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Straße und Café

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15.03.2008
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Straße und Café

„Hoffnung?“, fragt Pietra. „Klar, Arschfick.“ Als Antwort auf eine Frage, die Priva nicht stellte. Aus einem Gespräch, mit dem er nichts zu tun haben will. Um am Ball zu bleiben, schiebt er die Frage hinterher, was sie hoffen dürften. Sieht sie eine Strähne aus ihrer Stirn pusten, die wieder zurückfällt, ohne dass die verklebten Haare ihre Konturen verlören. Arschgefickte Hoffnung also, auf solche Sätze kann er. Geschwätz von welchen, die sich längst hätten ins Bett verpissen sollen. Wobei Priva selbst nur von Eigenträgheit aufrecht gehalten wird und dem Bierhumpen, dessen schwerer Boden am Tresen klebt.

Er sieht nikotingelbes Licht durch die verstaubten Fenster der Straße das Ende der Nacht heraufdämmern. Nickt Pietra zu, die weiter den Mund bewegt, und verzichtet darauf, Interesse zu heucheln. Als er sie paar Sekunden später wieder ansieht, ist der Crossdresser oder die Transe ohnehin mit jemand anderem beschäftigt. Den kennt er auch. Schlitzauge mit tiefen Taschen, lohnenderer Gesprächspartner.
Gleich die Order: Perignon. Dom Perignon, naturalmente. Priva hat keine Idee, wo der Typ auf einmal herkommt. Per Thai-Move auf den Hocker gebeamt, aus der Nacht geschnitten.

Mario, wie Priva weiß. So heißt der Thai. Stand in seinem Ausweis, in seinem Portemonnaie, in der Innenseite seines Jacketts, als er ihn gegen vor Wochen im Keller der Straße fand. Mario, in embryonaler Haltung, zusammengerollt um ein kaltes Klo. Mario. Kein schlechter Name für einen Hundsfott. Passt schon, nix gegen einzuwenden. Mario selbst nennt sich Mariko, weil wir hier auf Georg sind, die heiligen Straßen und Katakomben der Tattergreis-Schwuchteln und Terrorschwucken, gepflastert mit minderjährigen Strichjungen, Haarrissen im After, vollgespritzten Snapchat-Körpern. Und Bakschisch, viele viele Geschenke, großes Bakschisch. Jedenfalls Mariko.

Mariko. Gespielt von Mario. Die Altschwulen der Straße genießen jeden Exotismus, jeden Eskapismus; ja, es sind Besessenheiten, dafür gibts keine Heilung, kein Exorzismus. Alle wollen so exotische Vögel wie möglich, so exotisch vögeln wie möglich.
Und teuren Rotwein. Große Auswahl, von allem das Beste. So schlicht lässt's sich leben.

Der Einflussreichste ist gepflegt und sehr alt, dünnes Haar, pergamentene Haut spannt über der markanten Schädelform, strahlende Augen, so hell und offen der Blick.
Einen anderen sah Priva, wie er mit seinem Kind der Nacht, dem Kind zur Nacht, nach der Nacht im Café frühstückte, Muttertag, später gab er einer Frau mit Rollator einen Blumenstrauß, "Liebe Muti". Schon am Abend steckte er wieder dem Nachtkind was zu, direkt vor Privas Wohnung, unten auf dem Bürgersteig, vor den Pforten zur Straße.
Der Jüngste, ein Opernsänger, wirkt sympathisch. Beunruhigend. Priva hütet sich, den näher kennen zu lernen. Wer weiß wie sich überträgt, was die tragen. Großzügig? Alle. Dukatenscheißer. Scheißen mit Scheinen um sich, als wüssten sie die Welt geht unter, bevor sie pleite gehen.

Mehr als einmal hat der Oberste Alte das gesamte Café gemietet, geschlossene Gesellschaft gespielt, alle ausgehalten, um sich und das zu feiern, was in dieser speziell hamburgischen Mischung aus Distance, Perversion und Understatement als ausgesuchter Lebenswandel gehandelt wird.
Prahlen mit ihrem Rumgeficke wie Neunjährige, die alle auf einmal und jeder für sich, eben gerade nen prallen Sack Murmeln gewannen. Heißt eh nicht Rumfickerei, Nachtabenteuer sind’s, und die Erzähler, alte Säcke, nein, gleichgesinnte Gelegenheitsjäger.
Vor allem: Big Tipper. Hm, Priva: kein Geld. Arbeit, im Café.

Erst erstaunte ihn, dass die sprechen, als wäre er nicht da, dann ärgerte Priva, dass er in ihren Augen nur Garcon war, kein Mensch, doch war er damals schon ein bisschen geübt, sein Pendel schnell wieder in die Gefühlskälte einzumitten, wenn es was zu sehen und hören gibt, das unangenehm aber interessant ist. Was die ehrenwerten Kaufleute und Maskenträger zum Besten gaben.
Direkt aus ihrer Parallelgesellschaft. Sankt Georgs Lustgreise, die sich in ihren restlichen Jahren nachts durch osteuropäische Straßenkinder arbeiteten.
EU-Osterweiterung, das Lob der Freizügigkeiten.
Manchmal, in diesen Runden, war Mariko dabei, und im Gegensatz zu seiner üblichen Großmäuligkeit, gingen in diesen Runden viele Witze auf seine Kosten. Daher kennt er ihn, ja, Priva erinnert sich träge. Bilder und Geräusche dieser ersten Treffen mit Mariko ziehen wie bernsteinerne Geister durch die immer hellere, immer widerwärtigere Gegenwart des kommenden Tages in der Straße. „Dom Perignon, Magnumflasche, Garcon, schnell!“, bellt Mariko, der so frisch und gesteift in seinem maßgeschneiderten Anzug steckt, als säße er nicht im Nebel billiger Zigarillos, am versifften Tresen und simulierte so was wie einen Flirt mit Pietra, die wenigstens mal für fünf Minuten Toilette machen und sich rasieren könnte.
Mariko kommt von Erika oder aus dem Rondell und nicht nur sein Hemdkragen wurde chemisch gestärkt. Priva lächelt still, dunkel.
Weiter schieben sich bernsteinfarbene Gespensterwesen der Erinnerung durch das Innere der Straße. Als der Kellner nicht sofort reagiert, wiederholt Mariko seinen Satz. Wortwörtlich, sogar leicht veredelt. „Dom Perignon, Garcon, Magnumflasche, pronto!“
Nach einer Weile wird kommentarlos reagiert, hier geschieht so viel Surreales, Ekelhaftes, Überhebliches und trotzdem völlig Unbedeutendes, aber immer Übertriebenes. Wer hier Schichten durchstehen muss, arbeitet mit dem Eigentlichen, ohne auf die Spielchen einzugehen.
Der Raum beginnt zu vibrieren. Priva, Priva spürt - da ist was, aber welche Energien hier walten, kriegt er nicht raus, dafür ist er zu viele Runden gelaufen die Nacht zu meschugge er weiß nicht.
Dann zieht Priva etwas aus dem Erinnern und setzt ihn ins Sehen. Und er sieht: Marikos Augen wandern. Sekundenbruchteile rutschen die an Pietras Fassade ab, blitzen Priva an.
Und die Erinnerung sickert langsam und unaufhaltsam in Privas Körpergedächtnis. Zack. Stocknüchtern. Fixiert er Marikos Blick, der sofort weiter wandert.
Priva, Priva. Erinnert sich an eine Situation, im Café, in geschlossener Gesellschaft, als Mariko schon Ziel jedes spottlustigen Alten war. Nicht Marios bester Abend.
An diesem Abend, in dieser Runde, war er der kleinste Hecht im Teich der schmutzigen alten Männer, mit ihren klugen Krokodilsaugen und den wüstentrockenen Kommentaren.
Nein, es gibt kein Bernstein mehr in der Straße, nur noch das damalige Erleben im Café.
In der Mariko ihn, Priva, der dort für seinen Lebensunterhalt und die kranke Mutti und sechs Schwestern sorgen musste; in der Mariko ihn, Priva, mit den gleichen Worten zu sich zitierte. „Garcon! Perignon, Perignon! Avanti!“ Priva ist noch nie so angeherrscht worden, tat einfach, was Mariko ihm auftrug, und trug den Champus auf.
Schon im Abgang, nach dem Servieren, spürten alle diese Stimmung im Raum. Kam von Priva, dessen heftiges Herz einen Rhythmus schlug, zu dem er des Marikos Schlitzaugenschädel mit der Magnumflasche umdekorieren wollte.
Spotlight on: Alles Augen auf ihn. Die harten, kalten Fischficker der alten Garde wussten genau was abging, und jeder suchte nach einem Satz, um den vor Wut zitternden Priva eskalieren zu lassen.
Nichts Persönliches, Erlebnisorientierung.
Mariko konzentrierte sich auf's umständliche Einschenken des Champagners, seines Statussymbols, auf das die Runde der Rotweintrinker keinen Wert legte. Die riesige Buddel zitterte merklich, als er die Gläser nacheinander füllte. Die wiegt aber auch schwer, wer weiß, dachte ein Krokodil und blinzelte rüber zu Priva, der im Café hinterm Tresen stand und augenscheinlich im Polieren von Gläsern eine neue Leidenschaft zu entwickeln versuchte.
Und jetzt spürt Priva auch, welche Atmosphäre in der Straße herrscht.
Nachdem Mariko bellte, nachdem er Priva musterte.
Dominanzfick.
Pietra fällt vom Stuhl, was nichts mit irgendwas zu tun haben muss, diese dämliche Kuh, rappelt sich auf, ist in Ordnung, murmelt was von verdammten Ausländern, man müsse die KZ wieder eröffnen, alles gehe den Bach runter, jeder ordinäre Barhocker habe zur Zeit einen Linksdrall. So viele Worte hat Pietra die ganze, gemeinsam verbrachte Zeit nicht ausgespuckt. Nicht ein Zehntel. Nicht zusammen genommen. Je mehr sie redet, desto mehr ändert sich die Stimmung. Mariko sieht gerade sehr dankbar aus, dass Pietra doch keine Scheuche ist, sondern sprechen kann und fokussiert sie gnadenlos, weicht also Privas Blick aus, der nicht aufhört, Mariko zu mustern und spürt, wie sich Dominanzfick, aus Versehen, aus einer anderen Zeit, einer anderen Konstellation heraus im Raum manifestierte, und dass es ihm galt, und sich Mariko für einen Moment mit dem Mensch verwechselte, der Privas Arsch in der Straße penetrieren könne, doch dann gab es eben diesen Sekundenbruchteil des Ineinandersehens, Erkennens und Erinnerns und so wie Mariko spürt, dass er etwas entsetzlich Dummes getan hat, so verfolgt Priva fasziniert, wie sich der im Raum stehende Dominanzfick verwandelt, in eine Möglichkeit, die er beobachtet, wie sie zu einem Missverständnis wird, das in Mariko hineinwandert, durch seine Fußsohlen, die Beine hoch, in seine Eier, die verzweifelt versuchen, sich zurück in die Gebärmutter zu stülpen.
Erfreulich, denkt Priva. Und fragt sich, ob er aufstehen kann. Den Humpen Bier hat er schon zwei Stunden nur gehalten, nie mehr gehoben, und weiß auch nicht, ob das möglich ist, steht auf einmal aber neben sich, also neben dem Barhocker, auf dem er die ganze Nacht hockte und sich besoff, mit Pietra, diesem verlogenen Aas, in ihrer räudigen Höhle, einer Heimstatt.
Alles war bestens so gut es eben geht, bis Mariko auftauchte, und sich mit jemand verwechselte, der er nie sein könnte, nicht an seinem besten Tag.
Priva steht, Priva geht, langsam zu Mariko, lächelt mit der Angst, sieht Marikos Augenwinkel seinen Glashumpen fixieren.
Die Magnumflasche steht vor Mariko, er könnte danach greifen, und so wie er vor zwanzig Minuten reinschneite - frisch gewichst, chemisch gestärkt -. hat er alles Wichtige beisammen. Jetzt müsste er nur noch handlungsfähig sein. Doch wer sich einmal verwechselt, muss besser spielen können, um sich in so einer Situation wieder einzuwechseln.
„Dein Schwanzlutscherschädel ist zu ungeordnet“, sagt Priva. Pietra lacht, dass es in den Ohren schrillt. Mariko zwingt seinen Kopf rum, sieht Priva in die Augen. Leere, Leere, alles voller Leere, das sieht Priva. Stellt endlich diesen verfluchten Humpen auf den Tresen, nah am zusammenzuckenden Mariko vorbei, greift die fast volle Dreiliterflasche, nickt Mariko zu, sagt „auf Wiedersehen, Mario“ und geht zum Ausgang - aus der Straße.
Fuck off, die Flasche ist nötig. Priva ist immer noch wieder stocknüchtern und das wird wohl so bleiben, wenn er nicht aktiv dagegen anarbeitet. Nach'm dritten Schluck gehts. Priva dreht noch ne Runde durchs Rondell, setzt sich zu Marikos Saufalter und entwickelt Überzeugungskraft, dass sie es ist, die ihn auf Klo zerrt und durchnimmt, obwohl es sein Plan war, sie aufs Klo zu zerren und durchzubangen.
Als das Ding durch ist, nachdem er sie eine halbe Stunde hart von hinten fickte, an ihren Titten riss, bis sie sich einander beim Kommen wie Tiere an die Kehle gehen, während sein dreckiger, langer Fingernagel ihr Rektum penetriert, weil die Sau so vollgepumpt ist mit Chemie, dass sie verflucht lange braucht, bis was passiert, bis endlich ein Ende ist, was bei anderen Tieren, mit Gefühlen füreinander, ein Orgasmus wäre.
Eine dünne Blutspur läuft ihr Bein herunter und er weiß, das ist okay.
All das hat kaum was mit ihnen zu tun und nichts mit Mariko, dem Schlitzauge, gegen dessen Herkommen nix zu sagen ist, weil dafür kann keiner nichts. Mario, der sich mit jemand verwechselte, der er gern wäre, von dem er vielleicht mal hörte.

Priva hat ein Stück Vergangenheit zurück, das er nicht wollte, und mit dem er nichts anfangen kann, das bald wieder vergessen sein wird. Es ist früh geworden, sie haben die Nacht rumgekriegt. Schon erstaunlich, wie die Zeit vergeht.

 

so, komm ich endlich zum Antworten

Hey Kanji,

So vor zehn Jahren, oder so, hat Schick den Monolog in Berlin in den 'Sophiensäle' aufgeführt. "Windows - ODER: MÜSSEN WIR UNS BILL GATES ALS EINEN GLÜCKLICHEN MENSCHEN VORSTELLEN?
Das Tempo war ähnlich und manchmal hatte ich den Eindruck, ich verstehe meine Sprache nicht mehr.

erinnert mich ans Vorwort von Adorno zu seiner Einleitung in die Soziologie: da meinte er, der Leser solle lesen, auch wenn er wenig oder nichts verstehe, im Laufe der Zeit fügen sich immer mehr Bedeutungen zueinander. hier ist es anders aber ähnlich, mit der Zeit findet mensch sich in diese Sprache hinein, und findet mglw Ausdrucksmöglichkeiten, die vorher undenkbar schienen.

wenn es ein Lese-Erlebnis war, ists gut!

 

Eigentlich logisch. So funktioniert ja sowohl das Sprachenlernen an und für sich, als auch Körperübungen; Abläufe, die anfangs unmöglich erscheinen, erinnert das Gehirn und sendet die passende Mechanik an die ... Extremitäten? :shy: Und, quasi über Nacht, springt der Stabhochspringer von ganz alleine fünf Meter hoch. :D

So, schreib' was du willst, ich lese alles solange, bis ich weiß, worum es geht. :lol:

 

Hallo Lind,

freut mich dass du dich noch mal auf Weg in die Geschichte gemacht hast und was finden konntest für dich!

und siehe da, ich glaube langsam zu verstehen, was da abgeht zwischen Mariko und Priva und all den anderen düsteren Gestalten (Naja, eigentlich will ich doch noch den Rätselauflösungsteil geschickt bekommen, hab ich es eben doch noch nicht so ganz raus, aber naja, ich arbeite dran.)

erfreulich. sie stehen in Beziehungen und Dynamiken zueinander und auch die Gruppen sind nicht ausschließlich Statisten des Literaturpersonals.

das mit dem Rätselauflösungsteil hat mich schmunzeln lassen. wie zu Gedichten einen Beipackzettel liefern. ich könnte aufklären aus meiner Sicht, aber was die Leser sich denken, wie sie Geschichten vollenden, das intressiert mich viel mehr. und wenn der Autor seine Intention preisgibt, wird sie allzu oft als endgültige Erklärung gehandelt. daran habe ich unter anderem aus vorgenannten Gründen null Intresse.

Jedenfalls hast du auch einige Änderungen inzwischen vorgenommen, jetzt scheint mir die Geschichte nicht mehr so verworren, ich kann ihr jetzt jedenfalls viel besser folgen.

ja, ich habe sie vorsichtig angepasst, um mich den Lesern anzunähern.

Vielleicht musste ich mich erst an den derben Stil gewöhnen, mich darauf einlassen und die extra weichgespülten Windeln teilweise ablegen, um die in dieser krassen Geschichte schlummernde Traurigkeit zu entdecken.

wenn die Traurigkeit rüberkommt, wenn die zwischen all diesem Getue und Gejucke zu erahnen ist - das ist was Großes für mich. freut mich zu hören.

aber ich gestehe ein, dass es wirklich starke, klebrige Bilder sind. Sie kommen echt rüber und ich habe gerade beim Schreiben das Bedürfnis, mir die Arme abzuwischen, weil ich das Gefühl habe, die bleiben kleben am Tresen vom Bier, obwohl ich hier am sauberen Gartentisch (ausgerechnet mit Rotwein) sitze. Ich hoffe, morgen nicht in Embryonalhaltung am Klo gefunden zu werden.

so soll das. freut mich sehr. nicht schön aber stark -> in fünf, sechs Tagen werde ich sie das erste Mal lesen, mal sehen, wie die Reaktionen sind.
bin selbst Rotweintrinker, wenn ich mal was Besonderes trinken möchte oder einen schönen Abend zu zweit genießen.
das mit dem Klo hat bestimmt geklappt, eh?

Danke fürs erneute Einsteigen und die Rückmeldung: Gruß!

Kanji,

danke fürs Nachhaken.

vielleicht ist es kein gutes Zeichen, aber jetzt komme ich mit dem veränderten Absatz besser hinein, sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Ich kann mich einlassen und weiß "woher der Wind weht".

doch, ist es. aus deiner Sicht, und nur die spielt ja zwischen uns und der Geschichte eine Rolle. die andern habe ihre Meinungen, aber dass du besser reinkommst, ist erst mal was Gutes.

ich habe ja die alte Version, die so raw & dirty in einer schlaflosen Nacht entstand natürlich gespeichert. ist nicht verloren. kann sein ich trage die alte vor und gebe überarbeitete Version an Zeitschriften oder so.

erdbeerschorsch,

jetzt hast du zwei Einschätzungen zum ersten Absatz direkt hintereinander. Wäre es nicht eine Option, diesen Satz: Um am Ball zu bleiben, schiebt er die Frage hinterher, was sie hoffen dürften
rauszunehmen?

wäre eine Option. ich habe ohnehin noch Ideen für den ersten Absatz. ich behalte das mal im Hinterkopf.

Übrigens die kantigen Locken: Ein schräges Bild, an sich würde ich das mitmachen, aber gerade im Umkreis einer Stirn geht mir das nicht ganz so reibungslos weg, weil sonst oft die Stirn "kantig" heißt. Da kommt es jetzt drauf an, ob die Irritation gewollt ist.

es ist die kantige Kontur einer Strähne. kantige Locken gefielen fast besser, hm. deine Verleser sind öfter wertvoll, habe ich den Eindruck.

Crossdresser" und "Transe" kann man, denke ich, als gleichbedeutend auffassen oder auch nicht, je nach dem, wie es nach "trans" weitergehen soll. Mit dem "oder" komme ich deswegen nicht vollkommen klar. War da nicht früher mal ein Wort, dass einen größeren Unterschied zur Franse aufgemacht hat? Mit Komma statt "oder" wäre das Problem auch weg. Ob das schön ist, ist eine andere Frage, aber es gibt ja andere Möglichkeiten.

Crossdresser sind bspw homo- oder heterosexuelle Männer, die sich als Frauen verkleiden. Freunde hier in Leipzig treten ganz gern mal so auf. Trans kenne ich als Abkürzung für Transsexuell oder Transgender - also Menschen, deren Gender uneindeutig ist, die sowohl männliche als auch weibliche primäre und / oder sekundäre Geschlechtsmerkmale haben. auf Georg waren beide Parteien unterwegs, war manchmal schwierig, einzuschätzen, wer da schon wieder sitzt und nen Lauten macht.

nicht direkt aus dem Tritt. Aber ich vermute, die Straßen sind nicht mit Haarissen im After und (oder das vielleicht doch?) Snapchat-Körpern gepflastert, sondern sie sind mit Strichjungen, (die) Haarrisse im After (haben), mit Strichjungen, (die) Snapchatkörper (sind), gepflastert, oder? Dann müsste jeweils das -n weg. Wenn’s aber doch so gemeint ist, wie es streng genommen dasteht, da würde ich das auf die eine oder andere Art deutlicher machen, sonst glaube wahrscheinlich nicht nur ich, dass da nur ein -n fehlt.

es ist ungeschickt formuliert, das kriege ich besser hin. in dem Zusammenhang ist die Straße nicht als konkreter Teil des Öffentlichen Raums gemeint, sondern eher als abstrakte Bezeichnung für alles, was da stattfindet, und als kleiner Ausschnitt für die Geschichte relevant ist.

"Exotismus", "Eskapismus" und "Exorzismus" standen in der ersten Version näher zusammen, oder?, und haben so, dachte ich, einen gar nicht so üblen Trommelwirbel gemacht. Ich fand das allerdings ein bisschen viel auf einmal, und du letztlich wohl auch, deswegen ist es jetzt anders(?). Trotzdem hat mir die erste Version (wenn es sie so wirklich gab) besser gefallen als diese. Jetzt wirkt es aus dem Tritt. Der Exorzismus ist noch so nah an den anderen Ex/s/en, dass man klanglich noch automatisch die Verbindung schlägt, aber es wirkt nicht mehr abgestimmt. Wenn du die erste Version nicht mehr haben willst, würde ich vorsichtig vorschlagen, das Wort "Exorzismus" ganz fallen zu lassen.

deine Vermutungen stimmen exakt. und ich war mit dem Teil auch noch nicht zufrieden. also anders unzufrieden als mit der ersten Version, wo die Exen so hammerschlagmäßig einer nach dem andern kamen. Danke für deinen Vorschlag, ich werde daran noch knabbern und Textbausteine streichen, verändern, verschieben.

Da gefällt mir die Spiegelung: Der eine will etwas, was er nicht hat, der andere hat etwas, was er nicht will, und beide stecken dabei doch irgendwo in demselben Loch.

danke für den Blick, der bereichert meinen Blick auf die Geschichte.

Gruß, Kubus

 
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Hi Kubus,

noch mal kurz eine Erklärung nachgeschoben: Bei "Transe" denke ich auch an Transvestiten, darauf habe ich angespielt. Kann aber sein, dass diese Bedeutung in der Szene keine große Rolle spielt.

Und natürlich habe ich auch gleich noch mal den Anfang gelesen. "Klar, Arschfick" - das läuft gut, finde ich. "Nicht stellte" statt "nicht hörte" - überzeugt. Die kantige Strähne ist jetzt weg. Verständlich einerseits, andrerseits auch schade drum...

Nur mal so weit als kurzer Zwischenruf.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo, Thursday,

es ist spannend nachzuverfolgen, wie du die Veränderungen der Geschichte beschreibst. von einer unscharfen, atmosphärischen Skizze, die eher Impressionen, Gefühle vermittelte, zu einer stringenteren Version, die auch durch Anmerkungen und Kritik entstand. dass es zur Klarheit geht, ist keine Überraschung, das entspricht mE unseren Lese- und Denkgewohnheiten. ich finde das gut, wenn es einerseits das Lesen erleichtert und andererseits noch die Atmosphäre erhalten blieb.

Es ist eine verdammt traurige Szenerie, von den Altschwulen, die Kinder f... bis zu dem Sadomasochismus von Priva, einer elenden Existenz. Und sie wirkt echt, ich bin beim Geschehen mit dabei.

das ist gut. traurig ist es, man müsste schon sehr zynisch sein, um dem auf Dauer was abgewinnen zu können. für mich waren die inneren Widersprüche des Lebens in diesem Quartier nicht mehr leicht auszuhalten, die gehören zum Leben in der Großstadt, aber ich wollte mich diesen zugespitzten Lebenswelten nicht mehr aussetzen.

Manchmal, in diesen Runden, war Mariko dabei, und im Gegensatz zu seiner üblichen Großmäuligkeit, gingen in diesen Runden viele Witze auf seine Kosten. Daher kennt er ihn, ja, Priva erinnert sich träge.
Die Sprache vom Fettgedruckten scheint mir nicht authentisch für Priva, der für Mariko ja nichts übrig hat.

ich verstehe Priva in erster Linie als jemanden, der beobachtet, und, einmal, handelt. dass er für eine Person nichts übrig hat, heißt nicht automatisch, dass er nur sieht, was Mario schlecht aussehen lässt. er begreift ein Phänomen durch die Nebel eines Rausches und wird wütend, trotzdem kann er teils Verständnis aufbringen, bzw kommt diese Beobachtung, die nach Verständnis klingt. es lassen sich ja Phänomene nachvollziehen, ohne dass man gleich Mitgefühl und Verständnis aufbringt. ich glaube dieser Satz ist erst mal eine Beobachtung.

am versifften Tresen und simulierte so was wie einen Flirt mit Pietra, die wenigstens mal für fünf Minuten Toilette machen und sich rasieren könnte.
Die fettgedruckten Halbsätze schwächen die Aussagekraft des vorigen Satzes m.M.n. ab.

ja, okay. das ist so eine ziemlich bösartige Charakterisierung durch die Hintertür. will ich auch gern drin behalten.

Das Konfuse der Erzählweise, die zwischen Straße und Café hin und herwechselt, hat mich zuerst gestört. Zuerst dachte ich, Priva war in der Vergangenheit Kellner im Cafe und jetzt in der Straße. Als ich aber öfter über die Geschichte gelesen hatte, war das kein Problem mehr. Dieses Durcheinander ist ja auch eine Erzählweise, die das Denken von Priva wiedergibt und das Ungeordnete auch seiner Umgebung. Außerdem wird dann am Ende offensichtlich, dass Priva ja kein Kellner sondern Kunde ist, als er aufsteht und geht.

ist auch ein wichtiger Punkt. habe ich mich zwischendurch öfter mal gefragt, ob das überhaupt nachvollziehbar ist mit dem Wechsel zwischen Straße und Café. anscheinend besser als ich manchmal dachte. erfreulich, gut zu wissen!

vielen Dank für diese zwei wichtigen Aspekte.

erdbeerschorsch,

Bei "Transe" denke ich auch an Transvestiten, darauf habe ich angespielt. Kann aber sein, dass diese Bedeutung in der Szene keine große Rolle spielt.

Und natürlich habe ich auch gleich noch mal den Anfang gelesen. "Klar, Arschfick" - das läuft gut, finde ich. "Nicht stellte" statt "nicht hörte" - überzeugt. Die kantige Strähne ist jetzt weg. Verständlich einerseits, andrerseits auch schade drum...


doch, Transe ist wohl gebräuchlicher in der Form, wie du es beschreibst. ich hab noch mal drüber nachgedacht und bin der Meinung, du hast Recht. aber um das schriftlich zu trennen, ist diese Aufteilung in Trans(-Mensch) und Crossdresser trotzdem noch sinnvoll.

der Anfang ja ... ich verstehe dieses schade drum. andererseits flutscht es jetzt besser. eigentlich stehe ich auf diese Form des Anfangs prinzipiell nicht so sehr - gleich mit dem Arschfick ins Haus zu fallen. so was deutet öfter auf eine Geschichte hin, der ihr eigener Autor nicht traut, die Leser bei der Stange zu halten. weswegen dann gleich zu Anfang scharf geschissen wird. aber hier, da das ja nun über die Strecke durchgehalten wird, ists cool, bin ich okay mit.

Danke für den berechtigten Zwischenruf.

Grüße!
Kubus

 

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