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Sylvias drei Tage währender Tausendundeine-Nacht-Alptraum

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02.04.2003
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Sylvias drei Tage währender Tausendundeine-Nacht-Alptraum

Sylvia wusste nicht, wie lange sie bereits wartete, wie viele Stunden sie auf diesem Stuhl saß. Da ihre Augen verbunden waren, konnte sie nicht erkennen, ob es hell oder dunkel war. Aber auch ohne das Tuch hätte sie nicht auf die Uhr sehen können, da ihre Hände hinter dem Rücken an die Stuhllehne gebunden waren.
Zu gerne hätte sie ihre Sitzposition ein wenig verändert, aber die Tatsache, dass ihre Füße an die Stuhlbeine gefesselt waren, verhinderte das.
Ihre Zunge fühlte sich geschwollen an, ausgetrocknet durch den Stoff des Knebels in ihrem Mund.
Sie fror und Gänsehaut überzog ihren Körper. Es war totenstill, keine Stimmen, nichts war zu hören.

Warum sie? Was wollte man von ihr? Nur verschwommen konnte sie sich an den vorigen Abend erinnern. Sie hatte keine Zigaretten mehr gehabt, wollte aber noch an ihrer Diplomarbeit weiterschreiben – sonst wäre sie um diese Zeit nicht mehr aus dem Haus gegangen. Die Straßen waren menschenleer, aber sie hatte auch nicht weiter darauf geachtet, sondern vor dem Automaten in ihrem Portemonnaie nach Münzen gesucht ...
Gefesselt und mit verbundenen Augen war sie im Kofferraum eines Autos wieder aufgewacht, mit heftigen Kopfschmerzen. Der Wagen schien schnell zu fahren, vielleicht auf einer Autobahn. Als er diese verließ, ging es weiter über eine kurvige, schlaglochgepflasterte Straße, bis er endlich zum Stehen kam.
Unsanft war sie aus dem Auto herausgezerrt worden, eine Treppe hinuntergeführt und an diesen Stuhl gebunden.

Seitdem war sie allein. So sehr sie sich auch anstrengte, es war kein Laut zu vernehmen, der auf die Anwesenheit eines Menschen hingedeutet hätte.
An Müdigkeit verschwendete sie keinen Gedanken, ihre Angst stand dem entgegen. Warum war sie entführt worden? Als Studentin hatte sie nicht viel Geld, auch aus ihrer Familie war niemand vermögend. Sollte sie zum Opfer eines Serienmörders oder Triebtäters werden?
Gegen ihren Willen gingen ihr Titel und Szenen dazu passender Bücher und Filme durch den Kopf. Roter Drache ... Einer davon, sinnbildlich für viele.
Es waren mehrere Männer gewesen, zu erkennen an dem Geräusch ihrer Schritte, aber sie hätte nicht sagen können, ob es drei oder vier waren. Gesprochen hatten sie in ihrer Gegenwart kein Wort.

Sie fuhr zusammen, als sie Stimmen hörte, sich nähernde Schritte, gedämpft durch eine Tür, die gleich darauf geöffnet wurde.
„Das geht ja noch schneller, als erwartet!“, sagte eine Männerstimme.
„Ja, der scheint’s echt eilig zu haben. Und zahlt auch noch gut“, stimmte ein Zweiter zu, mit auffallend tiefer Stimme.
„Wie viel nun eigentlich?“, wollte ein Dritter wissen.
„Dreitausend. Und zwar fix, handeln kann er nicht mehr.“
„Wie auch, die Kleine erfüllt ja alle Bedingungen.“
Sylvia hörte, dass jemand hinter sie trat.
„Blond, schlank ...“, fuhr der Sprecher fort, „und mit Oberweite, aber nicht zuviel.“
Sie zuckte zusammen, als grobe Hände nach ihren Brüsten griffen und sie kniffen.
„Lass das!“, sagte derjenige scharf, der als Erster gesprochen hatte. „Er wird gleich hier sein, und er sagte ausdrücklich, dass sie unversehrt sein muss, also auch keine blauen Flecken oder Kratzer.“
„Komischer Heiliger“, brummte der Zurechtgewiesene. „Wenn ich sie ficke, wird sie ja nicht verletzt! Ja, gut, ich lass sie ja schon in Frieden.“

Sylvias Gedanken rasten. Was sollte mit ihr geschehen? Sie hatte sich schon nichts Gutes ausgemalt, sich vorgestellt, vergewaltigt zu werden. Aber offensichtlich sollte sie verkauft werden. An wen? Gab es das überhaupt noch, Menschenhandel? In Deutschland? Und wohin?

Sie hörte das Zuschlagen einer Autotür, und wenig später kamen Schritte die Treppe herunter.
„Ist sie das?“, fragte eine jung klingende Stimme mit fremdländischem Akzent, den sie nicht zuzuordnen wusste.
„Ja, das ist sie“, kam die Antwort. „Wie bestellt.“
„Ich will sie sehen!“
„Was sehen? Sie sitzt doch da!“
„Ihren Oberkörper.“
Jemand griff nach dem unteren Rand von Sylvias T-Shirt und zerrte es zusammen mit dem BH nach oben.
„Ja, gut“, kam der Kommentar. „Ihr könnt sie wieder bedecken.“
Eine seltsame Formulierung, ging es Sylvia durch den Kopf, ‚bedecken’.
„Wie sieht es jetzt mit dem Geld aus?“, fragte einer ihrer Entführer.
„Das habe ich hier.“
Papier raschelte, wahrscheinlich wurde das Geld übergeben.
„Und wer zahlt unser Risiko?“, wurde nachgefragt.
„Welches Risiko? Hat sie einen von euch gesehen? Habt ihr Namen genannt?“
„Nein, sicher nicht, aber ...“
„Dann sehe ich kein Risiko!“, lautete die Antwort in einem Tonfall, der keinen Widerspruch mehr erlaubte. „Ruft meine Diener.“
Weitere Menschen betraten den Raum.
„Den Arm freimachen!“
Ihre Fesseln wurden gelöst, ihr rechter Arm nach vorne gezogen, wogegen ihr Schultergelenk nach der langen Unbeweglichkeit schmerzend protestierte. Sie stöhnte auf.
„Wie wollen Sie die Kleine eigentlich über die Grenze bringen, ohne Papiere?“
„Wir fliegen mit einem Privatflugzeug des Scheich; keiner von uns wird kontrolliert. Außerdem ...“
Eine Schlinge band Sylvias Oberarm ab.
„... haben wir Papiere für sie.“
„Na ja“, bemerkte der Mann mit der tiefen Stimme, „das ist ja auch nicht mehr unser Problem.“
Sylvia spürte, dass eine Nadel in ihre Ellbogenvene gestochen wurde; unmittelbar danach verlor sie das Bewusstsein.

Sie erwachte festgeschnallt auf einer Liege in einem Flugzeug. Im ersten Moment war sie verwirrt, aber sehr schnell erinnerte sie sich. Ihre Augen waren nicht mehr verbunden, auch der quälende Knebel aus ihrem Mund war verschwunden, trotzdem hatte sie immer noch Durst.
Neben der Liege saß ein Mann, in ein Buch vertieft. Seine Haut war dunkel wie die eines Marokkaners, und er trug zu einem sehr elegant wirkenden Anzug eine typisch arabische Kopfbedeckung, ein mit dunkelblauem Muster versehenes weißes Tuch, durch eine doppelte schwarze Kordel gehalten.
„Wer sind Sie?“, fragte Sylvia mit rauer Stimme, es war mehr ein Krächzen.
Der Mann sah auf. „Du kannst mich Nazim nennen; das genügt.“
Sie erkannte seine Stimme sofort: Er war der ‚Käufer’. Wie sie bereits vermutet hatte, war er noch ziemlich jung, vielleicht Mitte oder Ende Zwanzig, mit ebenmäßigem Gesicht und schmalem Oberlippenbart.
„Wohin bringen Sie mich?“ Der Eigentümer dieses Flugzeugs musste sehr reich sein, denn es war mit bequemen Ledersesseln ausgestattet, die mehr an ein Wohnzimmer erinnerten; auf einem der Tische sah sie eine Kristallkaraffe und geschliffene Gläser.
„In meine Heimat, mehr brauchst Du nicht zu wissen.“
„Was haben Sie mit mir vor?“
„Ich? Nichts weiter; ich habe dich im Auftrag meines Fürsten gekauft.“
„Fürst? Sie sagten Scheich.“
Er zuckte mit den Schultern. „Wo ist der Unterschied?“ Er senkte den Kopf, um weiterzulesen.
Von sich aus würde er offensichtlich nichts sagen. „Warum?“, bohrte Sylvia nach. „Wozu das Ganze?“
Sichtlich gestört sah Nazim auf. „Weil seine Geliebten ihm langweilig werden, deshalb. Das kommt öfter vor.“
Sie verstand gar nichts mehr. Ein Scheich, der eine neue Geliebte brauchte, sie dafür in Europa entführen ließ? War das alles ein Traum, ein schlechter Film? Aber die straff gespannten Gurte, die sie auf der Liege festhielten, kamen ihr sehr real vor, ebenso ihr trockener Mund.
„Könnte ich etwas zu trinken haben?“
Ein Kopfschütteln war die Antwort. „Nein, weil du noch eine Narkose bekommst, bevor wir landen. Und jetzt sei ruhig!“

Noch eine Narkose! Und dann? Wo würde sie aufwachen? Hinter hohen Mauern? In einem Zelt irgendwo in der Wüste? Die ganze Situation kam ihr so unglaublich vor, dass sie inzwischen fast alles für möglich hielt. Und wie würde es weitergehen? Sie stellte fest, dass sie Angst davor hatte, diesen Gedanken weiterzuspinnen, aber ihre Gedanken ließen sich nicht zur Ruhe befehlen. Würde sie einem alten Beduinen zu Willen sein müssen? Und wenn sie ihm dann langweilig würde? Alles in ihr sträubte sich gegen die Vorstellung, von einem Fremden berührt zu werden. Niemals! Es würde sicher eine Möglichkeit zur Flucht geben, und dann könnte sie sich an die Deutsche Botschaft wenden ...
Das Narkotikum wirkte noch nach und sie schlief wieder ein.

Nur kurz wurde sie wach, als Nazim eine Schlinge um ihren Oberarm wand und ihr eine Spritze verabreichte.

Sie war nassgeschwitzt, als sie zu sich kam. Versuchsweise bewegte sie ihre Arme, aber kein Strick oder Gurt behinderte sie mehr. Vorsichtig setzte sie sich auf und sah sich mit wachsendem Staunen um. Sie war allein in einem halbdunklen Raum; kunstvoll geschnitzte hölzerne Läden verhinderten das direkte Eindringen des Sonnenlichts. Das Zimmer war in ihren Augen prachtvoll ausgestattet: Das Bett, auf dem sie lag, war mit reich bestickter Seide bezogen, der Marmorboden mit feinsten Perserteppichen bedeckt. Eine Sitzgruppe, die aus einem französischen Barockschloss hätte stammen können, vervollständigte die Einrichtung.
Aber wo war sie? Sylvia stand auf und versuchte, durch die kleinen Öffnungen der Holzläden etwas zu erkennen, aber das Einzige, was sie sehen konnte, war ein weitläufiger, von Säulenarkaden mit Spitzbögen umsäumter Hof. Und dass ihr Zimmer sich in einem oberen Stockwerk befinden musste, zu hoch, um hinunter zu springen. Sie rüttelte an einem der Läden, aber er war verschlossen.
Wie sie es erwartet hatte, war auch die Tür verschlossen. Mutlos ließ sie sich in einen der Brokatsessel fallen. Wenigstens konnte sie endlich etwas trinken, denn auf dem niedrigen Marmortisch standen Gläser und Wasserflaschen. Gierig trank sie zwei Gläser, um das pelzige Gefühl ihrer Zunge loszuwerden.

Als ein leichter Lufthauch durch die Fenster einen der an den Wänden hängenden Seidenschals bewegte, entdeckte sie, dass sich dahinter ein weiterer Raum befand. Vielleicht das Bad? Sie hätte dringend eines benötigt, um sich erleichtern zu können.
Verblüfft blieb sie in dem offenen Durchgang stehen, denn eine Tür, die sie hinter sich hätte schließen können, gab es nicht. Zwar handelte es sich tatsächlich um ein Bad, aber mit Sicherheit das Ungewöhnlichste, das sie sich jemals hätte vorstellen können. Es gab eine Toilette und Waschbecken, auch eine normale Eckbadewanne, aber damit hörten die Ähnlichkeiten zu einem üblichen Bad schon auf. Nicht nur, dass Perserläufer den Boden zum Teil bedeckten, gab es auch weit mehr als eine Dusche, in verschiedenen Höhen an den Wänden angebracht. Mehrere sehr flache Wannen waren in den Boden eingelassen, neben denen scheinbar ausziehbare Duschen aus dem Boden ragten. Und dazu fanden sich überall Metallklammern, deren Zweck sie sich nicht weiter vorstellen wollte – sie erinnerten zu sehr an Handschellen.
Wofür auch immer dieses seltsame Bad gedacht sein mochte, im Moment benötigte sie nur die Toilette.

Anschließend wusch sie sich die Hände und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, um zu Tode erschrocken zusammenzufahren, als sie im Spiegel Nazim sah, der dicht hinter ihr stand.
„Ich sehe, du kennst dich inzwischen hier aus“, sagte er. „Wie geht es dir jetzt?“
„Danke, gut, äh ...“ stotterte sie. „Ich habe nur Hunger.“
„Du wirst versorgt werden“, versicherte Nazim. „Brauchst du sonst noch etwas?“
Verwirrt schüttelte Sylvia den Kopf. „Aber wo bin ich hier?“
„Ein Name würde dir nichts sagen; dir muss genügen, dass du dich in meinem Haus befindest.“
„Und was ist mit dem Scheich?“
„Zu meinem Scheich kann ich dich erst bringen, wenn ich sicher bin, dass du für ihn geeignet bist.“
„Äh ... Und wie wollen Sie das herausfinden?“
„Das wirst du sehen. Ich werde dir Essen bringen lassen. Morgen reden wir weiter.“ Mit diesen Worten ging er.
Sylvia zögerte einen Moment zu lang, bevor sie ihm nachlief; zu spät wurde ihr klar, dass sie weiterhin in diesem Zimmer eingesperrt bleiben sollte, aber vor ihrer Nase schloss sich die Zimmertür und sie hörte, dass der Schlüssel umgedreht wurde. Wütend hämmerte sie mit den Fäusten gegen das massive Holz. „Verdammt, lass mich raus! Du verfluchter Verbrecher, mach auf!“ Aber es nutzte nichts, die Tür blieb verschlossen. Heulend setzte sie sich auf das zierliche Sofa, stand auch nicht auf, als ein älterer Mann ihr ein Tablett mit Essen brachte, denn ein Weiterer bewachte die Tür. Es gab keine Möglichkeit, an ihm vorbei zu kommen.

Sie wusste nicht, was ihr zum Essen hingestellt worden war, denn sie rührte es kaum an; ihr war der Appetit vergangen. Wie sollte sie wieder hier heraus kommen?
Sie würde bald vermisst werden, tröstete sie sich. Bald? Nein, so bald würde das keineswegs sein – hatte sie nicht ihren Eltern und den Freunden gesagt, dass sie für die nächsten zwei Wochen nicht ansprechbar wäre? Dass man sie bitte nicht anrufen sollte, da sie ihre Diplomarbeit fertig stellen müsste?
Es würde sich auch keine Post stapeln, da sie einen Briefkastenschlitz in der Wohnungstür hatte. Wann würde jemandem auffallen, dass sie nicht da war? Das konnte Wochen dauern! Und niemand wusste, wo sie zu suchen wäre. In irgendeinem arabischen Land ...
Erneut überfiel sie das heulende Elend; zusammengerollt wie ein kleines Kind schlief sie auf dem Sofa ein.

Entsprechend verspannt war sie am nächsten Morgen; nicht nur die ungeeignete Schlafgelegenheit, sondern auch ihre Träume hatten sie keine erholsame Nacht vebringen lassen. Aber nachdem sie sich gewaschen hatte und einen starken schwarzen Kaffee getrunken – während sie im Bad war, war Frühstück hingestellt worden –, fühlte sie sich besser. Sie würde Nazim klarmachen, dass er einen großen Fehler beging, wenn er sie noch länger festhielt, sie würde ihm zu verstehen geben, dass sie keineswegs für seinen Scheich oder Fürst oder was auch immer geeignet war, und noch viel weniger gewillt!
Sie blieb ruhig sitzen, als er einige Stunden später eintrat, begleitet von zwei jüngeren Männern in Jeans, die an der Tür stehen blieben, während er korrekt in einen Anzug gekleidet war.
Ohne ein weiteres Wort setzte er sich ihr gegenüber in einen Sessel. „Was studierst du?“
Wütend starrte sie ihn an. „Was soll das? Wollen Sie mir nicht endlich erklären, was ich hier soll?“
Er runzelte die Stirn. „Das sagte ich gestern bereits: Herausfinden, ob Du für meinen Fürsten geeignet bist.“
„Ja, das sagten Sie, aber das wird wohl kaum Ihr Ernst gewesen sein!“
„Oh doch, ich meinte das sogar sehr ernst.“
„Aber ... ich bin nicht die, die Sie suchen!“
„Wieso suchen? Ich habe dich doch, oder?“
Sylvias ganzer Elan war wie weggeblasen. Sie hatte immer noch geglaubt und gehofft, dass alles nur ein böser Scherz wäre, oder eine Verwechslung. „Aber ... Sie können nicht mich gemeint haben ...“
„Natürlich. Ich sagte: Eine junge, blonde Frau, schlank, mit nicht zu viel Oberweite. Gebildet. Und jetzt antworte: Was studierst du?“
Welches gedankliche Kartenhaus sie sich auch aufgebaut hatte, es stürzte unwiederbringlich zusammen. Es war ernst, bitter ernst. Ob es ihr helfen würde, wenn sie kooperierte? Würde er sie vielleicht gehen lassen, wenn er merkte, dass er mit ihr vernünftig reden konnte? „Chemie“, antwortete sie mutlos. „Chemie und Biologie.“
„Gut. Was machen deine Eltern?“
„Mein Vater ist Forscher am Fraunhofer-Institut, meine Mutter Professorin für Geschichte.“
„Also gebildet und aus gutem Haus. Das ist wichtig.“
„Wofür ist das wichtig? Kann der Scheich denn Deutsch, um sich mit mir zu unterhalten? Sucht er eine Gesellschafterin? Dann bin ich ganz sicher falsch!“
„Er wird selbst entscheiden, welche Verwendung er für dich hat. Und wenn du dich vorher oder hinterher normal ausdrücken kannst – falls er dich ansprechen sollte –, wird es für dich von Vorteil sein, denn für Proleten hat er nichts übrig.“
„Vor oder nach was?“ Im selben Moment bereute sie bereits, diese Frage gestellt zu haben, denn sie fürchtete die Antwort.
„Vor oder nach dem Sex.“
Sylvia schluckte. „Und was meinen Sie dann mit Verwendung? Gibt es da Unterschiede?“
„Ja, die gibt es. Und je mehr Gefallen er an dir findet, desto besser wird es dir ergehen. Vorausgesetzt, du hältst dich an die Ratschläge, die ich dir geben werde.“
Diese vagen Andeutungen machten Sylvia nervös. „Welche Ratschläge? Und was könnte passieren?“
Nazim wurde sichtlich ungeduldig. „Tu, was ich dir sage, dann wird nichts Schlimmes passieren! Und am Vernünftigsten wird es sein, wenn du zuerst gewaschen wirst.“ Eine kaum sichtbare Handbewegung von ihm ließ seine beiden Begleiter vortreten. Er sagte ein paar Worte in einer fremden Sprache zu ihnen, worauf sie zu Sylvia traten und sie an den Armen hochzogen.
Sie wehrte sich, versuchte sich ihrem Griff erfolglos zu entwinden. „Nazim, was soll das? Was haben die vor? Behandelt ihr in diesem Land eure Gäste immer so?“
„Gäste? Du bist kein Gast. Ein Gast würde von Frauen bedient, gebadet und in kostbare Gewänder gehüllt. Du bist mein Eigentum, und bis mein Scheich dich akzeptiert, bist du von keinem weiteren Wert.“
„Und was wollen diese beiden von mir? Sind das Eunuchen?“
Zum ersten Mal zeigte sich ein Lächeln auf dem Gesicht des Arabers. „Nein, keine Eunuchen – sie wären viel zu teuer und würden sich für eine solche Arbeit nicht hergeben. Bei meinem Fürsten wirst du vielleicht auf welche treffen. Und jetzt geh ins Bad, sonst werden meine Diener nachhelfen!“ Seine Stimme war drohend geworden, aber auf einen Wink von ihm ließen die Diener Sylvia los.

Inzwischen hatte sie wirklich Angst, nicht nur vor den vagen Aussichten, die ihre Zukunft für sie bereithalten mochte, sondern sehr real vor dem, was jetzt mit ihr geschehen sollte. Mühsam versuchte sie, ihre Tränen herunterzuschlucken, denn diesen Triumph wollte sie Nazim nicht gönnen.
„Jetzt geh!“, betonte er nachdrücklich und erhob sich.
Schnell wich sie einige Schritte vor ihm zurück und ging ins Bad, wo sie unschlüssig stehen blieb. „Und jetzt?“, fragte sie unsicher.
„Zieh dich aus!“
Sie warf einen raschen Blick auf die beiden Diener, die wie Wächter an der Tür zum Bad standen.
„Zieh dich aus, sonst werden sie es tun!“
Zögernd streifte sie ihre Jeans und das T-Shirt ab, zog Schuhe und Strümpfe aus.
„Weiter, alles!“
Für einen Moment schloss sie die Augen, aber scheinbar gab es keinen Ausweg.
Als sie völlig nackt vor ihm stand, nickte er zufrieden. „Und jetzt geh unter die Dusche, seife dich ein und wasch dir die Haare!“
Da er keine Anstalten machte, sie allein zu lassen, wandte sie ihm den Rücken zu und ging unter die Dusche. Ohne seine Anwesenheit hätte sie es genossen, so aber sehnte sie den Augenblick herbei, in dem sie sich mit einem Handtuch würde verhüllen können.
Aber als sie danach greifen wollte, sagte er laut: „Nein! Das brauchst du jetzt nicht. Komm her!“
Er griff in ihre Haare und sah sie sich genau an. „Warum hast du nicht gesagt, dass du nicht blond bist? Sie sind blondiert!“
„Sie haben mich nicht gefragt. Ist das denn wichtig?“
„Ja, das ist es. Mein Scheich mag nur naturblond. Dummerweise weiß er, dass du hier bist, und er weiß, dass du für ihn bestimmt bist. Wir werden nachhelfen müssen.“
Nach einem kurzen Befehl verließ einer der Diener das Bad, um wenige Minuten später mit einer Flasche in der Hand zurückzukehren.
„Setz dich“, sagte Nazim und deutete auf einen Hocker, der neben den Waschbecken stand. „Nimm dir ein Handtuch für die Augen!“
Sylvia hatte kaum Zeit, es vor ihr Gesicht zu halten, als er schon eine nach ätzenden Chemikalien riechende Flüssigkeit über ihren Kopf goss. Der größere der Diener trat neben Nazim und massierte das Mittel in ihre Haare gründlich ein.
„So, und jetzt ausspülen!“
Sylvia beeilte sich, dem Folge zu leisten, denn durch die beißenden Dämpfe bekam sie kaum noch Luft. Aber als sie danach einen Blick in den Spiegel warf, erschrak sie: Weißblond war sie geworden, bis zu den Haarwurzeln. Sie hätte sich selbst kaum erkannt.

„Das ist besser“, stellte Nazim fest. „Und jetzt leg dich da hin!“ Er deutete auf eine flache, weiß emaillierte Wanne.
„Aber ...“
„Los jetzt!“, brüllte er plötzlich. „Ich will kein Aber und keine sonstige Widerrede mehr hören!“
Erschrocken legte sie sich in die Wanne, achtete in diesem Moment auch nicht auf die Diener, wodurch diese sie überraschen konnten. Denn plötzlich hockten sie rechts und links von ihr und sicherten erst Sylvias Hände, dann ihre Füße in den Metallmanschetten, die sie am Vortag schon bemerkt hatte. Mit weit gespreizten Beinen lag sie hilflos und verängstigt da und fühlte sich entblößter, als in all den Minuten davor.

Unbemerkt hatte Nazim sich hinter ihr ausgezogen und setzte sich, nur noch mit einer als Shorts geschnittenen kurzen Hose bekleidet, im Schneidersitz neben ihr auf den Boden.
„Was haben Sie vor?“ Sylvias Stimme brach fast, da sie gleichzeitig versuchte, ihre Tränen der Verzweiflung zu unterdrücken.
„Nichts Besonderes – für dich vielleicht schon. Ich weiß, was mein Scheich mag und was er verabscheut, ich weiß, wie eine Frau bei ihm reagieren darf und wie nicht, wie sie reagieren soll und muss. Und um mir nicht seinen Zorn zuzuziehen, muss ich sichergehen, dass du für ihn geeignet bist.“
„Und um das herauszufinden, wollen Sie mich jetzt vergewaltigen? Das ist billig – zwei Mann als Hilfe, und ich gefesselt!“ Ihre Wut half ihr über die ärgste Angst hinweg.
„Vergewaltigen? Nein. Ich würde nicht mit dir schlafen, selbst wenn du es wolltest, das bleibt meinem Fürsten vorbehalten. Aber ich muss wissen, worauf du reagierst, wie dein Körper reagiert. Ob du orgasmusfähig bist.“
„Glauben Sie tatsächlich, dass ich jetzt in irgendeiner Form Erregung verspüren könnte? Oder gar einen Orgasmus haben? Nicht wirklich, oder?“
Nazim grinste. „Doch. Deiner Stimmungslage kann nachgeholfen werden. Du wirst reagieren!“
Von hinten traten die beiden Diener heran und stellten zu beiden Seiten von ihr kleine Kupfergefäße auf, aus denen sich dünner Rauch empor kräuselte. Er roch süßlich, aber nicht wie ein Parfum.
„Was ist das?“
„Es wird dich entspannen. Dir deine Ängste nehmen. Atme tief ein.“
Sylvia wollte es nicht, denn sie befürchtete, es könnte sich um ein Rauschgift handeln, was es vermutlich auch war, aber sie konnte weder ausweichen, noch die Luft für längere Zeit anhalten. Es dauerte nicht lange, bis sie die erste Wirkung verspürte: Ihre Gedanken begannen ziellos zu wandern, sich nicht mehr mit der Situation zu beschäftigen. Nach und nach ließ ihre innere Anspannung nach, auch ihre Muskeln wurden lockerer. Sie fühlte sich leichter, schwebender, als würde sie in körperwarmem Wasser treiben.

Nazim streckte nach einer Weile die Hand aus und ließ seine Fingerspitzen ihre Brust umkreisen, führte sie in Spiralform immer enger, bis er ihre Brustwarze berührte und begann, sie sanft zu streicheln.
Sylvia seufzte auf, empfand ungeheures Wohlbehagen, genoss die leichten, stimulierenden Berührungen und hätte sich ihnen entgegengereckt, wenn sie gekonnt hätte.
„Nein, keinen Ton! Du darfst weder seufzen, noch stöhnen, noch sonst einen Laut von dir geben, präge dir das gut ein! Es ist wichtig!“ Er veränderte ein wenig seine Position zu ihr, streichelte weiter mit einer Hand ihre Brust und ließ die andere zwischen ihre Beine wandern. Sanft teilte er ihre Schamlippen, suchte ihren Kitzler und begann ihn leicht zu reiben.
Wieder stöhnte Sylvia, woraufhin er sofort ihre Brustwarze heftig kniff, dabei seinen Fingernagel tief hineindrückend. „Sagte ich nicht, dass du keinen Laut von dir geben darfst? Denk daran!“
Erschrocken starrte sie ihn an; zwar ließ der Schmerz schnell nach, aber sie hatte Angst, was er ihr noch antun könnte.
Und wieder streichelte er sie, ließ seine Finger zwischendurch andeutungsweise in ihre Scheide gleiten, verteilte ihre warme Feuchtigkeit über ihren Kitzler, rieb ihn heftiger.

Sylvia war inzwischen so benommen von dem betäubenden Rauch, dass sie Nazim kaum noch wahrnahm, nur noch spürte, was er mit ihrem Körper tat.
Aber abrupt stoppte er. „Nein, das reicht nicht. Du magst erregt sein, aber du siehst nicht so aus. Deine Brustwarzen müssen größer werden, und zwar deutlich. Er will sehen, dass du ihn kaum erwarten kannst!“ Er winkte einem der Diener, und ohne, dass sie etwas dagegen hätte tun können, senkte dessen Kopf sich über ihre Brust, sein Mund umschloss ihren Nippel und er begann, heftig daran zu saugen, während Nazims Hand ihre zweite Brustwarze rieb und drehte. Nur kurz hielt er inne, zog einen der Duschköpfe in die Höhe und drehte das Wasser an. Er wartete einen Moment, bis es die richtige Temperatur hatte, dann veränderte er den weichen Brauseschwall zu einem harten Massagestrahl, den er auf ihre Klitoris richtete.
Sylvia zuckte zusammen, als das Wasser sie traf, versuchte vergeblich, sich aufzubäumen und gleichzeitig dem saugenden, gelegentlich beißenden Mund des Dieners zu entkommen, was ihr ein erneutes heftiges Kneifen in ihre andere Brust eintrug.
„Wehre dich nicht, sonst könnte es schmerzhaft für dich werden!“
Sie zwang sich zur Ruhe, versuchte, wieder zu entspannen, und das Opiat machte es ihr leicht. „Reagieren Sie nicht darauf?“, fragte sie.
„Nein, schon lange nicht mehr – oder nur noch wenig“, gab er unerwartet freimütig zu. „Ich mache das nicht zum ersten Mal, und es ist immer gleich. Oder fast gleich.“

Sylvia schloss die Augen. Nach und nach begann der trommelnde und gleichzeitig massierende Wasserstrahl auf ihrem Kitzler, vereint mit den intensiven Reizungen ihrer Brüste, Wirkung zu zeigen. Immer deutlicher wurde das bekannte Gefühl, das sich in ihrem Unterleib sammelte. Sie spürte den fast schmerzhaften Blutstau, verursacht durch ihre immer stärker werdende Erregung, und schließlich kulminierten all diese Empfindungen in einem heftigen Höhepunkt. Keuchend atmete sie tief ein, während ihr Leib wollüstig zuckte, in seinen Bewegungen eingeschränkt durch die sie bindenden Fesseln.
Nazim nahm den Duschkopf zur Seite und bedeutete dem Diener, sich wieder zurückzuziehen. „Das war schon ganz gut“, bemerkte er, „aber noch nicht ausreichend. Mal sehen ...“ Und wieder richtete er das Wasser auf sie, etwas heißer und der Strahl etwas härter.
Sylvia zuckte zusammen und stöhnte auf, als ihr nun deutlich empfindlicherer Kitzler getroffen wurde, woraufhin Nazim ihre Brustwarze mit aller Gewalt zwickte. „Sei still!“, herrschte er sie an. „Noch einmal, und ich lasse dir Klammern anlegen – die Schmerzen, die diese verursachen, werden dich vielleicht zum Schweigen bringen!“

Trotz der deutlichen Worte, die sie erschreckt hatten, gelang es ihm mit Hilfe der Dusche und seiner Hand, sie noch zweimal bis zum Orgasmus zu treiben.
„Genug jetzt“, sagte er endlich und drehte das Wasser ab. Mit wenigen Handgriffen befreite er das Mädchen von seinen Fesseln und reichte ihr die Hände, um ihr aufzuhelfen. Ein Diener gab ihm ein großes Handtuch, das er um Sylvias Schultern legte. „Bleib, wie du bist“, sagte er noch, als er sich bereits zur Tür wandte. „Passende Kleidung wird dir gebracht werden.“

Mit zitternden Knien verließ Sylvia das Bad, um sich in der reinen Luft des Zimmers auf das Sofa fallen zu lassen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder das Gefühl hatte, im Kopf klar zu sein.
Was war das gewesen? Wie konnte es sein, dass der Mann, der sie hierher verschleppt hatte, sie so stimulieren konnte, dass sie zum Höhepunkt kam? Gegen ihren Willen? Und dass sie es auch noch genossen hatte? Nicht einmal die beiden Diener hatten sie noch gestört, sie hatte nur noch gefühlt, sich treiben lassen. Kannte sie sich selbst so wenig? War sie so leicht manipulierbar?

Etwa eine Stunde später kehrte Nazim zurück, in Begleitung einer älteren Frau, die ganze Bündel golddurchwirkter Stoffe trug.
„Steh auf“, sagte er zu Sylvia. „Wir müssen sehen, was du tragen kannst. Und leg das Handtuch weg.“ Nacheinander hielt er jeden der Stoffe vor sie, bis er sich endlich entschied und der Frau das Kleidungsstück seiner Wahl in die Hand drückte. „Das hier!“, wies er sie an und nahm in einem der Sessel Platz.
Mit geschickten Händen wand die Frau den durchscheinenden Stoff, der in violetten und goldenen Tönen schimmerte, um Sylvias Körper, bis Nazim zufrieden nickte. Unterwäsche durfte sie keine anziehen, und der Stoff ließ mehr erkennen, als er verbarg. Nachdem ihr mehrere schwere Goldketten übergestreift worden waren, durfte Sylvia noch leichte, dünne Sandalen aus weißem Leder anziehen, dann war sie fertig.
Sehr kritisch musterte Nazim sie. „Die Ketten passen nicht zu dir, aber er mag es so. Nun gut, lass uns gehen.“ Er erhob sich und ging zur Tür, gefolgt von Sylvia, die von den Dienern flankiert wurde.

Nazim führte sie durch lange Flure, in denen sich ein hohes Spitzbogenfenster an das andere reihte, aber nirgends war Sylvia ein Blick nach außen gegönnt, da sie wie in ihrem Zimmer durch geschnitzte Läden verdunkelt waren. Es ging geschwungene Treppen hinunter, durch eine beeindruckende Eingangshalle mit Marmorboden und mosaikverkleideten Säulen ins Freie. Eine langgestreckte Limousine wartete vor der Eingangstreppe und Nazim drängte Sylvia nachdrücklich in den hinteren Bereich des Wagens, um sich ihr gegenüber niederzulassen.
Sowie die Tür sich geschlossen hatte und der Wagen anrollte, wurde die glühende Hitze, die im Freien herrschte, ausgesperrt und kühle Luft umfächelte Sylvia.
„Bringen Sie mich jetzt zu dem Scheich?“, fragte sie.
Nazim schien aus seinen Gedanken aufzuschrecken. „Ja“, sagte er nur.
„Und was wird er mit mir machen?“
Nazim wirkte gereizt. „Was wird er schon machen? Sich an dir befriedigen, natürlich. Und seinen Spaß dabei haben.“ Zum ersten Mal klang etwas wie Verachtung in seiner Stimme mit, als er über den Fürsten sprach. „Und es liegt an dir, dass er seinen Spaß auch bekommt“, fuhr der Araber fort. „Ich kann dir nur empfehlen, alles zu tun, damit dem so ist!“
„Denn sonst?“
„Sonst?“ Nazim zuckte mit den Schultern. „Das hängt davon ab, in welcher Laune er ist.“
„Und was könnte das sein?“
„Dass er dich seinen Männern überlässt, das ist am wahrscheinlichsten. Und dich vorher noch ein wenig ... quält.“
Sylvia erstarrte. Wurde sie jetzt zu einem perversen Sadisten gebracht? Einem gewissenlosen Egoisten, der sie den Hunden zum Fraß vorwerfen würde, wenn sie seinen Ansprüchen nicht genügte?
Ein schrecklicher Gedanke schlich durch ihren Kopf. „Könnte es auch sein, dass er mich ... tötet?“
Jetzt endlich sah Nazim sie offen an. „Ja, auch das ist möglich.“
„Kam das schon vor? Und was wird er von mir erwarten?“
„Ja, es kam bereits vor. Und was er von dir erwartet – ich kann nur von dem ausgehen, was er zu mir sagte, denn ich bin nur selten dabei. Aber ich hoffe, dich ausreichend vorbereitet zu haben.“
„Werden Sie heute, bei mir, dabei sein?“ Sie hätte es sich niemals vorstellen können, aber Nazims Anwesenheit erschien ihr sehr wichtig.
„Das weiß ich nicht. Nicht, wenn ich es vermeiden kann.“

Was hatte dieser Satz zu bedeuten? Vermutlich ekelte es ihn, dem Scheich bei seinen Vergnügungen zuzusehen. Oder er wollte keinen Anteil haben an irgendwelchen Grausamkeiten. Aber Sylvia hatte keine Gelegenheit, noch weiter ihren Spekulationen nachzuhängen, denn der Wagen stoppte vor einem märchenhaft anmutenden Palast. Er wirkte wie aus einer Erzählung aus Tausendundeiner Nacht, übersät mit goldenen und fayenceblauen Mosaiken, überreichen Goldverzierungen, mit spitzen, vergoldeten Kuppeln und Turmspitzen, mit außen verlaufenden, sich spiralförmig um schmale Türmchen herumwindenden Treppen und Fensterläden, neben denen die von Nazims Haus wie eine Bauernschnitzerei gewirkt hätten.

Beeindruckt stieg Sylvia aus, aber ihr wurde keine Zeit gelassen, dieses Bauwerk ausführlicher zu betrachten, denn Nazim schubste sie auf den Eingang zu.
Bewaffnete, in arabische Gewänder gehüllte Wachen standen rechts und links der Treppe, mit schwarzen Vollbärten und grimmigen Gesichtern, einschüchternd und bedrohlich. Sylvia war froh um Nazim, denn alleine hätte sie nicht gewagt, an ihnen vorbeizugehen. Zwei der Wachen schlossen sich ihnen an und folgten ihnen, noch vor Nazims beiden Dienern.

Nach einer überwältigenden Eingangshalle, die wahrlich einem orientalischen Fürstenhof angemessen war, ging es auch hier durch lange Flure, bis zwei Männer in Beduinenkleidung eine zweiflüglige Tür vor ihnen aufrissen. Offensichtlich handelte es sich um ein Schlafzimmer, wenn auch von den Ausmaßen einer Fünf-Zimmer-Wohnung. Das beherrschende Element war ein überdimensionales Säulenbett, in dem selbst zehn Personen noch Platz gefunden hätten. Hauchzarte Seidenvorhänge umwehten es in dem beständigen, durch die Fensterläden eindringenden Luftstrom, der angenehme Kühle vorgaukelte.

Aber dann sah Sylvia den Fürsten und blieb wie angewurzelt stehen. Hatte sie sich vor Jubba the Hutt schon immer geekelt, so war dieser Mann dessen menschgewordene Entsprechung. Obwohl von Quadratkilometern schwarzer bodenlanger Beduinenkleidung bedeckt, konnte das figurschmeichelnde Gewand nicht über seine Ausmaße hinwegtäuschen. Der Scheich ruhte auf einem ausladenden Sofa, auf dem auch ein Elefant sich hätte niederlassen können, der wahrscheinlich nicht mehr Raum beansprucht hätte.
Kleine, stechende Augen blitzten schmal über seinen fetten Wangen auf und hefteten sich auf Sylvia, während er mit einer gelangweilten Bewegung seiner goldringgeschmückten Hand Nazim zu sich winkte.
Nazim blieb vor ihm stehen, legte seine Hände aneinander und verneigte sich leicht.
Die Fürst sagte etwas zu ihm, Nazim antwortete, und es entwickelte sich ein kurzes Gespräch, dem Sylvia nicht folgen konnte, da sie sich nur der arabischen Sprache bedienten. Mehrmals drehte der junge Araber sich halb zu ihr um und deutete auf sie; wahrscheinlich beschrieb er ihre Vorzüge und Qualitäten.

Und dieses Monster wollte mit ihr schlafen? Wahrscheinlicher würde sein, dass er sie erdrücken würde, er würde es nicht nötig haben, sie extra zu töten.
Sie schrak auf, als Nazim sie rief: „Syvah, komm her!“ Es war das erste Mal, dass er sie bei ihrem Namen nannte, und er klang fremd aus seinem Mund, so perfekt sein Deutsch sonst war.
Zögernd trat sie näher.
„Der Fürst wünscht, dich ansehen zu können. Also breite die Arme aus und dreh dich langsam um dich selbst. Ach ja, und sage kein Wort, niemals, es sei denn, dass er dich etwas fragt!“
Am liebsten wäre Sylvia unsichtbar gewesen, aber sie gehorchte, streckte die Arme seitlich von sich und drehte sich einmal um sich selbst, sich nur zu sehr bewusst, wie viel ihres Körpers durch den dünnen Stoff zu sehen war. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie der Scheich sie fixierte und sich über die aufgeworfenen Lippen leckte. Sie schauderte, und wäre es auch nur um wenige Grad kühler gewesen, hätte eine Gänsehaut sie überlaufen.

Der Scheich schien genug gesehen zu haben, denn er sagte etwas zu Nazim, woraufhin dieser die Hand hob, um Sylvia zum Stillstehen zu veranlassen.
Und jetzt?, fragte sie sich, aber der Fürst bereitete ihr trotz seiner unförmigen Gestalt eine Überraschung, denn mit einer Flinkheit und Beweglichkeit, die sie diesem massigen Körper nicht zugetraut hätte, erhob er sich und ging auf sie zu. Ganz dicht vor ihr blieb er stehen, ließ seinen Blick über ihren Körper wandern, zog sie förmlich mit den Augen aus und schnippte einmal kurz mit den Fingern.
In den Schatten des riesigen Raumes nahm Sylvia eine Bewegung wahr und zwei große, ebenfalls dicke Männer, obwohl sie die Maße ihres Herrn nicht erreichten, traten ins Licht. Sie waren bartlos und trugen ebenfalls bis zum Boden reichende Kleidung, die aber überreich mit roten, grünen und goldenen Ornamenten bestickt war. Ihre Befehle erwartend blieben sie in respektvoller Entfernung stehen, aber ein paar schroffe Worte des Scheichs genügten, um sie zu Sylvia gehen und ihr mit wenigen Handgriffen das Kleid abnehmen zu lassen.
Sie blickte zu Boden, aber der Fürst griff nach ihrem Kinn, hob ihren Kopf und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Ohne die Miene zu verziehen bellte er einen Befehl, der Nazim galt, welcher sich gerade durch die Tür hatte entfernen wollen. Er hatte gesagt, dass er nicht bleiben würde, wenn er es vermeiden konnte, aber eine Handbewegung seines Herrn beorderte ihn an dessen Seite. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, nur die zusammengepressten Lippen verrieten sein Unbehagen; demonstrativ verschränkte er die Hände hinter dem Rücken, um deutlich zu machen, dass er sich an nichts zu beteiligen wünschte.

Nur mit den Augen gab der Fürst den beleibten Männern – waren das Eunuchen? – einen Wink; sie ergriffen Sylvia sofort an den Armen und zogen sie zu dem Bett, welches sie eher als ihre Schlachtbank sah, und drückten sie darauf nieder, bis sie flach auf dem Rücken lag, aber ein weiterer Befehl ließ sie erneut zugreifen und Sylvia auf den Bauch drehen.
Sie konnte ihn nicht sehen, nur die Hände der Helfer, die ihre Arme festhielten, und Nazim, da er seitlich seines Herrn stand. Aber sie spürte die Hände des Scheichs, die ihre Beine auseinander drückten, grob ihre Schamlippen spreizten, um seinem erigierten Glied den Weg zu bereiten. Unvermittelt drang er in sie ein, wobei seine Hände sich in ihre Hüften krallten, rücksichtslos trotz der Tatsache, dass sie trocken war. Sie hätte nie gedacht, dass er so groß wäre, und stöhnte auf, als er bei einem heftigen Stoß ihre Grenze erreichte. Sofort klatschte ein schwerer Schlag seiner Hand auf ihre Pobacke. Erschrocken fuhr sie hoch, was ihr einen Schlag auf den Hinterkopf eintrug. Aber er ließ nicht nach, und als er erneut zu schmerzhaft zustieß, entrang sich ihr ein unterdrückter Schmerzlaut. Noch zwei Schläge waren die Folge, dann ließ er von ihr ab.

Er musste seinen Eunuchen einen Wink gegeben haben, denn sie drehten Sylvia auf den Rücken und hielten weiterhin ihre Hände fest. Für einen Moment betrachtete er sie nur, dann griff er nach ihren Brustwarzen, drehte sie und zog an ihnen, rieb unsensibel über die empfindliche Oberfläche. Sylvia schloss verzweifelt die Augen – würde diese Quälerei nie ein Ende nehmen? So sah sie nicht, dass Nazim einen Befehl erhielt und sich kurz entfernte. Erst, als er sich neben ihr auf das Bett setzte, nach ihrer Brust griff um schnell und kundig eine Klammer an der Brustwarze anzubringen, riss sie entsetzt die Augen auf und starrte ihn an. Nur für einen Sekundenbruchteil erwiderte er ihren Blick, um sofort wegzusehen und sich der Klammer für ihre zweite Brust zu widmen.
Hatte sie wirklich geglaubt, er würde sie schützen, ihr beistehen? War sie deshalb erleichtert gewesen über sein Bleiben, trotz der Schmerzen, die er selbst ihr zugefügt hatte? Was für eine Illusion, welch kindlicher Tagtraum! Bitter schluckte sie an der Erkenntnis, dass er alles tun würde, was sein Herr ihm abverlangte, ungeachtet seiner eigenen Wünsche oder Aversionen. Wie ein Schaf auf dem Opferblock lag sie hier, hilflos, den Launen eines überfetteten Scheichs ausgeliefert, und wenn dieser es befahl, würde Nazim sie wahrscheinlich auch eigenhändig töten.

Desillusioniert ließ sie die nächsten Stöße des Herrschers über sich ergehen, bis er wieder zu heftig wurde und sie versuchte, zurückzuweichen. Nach einer schallenden Ohrfeige griff Nazim wieder zu. Sie war erleichtert gewesen, dass die Klammern weit weniger unangenehm waren, als sie befürchtet hatte, aber jetzt erfuhr sie, dass sie verstellbar waren, mittels Schrauben immer enger gedreht werden konnten – was Nazim nun tat. Zwei Umdrehungen ließen sie keuchend nach Luft schnappen, woraufhin er nach kurzem Zögern noch ein Stück weiter drehte.
Sylvia spürte, dass die Tränen hervordrängten, aber sie wollte sie auf keinen Fall herauslassen, denn sie wusste nicht, wie der Fürst darauf reagieren würde. Und so biss sie sich mit aller Kraft auf die Zunge, in der Hoffnung, den Schmerz ihrer Brustwarzen übertönen zu können.

Einige Minuten später, während derer der Scheich immer wieder viel zu tief in sie eindrang, schickte er Nazim erneut fort, um etwas zu holen. Als er diesmal zurückkehrte, trug er mehrere dünne Ketten bei sich. Die kürzeste befestigte er an den beiden Klammern, wodurch die Brüste zueinander gezogen wurden; allein das hätte Sylvia schreien lassen können, aber sie bot ihre ganze Selbstbeherrschung auf, um nicht einen Laut über die Lippen kommen zu lassen. Zusätzlich brachte er auf jeder Seite eine weitere, längere Kette an, deren Enden der Scheich in seine feisten Hände nahm.
In dem Maße, wie er stärker und heftiger zustieß, riss er an diesen Ketten, die Nazim noch enger zuschrauben musste, damit sie nicht abrutschen konnten, bis sich Sylvia ein langgezogener Schmerzlaut entrang – sie hatte ihn nicht mehr unterdrücken können.
Der Scheich zog sich aus ihr zurück und zerrte sie an den Ketten hoch, schlug ihr wütend ins Gesicht und auf die Brüste und bellte den Eunuchen einen Befehl zu. Einer verschwand aus Sylvias Sichtfeld, während der andere sie herumdrehte und zwang, sich mit dem Rücken zum Scheich auf das Bett zu knien, ihm ihren Hintern entgegen zu strecken. Und wieder drang er in sie ein, noch tiefer als zuvor, bis sie aufheulte, aber diesmal kam die Strafe nicht durch einen Ruck an den Ketten, sondern durch einen scharfen Gertenhieb über ihren Rücken. Entsetzt versuchte sie auszuweichen, aber ein Eunuch hielt ihre Handgelenke eisern umklammert, während der andere weiter auf sie einschlug. Und sie hörte das Gelächter des Scheichs, der unbekümmert weitermachte, bis er sich endlich in sie ergoss. Sowie er zu Atem gekommen war, ließ er von ihr ab und kehrte zu seinem Sofa zurück.

Endlich losgelassen, ließ Sylvia sich auf die Seite fallen, wie betäubt von den Schmerzen und Demütigungen. Nur sehr langsam und vorsichtig brachte sie es fertig, sich aufzurichten.
Wie zu Beginn dieser Horrorinszenierung saß der Fürst auf seinem Sofa und sprach mit Nazim, der vor ihm stand. Der Blick aus seinen glitzernden Augen glitt über sie, als wäre sie nicht anwesend.
Schließlich nickte Nazim und kam zu ihr. Am Oberarm zog er sie von dem Bett hoch und drehte sie von sich weg. Einer der Eunuchen reichte ihm etwas; was es war, begriff sie schnell, als er ihre Arme nach hinten bog und ihr Handschellen anlegte.
Er schob sie in Richtung zur Tür, blieb aber noch einmal stehen. Er schien den Scheich etwas zu fragen, aber nur ein gleichgültiges Kopfschütteln war die Antwort.

Nackt, wie sie war, immer noch mit den zu fest geschraubten Klammern an ihren Brüsten, führte er sie durch den Palast, an allen Bediensteten vorbei, die sie keines Blickes würdigten. Das Sperma des Scheichs lief an der Innenseite ihrer Oberschenkel entlang, und nur mühsam unterdrückte sie die Tränen – lange würde sie sie nicht mehr zurückhalten können.
Immer tiefer ging es hinunter, Treppe um Treppe, bis ihr klar wurde, dass sie in den Keller gebracht werden sollte. „Was denn noch?“, fragte sie nur.
„Ich soll dich einsperren; ich habe genaue Anweisungen. Er ist gnädig heute, er will es morgen noch einmal mit dir versuchen. Er meint, nach einer Nacht hier unten würdest du gefügiger sein.“
„Was hätte ich denn tun sollen?“, wehrte sie sich, aber Nazim schüttelte sofort den Kopf.
„Ich hatte es dir vorher eingeschärft – du hast nicht auf mich gehört, und für die Folgen übernehme ich keine Verantwortung. Es ist unangenehm genug, dass mein Fürst jetzt ungehalten ist mit mir.“
„Ach ja? Ungehalten ist er also mit Ihnen? Und was ist mit mir?“
„Syvah, du bist bedeutungslos. Es spielt keine Rolle, was er mit dir zu tun beliebt.“
War das tatsächlich seine Meinung? Oder redete er sich das ein, um sein Gewissen zu beruhigen? Nein, er musste es tatsächlich glauben, sonst hätte er nicht handeln können, wie er es getan hatte.

Als er die Tür zu dem Raum aufstieß, in dem sie die Nacht verbringen sollte, blieb sie stehen. Es war eine kahle, fensterlose Zelle, kalt, aus nacktem Stein. „Und hier soll ich bleiben?“, flüsterte sie erstickt.
„Ja. Stehend.“
Im ersten Moment begriff sie nicht, was er meinte, aber mit einer schnellen Bewegung löste er eine der Handschellen, um ihre Hände vorne wieder zusammen zu fesseln. Ruckartig zog er ihre Arme nach oben und verband die Fesseln mit einer von der Decke hängenden Kette.
Fassungslos starrte sie ihn an.
„Sei froh, dass er dich nicht aufhängen lässt. Er würde dich auch zwei Tage lang baumeln lassen. Aber ich bin noch nicht fertig.“
Nur kurz verließ er die Zelle, um mit einer Reitgerte zurückzukehren. „Zwanzig Schläge soll ich dir verabreichen; es könnte sein, dass er später herunterkommt, um zu kontrollieren.“
Er schlug fest zu; bei jedem einzelnen Schlag hatte sie das Gefühl, ihre Haut würde durchschnitten. Bei den ersten Schlägen jammerte sie, aber schließlich stellte sich eine Art Betäubung ein und sie zählte nur noch.

Ausgebrannt und jeglicher Würde beraubt starrte sie ihn an, als er endlich aufhörte. „Du bist nichts anderes als der Handlanger eines dreckigen Sadisten!“, warf sie ihm entgegen. „Und selbst ein dreckiger Sadist! Du magst eine hohe Position hier haben, aber du bist weniger wert als der Dreck auf dem Boden! Und du sagst, ich wäre wertlos? Glaubst du denn, dein Scheich würde dich nicht genauso ungerührt fallen lassen? Du widerst mich an!“
Drei oder vier Atemzüge lang sah er sie an, dann wandte er sich stumm ab und verließ die Zelle. Die Tür ließ er offen, aber sie hätte ohnehin nicht fliehen können.

Wie sollte sie eine ganze Nacht so durchhalten? Ihre Brustwarzen spürte sie nicht mehr, aber die Handschellen drückten sich tief in ihre Handgelenke, ihre Finger wurden bereits taub. Dazu kamen quälender Durst und die Kälte, die ihr durch die Knochen zu dringen schien.
Sie verlor das Gefühl für die verstreichende Zeit, konnte nicht mehr abschätzen, wie viele Stunden sie hier unten verbrachte. Schlafen konnte sie nicht, aber immer wieder kippte ihr Kopf zur Seite, wenn sie in eine halbe Bewusstlosigkeit wegzugleiten drohte.
Für ihre mehr als ungewisse Zukunft hatte sie keinen Gedanken mehr übrig, dafür fehlte es ihr an Kraft.

Stunden später weckten sich leise nähernde Schritte sie aus ihrem Dämmerschlaf. Aufmerksam spähte sie in die Dunkelheit und erkannte Nazim erst, als er eintrat. „Du schon wieder!“, sagte sie, aber er legte sofort warnend seinen Finger auf den Mund.
„Kein Wort!“, flüsterte er und löste ihre Handschellen von der Kette.
Sie hätte schreien können, als sie die Arme endlich herunternehmen durfte, aber es gelang ihr, keinen Laut von sich zu geben. Schnell streifte er ihr das Gewand einer Beduinenfrau über und drängte sie zur Tür.
Sylvia schüttelte den Kopf und deutete auf ihre Brüste: Wie lange würde sie diese Klammern noch tragen müssen?
Aber Nazim schüttelte energisch den Kopf. „Keine Zeit!“, flüsterte er tonlos und schob sie hinaus.

Durch unendlich lange, sich immer wieder verzweigende Gänge führte er sie, bis sie weit außerhalb der Palastmauern endlich ins Freie traten.
Es war dunkel, da nur sehr entfernte Straßenlaternen ein wenig Licht spendeten, aber Sylvia konnte die Limousine erkennen, welche sie hierher gebracht hatte. Und daneben standen Nazims Diener. Erschrocken wandte sie sich um, aber er nickte ihr beruhigend zu.
„Steig ein!“
Die beiden Diener stiegen vorne ein, ein Chauffeur war nicht zu sehen.
Nach einer halben Stunde Fahrt stoppte der Wagen wieder, und Sylvia erkannte, dass sie sich auf einer Sandpiste mitten in der Wüste befanden, auf dem ein Lear-Jet mit laufenden Motoren wartete.
Fast rennend überwanden sie die kurze Strecke bis zu dem Flugzeug, dessen Türen sich sofort nach dem Einsteigen schlossen. Die Triebwerke heulten auf, die Maschine beschleunigte, und sie starteten.

Sichtlich erleichtert atmete Nazim auf. „Wir haben es geschafft“, sagte er und stand auf. „Komm mit!“ Er ging mit ihr in den hinteren Teil der Kabine und zog den trennenden Vorhang zum vorderen Teil zu. „Jetzt zieh dich aus, damit ich sie dir abnehmen kann – dann wirst du, fürchte ich, auch verstehen, warum ich das nicht im Palast machen konnte.“
Inzwischen war es Sylvia gleichgültig, ob er sie unbekleidet sah; er hatte bereits viel zuviel gesehen. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass das Abnehmen der Klammern fast noch schmerzhafter war, als das Anlegen, und dass er sehr langsam vorgehen musste. Immer wieder um je eine halbe Umdrehung lockerte er sie allmählich, und bei jedem Mal hätte sie laut schreien können, als der Druck allmählich nachließ und das Blut wieder durch das gequetschte Gewebe strömte.
Sie konnte nicht verhindern, dass ihr die Tränen herunterliefen, aber diesmal hatte sie keine Angst vor den Folgen. Er gab ihr noch eine Salbe, um ihre Brustwarzen damit einzureiben, behandelte damit auch die Striemen auf ihrem Rücken, bevor er ihr ihre Kleidung gab – jene Kleidung, die sie getragen hatte, als sie vor dem Zigarettenautomaten niedergeschlagen worden war.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, griff er in die Innentasche seines Jacketts, holte eine Zigarettenschachtel heraus und bot sie ihr an, aber sie lehnte ab. „Nein, das lasse ich. Ist mir zu gefährlich.“
Nazim zündete sich eine an und rauchte schweigend, aus dem kleinen Fenster in die Dunkelheit starrend.

„Warum?“, fragte Sylvia nach einer Weile. „Warum hast du mich da herausgeholt?“
Im ersten Moment reagierte er nicht, aber schließlich sah er sie an. „Du fragst, warum? Vielleicht, weil ich schon zu lange zugesehen habe. Vielleicht, weil eine Grenze erreicht ist. Vielleicht, weil es einfach genug ist. Und vielleicht, weil mein Bruder genau gespürt hat, warum ich gehen wollte, und weil er mich deshalb gezwungen hat, Dinge zu tun, die ich verabscheue! Und vielleicht wegen dem, was du in der Zelle zu mir gesagt hast.“
„Dein Bruder?“, fragte Sylvia ungläubig.
„Ja, mein Bruder.“ Ein bitteres Lächeln umspielte seinen Mund. „Sehr ähnlich sind wir uns nicht, stimmt, und das betrifft nicht nur das Äußere.“
„Aber wenn er dein Bruder ist, warum hast du das alles zugelassen?“
„Weil er die Macht hat. Er ist der Scheich, nicht ich. Ich bin tatsächlich nur deshalb noch am Leben, weil ich sehr früh gelernt habe, mich ihm unentbehrlich zu machen – oder ihn das glauben zu lassen – und alle zu beseitigen, die mich hätten ersetzen können.“
„Aber warum bist du das Risiko eingegangen, mich zu befreien? Du hättest erwischt werden können.“
„Nein. Menschen sind käuflich, alle. Es hat mich viel gekostet, ja. Eigentlich mein ganzes hiesiges Vermögen, aber darauf habe ich jetzt ohnehin keinen Zugriff mehr. Aber ich habe noch Vermögen in anderen Ländern, und zurückkehren kann ich niemals, solange er lebt.“
„Warum meinetwegen?“
„Syvah ... Auf deine Art bist du eine Prinzessin, und zu schade, um ein Ende zu finden, wie er es dir zugedacht hatte. Heute wärest du gestorben, und es wäre ein qualvoller Tod geworden.“

In den nächsten Stunden sprachen sie nicht viel. Sylvia versuchte, auch nur halbwegs zu verarbeiten, was in der kurzen Zeit geschehen war und ein wenig zu entspannen, aber das konnte sie wahrscheinlich erst, wenn sie wieder europäischen Boden unter den Füßen hatte – oder auch nie.

Erst eine Stunde vor der Landung sprach sie ihn wieder an. „Waren das eigentlich Eunuchen?“
Nazim nickte. „Ja. Aber ohne Kastratenstimmen.“
Sylvia sah ihn fragend an.
„Eunuchen, die erst als Erwachsene kastriert wurden, sind beliebter. Je tiefer die Stimme, desto besser. Sie sind auch sehr teuer.“
„Teurer, als ich es war?“
Er lächelte kurz. „Das kannst du nicht vergleichen. Du warst ein Handelsobjekt, und der Preis war akzeptabel für die Leistung, welche diese drei Männer erbringen mussten. Unsere Kastraten werden auf ihr späteres Leben vorbereitet, zwanzig Jahre lang. Das ist eine weitaus höhere Leistung, die entsprechend honoriert werden muss.“

Die Maschine landete in Zürich. Nazim wollte dort bleiben, und mit den Papieren, die er für sie hatte, gelangte Sylvia ohne weitere Verzögerungen in ihre Heimat. Er hatte ihr auch Geld mitgegeben, viel Geld, und einen seiner beiden Diener.
„Ich will nicht, dass dir etwas zustößt“, sagte er, als sie sich verabschiedeten, „und er wird auf dich aufpassen. Er hat einen Diplomatenausweis, und er wird auch Deutsch lernen, im Laufe der Zeit. Ein wenig Englisch beherrscht er.“

Tatsächlich hatte niemand gewusst, dass sie fort gewesen war, und sie brachte es nicht fertig, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Eine Weile ging sie zu einer Psychiaterin, aber auch ihr gegenüber konnte sie nicht alles erzählen; sie würde es selbst verarbeiten müssen.

Sie kaufte ein kleines Haus mit einer Einliegerwohnung, um eine offizielle Adresse für Ahmed zu haben; es musste nicht jeder wissen, dass er ständig um sie war, nicht aus Zuneigung, sondern weil er seinen Auftrag, auf sie zu achten, sehr ernst nahm. Im Laufe der Zeit fasste Sylvia sogar Vertrauen zu ihm, was ihr anfänglich, in Erinnerung an die Ereignisse in dem Badezimmer, sehr schwer gefallen war.

Er wusste, wo sie von ihren Entführern festgehalten worden war, und er spürte die drei Männer auf.
So konnte Sylvia eines Tages Nazim in Zürich anrufen.
„Ich habe etwas für dich“, sagte sie. „Du sagtest, dass Eunuchen, die erst als Erwachsene kastriert werden, sehr wertvoll sind?“
„Ja“, antwortete Nazim zögernd. „Warum fragst du?“
„Ich habe hier drei, die dafür prädestiniert sind. Sie befinden sich in dem Haus, in dem du mich das erste Mal gesehen hast ...“
Mehr brauchte sie nicht zu sagen.
Ahmed berichtete zwei Tage später, dass die drei Männer fort seien.

Nach einem Jahr erfuhr sie aus der Zeitung, dass Nazims Bruder einem Herzanfall erlegen war.
Nur wenige Tage später stand ein diplomatischer Vertreter des Scheichtums vor ihrer Tür, um eine offizielle Einladung zu überreichen. Ein kleiner Lear-Jet würde sie dorthin bringen ...

 

@ Die philosophische Ratte:

Auf Anhieb kann eine Geschichte einfach nicht wirklich gut werden.
"Genugtuung" und "Ein Nachruf" sind zwei Geschichten, für die ich weniger als eine Stunde gebraucht habe. Am nächsten Tag jeweils nochmal durchgelesen und Füllwörter eliminiert, das waren dann je zehn zusätzliche Minuten, und fertig.
Als schlecht hat sie niemand bezeichnet, für eine bekam ich sogar eine Empfehlung.

Aragorn

 

Hallo, gehts Euch gut? Prima, dann macht den Smalltalk bitte wieder woanders und redet hier nur über die Geschichte, okay?
Danke!

chaosqueen :cq:

 

Als schlecht hat sie niemand bezeichnet, für eine bekam ich sogar eine Empfehlung.

Das Argument habe ich mal absichtilich außer Acht gelassen.
Schon vergessen, dass Relysium auch diese Geschichte zuerst... :rolleyes:


...para
( auf Peitschendrohung nun still)

 

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