin im Dunkel der Nebenstraße.

Ein Pfiff zeigte ihr die Richtung an. Martin saß auf der Treppe zur Laderampe vom Milchhaus. „Marlies?“
„Ja!“
„Ich bin ungefähr in der Mitte der Treppe. Ich wusste, dass du mich findest. Komm hoch.“
Diese tiefe Stimme, der sie stundenlang zuhören konnte.
„Ach, hier sind deine Knie. Ich seh' wirklich nichts, Martin. Mach mal deine Beine zusammen.“
„Ist so recht?“ Sie raffte das schmal geschnittene Kleid die Hüften hinauf und setzte sich rittlings auf ihn. Er zog sie nahe an seinen Schoß. „Du trägst ja gar keine Strümpfe.“ Marlies spürte sein Zittern. Die Hände auf ihren Schenkeln fühlten sich schwielig an, auch wenn er zaghaft darüber strich.
Seine Lippen berührten ihre ganz leicht. Ein behutsamer Kuss. Der Atem blies warm über die Haut. Marlies schöpfte tief Luft und stieß sie mit einem kehligen Laut hinaus.
„Mehr.“
„Bist du sicher?“
„Frag' nicht, mach!“
Martin hielt sie an den Schultern fest, damit sie loslassen konnte. Sie roch Bier und Zigarettenrauch vermischt mit Kernseife; eine Mischung, die sie mit einem Lächeln in sich einsog. Ihre Küsse waren ein Suchen, Ankommen und Finden. Sie umschlang seinen Hals und zog ihn an ihre Brust.
Aus der Geräuschkulisse des Festplatzes lösten sich Stimmen, die immer lauter wurden.
Martin spürte, wie sich Marlies anspannte.
„Wir müssen weg“, wisperte sie in sein Ohr.
„Oder uns ganz still verhalten?“
„Gut, dann lassen wir sie vorbeiziehen.“
Mehrere angeheiterte Burschen passierten das Milchhaus.
„Bummbumm, bummbumm … das klopft ganz schön schnell“, flüsterte Martin, nachdem sich die Gruppe weit genug entfernt hatte.
„Im Moment klopfen zwei Herzen in meiner Brust. Martin, was mach' ich bloß für Dummheiten? Wenn mich meine Mutter von oben so sehen kann, schäm' ich mich.“
„Vielleicht sollten wir wieder zurück, bevor deiner Schwester auffällt, dass du nirgends zu sehen bist?“
„Hast recht, mir ist das hier auch nicht richtig wohl, so schön es auch mit dir ist. Lass' uns wieder tanzen gehen.“
„Wann können wir uns wiedersehen, Marlies?“
„Vielleicht … Montag muss ich die Rüben hacken, die am oberen Feld. Nach dem Stall bin ich da und geh' zum Kochen wieder heim. Da würde es gehen.“
„Und Ilse?“
„Waschtag.“
„Du bringst mich so durcheinander, dass ich da nicht dran gedacht habe. Marlies?“
„Ja?“
„Mach dir keine Vorwürfe. Was wir tun, ist nicht falsch.“
„Wenn ich dir das nur einfach so glauben könnte, Martin. Aber du tust mir so gut.“
Sie küsste ihn lange auf seine Lippen. „Ich werde den ganzen Tag an dich denken und das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Hoffentlich merkt Ilse das nicht.“

Die Kirchenuhr schlug gerade einmal, als Ilse und Marlies den Heimweg antraten. Der Mond war mittlerweile aufgegangen und gab ein fahles Licht ab. „Du hast ja oft mit Martin getanzt, Schwesterherz.“
„Ja und? Du dafür mit Arthur.“
„Stimmt. Stell' dir vor, er will mich nächsten Samstag zur Kirmes in die Stadt mitnehmen!“
„Ilse, wie schön!“
Ihr Knöchel tat weh. Kein Wunder, da war eine aufgescheuerte Blase.
„Will Martin was von dir?“
Marlies gab keine Antwort.
„Ist da was?“
„Nein … ja.“
„Ja – was jetzt?“
„Ich … wir … es darf doch nicht sein.“
„Marlies ...“ Ilse holte hörbar Luft. „Sag mal, was machst du denn, wenn Edwin einfach vermisst bleibt? Wie lange willst du denn noch warten?“
„Es kommen doch immer wieder welche heim. Erst Gerhard, vor ein paar Wochen Friedrich. Aber … ach Ilse, es ist so schwer.“
Marlies blieb stehen und klammerte sich an sie. Die zwei Gläser Wein taten ihr Übriges. Marlies schluchzte auf und fing an zu weinen. Ilse hielt ihre Schwester im Arm, die vor Heulen zitterte und zwischen den Schluchzern die Nase hochzog. „Jetzt putz' dir mal die Nase, du Arme.“
„Ich will jetzt endlich wissen, was mit Edwin ist. Was ist das denn für ein Leben? Und jetzt noch Martin. Den mag ich auch. Was soll ich denn machen? Ich halte das nicht mehr aus!“

Marlies hatte zwei Reihen Rüben von Unkraut befreit, als sie den Pfiff hörte. Sofort begann ihr Herz zu klopfen. Den ganzen Sonntag hindurch war nur Martin in ihrem Kopf herumgespukt und ihr Schoß zog sich dabei nicht nur einmal zusammen, als sie an seine Küsse dachte. Wie hatte sie diesen Moment herbeigesehnt. Sie wollte Martin wieder spüren. Ihn riechen. Er soll sie wieder in den Arm nehmen und ganz fest drücken.
„Marlies ... endlich.“ Martin stand strahlend vor ihr und umfasste vorsichtig ihre Wangen. „Es ist weit und breit niemand, keine Angst.“ Viele kleine Küsse verteilte er über ihr ganzes Gesicht, während Marlies' Lächeln immer breiter wurde.
„Bevor jemand kommt, muss ich dir unbedingt sagen, dass ich dich liebe. Ich weiß, dass das für dich eine unmögliche Situation ist, aber es muss raus.“
„Martin, ich darf es doch eigentlich nicht einmal denken. Aber mir geht es genauso mit dir.“
Er fasste ihre Hände, die braun vor Erde waren und drückte sie an sein Herz. „Und jetzt?“
„Ich weiß es nicht, Martin. Edwin kann noch leben und hatte einfach keine Möglichkeit, sich zu melden.“
„Edwin kann auch tot sein, Marlies.“
„Weißt du es?“
„Nein.“
„Marlies, versuch mal kurz, Edwin zu vergessen. Nur kurz. Liebst du mich?“
„Ich glaube ...“
„Nicht glauben!“ Martin wurde lauter. „Liebst du mich?“
„Ja.“
„Gut.“ Er nahm Marlies in die Arme. Es wäre ihm egal gewesen, wenn ihn jemand beobachtet hätte.
Sie wand sich nach kurzer Zeit aus seiner Umarmung.
„Was verlangst du von mir? Gehst du aus meinem Leben, wenn Edwin zurückkommt und hoffst somit, dass er tot ist? Oder muss ich mich für einen entscheiden, wenn Edwin zurückkommt?“
Marlies packte ihn an den Schultern.
„Martin, das ist doch alles Wahnsinn!“
„Vielleicht verstehst du dich ja auch gar nicht mehr mit Edwin, wenn er zurückkommt?“
„Wenn, wenn, wenn ...“ Marlies Stimme überschlug sich. „Lass' mir Zeit.“
„Ja. Die kannst du haben.“

„Nach der Christmette können wir uns kurz hinter der Friedhofsmauer sehen.“Martin hielt den Zettel, den sie ihm nach dem Gottesdienst beim Herausgehen aus der Kirche in die Hand gedrückt hatte, mit einem Lächeln in der Hand. Seit einem Vierteljahr sahen sich die beiden regelmäßig. Heimlich. Schnee knarzte unter seinen Stiefeln, als er hinter der Mauer auf sie wartete. Beim Aufstehen galten seine ersten Gedanken ihr. Beim Zubettgehen, wenn er noch Hand an sich legte, sowieso. Marlies war allgegenwärtig. Er hatte sie bisher nie bedrängt, sich zu entscheiden. Sie kam, vermummt in ihrem dicken gestrickten Schal, auf ihn zu.
„Frohe Weihnachten, Martin.“
„Marlies, ich wäre froh, wenn ich dir das unter einem Baum wünschen könnte und nicht versteckt hinter einer Mauer. Das muss jetzt aufhören, meine Geduld ist am Ende.“
„Martin, was verlangst du von mir?“
„Da muss ich ja lachen. Marlies, was verlangst du von mir? Ich könnte mir eine Frau suchen, mit der ich frank und frei auf der Straße spazieren gehen könnte. Die könnte ich küssen und alle könnten zuschauen. Mit dir versteck' ich mich im Wald, in eurem Heuschober, hier hinter der Friedhofsmauer. Das ist doch keine Zukunft!“
„Ich will dich. Aber du weißt, was ich für Kämpfe haben werde. Vater. Die anderen. Alle.“
„Ich helfe dir, soweit ich kann. Ich möchte mit dir leben. Ich möchte, dass du meine Frau wirst.“
„Also gut, Martin, irgendwann muss ich da durch. Ich lade dich morgen offiziell zum Weihnachtsessen ein. Vater werde ich dann von uns erzählen. Kommst du um zwölf?“
„Danke, du machst mir damit das größte Weihnachtsgeschenk, was ich je bekommen habe.“

„Ilse, Martin möchte, dass ich mit dem Theater aufhöre. Ich versteh' es ja, ich fühle mich bei der Heimlichtuerei auch nicht wohl. Ich habe ihn morgen zum Essen eingeladen“
„Oje, Marlies, das wird Vater nicht gefallen. Muss das grade jetzt an Weihnachten sein?“
„Dafür gibt es nie einen guten Zeitpunkt.“
„Liebst du Martin so, dass du alle Konsequenzen mittragen kannst?“
„Was meinst du damit?“
„Wenn Edwin kommen würde – bist du dir dann sicher, zu wem du stehst?“
„Wenn du mich so im Moment fragst, entscheide ich mich für Martin. Aber wenn Edwin tatsächlich vor mir stehen würde ...“ Marlies sah Ilse lange an, zog dabei die Schultern hoch und ließ sie in einem Ruck wieder fallen.

Am zweiten Weihnachtstag kamen ohne Unterlass dicke Schneeflocken aus dem Himmel und jeder, der nicht aus dem Haus musste, war dankbar dafür. Die Schwestern hantierten in der dampfenden Küche, Martin saß dem Alten in der guten Stube gegenüber. Sie warteten am gedeckten Tisch auf das Festessen.
„Martin, du weißt, dass ich nichts davon halte, wenn sich Marlies mit anderen Männern trifft.“
„Aber das ist doch Marlies' Entscheidung. Wie lange muss sie denn Eurer Ansicht noch warten, damit es in Ordnung ist?“
„Bis sie Bescheid weiß.“
„Wir alle wissen, dass das Jahre gehen kann, bis vermisste Soldaten für tot erklärt werden.“
„So, du gehst also davon aus, dass Edwin tot ist?“ Der Alte stemmte sich den Tisch hoch und lehnte sich zu Martin. „Hauptsache, du bist daheim, was?“
Marlies kam eilig in die Stube gerannt. „Vater, jetzt mach' doch dem Martin keine Vorwürfe. Keiner wollte den Krieg. Wir müssen mit dem, was er aus uns gemacht hat, leben.“
„Edwin ist dein Mann.“
„Ja, Vater. Aber wo ist er denn? Sag's mir doch! Keiner weiß doch was. Und hier ist einer“, und bei diesen Worten nahm sie die Hand von Martin, „den ich anfassen und mit dem ich reden kann. Jetzt setzt euch wieder hin, ich bringe mal einen Schnaps zur Beruhigung.“
„Ich will mich gar nicht beruhigen.“
„Soll ich gehen?“ Martin erhob sich und sah den Alten an.
„Nein, bleib, sonst machen mir die Weiber die Hölle heiß.“
Er packte seine Pfeife und den Tabaksbeutel aus und schenkte dem Stopfen seine ganze Aufmerksamkeit.
Ilse und Marlies waren gerade dabei, den Weihnachtsbraten am Tisch aufzuschneiden, als es an die Tür klopfte.

 
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Am hessischen Grenzbahnhof Herleshausen wurden am 16.Januar 1956 die letzten aus sowjetischen Lagern heimkehrenden Kriegsgefangenen in Empfang genommen.
Als „Spätheimkehrer“ werden vom Gesetzgeber alle ehemaligen Kriegsgefangenen bezeichnet, die nach dem 31. Dezember 1946 entlassen wurden.
Inspiriert wurde ich durch meine Tante Hanna, die in diesem Jahr 93-jährig starb. Beim Revue passieren ihrer Vita wurde mir zum ersten Mal wirklich richtig bewusst, dass sie mehrere Jahre vergebens auf ihren im Krieg verschollenen Mann wartete.

 

Hallo bernadette,

ich habe Deine Geschichte gerne gelesen. Da habe ich nichts zu meckern. Nur am Rande:

Als mein Vater und mein Patenonkel als (frühe) Spätheimkehrer aus der Gefangenschaft zurückkamen, hatte die Ehefrau meines Patenonkels erneut geheiratet, weil er als gefallen gemeldet worden war. Sie hatte auch ein Kind aus dieser zweiten Ehe. Die Ehe wurde dann ohne Probleme aufgehoben, und mein Patenonkel führte mit seiner Frau und ihrer Tochter viele Jahre eine glückliche Familienbeziehung. Ich erzähle das vor allem, weil dieses Problem, das Du ja gut herausarbeitest im letzten Weltkrieg noch eine große Rolle gespielt hat. Bei all den Auseinandersetzungen heutiger Tage gibt es wenig Kriegsgefangene und kaum welche, über deren Schicksal man nichts weiß. Ich habe mich gefreut,, dass Du dieses Thema aufgegriffen hast.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo bernadette,

ich lese gerade mit großem Interesse deine Geschichte. Aber das braucht natürlich Zeit.
Mir ist nur eine Kleingikeit aufgefallen. Vielleicht kannst du das korrigieren:

„Da ist ja überall Haut. Keine Strumpfhose, nur Haut.

Strumpfhosen sind eine Errungenschaft der Sechziger:
http://www.ratgeber-und-hilfe.de/bekleidung-strumpfhose-geschichte/

Das vorweg, später mehr. Die Idee gefällt mir sehr.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Mir gefällt die Idee auch total gut. Toll, dass du mal wieder eine Geschichte schreibst. Das ist wie Weihnachten und Neujahr zusammen. TdM eben. :)

Bevor ich mehr schreibe, ganz schnell nur:

Marlies blieb stehen und klammerte sich an sie. Die zwei Gläser Wein taten ihr Übriges. Marlies schluchzte auf und fing an zu weinen. Inge hielt ihre Schwester im Arm, die sich vor Heulen schüttelte und immer wieder die Nase hochzog.
„Jetzt putz' dir mal die Nase, du Arme.“
Muss Ilse heißen - oder?

 

Die Ehe wurde dann ohne Probleme aufgehoben, und mein Patenonkel führte mit seiner Frau und ihrer Tochter viele Jahre eine glückliche Familienbeziehung.

Lieber Jobär,
danke für die kleine Familiengeschichte. Mein Protagonist Martin wäre dann vielleicht auch so ein Zwischenmann geworden, wer weiß. Wie musste es wohl dem gehen, der deinem Patenonkel wieder Platz gemacht hat? Boah, das will ich mir gar nicht vorstellen müssen. (Oder gab es eine schöne Dreierbeziehung?)

Liebe barnhelm,

vielen Dank für die Korrektur meiner fehlenden Recherche. Dabei sehe ich noch in den 70-ern meine Tante mit Corsage und Strumpfbändern rumhantieren :)

... und der Novak danke für die Inge-Ilse.

Liebe Grüße an euch drei
bernadette

 

Der sprachliche Stil passt zur zeitlichen Einordnung, schön zu sehen z.B. an Formulierungen wie

Den ganzen Sonntag hindurch war nur Martin in ihrem Kopf und ihr Schoß zog sich nicht nur einmal zusammen, als sie an seine Küsse dachte.
oder auch einzelnen Wörtern wie z.B. "Burschen", welche ich zumindest in meiner noch nicht ganz so ausgedehnten Lebenszeit im Sprachgebrauch noch(?) nicht untergekommen sind.

Sehr angenehm fand ich auch, dass bis auf die elementaren Figuren der Geschichte alle anderen namenlos bleiben, mein Namensgedächtnis ist über so etwas immer hocherfreut.

Als letztes ist mir noch aufgefallen, wie du durch die Sprache, vor allem beim Beschreiben von Situationen (z.B. der Hochzeit) die Gefühlslage der beteiligten Personen zu vermitteln vermagst.

So weit, so gut. Das sind die Dinge, die mir gerade zu der Geschichte im Kopf rumgehen.

 
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Liebe Bernadette,

ich bin echt gerührt. Das ist eine schlimme Vorstellung. Jemand, den man liebt, muss in den Krieg ziehen. Dann ist der Krieg vorbei, man bekommt immer wieder mit, dass es Heimkehrer gibt, aber der eigene Mann ist nie dabei. Das hat mich schon getroffen. Dieses Gefühl, nicht mehr warten zu können und zu wollen und die gleichzeitig eintretenden Gewissensbisse, weil man sich denkt, man darf den anderen doch nicht aufgeben. Ich konnte mir durch deine Geschichte gut vorstellen, wie einen das innerlich zerreißen muss.

Hier war ich kurz verwirrt:

Ich kann nichts dafür, dass wir Krieg haben. Entschuldige, wenn ich jetzt zum Feiern gehe.

Ihr Vater saß am roh gezimmerten Küchentisch vor einer Suppe.
„Marlies, halt' dich zurück, wenn du ins Dorf gehst.“
„Dir täte etwas Abwechslung auch mal gut, Vater.“
„Ich weiß, wie sich ein Witwer zu verhalten hat!“
„Hör doch auf, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich bin weder Witwe, noch jetzt grade wirklich eine Ehefrau, noch schau ich anderen hinterher. Ich bin grade … ja, was bin ich denn? Gönn' mir doch das Fest.“
„Du weißt nicht, was dein Mann durchmacht und gehst dich amüsieren?“
Ilse dirigierte Marlies an den Schultern zur Tür.
„Komm, lass ihn. Es hat keinen Wert.“

Einmal, weil da steht "wir haben Krieg". Später wird aber erwähnt, dass der Krieg bereits vorbei ist ...? Zum zweiten, weil mich der Absatz nach dem ersten Satz verwirrt hat. Warum nicht in einem Block?

Mir ist aufgefallen, dass du immer eine neue Zeile beginnst, wenn jemand spricht. Und dann wieder eine neue Zeile für Text. Manchmal spricht aber jemand, dann wird Text eingeschoben, und derjenige spricht weiter. In diesen Fällen fände ich es ein wenig übersichtlicher, wenn du das Gesprochene dann einfach weiterfließen lässt, also in der gleichen Zeile. Z.B. so:
„Marlies … sofort.“ Er kam ihren Lippen etwas näher.

Manchmal machst du es dann auch genau so:

„Marlies ...“, Ilse holte hörbar Luft, „sag mal, was machst du denn, wenn Edwin einfach vermisst bleibt? Wie lange willst du denn noch warten?“
Das fließt viel schöner, als wenn du jeden Satzteil in einzelne Zeilen packst.

Ansonsten bin ich nur hier gestolpert:

„Da ist ja überall Haut. Keine Strümpfe, nur Haut. Mir fährt es kalt den Rücken runter.“ Seine Hände waren trocken und rau von der Arbeit auf dem Hof. Ein leises Schleifen war zu hören, als Martin vorsichtig Marlies Schenkel rieb.
"Mir fährt es kalt den Rücken runter" klingt eher nach etwas Unangenehmen. Generell klingt das, was er hier sagt, ein bisschen gestelzt, finde ich. Würde "Du trägst ja gar keine Strümpfe!" nicht reichen? Und "Schleifen" finde ich als Geräusch auch eher seltsam, wenn jemand dem anderen die Schenkel reibt. Ich könnte jetzt aber tatsächlich keinen besseren Vorschlag liefern, sondern diese Szene vielleicht generell ein wenig umbauen. Aber ist nur meine bescheidene Meinung :shy:

Thematisch fand ich deine Geschichte richtig berührend und habe sie gerne gelesen. Ich kann nicht einmal sagen, was ich für Marlies hoffe, weil es so viele Möglichkeiten gibt, wie die Geschichte für sie ausgehen könnte. Doch! Ich hoffe, dass sie nicht ihr ganzes Leben lang wartet ...

Liebe Grüße
RinaWu

 
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Liebe bernadette,

wie schon gesagt, mir gefällt die Thematik deiner Geschichte – und auch die Art deines Schreibstils. Du versetzt den Leser zurück in die Nachkriegszeit, stellst die ländliche Welt mit ihrer Idylle auf der einen und ihrer geistigen Enge auf der anderen Seite dar. Und du zeigst auch, wie die Menschen sich allmählich rückbesinnen auf das, was schön sein kann an ihrem Leben. Das ist dir gut gelungen.

Beim Lesen hatte ich allerdings das Gefühl, dass mir die Vorgeschichte, besonders der Teil, in dem es um die Beziehung zu Edwin geht, zu lang und zu ausführlich wurde. Ich erfahre als Leser dabei nicht, wie stark die Bindung der beiden wirklich ist. Auch Marlies innerer Konflikt kommt mir ein wenig zu kurz. Einen anderen Konflikt gibt es ja nicht: Marlies akzeptiert ihre Situation und wartet weiter auf Edwin und Martin fügt sich in sein Schicksal, mit dem Hauch einer Hoffnung.

Ich hätte mir vielleicht gewünscht, dass die Zerrissenheit Marlies zwischen ihrem Gebundensein an Edwin und ihrer Verliebtheit in Martin etwas stärker dramatisiert und thematisiert worden wäre. Denn das war ja das eigentliche Problem dieser jungen Frauen: Sie fühlten sich gebunden, waren aber zu jung, um nicht auch eine Sehnsucht nach Liebe und Sex zu verspüren. So gerieten sie unweigerlich in diesen Konflikt. Viele Filme und Bücher nehmen ja genau diese Thematik auf.

Fazit: Was dir wirklich gut gelungen ist, scheint mir die Beschreibung des ländlichen Rahmens in dieser Zeit und auch die Darstellung der Denkart der Menschen. Darauf bezieht sich ja der Titel deiner Geschichte. Auch die Beziehung der beiden beschreibst du sehr anschaulich und nachvollziehbar.
Weniger gut finde ich, dass der doch bestehende innere Konflikt Marlies nicht wirklich zum Thema wird. Denn du zeichnest mMn Marlies nur von außen, zeigst nicht ihre Gedanken und Gefühle. So bleibt sie eine den Konventionen verbundene Frau, die einen Fehltritt macht (um in der Diktion der Zeit zu bleiben), liebenswert und lebendig, aber ohne Tiefe. Ich hätte mir bei allen Personen ein paar Kanten und Ecken mehr gewünscht. Doch das geht u.U. nur mit so.

Unterm Strich habe ich deine Geschichte gerne gelesen und halte sie für eine runde Sache.

Liebe Grüße
barnhelm

 
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Hi Morre, du Bursche :D,

da sieht man mal, wie sich so Begriffe aus dem Alltagswortschatz schleichen und es wird einem gar nicht bewusst, bis einer mal sagt, er kenne den Begriff gar nicht.

Sehr angenehm fand ich auch, dass bis auf die elementaren Figuren der Geschichte alle anderen namenlos bleiben, mein Namensgedächtnis ist über so etwas immer hocherfreut.

du meinst dein nicht vorhandenes Namensgedächtnis? ;)

Als letztes ist mir noch aufgefallen, wie du durch die Sprache, vor allem beim Beschreiben von Situationen (z.B. der Hochzeit) die Gefühlslage der beteiligten Personen zu vermitteln vermagst.
Danke, dass ist ja ein schönes Lob.


Liebe RinaWu,

ich bin echt gerührt.
Hab ich dich erreichen können? Sehr schön.
Ich konnte mir durch deine Geschichte gut vorstellen, wie einen das innerlich zerreißen muss.
Das war mein Fokus. Das freut mich, wenn du das so sagst.

Hier war ich kurz verwirrt:
Einmal, weil da steht "wir haben Krieg". Später wird aber erwähnt, dass der Krieg bereits vorbei ist ...?
Entschuldige, mein Fehler. Habs gleich verbessert.

Mir ist aufgefallen, dass du immer eine neue Zeile beginnst, wenn jemand spricht. Und dann wieder eine neue Zeile für Text. Manchmal spricht aber jemand, dann wird Text eingeschoben, und derjenige spricht weiter. In diesen Fällen fände ich es ein wenig übersichtlicher, wenn du das Gesprochene dann einfach weiterfließen lässt, also in der gleichen Zeile.

Vielen, vielen Dank für diesen Hinweis. Ich habe jetzt einige Absätze zusammengezogen und Sätze hinter wörtlicher Rede anfangen lassen. Das ist wirklich viel ruhiger, auch im Gesamten.


Ansonsten bin ich nur hier gestolpert: "Mir fährt es kalt den Rücken runter" klingt eher nach etwas Unangenehmen.
Jetzt bekommt Martin Gänsehaut.
Würde "Du trägst ja gar keine Strümpfe!" nicht reichen?
Natürlich. Gekauft.

Und "Schleifen" finde ich als Geräusch auch eher seltsam, wenn jemand dem anderen die Schenkel reibt.
Ich habe mir sicher insgesamt eine halbe Stunde lang selber über den Arm gestrichen und mir überlegt, wie man so ein Geräusch beschreiben kann, bei einer rauen Hand ist es ja noch etwas anders. Im Moment habe ich Sirren draus gemacht, mal sehen, ob sich da noch was ändert ;).

Thematisch fand ich deine Geschichte richtig berührend und habe sie gerne gelesen.
Danke, das lese ich gerne.
Ich kann nicht einmal sagen, was ich für Marlies hoffe, weil es so viele Möglichkeiten gibt, wie die Geschichte für sie ausgehen könnte.
Ja, aber egal wie, nie 100% gut. Ein Dilemma.

Doch! Ich hoffe, dass sie nicht ihr ganzes Leben lang wartet ...
Ja, das ist ihr zu wünschen.

Vielen Dank für die konstruktive Kritik, die ich in allen Punkten verwertet habe.

Liebe Barnhelm,

es geht in deinen Worten eigentlich immer um Marlies - irgendwie blieb dir die Ilse im Kopf. Ich habe aus der Ilse auch schon eine Inge gemacht - die alten Namen haben es wohl in sich :D


wie schon gesagt, mir gefällt die Thematik deiner Geschichte – und auch die Art deines Schreibstils. Du versetzt den Leser zurück in die Nachkriegszeit, stellst die ländliche Welt mit ihrer Idylle auf der einen und ihrer geistigen Enge auf der anderen Seite dar. Und du zeigst auch, wie die Menschen sich allmählich rückbesinnen auf das, was schön sein kann an ihrem Leben. Das ist dir gut gelungen.
Danke für diese Einschätzung.

Beim Lesen hatte ich allerdings das Gefühl, dass mir die Vorgeschichte, besonders der Teil, in dem es um die Beziehung zu Edwin geht, zu lang und zu ausführlich wurde.
Ich wollte Edwin genug präsent werden lassen, damit man in ihm nicht nur den Soldaten in der Ferne sieht. Vielleicht war ich in der Gewichtung etwas zu einseitig.

Zu folgenden drei Aussagen möchte ich übergreifend antworten:

Ich erfahre als Leser dabei nicht, wie stark die Bindung der beiden wirklich ist.

Ich hätte mir vielleicht gewünscht, dass die Zerrissenheit Ilses (Marlies) zwischen ihrem Gebundensein an Edwin und ihrer Verliebtheit in Martin etwas stärker dramatisiert und thematisiert worden wäre.

Weniger gut finde ich, dass der doch bestehende innere Konflikt Ilses (Marlies) nicht wirklich zum Thema wird. Denn du zeichnest mMn Ilse (Marlies) nur von außen, zeigst nicht ihre Gedanken und Gefühle. So bleibt sie eine den Konventionen verbundene Frau, die einen Fehltritt macht (um in der Diktion der Zeit zu bleiben), liebenswert und lebendig, aber ohne Tiefe. Ich hätte mir bei allen Personen ein paar Kanten und Ecken mehr gewünscht. Doch das geht u.U. nur mit so.

Das hier sind Anmerkungen, die die Geschichte um einiges ändern würde. Ich möchte abwarten, ob diesbezüglich noch andere Resonanz kommt. Nachvollziehen kann ich deine Argumente gut.

Unterm Strich habe ich deine Geschichte gerne gelesen und halte sie für eine runde Sache.
Danke, das ist doch schon was :gelb:

vielen Dank für deine Gedanken zur Geschichte,

liebe Grüße an Alle
bernadette

 

Hallo bernadette,
das war wahrscheinlich Freud: Ich habe Probleme mit einer konkreten Marlies gehabt. Wahrscheinlich deshalb die Verwechslung. Aber du hast es ja schon korrigiert.
Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

So - und jetzt ich wieder.
Also: schöne Idee, tolles Thema und was auch mir sehr gut gefällt, das ist diese ländliche Atmosphäre, die du zielsicher und liebevoll geschildert hast.
Ob du ihren inneren Konflikt stärker ausbauen solltest? Ich hab gelesen, was Barnhelm geschrieben hat, ja, da ist vielleicht was dran, das hab ich mir noch nicht genügend überlegt. Aber weil du jetzt so explizit danach fragst: Ich wäre von mir aus nicht auf die Idee gekommen, dass mir an Marlies was fehlt. Ich denke aber auch nicht, wenn du sie ein bisschen zerrissener zeichnest - zwischen den beiden Männern - dass das jetzt die ganze Geschichte umstülpen würde.

Bei mir ist es einfach was andres, was ich als Kommentarschwerpunkt habe.
Ich finde es holpert sprachlich oft ein bisschen. Ich geh mal durch ein paar Stellen durch.

Zum Anfang generell würd ich sagen, da solltest du die Fülle an Personen ein bisschen leserfreundlicher einführen. Da werden gleich fünf Personen auf einen Schlag genannt. Verdeutliche die doch ein bisschen mehr, zumal zwei davon, die Gisela und ihr Gerhard, ja nur als Veranschaulichung verwendet werden und später nicht mehr auftauchen. Sie haben ja einen Stellenwert, klar, aber man rafft halt nicht gleich, wie das zusammengehört. Vielleicht findest du eine elegante Lösung.

„Soll ich denn so tun, als wäre Edwin tot?“ Marlies sah Ilse mit kleinen Augen an.
„Nein, natürlich nicht. Gerhard ist ja auch erst letzte Woche heimgekommen.“
„Als wenn ich das nicht wüsste.“ Marlies Lippen zuckten kurz, bevor sie darauf biss. Ihre Augen schimmerten.
- mit kleinen Augen: Hmm. Das klingt wie ein Maulwurf. Und nicht nach einer Gefühlsregung, die man ihr ansieht. Vielleicht könnt sie ja die Augen zusammenkneifen?
- bevor sie darauf biss: Das find ich unglücklich formuliert. Denn die Lippen sind in Mehrzahl und "darauf" bezieht sich auf die Lippen, das klingt krumpelig. Dann lieber gleich: Marlies biss sich auf die Lippen. Des und net mehr.

Gisela musste gerade die glücklichste Frau auf der Welt sein: Sie konnte Gerhard in die Arme schließen, ihn drücken, ihn ansehen, ihn riechen, ihn anlachen; nein, sie strahlte sicher. Sie konnte ihn küssen, mit ihm schlafen, in Ruhe und ohne Hektik, die der Fronturlaub damals so mit sich brachte. Und sie hatte ihn für immer wieder zurück. Marlies Lippen wurden schmal.
Wie gesagt würde ich hier die Freundin (was auch immer) Gisela und ihren vermissten Verlobten (was auch immer) ein bisschen mehr verdeutlichen. Die Aufzählung danach, was Gisela mit ihrem Gerhard nun alles tun kann, das war mir ein bisschen viel. Ich würde es bisschen mehr zuspitzen und kürzen, so dass die Steigerung, die du drin hast, deutlicher zum Ausdruck kommt.
- Und sie hatte ihn für immer wieder zurück: Das klingt auch ungelenk. Das liegt glaub an dem wieder, weil das mit immer eine unglückliche Verbindung eingeht. Man könnte den Satz auch aufteilen: Und sie hatte ihn zurück. Für immer.

Ihre Schwester nahm sie in die Arme und drückte sie. „Glaub mir, der Edwin kommt auch bald. Aber er würde dir doch nicht den Kopf abreißen, wenn du am Winzerfest zum Tanzen gehst. Du kannst doch nicht jahrelang nur daheim herumsitzen und auf ihn warten.“
Ich hab manchmal das Gefühl, du traust deiner Beschreibung nicht so richtig und setzt dann immer noch eine Genauigkeit oder eine anschließende Tätigkeit dazu. Ich find zum Beispiel "nahm sie in die Arme" alleine viel stärker. Ist doch klar, dass Ilse sie nicht einen Kilometer von sich entfernt hält, wenn sie ihr so gut zuredet.
Die wörtliche Rede ist hier noch ein bisschen informierend (zum Leser gerichtet). Vielleicht kriegst du das noch eine Spur direkter, ohne Info zu verlieren.

Tanzen, bis die Füße in den schmalen Sonntagsschuhen wehtun. Ein Glas Wein oder auch zwei. Ein Bursche, egal welcher, der sie im Kreise dreht, bis ihr schwindelig wird. Und sie würde lachen, weil es ihr so gut täte. „Ich habe nichts anzuziehen.“ Ilse witterte Land und zog einige Haarnadeln aus Marlies Dutt.
Nach der wörtliche Rede von Marlies würde ich einen Zeilenwechsel machen, denn die Sicht wechselt ja jetzt auf Ilse. Man denkt sonst, Ilse hätte danach gesprochen.

Ilse knöpfte ihre Arbeitsschürze auf und band sie neu zurecht. „Ich mach heute mit Vater den Stall und kümmere mich noch schnell ums Feuer fürs Wasser.
Das klingt doof - ums ... fürs - man braucht diese Genauigkeit ja auch nicht, die bringt dich nur in Teufels Küche. "kümmere mich noch schnell um heißes Wasser" würde wohl auch genügen oder so: "... den Stall und heiz noch schnell den Badeofen an". Dann hast du auch was Altmodisches drin.

Einige Sekunden dachte sie an das drohende Ende seines Heimaturlaubes und ärgerte sich aber sofort darüber, dass sie den Abend nicht aus vollem Herzen genießen konnte.
Bisschen Füllwörter gucken.

Der Fotograf im Nebenraum machte ein gutes Geschäft mit den Aufnahmen am Fließband.
Da ist mir nicht ganz klar, wie du es meinst. Macht er das Geschäft mit den vielen Hochzeiten, die wie am Fließband geschlossen werden?

Das Gespräch dann mit dem Vater, boahh, das fand ich hart. Aber so haben die getickt damals. Du darfst dich nicht amüsieren, wenn es einem anderen schlecht geht. Diese schlimme Logik setzt manchen Leuten heute noch zu. :)
Die Szene macht deutlich, wie heftig die äußeren Zwänge sind, also die Erwartungen der Familie oder der Leute, sich auf keinen Fall gegen die Norm zu entscheiden.

„Marlies, das freut mich, dass du hier bist!“
Martin strahlte sie an.
Hier bräuchtest du aus meiner Sicht keinen Zeilenwechsel. Es ist doch dieselbe Person, der Martin, der spricht und sie dann anstrahlt.

„Ach Martin, Ich weiß grade nicht, was ich bei Festen soll. Ich bin ja grade nicht Fisch, nicht Fleisch.“
Schön

Ihr linke Hand lag auf den satten Muskeln des Oberarmes.
Ihre
und ob satte Muskeln so gut? Hmm, ist vielleicht auch Geschmackssache.

Er könnte sie jetzt küssen. Es wäre ihr egal, was die anderen denken.
dachten, oder? Ist doch in Vergangeheit geschrieben. Sah jetzt keine Notdurft für den Zeitenwechsel.

Er kam ihren Lippen etwas näher.
Könnt ruhig weg.

So und den Rest guck ich jetzt nicht mehr detailliert durch. Sind schöne Bilder drin. ich würd noch mal generell bei den Dialogen schauen. Die sind oft ein bisschen üppig. Da könnt man vielleicht noch mal ran.

Und ansonsten: Denk dir nichts bei meiner emsigen Sprachfuddelei, sind Vorschläge, weißte ja.

Die Vorstellung, auf jemanden warten zu müssen, ich finde das ziemlich heftig. Manche Männer kamen ja wirklich nie zurück, galten als vermisst. In meiner Familie gab es sogar einen Mann, der die Gunst der Stunde nutzte und sich anderweitig orientiert und eine ganz neue Identität aufgenaut hat. Das kam ganz lange nicht raus,
Ich mein, das ist ja auch eine ziemlich harte Angelegenheit. Da kamen Männer zurück, die man seit Jahren nicht gesehen hatte, die teilweise traumatisiert waren. Und zu Frauen, die ihr eigenes Ding am Laufen hatten. Die Erfahrungen gemacht hatten, die sie zum Teil für immer und unabänderlich veränderten. Oft hat die dann nur die Not zusammengebracht. Da ist nichts mit rosa Gefühlen, da kommt ein schweigsamer Kerl zurück, jähzornig und voller Spannungen, der alle verhaut, wenn sie mucksen. Aber darf und kann man dem einfach sagen, dass man einen Neuen hat? Mein Gott, was für eine Zeit.
Schön, dass du dieses Thema ausgesucht hast. Ich habs gerne gelesen.
Viele Grüße von der Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo bernadette,

eigentlich wollte ich ja heute Nacht der Erste sein, der Deine Geschichte kommentiert, aber - nun ja ... Trotzdem möchte ich mich nicht lumpen lassen, nachdem Du meine TdM-Geschichte so gewissenhaft zerlegt hast. Ist doch Ehrensache! ;)

Historik und Romantik, puh, nicht wirklich ein Heimspiel für mich, Krieg- und Nachkriegsszenarien. Mich da richtig reinzudenken, ist schwer. Aber ob die Charaktere stimmen, hoffe ich schon ausloten zu können, und die Formalitäten sowieso. Um mit letzteren gleich mal anzufangen: Ich kann Deinen Zeilen- und Absatzwechseln bisweilen nicht folgen. Die Zeilenwechsel bei den Sprechakten wurden schon angesprochen, da warst Du auch schon dran. Zusätzlich machst Du häufig Absätze (im Sinne von Leerzeilen), wo ich keinen Ansatz für einen Szenenwechsel sehe. Das fängt schon im ersten Dialog zwischen Ilse und Marlies an. Bloß weil zwischendurch mal ein kurzer Gedankengang von Marlies kommt, würde ich den nicht so stark absetzen, dass der Leser denkt, jetzt kommt eine ganz andere Szene. Das zieht sich in ähnlicher Weise durch den ganzen Text, fand ich ziemlich irritierend, zumal man dann tatsächliche Szenenwechsel bisweilen verspätet bemerkt.

Dann gehe ich mal den Text durch:

Ein Bursche, egal welcher, der sie im Kreise dreht, bis ihr schwindelig wird.
Egal welcher? Da habe ich schon das erste Problem mit dem Charakter der Marlies. Das wirkt sehr ... "lebenslustig".

„Ich habe nichts anzuziehen.“ Ilse witterte Land und zog einige Haarnadeln aus Marlies Dutt.
Da denke ich zuerst, dass Ilse spricht, aber es soll wohl Marlies sein. Zieh den Satz "Ilse witterte ..." doch in die nächste Zeile, wo tatsächlich Ilse redet. Außerdem "Marlies' Dutt" mit Apostroph, so was kommt später noch mindestens einmal vor ("Marlies['] Schenkel").

„Edwin … das kommt jetzt … wir haben doch noch nie übers Heiraten gesprochen!“
„Ich war auch noch nie vorher im Krieg. Dann hätte mein Tod wenigstens Sinn.“
Wie bitte gibt es seinem Tod Sinn, wenn er vorher noch heiratet?!

Marlies hängte das eingerahmte Hochzeitsbild von der Wohnzimmerwand ab und legte es auf den Schoß. Das Haar war frisch gewaschen, die braunen Locken wippten bei jedem Schritt um ihre Schultern.
Mit einem Bild auf dem Schoß macht sie wohl eher keine Schritte ...

„Edwin, komm' bitte zurück! ...“
Du schreibst solche Imperative mal mit, mal ohne Apostroph, teils auch den gleichen (wie "komm") in beiden Varianten. Ist 'ne Wissenschaft für sich, ich weiß auch nie, wie es richtig ist, musst Du mal nachschlagen. Neben Imperativen betrifft das auch andere Verkürzungen in der wörtlichen Rede.

„Du weißt nicht, was dein Mann durchmachtK und gehst dich amüsieren?“

Es war das zweite Winzerfest nach den langen Jahren im Krieg. Der Dorfplatz im Nachbarort war ein Hexenkessel. Marlies tauchte mit Ilse aufgeregt in das Karussell von Musik, Gesichtern, Lichtern und Lachen ein. Als würden die Leute explodieren aus Lust am Frieden und am Leben und und an der Gewissheit, entspannt auf einer Bank sitzen zu können und nicht schon das Heulen der Sirenen erwarten zu müssen.
"Hexenkessel" ist für mich negativ besetzt, fast bedrohlich, das meinst Du ja nicht. "Explodieren" passt für mich nicht zu "Frieden", das klingt eher nach dem just beendeten Krieg.

„Ach Martin, ich weiß grade nicht (...)“
während er schon den Takt mit Daumen und Mittelfinger schnalzte
Schnalzen tue ich mit der Zunge. Schnippen vielleicht?

Die Blasregister bestanden fast nur aus ein bis zwei Musikanten.
Den Begriff habe ich nicht mal durch Nachschlagen klären können, jedenfalls nicht als eine Personengruppe.

Ihr linke Hand lag auf den satten Muskeln des Oberarmes.
Vielleicht "seines Oberarms", nur der Klarheit wegen. :D

„Mit jeder Runde wirst du weicher, Marlies. Ich genieße diesen Augenblick wie keinen anderen in meinem Leben.“
Finde ich sehr merkwürdig. Wer spricht denn so?!

Es wäre ihr egal, was die anderen denken.
Diesen und alle anderen Konjunktive überlasse ich Friedel. :D

Ich mein's ernst.
„Ich warte, bis er zurückkommt oder ich erfahre, dass er gefallen ist. Das ist die eine Wahrheit. Die andere ist, dass ich es nicht mehr aushalte. Ich halte diese Ungewissheit nicht mehr aus. Und ich halte es nicht mehr aus, alleine zu sein.“
Das zeigt ein erstaunliches Maß an Selbstanalyse. Bin nicht sicher, ob das so richtig zu Marlies' ansonsten so wankelmütigem Charakter passt.

Sie schlenderte durch die Reihen von BiertischenK sprach im Vorbeigehen noch ein paar Worte mit einer alten Schulkameradin und steuerte auf die Schule zu, in der die Aborte waren.

Das schmal geschnittene Kleid raffte sie die Hüften hinauf und setzte sich rittlings auf ihn.
Das schmal geschnittene Kleid setzte sich rittlings auf ihn. Nee ... vielleicht den Satz lieber umbauen: Sie raffte das schmal geschnittene Kleid ...

Die Zungen trafen und liebkosten sich, Marlies Finger suchten in seinen dicken Locken Halt. Martin umfing ihren Rücken mit aufgefächerten Händen, die ihr Halt boten, als sie sich nach hinten bog.
Wie kann sie sich so nach hinten biegen, wenn sich gleichzeitig ihre Zungen noch liebkosen?

Sie umschlang mit ihren Armen seinen Hals und legte ihr Ohr an seine linke Brust.
Wenn sie mit dem Ohr an seine Brust kommt, während sie auf seinem Schoß sitzt, muss sie entweder sehr viel kleiner sein als er oder zurückrutschen bis auf seine Knie oder einen sehr krummen Rücken machen. Stelle ich mir unbequem vor.
Bist Du sicher, dass Du Dir diese Choreographien richtig überlegt hast?

„Wer hier als Mann noch ohne Herzklopfen sitzen kann, ist schwul, Marlies.“
Hat man zu der Zeit "schwul" gesagt? Weiß ich nicht wirklich, kommt mir aber unpassend vor.

„Montag ist Waschtag. Bei euch nicht?“
„Doch. Und das ist gut so. (...)“
Martin Wowereit?! Sorry, irgendwie ist die Redewendung auf ewig verbrannt, obwohl sie nichts dafür kann.

„Was verlangst du von mir? Gehst du aus meinem Leben, wenn Edwin zurückkommtK und hoffst somit, dass er tot ist? Oder muss ich mich für einen entscheiden, wenn Edwin zurückkommt?“
"Somit" klingt komisch formal.

„Wenn, wenn, wenn ...“ Marlies' Stimme überschlug sich.
„Lass' mich bitte alleine. Mir ist das alles zu viel. Ich will das nicht.“
Hier ist noch ein irreführender Zeilenwechsel übriggeblieben. Ist doch beides Marlies, die spricht, oder? Und noch ein Apostroph für Marlies'.

Soweit die Textdurchsicht. Ich muss außerdem sagen, dass ich meine kleinen Probleme mit den Charakteren hatte. Zum einen finde ich Marlies in ihrem Wankelmut einigermaßen nervig. Erst will sie mich, dann lieber nicht, dann doch, dann wieder nicht. Mein Fall wäre die nicht. :) Ich weiß schon, das ist der Kern der Geschichte, und Charaktere müssen ja nicht dem Leser sympathisch sein, sondern nur plausibel. Aber was ich meine, ist: Ich kann ja gut verstehen, dass sie auf dem Fest von Martin und ihren Gefühlen für ihn überrollt war und nicht recht wusste, wie ihr geschah - schon gar nicht mit zwei Glas Wein. Aber bis zu dem Tag auf dem Feld hätte sie doch mal ein bisschen darüber nachdenken können, was sie nun will. Und wenn sie es über mehrere Tage hinweg nicht hinbekommt, eine Entscheidung zu treffen, verstehe ich nicht, warum es bei der finalen Begegnung mit Martin dann plötzlich geht. Oder ist ihre Entscheidung dann womöglich immer noch nicht endgültig?

Umgekehrt weiß ich nicht, was Martin an ihr findet, abgesehen von der aparten Kombination von grünen Augen mit braunen Haaren. Das meine ich wörtlich: Selbst wenn Martin sich offenbar nicht wie ich von ihrer Unentschlossenheit abschrecken lässt (was völlig okay ist), heißt das ja nur, dass sie sozusagen einen Minuspunkt weniger hat. Aber was steht denn auf der Plus-Seite? Im Text finde ich nur, dass er sie wunderschön findet und liebt. Aber warum er sie so sehr liebt, dass er bereit ist, eine unbestimmte, aber vermutlich ziemlich lange Zeit auf sie zu warten, obwohl es doch in der Nachkriegszeit einen ziemlichen Frauenüberschuss gab ... davon steht nichts drin. Ich hoffe mal nicht, dass Du mit Absicht den Martin so vage zeichnest, um Dich voll auf Marlies zu konzentrieren. Dich denke, es sollte für beide genug Platz sein, zumal ja auch Martin eine Entscheidung zu treffen hat.

Die Dinge, die ich hier bemängelt habe, sind nicht so grundlegend, dass Du sie nicht mit überschaubarem Aufwand reparieren könntest. Dann ist die Geschichte völlig in Ordnung, sie erzeugt eine überzeugende Stimmung und spiegelt die Umstände der Zeit sehr gut wider (soweit ich das beurteilen kann). Dass sie mich genrebedingt nicht zu ganz großen Begeisterungsstürmen hinreißt, ist wohl mein persönliches Pech und nicht Dein Problem.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bernadette, mit deiner Geschichte hast du ein Problem aufgegriffen, das in der damaligen Zeit vielfach bewältigt werden musste. Einen meiner Onkel betraf das ganz persönlich. Als er aus der Kriegsgefangenschaft zurück kam, lag ein neuer Mann in seinem Bett. Nicht alle Frauen brachten so viel Geduld auf, wie deine Marlies. Ich konnte die Verwirrung deiner Protagonistin gut nachempfinden, auch wenn mich das Verhalten der jungen Frau etwas überraschte.

Deine Geschichte spielt auf dem Land. "Auf der Alm da gibst ka Sünd" haben wir gesungen. Das mag daran schuld sein, dass deine Protagonistin so freizügig ist. Kein Sex vor der Ehe. Ich bin in der Stadt groß geworden, da passten die Eltern auf. Und die Eltern? Vor einhundert Jahren und mehr? Die jungen Mädchen mussten eine Anstandsdame mitnehmen, wenn sie mit dem Bräutigam spazieren gingen.

Hat mit deiner Geschichte nichts zu tun, fiel mir nur gerade so ein, als sich Marlies auf den Schoß des jungen Mannes schwang. Nein, Strumpfhosen gab es noch nicht, wir trugen einen Strumpfhalter mit Strapsen und Seidenstrümpfe. (sexy!)

Ein interessantes Thema, das du gut verarbeitet hast. Das ganze Umfeld deiner Protagonistin und ihre Probleme werden sichtbar und spürbar. Die damalige Zeit wird wieder lebendig, das ist dir gelungen. Mir hat deine Geschichte gut gefallen.

Liebe Grüße!
Amelie

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak,

Also: schöne Idee, tolles Thema und was auch mir sehr gut gefällt, das ist diese ländliche Atmosphäre, die du zielsicher und liebevoll geschildert hast.
Vielleicht merkt man daran, dass ich ein Landei bin und Ahnung habe :Pfeif:


Zum Anfang generell würd ich sagen, da solltest du die Fülle an Personen ein bisschen leserfreundlicher einführen. Da werden gleich fünf Personen auf einen Schlag genannt.
Hm, ja, ich hatte da schon mehr als Erklärung stehen. Vielleicht ist manchmal der erste Guß auch nicht der schlechteste. Denke ich drüber nach.

- mit kleinen Augen: Hmm. Das klingt wie ein Maulwurf. Und nicht nach einer Gefühlsregung, die man ihr ansieht. Vielleicht könnt sie ja die Augen zusammenkneifen?

schmal habe ich jetzt genommen.

- bevor sie darauf biss: Das find ich unglücklich formuliert. Denn die Lippen sind in Mehrzahl und "darauf" bezieht sich auf die Lippen, das klingt krumpelig. Dann lieber gleich: Marlies biss sich auf die Lippen. Des und net mehr.
gekauft


Wie gesagt würde ich hier die Freundin (was auch immer) Gisela und ihren vermissten Verlobten (was auch immer) ein bisschen mehr verdeutlichen. Die Aufzählung danach, was Gisela mit ihrem Gerhard nun alles tun kann, das war mir ein bisschen viel. Ich würde es bisschen mehr zuspitzen und kürzen, so dass die Steigerung, die du drin hast, deutlicher zum Ausdruck kommt.
notiert
- Und sie hatte ihn für immer wieder zurück: Das klingt auch ungelenk. Das liegt glaub an dem wieder, weil das mit immer eine unglückliche Verbindung eingeht. Man könnte den Satz auch aufteilen: Und sie hatte ihn zurück. Für immer.
Und sie hatte ihn für immer zurück wurde es jetzt.


Ich hab manchmal das Gefühl, du traust deiner Beschreibung nicht so richtig und setzt dann immer noch eine Genauigkeit oder eine anschließende Tätigkeit dazu. Ich find zum Beispiel "nahm sie in die Arme" alleine viel stärker.
gekauft

Ist doch klar, dass Ilse sie nicht einen Kilometer von sich entfernt hält, wenn sie ihr so gut zuredet.
Die wörtliche Rede ist hier noch ein bisschen informierend (zum Leser gerichtet). Vielleicht kriegst du das noch eine Spur direkter, ohne Info zu verlieren.
notiert


Nach der wörtliche Rede von Marlies würde ich einen Zeilenwechsel machen, denn die Sicht wechselt ja jetzt auf Ilse. Man denkt sonst, Ilse hätte danach gesprochen.
gekauft

Das klingt doof - ums ... fürs - man braucht diese Genauigkeit ja auch nicht, die bringt dich nur in Teufels Küche. "kümmere mich noch schnell um heißes Wasser" würde wohl auch genügen oder so: "... den Stall und heiz noch schnell den Badeofen an". Dann hast du auch was Altmodisches drin.
sehr gut, danke. natürlich gekauft.
Bisschen Füllwörter gucken.
ja


Da ist mir nicht ganz klar, wie du es meinst. Macht er das Geschäft mit den vielen Hochzeiten, die wie am Fließband geschlossen werden?
Genau. Wie könnte es man es noch verstehen?

ich würd noch mal generell bei den Dialogen schauen. Die sind oft ein bisschen üppig. Da könnt man vielleicht noch mal ran.
werde ich machen
Und ansonsten: Denk dir nichts bei meiner emsigen Sprachfuddelei, sind Vorschläge, weißte ja.
ja, aber gute Vorschläge :). Einiges habe ich gleich übernommen, anderes überlege ich mir, weil ich Zeit dazu brauche oder weil ich noch nicht weiß, ob ich es ändern möchte.

In meiner Familie gab es sogar einen Mann, der die Gunst der Stunde nutzte und sich anderweitig orientiert und eine ganz neue Identität aufgenaut hat.
Das ist doch interessant, wie da einige noch eigene Geschichten dazu erzählen können. Das ist doch richtig spannend!

Da kamen Männer zurück, die man seit Jahren nicht gesehen hatte, die teilweise traumatisiert waren.
Ein Großonkel von mir hatte so einen Wasserkopf durch Mangelernährung bekommen, dass ihn seine Frau nicht mehr erkannt hat, als er vor der Tür stand.

Da ist nichts mit rosa Gefühlen, da kommt ein schweigsamer Kerl zurück, jähzornig und voller Spannungen,
z.B. mein Schwiegervater :mad: - naja, und sowas wie psychologische Betreuung gabs dann mal ab dem Vietnamkrieg

Schön, dass du dieses Thema ausgesucht hast.
Ja, es hat mich umgetrieben.

Ich habs gerne gelesen.
Das freut mich, Novak.

LIeber Holg,


Historik und Romantik, puh, nicht wirklich ein Heimspiel für mich, Krieg- und Nachkriegsszenarien. Mich da richtig reinzudenken, ist schwer.

Umso mehr freut es mich, dass du die Ärmel hochgekrempelt hast. Dass das Thema kein Heimspiel war, merkt man z.B. an folgender Frage:

Wie bitte gibt es seinem Tod Sinn, wenn er vorher noch heiratet?!
Ich würde mal behaupten, es haben noch mehrere Zehntausende Paare (oder Hunderttausende?) eine Blitzhochzeit hinter sich gebracht - es ging schlicht um die Witwenrente. Als Witwe eines gefallenen Soldaten hat man darauf Anspruch bis zum Lebensende.


Ich kann Deinen Zeilen- und Absatzwechseln bisweilen nicht folgen
Ja, da habt ihr allesamt recht, die das monieren. Ich war so durch die Dialoge auf neue Zeilen getrimmt und bin ein Freund von Absätzen - aber was zuviel ist, ist zuviel, ich sehe es ja ein.

Egal welcher? Da habe ich schon das erste Problem mit dem Charakter der Marlies. Das wirkt sehr ... "lebenslustig".
Naja, es geht "nur" darum, einen Mann als Tanzpartner zu haben, damit man tanzen kann. Da gibt es natürlich auch attraktivere und weniger attraktive Männer. Marlies wäre es egal gewesen, wenn sie der unattraktivste zum Tanzen auffordern würde - Hauptsache, sie kann tanzen.

. Zieh den Satz "Ilse witterte ..." doch in die nächste Zeile, wo tatsächlich Ilse redet. Außerdem "Marlies' Dutt" mit Apostroph, so was kommt später noch mindestens einmal vor ("Marlies['] Schenkel").
erledigt

Mit einem Bild auf dem Schoß macht sie wohl eher keine Schritte ...
Stimmt. Hab ich umgestellt.

Du schreibst solche Imperative mal mit, mal ohne Apostroph, teils auch den gleichen (wie "komm") in beiden Varianten. Ist 'ne Wissenschaft für sich, ich weiß auch nie, wie es richtig ist, musst Du mal nachschlagen. Neben Imperativen betrifft das auch andere Verkürzungen in der wörtlichen Rede.
notiert (ungern :D)


"Hexenkessel" ist für mich negativ besetzt, fast bedrohlich, das meinst Du ja nicht.
Für mich überhaupt nicht. Hier im Süden ist das ein bekannter Begriff für eine Situation, in der das Leben pulsiert, richtig was los ist.

"Explodieren" passt für mich nicht zu "Frieden", das klingt eher nach dem just beendeten Krieg.
da hast du Recht, da suche ich ein anderes Wort
Schnalzen tue ich mit der Zunge. Schnippen vielleicht?
Hab ich echt schnalzen geschrieben? :D
Klar ist das schnippen. Danke

Blasregister ist auch nicht der korrekte Begriff, es heißt eigentlich nur Register. Das ist dann jeweils eine Instrumentengruppe.

Finde ich sehr merkwürdig. Wer spricht denn so?!
Martin.
Nee, im Ernst: weicher habe ich durch entspannter ersetzt. Besser?


Das schmal geschnittene Kleid setzte sich rittlings auf ihn. Nee ... vielleicht den Satz lieber umbauen: Sie raffte das schmal geschnittene Kleid ...
Danke, gekauft.


Wie kann sie sich so nach hinten biegen, wenn sich gleichzeitig ihre Zungen noch liebkosen?
Wieso nicht? Martin kommt ihr entgegen. Sie winden sich eben hin und her.


Bist Du sicher, dass Du Dir diese Choreographien richtig überlegt hast?
Marlies ist 1,54 cm, Martin 1,89 cm. Sie neigt den Kopf etwas auf die Seite, dann passt es.

Hat man zu der Zeit "schwul" gesagt? Weiß ich nicht wirklich, kommt mir aber unpassend vor.
Wie denn sonst?

Martin Wowereit?! Sorry, irgendwie ist die Redewendung auf ewig verbrannt, obwohl sie nichts dafür kann.
Also nein, das finde ich an den Haaren herbeigezogen. Wahrscheinlich lebst du in Berlin oder kommst jetzt darauf, weil du grade im Satz vorher schon auf dem Thema schwul warst.

"Somit" klingt komisch formal.
ist weg

Hier ist noch ein irreführender Zeilenwechsel übriggeblieben. Ist doch beides Marlies, die spricht, oder? Und noch ein Apostroph für Marlies'.

Ich kann ja gut verstehen, dass sie auf dem Fest von Martin und ihren Gefühlen für ihn überrollt war und nicht recht wusste, wie ihr geschah - schon gar nicht mit zwei Glas Wein. Aber bis zu dem Tag auf dem Feld hätte sie doch mal ein bisschen darüber nachdenken können, was sie nun will. Und wenn sie es über mehrere Tage hinweg nicht hinbekommt, eine Entscheidung zu treffen, verstehe ich nicht, warum es bei der finalen Begegnung mit Martin dann plötzlich geht.
Ich verstehe nicht, was du nicht verstehst. Ich habe die Figur angelegt, dass sie sich irgendwann entscheiden muss. Ob das Sonntag beim Kochen oder Montag beim Aufstehen oder dann im Gespräch mit Martin ist, ist doch zweitrangig, vom Logischen her gesehen. Sie muss ja innerlich nur einmal die Entscheidung treffen, weil es ja 50:50 abgeht.

Kennst du das nicht, dass es Situationen gibt, die, egal für was man sich entscheidet, nicht gut sind? Dann sagt man irgendwann hü oder hott. Zwar schon aus dem Inneren gereift, aber sie kommt scheinbar aus dem Nichts.

Umgekehrt weiß ich nicht, was Martin an ihr findet, abgesehen von der aparten Kombination von grünen Augen mit braunen Haaren.
Dann kam für dich nicht klar rüber, dass sie schon einmal ein Paar waren. Das sollte aufzeigen, dass sie sich schon gut kennen - und Martin immer noch in Marlies verliebt ist.

Aber warum er sie so sehr liebt, dass er bereit ist, eine unbestimmte, aber vermutlich ziemlich lange Zeit auf sie zu warten, obwohl es doch in der Nachkriegszeit einen ziemlichen Frauenüberschuss gab ... davon steht nichts drin.
Jo, da könnte ich noch nachlegen. Notiert.

Die Dinge, die ich hier bemängelt habe, sind nicht so grundlegend, dass Du sie nicht mit überschaubarem Aufwand reparieren könntest. Dann ist die Geschichte völlig in Ordnung
dann wäre sie für dich völlig in Ordnung :D - aber ernsthaft: danke für deine vielen Hinweise, die ich in großen Teile überdenke und teilweise schon geändert habe. Was ich trotz deiner Anmerkungen gut finde und sicher nicht ändere, habe ich dir jeweils erklärt.

seid ihr zwei ganz lieb gegrüßt
bernadette

Amelie ist morgen dran.

 

Hallo bernadette,

nur noch mal kurz zu zwei oder drei der Punkte:

Witwenrente - öhm, okay, hätte man drauf kommen können. Dass das dem Tod "Sinn" gibt, finde ich trotzdem einen komischen Gedanken. Fast, als ob man sich mutwillig abknallen ließe, damit zuhause Geld ankommt.

Tanzpartner - ist das nicht meistens doch ein bisschen mehr als "nur tanzen"? Hast Du Dir in der Tanzschule den ausgeguckt, der sich am besten bewegen konnte, oder einen, der gut aussah und Dir auch sonst sympathisch war?

Hexenkessel - kenne ich bei näherem Nachdenken eigentlich nur noch aus Sportübertragungen und dann meistens aus der Perspektive der Mannschaft, die sich dort ungern reinwagt. Aber okay, andere Zeiten, andere Gegend.

Wowereit - ich wohne nicht in Berlin und bin auch kein Fan von ihm. Aber bei der Redewendung denke ich immer automatisch an seinen Spruch.

Marlies' Entscheidung - machst Du es Dir nicht ein bisschen einfach, wenn Du sagst, die ist halt 50:50 und fällt irgendwann aus (scheinbar) heiterem Himmel? Das ist doch der zentrale Konflikt. Da will ich als Leser doch nachvollziehen können, warum sie sich so und nicht anders entscheidet, was den Ausschlag gegeben hat. Und nicht einfach eine Weile rumeiern und irgendwann fällt die Münze auf "Zahl". Das ist auch unabhängig davon, ob ich zwischen Himmel und Hölle wähle oder zwischen Pest und Cholera.

Okay, es waren fünf Punkte ... und bei jedem von denen kann es natürlich sein, dass nur ich das so sehe.

So, Heiazeit!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo,

mit einem Dialog anfangen ist natürlich manipulativ; man ist direkt im Geschehen, das verortet auch anhand von Sprachduktus den Habitus der Figuren sehr schnell. Trotzdem gilt es ja als nicht die beste Lösung - ich würde hier dem Leser lieber einen echten Einstiegssatz gönnen, der diese Lebenswelt wie eine Prämisse beschreibt. Der kann gerne kurz und knackig sein, auch schon "zeigen", aus einem Charakter heraus. Ich finde auch, die Erzählperspektive ist etwas unklar, wer sagt was, aus wessen Sicht wird erzählt? Auch habe ich ein Problem mit den schmalen Augen: was genau meinst du damit? Für was soll das stehen?

Der zweite Absatz macht mir auch einige Schwierigkeiten: Gisela. Die taucht direkt am Anfang auf, wie aus dem Nichts, wird aber in dieser kurzen Einführung nicht erwähnt, das heißt also, ich muss mir da als Leser einen Zusammenhang basteln, der aber in der Schwebe liegt. Natürlich ist klar, was gemeint ist, aber dann muss man eben auch fragen dürfen: Warum dieser Einstieg? Warum wird das nicht aus Giselas Sicht erzählt? Und dann hast du meineserachtens auch ein zeitliches Problem, denn benutzt damals um das Geschehen in der Gegenwart zu kontrastieren, aber die Gegenwart ist auch schon eine erzählte Form der Vergangenheit. Wenn du eine zeitliche Distanz herstellen willst wie Krieg-Nachkriegszeit, dann würde ich damals nicht benutzen, denn das klingt in meinen Ohren wie dreißig Jahre.

Tanzen, bis die Füße in den schmalen Sonntagsschuhen wehtun. Ein Glas Wein oder auch zwei. Ein Bursche, egal welcher, der sie im Kreise dreht, bis ihr schwindelig wird. Und sie würde lachen, weil es ihr so gut täte. „Ich habe nichts anzuziehen.“

Das ist ein sehr toller Abschnitt, da passt alles: Bewegung, Gefühl, Berauschung, alles endet in einer finalen Konklusion: All das fehlt ihr. Dies hier wäre mein Einstieg. Hier ist bereits alles enthalten, was du in dem vorhergehenden Dialog sagen möchtest.

„Ja, wenn du unbedingt die lange Strecke zu mir laufen willst. Wieso eigentlich?“
„Bei mir ist das so ungeschickt wegen Ilse nebenan. Du warst so laut. Die kriegt das noch mit.“

Ein Mann fragt glaube ich nicht: Wieso eigentlich? Die waren damals doch sicher noch mundfauler als heute, das würde ich verknappen. Und ihre Begründung - einerseits will sie sich nicht vor anderen küssen, aber sie redet davon, dass er beim Vögeln zu laut ist und das andere wiederum hören könnten. Das passt nicht so ganz. Entweder sie tut auf keusch und muss das alles umschreiben, nett und adrett und harmlos. Passt, glaube ich, besser.

„Ich denke, Marlies, wir sollten noch heiraten, bevor ich wieder fahre.“
„Edwin … das kommt jetzt … wir haben doch noch nie übers Heiraten gesprochen!“
„Ich war auch noch nie vorher im Krieg. Dann hätte mein Tod wenigstens Sinn.“

Er gibt sich die Antwort nicht selbst.

Ich stelle mal ein wenig um:

"Wir sollten noch heiraten, bevor ich fahre."
"Übers Heiraten haben wir noch gesprochen."
"Ich war auch noch nie im Krieg."

Das "wieder" ist übrigens widersprüchlich, da er ja selbst sagt, vorher noch nie im Krieg gewesen zu sein. So, finde ich jedenfalls, wirkt der Dialog mehr gesprochen, oraler, aus dem Lameng.

Die Hochzeit vier Tage später war eine Farce. Standesamtlich getraut mit ihrem schlichten Alltagskleid, ohne kirchlichen Segen, war sie in wenigen Minuten Edwins Frau. Der Fotograf im Nebenraum machte ein gutes Geschäft mit den Aufnahmen am Fließband.

Farce nicht sagen, du zeigst das doch schon. Vier Tage später die Hochzeit. Und dann erzählst du mit dem, was du sagst, die Farce schon. Wäre doppelt gemoppelt.

Das Haar war frisch gewaschen, die braunen Locken wippten bei jedem Schritt um ihre Schultern.Diesen Satz würde ich im Präsens verfassen. Das ist eine Beobachtung, die sie macht, bzw erzählst du, wie sie das Bild, die Fotografie beobachtet, und diese Erinnerung, so wie sie jetzt da steht, klingt so, als wäre da noch jemand dazwischen. Besser wäre es doch, sie dies sehen und erklären zu lassen, aus ihrer Perspektive: Das Haar frisch gewaschen, die braunen Locken wippen bei jedem Schritt. Das ist dramatischer, näher und beschreibt ihre Emotion besser, denke ich.

Marlies tauchte mit Ilse aufgeregt in das Karussell von Musik, Gesichtern, Lichtern und Lachen ein. Show, don't tell. Ein kurzer Abschnitt, wo du dem Leser genau das zeigst, fände ich toll.

Ihre linke Hand lag auf den kernigen Muskeln des Oberarmes. Was für Kerne sind da im Muskel? Apfelkerne?:D

Er sah ihr so nah und direkt in die Augen, dass sie es nicht weiter aushielt. Sie starrte auf seinen obersten Hemdknopf.
Erster Satz raus, denn der zweite ist viel stärker, der beinhaltet diese Reaktion schon. Der Leser ist schon in ihrem Kopf und sieht Martin auch vor sich, da ist eine Erklärung für dieses Verhalten immanent.

Martin saß auf der Treppe zur Laderampe vom Milchhaus in der Schwärze der Nacht. Meh. Schwärze der Nacht, das klingt wie in einem Gedicht von Rimbaud. Ich würde dafür plädieren, das rauszunehmen. Ist auch klar, dass es nachts ist, oder?

Der Dialog davor: Von allem zuviel. Ich denke, beide wissen doch, worum es geht, die verhandeln ja schon, irgendwie, deswegen würde ich die Figuren bedachter und weniger sprechen lassen. Beide kennen sicherlich die Details, die liegen wie ein Damoklesschwert über ihrer zarten Anbandelei.

„Du trägst ja gar keine Strümpfe. Da krieg ich Gänsehaut.“ Zuerst traut sich der Martin jahrelang nicht, sie zu küssen oder sie anzusprechen, und dann sagt er sowas. Ungezogen! Ich würde es so drehen, dass sie merkt, dass er eine Gänsehaut bekommt.

Seine Hände waren trocken und rau von der Arbeit auf dem Hof. Ein leises Sirren war zu hören, als Martin vorsichtig Marlies' Schenkel rieb. Auch das würde ich aus ihrer Sicht zeigen. Was spürt sie genau? Woran merkt sie, dass seine Hände trocken und rau sind? Vielleicht, weil es ihr fast schon etwas weh tut, wenn er sie reibt (reiben klingt auch so unanständig, irgendwie), und das "Sirren", das würde ich verknüpfen: An was denkt sie da? Mit was vergleicht sie das? Woran erinnert sie dieses Geräusch. So wird das alles dichter und rückt näher.

Langsam zog Martin mit dem Finger über ihr Kinn hinweg eine imaginäre Linie den Hals hinunter, während seine Lippen ihre ganz leicht berührten. Ein behutsamer Kuss. Der Atem blies warm über die Haut. Marlies schöpfte tief Luft und stieß sie geballt hinaus.
„Mehr.“
Ist mir aufgefallen: Aus welcher Sicht wird das eigentlich erzählt? Ich würde das auch aus ihrer Perspektive machen: Sie sah, wie Martin seinem eigenen Finger folgte, der eine Linie ihren Hals hinunter zeichnete. So was. Und dann: Diese Adjektive wie leicht, behutsam, geballt - die würde ich streichen. Bei solchen Szenen ist weniger wirklich oft mehr. Man denkt sich den Rest selbst dazu.

Die Zungen trafen und liebkosten sich, Marlies Finger suchten in seinen dicken Locken Halt. Martin umfing ihren Rücken mit aufgefächerten Händen, die ihr Halt boten, als sie sich nach hinten bog
Ich würden den Dialog nach dem "Mehr" rausnehmen, denn diese Aktion danach, sie küssen sich, die sagt und beantwortet alles. Auch hier: Was ist liebkosen? Als ob die Zungen selbständige Wesen wären, die sich in den Armen liegen. Dann dieser Satz mit den aufgefächerten Händen - da haste dir Mühe gegeben, wa? ;) Zweimal "Halt" auch, Wortdoppler. Jaja, die jungen Hüpfer, verbiegen sich immer nach hinten und suchen Halt! :D Ich würde das verknappen. Martin hielt sie fest. Und dann vielleicht etwas Konkretes, was den Leser nochmals heranführt: Wie riecht er, wie schmeckt er, was ist anders, als bei ihrem anderen Typen? Es ist ihr erster Kuss in fünf Jahren - da passiert was, da ist etwas anders, sie muss ja vollkommen verwirrt sein. Ich würde mir wünschen, dass du dies mehr zeigst, uns mehr von ihrem aufgewühlten Innenleben zu zeigen.

Also, den Dialog, den ganzen Schlussteil - da würde ich nochmal drübergehen. Das wirkt alles sehr geschrieben. Nicht hölzern oder so, aber du packst da zuviel an Info und Wissen rein. Du hast deine Charaktere ja verortet, die sind in einem eigenen Dispositiv involviert, die haben Wissen verinnerlicht und gehen damit um. Du möchtest dem Leser aber in diesen Dialogen noch etwas von der Welt zeigen, in der die beiden leben - das funktioniert aber so nicht, denn deine Figuren erklären sich diese Welt nicht, die kennen sie ja, sie denken darüber nicht nach. Wenn du einem Buschmann aus Afrika zu Besuch hättest, und dem sagst: Geh mal Brötchen holen. Der hätte folgendes Problem: Kennt keine Brötchen, kennt kein Geld, weißt nicht, wie eine Bäckerei aussieht und wo man sie findet. Das ist ja alles Wissen, in dem wir uns bewegen, über das wir nicht mehr verhandeln. So ist es auch in der Literatur, deine Marlies und dein Martin, die wissen, das Montag Waschtag ist, die wissen, wo die Rüben des anderen wachsen. Wenn du diese Welt, diese Eindrücke dem Leser vermitteln möchtest, um den Text dichter zu machen, dann musst du dies zeigen, durch die Augen deiner Protagonisten.

Zuende gelesen. Ehrlich gesagt, würde ich das Ende offen lassen. Ich denke, dieses Warten, das wird dem Leser schon klar, dass sie immer noch diese Hoffnung hat, da würde ich auch nicht erklären wieso oder warum. Sie könnten sich noch mal auf dem Feld treffen, und dann könntest du andeuten, wie sie sich entscheidet, aber alles noch in der Schwebe lassen, es nicht wirklich auserzählen.

Bestimmt ein krasses Thema. Ich wüsste nicht, wie ich mich verhalten hätte. Ein Bruder von meinem Opa ist erst Mitte der 50er aus Russland nach Hause gekommen, und da gab es plötzlich eine Tochter mehr in der Familie, eine, die sich ganz deutlich im Aussehen unterschied, schwarze Haare, dünne, zierliche Figur - da hat man nicht drüber gesprochen, obwohl jedem klar war, was gelaufen ist. Also, alles sehr fragil, denke ich, und die Rollenverteilung war ja damals noch eine andere. Ich hatte dieses Jahr eine Kundin im Geschäft, auch weit über 80, die erzählte mir, ihr Mann sei ohne Beine wieder aus dem Krieg gekommen - alle hätten ihr geraten, ihn zu verlassen, was sie mit einem Mann ohne Beine denn wolle, aber sie hat gelächelt und mir gesagt, dass sie ihn nie hätte verlasen können, es sei ihre große Liebe gewesen.

Gruss, Jimmy.

 

Hallo Bernadette,

wenn du dir als Nicht-SF-Leserin die Mühe machst, meine Geschichte zu lesen und zu kommentieren, dann möchte ich mich natürlich gern dafür bei dir revanchieren.:)


Die Leute gingen aus sich aus Lust am Frieden und am Leben und und an der Gewissheit, entspannt auf einer Bank sitzen zu können und nicht schon das Heulen der Sirenen erwarten zu müssen.
Ich vermute mal, da fehlt das Wort "heraus" bzw. "raus" und ein "und" ist zu viel drin.

Insgesamt finde ich deine Geschichte grundsätzlich gut geschrieben. In formaler Hinsicht ist mir nichts weiter aufgefallen, allerdings habe ich über folgendes nachgedacht:

Das Verhalten von Martin:
Er ist in Marlies verliebt und das lässt er sie auch deutlich spüren. Sie erwidert seine Gefühle, trotz ihrer Zweifel. Soweit so gut - aber als es dann "soweit" ist, entwickelt sich Martin quasi Knall auf Fall zum Weißen Ritter, der nobel und geduldig solange darauf warten will (mit dem Ausleben seiner Liebe wohlgemerkt, ich meine nicht bloß ein bloßes sexuelles Verlangen), bis Marlies Klarheit über das Schicksal ihres Mannes hat. Das finde ich für die Handlung der Geschichte zwar passend, weil ein solches Verhalten keinen "Nachgeschmack" hinterlässt, aber glaubwürdig finde ich das nicht.
Martin ist ein offensichtlich starker und gesunder Landbursche - war er selber im Krieg? Ist er nach Kriegsende sofort Heim gekommen? War er vielleicht selber zumindest eine Zeit in Gefangenschaft? So oder so - ich weiß nicht, wie sehr sich ein Mensch, der jahrelang schlimme und furchtbare Dinge erlebt hat, dann noch "zurückhalten" kann, wenn es darum geht, sein Leben nachzuholen. Selbst wenn er "nur" als Zivilist in der Heimat war - du hast es selbst geschrieben: endlich wieder Musik und Freude und keine Luftangriffe. Auch da stellt sich mir die Frage, wie sehr die Überlebenden dann nicht das Leben erst recht in vollen Zügen genießen wollen?

In diesem Zusammenhang das Verhalten von Marlies: Verständlich bis zu jenem "Bruch" in Martins Verhalten. Schmetterlinge im Bauch und Liebe im Kopf (und Schoß!) vs. schlechtem Gewissen und Ungewissheit über das Schicksal ihres Mannes. Ich finde aber, ihr Konflikt wurde gemessen an ihren Bedürfnissen und vor allem ihren aufgeflammten Gefühlen Martin gegenüber nur sehr oberflächlich angerissen. Insbesondere ihre (vorläufige?) Entscheidung, Martin gehen zu lassen bzw. ihn von sich zu weisen. Wie gesagt - das erhält ihren Nimbus der treuen Ehefrau und "moralisch integeren" Person - wobei man sich auch da die Frage stellen muss, ab wann ihr Verhalten nicht einfach nur menschlich und auch "in Ordnung" ist.
Aber hälst du ihre Entscheidung nach Jahren der Trennung von ihrem Mann und der Möglichkeit, dass er vielleicht gar nicht wieder zu ihr zurückkehrt, dann in dieser Form für realistisch?

Das Verhalten ihres Vaters: Klar - das ist natürlich die Quintessenz der Geschichte, die auch im Titel deutlich wird und die Überlegung aufwirft, ab wann man sich denn "amüsieren" darf oder ob man das überhaupt darf. Allerdings geht ihr Vater ja vom Tod ihres Mannes aus, denn er vergleicht sich als "Witwer" mit seiner Tochter. Und da stellt sich mir die Frage, ob er auch dann noch derartig strenge moralische Ansichten vertreten würde, wenn er davon überzeugt ist, seine Tochter sei ebenfalls Witwe.

Liebe Bernadette, diese Punkte sind mir aufgefallen, die ich jetzt allerdings nur rein subjektiv für mich hinterfragt habe. Sieh das insofern also nicht als eine Art der "Kritik" oder Verbesserungsvorschläge an, sondern lediglich als Anmerkungen über Dinge, über die ich beim Lesen nachgedacht habe.

Viele Grüße vom Eisenmann

 

Hallo bernadette,

deine Geschichte habe ich in einem Rutsch gelesen.

Meine Mutter war eine solche Betroffene, jedoch nicht so lange. Mein Vater ist Ende 1947 aus der Gefangenschaft gekommen. Er war in Stalingrad dabei, ist dort durch einen verirrten Granatsplitter am Kopf verwundet worden und hatte nicht das Glück, als Verwundeter in die Heimat zu kommen.
Meine Eltern haben oft über den Krieg und auch darüber gesprochen, was gewesen wäre, wenn mein Vater nicht gekommen und er vermisst gewesen wäre. Sie wäre im Dorf verachtet worden, wäre sie zum Tanz gegangen. Man hat aufeinander achtgegeben.

Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen.

Eine Sache habe ich gefunden:

„Martin, wieso hast du mich nie geküsst, als wir früher ausgegangen sind?“
„Ich hab' mich nie getraut.“
„Und jetzt?“
„Marlies … sofort.“
Er kam ihren Lippen näher.
„Halt, Martin! Das war doch nur ein Witz.“

Ich finde, diese Situation und die folgende:

„Ich möchte mit dir irgendwo anders hin.“

passen nicht zueinander. Sie animiert ihn, sie zu küssen, sagt dann, es sei doch nur ein Witz und gleich darauf will sie mit ihm ins Heu, oder wenigstens allein mit ihm sein, da hätte er zumindest fragen müssen, ob sie wieder mit ihm Witze mache. So erscheint er mir bisschen wie der Dorftrottel, der er aber, so, wie du ihn vorher zeichnest, nicht ist.
Ich würde Marlies nicht sagen lassen, dass es doch nur ein Witz sei, wenn sie ihn doch eigentlich haben will. Denn im Moment wird sie noch nicht von Gewissensbissen gequält.

Sehr gerne gelesen!

Schönen Gruß
khnebel

 
Zuletzt bearbeitet:

So, hier mal ein paar Antworten zusammengefasst:
Hallo Amelie,

Deine Geschichte spielt auf dem Land. "Auf der Alm da gibst ka Sünd" haben wir gesungen. Das mag daran schuld sein, dass deine Protagonistin so freizügig ist. Kein Sex vor der Ehe. Ich bin in der Stadt groß geworden, da passten die Eltern auf.
Nun, Marlies' Vater hatte genug damit zu tun, den Hof am Laufen zu halten. Die zwei Töchter mussten deswegen auch vieles selbstständig regeln, u.a. alleine aufs Feld gehen, mal eine Nacht im Stall verbringen, wenn eine Kuh kalberte, da war dann immer mal Zeit für ein Schäferstündchen, natürlich war es riskant - aber eine richtige "Überwachung" von Vaterseite aus war gar nicht möglich.
Ein interessantes Thema, das du gut verarbeitet hast. Das ganze Umfeld deiner Protagonistin und ihre Probleme werden sichtbar und spürbar. Die damalige Zeit wird wieder lebendig, das ist dir gelungen. Mir hat deine Geschichte gut gefallen.

Ich danke dir fürs Lesen und auch für die Information von deinem Onkel. Da käme wahrscheinlich eine ganze Anthologie zusammen von den Geschichten, die hier so noch nebenbei erzählt werden.

und nochmal Holg,


Witwenrente - öhm, okay, hätte man drauf kommen können. Dass das dem Tod "Sinn" gibt, finde ich trotzdem einen komischen Gedanken. Fast, als ob man sich mutwillig abknallen ließe, damit zuhause Geld ankommt.
Ist ja auch ein wenig sarkastisch gemeint, wenn Martin das so sagt.


Tanzpartner - ist das nicht meistens doch ein bisschen mehr als "nur tanzen"? Hast Du Dir in der Tanzschule den ausgeguckt, der sich am besten bewegen konnte, oder einen, der gut aussah und Dir auch sonst sympathisch war?
:aua: Tanzschule? Boah, zu meiner Teenie-Zeit hätte es nichts Biedereres gegeben als zur Tanzschule zu gehen.
Die Frage also kann ich dir nicht beantworten.


Marlies' Entscheidung - machst Du es Dir nicht ein bisschen einfach, wenn Du sagst, die ist halt 50:50 und fällt irgendwann aus (scheinbar) heiterem Himmel? Das ist doch der zentrale Konflikt. Da will ich als Leser doch nachvollziehen können, warum sie sich so und nicht anders entscheidet, was den Ausschlag gegeben hat. Und nicht einfach eine Weile rumeiern und irgendwann fällt die Münze auf "Zahl". Das ist auch unabhängig davon, ob ich zwischen Himmel und Hölle wähle oder zwischen Pest und Cholera.

Da werde ich nachjustieren, aber nicht gleich, das wird dann mal doch noch ein größerer Aufwasch.

Ich danke dir für die nochmalige Rückmeldung.

Lieber Jimmy,

dein Kommentar ist für mich sehr hilfreich und bringt mich weiter. Habe mich darüber gefreut. Da möchte ich dir jetzt schon einmal für deine Zeit und deine Verbesserungsvorschläge danken. Die sind aber nicht mal schnell verändert oder ergänzt.
Das riecht ziemlich nach Arbeit und Hirnschmalz. Deswegen werde ich auf deinen Kommentar jetzt auch noch gar nicht antworten können, sondern erst, wenn ich das überblickt (und evtl. vorbereitet) habe, was ich von deinen Ideen umsetze. Dann kann ich das auch konkreter von meiner Sicht aus beschreiben. Du liest also später noch einmal von mir, ganz gewiss.


Hallo Eisenmann,

Das Verhalten von Martin:
Er ist in Marlies verliebt und das lässt er sie auch deutlich spüren. Sie erwidert seine Gefühle, trotz ihrer Zweifel. Soweit so gut - aber als es dann "soweit" ist, entwickelt sich Martin quasi Knall auf Fall zum Weißen Ritter, der nobel und geduldig solange darauf warten will (mit dem Ausleben seiner Liebe wohlgemerkt, ich meine nicht bloß ein bloßes sexuelles Verlangen), bis Marlies Klarheit über das Schicksal ihres Mannes hat. Das finde ich für die Handlung der Geschichte zwar passend, weil ein solches Verhalten keinen "Nachgeschmack" hinterlässt, aber glaubwürdig finde ich das nicht.

Hier kann ich dir nur das gleiche wie Jimmy antworten: Da geht es ja um mehr wie nur mal einen Rechtschreibfehler verbessern, da muss ich mir die Figuren nochmal alle vorknöpfen und schauen, wie ich das in Balance bekomme, zumal ja schon verschiedene Ansätze zur Verbesserung kamen.
Jedenfalls ein guter Anstoß,danke.
Ich finde aber, ihr Konflikt wurde gemessen an ihren Bedürfnissen und vor allem ihren aufgeflammten Gefühlen Martin gegenüber nur sehr oberflächlich angerissen.
Du bist nicht der erste, der das moniert. Da arbeite ich dran.

Aber hälst du ihre Entscheidung nach Jahren der Trennung von ihrem Mann und der Möglichkeit, dass er vielleicht gar nicht wieder zu ihr zurückkehrt, dann in dieser Form für realistisch?
An welchen Maßstäben soll ich diese Frage beantworten?
Jetzt schauen wir mal, was ich an der Marlies noch verändere, vielleicht wird dann alles klar.

Allerdings geht ihr Vater ja vom Tod ihres Mannes aus, denn er vergleicht sich als "Witwer" mit seiner Tochter.
So wollte ich das nicht gesehen haben. Meine Intention war: Ich als Witwer weiß mich zu benehmen, du als Frau eines vermißten Soldaten hast dich auch zu benehmen.


Ich danke dir für deine Zeit und die Gedanken, die du der Geschichte geschenkt hast. Ich werde noch einiges dran arbeiten müssen :Pfeif:

Hallo khnebel,

Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen.
Das freut mich, wenn sie bei dir ankam.


Sie animiert ihn, sie zu küssen, sagt dann, es sei doch nur ein Witz und gleich darauf will sie mit ihm ins Heu, oder wenigstens allein mit ihm sein, da hätte er zumindest fragen müssen, ob sie wieder mit ihm Witze mache. So erscheint er mir bisschen wie der Dorftrottel, der er aber, so, wie du ihn vorher zeichnest, nicht ist.
Ich würde Marlies nicht sagen lassen, dass es doch nur ein Witz sei, wenn sie ihn doch eigentlich haben will. Denn im Moment wird sie noch nicht von Gewissensbissen gequält.

Vielen Dank für diesen Hinweis. Das werde ich bei der Überarbeitung beachten.


Euch allen noch einmal ein herzliches Dankeschön für eure Kommentare :), ich weiß das zu schätzen
liebe Grüße an euch fünf
bernadette

 

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