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Tangoland

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25.12.2024
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Tangoland

Ich war die ganze Nacht wach. In ihrem Herzen welche Wonne, in ihren Augen welcher Schmerz. Die ganze Nacht saß ich an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Mit bangem Herzen sprachen wir über die letzten Stunden. Ihre Worte waren langsam und schwer. Es fiel ihr schwer zu sprechen. Doch das musste sie auch nicht. Ich konnte in ihren Augen sehen, was sie zu sagen hatte. In diesen wunderschönen Augen, in denen ich einst das Land der Träume gesehen hatte. In diesen versprochenen Augen lebten die Fantasien von einem herrlichen Land, in dem die Sonne hinter dem Meer untergeht. Und nie aufhört unterzugehen. In einem Land, in dem die Hitze nichts ausmacht und die Haut nicht verbrennt. Wo die Menschen Nachts raus gehen um zu singen und zu tanzen. Manche sitzen alleine ein einer Bar und rauchen Zigaretten und unterhalten sich mit dem Himmel, der uns alle verbindet, über die ersten und letzen Fragen unseres Daseins. Dabei drehen sie sich im Kreis und finden keine Antworten. Aber das ist egal! In diesen Stunden, in denen der Tabak den Geist schwerer und die Gedanken leichter macht ist keiner allein und die Traurigen sind nicht mehr verzweifelt. In diesem Land lebt die Sehnsucht und dieses Land lebte in ihren Augen. Auch in dieser Nacht würde es dort leben. Aber in dieser Nacht würden die Menschen Tango tanzen. Unendlich langsam und unendlich schwermütig. Nicht aber träge, sondern belebt von der Seele derer, die nicht wissen was morgen geschieht sondern wissen was gestern war. Die rauchenden Männer würden in dieser Nacht in die Luft starren und verstehen, dass sie die Antworten, die in ihnen zu wachsen begonnen hatten nie finden werden. Schlimm ist das nicht aber es ist wahr. Sie sprach. Ihre Lippen bewegten sich dabei nicht und ihre Lunge war leer. In diesem unendlich kurzen Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft sah ich ein letztes mal in dieses Land. Ich sah sie alle. Ich sah alle Träume und Fantasien, ich sah die Zukunft, die aus der Vergangenheit erwachsen war, die Zukunft, die von der Gegenwart noch nichts wusste. Eigentlich war ihre Hand schon längst weg und ich war alleine. Aber das spielt keine Rolle. Mein Geist entzerrte sich und sah in dieses Land. Mein Geist kannte den langsamen Tango noch nicht. Stattdessen kannte er das Leben und die Lust. Er kämpfte darum und die Helden, die schon längst im Sterben langen gaben dafür ihre Hoffnung auf. Dies waren die schönsten Stunden dieser Nacht. Ihre Hand war warm in dieser Zeit und ihr Herz schlug schnell und bewegte das Blut durch ihren Körper. Selbst die Zigarettenmänner wippten mit ihren Köpfen zur Musik und vergaßen eine Weile, über was sie mit dem Himmel sprachen. Jetzt sprach sie wirklich und ihre Worte zerrissen mein Herz. Es waren nicht die Worte an sich sondern die Art wie sie sprach. Sie quetschte die Worte aus ihrem Mund. Es raubte ihr alle Kraft, die Wahrheit, derer sie sich nicht sicher war zu sagen. Aber sie musste. Und ich musste auch. Ich musste es hören. Ich hörte es nicht mit meinen Ohren sondern ich hörte es mit meiner Seele. In ihren Augen wurde es Nacht. Obwohl die Sonne dort nie untergeht, wurde es Nacht. Eine Nacht voller Sterne. In den Engen Gassen der Stadt bellten die Hunde und die Menschen schliefen schlecht. Die Zigarettenmänner gingen früher nach Hause als sonst und betäubten ihr Verlangen nach Klarheit durch den Schlaf, der sie zudeckte und beschützen konnte. Die Tänzerinnen tanzten zu Ende und verneigten sich vor den Leuten. Das Ensemble ließ noch eine letzten Zugabe hören und verneigte sich auch. Der Himmel hatte das Gespräch mit den Männern beendet. Aber vorbei war es nicht. Alle wussten, dass morgen ein neuer Tag beginnen würde, an dem die Sonne aufgehen, und dann nie untergehen, an dem die Leuten tanzen und die Vögel singen würden. Es war mein letzter Besuch in diesem Land. Ich wurde aus ihm gerissen wie ein Kind, dass aus einem Traum erwacht. Ihre Hand war jetzt kalt. Ihre Worte wurden zu Luft, die sich bewegte. Und plötzlich merkte ich, dass sie eigentlich nie da war und die Nacht, die ich bei ihr war um ihr zu helfen die schlimme Wahrheit zu finden schon längst vorbei war. Meine Zeit war vorbei. Ich hatte ihre Aufgabe erfüllt. Meine Aufgabe allerdings war noch am Anfang. Aber das fiel mir jetzt erst auf. Ich konnte ihr nicht mehr helfen. Die Gegenwart war in die Vergangenheit gerückt und die Zukunft wusste jetzt von ihr. Als ich aufwachte war ich verzweifelt. Aber nicht lange. Ich wusste jetzt das es dieses Land gibt für mich. Dorthin werde ich es schaffen. Es gibt die Sehnsucht aber es gibt auch die Liebe und im Traum der Liebe ist alles gleichgültig. Und diese Liebe gibt es. Nicht in dieser Nacht und nicht in dieser Zeit. Es wird vielleicht ein wahrhaftiges Ende brauchen, um in dieses Land zu gelangen. Aber dafür gibt es Zeit. Vielleicht gibt es Zeit. Und wir alle werden sterben. Aber das ist nicht mehr schlimm. Denn sie war da und ich war wach.

 

Hallo @Wolfsberg.

Herzlich Willkommen im Forum. :anstoss: Dein Titel hat mich neugierig gemacht.
Indes weiß dein Text mich nicht richtig zu überzeugen. Allein die Tatsache, dass es sich um einen Textblock handelt, der aus vielen mehr oder minder zusammenhängenden Bildschnipseln besteht, finde ich sehr anstrengend. Dazu die Dauersalven der beiden fernen Personalpronomen, die laufend wechseln.

In ihrem Herzen welche Wonne, in ihren Augen welcher Schmerz.
Es klingt seltsam gespreizt und gewollt literarisch, wirkt auf mich aber schwülstig und dem Inhalt eher undienlich. Es stößt mich weiter vom Inhalt ab, als dass es mich heranzieht.
Ich konnte in ihren Augen sehen, was sie zu sagen hatte.
Du verarbeitest viele Allgemeinplätze. Das ist zwar nicht immer schlimm, aber in Kombi mit der wenig spannend verarbeiteten Sprache stört es mich dann doch mehr.
In diesen wunderschönen Augen, in denen ich einst das Land der Träume gesehen hatte.
Sie liegt im Sterben, er sitzt am Bett und hält ihre Hand. Mehr passiert eigentlich nicht. Deswegen ist der Begriff "Geschichte" hier gewagt, es geht mehr um eine einzelne Szene.
Durch die Sterbende hatte der oder die Prot Kontalt zu Liebe und zu Leben.
In diesen versprochenen Augen lebten die Fantasien von einem herrlichen Land, in dem die Sonne hinter dem Meer untergeht. Und nie aufhört unterzugehen. Und nie aufhört unterzugehen. In einem Land, in dem die Hitze nichts ausmacht und die Haut nicht verbrennt.
Auch hier wirkt die Sprache eher kindlich-ungelenk. "Nie aufhört unterzugehen" ist zudem etwas fragwürdig, weil es einen nie enden wollenden Sonnenuntergang beschwört, was in keinem "Land" wahrscheinlich je der Fall sein dürfte.
Manche sitzen alleine an einer Bar und rauchen Zigaretten und unterhalten sich mit dem Himmel, der uns alle verbindet, über die ersten und letzen Fragen unseres Daseins.
Ein für mich eher pseudophilosophisches Bild, gewollt mit Bedeutung aufgeladen, die aber unspezifisch bleibt in den "ersten und letzten Fragen unseres Daseins" (sic!) In dem Land werden also nachts Parties gefeiert, in denen die "Zigarettenmänner" rauchend dasitzen und sich unbeantwortbare Fragen stellen.
Aber das ist egal! In diesen Stunden, in denen der Tabak den Geist schwerer und die Gedanken leichter macht ist keiner allein und die Traurigen sind nicht mehr verzweifelt.
Auch hier klingt alles groß, bleibt aber bei genauerem Hinsehen ungenau. "Geist schwerer und Gedanken leichter"? Gibt es einen Unterschied zwischen "Geist" und Gedanken"? Gut, jedenfalls sind durch ein im Text verbleibendes Mysterium "die Taurigen" nicht mehr verzweifelt. Da würde es doch aber interessant: Warum? Um welche "Frage des Lebens" geht es denn genau, die das vermag? Da könntest du etwas Genaueres anbieten.
Schlimm ist das nicht aber es ist wahr. Sie sprach. Ihre Lippen bewegten sich dabei nicht und ihre Lunge war leer. In diesem unendlich kurzen Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft sah ich ein letztes Mal in dieses Land. Ich sah sie alle.
Die sehr unvermittelten Übergänge, hier zu "Sie sprach" etc.pp. sind sehr mühsam zu begreifen, weil schlicht Untergliederungen im Format fehlen.
Es ist der Augenblick, in dem sie gerade verstorben ist und er oder sie ein letztes Mal zu dieser Liebe und diesem Leben Kontakt halten kann.
Mein Geist entzerrte sich und sah in dieses Land. Mein Geist kannte den langsamen Tango noch nicht. Stattdessen kannte er das Leben und die Lust.
Der oder die Prot kennt die Nähe zu Tod und Melancholie noch nicht, den langsamen Tango des Sterbens. "sah" ... "dieses Land" kommt im Text so wahnsinnig häufig vor, dass ich da etwas ersetzen oder streichen würde.
Er kämpfte darum und die Helden, die schon längst im Sterben langen gaben dafür ihre Hoffnung auf. Dies waren die schönsten Stunden dieser Nacht. Ihre Hand war warm in dieser Zeit und ihr Herz schlug schnell und bewegte das Blut durch ihren Körper.
Das ganze Leben scheint mit einer Nacht verglichen zu werden, in denen es auch schöne Stunden gab. Vielleicht gab es Familiengründung, Hausbau, Feiern, Kinder und so weiter.
"bewegte das Blut durch ihren Körper" würde ich streichen.
Es raubte ihr alle Kraft, die Wahrheit, derer sie sich nicht sicher war zu sagen.
Da muss man sich wirklich durchkämpfen. Bei genaueren Überlegen würden einem vielleicht bessere Worte einfallen.
Ich hörte es nicht mit meinen Ohren sondern ich hörte es mit meiner Seele. In ihren Augen wurde es Nacht. Obwohl die Sonne dort nie untergeht, wurde es Nacht.
Wieder ein Beispiel für den abrupten Umschwung zwischen den Beiden Personalien bei "In ihrem Augen ...".
Das mit den Ohren und der Seele hat eine unfreiwillige Komik, wenn man freilich weiß, was es bedeuten soll.
Es war mein letzter Besuch in diesem Land. Ich wurde aus ihm gerissen wie ein Kind, das aus einem Traum erwacht. Ihre Hand war jetzt kalt. Ihre Worte wurden zu Luft, die sich bewegte.
Es ist der Augenblick nach ihrem Versterben, der Nachfolger von obigem Interim, der genaue Augenblick zwischen Leben und Tod.
Und plötzlich merkte ich, dass sie eigentlich nie da war und die Nacht, die ich bei ihr war um ihr zu helfen die schlimme Wahrheit zu finden schon längst vorbei war. Meine Zeit war vorbei. Ich hatte ihre Aufgabe erfüllt. Meine Aufgabe allerdings war noch am Anfang. Aber das fiel mir jetzt erst auf. Ich konnte ihr nicht mehr helfen.
Hier wird es sehr krypisch und verknäult, ein Wust, durchen den ich mich hindurchgekämpft habe. "Meine Zeit war vorbei"? Offenbar noch nicht. Er oder sie sollte sie vielleicht beim Sterben begleiten, aber wenn das steht, dass er oder sie ganz am Anfang steht, ist die Zeit ja nicht vorbei.
Ich wusste jetzt das es dieses Land gibt für mich. Dorthin werde ich es schaffen.
Wenn "sie" auch tot ist, weiß der/die Prot nun von der Existenz von Liebe und Leben in weiterem Sinne.
Und diese Liebe gibt es. Nicht in dieser Nacht und nicht in dieser Zeit. Es wird vielleicht ein wahrhaftiges Ende brauchen, um in dieses Land zu gelangen.
Vielleicht wird es dauern bis zum Tod, bis man dieses Land wiedersieht.
Und wir alle werden sterben. Aber das ist nicht mehr schlimm. Denn sie war da und ich war wach.
Dieses "wir alle werden sterben" ist etwas plump. Der/die Prot weiß jetzt um Liebe und Leben, hat den Eingang in ihr ganz eigenes Leben gefunden und ist nun mit der Zeit zufrieden. Er oder sie lebt ja wirklich, also ist es alles, was man verlangen kann.

Die beiden Personalien bleiben den ganzen Text hindurch fremd. Klar, man kann jetzt sagen "Ich wollte es halt möglichst offen halten", aber es gibt manches Mal auch ein zu offen.

Du siehst, der Text hat mich in seiner jetzigen Form nicht überzeugt. Dennoch viele Grüße und viel Spaß im Forum,
Helen

 

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