Was ist neu

Tapas

Monster-WG
Seniors
Beitritt
10.09.2014
Beiträge
1.782
Zuletzt bearbeitet:

Tapas

Noch im Morgenrock verschanzt sich Don Alfonso hinter der Zeitung.
Es könnte ebenso gut ein Bretterzaun sein, es gibt nichts mehr zu sagen. Wortlos bringt Gattin Barbara Marmeladentoast und Kaffee.
Den veredelt er mit einem Schuss Brandy und geht wieder schlafen, oder er ist weg wie der Blitz und flüchtet in die rosigen Arme von Maria. Gleitende Arbeitszeit erhöht die Lebensqualität.
Er ist ein stattlicher Mann mittleren Alters, volles Haar hat er, leicht gelockt.
Oft gönnt er sich den Luxus einer fachmännischen Rasur, speziell wegen seines Menjous.
„Buenos Dias, Don Alfonso!“ Der Barbier beklagt die Gluthitze, schimpft über den Abstieg von FC Sevilla und schließt mit der Frage: „Ich hoffe, es geht Ihnen gut – und der Frau Gemahlin?“
D.A. hat nur seine herrliche Maria im Kopf, aber er sagt: „Ach ja, der geht’s gut. Keine Kinder und ein pflegeleichter Ehemann, der das Geld ranschafft.“
„Na, hoffentlich bleibt’s so“, sagt der Mann mit dem Rasiermesser. "Die Stadt ist ja pleite. Jetzt wollen sie über vierzig Stellen streichen.“
„Kommt davon, wenn man Euros wie Peseten verpulvert“, erwidert D.A. gereizt.
Vermutlich steht auch er auf der Abschussliste.

Don Alfonso ist Mitglied einiger Vereine und Bruderschaften – Zusammenballungen nicht ausgelasteter Männer, die sich zu Tradition und rechtem Glauben bekennen. Deren Treffen verlaufen meist einvernehmlich und kultiviert – solange die Politik ausgespart bleibt. Dann aber bricht schon mal ein Weinkrug, ein Stuhl, ein Nasenbein. Das sind jedoch Ausnahmen.
Don Alfonso arbeitet im städtischen Fundbüro, oder treffender gesagt: Er ist dort hin und wieder anzutreffen. Er hat eine Chefin über sich und sieben oder acht Kollegen um sich. Aber Gedränge entsteht selten, denn ungefähr die Hälfte der geschätzten Mitarbeiter ist nicht präsent. Krankheiten, eigene und noch schlimmere bei den engsten Familienmitgliedern, gar Todesfälle, Einbrüche, das Auto steckt ohne eigenes Verschulden in einem Blechhaufen mit anderen Kontrahenten, ausströmendes Gas oder Wasser, Wohnungsbrand, gebrochene Arme und Beine – was für eine Welt!
Meist trifft man sich im Park bei Tía Rosalia; die führt ein Speak-easy, das wegen der Steuer als Soft-Ice-Pavillon firmiert. Der gute Schnaps wird hier wie zu Zeiten der Prohibition unter dem Ladentisch ausgeschenkt, in schmucken Espressotassen. Hier treten die dienstlichen Angelegenheiten in den Hintergrund, hier trifft Mensch auf Mensch. Und niemals können sie sich genug wundern, wie unterschiedlich schnell die Zeit im Büro oder bei Tía Rosalia vergeht.


Nach der Scheidung hat Don Alfonso seine Habseligkeiten zusammengepackt und sich in eine winzige, dafür billige Hinterhofwohnung zurückgezogen. Endlich wieder ein freier Mann sein, ohne die ständig zunehmende Pedanterie und Streitsucht seiner ehemaligen Gattin Barbara!
Wenn er daran denkt, welche Unsummen für Coiffeur, Kleider, Modezeitschriften, Kosmetik und den ganzen Zinnober monatlich zu bezahlen waren, dann gratuliert er sich. Mit dieser neuen Adresse lebt es sich billig.
Leider sagt sein Bauch – der ist realistischer als sein Kopf – etwas anderes. Sagt genau das, was er nicht wahrhaben will. Von privatem Weltuntergang spricht er, von überzogenen Konten und Einsamkeit.
In alter Gewohnheit möchte Don Alfonso diese unangenehmen Wahrheiten mit etwas Alkoholischem wie mit einem nassen Lappen wegwischen.
Alkohol war ihm stets verständnisvoller, wärmender Kumpel, hielt ihm so viel vom Leibe, was unerfreulich war. Doch nun lässt ihn das Wundermittel hängen. Es eignet sich nicht, Katastrofen in freudige Ereignisse zu verwandeln. Schmutzig-graue Wände bedrängen und umzingeln ihn in dieser ungewohnten Enge. Die niedrige Decke drückt ihn zu Boden, es lärmt im Hof.
Auch die niedrige Miete stellt sich als arge Täuschung heraus: In diesem schrecklichen Loch kann er seine Abende nicht verbringen, es sei denn, er möchte wie Millionen vor dem Bildschirm abstumpfen, einschlafen und aufschrecken, mit zuckenden Gliedern und einer großen Unzufriedenheit.
Also hinaus ins bunte Leben! Sevillas Altstadt ist quirlig und schrill, die Bars sind umlagert, schöne Frauen, Männer mit markantem Profil.
Er überprüft sein Aussehen auf der Toilette. Ja, gut sieht er aus.
Das Problem ist die Kommunikation. Obwohl sie alle, auch die Dunkelhäutigen, seine Sprache sprechen, kommt er nicht an sie heran. Sie halten ihn für etwas Besseres, für einen Granden.
D.A. stochert lustlos in seinen Tapas. Eine Zumutung zu diesen Preisen, fettig und schlaff – ohne Temperament, ohne Andalusiens Seele. Er nimmt noch einen Sherry, hofft lockerer zu werden, doch er versteift sich.

Schimären belauern Don Alfonso in der Nacht. Albträume plagen ihn, die Angst vor dem, was kommt, vor der befürchteten Kündigung. Er verspürt Antriebslosigkeit und Müdigkeit.
Er will sich nicht um den Schlaf bringen, indem er an die nächste Zeit denkt, doch all diese Scheißgedanken lassen sich nicht abstreifen wie lästiges Ungeziefer. Sie kleben wie Blutegel an ihm, widerlich – diese scheußlichen Visionen, in nicht allzu ferner Zeit das Rasierwasser aus dem Fluss zu schöpfen, die Pappkartons neu zu ordnen für die nächste Nacht unter der Brücke und Bananen zu klauen aus dem Container hinter dem Supermarkt.
Ein flüchtiger Schlaf überkommt ihn, in diesem traurigen Bettchen; seine Träume sind die genaue Kopie der Gedanken, die er tagsüber nicht denken will.

Doch präzis an seinem einundfünfzigsten Geburtstag, ohnehin ein regnerischer Tag, kracht das Firmament mit allen Wolkenmassen auf Don Alfonsos gepflegte Locken. Ein gewisser Brief wird ihm gegen Unterschrift ausgehändigt. D.A. kann sich das Öffnen ersparen – er kennt den Inhalt bereits und seine fliegenden Finger würden diese schwierige Operation eh nicht zuwege bringen.
Ihn überkommt ein unwirkliches, taubes Gefühl. Er lehnt sich abwesend an die Wand, presst die Handflächen gegen den kühlen Kalk, rutscht langsam nach unten.
Wie auf einem defekten Bildschirm verlieren sich die Farben, das verbliebene Schwarz-Weiß versucht sich noch in Kästchen zu ordnen, doch die Ordnung kommt nicht mehr zustande, die Kästchen purzeln durcheinander und fallen neben ihm auf den Boden. Aus.
Und es gibt auf der ganzen Welt kein Getränk, was ihm hier wieder heraushilft und eine schöne Fata Morgana vorgaukelt – ein unklares, dennoch verheißungsvolles Bild von Morgen und Zukunft. Der Bildschirm ist leer.

Ein Jahr später wohnt Don Alfonso am Fluss.
Eigentlich haust er da. Ein aufgegebenes Bootshaus hat er sich ausgesucht. Zur Hälfte steht es auf Pfählen, das Uferteil besteht aus bröckeligem Gemäuer. Das Dach taugt nicht viel und seine Reparaturbemühungen mit viel Folie ebenso wenig.
Hier zu leben ist schwierig. Zwar hat das Bootshaus eine ganz ordentliche Tür, eigentlich ein kleines Tor mit zwei hölzernen Flügeln, doch die Rückseite zum Fluss hin ist völlig offen. D.A. hat nur die Möglichkeit, den vorderen gemauerten und notfalls bewohnbaren Teil zum Wasser hin abzutrennen.
Wie und mit wessen Hilfe muss er noch herausfinden. Hier schwappt nicht Flusswasser, sondern Verbitterung an seine Seele – bislang hat es noch kein Mensch für nötig gehalten, mal auf einen Schwatz herzukommen. Er scheint für seine früheren Freunde, Kollegen und Kumpane die Eigenschaften der Flussgeister angenommen zu haben: Man weiß, dass es sie gibt, doch muss man ihretwegen nicht zum Ufer gehen, denn wer dort haust, kann einem nichts nützen.
Eine seltsame Mixtur braut sich in Don Alfonso zusammen. Groll, Wut und Enttäuschung gären in ihm, erhitzen sein Blut weit über den Siedepunkt. Ein kostbares Destillat entsteht: trotziger Stolz.

Der Zementsack wiegt fünfzig Kilo. Don Alfonso spuckt in die Hände, doch sie gleiten kraftlos ab am straffen braunen Papier.
Auf sich allein gestellt, verzichtet er beim zweiten Versuch auf Speichel und Theater, strengt sich doppelt an – und siehe, der Sack bewegt sich dorthin, wohin D.A. befiehlt.
Caramba! Diese sogenannten Freunde, mit denen er bei Tia Rosalia das zu Herzen gehende Lied „Kameraden für’s Leben“ eng umschlungen gesungen und brennenden Schnaps gesoffen hat, die alle können ihn am Arsch lecken. Gestohlen sollen sie ihm bleiben mit ihren einfältigen Ansichten und ihrer Behäbigkeit. Er, Don Alfonso, wird ihnen und dem schäbigen Rest der Welt zeigen, was ein echter Kerl ist, einer, der Zementsäcke stemmt und im Fluss badet, wo diese Trottel unter der warmen Dusche stehen und trotzdem frieren.

Das mit der Trennmauer kriegt er ganz ordentlich hin, und über dem Eingang wölbt sich jetzt ein hübsches Vordach. Da werden Wein ranken und Clematis blühen.
Dann geht er mit entschlossenem Schritt zum Tor. Mit leuchtenden Farben jagt er dieses stupide Graugrün zum Teufel. Eine bunte Welt entsteht mit gekrönten Vögeln, Schachtelhalm und Pinien, Schnecken mit freundlichen Gesichtern, mit Granatäpfeln und Delphinen. Ein Kunstwerk, ganz ohne Frage.
D.A. hat nicht Blut, sondern Farbe geleckt.
Er kauft Leinwand, mehr Farben, eine Staffelei. Eine sonderbare Faszination überkommt ihn, ein tranceartiger Zustand. Er beginnt zu malen, wie das Medium eines guten Geistes, mit Leib und Seele. Die führen seinen Pinsel und er lässt es zu.
Er gewinnt Sicherheit, seine Farben werden kräftiger, mutiger. Oft geht die Fantasie mit ihm durch, diese neue großartige Freiheit, den Strom hinunter, über die Meere dieser Welt mit immer größeren Segeln, bis weit über die Wolken hinaus. Er wird kühn und kühner, seine Bilder geraten ihm immer besser; nicht das Motiv, sondern die Farbe ist seine Stärke. Er beweist sich und der Welt, dass er mehr drauf hat, als Akten zu sortieren oder bei Tía Rosalia zu sitzen.

Über zwei oder drei Jahre muss man nicht viele Worte verlieren. Zeit kommt und verschwindet, unterhält uns mit dem Spiel der Jahreszeiten, dimmt das Licht überm Spiegel. Sie treibt mit uns Schabernack, oftmals böse – streicht falsch wie eine Katze um die Beine und tätschelt uns zum Geburtstag tröstend die Wangen. Sie gurrt ein bisschen wie die alles bescheißenden Tauben und lullt uns ein.
Doch genau diese Zeit reichte Don Alfonso, das Bootshaus zur schönsten Gartenlaube, zum originellsten Wohnhäuschen herzurichten. Schon von weitem hört man das Knattern der fröhlichen Fahnen im Wind. Wie bei einem Dreimaster hat er drei ausgediente Ladebäume aufgestellt und beflaggt.
Sein letztes Bild „Infierno“, eine beunruhigende, fast alarmierende Farbattacke im Zentrum, doch harmonisch und elegant ausklingend an den Seiten, hat ihm viel Geld eingebracht.
Der Kosmos des Don Alfonso muss kein Schwarzes Loch befürchten, ganz im Gegenteil – er dehnt sich aus.

Am meisten vermisst er Maria. Seit das Unheil seinen Lauf nahm, hat er sich nicht mehr gemeldet. Tausendmal Anlauf genommen, doch nie die letzte Ziffer gedrückt. Er weiß nicht, ob aus Scham, oder aus Furcht, ihr Mitgefühl könne ihn noch depressiver machen. Nur einmal hat er ihre Nummer vollständig gewählt. Von ihrer Schwester erfuhr er, dass Maria in London ist. Er erinnert sich nicht, wie er das Gespräch beendet hat, aber er weiß noch, dass er sich unendlich verlassen fühlte.
Das ist noch heute so. Er muss sie um jeden Preis wiedersehen. Aber vielleicht hat sie ihr Glück gefunden, mit einem Mann, der erfolgreich ist, der nicht stundenlang ins graue Wasser stiert.
Je mehr er an sie denkt, umso mehr vermisst er sie. Aber vielleicht würde sie ihn gar nicht wiedererkennen.
Jetzt trägt er eine Löwenmähne, silbergesträhnt und einen wirklich männlichen Vollbart. Er sieht grandios aus.


Der neue gläserne Anbau zieht die Leute magisch an. ‚Alfonso’s Bodega’ ist ein glitzerndes Ding am Fluss, hier ist der Teufel los.
Die Idee, statt der üblichen Tapas kleine Köstlichkeiten zu servieren, hat mit seinen eigenen Erfahrungen zu tun. Seine Leute hat er trainieren lassen von einem Coach aus Kalifornien.
Tortilla? Ein krosses Rondell von Kartoffelscheiben mit Bellota-Schinken und Wachtelspiegelei. Calamares? Superzart, leuchtend weiß und knallrot aus dem Wok mit Espelettepfeffer und Frühlingslauch. Oder Stockfisch? Eine wunderbare Mousse zwischen splitterndem Sesamblätterteig, mit Limonenhauch. Der Andrang ist überwältigend. Teuflische Spießchen vom Iberico-Schweinebauch mit Oktopus und grünen Chillies auf mandeligem Süßkartoffelpüree; himmlische Muscheln mit Konfetti von geräuchertem Knofel, Pimientos, Koriander und Kichererbsen.
Fröhlicher, ausgelassener Stimmenlärm weht übers Wasser, bunte Lichter tanzen darin.
Ja, da scheiden sich die Geister. Die Neider, meist frühere Kollegen und Bürokraten, die sehen, wie einer von ihnen in kürzester Zeit steinreich wird, ersinnen in ihrer reichlich vorhandenen Zeit viele Schikanen und unnötige Hindernisse, um einen galoppierenden Mustang zu bändigen. Aber dieser Mustang kann nicht eingefangen werden – zu viele schöne Frauen himmeln ihn an, würden sofort bereit sein, wenn er nur ein bisschen Zeit für sie erübrigen könnte. Doch seit dem vierten Oktober haben sie keine Chance.

An diesem Tag kommt er vom Großmarkt, packt kräftig mit an, um die erstandenen Schätze ins Lager oder Kühlhaus zu tragen. Eine Radfahrerin mit großer Sonnenbrille studiert die Preisliste neben dem Eingang. Weil D.A. kaum über die Kartons auf seinen Armen schauen kann, sieht er nur ihr Haar.
Er ist schon auf der Schwelle, da hält er plötzlich inne. Vollbeladen und verschwitzt dreht er sich unendlich langsam um und die Frau rückt Stück für Stück in sein Blickfeld. Er mustert sie mit kugelrunden Augen, lässt den Mund offen, die Arme sinken, die Kartons fallen runter. Einer platzt auf; Oliven und Glasscherben vermischen sich.
Gleichzeitig geht die Frau mit ihm in die Hocke, um die Scherben aufzusammeln.
Ihre Blicke treffen sich, doch sie schauen scheu wieder weg. Das wiederholt sich in immer kürzeren Abständen, bis sie einander fest anschauen. „Alfonso? Sind Sie Alfonso?“, sagt die Frau. „Und du bist Maria“, sagt Alfonso und nimmt ihr die Sonnenbrille ab. Sie umfassen sich, mit Weinen und Lachen schrauben sie sich wieder nach oben, pressen sich aneinander, bekommen fast keine Luft. Er schnauft atemlos: „How do you do?”, und sie knufft ihn kräftig. Alfonsos Leute tragen die restlichen Waren in die Bodega, ordnen Tische und Stühle, einer fegt die Terrasse, macht einen schönen Bogen um die beiden, ein weißes Schiff gleitet vorüber, Matrosen, Autos, Müßiggänger, Radfahrer, Leute mit Hund – die beiden stehen umschlungen auf einer winzigen ungefegten Insel, unerreichbar vom Lauf der Welt.

Wenn jetzt D.A. gefragt wird, wann er geboren ist, dann weiß er das ganz genau: „Vor sechs Jahren“, dabei macht er eine ausholende Bewegung über seinen turbulenten Laden, „das ist mein Geburtshaus.“
Das gesunde Leben am Fluss, die gute Luft, ausreichend Liebe und die köstlichen Tapas eigener Herstellung sind die beste Basis für einen erstrebenswerten hundertsten Geburtstag. Er wird ihn erleben – ohne den geringsten Zweifel. Da wäre er gerade mal dreiundvierzig Jahre alt.

 

Gude josefelipe,

ich bin angesichts deiner üppigen Geschichte etwas ratlos, muss ich zugeben. Ich versuche mich trotzdem mal an einem Kommentar.
Es kommt mir zunächst so vor, als würde "Citizen Kane" vor mir ablaufen, aber diesmal mit einem spanischen Protagonisten, der auch gar keine großen Ambitionen hat. Er fällt eher durchs Leben, bis er ganz unten landet, dann arbeitet er sich wieder hoch, trifft per Zufall/Deus ex Machina seine alte Liebe und alles ist gut.

Die Handlung ist durchaus in sich stimmig und hat keine unlogischen Brüche. Aber mir fehlt der rote Faden. Es ist mehr eine Biografie als eine bestimmte Erzählung. Keine Satire, dafür sind die gesellschaftlichen Anmerkungen zu wenig und zu blass, keine Romanze, dafür taucht Maria zu lange ab, kein Thriller, denn wirkliche Angst verspüre ich nie um D.A.
Insgesamt streust du viele, kleine Details zur Welt des Protagonisten, wie den Bruderschaften oder dem Klischee fauler, arbeitsscheuer Südländer (das mich in der Form etwas gelangweilt hat). Es passt zu deiner Art von Geschichte, dass du das wenigste davon wieder aufgreifst und ich finde es hat für eine Rahmung gesorgt, sobald ich mich drauf eingelassen habe. Aber erst musste bei mir ankommen, dass hier nicht jeder Satz streng auf die Prämisse hingeschnitten ist.
Aber was genau ist denn hier gemeint:

Vermutlich steht auch er auf der Abschussliste.
Das blieb für mich im Dunkeln.

Und hier sehe ich einen zwar nicht unlogischen, aber für mich doch zu plötzlichen Bruch:

Denn schon wieder mussten zwei – eigentlich unersetzbare – Mitarbeiter blühenden Aussehens den Dienst quittieren, um etwas früher in den dringend notwendigen Ruhestand zu wechseln.
...
Nach der Scheidung hat Don Alfonso seine Habseligkeiten zusammengepackt

Und hier kommt der Bogen zurück zu Maria - die nicht ein einziges mal seit dem obigen Bruch vorkommt. Natürlich frage ich mich als Leser, was da eigentlich passiert ist, aber als sie wieder auftaucht kommt das sehr plötzlich. Beinah gewaltsam werden wieder alle Gefühle rausgepresst, die über die vorigen Absätze abgeschaltet scheinen.
Am meisten vermisst er Maria.
Wenn dir das wichtig ist und damit man die Gefühle D.A.s auch besser mitgehen kann, würde ich dir vorschlagen, die "Angebetete" nicht so lange außen vor zu lassen.

Der Stil deiner Geschichte gefällt mir insgesamt gut, es schwingt eine Erzählstimme mit. Aber gerade die ersten Zeilen sind ihrer Struktur und Formulierungen nach fast schon Lyrik, keine Prosa. Wenn du willst, füge ich dir ein paar Zeilenbrüche ein und es sieht auch noch aus wie ein Gedicht ;)
Das ist an sich ja kein Problem, bricht für mich nur mit späteren Ausrufen, z.B. "Caramba!". Vielleicht soll das ja ein bewusster Bruch sein, aber den habe ich zumindest nicht natürlich gefühlt, sondern mir höchstens etwas gedacht.

Über Titel kann man natürlich immer trefflich streiten. Ob "Tapas" jetzt das ist, was diese Geschichte ausmacht? Kommt zumindest an nicht unwichtigen Punkten stichwortgebend vor.

Insgesamt finde ich deine Geschichte originell, aber für mich könnte neben den oben angeführten Punkten auch mehr Substanz dran sein, z.B. die ganze Vorgeschichte von D.A.. Mein oben genanntes Beispiel (als Vergleich etwas überstrapaziert) "Citizen Kane" fängt ja in der frühen Kindheit an.
Mir scheint, dass der Text ein erster Entwurf ist und ich denke auf diesem Fundament kannst du aufbauen.


Liebe Grüße,
Vulkangestein

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Vulkangestein,

Dein Kommentar fängt schon falsch an:mad:. Statt zu schreiben, wie toll und amüsant die Geschichte ist, kommst Du mir mit Ratlosigkeit:

... ich bin angesichts deiner üppigen Geschichte etwas ratlos, ...
Das ist verdammt bedauerlich! ‚... da bin ich ratlos’ oder ‚da bleibe ich/lässt mich ratlos zurück’ sind zwar fürchterliche Phrasen, schon tausendmal gehört, aber sei’s drum.
Das muss ich schlucken – ob’s mir passt oder nicht. Im Grunde genommen sollte ich mich für Deinen Post bedanken, vielleicht noch sagen, dass es mir leid tut, Deine Erwartungen nicht erfüllt zu haben und mich verabschieden.

Es hat wohl wenig Sinn, mit einem Leser / Kommentator zu diskutieren, wenn die Wellenlängen grundverschieden sind. Ich werde beides tun:
Liebe® Vulkangestein (schöner Nick!!), herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Hat mich sehr gefreut, allerdings auch nicht. Es tut mir sehr leid, dass Dir meine Geschichte nicht gefallen hat, aber besser kann ich es nicht. Ich werde in Zukunft meine Texte sorgfältiger bearbeiten, und vielleicht gefällt Dir mal eine meiner nächsten KGs. Das wäre sehr schön.

Herzlichst
José

Oder ich setzte mich mit Deinen Einwänden total cool auseinander, obwohl dann offensichtlich ist, dass ich die beleidigte Leberwurst bin, die auch auf konstruktive Kritik patzig reagiert. Lass mal gucken:

Es kommt mir zunächst so vor, als würde "Citizen Kane" vor mir ablaufen, ...
Den kenn’ ich nicht und kann auch nicht einschätzen, ob diese Bemerkung gut oder böse ist.
... diesmal mit einem spanischen Protagonisten, der auch gar keine großen Ambitionen hat. Er fällt eher durchs Leben, bis er ganz unten landet, dann arbeitet er sich wieder hoch, trifft per Zufall/Deus ex Machina seine alte Liebe und alles ist gut.
Ja, stimmt. Dieses Lateinische allerdings verunsichert mich.
Die Handlung ist durchaus in sich stimmig und hat keine unlogischen Brüche.
Das sollte ich eigentlich fett zitieren. Ich mach’s auch. Hat damit zu tun, dass Du dann scheibchenweise das Gegenteil behauptest. Denn schon der nächste Satz widerspricht dem:
Aber mir fehlt der rote Faden.
Die Handlung ist stimmig und hat keine unlogischen Brüche, aber Dir fehlt der rote Faden!?

Der Kommentierte in unserem Forum muss nicht jeden Kommentar widerspruchslos hinnehmen, und wenn ich wie in unserem Fall das deutliche Gefühl habe, dass mein Text durch ein fleischwolfartiges Gewinde gedreht wird, bevor er durch ein feines Sieb gestrichen wird, dann protestiere ich.
Konstruktiv ist das nicht, eher scheint es mir unnötig umständliches Palaver. Fast keine Deiner Bemerkungen kann ich nachvollziehen, weil sie sich entweder widersprechen und an den Haaren herbeigezogen sind. Ich habe Zeit und arbeite mich von oben nach unten durch:

Es ist mehr eine Biografie ...
Mein oben genanntes Beispiel (als Vergleich etwas überstrapaziert) "Citizen Kane" fängt ja in der frühen Kindheit an.
Biografie eben, oder?
Keine Satire, dafür sind die gesellschaftlichen Anmerkungen zu wenig und zu blass, ...
Auch kein Regenwetter, dafür scheint die Sonne viel zu viel.
... keine Romanze, dafür taucht Maria zu lange ab, ...
Auch kein Tango, dafür haut die Marschmusik viel zu sehr durch.
... kein Thriller, denn wirkliche Angst verspüre ich nie um D.A.
Solltest Du auch nicht – es ist wirklich kein Thriller.
... Klischee fauler, arbeitsscheuer Südländer (das mich in der Form etwas gelangweilt hat).
Das kann ich nicht ernst nehmen, denn ein Klischee bestätigt immer die Tatsachen. Aber dass es träge deutsche Beamte gibt, ist wirklich nur ein Klischee:D.
Im übrigen kommt diese pharisäerhafte Abmahnung bei mir gar nicht gut an, ich bin nicht zeitgeistumweht, aber durch Lebenserfahrung einer, der um Klischees einen großen Bogen macht. Vielleicht kommt das bei Dir noch – dann verschwindet auch die Langeweile:shy:.
Aber erst musste bei mir ankommen, dass hier nicht jeder Satz streng auf die Prämisse hingeschnitten ist
.
Gemach. Wir haben Zeit. Und warum sollte das so sein? Meine Sätze sind nie streng ‚auf die Prämisse hingeschnitten’. Ich schreibe, wie Alfonso malt – aus dem Bauch heraus:).

Aber was genau ist denn hier gemeint:
Zitat von josefelipe
Vermutlich steht auch er auf der Abschussliste.
Das blieb für mich im Dunkeln.
Mein Fehler. Ich habe stark gekürzt. Der Friseur sagt noch, dass die Stadt beim Personal sparen wird oder muss. Das wird geändert.

Und hier kommt der Bogen zurück zu Maria - die nicht ein einziges mal seit dem obigen Bruch vorkommt. Natürlich frage ich mich als Leser, was da eigentlich passiert ist, aber als sie wieder auftaucht kommt das sehr plötzlich. Beinah gewaltsam werden wieder alle Gefühle rausgepresst, die über die vorigen Absätze abgeschaltet scheinen.
Liebe® Vulkangestein – wir schreiben Kurzgeschichten. Dieser Text ist eine radikal gekürzte Erzählung, anschließend in eine für Kurzgeschichten passende Form gebracht. Wenn Maria immer wieder auftaucht, verlängert das den Text und verwässert die Verwandlung des D.A.
Ich habe also nur die Wahl, zu raffen und zu verdichten. So viel zu ‚abgeschalteten Gefühlen’.
Dass die aber ‚gewaltsam rausgepresst’ werden, ist Blödsinn.
Zitat von josefelipe
Am meisten vermisst er Maria.
Wenn dir das wichtig ist ...
Ja, ist es. Sonst hätte ich es nicht geschrieben.
... die ersten Zeilen sind ihrer Struktur und Formulierungen nach fast schon Lyrik, keine Prosa.
Ach? Wusste ich gar nicht.
Wenn du willst, füge ich dir ein paar Zeilenbrüche ein und es sieht auch noch aus wie ein Gedicht ...
Nein, bitte! Das will ich nicht.
Ob "Tapas" jetzt das ist, was diese Geschichte ausmacht? Kommt zumindest an nicht unwichtigen Punkten stichwortgebend vor.
Kommt zumindest an nicht unwichtigen Punkten stichwortgebend vor. Wenn Du meinst. Klingt irgendwie - ich weiß gar nicht so recht ....

... für mich könnte neben den oben angeführten Punkten auch mehr Substanz dran sein, z.B. die ganze Vorgeschichte von D.A..
Weiter oben meinst Du:
Es ist mehr eine Biografie ...
Wozu soll dessen Vorgeschichte gut sein? ‚Redundant’ würden viele sagen – und sie hätten recht. Für die Verwandlung des Protagonisten hätte das überhaupt keine Bedeutung, da zählen nur Fakten.
Mein oben genanntes Beispiel (als Vergleich etwas überstrapaziert) "Citizen Kane" fängt ja in der frühen Kindheit an.
Ja, genau. Das fehlte gerade noch. Aber das ist mir auch wurscht.

Mir scheint, dass der Text ein erster Entwurf ist und ich denke auf diesem Fundament kannst du aufbauen.
Hier irrst Du leider.
Allerdings klingt das sehr phrasenhaft, wie: ‚... lässt mich ratlos zurück’. Das ist kein erster Entwurf, das ist das Ergebnis vieler Stunden an meiner Reiseschreibmaschine oder wie das heißt.
Alles Larifari – wenn’s Dir nicht gefällt, muss ich das so hinnehmen. Ich hoffe aber, dass es noch paar Leute gibt, die Spaß beim Lesen haben.

So, Feierabend. Liebe®Vulkangestein, ich habe mir erlaubt, meine Antwort auf Deinen Komm mit der gleichen Unbefangenheit wie Du zu schreiben und denke, dass sich somit alles in der Balance hält.

Sei gegrüßt
von José
PS:

Vulkangestein: schrieb:
für mich könnte neben den oben angeführten Punkten auch mehr Substanz dran sein, ...
... angesichts deiner üppigen Geschichte ...
Ebenfalls Vulkangestein.
Üppig, aber mehr Substanz?

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber José,

ich bin gar nicht ratlos, sondern voller Begeisterung in die Welt von Don Alfonso eingetaucht.
Für mich ist es eine ganz wundervolle Geschichte über die erstaunliche Metamorphose eines zum Leben erwachten Mannes.
Anfangs, zu dem Zeitpunkt als D.A. sich noch in seiner Komfortzone befand, wirkte er auf mich noch nicht sonderlich sympathisch. Von seiner Frau ließ er sich bedienen, versteckt sich hinter seiner Zeitung. Ein Mann ohne Leidenschaften, mit einem langweiligen Beruf, der den Tag mit Kumpels beim Trinken vergeudet.
Die Rolle Maries wird hier nicht so ganz klar. Ist sie ein willkommener, erotischer Zeitvertreib?

flüchtet in die rosigen Arme von Maria. Gleitende Arbeitszeit erhöht die Lebensqualität.
Dies klingt mir nicht nach Liebe und Leidenschaft, sondern eher nach Pragmatismus.
Ist dies so gewollt, lieber José, um zu sagen, dass er es vielleicht selbst nicht wusste?Wie er sich so vieles noch nicht bewusst gemacht hat.

Dann frag ich mich, wie kommt es zu der plötzlichen Scheidung. Ja, er liebt sie nicht und sie nervt ihn. Das wurde in dem ersten Absatz deutlich. Hier hätte ich mir vielleicht ein zwei Sätze zu seinen Gedanken gewünscht. Im ersten Absatz wirkt er so festgefahren, dass man ihm diesen Schritt nicht so unbedingt zugetraut hätte.

Mitglied einiger Vereine und Bruderschaften

Die Scheidung bedeutet seinen gesellschaftlichen Abstieg, den er sich auf Dauer nicht schön reden kann. Den Verlust des Berufes gibt ihm den endgültigen Todesstoß.

Und nun beginnt die Phase in der der Protagonist wächst und erstaunliche Fähigkeiten an sich selber entdeckt und weiterentwickelt. Hier bekommt er schillernde Züge, er erwacht und wird zu einem Löwen. Er entwickelt Leidenschaft und Mut, wächst über sich selber hinaus.

Ich liebe deine sprachlichen Bilder, die diese Verwandlung beschreiben. Ja, ich glaube dir, dass du aus dem Bauch heraus schreibst, man spürt es. Eine Verkopfung passt nicht zu deinem opulenten Schreibstil.

In alter Gewohnheit möchte Don Alfonso diese unangenehmen Wahrheiten mit etwas Alkoholischem wie mit einem nassen Lappen wegwischen
Eine starke Sprache.

Eine seltsame Mixtur braut sich in Don Alfonso zusammen. Groll, Wut und Enttäuschung gären in ihm, erhitzen sein Blut weit über den Siedepunkt. Ein kostbares Destillat entsteht: trotziger Stolz.
Wow

Wie auf einem defekten Bildschirm verlieren sich die Farben, das verbliebene Schwarz-Weiß versucht sich noch in Kästchen zu ordnen, doch die Ordnung kommt nicht mehr zustande, die Kästchen purzeln durcheinander und fallen neben ihn auf den Boden. Aus
Ein beeindruckendes Bild.

Jetzt trägt er eine Löwenmähne, silbergesträhnt und einen wirklich männlichen Vollbart.
Er hat zu sich selbst gefunden, er braucht keinen Barbier.

leuchtend weiß und knallrot aus dem Wok mit Espelettepfeffer und Frühlingslauch.
Wunderbar, wie du die Gerichte beschreibst, die er anbietet, voller Sinnlichkeit.

Lieber José, vielen Dank für diese wundervolle Erzählung. Ich habe sie sehr genossen und mich in deinen Helden mit der Löwenmähne verliebt, vielleicht auch deshalb, weil die Erzählung zeigt, dass man auch im gesetzteren Alter, das Steuer noch einmal rumreißen kann, um ein selbstbestimmtes, glückliches Leben zu führen.

Liebevolle Grüße
Mata

 

Hej josefelipe,

wundervoll, wie viel du über Don Alfonso zu erzählen hast, in deiner Manier, temporeich, frech und augenzwinkernd. Du zeichnest ihn lebendig und facettenreich, ich nehme ihn dir ab.
Irritierend für mich ist diese lange Zeitspanne. Ich fühle mich getrieben und kann nirgends mit ihm verweilen und richtig mitfühlen. Es wirkt aneinandergereiht, um viel unterzubringen.

Kommt davon, wenn man Euros wie Peseten verpulvert“, erwidert D.A. gereizt.
Vermutlich steht auch er auf der Abschussliste.

Deine Botschaft wird früh klar, aber ich hätte Zeit für den Aufbau. ;) Gerade im ersten Absatz erlebe ich einen leidenschaftlich verliebten Mann, keinen politischen und ich will mich auf den erst mal einlassen.

Wenn er daran denkt, welche Unsummen für Coiffeur, Kleider, Modezeitschriften, Kosmetik und den ganzen Zinnober monatlich zu bezahlen waren, dann gratuliert er sich.

Sicherlich willst du ihn sich zweimal gratulieren lassen, aber ich würde etwas anderes vorziehen oder die Gründe dafür zusammenlegen.

Alkohol war ihm stets verständnisvoller, wärmender Kumpel, hielt ihm so viel vom Leibe, was unerfreulich war. Doch nun lässt ihn das Wundermittel hängen. Die Freundschaft ist aufgebraucht und erkaltet. Schmutzig-graue Wände bedrängen und umzingeln ihn in dieser ungewohnten Enge. Die niedrige Decke drückt ihn zu Boden, es lärmt im Hof.

Umso besser, nur verstehe ich nicht, weswegen er nicht weitertrinkt wie viele andere in seiner Situation es tun würden. Alkohol hat die Freundschaft sicher nicht quittiert, sondern der Don. Warum?

Das Problem ist die Kommunikation. Obwohl sie alle, auch die Dunkelhäutigen, seine Sprache sprechen, kommt er nicht an sie heran. Sie halten ihn für etwas Besseres, für einen Granden.

Komisch, den Eindruck habe ich gar nicht bekommen. War er doch ein geselliger "Bruder" und Zeitgenosse.

Ein flüchtiger Schlaf überkommt ihn, in diesem traurigen Bettchen; seine Träume sind die genaue Kopie der Gedanken, die er tagsüber nicht denken will.

Die Verniedlichung leuchtet mir angesichts der Lage und seiner psychischen Situation nicht ein.

Doch präzis an seinem einundfünfzigsten Geburtstag, ohnehin ein regnerischer Tag, kracht das Firmament mit allen Wolkenmassen auf Don Alfonsos gepflegte Locken.

Ich komm hier ein bisschen durcheinander: einerseits nehme ich den Don ernst und nehme Anteil an seinem Werdegang, anderseits machst du ihn lächerlich und sprichst zynisch über ihn, lässt ihn eitel erscheinen. Das ist schon auch interessant, erschwert mir aber die Anteilnahme. Vielleicht willst du das ja genau.

D.A. kann sich das Öffnen ersparen – er kennt den Inhalt bereits und seine fliegenden Finger würden diese schwierige Operation eh nicht zuwege bringen.

Er trinkt ? Oder gerade nicht? Wohl auch egal.

Hier schwappt nicht Flusswasser, sondern Verbitterung an seine Seele – bislang hat es noch kein Mensch für nötig gehalten, mal auf einen Schwatz herzukommen.

Das Bild hast du gut aufgebaut, sodass hier der erste Teil des Satzes für mich nicht notwenig wäre. Ich verstehe, dass Verbitterung schwappt und nicht Wasser.

Groll, Wut und Enttäuschung gären in ihm, erhitzen sein Blut weit über den Siedepunkt. Ein kostbares Destillat entsteht: trotziger Stolz.

Ich erlebe den Don eher nicht als einen gut reflektierten Mann und ich finde ihn eher trotzig und in seinen Handlungen unüberlegt. Aber gut, narzisstischer Stolz kann's auch sein.

Die Sprunghaftigkeit der Bilder und Handlungen spiegeln seinen etwas infantilen Charakter und obwohl ich ja lieber verweile, folge ich atemlos, vom der billigen Wohnung, an den Fluss, Säcke schleppend, Mauern bauend, bemalend, von Blumen träumend, Kunstwerke schaffend.

Über zwei oder drei Jahre muss man nicht viele Worte verlieren. Zeit kommt und verschwindet, unterhält uns mit dem Spiel der Jahreszeiten, dimmt das Licht überm Spiegel. Sie treibt mit uns Schabernack, oftmals böse – streicht wie eine falsche Katze um die Beine und zum Geburtstag einmal gütigst über den Kopf. Sie gurrt ein bisschen wie die alles bescheißenden Tauben und lullt uns ein

Gedanken über die Zeit überlässt du hier nicht dem Don, aber immerhin, mal Zeit zum Innehalten und Reflektieren.

Schon von weitem hört man das Knattern der fröhlichen Fahnen im Wind

Ich habe kein Ohr für dieses Bild. Fahnen, an die ich denke, erzeugen Windgeräusche aus Stoff mit an den Mast schlagenden Zugseilen, die dann klingen (an Metall) oder leise klopfen (an Holz).

Er weiß nicht, ob aus Scham, oder aus Furcht, ihr Mitgefühl könne ihn noch depressiver machen.

Nee, ein Getriebener weiß nicht viel über seine Beweggründe. Der Don ist ein Aktivist und lebt nach seinen Bedürfnissen. Nun eben wieder nach der Liebe. Das ist schon einer.

Aber vielleicht hat sie ihr Glück gefunden, mit einem Mann, der erfolgreich ist, der nicht stundenlang ins graue Wasser stiert.

Und immer wieder bedauert er sich selbst.

Der neue gläserne Anbau zieht die Leute magisch an. ‚Alfonso’s Bodega’ ist ein glitzerndes Ding am Fluss, hier ist der Teufel los.

Dafür, dass er kontaktarm war und wütend auf das Establishment, hat er je dann doch dieselbe Kurve bekommen und Gönner gefunden, die sowohl seine "Kunst" für viel Geld erwerben, als auch an den Fluss strömen, um dem ehemaligen Aktenträger auch noch das plötzliche Geschick des Speisenzubereitens abnehmen. Mir fehlen da Bruchstücke und Andeutungen im Vorfeld, zwischen den Zeilen. Das geht so hopplahopp: das kann er also auch.

Seine Leute hat er trainieren lassen von einem Coach aus Kalifornien.

Natürlich. ;)

Tortilla? Ein krosses Rondell von Kartoffelscheiben mit Bellota-Schinken und Wachtelspiegelei. Calamares? Superzart, leuchtend weiß und knallrot aus dem Wok mit Espelettepfeffer und Frühlingslauch. Oder Stockfisch? Eine wunderbare Mousse zwischen splitterndem Sesamblätterteig, mit Limonenhauch. Der Andrang ist überwältigend. Teuflische Spießchen vom Iberico-Schweinebauch mit Oktopus und grünen Chillies auf mandeligem Süßkartoffelpüree; himmlische Muscheln mit Konfetti von geräuchertem Knofel, Pimientos, Koriander und Kichererbsen.

Das ' lecker. Warum nicht Knoblauch? Alles andere hört sich exklusiv an.

Doch seit dem vierten Oktober haben sie keine Chance.

Was war da los? War das sein Geburtstag?

An diesem Tag kommt er vom Großmarkt, packt kräftig mit an, um die erstandenen Schätze ins Lager oder Kühlhaus zu tragen.

Steinreich, beneidet und geschätzt, mit gehobenem Personal treibt er sich schleppend auf dem Großmarkt herum. Aus dem soll man schlau werden.

Alfonso? Sind Sie Alfonso?“, sagt die Frau. „Und du bist Maria“, sagt Alfonso und nimmt ihr die Sonnenbrille ab.

Ein Zufall also. Naja. Immerhin weiß Maria ja wohl von diesem erstaunlichen Verlauf ihres Exgeliebten. Aber du bist der Boss.

die beiden stehen umschlungen auf einer winzigen ungefegten Insel, unerreichbar vom Lauf der Welt.

Hach. Du bist schon ein Romantiker.

Warum nicht mal flott durch sechs Jahre cruisen. Unterhaltsam, wortreich, humorvoll und charmant war es ohne Frage. Genussvoll eher nicht, dafür war es für mich zu rasant.

Dein Don hätte mehr Raum und Zeit benötigt, um sich mit seinem Charakter entfalten zu können.

Ein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

 

Gude josefelipe,

man kann sich natürlich fragen, ob man jedes Wort eines Kommentars so auf die Goldwaage legen muss, wie man das aber durchaus bei jedem Wort eines literarisch geformten Werks wie eine Kurzgeschichte machen kann ;)
Aber ich merke, dass ich ein paar Sachen zu undeutlich geschrieben habe, sodass sie dir nicht hilfreich waren. Das macht den Kommentar natürlich wertlos, deswegen hier noch mal der Versuch, wenn ich etwas weniger müde bin.
Eines aber gleich vorneweg: Du weißt tausendmal besser als ich, welche Geschichte du erzählen willst. Ich kann dir nur meine Leseeindrücke schildern und Überlegungen anstellen, was du machen könntest, um deine Ideen besser zu präsentieren.

‚... da bin ich ratlos’ oder ‚da bleibe ich/lässt mich ratlos zurück’ sind zwar fürchterliche Phrasen, schon tausendmal gehört, aber sei’s drum.
-> "Ratlosigkeit" sollte nicht als der Anfang eines Verrisses stehen, ich wollte nur kurz Feedback geben, was der "erste Eindruck" war. Und der war eben nicht "schöne Liebesgeschichte" oder "oh gruslig", sondern mal an allem vorbeigestreift.

Citizen Kane ist ein relativ epochaler Film über das Leben von, nun ja, Kane halt. Medienmogul, Machtmensch etc. Mich hat deine KG dahingehend an den Film erinnert, dass es halt ein Marsch durch das halbe Leben eines Mannes ist.

Die Handlung ist stimmig und hat keine unlogischen Brüche, aber Dir fehlt der rote Faden!?
-> Das sind auch zwei unterschiedliche Sachen. Du beschreibst D.A.s Leben, wie es ablaufen könnte, ohne, dass plötzliche, in deiner Geschichte unlogische Umbrüche (z.B.: "entwickelt Superkräfte"). Aber es gibt nicht das eine Thema, der durch die ganze Handlung führt.

das deutliche Gefühl habe, dass mein Text durch ein fleischwolfartiges Gewinde gedreht wird, bevor er durch ein feines Sieb gestrichen wird, dann protestiere ich.
-> Es tut mir leid, dass du diesen Eindruck gewonnen hast. Ich wollte nur alles niederschreiben, was dir in irgendeiner weise helfen könnte.

Im übrigen kommt diese pharisäerhafte Abmahnung bei mir gar nicht gut an, ich bin nicht zeitgeistumweht, aber durch Lebenserfahrung einer, der um Klischees einen großen Bogen macht.
-> Ich wollte dir eigentlich nur einen Hinweis darauf geben, dass es Leser wie mich geben könnte, denen diese Passage nicht viel bietet. Falls es sich häuft und dir auch irgendwann nicht mehr gefällt, wäre das eine Möglichkeit zum Streichen in der späteren Bearbeitung deines Texts. Dass du daraus gleich eine belehrende Mahnung ziehst, finde ich schade, ebenso, dass du mich im Gegenzug belehren willst ;)

Ich habe also nur die Wahl, zu raffen und zu verdichten. So viel zu ‚abgeschalteten Gefühlen’.
Dass die aber ‚gewaltsam rausgepresst’ werden, ist Blödsinn.
-> Die Formulierung von mir ist schlecht, das gebe ich zu. Aber es kommt sehr plötzlich, wenn es vorher um Existenz und Geltung kommt und dann doch steht:
Am meisten vermisst er Maria.
Ein Vorschlag von mir wäre hier eine kleine, ganz kurze Szene zu entwerfen, wie er wieder auf Maria kommt. Als Überleitung für einen Leser wie mich.

Wozu soll dessen Vorgeschichte gut sein? ‚Redundant’ würden viele sagen – und sie hätten recht. Für die Verwandlung des Protagonisten hätte das überhaupt keine Bedeutung, da zählen nur Fakten.
-> Das ist - wie vieles im Kommentar - nur ein Vorschlag von mir, denn du aufgreifen könntest, falls er dir gefiele. Wenn er das nicht tut, ist das vollkommen legitim.

Das ist kein erster Entwurf, das ist das Ergebnis vieler Stunden an meiner Reiseschreibmaschine oder wie das heißt.
-> Du, ich weiß auch, dass es Arbeit ist, einen Text zu schreiben. Ein "erster Entwurf" heißt nicht "keine Mühe", sondern "sehr viel Mühe". Denn er ist schon der Entwurf/das Manuskript: alles steht da. Wurde nur vielleicht noch nicht überarbeitet.

Unbefangenheit
-> Ja, ich habe versucht, dir alles rückzumelden, was mir zu deinem Text aufgefallen ist. Aber ich habe an keiner Stelle versucht, dich zu beleidigen, deinen Text grundlos niederzumachen oder zu verreißen. Das sah jetzt umgekehrt deutlich anders aus. Ich weiß nicht, ob da mitschwingt, dass du deutlich länger in diesem Forum unterwegs bist als ich, aber es fühlt sich schon für mich so an, als würdest du mir die Kompetenz absprechen wollen, dir Vorschläge zu machen.


Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Lieber josefelipe,

nachdem wir vor einigen Tagen gemeinsam durch das Blut unserer Lieblinge gewatet sind
(ich wate noch), war ich gespannt auf deine Geschichte.
Ich habe sie jetzt zweimal gelesen, und beim zweiten Mal hat sie mir richtig gut gefallen. :)

Ich finde den Titel Tapas hervorragend geeignet für die Geschichte, denn sie beschreibt ja auch Häppchen aus dem Leben von Alfonso, die eben auch wie richtige Tapas von ganz unterschiedlicher Qualität sind: mal saueklig und dann am Ende die Geschmacksexplosionen schlechthin, zeitgleich mit seinem Erfolg und dem privaten Glück.

Beim ersten Lesen hatte ich etwas Probleme, den zeitlichen Brüchen im Leben von Alfonso gleich richtig zu folgen. Und ich finde (soll ich finden, oder?), er ist ein ziemlicher Unsympath, jedenfalls am Anfang, wo er sich von seiner ungeliebten Frau bedienen lässt, kaum etwas arbeitet und nur an seine Macho-Vergnügungen denkt.
Ich finde, du hast ihn bis zum Schluss ironisch-distanziert beschrieben, also richtig lieben kann man (ich ihn) nicht, aber am Ende gönnt man ihm sein Glück, nachdem man verfolgt hat, wie er sich bis dahin durchgekämpft hat.

Hier habe ich aber etwas nicht kapiert:

singt laut mit, wenn ein Neuer seinen Einstand gibt. Denn schon wieder mussten zwei – eigentlich unersetzbare – Mitarbeiter blühenden Aussehens den Dienst quittieren, um etwas früher in den dringend notwendigen Ruhestand zu wechseln.
Wenn Stellen abgebaut werden müssen und die Mitarbeiter blühenden Aussehens gefeuert werden, wieso werden dann Neue eingestellt?

Ich glaube auch, Maria könnte am Anfang noch etwas deutlicher dargestellt werden, also, dass er sie wirklich liebt und sie ihm viel bedeutet, denn da er ja auch mit seinen Freunden

durch die Bordelle der Stadt gezogen
ist, könnte man meinen, dass er sie nur dort regelmäßig besucht hat. Aber ein Hinweis, dass da mehr und er sie vermisst die ganze Zeit, könnte im Mittelteil der Geschichte ganz sinnvoll sein, um sich zum Schluss besser mit D.A. freuen zu können.

Warum schreibst du eigentlich manchmal D.A. , abgekürzt? Macht man das so, ist das ein besonderes Stilmittel, oder bist du nur faul gewesen? ;)

Besonders gefallen mir diese Formulierungen:

Es könnte ebenso gut ein Bretterzaun sein, es gibt nichts mehr zu sagen.
und

seine Träume sind die genaue Kopie der Gedanken, die er tagsüber nicht denken will.

Hier hat er sein Leben gemalt, schön!
Sein letztes Bild „Infierno“, eine beunruhigende, fast alarmierende Farbattacke im Zentrum, doch harmonisch und elegant ausklingend an den Seiten

Ich finde, deine Geschichte hat in ihrer Geradlinigkeit ein paar märchenhafte Züge, sie ist wunderbar erzählt und der Schluss wirkt auf mich wie ein riesiges barockes Gemälde, mit diesem üppig gedeckten Tisch, diesem stattlichen, zufriedenen Mann und seiner drallen (ist doch drall, oder?), rosigen Maria im Arm, und im Hintergrund das Meer. Wunderschön!

Liebe Grüße von
Raindog

 

Hola Matahari,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Du bist die richtige Leserin – genau so wollte ich das darstellen:

Matahari: schrieb:
Für mich ist es eine ganz wundervolle Geschichte über die erstaunliche Metamorphose eines zum Leben erwachten Mannes.
Dass er anfangs nicht sympathisch erscheint, muss so sein. Er ist exakt so, wie Du ihn siehst:
Matahari: schrieb:
Ein Mann ohne Leidenschaften, mit einem langweiligen Beruf, der den Tag mit Kumpels beim Trinken vergeudet.
Das sind so Gedanken, die mir oft beim Anblick von Saturierten kommen. Sie hätten mehr drauf – wie auch unser Freund D.A. – aber sie machen nichts draus. Und warum auch? Alles läuft gut, alles funktioniert. Sie werden nicht gefordert.
Blöd ist, dass sie ihr Wohlleben als normal empfinden, beinahe, als ob sie Anspruch darauf hätten. Das erspart das Denken.
Matahari: schrieb:
Dies klingt mir nicht nach Liebe und Leidenschaft, sondern eher nach Pragmatismus.
Ist dies so gewollt, lieber José, um zu sagen, dass er es vielleicht selbst nicht wusste? Wie er sich so vieles noch nicht bewusst gemacht hat.
‚Normal’ war ja auch, eine Freundin ‚nebenbei’ zu haben. Selbst wenn er sie sehr gern gehabt hat, hat er sie auch ‚konsumiert’. Erst als er seine Privilegien verlor, war Maria kein Statussymbol, sondern wertvoller Mensch – dann stimmte auch die Augenhöhe.
Ich freue mich, dass Du meine Geschichte so liest, wie ich mir das vorgestellt hatte. Allerdings hat sie auch dünne Stellen. Durch die Kommentare von Vulkangestein und Kanji sind die mir erst aufgefallen. Bin schon beschäftigt mit Reparaturarbeiten.
Matahari: schrieb:
Dann frag ich mich, wie kommt es zu der plötzlichen Scheidung.
Hast recht, da hätte ich wohl ausführlicher sein können. Ich dachte, ‚Pedanterie’ und ‚Streitsucht’ würden dem Leser genügen.
Matahari: schrieb:
Und nun beginnt die Phase in der der Protagonist wächst und erstaunliche Fähigkeiten an sich selber entdeckt und weiterentwickelt. Hier bekommt er schillernde Züge, er erwacht und wird zu einem Löwen. Er entwickelt Leidenschaft und Mut, wächst über sich selber hinaus.
Ja, da geht’s aufi! Das erste bisschen Adrenalin wurde nach dem Sieg über den Zementsack ausgeschüttet, ab da war er angefixt - oder wie man heute sagt: erfolgsorientiert:shy:.
Matahari: schrieb:
Ja, ich glaube dir, dass du aus dem Bauch heraus schreibst, man spürt es.
In diesem Fall ganz besonders, es gibt Parallelen zwischen Alfonsos und meinem Leben.
Gute Motivation:rolleyes:.
Das Schlusswort, liebe Mata, hast Du:
Matahari: schrieb:
... die Erzählung zeigt, dass man auch im gesetzteren Alter das Steuer noch einmal rumreißen kann, um ein selbstbestimmtes, glückliches Leben zu führen.
Vielen Dank für Deinen Kommentar, besonders für’s Schlusswort – ich hätte es nicht besser sagen können:D!

Alles Gute!
José

 

Hola Kanji,

für Deinen Komm meinen besten Dank! Da gibt es ja einiges zu bereden:

Kanji: schrieb:
Irritierend für mich ist diese lange Zeitspanne. Ich fühle mich getrieben und kann nirgends mit ihm verweilen und richtig mitfühlen.
Ohjemineh! Das klingt gar nicht gut für meine Ohren. Das muss ich so stehen lassen – Du bist die kommentierende Leserin.
Wie das der Einzelne empfindet, ist wohl unterschiedlich: Dir ist die Zeitspanne zu lang, im Gegensatz zu Vulkangestein. Der hätte gern mehr vom Vorleben Don Alfonsos erfahren; und ich meine, dass es sich nur um sechs Jahre handelt, wovon auch noch zwei oder drei übersprungen werden:
Über zwei oder drei Jahre muss man nicht viele Worte verlieren.

Kanji: schrieb:
Es wirkt aneinandergereiht, um viel unterzubringen.
Aneinandergereiht wie das Leben so abläuft, ich kenne es gar nicht anders.
Mit Rückblenden hab ich’s nicht so sehr – da geht oft der rote Faden verloren, das macht den Text unruhig, manchmal verwirrt es sogar den Leser.

Kommt davon, wenn man Euros wie Peseten verpulvert“, erwidert D.A. gereizt.
Vermutlich steht auch er auf der Abschussliste.
Kanji: schrieb:
Deine Botschaft wird früh klar, aber ich hätte Zeit für den Aufbau.
‚ich hätte Zeit für den Aufbau’? Meinst Du, das ist nicht ganz klar? Vulkangestein hat hierzu geschrieben:
Das blieb für mich im Dunkeln.
Da hat er recht. Ich hab’s schon verbessert.
Wenn er daran denkt, welche Unsummen für Coiffeur, Kleider, Modezeitschriften, Kosmetik und den ganzen Zinnober monatlich zu bezahlen waren, dann gratuliert er sich.
Kanji: schrieb:
Sicherlich willst du ihn sich zweimal gratulieren lassen, aber ich würde etwas anderes vorziehen oder die Gründe dafür zusammenlegen.
Liebe Kanji, das kapiere ich nicht (Diejenigen, die mir über die Schulter schauten, auch nicht).
... nur verstehe ich nicht, weswegen er nicht weitertrinkt wie viele andere in seiner Situation es tun würden. Alkohol hat die Freundschaft sicher nicht quittiert, sondern der Don. Warum?

Ich habe D.A. als Gelegenheitstrinker im Sinn – immer den Tag vergolden. Der hält das Glas mit abgespreiztem kleinen Finger und umklammert es nicht wie ein Säufer. Ich wollte ihn nicht so blöd zeichnen, dass er sein Problem mit Mengen von Schnaps noch schlimmer macht, denn dann kann er sich wirklich wegschmeißen (und die Geschichte endet unbefriedigend). Nee, D.A. will überleben.
Das wird dadurch deutlich, dass er nicht ins Obdachlosenheim geht, sondern seine Eigenständigkeit wahrt.
Das Problem ist die Kommunikation. Obwohl sie alle, auch die Dunkelhäutigen, seine Sprache sprechen, kommt er nicht an sie heran. Sie halten ihn für etwas Besseres, für einen Granden.
Kanji: schrieb:
Komisch, den Eindruck habe ich gar nicht bekommen. War er doch ein geselliger "Bruder" und Zeitgenosse.
Unter Seinesgleichen, ja. Das waren Spießer. Kommt so einer in eine Bar, wenden sich die anderen ab. Nix talky-talky.
Ein flüchtiger Schlaf überkommt ihn, in diesem traurigen Bettchen; seine Träume sind die genaue Kopie der Gedanken, die er tagsüber nicht denken will.
Kanji: schrieb:
Die Verniedlichung leuchtet mir angesichts der Lage und seiner psychischen Situation nicht ein.
Ein traditionelles spanisches Ehebett hat stattliche Abmessungen. Das Bett in seiner Hinterhofwohnung ist neunzig Zenti breit.
Kanji: schrieb:
... das plötzliche Geschick des Speisenzubereitens abnehmen. Mir fehlen da Bruchstücke und Andeutungen im Vorfeld, zwischen den Zeilen. Das geht so hopplahopp: das kann er also auch.
Nein, das kann er nicht. Hab ja geschrieben, dass er gecoatchte Leute hat.
Kanji>: schrieb:
Dafür, dass er kontaktarm war und wütend auf das Establishment, ...
Kontaktarm bei Tía Rosalia? Hehe. Und wütend? Auf welches Establishment? Kommt in meinem Text nicht vor, mMn.
... Gönner gefunden, die sowohl seine "Kunst" für viel Geld erwerben, als auch an den Fluss strömen, ...
Ich glaube nicht, dass Leute viel Geld ausgeben, wenn sie die dafür erhaltene Kunst mit Gänsefüßchen versehen würden:D. Über Entgleisungen, Raffen und Spekulieren auf diesem Sektor ist ja schon genug gelästert worden; der Kunstmarkt ist immer hungrig und um keine Erklärung verlegen.
Und an den Fluss strömen sie nicht, weil sie dem Alfonso Gönner sein wollen, sondern weil sie sich selbst etwas gönnen wollen.
Na, whatsoever – liebe Kanji, besten Dank für das Abschreiten des Textes; ich werde die schlimmsten Schlaglöcher ausbessern, denn Raindog hatte auch noch einige Ungereimtheiten gefunden. Also ran, Amigo!

Und schöne Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Vulkangestein,

meinen Dank für Deinen zweiten Post! Du verwendest den richtigen Smiley, denn nur so geht’s – auch bei dieser Betrachtung:

Vulkangestein: schrieb:
... man kann sich natürlich fragen, ob man jedes Wort eines Kommentars so auf die Goldwaage legen muss, wie man das aber durchaus bei jedem Wort eines literarisch geformten Werks wie eine Kurzgeschichte machen kann
Interessante Frage immerhin. Zu Beginn meiner Mitgliedschaft habe ich ziemlich unsensibel kommentiert, erst mit der Zeit wurde mir klar, dass jedes geschriebene Wort ein Gewicht hat.

Vulkangestein: schrieb:
Du, ich weiß auch, dass es Arbeit ist, einen Text zu schreiben. Ein "erster Entwurf" heißt nicht "keine Mühe", sondern "sehr viel Mühe". Denn er ist schon der Entwurf/das Manuskript: alles steht da. Wurde nur vielleicht noch nicht überarbeitet.
Na ja, mit Verlaub: Wenn Du mir schreibst:
Mir scheint, dass der Text ein erster Entwurf ist und ich denke auf diesem Fundament kannst du aufbauen.
... dann heißt das eben genau das, was ich fett markiert habe.
Zugegeben bin ich auf diesem Sektor ehrpusselig, denn bevor ich einen Text einstelle, mach ich mir schon viel Mühe beim Überarbeiten und Korrigieren.
Wir sind hier in der Schreibwerkstatt, um uns an Kurzgeschichten zu versuchen. Gott sei Dank gibt es nicht diese beknackte Limitierung wie z.B. max. 10.000 Zeichen, aber immerhin wird schnell der Vorwurf erhoben, ein Text sei redundant.
Das hab ich beim Überarbeiten immer im Hinterkopf, zumal ich eigentlich ein Erzählungen-Schreiber bin – gerne mal mit Nebengedanken, Abschweifungen und Ausführlichkeiten, die bestimmt nicht jedermanns Geschmack sind.
Doch es bleibt jedem Kommentierten freigestellt, wie er mit dem Inhalt der Kommentare umgeht. Ideal.

Liebes(®) Vulkangestein, bevor ich ins Finale steige, muss ich nochmals den augenzwinkernden Smiley bemühen, denn bei der Antwort auf meine ‚Unbefangenheit’ fährst Du doch recht schweres Geschütz auf:

Vulkangestein: schrieb:
... ich habe an keiner Stelle versucht, dich zu beleidigen, deinen Text grundlos niederzumachen oder zu verreißen.
Aber, aber! Davon kann wirklich nicht die Rede sein. Und Du schreibst einen noch kraftvolleren Schlussakkord:
Das sah jetzt umgekehrt deutlich anders aus. Ich weiß nicht, ob da mitschwingt, dass du deutlich länger in diesem Forum unterwegs bist als ich, ...
Ich bitte Dich! Ich habe weder nach drei Jahren noch hätte ich nach dreißig Jahren Mitgliedschaft mehr oder weniger noch andere Rechte als Du und jeder andere. Da schwingt garantiert nichts mit. Dass ich unbequem bin, hat nur mit meinem Charakter zu tun – und das ist für mich schon schwierig genug;).
Vulkangestein: schrieb:
... aber es fühlt sich schon für mich so an, als würdest du mir die Kompetenz absprechen wollen, dir Vorschläge zu machen.
Liebes®Vulkangestein, wie könnte ich? Ich sehe doch in Deinem Profil, dass Du nicht am Fließband stehst. Aber selbst das hat keine Aussage, schließlich kenne ich auch einfältige Lehrer.

Unsere Schreiberei soll uns verbinden, statt zu entzweien. Und wenn ein Mitglied dem anderen sagt, was es von dessen Text hält, ist alles in Butter. Lass uns mal so weitermachen, und wenn’s knirscht, kommt einer mit dem Ölkännchen.

Bis demnäscht, mei Gudster!
José

PS an Kanji: Bei meiner Antwort auf Deinen Komm hatte ich etwas übersehen:

José: schrieb:
Doch seit dem vierten Oktober haben sie keine Chance.
Kanji: schrieb:
Was war da los? War das sein Geburtstag?
Nein, an diesem Tag kommt er vom Großmarkt. Siehe Text: An diesem
... an diesem Tag kommt er vom Großmarkt, ...
... packt kräftig mit an, um die erstandenen Schätze ins Lager oder Kühlhaus zu tragen.
Kanji: schrieb:
Steinreich, beneidet und geschätzt, mit gehobenem Personal treibt er sich schleppend auf dem Großmarkt herum. Aus dem soll man schlau werden.
Ich kenne es nicht anders, als dass der Chef beim Einkauf mit dabei ist. Schließlich ist es sein Geld.
Alfonso? Sind Sie Alfonso?“, sagt die Frau. „Und du bist Maria“, sagt Alfonso und nimmt ihr die Sonnenbrille ab.
Kanji: schrieb:
Ein Zufall also. Naja. Immerhin weiß Maria ja wohl von diesem erstaunlichen Verlauf ihres Exgeliebten.
Das kann ich nicht bestätigen, aber er hat sie schon am Haar erkannt, mit 95%iger Sicherheit;).
Kanji: schrieb:
Dein Don hätte mehr Raum und Zeit benötigt, um sich mit seinem Charakter entfalten zu können.
Gut möglich. Die ehemalige Erzählung habe ich wohl zu stark gekürzt – panische Angst vor Redundanz:shy:. Jedenfalls wieder was gelernt.

 

Hej josefelipe,

also ersteinmal herzliche Grüße an die, die über deine Schulter sehen und auch den Kopf schütteln.

Er gratuliert sich, endlich wieder ein freier Mann zu sein, ohne die ständig zunehmende Pedanterie und Streitsucht seiner ehemaligen Gattin Barbara.
Wenn er daran denkt, welche Unsummen für Coiffeur, Kleider, Modezeitschriften, Kosmetik und den ganzen Zinnober monatlich zu bezahlen waren, dann gratuliert er sich.

Ich meinte diese beiden Gratulationen, die vielleicht zusammengefasst werden könnten.

Und vielen Dank für die nachträglichen Erläuterungen zu deiner Geschichte. Es ist eben immer so, dass man Textstellen aus verschiedenen Hintergründen lesen kann. Die "Kunst" ist es wohl auch, in einer Form zu schreiben, die auf elegante Art den Leser dazu bringt, das zu sehen, was der Autor will, oder ihm die Freiheit zuzugestehen, dass man es auch anders sehen könnte.

Ich mag Letzteres lieber. Es schadet ja auch niemandem.

Gute Nacht, Kanji

 

:bonk:
Hola Kanji,

Deine Aufklärung beschämt mich und jene, die mir über die Schulter geschaut haben, auf das Tiefste:

Kanji: schrieb:
Ich meinte diese beiden Gratulationen, die vielleicht zusammengefasst werden könnten.
In Windeseile habe ich eine Gratulation entfernt und danke Dir fürs Augenöffnen. Hab den Text hundertmal gelesen, aber das ist mir nicht aufgefallen. Zur Strafe 3 x :bonk:, :bonk:, :bonk:
Jetzt sag auch ich Gute Nacht!

José

 

Hola Raindog,

besten Dank fürs Kommentieren. Das freut mich sehr, dass Dir mein Text gefallen hat. Dass zwei Anläufe nötig waren, trübt meine Freude allerdings ein bisschen, aber Du erklärst es einleuchtend. Und diese Panne hätte auch nicht sein müssen:

Wenn Stellen abgebaut werden müssen und die Mitarbeiter blühenden Aussehens gefeuert werden, wieso werden dann Neue eingestellt?
Das hatte ich total übersehen. Danke fürs Anmerken. Hab’s verbessert.
Auch die Sache mit den
... durch die Bordelle der Stadt gezogen ...
ist nicht plausibel. Ist ersatzlos gestrichen.
Warum schreibst du eigentlich manchmal D.A. , abgekürzt? ... oder bist du nur faul gewesen?
Faulheit ist mein ständiger Begleiter, aber hier dachte ich – weil die Geschichte fast nur von Don Alfonso handelt – dass ich durch ‚D.A.’ eine Möglichkeit mehr habe, um Monotonie zu vermeiden, als wenn ich nur ‚Don Alfonso’ und ‚er’ zur Verfügung hätte.

Und ich finde (soll ich finden, oder?), er ist ein ziemlicher Unsympath, jedenfalls am Anfang, wo er sich von seiner ungeliebten Frau bedienen lässt, kaum etwas arbeitet und nur an seine Macho-Vergnügungen denkt.
In der Tat ist er ein schnöseliges Arschloch. Erst als ihn das Leben in die Mangel nimmt, gewinnt er Profil. Im richtigen Leben kenne ich ein paar solcher Beispiele, auch mit meinem gibt’s eine Parallele:shy:.
Ich finde, du hast ihn bis zum Schluss ironisch-distanziert beschrieben, also richtig lieben kann man (ich ihn) nicht, ...
Da hast Du recht, das liegt an mir. Auch im Alltag hab ich mir diese dusselige ironische Distanziertheit angewöhnt, weil ich nur noch wenig wirklich ernst nehmen kann.
Aber einen wie Don Alfonso mit Marien*) im Arm und die selbst kreierte Bodega im Rücken kann ich sehr ernst nehmen.
... aber am Ende gönnt man ihm sein Glück, nachdem man verfolgt hat, wie er sich bis dahin durchgekämpft hat.
Gewiss. Das Happy End ist verdient.

Liebe Raindog, schönen Dank für die wohlwollende Beurteilung der Geschichte. Bleiben wir am Ball, mal sehen, was wir noch so auf Lager haben. Alles Gute!
Bis zur nächsten Geschichte.
José

*) Selbstverständlich ist Maria drall. Aber nur ein bisschen. Und rosig – aber das weißt Du ja schon:herz:.
Und zum Waten im Blut:

Raindog: schrieb:
... nachdem wir vor einigen Tagen gemeinsam durch das Blut unserer Lieblinge gewatet sind
(ich wate noch), ...
Meine Hochachtung für Deine chirurgischen Eingriffe bei ‚Heini’!

 

In der Tat ist er ein schnöseliges Arschloch. ... Im richtigen Leben kenne ich ein paar solcher Beispiele, auch mit meinem gibt’s eine Parallele

Lieber josefelipe,

welche Parallele auch immer - als schnöseliges A.... habe ich dich während meiner kurzen Anwesenheit hier im Forum jedenfalls noch nicht wahrgenommen! ;)

Ich finde, durch die kleinen Änderungen ist deine Geschichte eingängiger geworden.
Und sooooo unsympatisch finde ich D.A. gar nicht mehr.

Wegen der Abkürzerei des Namens: das hat mich einfach interessiert.

Die fettgedruckte Stelle (ich glaube, sie ist neu?) wäre für meinen Geschmack nicht nötig, sie ist so erklärend, und man versteht das als Leser auch so ganz gut.

Mit leuchtenden Farben jagt er dieses stupide Graugrün zum Teufel, wie er das auch gerade mit seinem früheren Leben tut. Eine bunte Welt entsteht

Ich habe übrigens in meinem letzten Kommentar einen Fehler entdeckt:
der Schluss wirkt auf mich wie ein riesiges barockes Gemälde, mit diesem üppig gedeckten Tisch ... und im Hintergrund das Meer. Wunderschön!
Da ist ja gar kein Meer direkt in Sevilla, und D.A. wohnt ja auch am Fluss - aber das weiße Schiff und die Matrosen haben mir das Meer vorgegaukelt - aber wie auch immer: Wunderschön!

Viele Grüße von Raindog

 

Hola Raindog

Raindog: schrieb:
... als schnöseliges A.... habe ich dich während meiner kurzen Anwesenheit hier im Forum jedenfalls noch nicht wahrgenommen!
Das ist auch nicht ganz einfach. Ich kann mich über weite Strecken verstellen, nur dann und wann blitzt es wieder durch.
Raindog: schrieb:
Die fettgedruckte Stelle ... wäre für meinen Geschmack nicht nötig, sie ist so erklärend, und man versteht das als Leser auch so ganz gut.
Jose: schrieb:
Mit leuchtenden Farben jagt er dieses stupide Graugrün zum Teufel, wie er das auch gerade mit seinem früheren Leben tut. Eine bunte Welt entsteht
Da haste recht. Hab’s gestrichen.
Ich habe übrigens in meinem letzten Kommentar einen Fehler entdeckt:
der Schluss wirkt auf mich wie ein riesiges barockes Gemälde, mit diesem üppig gedeckten Tisch ... und im Hintergrund das Meer. Wunderschön!
Da ist ja gar kein Meer direkt in Sevilla, ...
Na wenn schon – Wasser wie Wasser. Ursprünglich hieß es:
Oft geht die Fantasie mit ihm durch, diese neue großartige Freiheit, den Guadalquivir hinunter und dann ab über die Meere dieser Welt ...
... aber das schien mir zu pomfortionös. Es kommt nicht gut an, wenn man die Leser mit Spezialwissen zu beeindrucken versucht. Diesen Fehler habe ich früher gemacht.
Die Hauptsache ist, dass es Dir gefallen hat.

Jetzt wird’s arg novembrig, ich grüße Dich durch die Nebelschwaden hindurch.
(Dein Nick lässt vermuten, dass Du rainproof bist).:cool:

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber josefelipe

ist ja ein bisschen merkwürdig, erst zu gratulieren und dann zu kommentieren. Trotzdem möchte ich dir meine Leseeindrücke nicht vorenthalten.

Zu allererst dachte ich: Das war bestimmt eine längere Geschichte mit vielen belustigenden und nachdenklichen Details aus dem Leben eines Mannes, der sich nach dem sozialen Absturz wie ein Münchhausen aus dem Schlamassel zieht.

Ist das ein Thema für eine Kurzgeschichte? Möchte ich da nicht lieber einen Schelmenroman lesen?
Ja, möchte ich, aber ich weiß, den wirst du nicht schreiben, hast dich endgültig unter das strenge Regiment der Kurzgeschichte gebeugt.

Und der Spagat ist dir gelungen. Dein D.A. ist ein barocker Mann, den Genüssen des Lebens nicht abgeneigt, nicht ungebildet (er liest ja Zeitung;)), hat sich aber nicht unbedingt dem Gemeinwohl verpflichtet, wie so viele des Establishment in Spanien und selbstredend auch anderswo. An Missständen sind immer die anderen schuld, und gemeinsam genossener Alkohol hat was Geselliges, lässt über Risse und Spalten im gesellschaftlichen Leben hinwegschweben.

Bis dahin hält sich mein Mitleid mit dem "Schnösel" in Grenzen. Hier, an dieser Stelle hätte ich gerne gewusst:
Was hat er eigentlich gegen seine Gattin ins Feld zu führen? Ist es der Marmeladentoast??

Und dann die Kehrtwende.

Ein kostbares Destillat entsteht: trotziger Stolz

Und ich denke: Es ist auch eine Frage der Ehre.

Donnerwetter, dieser Mann ist kein Weichei, der kann ja schuften, mit seinen Händen, er kann zupacken und etwas Kreatives schaffen. Das ist in der Tat eine andere Art Arbeit als nur die verlorenen Nichtigkeiten der Touristen zu verwalten. Und noch besser, er zapft seine Kreativität dort an, wo seine Reserven schlummern und er sich gut auskennt, im Bereich der Sinne, Auge, Ohr, Nase, Mund und ja, Haut, aber das kommt später, wenn seine Maria wieder auftaucht.

Ja, Don Alfonso hat mehr Substanz, als ich vorher vermutet habe. Das freut und tröstet mich, lieber José, und wenn ich nach der Stadt am Gualdaquivir komme, werde ich natürlich nach der Bodega forschen. Kann durchaus sein, dass Don Alfonso doch dem Ruf der Weltmeere gefolgt ist.

Danke für das große Lesevergnügen

und eine gute Zeit wünscht
wieselmaus

 

Alfonso ist Mitglied einiger Vereine und Bruderschaften – Zusammenballungen nicht ausgelasteter Männer, die sich zu Tradition und rechtem Glauben bekennen.
Ha - so was kenn ich,

lieber Don josefelipe,

selbst unter Nahwirkung eines Rest-Graduierten Treffens 1974 - und vor der Gratulation zur berechtigten Empfehlung noch ein paar Trivialitäten, die ich schlecht dort hätte sonst unterbringen müssen - und eher verschämt verschwiegen hätte.

Hier

... Sevilla´s Altstadt ...
war ich mir zunächst nicht sicher (mein Spanisch reicht gerade aus, um etwa in [W]Andalusien mich zum nächsten Bahnhof durchzufragen - und natürlich: nicht zu verhungern und erst recht nicht zu verdursten), aber ist das nicht der angloamerikanisch/-säxische Genitiv¿

Und hier - eher versteckt und umso gemeiner -

Wie auf einem defekten Bildschirm verlieren sich die Farben, das verbliebene Schwarz-Weiß versucht sich noch in Kästchen zu ordnen, doch die Ordnung kommt nicht mehr zustande, die Kästchen purzeln durcheinander und fallen neben ihn auf den Boden.
- so meine ich < % - schnappt die Fälle-Falle einmal zu: "..., die Kästchen purzeln durcheinander und fallen ... auf den Boden", aber "die Kästchen purzeln durcheinander und fallen (wo?) neben ihm (wohin?) auf den Boden."

Da musstu selbst noch mal nachschauen - selbst ich hab gerade das Fahrrad sechs km weit geschoben (was einem Tugenichts und Tubichtguts wie mir keinen Abbruch tut)

Hier erzwingt das lausige "als" ein Komma

Er beweist sich und der Welt, dass er mehr drauf hat[,] als Akten zu sortieren oder bei Tía Rosalia zu sitzen.
(es könnten noch mehr angefragt werden - wie etwa wie das vor "oder" und zwischen gelegentlich gleichrangigen Adjektiven - aber ich denk mir, Du wirst wissen, warum Du dort eines setzt und da eben keines)

Gern gelesen vom

Friedel, dem D.A. näher steht als der reine Homo grammaticus und

der noch eine gute Nacht wünscht!

 

Don josefelipe,

jetzt habe ich es geschafft, deine charmante Geschichte zu lesen. Und ich habe Hunger. Ich möchte gerne zum Fluss gehen, das Bootshaus betreten und haufenweise von D.A.s Tapas in mich reinschaufeln. Ja, das wäre was!

Ich kann gar nicht viel dazu sagen, außer dass dein Text einer von denen ist, in denen ich gleich mehrere Lieblingssätze habe.

Leider sagt sein Bauch – der ist realistischer als sein Kopf – etwas anderes. Zum Beispiel.

Oder: seine Träume sind die genaue Kopie der Gedanken, die er tagsüber nicht denken will

Auch toll: Doch präzis an seinem einundfünfzigsten Geburtstag, ohnehin ein regnerischer Tag, kracht das Firmament mit allen Wolkenmassen auf Don Alfonsos gepflegte Locken. Blöd für D.A., aber ich musste grinsen.

Am schönsten finde ich aber diesen Absatz: Zeit kommt und verschwindet, unterhält uns mit dem Spiel der Jahreszeiten, dimmt das Licht überm Spiegel. Sie treibt mit uns Schabernack, oftmals böse – streicht falsch wie eine Katze um die Beine und tätschelt uns zum Geburtstag tröstend die Wangen. Sie gurrt ein bisschen wie die alles bescheißenden Tauben und lullt uns ein. Das ist so melancholisch und so wahr.

Ich gratuliere noch mal zur Empfehlung, Don José!
Liebe Grüße
RinaWu

 

Hola wieselmaus,

wieselmaus: schrieb:
... ist ja ein bisschen merkwürdig, erst zu gratulieren und dann zu kommentieren.
Ich finde das völlig in Ordnung. Mich hat’s gefreut und ich möchte mich bedanken.
Zu allererst dachte ich: Das war bestimmt eine längere Geschichte mit vielen belustigenden und nachdenklichen Details aus dem Leben eines Mannes, der sich nach dem sozialen Absturz wie ein Münchhausen aus dem Schlamassel zieht.
Voll ins Schwarze!
Ist das ein Thema für eine Kurzgeschichte? Möchte ich da nicht lieber einen Schelmenroman lesen?
Ja, viel Raum steht nicht zur Verfügung, aber ist ja nur ein kleiner Ausschnitt aus Alfonsos Leben. Das war tatsächlich ein langer Text mit vielen (aus der KG-Ecke betrachtet entbehrlichen) Nebensächlichkeiten, aber es ist, wie Du sagst:
... hast dich endgültig unter das strenge Regiment der Kurzgeschichte gebeugt.

... hätte ich gerne gewusst:
Was hat er eigentlich gegen seine Gattin ins Feld zu führen? Ist es der Marmeladentoast??
Nein, der ist unschuldig. Schlimmeres ist der Grund:
Endlich wieder ein freier Mann sein, ohne die ständig zunehmende Pedanterie und Streitsucht seiner ehemaligen Gattin Barbara.

José: schrieb:
Ein kostbares Destillat entsteht: trotziger Stolz

wieselmaus: schrieb:
Und ich denke: Es ist auch eine Frage der Ehre.
Unbedingt. Das gehört zusammen.

Ja, Don Alfonso hat mehr Substanz, als ich vorher vermutet habe. Das freut und tröstet mich, lieber José, und wenn ich nach der Stadt am Gualdaquivir komme, werde ich natürlich nach der Bodega forschen.
Ist ganz einfach: Vom Torre del Oro 15 Min. zu Fuß flussabwärts – da, wo die bunten Fahnen wehen:).
Kann durchaus sein, dass Don Alfonso doch dem Ruf der Weltmeere gefolgt ist.
Meinst Du nicht, dass Maria etwas dagegen haben könnte?

Liebe wieselmaus, besten Dank nochmals! Vermute ich richtig, dass Wieselmäuse ihre Wintervorräte in Form von Nusskonfekt und Mozartkugeln anlegen?

Ich muss das mal ergugln. Alles Gute!
José

 

Hola Friedrichard,

möchte mich für Deinen Post bedanken. Die Flusen sind beseitigt, der Text kann nun mit Millionenauflage in Druck gehen und in die wichtigsten Sprachen unseres Planeten übersetzt werden. Als Übersetzer ins Spanische wollen wir beide uns nicht strapazieren, die sollen sich einen anderen suchen. Wir können ja immer noch intervenieren, wenn wir mit dessen Leistung nicht zufrieden sind.

Ansonsten bedankt - y hasta las tapas!
José


Hola Kanji, meine Geschichte ist schon Schnee von gestern, doch aufgrund Deines Einwandes hab ich nachgebessert:

José: schrieb:
Alkohol war ihm stets verständnisvoller, wärmender Kumpel, hielt ihm so viel vom Leibe, was unerfreulich war. Doch nun lässt ihn das Wundermittel hängen. Die Freundschaft ist aufgebraucht und erkaltet. Schmutzig-graue Wände bedrängen und umzingeln ihn in dieser ungewohnten Enge. Die niedrige Decke drückt ihn zu Boden, es lärmt im Hof.
Kanji: schrieb:
Umso besser, nur verstehe ich nicht, weswegen er nicht weitertrinkt wie viele andere in seiner Situation es tun würden. Alkohol hat die Freundschaft sicher nicht quittiert, sondern der Don. Warum?
Ich finde die jetzige Erklärung einleuchtender:
Alkohol war ihm stets verständnisvoller, wärmender Kumpel, hielt ihm so viel vom Leibe, was unerfreulich war. Doch nun lässt ihn das Wundermittel hängen. Es eignet sich nicht, Katastrofen in freudige Ereignisse zu verwandeln. Schmutzig-graue Wände bedrängen und umzingeln ihn in dieser ungewohnten Enge. Die niedrige Decke drückt ihn zu Boden, es lärmt im Hof.

Weiterhin viel Spaß beim Schreiben!
José

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom