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Strahlendes Rot

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15.08.2011
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Strahlendes Rot

Da steht aufrührerisches Graffiti an der Wand. In leuchtendem Rot greift es das Kabinett an, macht sich über den Kanzler lustig. Seine Frau ist eine Schlampe, sagt es, die mächtigen Männer alles korrupte Schweine. Es entlarvt die Zensur, enttarnt Vater Staat als widerlichen Transvestiten. Die Männer in den Overalls kommen, um es abzuwischen, das Rot zu übertünchen, den gemeinen Lügen das Maul zu stopfen.

Den Mann, der für das Graffiti verantwortlich ist, haben sie gefasst. Er wurde gefangen genommen, als er gerade Eimer roter Farbe kaufen wollte, mit einem großen Pinsel, um noch mehr von diesem unflätigen Kram in der Stadt zu verteilen. Vor dem Baumarkt haben sie ihn geschnappt. Sie kamen mit einem schwarzen Transporter. Sie sind herausgesprungen, haben ihn gefasst, ins Auto gezerrt, niemand hat's gesehen.

Der Mann mit der roten Farbe sitzt in einem Keller. Eine Lampe leuchtet in sein Gesicht, er kann nichts sehen. Nur eine Silhouette, eingehüllt in kaltem Rauch. Der Mann mit der Farbe hat Angst. Er bemerkt, dass er nackt ist, an einen Stuhl gefesselt, völlig ohne Kleider. Ihm ist kalt und sein Gesicht tut weh. Man hat ihn geschlagen, mehrmals. Seine Lippe blutet.

Wir werden dich foltern, sagt die Silhouette hinter der Lampe, dich mit Nadeln stechen, wenn du uns nicht sagst, was wir wissen wollen. Aber er sagt nichts. Sie nehmen ihm den Schlaf, halten ihn tagelang wach, spielen laute Musik die in seinen Ohren klingelt. Sie drehen an den Uhren, geben ihm nichts zu essen und langsam wird er wahnsinning. Immer wieder Verhöre: Was weisst du? Wer ist noch dabei? Wo ist der Untergrund? Was habt ihr geplant? Aber der Mann mit der Farbe sagt nichts. Er weiss nichts.

Er ist nur ein einfacher Mann, ein Bauer, der zufällig etwas rote Farbe übrig hatte. Im kalten Winter hat er mit dem Esel auf dem Feld die Acker umgepflügt, unter Schweiss und Tränen seinen Hof am Laufen gehalten. Das Geld ist knapp, wissen sie, sehr knapp, und der Kanzler ein Nazi, jawohl, ein Nazi! Wegen ihm gibt es kein Geld, denn immer müssen seine Soldaten in Reih und Glied stehen, während der arme Mann auf der Straße hungert. Und mit Röntgenlampen durchleuchten sie einen im Kaufhaus, bis auf die roten Äderchen unter der Haut, man wird überwacht und abgehört! Eine Unverschämtheit! Sowas hat man nicht verdient, so geht man nicht mit einem ehrlichen Mann um! Da habe er hat die Farbe genommen und das Graffiti an die Wand gemalt, um seinem Ärger Luft zu machen. Das war alles.

Aber sie glauben ihm nicht. Sie stellen mehr Fragen, härtere Fragen, werden ungeduldig. Sie kommen mit größeren Nadeln, mehr Schlafentzug, drücken seinen Kopf unter Wasser und lassen ihn tagelang hungern. Doch er sagt immer noch nichts, er wisse immer noch nicht mehr, nur, dass sie grausame Dämonen sind, die wollen, dass man die Klappe hält. Die geheimen Totenkopfbataillone des Kanzlers, sie haben die Menschen am liebsten als Nummer, ruhig und schweigsam, Rädchen im System, mit grauem Job, weißem Hemd, schwarzer Krawatte. Man soll am Schreibtisch hocken, den Mund halten und ja die Steuer rechtzeitig zahlen! Aber nicht mit ihm, nicht mit dem Mann mit der Farbe! Durch seine Adern fliesst echtes Blut, rotes Blut, er arbeitet für seinen Lebensunterhalt, echte Arbeit, mit ihm kann man sowas nicht anstellen! Es gibt keine Zelle, sagt er, keinen Untergrund, keine Verschwörung. Nur etwas rote Farbe!

Und so endet der Mann mit der roten Farbe als roter Fleck auf dem Kellerboden. Hingerichtet, Kopfschuss, die Leiche lässt man verschwinden. Einsam und allein, irgendwo bei der Mülldeponie, oder im Fluss, eingefroren über den Winter, zersetzt oder fortgespült wenn der Frühling kommt. Die Nachrichten werden kurz über ihn berichten. Ein Protokoll der Verhöre kommt zu den Akten, geschwärzt natürlich, alles wichtige zensiert. Der Mann mit der roten Farbe ist vergessen und alles ist wieder gut. Doch so sehr die Männer in den Overalls auch schrubben, so oft sie es übermalen, egal welches Lösungsmittel sie benutzen: Das Graffiti lässt sich nicht abwaschen. Das Rot strahlt immer noch widerspänstig von der Wand und macht sich weiter ungestraft über den Kanzler lustig.

 
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Hallo Groegge85

Willkommen im Forum.

Leider finde ich deinen Einstand nicht so gelungen.
Dabei greift dein Plot eigentlich die Aktualität der Aufstände in der arabischen Welt auf, bleibt jedoch weit hinter seinen Möglichkeiten.

Ein hart schuftender Bauer hat die Schnauze voll, macht seinem Ärger mit roter Farbe Luft und gerät dadurch in die Fänge der diktatorischen Staatsmacht. Er wird beseitigt, doch das Rot (Farbe/Blut) bleibt hartnäckig an den Mauern kleben.

Mit dieser Idee rumpelt deine Geschichte leider etwas holprig daher und kratzt auch nur am Thema, statt sich admit zu beschäftigen. Die Protagonisten bleiben blass und austauschbar. Da sind keine Charakter zum anfassen, der Konflikt wird erklärt und ist nicht erlebbar.

Tip: Statt der indirekten Rede ('Wir werden dich foltern'), und langweiliger Wiederholungen ('Sie stellen mehr Fragen, härtere Fragen, werden ungeduldig. Sie kommen mit größeren Nadeln, ... Doch er sagt immer noch nichts, er wisse immer noch nicht mehr,' ),solltest du echte Dialoge einbauen, die den einfachen Anspruch des Bauern auf das, was ihm zusteht, lebendig werden lassen.

Der Schluss wäre zwar eine gute Metapher, dass sich der entflammte Widerstandskampf (rote Farbe) nicht einfach mit Abwaschen beseitigen lässt, aber eben, mir fehlt da eindeutig die Geschichte dazu.

Textkram:

Da steht aufrührerisches Graffiti an der Wand.
Als Eröffnungssatz leider etwas unglücklich, denn das 'aufrührerisch' ist schwierig zu lesen. Ausserdem ist es schon fast ein Pleonasmus, Grafitis transportiern per se meistens revolutionäre Botschaften.
"Blurot und Kanzler verhöhnend stehen die Wörter an der Wand."

Die Männer in den Overalls kommen, um es abzuwischen, das Rot zu übertünchen, den gemeinen Lügen das Maul zu stopfen.
Lügen kann man nicht das Maul stopfen, sie sind für sich selber ja nicht verantwortlich. ;-)

als er gerade [einen] Eimer [mit] roter Farbe kaufen wollte,

Vor dem Baumarkt haben sie ihn geschnappt. Sie kamen mit einem schwarzen Transporter. Sie sind herausgesprungen, haben ihn gefasst, ins Auto gezerrt, niemand hat's gesehen.
Das wirkt irgendwie komisch! Erstens habe ich Mühe, mir einen funktionierenden Baumarkt in einer Diktatur vorzustellen, und wenn, dann hat's ad noch andere Leute. Ok, die wollen dann natürliche aus Angst nichts gesehen haben, aber das müsstest du anders formulieren.

Der Mann mit der roten Farbe sitzt in einem Keller ... Der Mann mit der Farbe hat Angst.... Man hat ihn geschlagen, mehrmals. Seine Lippe blutet.
Lies dir das mal laut vor, das klingt wie ein Schulaufsatz. Nein, nein, da kommt keine Spannung auf.

Wir werden dich foltern, sagt die Silhouette hinter der Lampe, dich mit Nadeln stechen, wenn du uns nicht sagst, was wir wissen wollen.
oh wie schrecklich! Nein, lass es geschehen, der Schmerz, wenn sie die Nadeln langsam zwischen Daumen und Fingernagel einführen, wenn der Bauer vor Schmerz jammert und seine Unschuld herausschreit.

Und mit Röntgenlampen durchleuchten sie einen im Kaufhaus, bis auf die roten Äderchen unter der Haut, man wird überwacht und abgehört! Eine Unverschämtheit! Sowas hat man nicht verdient, so geht man nicht mit einem ehrlichen Mann um!
Unglaubwürdig, oder der Bauer ist verrückt. Aber das willst du ja hier nicht erzählen, also: unbedingt streichen - oder neu formulieren.;)

Sie stellen mehr Fragen, härtere Fragen, werden ungeduldig. Sie kommen mit größeren Nadeln, mehr Schlafentzug,
Mehr Fragen, härtere Fragen, was soll ich mir darunter vorstellen? Grössere Nadeln? Hm, bring lieber was neues: z.B. Zähne aufbohren/ziehen, an den Füssen aufhängen, usw. Es muss auch dem Leser schmerz bereiten, sonst langweilt er sich.;)

Doch er sagt immer noch nichts, er wisse immer noch nicht mehr, nur, dass sie grausame Dämonen sind, die wollen, dass man die Klappe hält.
Unglücklich formuliert, er sagt ja, dass er nichts wisse.
Die geheimen Totenkopfbataillone des Kanzlers, sie haben die Menschen am liebsten als Nummer, ruhig und schweigsam, Rädchen im System, mit grauem Job, weißem Hemd, schwarzer Krawatte.
Klischeealarm. Was ist ein grauer job?

Und so endet der Mann mit der roten Farbe als roter Fleck auf dem Kellerboden.
Nein, nein, das ist doch hier keine gute Nacht Geschichte! Streichen. Einfach "Ein roter Fleck auf dem Kellerboden".

Einsam und allein, irgendwo bei der Mülldeponie, oder im Fluss, eingefroren über den Winter, zersetzt oder fortgespült wenn der Frühling kommt.
Das ist so Mafiagebrabbel und nichtssagend. Die Leiche ist weg, fertig und aus die Maus.

Ein Protokoll der Verhöre kommt zu den Akten, geschwärzt natürlich, alles wichtige zensiert.
Nix da, kein geschwärztes Protokoll, sondern ganz klare Worte, dass der "Mann mit der roten Farbe" der Anführer einer Terrorzelle ist und gesucht wird. Letzter Aufenthaltsort: unbekannt. Akte zu.

Doch so sehr die Männer in den Overalls auch schrubben, so oft sie es übermalen, egal welches Lösungsmittel sie benutzen: Das Graffiti lässt sich nicht abwaschen.
Zuerst "das Grafitti", dann "es".

Fazit:
Wie gesagt, mir ist das einfach zuwenig Geschichte. Du solltest den Text etwas ausbauen. Direkte Rede und mehr Hintergrund. Der Bauer hat doch sicher Familie, vielleicht sogar Kinder. Der Widerstand ist schlau und operiert aus der Deckung, der Bauer leider nicht, und so wird er durch die Beschuldigung, ein Anführer zu sein, zum Propagandaobjekt des Regimes. Nur so als Idee.

Gruss dot

 

Moinsen & willkommen auf Kg.de.
Ich gebe Dot recht, dass die Geschichte als Einstand etwas schwierig ist.
Sie kann mich mit diesem Protagonisten nicht in Verbindung bringen. Alles scheint mir wie eine beliebige Aneinanderreihung von gängigen Klischees ohne Tiefe.
Ich würde nochmal über Dot´s Anregungen nachdenken... überarbeiten hilft meist zu einer besseren Schreibe, und wenn das Dein Ziel ist, dann bist Du hier genau richtig!
Gruß Lord

 

Tach Groegge,

Es entlarvt die Zensur, enttarnt Vater Staat als widerlichen Transvestiten.

mach mal Transvestit nicht zum Schimpfwort

Die Männer in den Overalls kommen, um es abzuwischen, das Rot zu übertünchen, den gemeinen Lügen das Maul zu stopfen.

Man kann wirklich nur Lügnern das Maul stopfen

Er wurde gefangen genommen

festgenommen

um noch mehr von diesem unflätigen Kram in der Stadt zu verteilen.

präziser. an die Mauern zu schmieren / malen

völlig ohne Kleider.

nackt eben

spielen laute Musik die in seinen Ohren klingelt.

ui, das klingt etwas zu niedlich

Im kalten Winter hat er mit dem Esel auf dem Feld die Acker umgepflügt, unter Schweiss und Tränen seinen Hof am Laufen gehalten.

Versteh nichts von Landwirtschaft, aber im Winter mit einem Esel Felder pflügen ... ist zu arg auf die Tränendrüse gedrückt

widerspänstig

widerspenstig

Gefiel mir. Lesbare Sprache, ein aufrührerisches Thema mit den üblichen Motiven, aber überdurchschnittlich gut gemacht. Für ne Miniatur absolut okay, auch das Erzählen.

Kubus

 

Hallo Groegge,

und Willkommen im Forum.

Also mir gefällt Deine Parabel. Ich finde sie sogar sehr gut gelungen, naja, bis auf die sprachlichen Kleinigkeiten, die meine Vorredner schon angesprochen haben. Mir fehlt da nix. Knapp und rund erzählt, das erwarte ich von einer Parabel und für mich lieferst Du das auch.

Gern gelesen.
Beste Grüße Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Groegge85,
herzlich willkommen bei kg.de!

Wenn ich ehrlich bin, mir gefiel deine Geschichte nicht so sonderlich. Ein ernstes Thema, aber zu wenig Hintergrundinformation. Okay, wenn man ab und zu mal Zeitung liest und die Nachrichten anschaut, weiß man, dass es sich möglicherweise um ein arabisches Land handelt, wo revolutionsmäßig in der letzten Zeit ziemlich viel abging. Aber wie schon von dotslash angesprochen, gibt es da solche Baumärkte, wie bei uns am Stadtrand, wo man mit dem Auto oder mit dem Eselskarren hinfahren, parken und aus dem Sortiment einen für seinen Zweck passenden Eimer roter Farbe aussuchen kann?
"Der Staat als widerlicher Transvestit", "widerlicher Transvestit", das würde ich auch sofort löschen!
Aber was macht "der Kanzler" in einem autoritären Staat? :confused:
Diktator oder unfähiges Staatsoberhaupt wäre besser.

Gruß
Leia4e

 

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