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Territorium

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23.02.2013
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Territorium

Ich fühle mich schuldig, als hätte ich sein Herz vergiftet. Herzinsuffizienz, das ist ein Scherz, oder? In meinen Erinnerungen war er immer unverbesserlich, unantastbar. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich ihn Jahre nicht gesehen habe, weil ich dieses perfekte Bild wahren wollte. Gute Erinnerungen sind wie Alkohol, sie lassen dich den Moment vergessen.
Ausgerechnet sein Bruder hat mich eingeladen. Dass wir seinen Super Nintendo geschrottet haben, hat er uns anscheinend verziehen. Er hat mich auch gefragt, ob ich ihn zum Leichenschmaus begleite, doch ich konnte nicht. Ich kenne die Familie nicht, nur ihn, Ali. Wir waren uns Familie genug, haben unsere eigenen Geschichten.
Und die meisten spielten hier. Ich sitze auf der Bank im Hof zwischen den zwei Eichen und schaue dem tanzenden Laub zu. Die graue Fassade des Wohnblocks hebt sich kaum vom trüben Himmel ab.
Früher war alles blauer. Die Welt stand Kopf. Wir glaubten, einfach springen zu müssen, um einzutauchen in das klare Blau.
Alles war wärmer. In der Wettervorhersage höre ich ständig: der wärmste Juli seit Wetteraufzeichnung; der sonnigste September seit 1981. Die Sommer unserer Jugend haben sie wohl vergessen. Nach der Schule ab ins Freibad – jeden Tag. Es war spannend, den Mädchen im Bikini hinterherzugucken, die wir sonst nur im Pausenhof zu sehen bekamen.
Früher war alles höher. Wir standen mit den anderen Jungs auf dem flachen Dach von Wohnblock 8b, rauchten und redeten über die letzte und nächste Party. Von da aus hatten wir unser Territorium im Blick. Ich frage mich, ob ich mit dem Aufzug hochfahren sollte, um Ali ein Stück näher zu sein. Lasse es jedoch bleiben.
Früher war alles schneller. Wir rannten von der alten Verkäuferin davon, als sie uns beim Zigarettenklauen erwischte, und dem Ball hinterher, wenn wir auf dem Bolzplatz gegen die Dorfkinder spielten.
»Die Dorfkids«, flüstere ich, und die Zunge bleibt mir beinah am Gaumen kleben.
Unzählige Male bin ich besoffen das Treppenhaus zum siebten Stock hochgetorkelt, habe auf den Schlüssel gespuckt, damit er sich leiser im Schloss dreht, die Schuhe schon im Flur ausgezogen und bin vorbei am Schlafzimmer der Eltern in die Ausnüchterungszelle geschlichen. Manchmal mit Erfolg, manchmal ohne, aber stets im routinierten Automatismus, in dem ich mich jetzt befinde.
Sieht aus wie damals, stelle ich fest, als ich über den Platz laufe. Dieser Teerboden hat mehr Knie aufgeschürft als jeder andere, jede Strebe im Metallgitter einen Schuss abgefangen. Doch mein Interesse gilt der Bank aus Betonplatten, die eine Längsseite des Spielfeldes eingrenzt. Und tatsächlich: da steht es, verblichen von Sonnen- und verwaschen von Regentagen: KT! Buchstaben mit Alis Blut gemalt.
KT - King's Town. So nannten wir unser Territorium, weil wir in der Köngisstraße wohnten und weil wir einfach die Kings waren.
Ich setze mich auf die Betonplatte und zünde eine Zigarette an. Selbst der Tabak schmeckte besser. Wenn ich mich recht entsinne, nach Schinken.
Es war der Sommer meiner ersten Freundin. Ich nenne ihn Jule-Sommer. Mit Jule hatte ich mein erstes Mal. Gemessen am darauffolgenden Sexleben recht durchschnittlich, aber in dem Moment, Mann o Mann, das war das Größte.
Der Sex konnte nur wenige Nächte zurückliegen, denn ich fühlte mich an dem Tag so männlich wie das A-Team. Ich zündete mir eine Kippe an und schmeckte den Schinken. Ali und ich lungerten herum und bolzten gegen das Metallgitter, als ich ein vertrautes Geräusch hörte. Es war das Dröhnen von Thorstens Bajaj Sunny.
Sie kamen zu viert, drei auf Mofas, einer gezogen auf dem Fahrrad.
Thorsten nahm den Helm ab, strich sich die Haare glatt und fragte: »Hey, wo is der Rest?«
Ali zuckte mit den Schultern.
»Habt ihr Bock zu spielen?«, fragte er. »Drei gegen drei?«
Ali bejahte und wir spielten, kassierten ein Tor nach dem anderen. Thorsten suhlte sich im Erfolg, lachte und schrie bei jedem Treffer: »Ja! Ja, verdammt!«
Ali flüsterte mir zu: »Wenn ich das Stöhnen noch länger ertragen muss, kotz ich.«
Wir waren nicht das Problem, nein, unser dritter Mann machte das Spiel kaputt. Sobald er den Ball hatte, gab es nur Alleingänge.
Wieder verlor er den Ball und wieder schrie ich ihn an: »Schau nach links! Ich steh’ die ganze Zeit frei, Mann!«
Doch der Blondschopf lief an mir vorbei, schweigend, als wäre ich gar nicht da.
Ali flüsterte mir etwas zu und ich flüsterte zurück: »Nein.« Und er: »Doch.«
Wir steckten noch zwei Tore ein, dann rief Ali: »Time out!« Er hob die Hände. »Ich muss schiffen!«
Aber ich wusste es besser. Ich musste die Vier ablenken, während er seine Operation durchführte. Erzähl ihnen was, hatte er gesagt. Ha!
Also fabulierte ich von einer Untermieterin, die an Nazidämonen glaube, und deshalb gestern von den Bullen eingesackt worden wäre. Ich mimte den Hofnarr, fuchtelte mit Händen und Füßen, imitierte die Schreie der Untermieterin, um die Blicke an mich zu fesseln.
Ich beobachtete, wie Ali hinter den Rücken der Dorfkinder seine Wasserflasche in den Tank von Thorstens Bajaj schüttete. Er schraubte den Tankdeckel zu und formte mit Daumen und Zeigefinger ein O. Mein Mund war vom Redeschwall ganz trocken, und ich schluckte schwer.
Wir spielten noch ein paar Runden, verloren ein paar Runden, bis die Sonne hinter einem Betonblock verschwand und einen breiten Schatten auf uns warf. Normalerweise ging es um das Platzrecht. Wer gewann, durfte bleiben. Aber Thorsten, der Älteste, befahl seinen Lakaien das Feld zu räumen.
»Scheiß drauf«, sagte er. »Heute könnt ihr den Platz behalten, beim nächsten Mal nicht.«
Thorsten wusste, dass es kein nächstes Mal geben würde. In der Regel gewannen wir jede Partie. Doch es war kurz vor den Sommerferien und die anderen KT-Members mussten für die letzten Prüfungen büffeln. Ali und ich nahmen die Schule weniger ernst.
Die Dorfkinder setzten die Helme auf. Die Bajaj klang wie ein Traktor, als Thorsten den Kickstarter trat, normal also. Aber als er das Gas durchdrückte, sprang der Roller zwei Mal, und der Einzylinder-Motor erstarb.
Ali grinste, während Torsten abwechselnd den Kickstarter und gegen die Karosserie trat.
»So ein Trottel.«
Die anderen stiegen ab und schauten ratlos zu, bis Thorsten von der Bajaj abließ und auf uns zustürmte. Den Helm hatte er nicht abgenommen.
»Du warst das!«, keifte er Ali an.
Ohne Zögern sprang Ali auf und schnippte die Zigarette fort. Thorsten klappte das Visier herunter, packte Ali und drückte ihm den Helm ins Gesicht.
»Du warst das! Was hast du gemacht?«
Thorsten musste schreien, damit wir ihn unter dem Helm verstanden.
»Nix ey! Lass mich los!«
»Du zahlst mir’n neuen. Das garantier ich dir.«
»’n Scheiß.«
Ali packte Thorsten am Helm und schleuderte ihn zurück, doch seine Jungs fingen den Sturz ab und katapultierten ihn zurück. Im Schwung holte Thorsten aus und verpasste Ali eine Kopfnuss. Der wich zwei Schritte nach hinten, rieb sich die Stirn und fluchte.
»Mein Bruder macht dich kalt.«
Thorsten lachte. Es klang, als käme das Lachen aus einem tiefen Brunnen.
»Ich scheiß auf deinen Bruder. Wahrscheinlich hast du gar keinen.«
Sie standen eng beieinander, und Thorsten presste den Helm in Alis Gesicht.
»Fick dich. Spätestens wenn er die eine Faust gibt, weißt du Bescheid.«
»Ich box euch beide, wenn es drauf ankommt.«
»Ha! Träum weiter.«
»Ich box deine ganze Familie.«
»Dann fick ich deine Schwester, du Inzest…«
Weiter kam er nicht, denn Thorsten rammte ihn wie ein Stier um, setzte sich rittlings auf ihn und begann, ihn zu bearbeiten. Eifrig wie ein Specht verpasste er Ali Kopfnüsse.
Und wo war ich? Im Kino. Zumindest hielt ich das für einen Film. Eine solche Wende konnte sich doch nur ein alkoholabhängiger Drehbuchautor erdenken. Das Geräusch, wenn das Hartplastik in das Gesicht klatschte, versetzte mich in Trance.
Veni, vidi … ich kam, sah und … nichts weiter. Schockstarre. Thorstens Lakaien erging es ebenso. Eine Dame schob ihren Rollator spazieren. Sie sah zu uns herüber, musterte mich. Ich nahm ihren fordernden Blick wahr, konnte aber keinen Zusammenhang herstellen.
Der Blondschopf packte Thorsten an der Schulter, doch der wirbelte herum und schlug die Hand weg. »Verpiss dich!«
Die Dame unterhielt sich mit einem Mann in orangenen Shorts und grünem Polohemd.
Thorsten wollte sich wieder Alis ruiniertem Gesicht zuwenden, als der Mann schrie: »Hey! Schluss damit!«
Sie schauten zu ihm hinüber, merkten, dass der Mann auf sie zusteuerte und rannten zu ihren Mofas. Thorsten sprang auf Blondschopfes Sozius und sie brausten davon. Der abgesoffene Bajaj blieb zurück.
Der Mann machte keine Anstalten, der Truppe hinterherzujagen, sondern kam gleich auf uns zu. Er zeigte auf mich und sagte: »Wehe du rennst weg!«
Ich verstand nicht. Wohin sollte ich denn rennen?
Ali raffte sich auf. Der Mann hielt ihn am Oberarm, doch Ali versicherte: »Is schon okay. Passt.«
»Okay. Soll ich den Krankenwagen rufen?«
»Nee, ist echt okay«, sagte Ali, doch er sah nicht okay aus. Das Gesicht war ein roter Fleck. Blut sickerte aus Mund, Nase und Stirn. Die Rinnsale liefen am Kinn zusammen und troffen auf den Asphalt.
»Du solltest wirklich zum Arzt, Junge.«
»Ja.«
»Hier ...´n Taschentuch.«
Ali nahm es und hielt es sich an den Mund. »Danke.«
Danke. Ich erwachte wie aus einem Alptraum, nur das der Alptraum blieb. Ich hatte meinen besten Freund hängen lassen. Scham kroch dorthin, wo vorher die Panik saß, und brannte. Ich kratzte meinen Unterarm.
»Ist das dein Kumpel?«, fragte der Unbekannte und musterte mich. Ich las das Unausgesprochene in seinem Blick. Versager. Feigling.
Beide sahen mich an. Dann nickte Ali. »Ja.«
Auch der Fremde nickte - »Okay.« - und ging.
Ali setzte sich auf die Betonbank. Mir fiel auf, dass er stark zitterte. »Scheiße. Den bring ich um. Ich bring ihn einfach um.«
Ich stand an der Stelle, wo ich schon vorhin stand und war ebenso ratlos. Ali legte zwei Finger ans Kinn und benetzte sie mit Blut.

Ich konnte nicht einpennen. Mein Kopf war leer und schwer und die Lider hingen auf Halbmast. Ständig ging mir die eine Szene durch den Kopf. Sie war bedeutender als alles, was an diesem Nachmittag geschehen war. Wie bedächtig er die Buchstaben formte. So mussten auch Künstler wirken, die den letzten Pinselstrich zogen. KT. KT. Immer wieder. KT. Nicht aus dem Kopf zu bekommen.
Dann schlug ich die Decke zurück, wartete, bis mir kalt wurde und zog mich an. Ein paar Minuten hockte ich auf der Bettkante, dann stand ich auf und verließ die Wohnung. Die Spraydose mit rotem Lack war noch in dem Karton. Der Lack gehörte dem Serben aus dem zweiten Stock. Mit dem wollte ich keinen Ärger, aber ich borgte mir die Dose ja nur. Ich schlich über den Hof auf das Zeichen zu. Im schwachen Schein der Laternen waren die Blutstriche kaum zu erkennen, doch ich schüttelte die Dose und sprühte sie nach. Es war die reinste Absolution. Und der Beginn einer Sucht.
Nach einigen Wochen kannte jeder Bewohner die zwei Buchstaben. Die Treppenhäuser waren alle zugetaggt. Wir kritzelten Blockbuster in unsere Blackbooks, machten voll einen auf Writer, dabei hätte uns jeder Profi nur ausgelacht.
Der Bajaj stand eine Woche im Hof bei den Fahrradständern, bevor wir beschlossen, ihn abzufackeln. Wir schoben den Roller bis zu den Äckern und begossen ihn mit Benzin. Die Nacht machte das Ganze symbolträchtig.
Komisch eigentlich, dass Ali sich gegen eine Kremation entschieden hat. Er liebte Feuer.
Ich verlasse den Bolzplatz, lasse alles hinter mir und drehe den Schlüssel im Zündschloss. Der Motor pfeift aus dem letzten Loch. Zum tausendsten Mal sage ich mir, dass ich den Punto bald in die Werkstatt bringen müsse und weiß, dass ich es ja doch nicht tue. Das Röcheln lässt mich wieder an den Bajaj Sunny denken. Ruhe in Frieden, Sunny. Ruhe in Frieden, Ali.
Vielleicht sind sie ja im gleichen Himmel, cruisen gerade die Westküste entlang. Von San Francisco nach San Diego.
Ich schaue die Straße entlang, leer bis auf die parkenden Autos. Heute ist alles grauer.
Ein Geistesblitz erhellt den Tag. Jetzt kenne ich mein Ziel. Ab in den nächsten Baumarkt und zu den KFZ-Lacken. Es ist wieder Zeit, ein kräftiges Rot in das Grau zu sprayen.

 

Hallo ihr Lieben,

ich weiß, dass das keine richtige Geschichte ist, nichts mit Substanz, viel zu kurz und so. Und wahrscheinlich auch zu sentimental.
War eigentlich auch nur dafür gedacht, um mich mal von dem längeren Krimi-Projekt abzulenken.
Ein kleines Freundschaftstextchen eben. Passt auch in die Jahreszeit. Abschied nehmen. Na ja, der Sommer kommt wieder. Und vielleicht steht ja bis dahin auch der erste Romanentwurf.
Danke für jedes Lesen!

Hacke

 
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Halo Hacke,

ich finds ganz nett und so, aber … die Geschcihte hatte nie eine Chance bei mir, weil ich die ganze Zeit das hier im Kopf hatte: http://www.wortkrieger.de/showthread.php?52847-Die-letzte-Kurve&highlight=rick

Die Geschichte von Rick ist haargenau wie deine bloß besser. Oder?
Er geht viel weiter, schmückt mehr aus, bleibt nicht so allgemein, wird konkret, traut sich mehr, die Figuren bekommen Konturen … bei dir ist das alles ziemlich beliebig und halt sehr kurz. Ich mag kurze Sachen eh nicht so.
Der Text ist keineswegs schlecht geschrieben ... aber … also jetzt sehr ich grad, dass du die Story von Rick auch schon kommentiert hast, also … ja. Du kennst die von Rick. Und das ist dann deine Version. Hm ... bisschen mehr Ehrgeiz vielleicht?
Hast du das vielleicht für einen Wettberwerb geschrieben oder so?
Ist halt ein Unterschied ob man sagt: Ich hab ne idee und schreib ein paar Zeilen dazu. Oder ob man sagt: Ich hab ne Idee und das zieh ich jetzt durch und mach was draus.


MfG,

JuJu

 
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Hallo Hacke,

kurz, nur ein Schlaglicht, und darin auch etwas anderes als Ricks Geschichte. Für mich kein Duplikat, sondern eine vergleichbare Ausgangssituation, das ist alles.
Freundschaft, Liebe, Tod, das sind die Essenzen fast jeder Geschichte, warum nicht auch deiner? Mich führt sie gedanklich dahin, wo wir alle früher oder später stehen, am Grab eines für uns wichtigen Menschen. Hat mir gefallen, wenn ich auch meine, es könnte noch ein wenig mehr daraus werden. Noch mehr Details aus der Vergangenheit, noch mehr Entwicklung.

Am besten haben mir die Formulierungen "Früher war alles ..." gefallen, das Empfinden überfällt wohl jeden von Zeit zu Zeit.

Grüße von

Eva

P.S. Für mich kann es gar nicht sentimental genug sein!

 

Hallo Hacke,

vielleicht erwischt mich dein Text einfach im richtigen Moment, ich weiß nicht. Aber mich hat er schon berührt. Wenigstens so kurz mal. Denn viel mehr schafft dieser Abriss nicht. Dafür sind deine Worte gut gesetzt, formen sich zu schönen Sätzen, die wunderbar runterperlen. Auch die paar konkreten Bilder finde ich gelungen. Supernintendo. hehe
Da hättest du eine Menge mehr draus machen können, das stimmt. Für mich funktioniert dieses Schlaglicht aber dennoch. Vielleicht, weil mir das Thema sehr nahe ist.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Hacke,

Am besten haben mir die Formulierungen "Früher war alles ..." gefallen, das Empfinden überfällt wohl jeden von Zeit zu Zeit.
dem kann ich mich nur anschließen.

Mit dieser Geschichte hast Du mich echt getroffen. Ich vermisse auch nichts. Eine Momentaufnahme, bittersüß.
Ein paar schöne Sätze:

Gute Erinnerungen sind wie Alkohol, sie lassen dich den Moment vergessen.

Wir glaubten, einfach springen zu müssen, um einzutauchen in das klare Blau.

Sehr gerne gelesen,
Kerkyra

 

Was für ein "Ausbruch" an Sentimentaltität für einen jungen Burschen, denk ich zunächst, muss der sich jetzt schon in bloßes Erinnern stürzen, dass es eigentlich ein "Einbruch" von Sentiment ins reale Twen-Leben ist,

lieber Hacke.

Und dann - der Titel lässt stutzen: Territorium, ein Gebiet das von einem Lebewesen oder einer Sozietät gegen andere Lebewesen verteidigt wird, vom Flächenstaat bis hinab zum Revier des Rüden. Den Lebewesen nehm ich mal das Wesen und weiß, welches Territorium gemeint ist. Denn es wr alles besser, als wir lebten. Aber ist der erste Satz nicht mehr und anderes als eine nackte Aussage? Territorium, Grund und Boden, einer unters Personen-, der andere unters Sachenrecht fallend.Dabei zeigten die ersten schriftlichen Zeugnisse germanistischer Zunge im gotischen leik und im althochdeutschen lih(h)selbst noch im mhd. lich die Nähe zum lebendigen Leib an (das gotische galeika meinte gar "eines Leibes").

Bisschen Krypptik darf zu solchen Themen sein, findet der

Friedel,
der noch einen schönen Restsonntag wünscht!

 
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Heyhey Juju,

ich hab' deinen Kommentar zum Anlass genommen, Ricks Geschichte noch einmal zu lesen. Ach ja, die ist schon sehr stark. Besser als meine, ja, das gebe ich gern zu. Und ich war auch verblüfft über die Gemeinsamkeiten: das Problem mit dem Herz; diese Ich-Du-Erzählweise. Mir war das gar nicht bewusst, als ich diesen Text schrieb. Ist ja schon etwas her, dass ich die Story von der letzten Kurve kommentiert habe.
Es dreht sich um das gleiche Thema, das schon, aber es sollte kein billiger Abklatsch werden.
Hiermit widme ich dir, Rick , diese Geschichte, sozusagen, der kleine Bruder deiner.;)

Hast du das vielleicht für einen Wettberwerb geschrieben oder so?
Ne, aber ich bin über diesen berühmten Satz gestolpert: "Damals war alles besser". Daraus wollte ich dann was machen.
Wahrscheinlich war ich wirklich nicht ehrgeizig genug. Es ist halt einfacher, Dinge wegzustreichen als zu ergänzen. Wenn ich eine richtigen Handlungsverlauf machen wollte, würde ich, glaube ich, das ganze Ding über den Haufen werfen und von vorne anfangen. Vielleicht packt mich die kommenden Tage ja eine gute Idee.

Hallo Eva,

Hat mir gefallen, wenn ich auch meine, es könnte noch ein wenig mehr daraus werden. Noch mehr Details aus der Vergangenheit, noch mehr Entwicklung.
Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Ist ja kein schlechtes Zeichen, wenn mehr gefordert wird. Besser jedenfalls als: "Nimm den Rotstift zur Hand und ab an die Arbeit!"

P.S. Für mich kann es gar nicht sentimental genug sein!
Gut zu wissen:shy:

Hallo Weltenläufer,

Aber mich hat er schon berührt. Wenigstens so kurz mal.
Das ist bereits viel mehr, als ich erhofft hatte!

Auch die paar konkreten Bilder finde ich gelungen. Supernintendo. hehe
Auch wenn es ein paar zu wenig sind, denke ich jetzt.

Hallo Kerkyra,

es ist immer gut zu wissen, welche Sätze besonders gut und welche weniger gut ankamen. Auf diesen Sätzen kann man aufbauen, ein Gefühl entwickeln. Das hilft sehr.

Ui! Jetzt wollt ich doch glatt schon auf "Antworten" klicken, da stoße ich auf deinen Kommentar,
lieber Friedl,
das Abschiednehmen trifft jeden irgendwann. Da ist das Alter egal, wie es auch dem Tod egal ist.
Nun begegne ich doch schon von Montag bis Freitag Krypptik, während ich im Hörsaal hocke. Mit dem Unterschied, dass ich dir gern zuhöre. Deine grammatikalischen Exkurse sind spannend und (!) du hast mich auf den Ursprung der Idee aufmerksam gemacht. Territorium. Viel zu unbegründet, da hast du recht! Einmal fällt das Wort im Text. Und hier kann ich ansetzen, um mehr daraus zu machen. Ich hatte es schon im Kopf: eine Gruppe Jungendlicher, die am Stadtrand ihr "Territorium" gegen die Dorfkinder verteidigt. Da wird der Bolz- zum Kriegsschauplatz. Danke für den Geistesblitz!

Und auch den anderen vielen Dank! Beizeiten werde ich mich in den Text stürzen und einen richtigen Plot entwerfen. Bis dahin ...

Schöne Grüße
Hacke

 

Lieber Hacke,

das war ganz schön melancholisch, passt aber tatsächlich zu dem Schmuddelwetter, das Hamburg heute heimsucht. Erschreckend wie nah einige der Gedanken bei dem sind, was mir manchmal so durch den Kopf geht. Klar, eine ganze Geschichte ist das nicht, mehr so ein Schlaglicht auf das Innenleben des Charakter bei der Konfrontation mit dem Tod einer nahestehenden Person. Aber geschenkt.

Der Text ging mir seltsam nah, denn ich trauere beizeiten genau so einer Freundschaft aus Schultagen nach, die sich nach dem Abi zunehmend entfremdet hat - bis hin zur absoluten Funkstille zwischen uns. Die Person ist nicht tot, aber ich konnte mir das Szenario plastisch vorstellen. Auch wir hatten unser "Territorium", und es war dem hier geschilderten sehr ähnlich.

Stilistisch ist das gut gemacht, gut geschrieben, gerade der Part mit "Früher war ..." gibt dem Text eine Struktur, die den fehlenden Plot entschuldigt. Mehr Prosa als Inhalt, aber das ist in Ordnung.

Gern gelesen, war anregend!

Exilfranke

 

Lieber Hacke,
die Tristesse von Wohnblocks hast du gut getroffen. Nur Blut bringt Leben dorthin. Blut muss fließen, damit man wenigstens Leben in der Trauer spürt.
Mag sein, dass du hättest mehr aus der Geschichte machen können, mehr Fleisch an die Knochen hängen. Aber so karg andeutend wie du geschrieben hast, trifft es die reduzierten Möglichkeiten zur Individuation von Bewohnern solcher Siedlungen sehr gut. Vielleicht hätte sogar Kürzen die Härte der Lebensbedingungen noch mehr spürbar werden lassen.
Friedel hat auf die Überschrift hingewiesen. Territorium oder Heimat, das war schon immer ein Grund für Mord und Totschlag. Neu-Russland mag solch ein Territorium sein. Das verleiht deiner Geschichte
eine hohe Bedeutsamkeit.
Mit Nachdenklichkeit gelesen von
Wilhelm

 

Hallo Wilhelm, hallo Exilfranke, hallo alle,

Juju schrieb:
bisschen mehr Ehrgeiz vielleicht?
Eva Luise Groh schrieb:
wenn ich auch meine, es könnte noch ein wenig mehr daraus werden. Noch mehr Details aus der Vergangenheit, noch mehr Entwicklung.
weltenläufer schrieb:
Da hättest du eine Menge mehr draus machen können, das stimmt.
Kerkyra schrieb:
Ich vermisse auch nichts.
3:1 Ich hab mich entschieden, es zu versuchen. Das ist dabei rausgekommen.
Hacke schrieb:
Wenn ich eine richtigen Handlungsverlauf machen wollte, würde ich, glaube ich, das ganze Ding über den Haufen werfen und von vorne anfangen.
Nun, das habe ich nicht getan. Der erste Part wurde leicht geändert und der Text insgesamt um zwei Drittel ergänzt. Ich hoffe, diese Episode fügt sich nahtlos ein. Außerdem wurde dieses "Ich und du"-Ding durch ein "Ich und er"-Ding ersetzt. Ich hab´s versucht, aber als sich dann immer mehr Konstruktionen wie "du gossest" und "du antwortetest" in den Text schlichen, bin ich schließlich daran gescheitert.

X-Franke,

passt aber tatsächlich zu dem Schmuddelwetter, das Hamburg heute heimsucht.
Ach, du schönes Hamburg. Na ja, eigentlich bin ich froh drum. Sonst wärst du wahrscheinlich nicht vor dem PC im Trockenen geblieben und hättest nicht den Text kommentiert:D

Der Text ging mir seltsam nah, denn
Genau auf dieser Ebene scheint der Text zu funktionieren. Jeder findet sich da irgendwo wieder. Stups ihn doch mal in Facebook an ;)

Gern gelesen, war anregend!
Das freut mich sehr. Danke!

Zu dir Wilhelm,

Vielleicht hätte sogar Kürzen die Härte der Lebensbedingungen noch mehr spürbar werden lassen.
Ja, das denke ich auch. Ich werde den Text morgen noch mal durchgehen. Es gibt sicher noch Nebensätze und Füllsel, die der Text nicht braucht.
Neu-Russland mag solch ein Territorium sein. Das verleiht deiner Geschichte
eine hohe Bedeutsamkeit.
Erst heute kurz eine Reportage über die moskauer Jugend gesehen. Da ist ja alles 'ne Gangart härter. Bei manchen Bildern muss man da schon schwer schlucken. Dass du dieser Geschichte hohe Bedeutsamkeit unterstellst, lässt mich glatt zum Schneekönig werden:xmas:
Mit Nachdenklichkeit gelesen von
In erster Linie wollte ich nur unterhalten. Aber wenn dieser Text auch zur Nachdenklichkeit anregen konnte ... mehr kann ein Autor nicht wollen.

Vielen Dank für deine Einschätzung!

 

Hallo Hacke!

Liest sich wunderbar, der Text. Ich finde hier eine Erzählstimme, der ich sehr gerne zuhöre.
Gut finde ich auch dieses typische Zurückerinnern an die Jahre, wo alles nur blauer Himmel war. Ja, und dann das allmähliche Einschleichen einer anderen Seite der Jugend, eine, an die man sich nicht auf Anhieb erinnert, die dunkle Seite, sozusagen.
Ich vermute, du hast bereits viel geändert. Die ursprüngliche Version kenne ich nicht. Ich meine, bei der jetzigen Fassung ist schon sehr viel Bewegung in der Geschichte. Zunächst schlägt die Farbe der Erinnerungen um, von himmelblau in blutrot. Am Ende tut er dann auch etwas, was er ohne Alis Tod, ohne die Erinnerung, nicht gemacht hätte.

Gern gelesen!

 
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Servus Hacke,
zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich seit deinem Debüttext keine deiner Geschichte mehr kommentiert habe. Hat sich halt irgendwie nicht ergeben, gelesen allerdings habe ich einige und deshalb will ich deinen neuen Text jetzt endlich zum Anlass nehmen, dir einmal zu sagen, dass du dich in meinen Augen wirklich weiterentwickelt hast, dass deine intensive Beschäftigung mit dem Forum und den Geschichten hier – du kommentierst ja auch sehr fleißig – bei dir offenbar wirklich Früchte getragen hat. Diese neue Geschichte (ich kenne nur die überarbeitete Version) finde ich nämlich richtig gut, bzw. erwischt sie mich einfach auf dem richtigen Fuß, für so nostalgische Rückblicke in vergangene Jugendtage bin ich nämlich schon sehr empfänglich. Und dir gelingt es hier ausgesprochen gut, die Gefühle des Erzählers zu vermitteln, sowohl die in der Rückblende als auch die gegenwärtigen, also z.B. auch die Melancholie und gleichzeitig die Verklärung, die so manche Erinnerung an die Vergangenheit verfälscht.
Hat mir wirklich gut gefallen.

Ein paar Sachen möchte ich trotzdem anmerken:

Gute Erinnerungen sind wie Alkohol, sie lassen dich den Moment vergessen.
Das klingt mir zu ungenau. Vermutlich meinst du ja den gegenwärtigen Moment.

als sie uns beim Zigarettenklau erwischte,
beim Zigarettenklauen gefiele mir besser.

habe auf den Schlüssel gespukt [gespuckt]

Selbst der Tabak schmeckte besser. Wenn ich mich recht entsinne [Komma] nach Schinken.
Ich glaub zumindest, dass hier ein Komma hingehört, weil „nach Schinken“ ja eigentlich für „schmeckte er nach Schinken“ steht, also eigentlich eine Nebensatzellipse ist. Am besten fragst du Friedel.

Hinter den Rücken der Dorfkinder beobachtete ich, wie Ali seine Wasserflasche in den Tank von Thorstens Bajaj schüttete.
Das ist ungeschickt, wenn nicht sogar missverständlich formuliert, weil sich ja nicht der Erzähler hinter den Rücken befindet.
Besser:
Ich beobachtete, wie Ali hinter den Rücken der Dorfkinder seine Wasserflasche in den Tank von Thorstens Bajaj schüttete.

Der wich zwei Schritte nach Hinten [hinten]

Die Dame unterhielt sich mit einem Mann in orangen Shorts und grünen [grünem] Polohemd.

Thorsten sprang auf Blondschopfes [schöner: Blondschopfs] Sozius

Scharm [Scham] kroch dorthin,

machten voll einen auf Writher [Writer?]

Zum tausendsten Mal sage ich mir, dass [ich] den Punto bald in die Werkstatt bringen müsse

offshore

 

Servus Ernst,

dir einmal zu sagen, dass du dich in meinen Augen wirklich weiterentwickelt hast, dass deine intensive Beschäftigung mit dem Forum und den Geschichten hier – du kommentierst ja auch sehr fleißig – bei dir offenbar wirklich Früchte getragen hat.
Dieses Kompliment rührt mich wirklich. Als Leser der ersten Stunde, so zu sagen, ist mir deine Meinung sehr wichtig! Du warst es, der mich hier im Forum willkommen hieß, und das mit einer aufbauenden Kritik, obwohl die Ortographie zu wünschen übrig ließ. Und ich kenne deinen Rechtschreibfimmel aus dem Off-Topic :P
Danke dafür.

Diese neue Geschichte (ich kenne nur die überarbeitete Version) finde ich nämlich richtig gut, bzw. erwischt sie mich einfach auf dem richtigen Fuß, für so nostalgische Rückblicke in vergangene Jugendtage bin ich nämlich schon sehr empfänglich.
Ich wusste: wenn ich jemanden damit kriegen kann, dann dich, offshore ;)

Deine Paar Sachen habe ich korrigiert:

Das ist ungeschickt, wenn nicht sogar missverständlich formuliert, weil sich ja nicht der Erzähler hinter den Rücken befindet.
Besser:
Ich beobachtete, wie Ali hinter den Rücken der Dorfkinder seine Wasserflasche in den Tank von Thorstens Bajaj schüttete.
Wurde so übernommen.

Das klingt mir zu ungenau. Vermutlich meinst du ja den gegenwärtigen Moment.
Ja, genau den mein ich. Aber gegenwärtig klingt für mich etwas ungelenk. Hier grübel ich noch mal nach. Normalerweise bin ich da rigoros und schmeiße das raus, aber ein Vorredner hat geäußert, dass ihn besonders dieser Satz gefiel. Hm, mal sehen.

Danke für die Hilfe und schöne Grüße

Hacke

 
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„Ich brauch auch keine elf Sekunden mehr auf hundert Meter“,
eigene Aussage​

Wir waren uns Familie genug, haben unsere eigenen Geschichten –
also eigene „Geschichte“ als Historie. Stammesgeschichte einer Freundschaft – womit meine erste Definition des Titels Wirklichkeit wird,
Territorium, ein Gebiet das von einem Lebewesen oder einer Sozietät gegen andere Lebewesen verteidigt wird, vom Flächenstaat bis hinab zum Revier des Rüden
Wobei
KT - Kings Town
eher an Realschüler (also max. 16/17jährige wie ich, Rimbaud lesend, denken lässt, die den Apostroph gefressen haben (andernfalls hieße es Kingsto[w]n, Kings’ Town oder King’s Town (letztgenanntes wäre dann korrekt) und ähnelte dem Hunderevier, wobei das Rudel tatsächlich mit zwo Individuen beginnt.

Nachtag, ohne dass ich nachtragend wäre:
Sprach Ali nicht Kanakdeutsch?
Alle Söhne Osmans, die ich kenn, sprechen besser diutisc als mancher Eingeborene. Aber ich kenn auch die Generation davor. Und Ähnliches geschieht nun mit Leuten der arabischen Zunge ...

Und

lieber Hacke,

freilich, dass „gute Erinnerungen“, eben „Geschichten“, Geschichte als geronnenes Geschehen, wie Alkohol wären, hängt gewaltig ab vom Lebendgewicht, der Konstitution, was und wann einer das letzte Mal gegessen hat, wozu sich dann noch die Kondition, d. h. die Gewohnheit ans gerade „genossene“ Gesöff gesellt. Alles ungünstige Bedingungen, dass nur die Gegenwart – mehr ist Zeit ja gar nicht, Präteritum und Futur mit’n bissken Konjunktiv (der allerdings ist das alles Beherrschende: Aus dem, was nicht möglich ist, wird nix [Herrgott, ich bin doch gar kein Theologe und schon gar kein Moralprediger!]

Wenn ich Dir jetzt noch verrate, dass weder mein Bruder noch ich, aber unser Vater das A Team für sein Leben gern gesehn hat – da fall ich sogar noch überrascht um und weiß, It All Comes Back (ein hörenswerter, extrem lässig eingespielter Titel der Paul Butterfield’s Better Days, 1973).

Geschichte als Zyklus.

Kennstu Don DeLillo – Deine Geschichte erinnert mich wie eine Episode aus seinem Werk, als wär’s eine nach good old Germany verfrachtete Erzählung aus „Unterwelt“, ein Roman, der von der Journaille in einer Reihe mit dem Ulysses aufgezählt wird – passend zur Jahrtausendwende erschienen. Was nicht heißen soll, dass Du einer von denen wärst. Aber erinnern darf man sich doch ... und über Nähe wundern.

Schluss mit Sentimentalitäten! Einmal klappert die Fälle-Falle

Der Blondschopf, wegen dem wir verloren hatten, packte Thorsten an der Schulter, …
„wegen“ ruft an sich nach dem Genitiv (dessentwegen wir verloren …) aber in der gesprochenen Sprache regiert der Dativ. Und Du erzählst ja gerade aus Deiner Jugend … Doch dann versagt die Hilfestellung, besser wäre
Die Dame unterhielt sich mit einem Mann in orangen[en] Shorts und grüne[m] Polohemd.

Es ist wieder Zeit, ein kräftiges Rot in das Grau zu sprayen,
wie wahr!, ruft der

Friedel

 

Hi Hacke

bester Satz: Gute Erinnerungen sind wie Alkohol, sie lassen dich den Moment vergessen. Klaue ich bei Gelegenheit!

Geile Geschichte, Hacke. Ich liebe solche Sachen. Melancholisch, hart auch, packend. Ja, man kann da mehr draus machen, könnte auch ein Romananfang sein, aber alles könnte ein Romananfang sein.
Hier, in dem versinkt man, da bleibt auch Platz, der atmet, ich finde auch gut, dass einiges im Unklaren bleibt, Alis Tod, den füllt jeder für sich auf.

Gerne gelesen.

Gruss, Jimmy

 

Grüß dich Friedrichard,

„Ich brauch auch keine elf Sekunden mehr auf hundert Meter“,
Guter Satz! Den solltest du mal in 'ne Geschichte packen.

Sprach Ali nicht Kanakdeutsch?
Ist halt immer schwierig, so etwas pauschalisieren. Also, die sind ja teilweise schon in der zweiten, dritten Generation hier. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn man auf die Frage, woher kommst du denn, die Antwort, aus meiner Mama erhält.

[Herrgott, ich bin doch gar kein Theologe und schon gar kein Moralprediger!]
Ein Glück! Hätte mich jetzt echt gewundert.

Wenn ich Dir jetzt noch verrate, dass weder mein Bruder noch ich, aber unser Vater das A Team für sein Leben gern gesehn hat – da fall ich sogar noch überrascht um und weiß, It All Comes Back
Da fällt mir der Satz aus der Folge "True Detectives" - gute Serie übrigens! -, die ich gestern gesehen habe wieder ein: die Zeit ist ein flacher Kreis.

Kennstu Don DeLillo
Nee, also schon gehört, wollte ich auch schon lesen, bin aber nicht zu gekommen, jetzt, wo du's erwähnst und auch noch Parallelen zu diesem Text hier herstellst, werd ich das jetzt nachholen. Hab sogar schon meinen Eintrag unter "Welches Buch liest du gerade" geändert - siehste?

Hey Jimmy,

bester Satz: Gute Erinnerungen sind wie Alkohol, sie lassen dich den Moment vergessen. Klaue ich bei Gelegenheit!
Danke :D Hast Glück, dass die Sprache jeden und somit auch dir gehört! Würde mich freuen, ihn in einem deiner künftigen Texte zu lesen.

Geile Geschichte, Hacke. Ich liebe solche Sachen. Melancholisch, hart auch, packend. Ja, man kann da mehr draus machen, könnte auch ein Romananfang sein, aber alles könnte ein Romananfang sein.
Hier, in dem versinkt man, da bleibt auch Platz, der atmet, ich finde auch gut, dass einiges im Unklaren bleibt, Alis Tod, den füllt jeder für sich auf.
So ziemlich die gleichen Gedanken gingen mir durch den Kopf, nachdem ich eine deiner Geschichten gelesen hab. Schön, dass mir das umgekehrt gelungen ist und danke, dass du mir deine Einschätzung mitgeteilt hast.

Fröhliche Grüße

Hacke

... und gesegnete Feiertage euch beiden!

 
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Hallo Hacke,

vor ein paar Tagen haben sie im Berliner Radio Eins einen Song von Feeling B (Artig finde ich gerade nicht, aber hier ist was anderes von denen) gespielt, eine Punkband, die so um 1990 viele Kids hier kannten. Ich hatte mir gerade vom Vietnamesen etwas zu essen geholt und hörte den Song im Autoradio, während ich durch die Kastanienallee fuhr. Sofort war dann auch die Erinnerung da, wie der PrenzlBerg mal ausgesehen hat und wie unser Leben damals so war, chaotisch und … naja, vor allem chaotisch.

Solche Reminiszenzen, wie Du sie in Deiner Geschichte beschreibst, haben meist etwas melancholisches an sich, weil sie uns bewusst machen, dass wir etwas verloren haben – einen Freund, eine Heimat oder auch ein Ideal. Sie machen uns aber auch bewusst, dass wir in vielerlei Hinsicht versagt haben. Nur die übelsten Menschen können in ihrem Leben zurückblicken, ohne eine Spur von Scham zu empfinden.

Und von allen Selbstvorwürfen, die man sich so machen kann, wiegt Feigheit besonders schwer. Deshalb ist das Dilemma Deines Erzählers gut nachzuvollziehen. Wieviel würde er dafür geben, noch einmal in diese Situation zurückzukehren, um das zu korrigieren?

Die Geschichte hat mir inhaltlich und auch von der gewählten Sprache sehr gut gefallen. Für mich wird darin ein Grundkonflikt menschlicher Lebenserfahrung deutlich, nämlich das Leiden an unseren eigenen Handlungen in der Vergangenheit. Sehr gern gelesen.

Gruß Achillus

Edit: Habe gerade noch ein Video gefunden, das meinen oben beschriebenen Eindruck gut rüberbringt. Die Skeptiker gehörten wie Feeling B, Sandow, TTO und Foyer Des Arts für uns zu den wichtigsten Bands dieser Zeit.

 

Hallo Achillus,

danke für deine Einschätzung und Gedanken zum Text. Es muss nicht immer so drastisch sein, wie in dieser Geschichte, dass erst eine Beerdigung und der anschließende Besuch des "Territoriums" die Erinnerungen an etwas wecken. Ein Song im Radio reicht da völlig.
Von daher war dein Beitrag sehr inspirierend. So könnte man gut eine Geschichte auf zwei Ebenen aufbauen, ähnlich wie diese gestaltet ist. Mit den Songs könnte man wirklich gute Übergänge schaffen. So in der Art: Ich fahre durch die Kastanienallee und drehe das Autoradio lauter. Artig von Feeling B.
Der Song lief auch auf der Party, erinnere ich mich. Er drang durch die Tür zu uns auf den Gang. Sandra und ich saßen auf den kalten Kacheln an die Wand gelehnt. Blut lief ihr aus der Nase ...
Auf Spotify hab ich das Lied übrigens gefunden.

Wieviel würde er dafür geben, noch einmal in diese Situation zurückzukehren, um das zu korrigieren?
Jeder kommt mal an den Punkt, da er sich diese Frage stellt, denke ich. Ernst hat diese Überlegung auch in einer Geschichte aufgegriffen und sehr ellegant umgesetzt. Wer zum Teufel ist Uli?

Die Geschichte hat mir inhaltlich und auch von der gewählten Sprache sehr gut gefallen.
Das freut mich unheimlich!
Das Video ist gut! Der etwas andere Tourguide :D Erinnert mich daran, dass ich unbedingt mal wieder nach Berlin muss. Auch wenn sich seitdem sicher einiges verändert hat, Berlin bleibt ein schöner Fleck.

Schönes Wochenende wünsche ich,

Hacke

 
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Lieber Hacke,

das ist ja ne richtig tolle Geschichte geworden. Gut geschrieben, aber auch inhaltlich eine konsequente Weiterentwicklung der Ursprungs-Story. Der Raum für Interpretation und eigene Gedanken ist jetzt natürlich kleiner, klar. Eine echte Handlung ist an die Stelle getreten, an der vorher nur Anfang und Ende standen. Das funktioniert für mich. Dein Text schlägt sehr treffend in diese Jugenderinnerungs-Kerbe, in der sich auch viele dieser german singer/songwriter ergehen. Manchmal ist das sehr abgedroschen und kalkuliert (Bosse - Geile Zeit). Du schaffst den Spagat, streifst nur an wenigen Stellen etwas zu sehr am Kitsch. Hier bspw. ...

Alles war wärmer. In der Wettervorhersage höre ich ständig: der wärmste Juli seit Wetteraufzeichnung; der sonnigste September seit 1981. Die Sommer unserer Jugend haben sie wohl vergessen. Nach der Schule ab ins Freibad – jeden Tag. Es war spannend, den Mädchen im Bikini hinterherzugucken, die wir sonst nur im Pausenhof zu sehen bekamen.

... muss ich immer an so eine großväterliche Stimme aus dem Off denken, die etwas erzählt, während Filmbilder in Sepia an mir vorbei flimmern und am Ende wird das Produkt vorgestellt, dass es damals schon gab, Werthers Original, Punica oder sowas. Das mag allerdings auch absichtlich so gewählt sein, um genau diese Sentimentalität zu bedienen. Wie gesagt, du löst das sehr gut und triffst mehrheitlich den richtigen Ton. Die Rauferei hast du mit dem ganzen Gewicht einer jugendlichen Innensicht geschildert - Spannend!

Insgesamt eine geglückte Weiterentwicklung des ursprünglichen Konzepts.

X-Franke

 

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