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Tranquillo
Tranquillo
Schlendern, langsam an den schmutzigen Schaufenstern des Buchgeschäfts vorbei, in provozierendem Tempo über den Zebrastreifen. Hupende Autofahrer ignorieren. Einen Gang runterschalten. Und noch drei Zentimeter, sachte.
Im Schneckentempo über den Gehsteig, dicke Menschen drängeln von hinten, einen weiteren Gang runterschalten, in Trance über die Fußgängerbrücke.
Nur noch wenige Schritte pro Minute, das Bein heben und senken in Zeitlupe, die Luft durchwaten wie Wasser.
Die Gestalten der anderen Fußgänger, nurmehr Streifen in der Landschaft, zucken vorbei wie Blitze.
Verlangsamen, Geschwindigkeit drosseln, der Himmel flackert, hell-dunkel in rascher Folge.
Den Blick nach vorn gerichtet, einen Schritt nach dem anderen, behutsam, immer geradeaus, durch Häuserschluchten, jedes einzelne Gebäude ein treuer Begleiter für eine lange Zeit, über Straßen, Wege und Felder. Die Bäume werfen ihre Blätter ab und bekommen neue, immer wieder, bei jedem Schritt; Jahreszeiten im raschen Wechsel, schneller und schneller, verschmelzen zu einem Konglomerat aus Form und Farbe; Regen, Sonne, Schnee und Wind; Sichtbare Erosion, die Landschaft verschwimmt, verwischt, als sich Bergmassive erheben und Ozeane entstehen, der Kontinentaldrift huscht vorbei, ein einziger Schemen und die Farben lösen sich auf
Nun kann ich ihn endlich sehen, ganz deutlich voraus:
Meinen eigenen Hinterkopf.