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Tochter Libitinas

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Tochter Libitinas

Tochter Libitinas

Vor Langeweile schnitt sie sich die Kehle durch, sammelte ihr Blut in einem Sektglas und trank schnell die rinnende Flüssigkeit. Sie flickte ihren Hals, schaute in den Spiegel und erlebte die Wiedergeburt der Neugier. Auch ohne aus einem Jungbrunnen zu trinken, fand sie wieder Gefallen an sich.

Er beobachtete sie und verdammte die Nostalgie. Er war der Sohn Amors. Und wollte das Hier und Jetzt. Sie hatte kein Recht ihrem Blut eine neue Richtung zu geben. Es floss so, wie es fließen sollte. Wer eingriff, änderte die Natur. Und sie konsumierte sich selbst. Maßlos. Verpfuschte Individualisierung. Verkommene, selbsttrügerische Juvenalisierung. Sie war Dienerin eines Götzen.

Sie machte sich für den Abend zurecht und sparte nicht an Eitelkeit. Sollte er sie doch weiterhin anstarren, als wäre sie seine heilige Inspiration. Sie war es nicht, nie gewesen. Rot. Die Farbe jeglicher gewaltigen Bewegung oder Regung. Sie wollte durch dieses kleine Dorf tosen und jegliches Leben in ihren Strudel reißen. Prinzessin der Herzen. Nein! Sie war die Despotin der Lust. Eine Tochter Libitinas.

Obwohl er sie kritisch betrachtete, konnte er ihr nicht lange widerstehen. Opposition ist des gesunden Staates Gewissen. Sie war nur mächtiger als diese. Rhetorik ganz weiblich. Ihr tiefschwarzes seidig-glänzendes Haar blendete seine Wahrnehmung. Ihre leuchtend grünen Augen versprachen. Er ließ sich von dem Duft, den sie auftrug, hypnotisieren. Befehle blitzten aus ihrer gesamten Gestalt und unterjochten ihn.

Nun los. Um sie herum mussten schon alle an ihren gewohnten Plätzen sein. Figuren auf ihrem Spielbrett. Feierabend! So verkündete es das aufsteigende Chaos der Freizeit. Sie rauschte an ihm vorbei, und benommen erwachte er aus seiner Starre. A für den Anfang ihres Sterbens.

In der Freie rochen die Pferde ihr Nahen. Unruhe breitete sich bei ihnen aus. Doch wer kümmerte sich jetzt noch um sie? Die Menschen feierten ausgelassen das Fest der Familie. Sie genossen die einnehmende Kühle der angekündigten Dunkelheit. Und manche freuten sich auf die Hitze ihres Weibes in der Tiefe der Nacht.

Die Ersten, die sie erblickten, schreckten zurück. Roter Sturm, der wirbelt und zerdrückt. Kindergeschrei. Ein zerbrechliche Jungfrau sah ihren Arm losgelöst. Zerstörungswut im wilden Gesicht der Despotin, die einen lauten Schrei losschickte, um den elenden Rest zu warnen. Panik im Idyll des Dorfes. B für die Beerdigung ihrer Opfer. Denn die Despotin konnte erst nach der Verbreitung der Lust gehen.

Sie wütete wie des Teufels rechte Hand und übersah nicht das kleinste Menschenkind. Ihr Werk war getan. Vollkommen ihr Sein. Und dann schritt plötzlich ein junges Mädchen an ihr vorbei. Doch sie konnte es nicht nehmen. Ihr schönes Gesicht verzerrte sich zur Grimasse der Furie. Und ihre Macht war dahin. Ihre Hässlichkeit offenbart. Ihre Essenz sichtbar und greifbar. C für Clausula, die Schlussszene.

Das Mädchen drehte sich um und zog seinen weißen Mantel fester zusammen. Schnee begann die gerötete Erde reinzuwaschen. Sein braunes Haar fing die Flocken auf und tanzte mit ihnen. Sein Lächeln ähnelte dem Aufgang der Sonne, und die Nacht ward tatsächlich gestern. Es zog seinen breiten Schal zurecht und versteckte etwas seine lebendige Mähne. Und es sprach: „Graut der Morgen, so flieht die kurzlebige rote Dame. Vergib dir selbst und suche nach dem Beständigen.“

 

Hehe, ich distanziere mich von der Aussage, die ich gestern in nicht ganz nüchternem Zustand äußerte?

Ich danke Dir für das Lesen und Interpretieren. Du liegst sehr gut mit Deiner Interpretation. Also kann ich wohl meinen Text als verständlich einstufen. Was nicht heißt, dass er nicht verbessert werden könnte. (Ich habe derzeit einfach keinen Nerv und keine Lust solche Arbeiten zu verrichten, also kann es noch dauern.)
Es tut jedenfalls gut, dass Du den Text "lesen kannst".

Danke!

 

Ich komme über die drei Seiten hinaus, wenn ich will. Ihr müsst euch darum nicht sorgen. Lasst das mal mein Problem sein.

Ja, ich werde mir das noch einmal überlegen, ob Fachsprache zu Poesie passt. Ich sehe schon das Problem. Doch meine ich auch, dass man das schon verbinden könnte. Vielleicht ist es nur mir nicht so gelungen? Wie auch immer, die Geschichte muss eh überarbeitet werden. Da schaue ich mir das sicherlich an.

Danke!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Zaza,

erst mal Textkram, Interpretationsversuche und Meinung weiter hinten.

Sie hatte kein Recht, ihrem Blut eine neue Richtung zu geben.

Um sie herum mussten schon alle an ihren gewohnten Plätzen sein. Figuren auf ihrem Spielbrett. Feierabend! So verkündete es das aufsteigende Chaos der Freizeit.
Was auch immer du damit sagen willst - ich habe keine Ahnung, was. Hört sie jetzt auf, mit dem, was sie tut, und die Statisten haben Feierabend?

In der Freie rochen die Pferde ihr Nahen. Unruhe breitete sich bei ihnen aus. Doch wer kümmerte sich jetzt noch um sie?
Warum die Innensicht der Pferde?

Und dann schritt plötzlich ein junges Mädchen an ihr vorbei. Doch sie konnte es nicht nehmen
Aha - warum? Das wird aus dem Text nicht deutlich, und erst Batchs Interpretation des Textes hat das erschlossen.

Schnee begann, die gerötete Erde reinzuwaschen.

Sein braunes Haar fing die Flocken auf und tanzte mit ihnen.
Der Schnee hat Haare?


So, ich habe mir die Kritiken jetzt durchgelesen - nach dem (mehrfachen) Lesen des Textes stand ich da und habe nichts gepeilt, aber durch die Interpretationen einiger scharfsinnigerer Zeitgenossen bin ich dann doch dahinter gekommen, was du damit ausdrücken willst.

Daher finde ich, dass der Text nicht wirklich in Fantasy passt.
Du transportierst eine Botschaft, eine durchaus gesellschaftliche Kritik. Du verschlüsselst den Text mit philosophischen Bildern, verwendest historische Gottheiten. Fantasy sehe ich in der Geschichte nirgends.

Meiner bescheidenen Meinung nach wäre der Text in "Philosophisches" deutlich besser aufgehoben, schon, weil die Leser dort das Interpretieren gewohnt sind. Auch, wenn die Sphinx das Rätsel stellt und der Leser es nicht erschließen kann, ist das Rätsel immer noch philosophischer Natur, und nur durch die Sphinx wird es nicht fantastisch. Genau so ist es hier - nur, weil ein Jungbrunnen erwähnt wird und die Prot ihren Hals wieder zutackert, ist nicht automatisch Fantasy gegeben...

Fazit: Ich fand die Geschichte nicht gut, weil sie für mich weniger eine klassische Geschichte ist als vielmehr ein verschlüsseltes Rätsel, vielleicht erinnerst du dich an die Chat-Diskussion von vor drei Stunden. Wenn ich ein Rätsel lösen und eine Geschichte entschlüsseln möchte, dann will ich das gern bewusst entscheiden und auf den Link nach "Philo" klicken. Daher bitte ich dich, dich per PM bei mir zu melden, wegen Verschiebung.

gruß
vita
:bounce:

 

Vita, wie kommst Du bloß auf die glorreiche Idee, dass in Philosophisches Rätsel reingehören? Rätsel sind so weit ich weiß nirgendwo auf der Seite gefragt. Nun, wer sagt, dass ich eine "klassische Kurzgeschichte" schreiben wollte? Ich bin mir nicht sicher, ob Dir Deine Klassifizierung in Klassisches wirklich so bewusst gelungen ist. Aber gut, Dein ganzes Gefasel von Rätseln hat Dich eh disqualifiziert.
Abgesehen davon, liebe Vita, Du hast mich doch eh schon als Rätselschreibende abgestempelt, also tu nicht so, als sei Dir nicht bewusst gewesen, was Du anklicktest.

Ich möchte keine Diskussion anfangen, was Fantasy ist. Meine Geschichten passen meistens in mehrere Rubriken. Die Geschichte bleibt hier.

Was ich übrigens köstlich fand: Erst Batchs Int. hat das erschlossen...
Da hab ich ja wirklich lachen müssen!

Danke, Jo! Wieso sollte ich über Deine Bilder lächeln? Freut mich, dass Der Text in Dir Bilder ausgelöst hat, das sollte er ja.

Illu, sprich mir nicht vom elitären Kreis. Den unterstellen mir Andere. Nicht ich nehme die Aufteilung in "gebildet und dumm" vor. Ich kann diese Aufteilung nun wirklich nicht ausstehen. Aber gut, Du hast es ja nur zitiert.

Deine Anmerkungen sind interessant, denn schließlich habe ich ja nicht großartig recherchiert, um ein wirklichkeitsgetreues Bild irgendeiner Vergangenheit aufzubauen, sondern schlicht meine Fantasie spielen lassen. Und da kommt die Assoziation mit dem Mittelalter nicht von ungefähr. Sprich: Deine Anmerkungen haben mir so einiges über mich selbst gesagt. Das ist immer lustig.

Naja, ich gebe ja zu, dass das hier gebündelte Kraft ist. Ich wollte ja so viel Info wie möglich in die Sätze packen. Dabei gleichzeitig gewaltige Bilder erzeugen. Ich finde es nicht tragisch, dass Du dem Ganzen nicht folgen kannst. Es gibt Kurzfilme, die kann ich mir zehnmal ansehen, und ich verstehe sie immer noch nicht. Doch bei jedem Anschauen fallen mir neue Details auf, sagt es mir ein wenig mehr. So in etwa stelle ich mir den Effekt vor. Ob das nun so wirkt, das weiß ich nicht.

Vielen Dank!

 

ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn du, zaza, dich auch im Umgang mit Leuten, denen deine Geschichte nicht gefällt, eines freundlichen Umgangstones bedienen würdest, wie alle anderen Menschen das auch tun.

 

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