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Staudemanns Entsetzen

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29.01.2010
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Staudemanns Entsetzen

Die «Neue Zürcher Zeitung» publizierte in der Rubrik «kurz vor Redaktionsschluss eingetroffen», folgende Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur:
«Das seit drei Wochen über den Alpen vermisste Flugzeug der Trans-Airlines wurde gefunden. Einem Sprecher der Bergwacht zufolge hatte das Wrack in einer Vertiefung gelegen. Aus diesem Grund sei es auch zuvor nicht aus der Luft zu erkennen gewesen. Die Rettungsmannschaft entdeckte fünf Überlebende, die der rauen Witterung und der Kälte in diesem Berggebiet trotzen. Nach ersten Angaben kamen die Überlebenden beim Absturz mit relativ glimpflichen Verletzungen davon. Der Absturz forderte das Leben von elf Passagieren und den drei Besatzungsmitgliedern.»

*

Staudemann tobte. «So eine verdammte Schlamperei habe ich in meiner ganzen Karriere noch nie erlebt!»
Seine Mitarbeiter standen schweigend da. So völlig die Haltung verlierend, war er ihnen noch nie begegnet. Als Person strahlte er sonst Ruhe aus, auch war er ein gewissenhafter Pathologe. Unterlief jemandem mal ein Fehler, brauchte er zwar harte Worte, doch blieb er dabei sachlich und war nicht nachtragend. Aber diesmal rötete Zorn sein Gesicht.
«Ich will wissen, wer dafür verantwortlich ist!», brüllte er.
Betretenes Schweigen. Niemand wagte, etwas zu sagen. Dabei wussten alle, dass Leichenteile auch schon mal irrtümlich entsorgt worden waren. Doch diesmal war es anders. Es war kein inneres Organ, kein amputierter Arm oder ein Bein, nein, - ein ganzer Leichnam. Was erschwerend dazukam, war, dass Staudemann die pathologische Untersuchung des Körpers für sich selbst beansprucht hatte.
«Ich gebe dem Betreffenden eine Stunde Zeit, sich bei mir zu melden. Gnade ihm Gott, wenn er es nicht tut. Herausfinden, wer es war, werde ich auf jeden Fall.» Seine Stimme war bei diesen Worten ganz ruhig, aber kalt geworden, sein Gesicht wirkte versteinert.

So unangenehm war es Alice Roessler seit Jahren nicht mehr, ihrem Vorgesetzten gegenüberzutreten. Damals hatte er sie in flagranti erwischt, als sie versuchte, einen alten präparierten Schädel zu entwenden. Es war ein blöder Zufall, da selten jemand das Lager mit den alten Beständen betrat. Er stand plötzlich da, die Situation klar einschätzend, und bat sie mit einer knappen Handbewegung in sein Büro. Die Abkanzlung, welche er ihr zuteilwerden liess, war gnadenlos, doch dann machte er ihr einen Vorschlag, der ihre absolute Loyalität verlangte. Einige Monate später ernannte er sie zu seiner persönlichen Assistentin.
Sie klopfte kurz an die Tür und trat ein. Es war ihm anzusehen, dass die verschwundene Leiche ihn sehr beschäftigte. Die Hände, in denen er einige Papiere hielt, zitterten. Sie hatte über den Verbleib des Toten auch schon alle Möglichkeiten durchdacht. An eine irrtümliche Abführung mit den Sonderabfällen, die zur Verbrennung ins Krematorium gingen, glaubte sie nicht. Sämtliche Kühlfächer waren überprüft worden. Das besagte Objekt blieb unauffindbar.
Er schaute sie wortlos an. Diesen Blick hatte sie bereits erwartet.
«Ich war es nicht», platzte sie heraus und blickte ihm standhaft in die Augen.
«Das habe ich auch nicht angenommen», bemerkte er. «Aber verdammt noch mal, jemand hat es getan. Haben Sie eine Vermutung, wer es sein könnte? Hat jemand von den andern Mitarbeitern Schulden oder einen auffallenden Lebensstil?»
Roessler war erleichtert. Nun, sie sassen im selben Boot. Der Handel mit echten menschlichen Skeletten und Schädeln war äusserst lukrativ, ein schöner Nebenverdienst. Hierbei bedienten sie sich nur an ausgewählten Stücken. Ihr Abnehmer war ein Geschäftsmann in Deutschland, der sich für absolute Diskretion verbürgte. «Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es jemand aus unserem Institut war. Wie sollte jemand von ihnen einen ganzen Leichnam wegschaffen, ohne aufzufallen?»
Darüber habe ich auch lange nachgedacht und sämtliche Ein- und Austrittszeiten unserer Mitarbeitenden geprüft! Nichts Auffälliges, es sei denn, jemand hat den Körper während der Arbeitszeit hinausschaffen und verstecken können. Aber dann fragt sich, wie und wo?»
«Dazu müsste man einen der Wagen verwenden und dies würde auffallen.» Roessler machte ein nachdenkliches Gesicht. «Ausser vielleicht die Putzequipe, die hat doch diese Wagengestelle mit den Säcken. Aber was sollten die Putzfrauen mit einer Leiche tun? Ausserdem haben die ja nur in Gegenwart von Abächerli Zutritt.»
«Jemand pfuscht uns ins Geschäft. Es kann nur jemand sein, der auch Beziehungen zu professionellen Abnehmern hat oder der von Dritten direkt angeworben wurde.» Staudemann klopfte mit einem Finger in gleichmässigem Takt auf den Tisch. Dies tat er zuweilen, wenn er sich stark konzentrierte.
In dem Moment summte das Telefon.

«Ich sagte doch, ich will nicht gestört werden.» … «Ah, der Maegerli. Sehr, sehr dringend meint er, so, so. … Nein. … Ja gut, stellen Sie ihn durch.» Mit der Hand verdeckte Staudemann die Sprechmuschel. «Kennen Sie den Maegerli?»
«Etwa der vom Medizinhistorischen Museum?» Er war der Einzige mit diesem Namen, der Roessler einfiel.
Staudemann nickte.
«Er ist mir schon begegnet, doch kennen, nein.»
«Er geht mir regelmässig damit auf die Nerven, dass er ganz dringend interessante Präparate braucht. Ich werde ihm mal wieder etwas aus unserer Rumpelkammer als Leihgabe zustellen». Dazu grinste er breit.
Alice Roessler war überrascht über seine, für ihn zynisch anmutende Äusserung. Anscheinend gab ihm dies im Moment eine Ablenkung von der heiklen Situation, in der sie steckten.
«Staudemann hier. Hallo Herr Kollege. Ich muss gleich vorausschicken, ich bin in einer wichtigen Besprechung. … Ja doch, ich denke, hierzu kann ich Ihnen ein geeignetes Objekt zur Verfügung stellen. Sie werden Ihre Freude daran haben. … Es ist doch selbstverständlich, dass wir Hand in Hand arbeiten, sofern dies möglich ist. … Also ich werde es Ihnen mit einer kurzen Notiz zustellen. … Ja gut, viel Glück dann mit der neuen Ausstellung.» Er legte den Hörer fest auf.
«Ich habe normalerweise keine Aversionen gegen Menschen, aber diesen Typen mag ich nun gar nicht», bemerkte er grimmig mit herabhängenden Mundwinkeln zu Roessler gewandt. Dabei war seine Mimik während des Telefongesprächs bereits aussagekräftig gewesen.

«Kommen wir wieder zur Sache.» Er wirkte nachdenklich.
«Also mir ist es rätselhaft,» begann Roessler, «ein Dritter kann bei uns ja nicht unbegleitet ein- und ausgehen. Und wer kann was mit einer Leiche anfangen? Dass die Putzfrauen für einen solchen Diebstahl angeworben wurden, kann ich mir nicht vorstellen, da braucht es zumindest einige Kenntnisse, um das richtige Objekt zu wählen. Oder», sie stutzte, «glauben Sie, Maegerli könnte der Auftraggeber sein?»
«Ach Quatsch! Der wäre nicht fähig selbst ein Objekt zu präparieren. Doch, Sie sagten vorhin, Abächerli.» Staudemann überlegte. «Den hatte ich gar nicht ins Visier genommen.»
Roessler machte ein ungläubiges Gesicht. «Aber der versteht doch nicht mal Elementares von Anatomie!»
«Unterschätzen Sie Abächerli nicht.» Staudemann lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. «Er arbeitet bei uns zwar nur als Hauswart. Vor langer Zeit hat er jedoch in Botanik promoviert.»
Roessler schaute Staudemann ungläubig an. «Botaniker … Abächerli.»
«Ich erinnere mich. Als die Personalabteilung mir vor vier Jahren seine Bewerbungsunterlagen vorlegte, verwies man auf seinen tragischen Lebenslauf. Er wurde durch einen Flugzeugabsturz, den er und vier andere Personen überlebten, traumatisiert und war in der Folge zwei Jahre in einer psychiatrischen Klinik. Seinen Beruf hatte er danach nicht mehr aufgenommen. Vielmehr liess er sich umschulen, um künftig einfache, körperliche Arbeiten ausführen zu können.»
«Aber ich sehe da keinen Zusammenhang, weshalb Abächerli den Leichnam entführt haben sollte. Es sei denn, Sie halten ihn einfach für verrückt?»
Staudemann blickte Roessler ernst an. «Verrückt vielleicht. Wer weiss schon, wie beim Menschen die Grenze zwischen Normal und Verrückt exakt verläuft. Ich will ihn nicht auf das Geratewohl hin stigmatisieren, aber er hätte wirklich die Möglichkeit, unbemerkt auch ein grosses Objekt verschwinden zu lassen. Er führt immerhin auch die Überführung der Sonderabfälle aus.»
Roessler war nun verunsichert. «Ja, das stimmt. Aber was macht er denn mit dem Leichnam? Irgendwohin muss er ihn doch gebracht haben? Im Krematorium hätte man die Papiere dazu verlangt. Er wird ihn ja kaum in einem Garten vergraben?»
«Wir beide werden ihm heute Abend einen Besuch abstatten, bei ihm zu Hause. Wir überrumpeln ihn. Möglicherweise begeht er dann einen Fehler und liefert uns ein Indiz. Seine Selbstsicherheit ist ja nicht stark, die lässt sich leicht erschüttern.»
«Sie meinen, wir sollen an der Tür klingeln und sagen, geben Sie uns den Leichnam heraus? Der lacht uns doch glattwegs aus.»
«Nein, nein, ich habe mir da eben einen Gedanken zurechtgelegt. Ein Qualifikationsgespräch ohne Voranmeldung, das klingt doch immer gut. Er wird sich dann sogar geschmeichelt fühlen, dass wir dies zu zweit mit ihm führen wollen, in seiner vertrauten Umgebung. Ich werde mir vorher nochmals seine Personalakte vornehmen, auch den Teil mit den streng vertraulichen Unterlagen.»
Roessler war sich nicht sicher, ob Abächerli auf einen solchen Trick hereinfallen würde. Er hatte auf sie zwar immer eigenartig gewirkt, in seiner stillen, unterwürfigen Art. Intellektuell beschränkt war er dennoch nicht, glaubte sie nun. «Und wenn er gefährlich ist? Gewalttätig wird, weil er sich in die Enge getrieben fühlt?»
«Keine Sorge, wir werden nicht unbewaffnet gehen. Wir nehmen zwei Ordonnanzpistolen mit. Ich habe zu Hause welche aus meiner Zeit im Militärdienst.»
«Sie haben aber nicht vor, ihn umzubringen?» Roessler schaute ihren Vorgesetzten ungläubig an. Der Gedanke war ihr aufgekommen, da ihr Vorgesetzter bei seinen Worten sehr bestimmt klang. Es stand zwar einiges auf dem Spiel. Wenn der Knochentransfer, wie sie es für sich selbst manchmal scherzhaft bezeichnete, rauskäme, wäre es ein arges Fiasko. Doch Mord, nein, dazu wäre sie nie bereit.
«Nein, sicher nicht! Wie ich ihn einschätze, ist er nicht aggressiv. Aber sicher können wir nicht sein. Notfalls zwingen wir ihn mit Waffengewalt zu kooperieren, sollte er sich als der Dieb herausstellen. … Wir selbst könnten ihn ja nicht gut mit den Sonderabfällen im Krematorium abliefern.» Nach den letzten Worten lachte er hämisch.
Roessler lief ein Schauer über den Rücken. Hatte sie ihren Chef unterschätzt, war dieser erheblich skrupelloser, als sie immer gedacht hatte? Bei ihren Nebengeschäften entstand niemandem ein Schaden, darin waren sie sich stets einig gewesen. Hatte der jahrzehntelange Umgang mit Toten ihn etwa entmenschlichen lassen? Ihr war es nicht ganz wohl, aber sie sah auch keine andere Möglichkeit, das Problem anzugehen, als erst mal mit Abächerli zu sprechen. Es war noch nicht gesagt, dass er wirklich damit zu tun hatte oder etwas wusste, beschwichtigte sie sich selbst.

Wie sich herausstellte, war es ein altes Einfamilienhaus mit angebauter Garage, in dem Abächerli wohnte. Auf ihr Klingeln dauerte es nicht lange, bis Abächerli öffnete. Er machte ein überraschtes Gesicht und fing zugleich an zu stottern. «Ich …, ich …»
«Guten Abend, Herr Abächerli! Dürfen wir eintreten?», sagte Staudemann bestimmt.
Abächerli trat widerwillig auf die Seite, er hatte sich noch nicht gefasst, während Roessler sich hinter Staudemann hineindrängte. Staudemann schritt einfach vorwärts, auf die nächste offene Tür zu. Es war das Wohnzimmer, auf dem Tisch stand ein Gedeck mit Essensresten. Sie hatten ihn beim Abendmahl unterbrochen.
«Ich …, ich kann nichts ...» Abächerli war ihnen gefolgt und stand nun verlegen vor dem Tisch.
«Sie wissen, warum wir hier sind?» Staudemann hatte ihn unterbrochen und umgehend seine Taktik geändert, da er das Gefühl bekam, eine Finte sei gar nicht nötig, der direkte Angriff würde hier eher zum Ziel führen.
Abächerli nickte still mit gesenktem Kopf, doch unmittelbar danach presste er trotzig die Lippen zusammen.
«Nun, was haben Sie mir zu sagen?» Staudemanns Stimme klang nicht unfreundlich.
«Ich …, ich weiss nichts.»
«Was wissen Sie nicht?» Die Worte des Pathologen hatten nun einen scharfen Ton.
«Ich habe nur davon gehört. … Ein … ein Toter soll verschwunden sein.»
«Und wie konnte das geschehen? Was denken Sie darüber?»
Abächerli schien krampfhaft zu überlegen, nach Worten zu ringen. «Viel… vielleicht wurde er seziert.»
Diese Aussage liess Staudemann schwanken. Die Vorstellung, der Körper könnte zerlegt und danach entsorgt worden sein, war die ihm untragbarste Antwort, nach der er suchte. … Nein, es konnte nicht sein, dass einer seiner Mitarbeiter einen solchen Fehler beging. Aber Abächerli musste zweifellos etwas wissen, war irgendwie daran beteiligt, darin war es sich nun sicher.
«Hatte es in der Lieferung ans Krematorium Teile, die diesen Rückschluss erlauben? Oder in welcher Form waren Sie daran beteiligt?»
«Bei den Sonderabfällen war keine Leiche, nur das Übliche.» Es war Abächerli anzusehen, dass er log. Schweiss trat ihm auf die Stirn, er verkrampfte sich, die Hände unruhig zusammenballend und wieder öffnend.
Einen Moment herrschte Stille, dann brüllte Staudemann mit wutentbrannter Stimme los.
«Lügen Sie mich nicht so unverschämt an. Ich weiss genau, dass Sie es waren. Ich habe Beweise dafür, dass Sie den Leichnam wegschafften», bluffte er.
Abächerli, der bei diesen Worten zusammengezuckt und aschfahl im Gesicht geworden war, zitterte, wankte. Ein Kollaps schien unmittelbar bevorzustehen.
Staudemann, der das Risiko erkannte, zügelte die aufgekommene Wut und sprach nun mit betont ruhiger Stimme. «Ich bin kein Unmensch, das wissen Sie. Trinken Sie erst mal ein Glas Wasser, und dann erzählen Sie mir, wie es dazu gekommen ist.»
Roessler reichte Abächerli das Glas, welches auf dem Tisch stand, und schob ihm einen Stuhl zu. «Brauchen Sie auch Medikamente?»
Er nickte seufzend. «Dort auf der Anrichte», mit dem Finger dahin deutend.
Staudemann studierte kurz den Beschrieb in der Packung, ein leicht sedierendes Therapeutikum, von dem her ungefährlich. Damit könnte Abächerli sich nicht umbringen.
«Nun, erzählen Sie», wies Staudemann ihn an, als er den Eindruck hatte, Abächerli habe sich soweit erholt.
«Ich kann wirklich nichts dafür. Seit damals, … beim Absturz … wir hatten keine Wahl. Anfänglich dachten wir, es käme schnell Rettung, man würde uns orten. Snacks, die wir aus der Bordküche des Wracks bergen konnten, reichten nur für drei Tage. Doch es war nicht einzig das Hungergefühl, das uns zusetzte. Die Kälte zehrte an unseren körperlichen Energiereserven. Uns wurde klar, dass wir ohne Nahrung in den sicheren Tod abgleiten. Vor Entkräftung einfach daliegen und erfrieren würden. Wir wollten aber leben! So mussten wir davon essen, da es nichts anderes gab. … Noch hofften wir stündlich auf Rettung und warteten, bis es nicht mehr anders ging. Es schmeckte merkwürdig, … erzeugte mir erst einen Brechreiz, doch ich gewöhnte mich daran. … Zuerst schnitten wir kleine Fleischstreifen, die leicht zu kauen waren. Durch die Vereisung der Körper wurde es jedoch zunehmend schwieriger zu schneiden. Irgendwann mussten wir uns an Glieder halten, hackten diese ab und tauten diese an unserem eigenen Körper auf, um dann daran zu nagen. Lange hätten wir wahrscheinlich nicht mehr durchgehalten. …
Später, erst viel, viel später, war es einfach da … ein … Ich weiss nicht, wie ich es nennen soll, ein gieriges, zwingendes Verlangen. Ich musste es beschaffen, zerbrach mir den Kopf, wie ich daran kommen könnte. Kurz dachte ich an Gräber mit frisch Bestatteten. Es war mir aber klar, dass wegen der mikrobiellen Zersetzung das Risiko einer Vergiftung zu hoch ist. Dennoch war ich nah daran, es zu versuchen. Als ich die Stelle ausgeschrieben sah, erschien mir dies wie eine Fügung des Schicksals. Da das Fleisch kühl gehalten wird, und wie ich mir vorstellte, die Körper bereits angeschnitten wären, würde niemand bemerken, wenn ein Stück davon fehlt. Dies erwies sich zwar als Fehleinschätzung, doch da die Überführung der Sonderabfälle auch in meinem Aufgabenbereich lag, war ich gerettet.»
Staudemann verspürte Übelkeit, es würgte ihn im Hals! Er hatte schon faulige, ekelerregende Körper unter den Händen, an denen nichts mehr Ästhetisch wirkte. Aber sich einen solchen Verwendungszweck für menschliche Körperteile vorzustellen, war direkt abscheulich und pervers. Nicht im Entferntesten hatte er eine solche Erklärung erwartet.
Roessler bekam ein flaues Gefühl im Magen, als sie die Tragweite begriff. Mit Widerwillen starrte sie auf den Teller. Da lagen nebst Gemüse auch Fleischreste. Ein kleines angebratenes Stück, das unter gehacktem Kohl hervorragte, erschien ihr nun wie ein Finger. Sie kämpfte einen Augenblick mit einem Brechreiz.
«Das ist Kannibalismus», entfuhr es ihr.
Staudemann hob beschwichtigend die Hand. Bei ihm setzte kaltblütiges Kalkül ein. Sein Verstand arbeitete einwandfrei, den aufgekommenen Schock hatte er bewältigt. «Wo ist der Leichnam?», fragte er ruhig.
«Ich konnte nicht anders.» Abächerli wiederholte es sinngemäss wieder, doch erhob er sich und ging auf eine Tür zu.
Staudemann und Roessler folgten ihm, darauf gewappnet, er könnte versuchen zu flüchten oder versuchen sie auszutricksen. Hinter der Tür führte eine Treppe ins Untergeschoss. Ein dumpfer Geruch schlug ihnen entgegen, als ob sie in eine alte, modrige Gruft abgestiegen wären. Als erstes erblickte Roessler einen mit Knochen gefüllten Drahtkorb. Instinktiv umfasste sie die Pistole in ihrer Manteltasche mit festem Handgriff. Sie war wild entschlossen sofort zu schiessen, wenn Gefahr droht. Der Anblick, der sich ihr bot, versetzte sie in Panik. Eine Katakombe war ihr erster Gedanke. Die Knochenansammlung waren nicht die Überreste eines einzigen Menschen. Mit geübtem Blick machte sie Arm- und Beinknochen aus. Erst jetzt entdeckte sie noch weitere mit Knochen angefüllt Behältnisse. Staudemann war auch sehr erschrocken, als er die Anhäufung an Knochen bemerkte. Instinktiv registrierte er ihre Zuordnung Tibia, Fibula, Pes, Ulna, Radius. Kein Cranium, kein Scalpula, soweit er es überblicken konnte. Nirgends ein Crista iliaca. Er atmete auf, dann lachte er verbittert still. Unglaublich, was Abächerli da zusammengetragen hatte. Es waren Überbleibsel von amputierten Beinen und Armen, die hier lagerten. Demzufolge verspeiste er nicht nur Innereien, die keine wesentlichen Abfälle zurückliessen. Seine Vorliebe musste das gute Fleisch sein, wenn er dessen habhaft wurde.
«Warum zum Teufel, bewahren Sie diese Abfälle hier auf?», herrschte er Abächerli an.
«Ich getraute mich nicht, sie abzuführen. … Ich nahm mir immer wieder vor, einzelne Stücke mitzunehmen und mit den Sonderabfällen zu entsorgen. Doch fehlte mir jeweils der Mut. Man hätte es entdecken und fragen können, woher dies kommt.»
Auf einer Werkbank, die mit einer Marmorplatte überdeckt war, lagen ordentlich ausgerichtet Werkzeuge, verschiedene Messer, eine Säge und ein Hackbeil mit breitflächiger Klinge. Daneben war auch ein Sezierbesteck in einer Schale. Der Boden um die Bank herum wies dunkle Flecken auf, es musste eingezogenes Blut sein.
Staudemann atmete schwer, der Anblick dieser Schlachtbank hatte ihm die letzte Hoffnung geraubt, den Leichnam noch unbeschadet vorzufinden. In seinem Kopf hämmerte es migräneartig. So was Scheussliches hatte er noch nie erlebt. Am Körper spürte er kalten Schweiss, der die unerwartete Situation ihm auslöste. Schleichend kam ihm Furcht auf. Es war doch sinnvoll gewesen, die Waffen mitzunehmen. Eigentlich wollte er damit nur die Roessler beruhigen, da sie, wie er zuvor meinte, eine unsinnige Angst hatte.

«Wo sind die restlichen Teile der Leiche?» Staudemanns Stimme war heiser. Er musste sich sehr zusammennehmen, um nicht laut zu schreien oder seine Wut gar mit Schlägen an Abächerli abzureagieren. Ein elendes Gefühl beherrschte ihn, wie er es an sich bis anhin nicht kannte.
Abächerli hatte eine sich steigernde Angst. Da sie sein Geheimnis nun kannten, fühlte er sich wehrlos und ausgeliefert. Die gereizte Anspannung von Staudemann war ihm bedrohlich spürbar. «Nein, nicht», rief er, als Staudemann einen Schritt auf ihn zumachte, und hob schützend die Arme vor sein Gesicht, wie wenn er damit eine massive Gefahr abwehren könnte. Als nichts geschah, überlegte er krampfhaft, wie er sich noch erklären, ihr Verständnis erlangen könnte.
«Ich hatte nur einmal mit jemandem darüber gesprochen.»
Staudemann blickte ihn entgeistert an. «Sie haben mit jemanden über den Leichnam gesprochen.»
Roessler entfuhr, «Maegerli?»
Abächerli merkte, dass er missverstanden wurde. «Nein, nicht über diesen Toten. Einfach über das Verlangen nach Menschenfleisch, das mir aufgekommen war. … Es war der Psychiater, der meine Nachbehandlung nach der Entlassung aus der Klinik übernahm. Er sah darin nur vorübergehende neurotische Zwangsgedanken, die mir wahrscheinlich ermöglichen, das traumatische Geschehen zu verarbeiten, wie er meinte. Ein Aggressionstest, den er mit mir durchgeführt hatte, brachte keinerlei Hinweise darauf, dass ich für mich selbst oder meine Umwelt eine Gefahr darstelle. Ich könnte wirklich niemandem etwas Böses antun und habe doch nur das Fleisch genommen, das man sonst vernichten würde. Die Begierde löste sich jedoch nicht auf, wie der Doktor meinte, auch wenn sie nur sporadisch auftritt.»
Staudemann wiederholte seine Frage nach dem Verbleib der Überreste der Leiche ungeduldig. Abächerlis weinerliches Geschwafel interessierte ihn nicht. Zum Glück war ja niemand anders in die Sache verwickelt.
Abächerli trat nun mit unsicheren Schritten auf eine der beiden Tiefkühltruhen zu, die an einer Wand standen. «Da drin.»
Staudemann, der den Deckel anhob, erblickte einen nackten, von Plastikbeuteln teilweise zugedeckten Torso. Der Anblick schmerzte ihn. Als er die darum liegenden Beutel zur Seite schob, kam jedoch immer mehr vom Körper zum Vorschein. Der nackte Mann lag da mit einer leichten Eisschicht überzogen. Keine sichtbare Schnittstelle, kein abgesägtes Teil, das ihn verstümmelt hätte. Staudemann verspürte eine Hitzewallung, er atmete schwer, als er erkannte, dass das Skelett noch völlig intakt war, nicht zersägt. Sie waren Abächerlis Absichten zuvorgekommen. Die Spannung, welche ihn seit dem Morgen im Griff hatte, als er den Verlust des Leichnams entdeckt hatte, fiel ab und schlug nun in Erschöpfung um. Er brauchte einige Minuten, diesen Krisenpunkt zu überwinden. Geschäftig untersuchte er den gefrorenen Toten von allen Seiten, damit die andern ihm seine vorübergehend labile Konstitution nicht anmerkten.

Im Wohnzimmer nahm Staudemann sich Abächerli hart vor, quetschte ihn aus. Er gestand, dass er sich seit Jahren an den Sonderabfällen bedient hatte. Im Krematorium nahm man es nicht detailgenau, was er da ablieferte. Er hatte jeweils gewartet, bis alles im Verbrennungsofen war, um sicherzugehen, dass die Listen nicht noch überprüft wurden. Es gab da nie Probleme. Nur wenn er ganze Körper abliefern musste, liess sich nichts deichseln.
«Als ich zufällig bemerkte, dass ein Toter in einem Kühlfach lag, bei dem vermerkt war, dass er keine Angehörigen hat, da dachte ich mir, es wäre meine Chance.»
«Sie Idiot», Staudemann war nun richtig grob. «Sie hatten dabei Ihren Verstand überhaupt nicht eingesetzt? Meinten Sie, ich zucke mit den Schultern, wenn eine Leiche bei uns spurlos verschwindet? Oder glaubten Sie, ich würde denken, der Mann sei selbst hinausspaziert?»
«Ich konnte … nicht mehr logisch denken. … Da war nur dieses übermächtige Verlangen. Ein ganzer Mensch, wie damals. Dies brachte mich einfach von Sinnen. Ich musste es tun.»
«Und was soll ich jetzt mit Ihnen machen?»
Abächerli zuckte die Achseln, den Kopf gesenkt.
«Wenn ich die Polizei verständige, kommen Sie lebenslang in eine Anstalt. Wollen Sie das?»
Der verschüchterte Abächerli wirkte hilflos, verloren. … «Nein», flüsterte er nach langer Pause mit kaum vernehmbarer Stimme.
«Ich gebe Ihnen noch eine Chance, es ist aber die einzige!» Staudemann kalkulierte messerscharf seine Risiken. Aufgrund des Sachverhaltes könnte er Abächerli problemlos den Behörden übergeben. Allerdings käme es dann zu einer minutiösen Untersuchung der Abläufe am Institut, was auch ihn erheblich in Gefahr brachte. So blieb nur, Abächerli in seine absolute Abhängigkeit zu bringen, ähnlich wie Roessler. Nur bei Abächerli musste er sicherstellen, dass seine Triebe stets gestillt blieben. So könnte er ihm sogar von direktem Nutzen sein für die Auslieferung der Objekte.
Abächerli hatte den Kopf gehoben, ungläubig starrte er Staudemann an.
«Sie werden den Leichnam noch heute Nacht wieder zurückschaffen, und zwar unbeschadet. Ich werde es als einen Kommunikationsfehler darstellen, dass der Leichnam irrtümlich an ein anderes Institut überführt wurde.»
Abächerlis Gesicht, das bis anhin totenbleich gewesen war, nahm wieder etwas Farbe an. Seine Augen glänzten, Tränen standen ihm zuvorderst. Er griff nach der Hand von Staudemann und wollte sie küssen, was dieser barsch unterband.
«Im Gegenzug erwarte ich absolute Loyalität von Ihnen. Mit absolut meine ich wirklich Kadavergehorsam, der durch nichts gebrochen werden darf. Ansonsten werde ich persönlich besorgt sein, dass Sie auf ewig in einer geschlossenen Klinik untergebracht werden.»
«Sie können sich auf mich künftig hundertprozentig verlassen, Herr Professor. Ich würde für Sie durch das Feuer gehen.»
«Ich werde Sie ab und zu mit Sonderaufgaben betrauen, von denen ausser mir und Frau Roessler absolut niemand wissen darf.»
Roessler war verblüfft. Ihr Vorgesetzter löste die bisher vorhandenen logistischen Probleme raffiniert und auf einen Schlag.
«Ich werde alles tun, was Sie mir befehlen», warf Abächerli unterwürfig ein.
Staudemann blickte ihn noch einen Moment nachdenklich an, dann lächelte er und sagte gütig: «Im Gegenzug dürfen Sie sich behutsam, aber wirklich nur behutsam, von den Sonderabfällen bedienen. Da hat es nebst Innereien doch immerhin ab und zu auch ein gutes Stück Fleisch dabei. Auch der Leichnam», er deutete in Richtung zu dem Kellergeschoss, «wirft dann ja einige sehr schöne Teile ab. Wir brauchen letztlich nur das unbeschadete Skelett.»

 
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Hallo, lieber Anakreon,
da hat der Kerl Geburtstag und man überlegt sich, was man ihm Gutes wünschen kann und dann verwöhnt er uns. Mit einem neuen Horrorstückchen.
Ich wusste nicht, dass Geburtstagsgeschenke auch anders herum gehen.

Deine Geschichte war spannend, ich hab sie in einem Rutsch durchgelesen, wollte unbedingt wissen, wie alles zusammenhängt. Das geht mir nicht immer so, also sie ist gut geschrieben. Ein paar Sachen lassen sich immer finden, aber dazu später.
Was ich bei diesem delikaten Thema ein bisserl schade fand, das ist der Horrorfaktor. Versteh mich nicht falsch, Kannibalismus ist ein echt ekliges Thema, gehört daher auf jeden Fall in diese Rubrik. Aber irgendwie fehlte mir so eine Unheimlichmachung der Personen oder der Szenerie. Du weißt ja von mir, dass ich auch eher subtilen, sanften Horror mag, also ich vermisse keine Blut und Ekelszene, das ist es nicht. Staudemann und Rössler sind ziemlich abgebrüht. Abächerli ein armer Tropf, der noch immer an seinem Trauma zehrt. :D Vielleicht hätte man die Stelle, als die beiden in sein Haus kommen, verunheimlichen können? Da weiß der Leser ja noch nicht, auf was sie da treffen werden.
Und - was ich als Idee genial fand, das war, dass Staudemann ja der eigentliche Widerling in der story ist. Wenns ihm in den Kram passt und er seine Geldquelle erhalten sieht, dann geht er über Leichen, selbst wenn sie schon tot sind. :D Hätte man ihn noch ein wenig dämonisieren können? So, dass es der Frau noch angst und bänger wird? Und dem Kannibalen gleich mit?
Aber das sind so Ideen. Ich hab es echt gern gelesen.

Hier ein paar Detailanmerkungen. Vor allem Kommas und Vertipper! Du Schelm! Aber ich finde, am Geburtstag darf man das.

Alles andere, also meine Anmerkungen zu Formulierungen, die mir nicht schmecken mögen, die nimmst du dir oder auch nicht. Du bist der Scheffe und ich schreib nur gerade selbst an einer Geschichte, da geht manchmal mit mir der Gaul durch und ich krieg den Formulierungsblick. Ist ein bisschen furchtbar.

Die Absturzstelle war aus der Luft kaum erkennbar, da das Wrack in eine Mulde abrutschte.
Würde schreiben
abgerutscht war
, sonst rutscht es ja immer noch.

Die Sensation aber, die Rettungsmannschaft entdeckte fünf Überlebende!
Hinter "aber" fehlt mir ein Verb. Ich mag sonst auch elliptische Sätze, aber hier fehlt mir was.

Es handelt sich um zwei Peruaner, einen Kanadier, eine Französin und einem Schweizer.
und einen Schweizer.

Aber dies jetzt entsprach nicht seiner Wesensart, er war ein fachlich gewissenhafter und ruhiger Pathologe.
Wesensart und dass er ein gewissenhafter Pathologe ist, das passt für mich nicht zusammen. Die Qualität im Job hat ja nichts mit dem Naturell zu tun.
Vielleicht kann man das trennen oder vielleicht fällt es ja nur mir so auf, dann lässt du es einfach.

«Ich gebe dem Betreffenden eine Stunde Zeit KOMMA sich bei mir zu melden. Und Gnade ihm oder ihr Gott, wenn er oder sie es nicht tut.

Seine Stimme war bei diesen Worten ganz ruhig KOMMA aber kalt geworden, sein Gesicht wirkte versteinert.

Damals hatte er sie in flagranti erwischt, als sie versuchte KOMMA einen alten präparierten Schädel zu entwenden.

Er stand plötzlich da, die eindeutige Situation klar einschätzend, und bat sie in sein Büro.
Wenn die Sit. so eindeutig ist, dann muss er ja gar nicht mehr klar einschätzen. Das ist mir als Info also zuviel. Aber ich hätte es schön gefunden, wenn er sie anschaut oder so was und sie nur in sein Büro winkt. Also dass du den Satz einfach durch eine kleine Handlung ersetzt

So erniedrigt hatte sie sich noch nie gefühlt, wie damals.
Dass du "wie damals" ans Ende gesetzt hat gefällt mir von der Rhythmik nicht.
Würde es so schreiben: Soe erniedrigt wie damals hatte sie ...

Dass du hier noch nicht verrätst, welches Geschäft die beiden miteinander verbindet, fand ich übrigens gut.

Darüber habe ich auch lange nachgedacht und sämtliche Ein- und Austrittszeiten unserer Mitarbeitenden der letzten Tage geprüft.
Irgendwie versteh ich immer die Mitarbeitenden der letzten Tage, das klingt wie eine Vereinigung. Kannst es ja vielleicht einfach weglassen. die letzten Tage, das brauchst du glaube ich nicht unbedingt.

... Nichts Auffälliges, es sei denn, jemand habe den Körper während der Arbeitszeit hinausschaffen und verstecken können. Aber dann fragt sich KOMMA wie und wo?»
würde schreiben: jemand hat den Körper ..

«Er geht mir regelmässig damit auf die Nerven, dass er ganz dringend interessante Präparate brauche. Ich werde ihm mal wieder etwas aus unserer Rumpelkammer als Leihgabe zustellen», dazu grinste er breit.
Alice Roessler war überrascht, einen solch zynischen Zug hätte sie Staudemann nicht zugetraut.
interessante Präparate braucht
Ich muss gestehen, ich habe hier den Zynismus nicht verstanden. Wenn es noch jeman nicht kapiert, kannst du ja mal gucken, sonst führst du es einfach auf meine Blondheit zurück.

«Ich habe normalerweise keine Aversionen gegen Menschen, aber diesen Typen mag ich nun gar nicht», bemerkte er grimmig zu Roessler gewandt. Seine Mimik unterstrich noch, welche Heuchelei er am Telefon getrieben hatte.
Da hätte ich supergern gewusst, was das für eine Mimik war. Wollte neulich auch mal schreiben, wie man in einem Gesicht Heuchelei wahrnimmt. Ich hab mich dann so gerettet wie du und es direkt hingeschrieben. Aber cool wärs schon, wenn man das zeigen könnte.

«Kommen wir wieder zur Sache.» Er wirkte wieder konzentriert.
Der Nachsatz nach der wörtlichen Rede ist für mich redundant. Könnte man doch auch weglassen, weil das, was er sagt, ja schon Konzentration aufs Thema iust.

... da braucht es doch auch einige Kenntnisse KOMMA um das richtige Objekt zu wählen.»

«Sie sagten vorhin, Abächerli.» Staudemann machte einen überlegenden Eindruck.
machte einen überlegenden Eindruck gefällt mir nicht, das ist so ein relativierender Ausdruck. Warum nicht einfach "überlegte"?

«Er arbeitet bei uns zwar als Hauswart, hatte vor längerer Zeit aber als Botaniker promoviert.»
Weißder Kuckuck, ich würde wieder schreiben hat promoviert, wegen der wörtlichen Rede, wiel die Menschen beim Sprechen eher das Perfekt verwenden. Kannst ja mal überlegen.

«Botaniker … Abächerli», sie hatte schon von gescheiterten Akademikern gehört, war aber nie einem begegnet.
Die sitzen alle in Frankfurt im Taxi. :D

«Aber ich sehe da keinen Zusammenhang, weshalb Abächerli den Leichnam entführt haben sollte. Es sei denn, sie halten ihn einfach für verrückt?»
nicht sie, sondern Sie

Aber nein, ich will ihn nicht auf das Geratewohl hin stigmatisieren, aber er hätte wirklich die Möglichkeit KOMMA unbemerkt auch ein grosses Objekt verschwinden zu lassen.

«Nein sicher nicht. Allenfalls müssten wir ihn kampfunfähig machen. … Wir selbst könnten ihn ja nicht gut mit den Sonderabfällen im Krematorium abliefern.» Nach den letzten Worten begann er KEIN KOMMA, zu lachen.

Roessler lief ein Schauer über den Rücken. Hatte sie ihren Chef unterschätzt, war dieser erheblich Skrupelloser, als sie immer dachte?
gedacht hatte / skrupelloser, nicht Skrupelloser

Bei ihren Nebengeschäften entstand niemandem einen Schaden, darin waren sie sich stets einig gewesen.
niemandem ein Schaden

Ihr war es nicht ganz wohl, aber sie sah auch keine andere Möglichkeit KOMMA das Problem anzugehen, als erst mal mit Abächerli zu sprechen.

«Guten Abend KOMMA Herr Abächerli. Dürfen wir eintreten?», sagte Staudemann bestimmt.

Staudemann hob beschwichtigend die Hand, bei ihm setzte kaltblütig das Kalkül ein.
bei ihm setzte kaltblütig das Kalkül ein. MMhh, auch diese Fomulierung find ich leider nicht so gut. Vielleicht kann man das zeigen? Fände ich besser. Ansonsten sind kaltblütig und Kalkül halt auh redundant.

«Sie hatten dabei ihren Verstand überhaupt nicht eingesetzt? Meinten sie, ich zucke mit den Schultern, wenn eine Leiche bei uns spurlos verschwindet?
nicht sie, sondern Sie

«Ich gebe Ihnen noch eine Chance, es ist aber die Allereinzige!»
Hihi, vielleicht ist das ja Schwyzer Deutsch, dann bitte, sieh es mir nach. Für mich klingt Allereinzige so kindlich. ich kann mir nicht vorstellen, dass der abgebrühte Kerl das so sagt. Ich finde es klingt schon geährlicher, wenn man es vereinfacht: Ich gebe Ihnen eine Chance. Aber es ist die einzige.

Nun feuer noch schön und genieße deinen Geburtstag. :kuss:
Und pack dir von den Ideen und Korrekturvorschlägen nur das, was du im Geburtstagspäckchen haben willst, alles andere kippst du wohin.
Nur nicht bei den Kommas. da bin ich eisern. :naughty:

Ganz liebe Geburtstagsgrüße noch einmal von Novak

 

Hallo Anakreon

Von mir auch als erstes und vor allem Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag! Hoffe du hattest nach dem Einstellen der Geschichte auch noch Zeit zum Feiern - oder zumindest dazu, den Tag trotz des trüben Wetters zu geniessen.

Eine ziemlich morbide Geschichte hast du da geschrieben, in der das Thema Kannibalismus auf eine interessante Art und Weise behandelt wird. Sagen wir so, Kannibalismus in der Neuzeit (also abgesehen von Opferkulten bspw. der Azteken) wird thematisiert entweder im Zusammenhang mit einem Kampf ums Überleben (Stalingrad im 2. Weltkrieg, Flugzeugabsturz der Rugby-Mannschaft in den Anden) oder in Verbindung mit Serienmördern. Die Realität hat selbst die grausigsten Beispiele hervorgebracht, da stellt sich jetzt die Frage, wie man das Thema interessant in einer Geschichte verarbeiten kann. Einer der bekanntesten Romane dieser Gattung ist das Debüt von Jack Ketchum, Off Season, in dem er sogar so weit geht und Rezepte zur Verarbeitung von Menschenfleisch beschreibt. Das ist schon harter Stoff, und Hannibal Lecter gehört längst zur Popkultur, also was soll danach noch kommen?

Deine Herangehensweise ist spannend und absolut gegensätzlich. Zunächst wählst du ein Standardmotiv, den Flugzeugabsturz. Da du den ebenfalls in den Anden platzierst, wird vielen Lesern bereits im ersten Absatz klar, um was es hier geht. Da würde ich mir nochmal Gedanken machen, ob du wirklich Flugzeugabsturz und Anden nehmen musst - diese "Schlagwörter" in der Rubrik Horror können nur zu Kannibalismus führen. Warum nicht das Ganze in der Schweiz ansiedeln? Die Berge sind vielleicht nicht so hoch wie in Südamerkia, aber auch hier kann es im Winter, in einer Hütte, sehr kalt und verlassen werden ... es würde auch die Figur Abächerli glaubhafter machen, einen Mann dieses Namens kann ich mir besser in den Schweizer Alpen vorstellen als in den Anden :).

So wird also dieser Abächerli durch den erzwungenen Konsum von Menschenfleisch ein Freund desselben ... ja, das ist mir so noch nie untergekommen. Du schilderst hier eine extrem zerrissene Persönlichkeit, was hier deutlich wird:

Abächerli seufzte. «Ich kann wirklich nichts dafür. Seit damals, … beim Absturz … wir hatten keine Wahl. Wir mussten davon essen, es gab nichts anderes. … Wir warteten, bis es nicht mehr anders ging. Es schmeckte merkwürdig, … erzeugte mir erst einen Brechreiz, doch ich gewöhnte mich daran. … Und später, viel, viel später, war es einfach da … ein zehrendes Verlangen. Ich musste es beschaffen, zerbrach mir den Kopf, wie ich daran kommen könnte. Die Überführung der Sonderabfälle war dann meine Rettung.»

Durch die ganzen Punkte wird klar, dass dieser Abächerli eine zerrissene Figur ist: Er geniesst das Menschenfleisch nicht wirklich, sondern folgt einem inneren Zwang ("ein zehrendes Verlangen"). Das macht ihn zu einer spannenden Figur, denn hier spielt sich der Horror auf zwei Ebenen ab: Zum einen innerhalb der Figur, weil sie zu etwas gezwungen wird, das sie gar nicht will. Und zum anderen natürlich in der Tat selbst.

Und von hier kommen wir jetzt auch zur mMn grössten Schwachstelle der Geschichte: Der Fokussierung. Die interessanteste Figur der Geschichte nimmt nur gefühlte 10% Platz ein, der Rest wird von Staudemann und Roessler überdeckt, zwei für mich viel uninteressantere Figuren. Klar, auch der Handel mit Skeletten mag als Thema einer KG seine Berechtigung haben, aber wenn du eine wirklich gute Idee hast, warum widmest du dann den Grossteil der Geschichte einer Handlung, die auch Bestandteil eines Tatorts sein könnte? Dieser Staudemann ist für mich viel zu präsent (er hat sich sogar in den Titel geschmuggelt).

Denn das führt zu folgendem Problem: Abächerli wirkt unglaubwürdig. Dadurch, dass er nur so wenig Platz bekommt, fällt es dem Leser schwer, sich in ihn hineinzuversetzen und seine Handlung zu verstehen (was extrem wichtig wäre in dieser Geschichte). Er gesteht schnell, zu schnell: Das hab ich neulich auch bei einer anderen Geschichte kritisiert, er wird hier kaum mit der Tat konfrontiert und schon erzählt er alles. Der Grund ist klar: Die Geschichte hat nicht so viel Platz, aber da machst du es dir zu einfach. Denn wenn schon die Art und Weise, wie das Geständnis zustande kommt, zu Stirnrunzeln führt, dann auch der Inhalt desselben, denn dann hat die Figur ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

Natürlich hat Novak recht - es ist deine Geschichte, du bestimmst die Gewichtung. Aber ich frage mich allen Ernstes, warum Staudemann und Roessler in der Geschichte vorkommen. Ehrlich, ich finde die Idee hinter Abächerli eine der besten, die ich überhaupt in deinen Geschichten gelesen habe, daher ist es ein bisschen schade, dass er so kurz kommt.

Ein zweiter Punkt noch: Mir schwingt da zu viel unterschwellige Komik mit. Es ist nicht nur die Erwähnung von Mörgeli in Verbindung mit dem Museum (zwar ein netter Seitenhieb, aber braucht es den? @Novak: Lies doch mal diesen Artikel hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Mörgeli, dann wird die Stelle klarer), sondern auch Staudemanns wiederkehrendes Motiv, jeden, gegen den er etwas in der Hand hat, zu seinem Mitwisser zu machen. Gerade bei Abächerli - einem psychisch angeschlagenen Menschen - schwächt er seine Position extrem, viel mehr, als dass er durch einen neuen Komplizen hinzugewinnt.

Also das waren so meine Hauptkritikpunkte. Leider läuft mir ein wenig die Zeit davon, daher keine Textarbeit mehr, aber da hat Novak ja schon gute Vorarbeit geleistet.

Nur hier kann ich nicht widerstehen:

In dieser Gegend in Schwammendingen gab es noch einige davon,

Schwamendingen :)

Insgesamt wirklich ne coole Idee, die einem doch schon ausführlich behandelten Thema nochmal etwas Neues abgewinnt. Es könnte aber noch stärker ausgearbeitet werden, indem Abächerli in den Mittelpunkt der Geschichte gestellt wird.

So, und jetzt wünsch ich dir noch einen schönen und geruhsamen Ausklang deines Geburtstages :).

Viele Grüsse,
Schwups

 

Liebe Novak

da hat der Kerl Geburtstag und man überlegt sich, was man ihm Gutes wünschen kann und dann verwöhnt er uns. Mit einem neuen Horrorstückchen.

Ein zaghafter Versuch wie ein verkannter Mäzen dazustehen.

Deine Geschichte war spannend, ich hab sie in einem Rutsch durchgelesen, wollte unbedingt wissen, wie alles zusammenhängt. Das geht mir nicht immer so, also sie ist gut geschrieben

Das freut mich sehr, habe ich sie doch in den letzten Wochen nach allen möglichen Kriterien gesichtet und immer wieder abwägend Präzisierungen vorgenommen. Ein erster Herzkasper wäre damit abgewendet.

Was ich bei diesem delikaten Thema ein bisserl schade fand, das ist der Horrorfaktor. […] irgendwie fehlte mir so eine Unheimlichmachung der Personen oder der Szenerie.

Dieser fehlende Anteil an schaurigem Grusel wurde mir erst ein Tag vor der Veröffentlichung richtig klar – bis dahin war die Identifikation dem bearbeiteten Inhalt zu stark. Dies hat mit meiner persönlichen Arbeitstechnik zu tun, die ich vorwiegend – es gibt da wenige Ausnahmen - anwende. Ein Gedanke fliegt mir zu, und ich beginne zu schreiben. Die Figuren entwickeln sich wie selbständig fliessend und beanspruchen ihren Platz. Bei einem Umfang wie vorliegend, steht der Rohbau in zwei bis vier Stunden, dann kommt die wochenlange Feinarbeit. Hierbei ändere ich sehr selten etwas an der spontan aufgetretenen Intention, sondern prüfe vielmehr die Abläufe und Handlungen auf ihre innere Logik und einer KG-gerechten Darstellung.
Ich zögerte noch die Geschichte unter Horror einzubringen, da das Unheimliche daran an sich die Normalität ist, die sie vorgeblich spiegelt. Wie oft habe ich auch bei dieser Geschichte nochmals im Thread, Was passt in diese Rubrik? nachgeschlagen, bevor ich mich doch dazu entschied.
Mir ist bewusst, dass passionierte Leser dieses Genres eine geballte Ladung mehr an sichtbar Unheimlichem verkraften. Nur da ist meine Differenz zu dieser Materie. Als man aufgrund meiner Martha-Geschichte mir diese Rubrik einladend erscheinen liess und meine Schreibe nach dem ersten Beitrag (Pater Anselm) dann mit Le Fanu verglich – den ich bis dahin nicht kannte -, setzte ich mich erst damit auseinander, welch breites Spektrum des Unheimlichen hier seinen Platz haben kann.

Vielleicht hätte man die Stelle, als die beiden in sein Haus kommen, verunheimlichen können?

Es sträubt sich mir, das Grauen an dieser Stelle über die gegebene Intention hinaus auszuschlachten. Doch hast du mich da auf einen kurzen, perfiden Gedanken gebracht, ohne dass die Konzeption dadurch zusammenfällt. Ich werde es mit den Korrekturen einbringen.

Und - was ich als Idee genial fand, das war, dass Staudemann ja der eigentliche Widerling in der story ist.

Er war die Leitfigur, die mich ansprang, auf ihm baute die Geschichte auf.

Hätte man ihn noch ein wenig dämonisieren können? So, dass es der Frau noch angst und bänger wird? Und dem Kannibalen gleich mit?

Für meine Intention erscheint es mir wichtig, dass er zwar durchaus keine Skrupel hat, aber in seiner Wesensart keineswegs verstellt ist. Es ist das Gegensätzliche in ihm, das Unheimliche, das sich auch durchsetzt ohne die Dominanz zu übernehmen.

Hier ein paar Detailanmerkungen. Vor allem Kommas und Vertipper! Du Schelm!

Oh weh :bonk: ! Da habe ich vor lauter Prüfkriterien die sinnvolle Reihenfolge derer vernachlässigt und bis zuletzt noch Umbauten vorgenommen.

Zitat:
Die Sensation aber, die Rettungsmannschaft entdeckte fünf Überlebende!

Hinter "aber" fehlt mir ein Verb. Ich mag sonst auch elliptische Sätze, aber hier fehlt mir was.

Hier brachtest du mich ganz schön ins Sinnieren, da mir partout kein Verb passend erscheint. Letztlich habe ich den Satz umgestellt, mit Verb!

und einen Schweizer.

Na gut, ich gebe die helvetische Sonderstellung in diesem einen Punkt eben auf. :hmm:

Wesensart und dass er ein gewissenhafter Pathologe ist, das passt für mich nicht zusammen. Die Qualität im Job hat ja nichts mit dem Naturell zu tun.

Das sehe ich zwar nicht als zwingenden Widerspruch, aber wenn es als störend wahrgenommen werden kann, teile ich dies auf, mit der Trennung seiner Eigenschaften als Pathologe und Person.

Wenn die Sit. so eindeutig ist, dann muss er ja gar nicht mehr klar einschätzen. Das ist mir als Info also zuviel. Aber ich hätte es schön gefunden, wenn er sie anschaut oder so was und sie nur in sein Büro winkt. Also dass du den Satz einfach durch eine kleine Handlung ersetzt

Ein Fauxpas. :aua: Das eindeutig ist eliminiert und die Situation durch eine knappe Handbewegung von ihm ergänzt.

Dass du hier noch nicht verrätst, welches Geschäft die beiden miteinander verbindet, fand ich übrigens gut.

Dies entlockte mir einen Seufzer.

Irgendwie versteh ich immer die Mitarbeitenden der letzten Tage, das klingt wie eine Vereinigung. Kannst es ja vielleicht einfach weglassen. die letzten Tage, das brauchst du glaube ich nicht unbedingt.

Oh Schreck! Mit dieser Betonung liest es sich wie eine religiös infiltrierte Schleichwerbung. Es gibt oder gab da doch eine Sekte, in deren Namen die letzten Tage vorkommen. Ich habe es schleunigst eliminiert.

Ich muss gestehen, ich habe hier den Zynismus nicht verstanden. Wenn es noch jeman nicht kapiert, kannst du ja mal gucken, sonst führst du es einfach auf meine Blondheit zurück.

Unterschätze die Blondinen mal nur nicht! Es gibt da in der Kulturgeschichte etliche Erwähnungen dazu, die bis ins alte Ägypten zurückgehen. Da gibt es aber auch noch deine blonde Namensvetterin Kim, die mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame verewigt ist. :Pfeif:
Stimmt schon, der Zynismus kommt für den nicht ortsvertrauten Leser im Text nur sachte durch, indem Staudemann dem Anrufer ein arg veraltetes Objekt zur Verfügung stellen will. Doch ich erachte es auch allein aus diesem Blickwinkel ausreichend, dass die Roessler so über ihn denken kann. Das Telefongespräch an sich dient zur Auflockerung. Einen Moment lang überlegte ich, den Anrufer als möglichen Anstifter in die Gedanken zwischen Staudemann und Roessler einzubauen, liess es dann aber tunlichst bleiben.
Schwups hat inzwischen ja die Hintertüre zum inhärenten Lokalkolorit geöffnet, indem er einen personalisierten Link einbrachte.

Da hätte ich supergern gewusst, was das für eine Mimik war. Wollte neulich auch mal schreiben, wie man in einem Gesicht Heuchelei wahrnimmt. Ich hab mich dann so gerettet wie du und es direkt hingeschrieben. Aber cool wärs schon, wenn man das zeigen könnte.

Solches lässt sich schon mit verschiedenen Faxen oder Grimassen darstellen, aber es wirkt dann allzu leicht überzeichnet. So könnte es etwa mit aufwärts rollenden Augen oder zum Schrei geöffneten Mund oder oder dargestellt werden. Ich habe es auf deine Anregung hin nun noch mit hängenden Mundwinkeln verstärkt. Aber ob es damit mehr Ausdruckskraft gewinnt, bin ich mir nicht sicher.

Zitat:
«Kommen wir wieder zur Sache.» Er wirkte wieder konzentriert.

Der Nachsatz nach der wörtlichen Rede ist für mich redundant. Könnte man doch auch weglassen, weil das, was er sagt, ja schon Konzentration aufs Thema iust.

Hm, es stimmt schon, was du sagst, aber seine Mimik unterstreicht es noch. Ich wollte es schon löschen, da kam der Querulant in mir zum Vorschein, einen Kompromiss aufdrängend. Also gab ich auch dem Querulanten recht und so steht nun: Er wirkte wieder nachdenklich. Ich weiss, ich weiss, eine hanebüchene Lösung, aber ein Versuch es allen recht zu machen.

machte einen überlegenden Eindruck gefällt mir nicht, das ist so ein relativierender Ausdruck. Warum nicht einfach "überlegte"?

Ich habe es gekürzt. Allerdings wirkt es mir nun so abrupt, beinah stichwortartig. Aber ich lass es nun mal so.

Weißder Kuckuck, ich würde wieder schreiben hat promoviert, wegen der wörtlichen Rede, wiel die Menschen beim Sprechen eher das Perfekt verwenden. Kannst ja mal überlegen.

Das ist doch der Vogel, der seine Eier in fremde Nester legt. Da habe ich wieder zu einer Kompromisslösung gegriffen und den Satz umgestellt. Na hoffentlich nicht verschlimmbessert.

Zitat:
«Botaniker … Abächerli», sie hatte schon von gescheiterten Akademikern gehört, war aber nie einem begegnet.

Die sitzen alle in Frankfurt im Taxi.

Ach, ich war bisher immer der Meinung, das seien verkappte Grüne.

Zitat:
«Guten Abend KOMMA Herr Abächerli. Dürfen wir eintreten?», sagte Staudemann bestimmt.

Kruzitürk, nochmal. Kürzlich hatte mich doch … in einer analogen Darstellung darauf hingewiesen, dass es hier des Kommas nicht bedarf. Ich hatte es unbewusst gesetzt und es dann bei einer Durchsicht wieder gelöscht. Nun ja, jetzt ist es wieder drin. Aber nicht, dass jetzt ein Disput unter Schriftgelehrten aufbrandet.

bei ihm setzte kaltblütig das Kalkül ein. MMhh, auch diese Fomulierung find ich leider nicht so gut. Vielleicht kann man das zeigen? Fände ich besser. Ansonsten sind kaltblütig und Kalkül halt auh redundant.

Hier driften unsere Interpretationen wieder etwas auseinander. Kalkül ist in sich berechnend, muss aber keineswegs gefühlsbestimmt besetzt sein. Mit Kaltblütigkeit vermengt, gewinnt sie meiner Meinung nach eine besondere Gewichtung. Ich habe es nun leicht geändert, der Meinung, es sei so vielleicht weniger stossend: setzte kaltblütiges Kalkül ein.

Hihi, vielleicht ist das ja Schwyzer Deutsch, dann bitte, sieh es mir nach. Für mich klingt Allereinzige so kindlich. ich kann mir nicht vorstellen, dass der abgebrühte Kerl das so sagt. Ich finde es klingt schon geährlicher, wenn man es vereinfacht: Ich gebe Ihnen eine Chance. Aber es ist die einzige.

Ich habe es mal gecheckt. Duden und Wahrig führen es nicht im gedruckten Wortschatz, beanstanden es aber auch nicht in ihren elektronischen Versionen. Allgemein im Internet konnte ich es in verschiedenen Links ausmachen, sowohl schweizerischer als auch deutscher Herkunft. Beim Schwyzerdütsch hast du dich aber von der Gnos beeinflussen lassen, die aus dem Kanton Schwyz stammt. Deren Dialekt ist mir zu wenig vertraut, als ich es dort spezifisch orten könnte. Allgemein im Schwiizerdütsch kommt es vor, ob es quellsprachlich aber verbürgt ist, weiss ich nicht.
Doch damit dir das Lachen vergeht, habe ich es geändert.
Und pack dir von den Ideen und Korrekturvorschlägen nur das, was du im Geburtstagspäckchen haben willst, alles andere kippst du wohin.

Ups, jetzt ist doch wohl bei allen etwas reingerutscht, wenn mal nicht wörtlich, so doch sinngemäss. Da bleibt mir ja gar nichts mehr zu kippen.

Nur nicht bei den Kommas. da bin ich eisern.

Wie war das jetzt noch mit dem eisernen Gustav?

Ich danke dir ganz herzlich für das Lesen, die ausführlichen und akribisch-lektoraten Fingerzeige, die kritische Auseinandersetzung mit der Materie und :gelb: das besänftigende Lob im zweiten Absatz vorab.


PS: :mad: Durch einen doppelten Fehlgriff ist mir jetzt das gleichzeitig überarbeitete Manuskript irreparabel flöten gegangen. Alle Versuche eine Kopie zu erzwingen, sind nutzlos. So mache ich mich denn nun nochmals an die Arbeit, ob ich den neuen Teil jetzt noch wörtlich rekonstruieren kann, weiss ich nicht, dabei war er mir geglückt erschienen. Wäre ich nicht ich, so würde ich jetzt einfach heulen. :heul:

+++


Hallo Schwups

Von mir auch als erstes und vor allem Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag! Hoffe du hattest nach dem Einstellen der Geschichte auch noch Zeit zum Feiern - oder zumindest dazu, den Tag trotz des trüben Wetters zu geniessen.

Danke Dir für die guten Wünsche. Tja, da ich mich tunlichst hütete, allzu früh nach Kritiken, Häme und Haue Ausschau zu halten, konnte das himmlische Grau mein Stimmungsbarometer nicht irritieren.

Eine ziemlich morbide Geschichte hast du da geschrieben, in der das Thema Kannibalismus auf eine interessante Art und Weise behandelt wird. Sagen wir so, Kannibalismus in der Neuzeit

An sich habe ich mich nie mit Kannibalismus beschäftigt und in den letzten Jahrzehnten auch nur vier oder fünf Meldungen in den Zeitungen gelesen. Angefangen 1971 bei der Rugby-Mannschaft, die letzte dieses Jahr, als in Mexico ein Ehepaar festgenommen wurde, die ihre Hausangestellten jeweils zu Takeaway-Produkten verarbeiteten. Vor einer Woche wurde für mich überraschend ein Film über den Absturz in den Anden angezeigt, ich glaube bei ARTE, selbst habe ich ihn nicht gesehen. Da war mir klar, jetzt weiss sofort jeder, auf was es abzielt.

Deine Herangehensweise ist spannend und absolut gegensätzlich.

Da bin ich froh, dass es mir gelungen ist, diese Klippe zu nehmen. Ob und inwiefern Bücher/Filme zu dieser Thematik schon erschienen, war mir als Horror-Banause völlig unbekannt.

Da würde ich mir nochmal Gedanken machen, ob du wirklich Flugzeugabsturz und Anden nehmen musst - diese "Schlagwörter" in der Rubrik Horror können nur zu Kannibalismus führen. Warum nicht das Ganze in der Schweiz ansiedeln?

Auch bei Bergsteigern ist das Thema nicht ganz unbekannt. Es gibt etwa einen Fall aus den USA. Ein Mann, der allein unterwegs war, wurde von einem Felsbrocken eingeklemmt. In der Not trennte er sich selbst das eingeklemmte Bein ab und ernährte sich noch von einem Stück eigenen Fleisch.
Aber ich habe die Anden nun wenigstens mit den Alpen vertauscht, das Lokalkolorit noch unterstreichend. Botaniker treiben sich aber rund um den Globus herum, auch sie stehen ja unter dem Erfolgsdruck, Neuentdeckungen zu machen.

So wird also dieser Abächerli durch den erzwungenen Konsum von Menschenfleisch ein Freund desselben ... ja, das ist mir so noch nie untergekommen. Du schilderst hier eine extrem zerrissene Persönlichkeit, […]Er geniesst das Menschenfleisch nicht wirklich, sondern folgt einem inneren Zwang ("ein zehrendes Verlangen"). Das macht ihn zu einer spannenden Figur, denn hier spielt sich der Horror auf zwei Ebenen ab: Zum einen innerhalb der Figur, weil sie zu etwas gezwungen wird, das sie gar nicht will. Und zum anderen natürlich in der Tat selbst.

Da mir keine biografischen Daten oder analytische Erläuterungen bekannt sind, ich recherchierte auch nicht danach, stützte ich mich für diese Fiktion einzig auf ein nachvollziehbar mögliches Szenario. Da es in einem wissenschaftlichen Umfeld spielt, schob ich mir allerdings selbst einen Riegel, es zu fantasievoll auszugestalten.

Und von hier kommen wir jetzt auch zur mMn grössten Schwachstelle der Geschichte: Der Fokussierung. Die interessanteste Figur der Geschichte nimmt nur gefühlte 10% Platz ein, der Rest wird von Staudemann und Roessler überdeckt, zwei für mich viel uninteressantere Figuren. Klar, auch der Handel mit Skeletten mag als Thema einer KG seine Berechtigung haben, aber wenn du eine wirklich gute Idee hast, warum widmest du dann den Grossteil der Geschichte einer Handlung, die auch Bestandteil eines Tatorts sein könnte? Dieser Staudemann ist für mich viel zu präsent (er hat sich sogar in den Titel geschmuggelt).

Staudemann war die Ausgangsfigur meiner Intention. Ich habe in der vorgehenden Antwort an Novak aufgezeigt, wie meine Arbeitstechnik bei Geschichten ist. Die dargebotene Hand war eine der wenigen Ausnahmen, bei der ich abweichend vorging und erst das Material sichtete, das mir verfügbar war. Ich verstehe natürlich, dass es für Leser ärgerlich sein kann, die darin ein Szenarium orten, dass sie liebend gern vertieft hätten. Ich hatte früher mal überlegt, über einen Kannibalen zu schreiben, dies dann aber als mir nicht greifbar beiseite gestellt. Die Fälle der Internet-Kannibalen, über deren Denken und Verhalten sich allenfalls Materialien finden liessen, wären da nicht mein Fall. Ihre Absicht mir zu einfach. Tut mir leid, wenn ich dich darin enttäuschte, aber hier bewegte ich mich im Rahmen des mir möglichen.

Abächerli wirkt unglaubwürdig. Dadurch, dass er nur so wenig Platz bekommt, fällt es dem Leser schwer, sich in ihn hineinzuversetzen und seine Handlung zu verstehen (was extrem wichtig wäre in dieser Geschichte). Er gesteht schnell, zu schnell: […] Der Grund ist klar: Die Geschichte hat nicht so viel Platz, aber da machst du es dir zu einfach. Denn wenn schon die Art und Weise, wie das Geständnis zustande kommt, zu Stirnrunzeln führt, dann auch der Inhalt desselben, denn dann hat die Figur ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

Es stimmt schon, dass sein Geständnis für den Leser schnell kommt, da er nicht mal nach Ausflüchten sucht. Aber die Figur des Abächerli den ich vor Augen hatte, ist kein abgebrühter Verbrecher, sondern vielmehr ein seelisches Wrack, ein Mensch, der nicht fähig ist, sich selbst zu schützen. Von dem her halte ich ihn nicht für unglaubwürdig, aber in der Szene rasch verbraucht. Es stimmt auch, dass ich aus Platzmangel nun nicht noch gross weitere Abhandlungen über oder von ihm einbaute. Eine kurze Passage im Keller spielend habe ich noch ergänzt, doch hebt auch diese seine Persönlichkeit nicht hervor. Ich sehe es als Schwierigkeit an, in Kurzgeschichten auf solche Merkmale zu tief einzugehen, sie müssen sich aus dem Geschehen verdeutlichen, ansonsten wird es ausufernd, wenn man das Gleichgewicht zur Handlung halten will. Aber ich verstehe deine Bedenken schon.

Natürlich hat Novak recht - es ist deine Geschichte, du bestimmst die Gewichtung. Aber ich frage mich allen Ernstes, warum Staudemann und Roessler in der Geschichte vorkommen. Ehrlich, ich finde die Idee hinter Abächerli eine der besten, die ich überhaupt in deinen Geschichten gelesen habe, daher ist es ein bisschen schade, dass er so kurz kommt.

Die Bestimmung der Gewichtung ist die eine Sache. Das andere ist, dass ich diese Geschichte mit Abächerli im Mittelpunkt gar nicht hätte schreiben können. Wie bereits erwähnt, hatte ich früher mir mal solche Gedanken gemacht, aber schon früh erkannt, sie würde jämmerlich scheitern, da er für mich kein Fleisch am Knochen hat. Es ist also nicht Arroganz, wenn ich mich auf meine Arbeitstechnik kapriziere, eigentlich nur Geschichten schreibe, die mir intuitiv zufliessen. Anderes wäre schwer lesbar (noch schwerer!) und zu fachlich ausgerichtet, da ich mich dann schwerpunktmässig auf Recherchen und Materialien abstützen würde. Du darfst es also als mein Ungenügen verstehen.

Ein zweiter Punkt noch: Mir schwingt da zu viel unterschwellige Komik mit. Es ist nicht nur die Erwähnung von Mörgeli in Verbindung mit dem Museum (zwar ein netter Seitenhieb, aber braucht es den? […] sondern auch Staudemanns wiederkehrendes Motiv, jeden, gegen den er etwas in der Hand hat, zu seinem Mitwisser zu machen. Gerade bei Abächerli - einem psychisch angeschlagenen Menschen - schwächt er seine Position extrem, viel mehr, als dass er durch einen neuen Komplizen hinzugewinnt.

Die Eingliederung dieses Themas in eine wissenschaftliche Institution birgt in sich bereits eine etwas despektierliche Sichtweise, die ironisch wirken kann, doch habe ich da bei einer fiktiven Erzählung keine grosse Hemmung. Der Telefonanruf wäre übrigens auch dann zustande gekommen, wenn der real aufgetretene Eklat nicht eingetreten wäre. Die Diskrepanz zwischen seinem öffentlichen Verhalten, seinem Zynismus andern Menschen gegenüber, und seiner akademischen Berufung, war mir seit Jahren ein diskreditierendes Bild. Da konnte ich auf dieses Augenzwinkern, bei dieser Nähe der Institutionen, schlicht nicht verzichten. Ich habe mir noch überlegt ihn Mägerle zu nennen, aber was hätte dies gebracht. Wer ihn kennt, der wüsste auch so, wer gemeint ist und ich erwähnte in Staudemanns Aussage nichts Ehrenrühriges, vielmehr fällt dessen Verhalten ja auf ihn selbst zurück.
Die Komplizenschaft, die sich Staudemann mit der Abhängigkeit von Abächerli billig erkauft, ist gar nicht so abwegig. In den siebziger Jahren hatte ich mal einen Bericht über Firmen in den USA gelesen, bei denen das Management sich Mitarbeitende mit einer psychisch missbräuchlichen Methode gefügig machten. Als es aufflog, gingen die Behörden rigoros gegen die Firmen vor und dieses Thema verschwand stillschweigend von der Bildfläche. Doch auf die Geschichte bezogen, schafft sich Staudemann zwar ein Risiko, mindert aber ein anderes erheblich, nämlich die Ausfuhr seiner Ware. Würde Abächerli wider Erwarten erwischt werden, könnte er als Sündenbock aufgebaut werden.

Nur hier kann ich nicht widerstehen:

Zitat:
In dieser Gegend in Schwammendingen gab es noch einige davon,

Schwamendingen

Peinlich, peinlich, peinlich. Da kann ich nur ohne jegliche Ausflüchte sagen, mein Gedächtnis war hierbei wohl schon etwas schwammig, da ich es auch bei den unzähligen Lesedurchgängen nicht bemerkte.

Insgesamt wirklich ne coole Idee, die einem doch schon ausführlich behandelten Thema nochmal etwas Neues abgewinnt.

Da freue ich mich natürlich sehr darüber. Umso mehr, dass du dies unbesehen deiner Enttäuschung über den Schwerpunkt, dies doch differenziertest.

Ich danke dir herzlich für das Lesen, deine ausführliche Kritik und die Hervorhebung der auch dich ansprechenden Teile. Vielleicht schaffe ich es ja mal, eine Geschichte einzubringen, die dich auch vorbehaltlos anspricht. Allerdings, ohne ein Augenzwinkern im Text, das fällt mir, glaube ich, schwer.

PS: Beinah hätte ich es versäumt, auch Dir herzlichen Glückwunsch, zu deiner Berufung, die sich moderat still vollzog.


Schöne Grüsse euch beiden

Anakreon

 

Wie, das Schelmische sei entfernt?, aber wie lese ich denn dann das folgende

Wie sich herausstellte, war es ein altes Einfamilienhaus mit angebauter Garage, in dem Abächerli wohnte. In dieser Gegend in Schwamendingen gab es noch einige davon, …
Schon die alemannischen Benämli Abächerli (springt einen Biergenießer schon gewaltig an) wie Schwamendingen (wo’s hier in der nördlichen Region Ding[en]s und Dingskirchen bei fehlendem Wort und Dingden und Dinxperlo real gibt – deutsch rechts-, niederländisch linksrheinisch) und lächle über die angebaute Garage, in der A. auch wohnen könnte, denn warum sollte sie sonst erwähnt werden?, und das in einer Geschichte, die den preußischen
Kadavergehorsam
den die Alten noch als Nibelungentreue verherrlichten (die sich schließlich in ihrer „nibelunge not“ sicherlich nicht nur vom Blut der Gefallenen den Durst stillten) wörtlich bis buchstäblich parodiert.

Vielleicht landschaftlich bedingt, aber wäre hier nicht ein „in“ statt des „an“gesagt?

«Staudemann hier. Hallo Herr Kollege. Ich muss gleich vorausschicken, ich bin an einer wichtigen Besprechung...
Aber wie dem auch sei, erst mal

hallo Anakreon,
Jubiläum gut überstanden?,

ich war gestern im Studium Deines kleinen horrorgenerösen Werkes beschäftigt, als ich von einer Serie von PMen überrascht wurde unterm Titel „Mr. Zeichensetzung“, was ich natürlich als bierernster Zeitgenosse sofort als Realsatire ausmachte, zu der sich gelegentlich eigene kleinen Werkchen hier vor Ort entwickeln und somit zu kleinen soziologischen und sozialpsychologischen Studien gedeihen, authentischer kann Fiktion gar nicht werden, geschweige denn sein!, aber der Kollege war quasi kom(m)atisiert und stellte jeweils mit einer PM genau je eine Frage, weswegen ich den grausigen Ort verließ, um dem Kollegen „unterm Arm zu greifen“, wie man hier am Niederrhein so schön sagt, was vielleicht gestern sogar fehlgeschlagen sein kann, zeigte die Maschine doch während oder nach der dritten Antwort einen gelungenen Überlauf in der Rubrik PM & weitere Leiden an, um heute zu sehen: Novak – die übrigens durch ein Mistgeschick weiß, wie ich hier vor Ort arbeite, wäre demnach „Ms.“ oder „Mrs. Zeichensetzung“.
Aber warum nur fast? Beginnen wir also mit der Zeichensetzung:

…, es waren stets Tote[,] die noch Angehörige hatten, …
Ohne Zweifel ein Relativsatz!
Weniger zwingend, als gleichwohl bedeutsam wäre vllt. hier der Aussagesatz in einen Ausrufesatz zu verwandeln, nicht nur im schönen Kontrast zur anschließenden Frage
«Guten Abend, Herr Abächerli. Dürfen wir eintreten?», sagte Staudemann bestimmt.
«Guten Abend, Herr Abächerli[!] ...
Wofür hätten wir die Zeichen sonst?
Wie auch hier mir ein Frage- und/oder Ausrufezeichen sinnvoller als der Punkt erscheinen mag
«Sie wissen, warum wir hier sind.»

Auch
[d]arüber habe ich auch lange nachgedacht …
über die Höflichkeitsform – ich schätze Herrn S. schon allein wegen seiner geschäftstüchtigen Umgangsformen so ein, dass Anredepronomen von ihm mit Großbuchstaben gesprochen werden
«… Wie sollte jemand von hnen einen ganzen Leichnam wegschaffen, ohne aufzufallen?»

Bedeutsamer aber scheint mir schon der Abtransport des zentralen Unglücks aus der südamerikanischen Wildnis in die europäische Zivilisation, die dann wie selbstverständlich die überlebenden Peruaner (von denen wir nicht wissen, ob sie in ihrem Wörterbuch auch nur ein Wort Quechua fänden) gegen Abkömmlinge Europas austauscht (okay, Algonkin und selbst Mohawks, nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem letzten Mohikaner, verstehen sich gelegentlich als Kanadier): Hieß es vordem

Über die Nachrichtenagenturen verbreitete sich weltweit die Meldung, dass das Flugzeug der Inka Airlines, welches seit drei Wochen über den Anden vermisst war, gefunden wurde
so nunmehr
Über die Nachrichtenagenturen verbreitete sich weltweit die Meldung, dass das Flugzeug der Trans-Airlines, welches seit drei Wochen über den Alpen vermisst war, gefunden wurde
was in krassem Gegensatz zu der folgenden Aussage steht:
«Ich erinnere mich, als die Personalabteilung mir vor vier Jahren seine Bewerbungsunterlagen vorlegte, verwies man auf seinen tragischen Lebenslauf. Er wurde durch einen Flugzeugabsturz in Südamerika, den er und vier andere Personen überlebten, …
Eben auch zwei Peruaner, die auch Inka-Abkömmlinge sein können, denn glaube keiner, was in Mexiko möglich sei (Zapata = Nachfahre des ersten Motecuzoma, nicht aber des Despoten Xocoyotzin). Aber das wäre dann der europäischen Seele allzu viel Exotik … und einen Pancho Villa will sich hierzulande kein Mensch wünschen.

Aber zum Abschluss wären noch zwei Wörter umzuschnitzen:

im entferntesten
Hier gilt sich immer zu merkeln, allemal „im Enferntesten“ (selbst die Anpassungskünstler der Dudenredaktion sehen’s „alternativlos“, was natürlich wieder nur eine modische Erscheinung ist zwischen 2013 und 2o17)

«Ich gebe Ihnen noch eine Chance, es ist aber die Einzige!»
… es ist … schiebt das Attribut nach: die „einzige“ Chance!

Und zum Schluss eine Frage des Geschmacks, wenn es heißt

Abächerli seufzte. «Ich kann wirklich nichts dafür. Seit damals, … beim Absturz … wir hatten keine Wahl. Wir mussten davon essen, es gab nichts anderes. … Wir warteten, bis es nicht mehr anders ging. Es schmeckte merkwürdig, … erzeugte mir erst einen Brechreiz, doch ich gewöhnte mich daran. … Und später, viel, viel später, war es einfach da … ein zehrendes Verlangen. Ich musste es beschaffen, zerbrach mir den Kopf, wie ich daran kommen könnte.
Ja, ich glaube Herrn A., muss dann aber auch fragen, ob er sich vorm Schweinefleisch ekele, das doch ähnlich schmecken soll, wie das Fleisch unserer Artgenossen. Anders wäre auch gar nicht zu erklären, warum ein gewisser Haarmann seinerzeit zum Massenmörder werden konnte, verkaufte er doch seine Opfer fein zubereitet, wie’s der Volksmund dann im Liede beschrieb:

Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Hackefleisch aus dir.

Aus den Augen macht er Sülze,
aus dem Hintern macht er Speck,
aus den Därmen macht er Würste
und den Rest, den schmeißt er weg.“​


Freilich, Swifts Vorschlag (A Modest Proposal, 1729!) zur Bekämpfung der Hungersnot sollte man im Zeichen, da das Menschenrecht auf Sättigung börsennotiert gehandelt wird, nicht allzu wörtlich nehmen “for preventing the [kids] of poor people [here, there and anywhere], from being a burden to their parents or country; and for making them beneficial to the public[…].”

Der Friedel het et mit großem Amüsemeng jelesen!,
& wünscht noch einen wunderbaren Sonntagnachmittag ...

 

Auf das Schelmische,

lieber Friedel,

sollte an sich kein Autor verzichten, der nach Leichtigkeit in der Unterhaltung strebt. Ob sie gelingt, steht dann allerdings auf einem andern Blatt, vor allem wenn man über ernste Themen schreibt.

Schon die alemannischen Benämli Abächerli (springt einen Biergenießer schon gewaltig an) wie Schwamendingen […]und lächle über die angebaute Garage, in der A. auch wohnen könnte, denn warum sollte sie sonst erwähnt werden?

Abächerli ist ein alteingesessener Innerschweizer Familienname, den ich hier wegen seines eigenartigen Klangs auswählte. Spielt man mit ihm, stösst man auf am Bächli, da kann ein Botaniker dann auch nicht mehr fern sein, der in der Pflanzenvielfalt an dessen Ufer aufgeht.
Bei Schwamendingen ist mir die Namensgebung auch nicht vertraut, da müsste ich in den Annalen der Stadt graben. Heute sind dort angeblich die ausländischen Bewohner in der Mehrheit, und wahrlich, ich kenne eine iranisch-englische Familie die dort ihr Domizil hat. Nebst diesem Merkmal gibt es aber doch auf der Rückseite des Zürichbergs noch Landwirtschaftsgebiet und eben auch alte Einfamilienhäuser. Die Erwähnung des Anbaus der Garage am Haus hat in dem Stück - die Krimifans werden es mit links durchschaut haben - erklärt, warum Abächerli unbemerkt die Leiche ins Haus schaffen konnte und dazu nicht einen zusammengerollten Teppich benötigte.

Zitat:
Kadavergehorsam

den die Alten noch als Nibelungentreue verherrlichten

Das kleine Wörtchen liegt mir einfach deshalb nahe, da ein Redaktor einer Zeitung mal einen Text von mir über den Rechtsphilosophen Hans-Georg Gadamer verhunzte, indem er statt des Namens Gadamer das Wort Kadaver setzte. Damals gab es das Internet noch nicht, die Texte mussten ab Manuskript neu gesetzt werden.

Vielleicht landschaftlich bedingt, aber wäre hier nicht ein „in“ statt des „an“gesagt?

Zitat:
«Staudemann hier. Hallo Herr Kollege. Ich muss gleich vorausschicken, ich bin an einer wichtigen Besprechung...

Stimmt - es ist nicht das erste Mal, das ich darüber stolpere. Da sieht man, welch teuflische Macht die Gewohnheit des Idioms (Dialekt) doch hat.

Jubiläum gut überstanden?

Doch ja, ohne Nachwehen, wenn ich von meiner Leichtfertigkeit absehe, Texte wie vorliegend an solchen Tagen zu verbreiten.

Zitat:
«Guten Abend, Herr Abächerli[!] ...

Wofür hätten wir die Zeichen sonst?

So ausdrucksstark hatte ich es nicht gesehen! Phonetisch klingt mir der Satz nun direkt lautstark in den tauben Ohren. Aber ich werde mich tunlichst hüten, mit Schriftgelehrten über die Symbolkraft orakelhafter Zeichen zu disputieren, einem Unterfangen, in dem ich unterliegen würde. Also übernehme ich es devot, wie auch beim nachfolgenden Fragesatz, dessen Lapsus mir auf Anhieb klar war. Beim Dritten wiederum setzte ich innerlicher zu einem Luftsprung an, das ist ja direkt Goetheanisch! Aber wem nützte da schon eine Faust in der Tasche, kleinlaut setzte ich folglich diesen nadeligen Haken mit Punkt ein.

über die Höflichkeitsform – ich schätze Herrn S. schon allein wegen seiner geschäftstüchtigen Umgangsformen so ein, dass Anredepronomen von ihm mit Großbuchstaben gesprochen werden

Zitat:
«… Wie sollte jemand von hnen einen ganzen Leichnam wegschaffen, ohne aufzufallen?»

Hier brachtest du mich arg ins straucheln, ich suchte in dieser und der vorgehenden Version, doch Staudemann zeigte da nirgends solche Ehrfurcht vor seinen Mitarbeitenden, dass wenn er über sie sprach, dies sich mit erhebendem I symbolisierte. Oder ist es an einer anderen Stelle? Ich werde nochmals danach Ausschau halten. - Nein nichts, die Höflichkeit setzte er nur in der wörtlichen Rede seinen Gesprächspartner gegenüber ein.

was in krassem Gegensatz zu der folgenden Aussage steht:

Zitat:
«Ich erinnere mich, als die Personalabteilung mir vor vier Jahren seine Bewerbungsunterlagen vorlegte, verwies man auf seinen tragischen Lebenslauf. Er wurde durch einen Flugzeugabsturz in Südamerika, den er und vier andere Personen überlebten, …

Diese Unterlassungssünde beim Umzug des Crashs in die Alpen kann ich einzig mit der Eliminierung eines halben Kontinents wieder gutmachen. Es sei so geschehen.

Aber zum Abschluss wären noch zwei Wörter umzuschnitzen:

Zitat:
im entferntesten

Hier gilt sich immer zu merkeln, allemal „im Enferntesten“ (selbst die Anpassungskünstler der Dudenredaktion sehen’s „alternativlos“, was natürlich wieder nur eine modische Erscheinung ist zwischen 2013 und 2o17)

Zitat:
«Ich gebe Ihnen noch eine Chance, es ist aber die Einzige!»

… es ist … schiebt das Attribut nach: die „einzige“ Chance!

Ich ahne es, Novak wird mich in der Luft zerrissen haben, als sie es bemerkte. Sie wies mich auf diese einzige Chance hin und ich tölpelte blind darüber hinweg.

Ja, ich glaube Herrn A., muss dann aber auch fragen, ob er sich vorm Schweinefleisch ekele, das doch ähnlich schmecken soll, wie das Fleisch unserer Artgenossen.

Ist das denn nicht eine Mär der Vegetarier oder ihrer Untergruppe der Veganer, die verdrängen, dass ihre Vorfahren nur dadurch überlebten, dass diese nicht solch sensiblen Empfindungen unterworfen waren?

Am Haarmannschen Lied, das die Freuden des Kannibalismus wortgerecht zerteilt, hätte Abächerli schon sein Vergnügen, sofern er sich mit der Person identifizieren könnte. Inkludiert mit Swifts Worten, klingt es gar nach einem hypothetischen Lösungsansatz zur Überalterung der Gesellschaft. – Doch genug der Moritaten, die Nacht zu Halloween steht ja erst bevor.

Der Friedel het et mit großem Amüsemeng jelesen!,

Das freut mich sehr, dass ich es fertigbrachte, deine Lachfalten kräftig zu aktivieren.

Ich danke dir herzlich für das Lesen, deine ermahnende Amtsausübung als Lektor, die kommentierende Unterfütterung des Themas und natürlich die Brecht’sche Freude an der Moritat, die aufklang.

Schöne Grüsse aus der Schweizer Winterlandschaft

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Schad, hier is' Fiesel,

lieber Anakreon,

zum Glück kein Frost, da wär man gern im Gebirg, wenn auch nicht als Lenz (womit ja alle weiße Pracht wieder weg wäre), schon gar nicht auf'm Kopp, aber ich kann auf die Schnelle ein Beispiel für das große Ihnen gegenüber Beschäftigten geben:

«Und was soll ich jetzt mit Ihnen machen?»
& Abächerli - der meine Schnoddrigkeit gestern mir verzeihen mag - ist doch noch Angestellter -

oder sollte zwischenzeitlich was geschehn sei (a. o. Kündigung?)?

Gruß vom

Friedel

Nachtrag

Bei Schwamendingen ist mir die Namensgebung auch nicht vertraut, da müsste ich in den Annalen der Stadt graben.

aus Hundert Jahre Gross-Zürich: 60 Jahre 2. Eingemeindung 1934, Ausstellungskat. Zürich, 1994, 104-115 und – D. Kurz, «S.», in Baukultur in Zürich 1, 2002, 77-85 schreibt ein Martin Illi unter http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D3126.php zur Gemeinde Schwamendingen „…, ursprünglich Haufendorf an einem Strassenkreuz im Glatttal, 1934 in die Stadt Zürich eingemeindet. 9. Jh. Svvamudinga. 1467 11 Haushalte; ….“

Die zweite Fassung (und wohl bekanntere Fassung) des Grünen Heinrich beginnt Gottfried Keller wie folgt:
„MeinVater war ein Bauernsohn aus einem uralten Dorfe, welches seinen Namen von dem Alemannen erhalten hat, der zur Zeit der Landteilung seinen Spieß dort in die Erde steckte und einen Hof baute. Nach dem im Verlauf der Jahrhunderte das namengebende Geschlecht im Volke verschwunden, …“

Nehmen wir nun an, dass es vielleicht Ende des fünften, unbedingt aber nach der Schlacht bei Zülpich und darum eher Anfang des sechsten Jahrhunderts erfolgte, als die Alemannen den vereinigten salischen (wir würden heute sagen: niederländischen) und rheinischen Franken nach Süden hin auswichen.
Unter ihnen einer, der von seinen Leuten Suuamudinga genannt wurde. Der geneigte Leser fragt sich nun, wie man den Namen ausspricht, aber spätestens wenn er das berühmte dabbelju darin zu erkennen vermag, weiß er, wie der Name sich korrekt aussprechen lässt, und dass das doppel-v im 9. Jh. ist eben auf dem Weg zum Buchstaben w.
Es muss freilich eine feuchte Gegend sein, denn suuam / swam bedeutet Pilz bzw. Schwamm. Die Endsilben bedeuten nun keineswegs das ding / Þing (erkennt einer das tieaitsch in der nördlichen Variante?) als Volksversammlung, sondern auch den eingefriedeten Platz.

Friedel

 

Grüß dich, Anakreon!

was als Sensation gesehen wird!
Das ! würde ich wegnehmen, klingt etwas reißerisch und "Sensation" macht es ja auch deutlich.

Staudemann tobte. «So eine verdammte Schlamperei habe ich in meiner ganzen Karriere noch nie erlebt.»
Hier allerdings würde ich ein ! spendieren, wenn der tobt.

wer dafür verantwortlich ist», brüllte er.
Hier auch.

doch dann, machte er ihr einen Vorschlag
Komma weg.

«Aber der versteht doch nicht mal etwas von Anatomie», Roessler machte ein ungläubiges Gesicht.
Hast du davor schon gemacht und hier greif ich's mal raus, dieses Anfügen an die wörtliche Rede. Finde ich unnötig, muss nicht so oft sein, und hier würde ich's sogar umkehren: Roessler machte ein ungläubiges Gesicht. «Aber der versteht doch nicht mal etwas von Anatomie!»

«Er arbeitet bei uns zwar als Hauswart, vor längerer Zeit promovierte er aber als Botaniker.»
Finde ich zu sehr auf den Leser gemünzt. Bevor er Hauswart wurde, hat er als Botaniker promoviert. Irgendwie sowas fände ich besser.

Der lacht uns doch glattwegs aus, auch wenn er sonst ein stiller und verschlossener Mensch ist.»
Die zweite Hälfte finde ich wieder etwas plump auf den Leser abzielend.

«Aber Sie haben nicht vor ihn umzubringen?»
vor, ihn

«Nein sicher nicht.
«Nein, sicher

Unglaublich, was da Abächerli da zusammengetragen hatte.
...

So. Das las sich ja größtenteils wie ein Krimi. Auch mir gefällt die Grundidee, allerdings finde ich sie auch ziemlich abgefahren, denn einen Menschen zu verspeisen tut man vielleicht im absoluten Notfall und dann auch nur widerstrebend, aber dass daraus ein Verlangen wird - das ist ein psychologischer Mechanismus, der mich interessiert hätte. Ähnlich wie Schwups fand ich es schade, dass diesem Aspekt sowie der Person Abächerli nur so wenig Platz eingeräumt wird. Auf der einen Seite haben wir also dieses Krimihafte mit Staudemann und Roessler, und auf der anderen den Horror mit Abächerli. Wie gesagt, mich hätte letzteres mehr interessiert, aber gut, hast du ja auch schon was zu geschrieben.
Ansonsten ist dein Stil nicht so richtig meins, aber das ist ja auch nichts Neues und ich wusste es ja vorher. ;)

Schöne Grüße,
Maeuser

 

Hallo Maeuser

Das, was in den "stillen Katakomben" der Pathologie vorgeblich geschieht, wähnte ich bereits vor der Weggabelung ins Archiv der Vergänglichkeit. Da dem nicht so ist, grabe ich das Manuskript nochmals hervor, es im Lichte deiner Worte neu zu betrachten.

Das ! würde ich wegnehmen, klingt etwas reißerisch und "Sensation" macht es ja auch deutlich.

Da gebe ich dir recht, im Nachhinein erscheint mir eine solche Auszeichnung nur in wenigsten Fällen wirklich treffend.

Hier allerdings würde ich ein ! spendieren, wenn der tobt.

Doch macht mir Sinn, bei seiner ruhigen Wesensart, in der er vorwiegend Zwiesprache mit Leichen hält. Ebenso auch, bei seiner Frage nach dem Verantwortlichen für den Leichenklau.

Hast du davor schon gemacht und hier greif ich's mal raus, dieses Anfügen an die wörtliche Rede. Finde ich unnötig, muss nicht so oft sein, und hier würde ich's sogar umkehren: Roessler machte ein ungläubiges Gesicht. «Aber der versteht doch nicht mal etwas von Anatomie!»

Gut, ist geändert. Da muss ich mal drauf achten, ob dies eines meiner eingefleischten Gewohnheiten ist.

Finde ich zu sehr auf den Leser gemünzt. Bevor er Hauswart wurde, hat er als Botaniker promoviert. Irgendwie sowas fände ich besser.

Hm ja, der Leser soll ja nicht als solcher direkt angesprochen sein, vielmehr vom Stoff, auch das feile ich gleich noch um.

Zitat:
Der lacht uns doch glattwegs aus, auch wenn er sonst ein stiller und verschlossener Mensch ist.»

Die zweite Hälfte finde ich wieder etwas plump auf den Leser abzielend.

Hm, ja. Wenn es wie ein fauler Kompromiss zur Figurenzeichnung wirkt, ist es dann gar keiner. Ist gelöscht.

So. Das las sich ja größtenteils wie ein Krimi.

Ich glaube beinah, Asterix wäre nicht begeistert, wenn ich es ihm als Kriminalfall unterschoben hätte. Die Spurensuche führte da viel schneller zum Übeltäter, als meist in der Wirklichkeit.

Auch mir gefällt die Grundidee, allerdings finde ich sie auch ziemlich abgefahren, denn einen Menschen zu verspeisen tut man vielleicht im absoluten Notfall und dann auch nur widerstrebend, aber dass daraus ein Verlangen wird - das ist ein psychologischer Mechanismus, der mich interessiert hätte.

Dass die Grundidee an sich dein Wohlgefallen findet, ist mir doch schon Genugtuung. Deine Bedenken kann ich, im Wissen um deine Vorlieben, verstehen. Wie in einer vorgehenden Antwort bereits erwähnt, habe ich mich für diese Geschichte nicht spezifisch mit Kannibalismus beschäftigt. Die psychische Störung, welche ich Abächerli hierfür unterlegte, ist dennoch nicht frei aus der Luft gegriffen. Sein Antrieb deutet auf ein Syndrom mit Schwerpunkt einer Zwangsstörung hin, die darzustellen, dann jedoch viel Raum einnehmen würde, um sie verständlich zu machen, ohne in fachliche Unterlegung auszuarten.

Ähnlich wie Schwups fand ich es schade, dass diesem Aspekt sowie der Person Abächerli nur so wenig Platz eingeräumt wird. Auf der einen Seite haben wir also dieses Krimihafte mit Staudemann und Roessler, und auf der anderen den Horror mit Abächerli. Wie gesagt, mich hätte letzteres mehr interessiert, aber gut, hast du ja auch schon was zu geschrieben.

Diese Doppelthematik des Inhalts ist gegeben, eigentlich bin ich da ohne Absicht reingerutscht, es baute sich beim Schreiben so auf. Da ich weniger Genreorientiert bin, ergibt es sich mir meist erst bei der Vollendung, in welche Rubrik es sich dann fügt. Bei Themen des Unheimlichen stehen mir die alten Klassiker eines doch behutsameren Grusels eben näher, ohne dass ich mich jemals daran orientierte. Ich war selbst überrascht, als ich erstmals hörte, in welche Sparte ich diesbezüglich zuordnungsbar bin. Doch auch gegenwärtige Romanautoren, ich denke da etwa an Guillaume Musso, bewegen sich vage in diesen Bereichen. Will man hier in dieser Rubrik nur harten Horror, so sollte man die Vorgaben entsprechend präzisieren. Ich meide mit meinen Texten Rubriken, die meiner Meinung nach mit deren Vorgaben kollidieren.

Ansonsten ist dein Stil nicht so richtig meins, aber das ist ja auch nichts Neues und ich wusste es ja vorher.

Ja, das ist das herbe Risiko des Lesers. :D Vor Kurzem erinnerte ich mich daran, dass es in der Literaturgeschichte Synonymes gibt, als man in einer meiner Geschichten Kant’sche Züge vermutete. Heine hatte etwa über den Schreibstil von Kant sehr arg gepoltert, da er diesen für veraltet taxierte und herabwürdigte. Kant hat sich deshalb über sich selbst sehr geärgert, konnte seinen Stil aber nicht überwinden. Nun ja, ich bin nicht Kant, möglicherweise etwas flexibler, man attestierte mir schon Änderungen darin, aber zugleich lernte ich, mit dieser Unvollkommenheit auch umzugehen.

Doch genug des Rechts der Rechtfertigung. Das Stück als solches muss ja seine Daseinsberechtigung weisen und um seine Leser ringen, alles andere ist müssig.

Für das Lesen, Kommentieren und die Hinweise zu einer trefflicheren Darstellung, die ich alle übernommen habe, danke ich dir herzlich.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anakreon,

gefunden wurde

worden war, sonst wird es die ganze Zeit noch gefunden


was als Sensation gesehen wird

Hier bin ich mit der zeitlichen Verortung durcheinandergekommen.


Es handelt sich um zwei Italiener, einen Kanadier, eine Französin und einen Schweizer.

Klingt wie 'n Witz. Und dann sagt der Schweizer zu dem Kanadier …


Betretenes Schweigen herrschte, niemand wagte etwas Beschwichtigendes zu sagen, dabei wussten alle,

Betretenes Schweigen herrschte, niemand wagte etwas Beschwichtigendes zu sagen. Dabei wussten alle,


Es war kein inneres Organ, nicht ein amputierter Arm oder ein Bein, nein, - ein ganzer Leichnam.

Es war kein inneres Organ, kein amputierter Arm oder ein Bein, nein, - es war ein ganzer Leichnam.


Ich operiere hier zum Teil auch mit gefühlten Werten. Kannst du ja mal eine Woche liegen lassen und dann die Sätze noch einmal miteinander vergleichen.


Was erschwerend dazukam, Staudemann hatte die pathologische Untersuchung des Körpers für sich selbst beansprucht.

Ohne „war, dass“ fehlt für mich da irgendwie etwas.


Sämtliche Kühlfächer waren überprüft worden, nichts, zumindest nicht das besagte Objekt.

Sämtliche Kühlfächer waren überprüft worden. Nichts (oder Nichts wurde gefunden. ...), zumindest nicht das besagte Objekt.


Diesen unangenehmen, durchdringend wirkenden Blick hatte sie bereits erwartet.

Diesen durchdringenden Blick hatte sie bereits erwartet.
Oder sogar einfach nur Blick. Ich jedenfalls habe da ein recht klares Bild vor Augen, der Wutausbruch war ja gut geschildert.


bemerkte er dann

Also, wenn das dann dann mal wirklich muss …


sassen im gleichen Boot

selben, weil ja im Sinne von beide im Boot, wenn es also untergeht, saufen beide ab


Der gemeinsame Handel

Ich werde schon wieder so kleinteilig, aber das „gemeinsame“ kann weg, weil ich schon weiß, dass die beiden im selben Boot sitzen.


Dies kann nur jemand sein

Es … Ich weiß, du magst die eher gestelzte Rede, aber ich kann mir absolut nicht vorstellen, wie jemand sagt: „Dies kann nur jemand sein ..“


Staudemann klopfte mit einem Finger in gleichmässigem Takt auf den Tisch, dies tat er zuweilen, wenn er sich stark konzentrierte.

Staudemann klopfte mit einem Finger in gleichmässigem Takt auf den Tisch. Dies tat er zuweilen, wenn er sich stark konzentrierte.


n Museum?», er war der Einzi

n Museum?» Er war der Einzi


und später: als Leihgabe zustellen.» Dazu grinste er breit.

Für mich jedenfalls klingt da sonst sehr atemlos.


gab dies ihm im Moment Ablenkung

gab ihm dies im Moment Ablenkung


Ich erinnere mich, als die Personalabteilung mir vor vier Jahren seine Bewerbungsunterlagen vorlegte, verwies man auf seinen tragischen Lebenslauf.

Ich erinnere mich. Als die Personalabteilung mir vor vier Jahren seine Bewerbungsunterlagen vorlegte, verwies man auf seinen tragischen Lebenslauf.

Du neigst dazu, Sätze zusammenzufügen, die nicht recht zusammenpassen wollen.


Sie hatten gespannt gewartet, bis Abächerli das Institut verliess, und gaben ihm noch eine halbe Stunde Vorsprung. War nur zu hoffen, dass er dann zu Hause anzutreffen war. Um glaubwürdig zu wirken, konnten sie nicht allzu spät vorsprechen.

Den Absatz würde ich streichen.


letzten dreissig Jahren massiv anwachsen liess

vergangenen dreissig Jahren massiv hatten anwachsen lassen


doch wirkte er eiskalt

Er ist vorher schon mal eiskalt, ich würde das jetzt variieren oder weglassen.

Die Geschichte ist spannend und knotet die Fäden richtig zusammen. Den einleitenden Teil würde ich als Zeitungsartikel schreiben, sonst liest sich das so „Ach guck, deshalb musste er damit anfangen, wegen der Pointe ,Äbicherlias oder was war nach seinen Unfall immer so merkwürdig'“. Vom Verhalten der Personen fand ich es nicht ganz glaubwürdig, dass der Kannibale angesprochen auf sein Treiben quasi sofort zusammenbricht und den kompletten Clou der Geschichte raushaut, so wie du ihn wahrscheinlich im Kopf hattest, als du angefangen hast zu schreiben. Aber ansonsten hat mich die Geschichte echt gepackt, alles wunderbar.

Nur eben wieder dieses Grundsätzliche, das ich glaube ich immer mit deinen Sachen habe. Absolut nichts gegen Horror mit Humor, und hier geht ja die ganze Grundidee eher so ins Schwarz-Groteske (obwohl ich nicht übel Lust hätte, die Story zu reimagen, wie denkfaule Studiobosse das heuer nennen), insofern passt das. Es ist nur wieder ein bisschen zu viel, und für mich ist das dann immer verschenktes Potenzial. Monty Python ist ja klasse, aber wenn ich's in der Videothek unter Horror finde, frage ich mich schon, was das soll. Auch, wie die Figuren auf das Grauen reagieren, und zwar restlos alle – nämlich im Gegensatz zum Geschichtentitel völlig gelassen und unentsetzt – nee. Man hat fast das Gefühl, der Autor traue sich nicht, den eigenen Stoff ernst zu nehmen.

Beste Grüße
JC

 

Hallo Anakreon,

ich habe die Geschichte mit Interesse gelesen. Sie baut einen guten Spannungsbogen auf, man will wissen, was da los ist und wohin das ganze führt, wobei die von die erzeugte Vorahnung die Spannung eher noch steigert. Du verwendest (das machst du ja eigentlich immer) einen eher klassisch geprägten und teilweise etwas gemächlich wirkenden Stil, deine Story zu entfalten. Grundsätzlich gefällt mir das gut, an manchen Stellen aber fehlt mir so ein wenig die Dynamik und Präzision (das eine bedingt ja das andere), und an einigen wenigen Stellen sind mir deine Beschreibungen zu redundant und könnten Kürzungen vertragen, damit der Handlungsablauf dort besser fließt.

Beispiel 1

Zitat: Staudemann tobte. «So eine verdammte Schlamperei habe ich in meiner ganzen Karriere noch nie erlebt!»
Seine Mitarbeiter zogen unwillkürlich die Köpfe ein. So völlig die Haltung verlierend, war er ihnen noch nie begegnet. Er hatte schon seine Macken. Aber dies jetzt entsprach nicht seiner Wesensart. Fachlich war er ein äusserst gewissenhafter Pathologe und als Person die Ruhe selbst. Wenn jemandem mal ein Fehler unterlief, brauchte er schon harte Worte, doch blieb er dabei stets sachlich kühl und war nicht nachtragend. Aber diesmal rötete Zorn sein Gesicht.

Diese Beschreibung hat meiner Ansicht Inhalt für zwei Sätze, und auf die wörtliche Rede würde ich ganz verzichten. Lass einfach einen Menschen toben, der sich normalerweise unter Kontrolle hat. Es geht doch letztendlich nur darum, dass du dem Leser signalisieren willst: Wenn der schon ausrastet, dann ist da aber wirklich etwas richtig Schlimmes passiert! Das könntest du echt entschlacken.

Beispiel 2

Zitat: So unangenehm war es Alice Roessler seit Jahren nicht mehr, ihrem Vorgesetzten gegenüberzutreten. Damals hatte er sie in flagranti erwischt, als sie versuchte, einen alten präparierten Schädel zu entwenden. Es war ein blöder Zufall, da selten jemand das Lager mit den alten Beständen betrat. Diese Objekte, vorwiegend konservierte Organe, wurden zu Lehrzwecken kaum mehr verwendet. Die neueren Feucht- und Trockenpräparate waren in einem andern Raum untergebracht. Er stand plötzlich da, die Situation klar einschätzend, und bat sie mit einer knappen Handbewegung in sein Büro. So erniedrigt wie damals hatte sie sich noch nie gefühlt.

Diese beiden sehr ähnlichen Aussagen in fast baugleicher Satzbildung auf engsten Raum untergebracht, empfand ich als störend. Dazwischen beschreibst du zu ausführlich. Auch hier lohnt sich die Betrachtung, welche Informationen für den Leser wirklich wichtig sind. An dieser Stelle stockt die Handlung, und ich will das in der Ausführlichkeit gar nicht so genau wissen.

Nun, insgesamt hast du einen ziemlich klassischen Horrorstoff eigenwillig und innovativ behandelt, ein schöner Beweis dafür, dass man dem "Kanibalismus-Klischee" auch neue Seiten abgewinnen kann. Wobei ich den Flugzeugabsturz als augenzwinkernden Hinweis an die Leser werte, eine bewusste Spielerei mit dem Klischee, was mir persönlich sehr gefällt.

Was mich richtig stört ist die Einleitung, die ist weder Fisch noch Fleisch. Da kann ich nur Proofs Vorschlag unterstützen: Mach daraus eine echte Zeitungsnachricht.

Deine Geschichte bietet gute Unterhaltung und einen neue Sichtweise auf ein altbekanntes Thema, die durch Kürzungen (besonders in den ersten Absätzen!) und etwas mehr Dynamik noch optimiert werden könnte.

Rick

 

Hallo Anakreon,

ich habe mich gefragt, ob das eine Horrorgeschichte ist. Und ich bin zum Schluss gekommen: Ja, ist sie. Aber in deiner Geschichte ist es so, als sitze der Horror in einem Schaukelstuhl hinter dem Leser, als beobachte er den Leser mit schief gelegtem Kopf, leicht zusammengekniffenen Augen, wobei er die Hände vor seinem Kinn an den Fingerspitzen zusammen gelegt hat.
Das ist eine andere Art Horror, als man sie normalerweise antrifft. Verstehst du, was ich meine? :shy:

Mir hat es gefallen, jedoch frage ich mich, wie lange dein Staudemann so weitermachen kann. Ich meine, da bricht der zwanghaft kannibalistische Abächerli sofort zusammen, als Staudemann auch nur eine Andeutung macht ... Abächerli hat ja nicht groß nachgedacht, als er den Leichnam entwendete, das hatte mit Ratio nicht mehr viel zu tun, das war übermächtiger, pathologischer Zwang, und dann passieren eben solche Fehler. Und Staudemann weiht ihn quasi sofort und auf der Stelle ein. Ich meine, das Einzige, was ein früheres Auffliegen verhindert hatte, war wahrscheinlich ein noch rudimentär vorhandenes Abwägevermögen Abächerlis. Und jetzt gibt Staudemann ihm grünes Licht, einfach so. Ich denke, das endgültige Auffliegen ist somit nur noch eine Frage der Zeit.

Und DA denke ich mir: Staudemann selbst ist inzwischen zwanghaft zu diesen Aktionen getrieben, da auch er ein ernsthaftes Abwägen unterlässt. Das hatte er zu Beginn seiner Unternehmungen bestimmt nicht, er wird nachlässig.
Aber vielleicht spinn' ich das jetzt unnötig weit in die fiktive Ferne. :)

An einer Stelle stolpere ich jedes Mal:

«Ich gebe dem Betreffenden eine Stunde Zeit, sich bei mir zu melden. Und Gnade ihm oder ihr Gott, wenn er oder sie es nicht tut.
So was finde ich immer ganz schlimm irgendwie. Dieses krampfhafte Gender-Speak da. Er oder sie, ihm oder ihr ...
Ich weiß, darüber kann und soll man streiten, aber besonders Staudemann nehm' ich das nicht ab. Dabei fängt er so an, wie ich es von ihm erwarte: Am Anfang sagt er, er gäbe dem Betreffenden eine Stunde Zeit, nur um im nächsten Satz umständlich los zu gendern.
Mit so was hab ich immer Probleme.

Und noch was wurde mir beim Lesen bewusst. Ist zwar irgendwie off-topic, aber: Wenn man mich fragte, was denn typische schweizer Nachnamen seien - ich wüsste keine Antwort. Und ich bin immer hocherfreut, wenn ich eine Geschichte lese, die mir da ein paar Namen präsentiert. Das hat was Exotisches irgendwie. Ich weiß nicht, ob es den Anderen auch so geht, aber ich freu mich dann immer.
Also auch danke dafür. :D

Liebe Grüße,
PSS

 

Hallo Anakreon,

sehr gerne gelesen.

Titel erinnert mich etwas an Thomas Bernhard, und die Atmosphäre ein wenig an den Ösi-Film "Der Knochenmann".

Also, ich weiß nicht, ob es eine tatsächlich gerne-typische Geschichte ist, aber sie ist auf jeden Fall morbide und gut konstruiert. Sprachlich finde ich die auch schwer in Ordnung. Die Dialoge wirken manchmal etwas überzeichnet, aber das finde ich hier gerade gut, so dieses Kadavergehorsam oder Knochentransfer. Das ist ein schönes Detail, was die Sache abrundet.

Ich hätte mir vielleicht ein wenig mehr Konflikt gewünscht, Abächerli hat sich zu schnell ergeben, oder aber er hätte leidenschaftlicher darlegen sollen, warum Menschenfleisch nun so wichtig und unverzichtbar für ihn ist. Das ist ja schließlich seine Obsession, das hätte man eventuell ein wenig mehr konturieren können. Das Ende ist klassisch und passt, für mich muss es da nicht immer den total abstrusen oder unerwarteten Twist geben.

Wie gesagt, gerne gelesen.
Gruss, Jimmy.

 

He Anakreon,
Zum Einstieg wurde ja schon einiges gesagt. Schon geändert? Liest sich immernoch wie ... unentschlossen, nichts Halbes, nichts Ganzes irgendwie.
Titel findei ch auch nicht passend, denn das Entsetzen bleibt ja aus.

Sie hatte sich auch schon den Kopf über den Verbleib des Toten zermartert.
ach wirklich? ;)
Nee, das ist mir jetzt zu sehr erzählt, eine ungeschickt erzwungene Überleitung um in die Gedanken zu kommen
Sämtliche Kühlfächer waren überprüft worden, nichts, zumindest nicht das besagte Objekt.
umständlich formuliert
Er schaute sie wortlos an. Diesen unangenehmen, durchdringend wirkenden Blick hatte sie bereits erwartet.
«Ich war es nicht», platzte sie heraus, ihm standhaft in die Augen schauend.
Einen Moment schwieg er. «Das habe ich auch nicht angenommen», bemerkte er dann. «Aber verdammt noch mal, jemand hat es getan. Haben Sie eine Vermutung, wer dies sein könnte? Hat jemand von den andern Mitarbeitern Schulden oder einen auffallenden Lebensstil?»
fett ist doppelt
kursiv - so sprichst du anscheinend ;) , aber die Prots in der kg?
Roessler war erleichtert, dass er ihr anscheinend vertraute.
umständlich formuliert. Und überflüssig, die Offenbarung kommt doch noch danach, mit dem selben Boot und so
Hierbei gingen sie mit höchster Vorsicht ans Werk, bedienten sich nur bei ausgewählten Stücken.
Ist das nötig? Groschenromanniveau, dieses übererklärenmde. Versteht sich doch von selbst, streichen
In dem Moment begann, das Telefon zu summen.
das ist wirklich so als würdest du es darauf anlegen, hier jedes Tempo zu killen. Komma weg
«Ich sagte doch, ich will nicht gestört werden.» … «Ah, der Mörgeli. Sehr, sehr dringend meint er, so, so. … Nein. … Ja gut, stellen Sie ihn durch.» Mit der Hand verdeckte Staudemann die Sprechmuschel. «Kennen Sie den Mörgeli?»
«Etwa der vom Medizinhistorischen Museum?», er war der Einzige mit diesem Namen, der Roessler einfiel.
Staudemann nickte.
«Er ist mir schon begegnet, aber kennen, nein.»
«Er geht mir regelmässig damit auf die Nerven, dass er ganz dringend interessante Präparate braucht. Ich werde ihm mal wieder etwas aus unserer Rumpelkammer als Leihgabe zustellen», dazu grinste er breit.
Alice Roessler war überrascht, einen solch zynischen Zug hätte sie Staudemann nicht zugetraut. Doch anscheinend gab dies ihm im Moment Ablenkung von der heiklen Situation, in der sie steckten.
«Staudemann hier. Hallo Herr Kollege. Ich muss gleich vorausschicken, ich bin in einer wichtigen Besprechung. … Ja doch, ich denke, hierzu kann ich Ihnen ein geeignetes Objekt zur Verfügung stellen. Sie werden Ihre Freude daran haben. … Aber ist doch selbstverständlich, dass wir Hand in Hand arbeiten, sofern dies möglich ist. … Also ich werde es Ihnen mit einer kurzen Notiz zustellen. … Ja gut, viel Glück dann mit der neuen Ausstellung.» Er legte den Hörer fest auf.
«Ich habe normalerweise keine Aversionen gegen Menschen, aber diesen Typen mag ich nun gar nicht», bemerkte er grimmig mit herabhängenden Mundwinkeln zu Roessler gewandt. Seine Mimik unterstrich noch, welche Heuchelei er am Telefon getrieben hatte.
dann das Gespräch. Warum diese Ausführlichkeit, habe ich was überlesen? Das braucht es doch für die kg gar nicht? :confused:
«Kommen wir wieder zur Sache.» Er wirkte wieder nachdenklich.
ww
sie hatte schon von gescheiterten Akademikern gehört, war aber nie einem begegnet.
:D

Im Krematorium hätte man die Papiere dazu verlangt, damit der Name am Gemeinschaftsgrab eingetragen werden kann.
für den Leser erklärt
trategisch ist eine solche Überrumpelung noch immer die beste Methode, einen Gegner in die Defensive zu bringen. Möglicherweise begeht er dann einen Fehler und liefert uns ein Indiz.
boah, aus dem Leitfaden doziert ;)

Du siehst, da sind für mich noch einige Schnitzer drin, ich breche an dieser Stelle mal ab. Überflogen habe ich die Passage, als die beiden überlegen, wer denn jetzt als Verdächtiger in Frage käme. Das ist mir irgendwie zu abgeklärt und ausführlich. Nach dem Tele-Gespräch (das mir zu lang ist) gehts dann in gleicher Manie weiter, bis sie auf den Täter kommen.
Fragte mich, wann es denn enlich los geht. Aber in der Wohnung des Täters löst sich dann alles in Wohlgefallen auf. Hm. Einerseits schon irgendwie stark, weil du da mit den Erwartungen brichst (sind ja hier in Horror und ich wartete schon darauf, wann der Kannibale beschließt, sein Mahl zu erweitern :D ) Andererseits fand ich es am Ende enttäuschend, weil eigentlich gar nichts passiert ist. Dieser kleine Einschub in der Wohnung, also mir hat das an Spannungsbogen nicht wirklich gereicht. Da müsste es nach meinem Gefühl noch ein bisschen nach oben gehen.
Und anscheinend bin ich der einzige, der die Waffen als Vorsichtsmaßnahme etwas zu übertrieben findet? ALso das kam mir schon etwas überzogen daher, wie die beiden sich da so rasch einig werden (Und der Doc natürlich 2 ! Wummen zuhause hat)
Nee, so ganz rund läuft mir das teil noch nicht. Thema interessant, auch weil du auf den Splatter-Horror verzichtest, aber hier muss noch eine Zuspitzung her und in die Figuren mehr Lebendigkeit. Das war mir zu erklärend, statisch. Konflikte zwischen den dreien gibt es quasi keine. Das wäre aber, wovon die Spannung profitieren könnte.

grüßlichst
weltenläufer

 

Lieber Anakreon!


Also, dieses Schwamendingen, ein Sündenpfuhl!
Und da, gleich um die Ecke, liegt unser … äh, ich meine, euer ganzes Geld! O weh, o weh!

Aber es gefällt mir, dieses Netz des Bösen, welches der Erzähler da immer weiter spinnt, bis jeder der Akteure sich darin verfängt, sei es aus Geldgier oder durch Erpressung oder aufgrund traumatischer Erlebnisse.

Der zweite Abschnitt deiner Geschichte sorgt für einwenig Ekel, der erste Teil bedient die Fans von Kriminalgeschichten.
Die „Fahndung“ nach dem Täter ist genügend realitätsnah, um auch in der Krimirubrik zu bestehen. Immerhin fahren Staudemann und Roessler nicht völlig auf blauen Dunst hin zu ihrem Verdächtigen. Sie haben ja den Kreis möglicher Täter vorher zumindest laiengerecht eingegrenzt. Ein wenig Glück gehört ja auch immer dazu.

Abächerli gibt sich an der Haustür rasch geschlagen. Er legt quasi ohne Druck eine Beichte ab. Ich vermute, trotz einiger krimineller Energie, die er zur Befriedigung seines Zwanges aufbringen musste, ist er doch von seinem Wesen her kein Krimineller. Ich denke, er war froh, dass er ertappt wurde und daher mit seinem Geständnis übereifrig zur Hand.

Warum Abächerli nach seinem furchtbaren Erlebnis in den Bergen immer wieder Menschenfleisch essen muss, ist für mich schwer nachzuvollziehen. Vielleicht liegt es daran, dass diese grauenvolle Maßnahme ihm einst das Leben gerettet hat und eine starke Todesangst noch in ihm steckt, die er nur auf diesem Wege besänftigen kann. Oder so ähnlich. Eher kann ich mir vorstellen, so jemand würde in Zukunft auf den Genuss jeglichen Fleisches verzichten. Ich konnte, nachdem ich eine Wasserleiche entdeckt hatte, monatelang keine Kohlrouladen anrühren. Und nach meinem Fund einer weiteren Leiche, die bereits sechs Tage gelegen hatte, aus deren Kopföffnungen eine rotbraune Flüssigkeit, mit weißen Maden darin, ausgetreten war, war Spagetti mit Tomatensoße keine Option, meinen Hunger zu stillen. Hört sich vielleicht witzig an, war aber tatsächlich so. Allerdings fehlt bei meinen Erlebnissen jeweils eine entscheidende Komponente. Die Leichen haben nicht mein Leben gerettet, sozusagen. Die waren nur ekelhaft.
Da die Geschichte unter „Horror“ steht, ist dieser doch fragwürdige Zwang des Abächerli kein Problem.

In der Krimiecke brächte ich dieses Manko jedoch etwa so auf den Punkt:
Dass diese Konstellation mir dennoch glaubhaft erscheint, liegt nicht an der Geschichte, sondern am Autor. Der Autor, also du, lieber Anakreon, würde so was nicht schreiben, wenn es nicht im Bereich des Möglichen läge.
Nur, was ist mit den meisten anderen Lesern?
Und dann würde ich dazu raten, eine knappe Lösung, hinsichtlich des ungewöhnlichen Verhaltens des Täters, in den Text einzuweben.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Anakeron,

Ich will zuerst mal ins Detail gehen:
Der erste Satz kommt mir von hinten herum aufgezäumt vor:

Über die Nachrichtenagenturen verbreitete sich weltweit die Meldung, dass das Flugzeug der Trans-Airlines, welches seit drei Wochen über den Alpen vermisst war, gefunden wurde.
Die wichtigste information kommt zum Schluss: Das drei Wochen vermisste Flugzeug. Der für den Leser irrelevante Part zuerst: Die Nachrichtenagenturen verbreiten eine Meldung: Das ist mir mehrmals aufgefallen
Die Rettungsmannschaft entdeckte fünf Überlebende, was als Sensation gesehen wird
Ich nehme an, du wolltest die ersten Zeilen im Stil einer Pressemeldung machen: Dieser Satz fällt da heraus.

. Ich habe zu Hause noch zwei Ordonnanzpistolen aus meiner Zeit im Militärdienst, die wir mitnehmen.
Auch den Satz finde ich sehr umständlich: Warum nicht. Wir nehmen zwei Ordonnantzpistoen mit. Ich habe sie noch aus meiner Zeit ...

In dieser Gegend in Schwamendingen gab es noch einige davon, welche ausserhalb der Neubauzonen standen, die den nordöstlichen Stadtteil von Zürich in den letzten dreissig Jahren massiv anwachsen liess.
ich würde den ganzen Satz streichen: Die Information ist für die Geschichte irrelevant
Wohnzimmer, auf dem Tisch stand ein Gedeck mit Essensresten. Sie hatten ihn beim Abendmahl unterbrochen.
ich möchte das ganz neutral kommentieren: Deine Geschichte ist für mich mehr ein Krimi, als Horror: Ich finde, hier biegst du ab. Mit den Leichenteilen hätte sich ekel und horrormäßig einiges Anfangen lassen ;)
Staudemann atmete auf, er erkannte auf den ersten Blick, dass der Körper noch intakt war, nicht zersägt oder angeschnitten.
Auch hier verweigerst du den Horror
Wie gesagt, es ist keine Wertung nur eine FEststellung, dass du hier eher das Krimigenre gewählt hast.
ICh fand die PErsonen glaubwürdig charakterisiert und die GEschichte spannend geschrieben.
Das Abächerli so schnell klein beigibt, finde ich trotzdem schade und hier vergibst du auch bei der lupenreinen Kriminalgeschichte einen höheren Spannungsbogen.
Ansonsten gern gelesen

Bernhard

 

Hallo Anakreon,

zwei Dinge fehlen diesem Text, damit er mich mitreißen könnte: Entsetzen und das zehrende Verlangen, von dem Abächerli am Ende spricht. Die Grundidee, das seit "Tod in den Anden" bekannte Szenario um eine Sucht nach Menschenfleisch zu erweitern, finde ich sehr gut. Die sterile Sprache und die fehlende Empathie seitens des Autors lassen mich weder Ekel empfinden noch die Beweggründe Abächerlis nachfühlen. Es scheint mir in diesem Text ein grundlegendes Problem der Perspektive zu geben: Du fängst mit Staudemann an und begleitest Staudemann, bis er am Ende Abächerli mit seinem Verdacht konfrontiert. Aber es geht in dem Text um Abächerli, nicht um Staudemann. Beide Hauptfiguren könnten deutlich mehr Persönlichkeit und Natürlichkeit vertragen.

Außer der Grundidee finde ich die anatomischen und fachlichen Details sehr gut.

Das Fehlen von Möglichkeiten zum Mitfühlen und Gruseln ist mir an folgender Stelle am deutlichsten aufgefallen:

Staudemann und Roessler folgten ihm auf dem Fusse, darauf gewappnet, er könnte versuchen zu flüchten oder sie auszutricksen. Hinter der Tür, die er öffnete, führte eine Treppe ins Untergeschoss. Als erstes erblickte Roessler einen mit Knochen gefüllten Drahtkorb. Instinktiv umfasste sie die Pistole in ihrer Manteltasche mit festem Handgriff. Sie war wild entschlossen sofort zu schiessen, wenn Gefahr drohte, der Anblick, der sich ihr bot, versetzte sie in Panik. Eine Katakombe war ihr erster Gedanke. Die Knochenansammlung deutete darauf hin, dass es nicht die Überreste eines einzigen Menschen waren.
Staudemann war auch sehr erschrocken, als er die Knochen bemerkte. Doch entgegen Roessler begann er, die einzelnen Stücke instinktiv zuzuordnen. Tibia, Fibula, Pes, Ulna, Radius. Kein Cranium, kein Scalpula, nirgend ein Crista iliaca.
Es wäre besser, Staudemanns körperliche Reaktionen zu beschreiben: beschleunigten Herzschlag, ein zweites Hinsehen. Stattdessen folgt eine rationale Analyse der Bestandteile. Keine Ahnungen, auch keine Gerüche, keine Erinnerungen, nichts was in die Tiefe geht.


Die Konfrontation Abächerlis mit dem Verdacht hätte Potenzial für einen guten Dialog voller Konflikt. Stattdessen gesteht Abächerli einfach.

«Nun, was haben Sie mir zu sagen?» Staudemanns Stimme klang nicht unfreundlich, doch wirkte er eiskalt.
Abächerli seufzte. «Ich kann wirklich nichts dafür. Seit damals, … beim Absturz … wir hatten keine Wahl. Wir mussten davon essen, es gab nichts anderes. … Wir warteten, bis es nicht mehr anders ging. Es schmeckte merkwürdig, … erzeugte mir erst einen Brechreiz, doch ich gewöhnte mich daran. … Und später, viel, viel später, war es einfach da … ein zehrendes Verlangen. Ich musste es beschaffen, zerbrach mir den Kopf, wie ich daran kommen könnte. Die Überführung der Sonderabfälle war dann meine Rettung.»
Statt einfach "zehrendes Verlangen" zu schreiben, wäre es besser, zu beschreiben, wie sich das äußert: die Unruhe, wenn er lange kein Menschenfleisch hatte, die Versuche aufzuhören, die kurze Entspannung und Befriedigung nach dem Genuss. All das, was man auch von anderen Süchten kennt, erweitert um Ekel und Selbstvorwürfe.

Es gibt hier viel Potenzial und viele Möglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft sind.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Es sind recht vielseitige Kritiken mit Anregungen und Vorschlägen für eine inhaltliche und stilistische Verbesserung zusammengekommen. Diese muss ich im Einzelnen mit dem Stoff und meiner Intention der Geschichte abwägen. Dies nimmt einige Zeit in Anspruch, weshalb ich hier vorab erst mal auf die Kommentare eingehe, Änderungen in der Geschichte aber erst später und gesamthaft vornehme.

+
Hallo Proof

Du hast da einiges an Textkritik zusammengetragen, das mir auf den ersten Blick angezeigt erscheint, die Passagen stilistisch zu präzisieren. Ich werde dies mit dem Manuskript und den Einwendungen der andern Kommentatoren abgleichen, bemüht das gesamte ins Lot zu bringen.

Klingt wie 'n Witz. Und dann sagt der Schweizer zu dem Kanadier …

Dies entstand unter dem Blickwinkel der heutigen Medienpolitik, dass bei Ereignissen die Nationalitäten offengelegt werden. Hm, ja, für die Geschichte kann man es natürlich als redundant erachten.

Die Geschichte ist spannend und knotet die Fäden richtig zusammen. Den einleitenden Teil würde ich als Zeitungsartikel schreiben,

Das freut mich sehr, dass du die Geschichte als spannend bewertest und den Aufbau stimmig findest. Ich hatte mir bei der Abfassung schon überlegt, die Einleitung als Zeitungsmeldung einzublenden, war dann davon abgewichen, da es mir nicht recht gelingen wollte. Ich werde mich da nochmals daran machen, um es aus dieser Sicht darzustellen.

Vom Verhalten der Personen fand ich es nicht ganz glaubwürdig, dass der Kannibale angesprochen auf sein Treiben quasi sofort zusammenbricht und den kompletten Clou der Geschichte raushaut

Diese Bedenken, der bereits mehrfach aufkamen, sind mir schon nachvollziehbar. Wäre er einer der „Internet-Kannibalen“, müsste sein Charakteristikum ganz anders ausfallen. So aber sehe ich in ihm keinen hartgesottenen Kriminellen, eher einer, der vor seinem Tun selbst hilflos dasteht. Aber ich werde mir nochmals Gedanken machen, ob ich da im Ablauf noch Widerstände durch ihn einfügen kann, die dem makabren Teil noch etwas mehr Gehalt gibt.

Aber ansonsten hat mich die Geschichte echt gepackt, alles wunderbar.

:cool: Das klingt für mich ja direkt wie eine Auszeichnung, die auch durch die nachfolgende Einschränkung sich nicht mindert.

Nur eben wieder dieses Grundsätzliche, das ich glaube ich immer mit deinen Sachen habe. Absolut nichts gegen Horror mit Humor, und hier geht ja die ganze Grundidee eher so ins Schwarz-Groteske (obwohl ich nicht übel Lust hätte, die Story zu reimagen, wie denkfaule Studiobosse das heuer nennen), insofern passt das. Es ist nur wieder ein bisschen zu viel, und für mich ist das dann immer verschenktes Potenzial. Monthy Python ist ja klasse, aber wenn ich's in der Videothek unter Horror finde, frage ich mich schon, was das soll. Auch, wie die Figuren auf das Grauen reagieren, und zwar restlos alle – nämlich im Gegensatz zum Geschichtentitel völlig gelassen und unentsetzt – nee. Man hat fast das Gefühl, der Autor traue sich nicht, den eigenen Stoff ernst zu nehmen.

Ich war der Meinung, hier komme schwarzer Humor nur zwischen den Zeilen durch. Was mich leitete, war eine der inhaltlichen Umgebung angepasste Form zu finden. Aber es muss da schon was dran sein, dass dieser Aspekt derart Anstoss erregt. Die Monthy Python kenne ich nur dem Namen nach, einen Einfluss durch diese kann ich also ausschliessen.


+​

Hallo Rick

ich habe die Geschichte mit Interesse gelesen. Sie baut einen guten Spannungsbogen auf, man will wissen, was da los ist und wohin das ganze führt, wobei die von die erzeugte Vorahnung die Spannung eher noch steigert.

Es freut mich sehr, dass dir die Geschichte Spannung erzeugte, da dies etwas ist, das mir immer schwierig erscheint, wie es beim Leser ankommen mag.

an manchen Stellen aber fehlt mir so ein wenig die Dynamik und Präzision (das eine bedingt ja das andere), und an einigen wenigen Stellen sind mir deine Beschreibungen zu redundant und könnten Kürzungen vertragen, damit der Handlungsablauf dort besser fließt.
Diese Beschreibung [Zitat: Staudemanns toben] hat meiner Ansicht Inhalt für zwei Sätze, und auf die wörtliche Rede würde ich ganz verzichten. Lass einfach einen Menschen toben, der sich normalerweise unter Kontrolle hat. Es geht doch letztendlich nur darum, dass du dem Leser signalisieren willst: Wenn der schon ausrastet, dann ist da aber wirklich etwas richtig Schlimmes passiert! Das könntest du echt entschlacken.

Da muss ich darüber nachdenken. Oft tritt ja der Vorwurf auf, solche Szenen seien nur beschreibend und zeigten die fühlbare Handlung nicht. Es dünkt mich folglich etwas zweischneidig, auf die wörtliche Rede zu verzichten.

Zitat: So unangenehm war es Alice Roessler seit Jahren nicht mehr, ihrem Vorgesetzten gegenüberzutreten. […] So erniedrigt wie damals hatte sie sich noch nie gefühlt.

Diese beiden sehr ähnlichen Aussagen in fast baugleicher Satzbildung auf engsten Raum untergebracht, empfand ich als störend. Dazwischen beschreibst du zu ausführlich. Auch hier lohnt sich die Betrachtung, welche Informationen für den Leser wirklich wichtig sind.

Ja, wenn ich es so fokussiert betrachte, wirkt es nicht elegant und eher suggestiv aufdrängend. Ich werde es sinngebend in einem Satz lösen müssen.

Nun, insgesamt hast du einen ziemlich klassischen Horrorstoff eigenwillig und innovativ behandelt, ein schöner Beweis dafür, dass man dem "Kanibalismus-Klischee" auch neue Seiten abgewinnen kann. Wobei ich den Flugzeugabsturz als augenzwinkernden Hinweis an die Leser werte, eine bewusste Spielerei mit dem Klischee, was mir persönlich sehr gefällt.

Das Lob der innovativen Ausführung freut mich sehr. Für die Ausgangslage des Flugzeugabsturzes hatte ich die Zeitungsmeldung aus anfangs der 70er Jahren im Hinterkopf, die darüber berichtete, die Überlebenden hätten sich von Menschenfleisch ernährt. Dies war diesbezüglich meine einzige Grundlage.

Was mich richtig stört ist die Einleitung, die ist weder Fisch noch Fleisch. Da kann ich nur Proofs Vorschlag unterstützen: Mach daraus eine echte Zeitungsnachricht.

Das werde ich neu aufbereiten.

Deine Geschichte bietet gute Unterhaltung und einen neue Sichtweise auf ein altbekanntes Thema, die durch Kürzungen (besonders in den ersten Absätzen!) und etwas mehr Dynamik noch optimiert werden könnte.

Dass es dem Anspruch an Unterhaltung gerecht wird, befriedigt mich, korrespondiert es doch mit meiner vordringlichen Absicht.


+​

Hallo Purersternenstaub

ich habe mich gefragt, ob das eine Horrorgeschichte ist. Und ich bin zum Schluss gekommen: Ja, ist sie. Aber in deiner Geschichte ist es so, als sitze der Horror in einem Schaukelstuhl hinter dem Leser, als beobachte er den Leser mit schief gelegtem Kopf, leicht zusammengekniffenen Augen, wobei er die Hände vor seinem Kinn an den Fingerspitzen zusammen gelegt hat.
Das ist eine andere Art Horror, als man sie normalerweise antrifft. Verstehst du, was ich meine?

Ich verstehe durchaus, wie du dies meinst. Das Sinnbildliche mit dem Schaukelstuhl hat mich spontan auflachen lassen. Ganz so betulich hatte ich es selbst nicht gesehen. Doch ist es natürlich nicht jener Horror, an dessen einzelnen Buchstaben das Blut noch zähflüssig abtropft. Ich nähere mich in diesen Dingen eher jener Welt an, die das Schaudern eher im leichten Grusel wahrnimmt. Aber dies wurde ja mehrfach kritisiert, sodass ich mich bereits fragte, ob ich mich mit meinen entsprechenden Texten nicht in einem heute literarischen Niemandsland bewege. Auch überlegte ich mir, welche Rubrik solch sachten Schauergeschichten Asyl bieten könnte, doch kam ich zu keinem Ergebnis.
Gestern hatte ich, um das Hintersinnen zu rationalisieren, dann ein neues Stück im Rohbau geschrieben, Anakreons Tod thematisierend. Natürlich nicht meinen, sondern den meines antiken Namensvetters. :D Im Genre Horror wäre dies völlig verfehlt und ich frage mich jetzt schon, ob ich es jemals einbringen werde.

Mir hat es gefallen, jedoch frage ich mich, wie lange dein Staudemann so weitermachen kann. […] Ich denke, das endgültige Auffliegen ist somit nur noch eine Frage der Zeit.

Zweifellos hat da der Professor damit eine Zeitbombe gezündet, als er Abächerli für seine privaten Dienste engagierte, und dies noch mit Nutzungsrecht an den Überbleibseln. Als Analogie zu dieser Fahrlässigkeit sehe ich jedoch, dass es im wissenschaftlichen Betrieb – auch wenn es nicht gern gehört wird -, bewusste Fehlhandlungen und Manipulationen gibt, die nicht einfach Seltenheitswert darstellen. Natürlich sind diese bei Weitem nicht derart, dass man sie ernsthaft unter Horror verbuchen müsste.

Staudemann selbst ist inzwischen zwanghaft zu diesen Aktionen getrieben, da auch er ein ernsthaftes Abwägen unterlässt. Das hatte er zu Beginn seiner Unternehmungen bestimmt nicht, er wird nachlässig.
Aber vielleicht spinn' ich das jetzt unnötig weit in die fiktive Ferne.

Solches ist mitunter einer der Gründe, warum Manipulationen in solchen Bereichen überhaupt auffliegen. Es reizte mich hier, durchaus realistische Züge mit reiner Fiktion zu verknüpfen. Ich habe eben einen realen Fall von Studienfälschung an der gleichen Uni, der sich vor wenigen Jahren im Bereich der Medizin ereignete, gegoogelt. Bis auf einen nebensächlichen Zeitungsartikel dazu sind alle Berichte darüber verschwunden. Andere alte Studien und Berichte dieses ehemaligen Dozenten sind jedoch noch vorhanden. Ich bin ja auch für das Vergessen der alten Sünden, aber in literarischer Form davon eine Scheibe abzuschneiden, scheint mir doch legitim.

An einer Stelle stolpere ich jedes Mal:

Zitat:
«Ich gebe dem Betreffenden eine Stunde Zeit, sich bei mir zu melden. Und Gnade ihm oder ihr Gott, wenn er oder sie es nicht tut.

So was finde ich immer ganz schlimm irgendwie. Dieses krampfhafte Gender-Speak da. Er oder sie, ihm oder ihr ...

Das ist meiner Kompromissbereitschaft zuzuschreiben, auch wenn es mich selbst auch nicht begeistert. Doch ich werde dafür eine andere Lösung suchen, dem Gender-Geist, welcher in staatlichen Instanzen durchaus zelebriert wird, einen Tritt versetzen.

Wenn man mich fragte, was denn typische schweizer Nachnamen seien - ich wüsste keine Antwort. Und ich bin immer hocherfreut, wenn ich eine Geschichte lese, die mir da ein paar Namen präsentiert. Das hat was Exotisches irgendwie.

Ja, ja, die Exotik des Alpenlandes Schweiz, da kann ja höchstens Bayern mithalten. :bib: Aber die gängigsten Namen hier sind in etwa: Meier, Meyer, Müller, Suter und Schmid. Für literarische Stoffe eignen sich natürlich die klangvollen Namen, wobei bei einer Umfrage hier die meisten Bewohner wahrscheinlich Mühe hätten diese aufzuzählen, wie etwa Dällebach, Schällebaum, Stirnimann, Tschirggi, Vögeli oder Zgraggen.


+​

Hallo Jimmy

Also, ich weiß nicht, ob es eine tatsächlich gerne-typische Geschichte ist, aber sie ist auf jeden Fall morbide und gut konstruiert. Sprachlich finde ich die auch schwer in Ordnung. Die Dialoge wirken manchmal etwas überzeichnet, aber das finde ich hier gerade gut, so dieses Kadavergehorsam oder Knochentransfer. Das ist ein schönes Detail, was die Sache abrundet.

Das freut mich sehr, dass die Geschichte bei dir fast vorbehaltlos ankam.

Ich hätte mir vielleicht ein wenig mehr Konflikt gewünscht, Abächerli hat sich zu schnell ergeben, oder aber er hätte leidenschaftlicher darlegen sollen, warum Menschenfleisch nun so wichtig und unverzichtbar für ihn ist.

Es stimmt schon, dass da der Konflikt aufgrund der Wesensart von Abächerli etwas zu kurz kommt. Da schaue ich noch, ob sich auf eine besondere Art und Weise noch etwas einbauen lässt.

Wie gesagt, gerne gelesen.

Das gibt mir doch Auftrieb. Ich freue mich immer, wenn es Lesern gelingt, sich auf die Intention des Autors einzulassen, die eigenen Erwartungen vorab mal zurückzustellen, und dann erst den Gehalt einer Geschichte zu beurteilen. Ich vermute beinah, du hast hier einen solchen Ansatz gewählt.


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Hallo weltenläufer

Liest sich immernoch wie ... unentschlossen, nichts Halbes, nichts Ganzes irgendwie.
Titel findei ch auch nicht passend, denn das Entsetzen bleibt ja aus.

Spontan assoziierte ich da den Filmtitel von Wim Wenders „Angst des Tormanns beim Elfmeter“. Die einten empfanden die Geschichte ja als gespalten, zwischen Krimi und Makabrem. Ich überlege mir mal noch, wie Staudemanns Entsetzen fühlbarer werden könnte, es ist natürlich eine Gefühlslage, die sich individuell ausdrücken kann.

Zitat:
Sie hatte sich auch schon den Kopf über den Verbleib des Toten zermartert.

ach wirklich?
Nee, das ist mir jetzt zu sehr erzählt, eine ungeschickt erzwungene Überleitung um in die Gedanken zu kommen

Es lässt sich durchaus etwas abschwächen. Werde mal sehen, wie es sich in die Gesamtkomposition der Überarbeitung besser fügen lässt.

Zitat:
Sämtliche Kühlfächer waren überprüft worden, nichts, zumindest nicht das besagte Objekt.

umständlich formuliert

Auch da mache ich mir noch Gedanken.

Zitat:
Er schaute sie wortlos an. Diesen unangenehmen, durchdringend wirkenden Blick hatte sie bereits erwartet.
«Ich war es nicht», platzte sie heraus, ihm standhaft in die Augen schauend.
Einen Moment schwieg er. «Das habe ich auch nicht angenommen», bemerkte er dann. «Aber verdammt noch mal, jemand hat es getan. Haben Sie eine Vermutung, wer dies sein könnte? Hat jemand von den andern Mitarbeitern Schulden oder einen auffallenden Lebensstil?»

fett ist doppelt
kursiv - so sprichst du anscheinend , aber die Prots in der kg?

Ja stimmt, Änderung folgt. Ebenso in den nachfolgenden Hinweisen.

dann das Gespräch. Warum diese Ausführlichkeit, habe ich was überlesen? Das braucht es doch für die kg gar nicht?

Ich werte es, auch wenn eine KG auf das Wesentliche konzentriert sein soll, als eine Auflockerung. Doch um dem Gespräch eine tiefere Bedeutung zu verleihen, werde ich noch eine Verknüpfung zu einem eventualen Auftraggeber herstellen. So verlagert sich das Gewicht.

Zitat:
trategisch ist eine solche Überrumpelung noch immer die beste Methode, einen Gegner in die Defensive zu bringen. Möglicherweise begeht er dann einen Fehler und liefert uns ein Indiz.

boah, aus dem Leitfaden doziert

:pah: Mal schauen, ob mir da eine kürzere, elegante Formulierung einfällt.

Hm. Einerseits schon irgendwie stark, weil du da mit den Erwartungen brichst (sind ja hier in Horror und ich wartete schon darauf, wann der Kannibale beschließt, sein Mahl zu erweitern ) Andererseits fand ich es am Ende enttäuschend, weil eigentlich gar nichts passiert ist. Dieser kleine Einschub in der Wohnung, also mir hat das an Spannungsbogen nicht wirklich gereicht. Da müsste es nach meinem Gefühl noch ein bisschen nach oben gehen.
Und anscheinend bin ich der einzige, der die Waffen als Vorsichtsmaßnahme etwas zu übertrieben findet? ALso das kam mir schon etwas überzogen daher, wie die beiden sich da so rasch einig werden (Und der Doc natürlich 2 ! Wummen zuhause hat)
Nee, so ganz rund läuft mir das teil noch nicht. Thema interessant, auch weil du auf den Splatter-Horror verzichtest, aber hier muss noch eine Zuspitzung her und in die Figuren mehr Lebendigkeit. Das war mir zu erklärend, statisch. Konflikte zwischen den dreien gibt es quasi keine. Das wäre aber, wovon die Spannung profitieren könnte.

Der Ausgang der Geschichte löst sich da quasi friedlich, doch impliziert es auch, dass das Makabre seinen weiteren Verlauf nimmt. Für die Handlung in der Wohnung werde ich noch etwas mehr Spannung zu geben.
Die Schweizer und die Militärwaffen sind schon ein sehr realer Punkt. Dieses eingefleischte Wehrdenken entspricht weitgehend ihrer Eigenart. Und in eine Auseinandersetzung mit einem Kriminellen würde auch ich mich nicht ungeschützt begeben, obwohl ich in meinem Leben nie eine Waffe in der Hand hatte.
Dass du das abgehandelte Thema als interessant wertest, gibt mir doch Befriedigung.


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Lieber Asterix

Also, dieses Schwamendingen, ein Sündenpfuhl!
Und da, gleich um die Ecke, liegt unser … äh, ich meine, euer ganzes Geld! O weh, o weh!

Da gibt es einige andere Sündenpfuhle, die noch näher dem schwerpunktmässigen Bankenviertel liegen. Doch sind diese natürlich einem andern horizontalen Gewerbe vorbehalten. :D

Aber es gefällt mir, dieses Netz des Bösen, welches der Erzähler da immer weiter spinnt, bis jeder der Akteure sich darin verfängt, sei es aus Geldgier oder durch Erpressung oder aufgrund traumatischer Erlebnisse.

Das freut mich sehr, dass diese Abwegigkeit der Geschichte deinen Gefallen findet.

Die „Fahndung“ nach dem Täter ist genügend realitätsnah, um auch in der Krimirubrik zu bestehen.

Ha, da hatte ich jetzt deinen vollumfänglichen Widerspruchsgeist erwartet, da dies dein kriminalistisches Faible nicht befriedige. Aber natürlich sind es ja blutige Laien, die sich auf die Suche nach der Leiche begeben.

Ich vermute, trotz einiger krimineller Energie, die er [Abächerli] zur Befriedigung seines Zwanges aufbringen musste, ist er doch von seinem Wesen her kein Krimineller. Ich denke, er war froh, dass er ertappt wurde und daher mit seinem Geständnis übereifrig zur Hand.

Das trifft so zu, eine ungewollte Notlage, in die er da hineingedrängt wurde.

Warum Abächerli nach seinem furchtbaren Erlebnis in den Bergen immer wieder Menschenfleisch essen muss, ist für mich schwer nachzuvollziehen. Vielleicht liegt es daran, dass diese grauenvolle Maßnahme ihm einst das Leben gerettet hat und eine starke Todesangst noch in ihm steckt, die er nur auf diesem Wege besänftigen kann. Oder so ähnlich. Eher kann ich mir vorstellen, so jemand würde in Zukunft auf den Genuss jeglichen Fleisches verzichten.

Die posttraumatische Zwangsstörung, welche bei ihm für diese fiktive Geschichte auftrat – es gibt keine Fallgeschichte, auf die ich mich abstützte -, ist natürlich mit seiner vorgehenden Persönlichkeit vermengt. Sie hat ihren individuellen Charakter, die bei einem andern Traumaopfer eine ganz andere Konstellation erzwingen könnte, etwa einen krankhaften Ekel über Fleisch. Da wäre dann etwa ein Serienmörder, der sich an Metzger hält, denkbar gewesen. Die wenigen Zeitungsinformationen, die ich aufgrund der zwei, drei Fälle der letzten Jahrzehnte im Gedächtnis habe, berichteten nichts über die nachträgliche psychische Befindlichkeit der „Kannibalen“. Ich habe eben mal kurz in einer, der mir zugänglichen fachlichen Datenbanken nachgeschlagen. Es gibt da schon einige Abhandlungen, die dieses Thema mindestens mit einem Stichwort belegen, auch der „Rotenburger Kannibalismus-Fall“ ist da aus psychoanalytischer Sicht vorhanden. Aber alles ist aus theoretischer Sicht, meist verbunden mit sexueller Triebsteuerung und Narzissmus. Dass dieses Thema, das selten auftritt, bis anhin keine eigentliche Forschungsstudie auslöste, ergibt sich schon an der fehlenden Reliabilität. Es fehlt an ausreichenden Vergleichen. Ethno-psychologische Studien nutzen da wenig, da bei den bekannten Stämmen ausserhalb unserer Zivilisation, von einer magischen Denkweise ausgegangen werden muss. Diese haben andere Menschen nicht ihres Fleisches wegen verzehrt.

Eher kann ich mir vorstellen, so jemand würde in Zukunft auf den Genuss jeglichen Fleisches verzichten. Ich konnte, nachdem ich eine Wasserleiche entdeckt hatte, monatelang keine Kohlrouladen anrühren.

So kann es sein, muss aber nicht. Ich kannte einen Polizisten, der hatte Zuhause Fotobände jener Toten, zu deren Tatorte er aufgeboten worden war. Er führte mir diese einst stolz vor, es waren recht scheussliche Szenen dabei. So Erlebnisse können eben ganz verschiedene Reaktionen auslösen. Mich selbst hatte der Umgang mit Toten nicht sonderlich beeinflusst, da ich es auch rationalisierte. Unangenehmer waren mir zwei Fälle von Sterbenden, doch zum Vegetarier machten die mich auch nicht. Aber entscheidend ist wahrscheinlich auch noch, unter welchen Bedingungen man in eine solche Situation kommt und wie man darauf gewappnet ist.

Da die Geschichte unter „Horror“ steht, ist dieser doch fragwürdige Zwang des Abächerli kein Problem.

In der Krimiecke brächte ich dieses Manko jedoch etwa so auf den Punkt:
Dass diese Konstellation mir dennoch glaubhaft erscheint, liegt nicht an der Geschichte, sondern am Autor. Der Autor, also du, lieber Anakreon, würde so was nicht schreiben, wenn es nicht im Bereich des Möglichen läge.
Nur, was ist mit den meisten anderen Lesern?
Und dann würde ich dazu raten, eine knappe Lösung, hinsichtlich des ungewöhnlichen Verhaltens des Täters, in den Text einzuweben.


Es überrascht mich, dass du dies als Manko einstufst. Demgegenüber würde eine präzise Differentialdiagnose stehen, die einiges an fachlicher Komplexität aufweist, mit der ein Laie überhaupt nichts anfangen könnte. Dies dem Leser in verständlicher Form zu erläutern, bedingte eine gewisse Ausführlichkeit. Wenn ich dem eine Kriminalgeschichte mit realen Gegebenheiten gegenüberstelle, kommt die Gutachteraufgabe über den Täter erst dann zum Zug, wenn der Fall gelöst ist, erstreckte sich vorab auf die Zurechnungsfähigkeit und bedingt einen grösseren Zeitrahmen. Vor der Klärung käme da also höchstens hypothetisch ein Verdacht Frage. Von daher sehe ich also keine Unterlassungssünde. Oder verstehe ich da deinen Einwand falsch? Was sich für den Leser noch anbieten könnte, wäre dem Leser Abächerlis Wahrnehmung seiner Zustände zu bieten. Aber selbst da bin ich etwas skeptisch, ob dies ihnen viel gibt. Ich mache mir mal noch Gedanken dazu.


+​

Hallo Bernhard

Der erste Satz kommt mir von hinten herum aufgezäumt vor:

Zitat:
Über die Nachrichtenagenturen verbreitete sich weltweit die Meldung, dass das Flugzeug der Trans-Airlines, welches seit drei Wochen über den Alpen vermisst war, gefunden wurde.

Die wichtigste information kommt zum Schluss: Das drei Wochen vermisste Flugzeug. Der für den Leser irrelevante Part zuerst: Die Nachrichtenagenturen verbreiten eine Meldung: Das ist mir mehrmals aufgefallen

Du hast recht, die Medienleute würden es anders aufzäumen.

Zitat:
Die Rettungsmannschaft entdeckte fünf Überlebende, was als Sensation gesehen wird

Ich nehme an, du wolltest die ersten Zeilen im Stil einer Pressemeldung machen: Dieser Satz fällt da heraus.

Auch hier entspricht es nicht deren Vokabular. Ich werde den ganzen Abschnitt ändern, in eine Zeitungsmeldung, eine kurz vor Redaktionsschluss eingetroffene Meldung aufgreift.

Zitat:
Ich habe zu Hause noch zwei Ordonnanzpistolen aus meiner Zeit im Militärdienst, die wir mitnehmen.

Auch den Satz finde ich sehr umständlich: Warum nicht. Wir nehmen zwei Ordonnantzpistoen mit. Ich habe sie noch aus meiner Zeit ...

Doch klingt weniger verschachtelt.

Zitat:
In dieser Gegend in Schwamendingen gab es noch einige davon, welche ausserhalb der Neubauzonen standen, die den nordöstlichen Stadtteil von Zürich in den letzten dreissig Jahren massiv anwachsen liess.

ich würde den ganzen Satz streichen: Die Information ist für die Geschichte irrelevant

Lokalkolorit … Aber ja, an sich überflüssig.

Zitat:
Wohnzimmer, auf dem Tisch stand ein Gedeck mit Essensresten. Sie hatten ihn beim Abendmahl unterbrochen.

ich möchte das ganz neutral kommentieren: Deine Geschichte ist für mich mehr ein Krimi, als Horror: Ich finde, hier biegst du ab. Mit den Leichenteilen hätte sich ekel und horrormäßig einiges Anfangen lassen

Meine Neigung, selbst Schauerlichem noch einen ästhetischen Touch zu verleihen. In mir sträubt sich da schon etwas, ein blutiges Grauen zu umschreiben. Doch vielleicht bringe ich da zu den Essensresten noch einen kleinen Grusel ein, etwa in dem Sinn: Unter einem Kohlblatt schaute etwas wie ein kleiner Finger hervor. Ich werde da mal darüber schlafen.

Zitat:
Staudemann atmete auf, er erkannte auf den ersten Blick, dass der Körper noch intakt war, nicht zersägt oder angeschnitten.

Auch hier verweigerst du den Horror

Also das war mir schon wichtig, dass Staudemann seine Leiche unbeschadet zurückerhält. Aber vielleicht kann ich ihm ja noch einen heftigen Schreck zufügen, indem er nur den Torso erblickt, da … (Das dann aber erst in der überarbeiteten Geschichte.)

Wie gesagt, es ist keine Wertung nur eine FEststellung, dass du hier eher das Krimigenre gewählt hast.

In meiner Intention war das eigentlich sehr fliessend, doch zugegeben, meine Hemmschwelle zum Gänsehautgrusel bremste mich da schon aus. Na vielleicht besänftigt es die Horrorgemeinde ja noch einmal, wenn ich da noch etwas zulege.

ICh fand die PErsonen glaubwürdig charakterisiert und die GEschichte spannend geschrieben.
Das Abächerli so schnell klein beigibt, finde ich trotzdem schade und hier vergibst du auch bei der lupenreinen Kriminalgeschichte einen höheren Spannungsbogen.
Ansonsten gern gelesen

Das ich dich von der Charakterisierung und von der Spannung her überzeugen konnte freut mich sehr. Ich habe es in einer vorgehenden Antwort schon erwähnt, Abächerli soll noch etwas mehr Widerstandskraft für den Moment erhalten, bis er es nicht mehr durchhält.


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Hallo Berg

zwei Dinge fehlen diesem Text, damit er mich mitreißen könnte: Entsetzen und das zehrende Verlangen, von dem Abächerli am Ende spricht.

Das Entsetzen wurde ja bereits mehrfach angesprochen. Obwohl mir von einem Pathologen mit dem sonst ruhigen Temperament von Staudemann eine unterkühlte Haltung selbst in solchen Momenten nicht unwirklich scheint, werde ich sein Entsetzen auch nochmals unter die Lupe nehmen. Es ist mir da ein Gedanke aufgekommen, wie es selbst bei ihm zu einem derartigen Höhepunkt kommen könnte. Mal schauen, wie ich das hinkriege.

Die Grundidee, das seit "Tod in den Anden" bekannte Szenario um eine Sucht nach Menschenfleisch zu erweitern, finde ich sehr gut.

Das freut mich, dass die Idee an sich durchgehend Bestand hat. Ich war mir da nicht so sicher, da ich die gängigen Themen im Horrorbereich nur rudimentär kenne, und es hätte sein können, dass dies als Peanuts gesehen wird.

Die sterile Sprache und die fehlende Empathie seitens des Autors lassen mich weder Ekel empfinden noch die Beweggründe Abächerlis nachfühlen. Es scheint mir in diesem Text ein grundlegendes Problem der Perspektive zu geben: Du fängst mit Staudemann an und begleitest Staudemann, bis er am Ende Abächerli mit seinem Verdacht konfrontiert. Aber es geht in dem Text um Abächerli, nicht um Staudemann. Beide Hauptfiguren könnten deutlich mehr Persönlichkeit und Natürlichkeit vertragen.

Ich habe die Geschichte auf die distanzierende Ebene der Pathologie geschoben, da dort der Umgang mit Leichen die Normalität ist und diesbezügliche Skrupel, aber auch Ekel, zurücktreten können. Der Leser sollte natürlich nicht die Abgebrühtheit der Figuren besitzen, doch da ging die Rechnung aufgrund fehlender Identifikation so nicht ganz auf. Mal sehen, an welchen Stellen sich da noch was intensivieren lässt.

Es wäre besser, Staudemanns körperliche Reaktionen zu beschreiben: beschleunigten Herzschlag, ein zweites Hinsehen. Stattdessen folgt eine rationale Analyse der Bestandteile. Keine Ahnungen, auch keine Gerüche, keine Erinnerungen, nichts was in die Tiefe geht.

Die reaktive Zuordnung erscheint mir bei einem Pathologen schon angemessen. Doch habe ich im Endspurt wohl selbst etwas die Flucht ergriffen, aus dem Keller. Ich werde diesen Teil mit Abächerli nochmals unter die Lupe nehmen, und auch für Pathologen mehr Unziemliches einbauen.

Die Konfrontation Abächerlis mit dem Verdacht hätte Potenzial für einen guten Dialog voller Konflikt. Stattdessen gesteht Abächerli einfach.

Dies soll dann auch Bestandteil davon werden, wobei ich mir über den Verlauf noch nicht klar bin.

Statt einfach "zehrendes Verlangen" zu schreiben, wäre es besser, zu beschreiben, wie sich das äußert: die Unruhe, wenn er lange kein Menschenfleisch hatte, die Versuche aufzuhören, die kurze Entspannung und Befriedigung nach dem Genuss. All das, was man auch von anderen Süchten kennt, erweitert um Ekel und Selbstvorwürfe.

Hier muss ich mir mal überlegen, ob es sich einfach mit Entzugserscheinungen gleichsetzen lässt. Gewisse Ansätze mögen schon ähnlich auftreten, doch werde ich da in der Fachliteratur nach parallelen Mustern bei Zwangsstörungen forschen. Ein bisschen Fleisch lässt sich da schon noch auf den Knochen geben.


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Ich danke allen für ihre wertvollen Kommentare, die Hinweise und Erwägungen, das Lob und den Tadel, die mir letztlich nicht das Gefühl geben, nun einfach vor einem Scherbenhaufen zu sitzen. :D Nur … die Fülle, welche es nun gilt abzuwägen, vergleichen, zu erweitern oder zu streichen ist erschreckend gross, und dabei möchte ich noch meine Intention der Geschichte bewahren. Ich schreibe es meiner Ruhe zu, dass mich da nicht das nackte Entsetzen packt. Aber das sachte Angehen der Überarbeitung muss nun einige Stunden warten, um erst mal darüber zu schlafen. :sleep:
Doch darf ich zumindest für den Moment rufen, Heureka, ich habe es gefunden, das vorläufige Ende.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Lieber Anakreon!

Was sich für den Leser noch anbieten könnte, wäre dem Leser Abächerlis Wahrnehmung seiner Zustände zu bieten. Aber selbst da bin ich etwas skeptisch, ob dies ihnen viel gibt. Ich mache mir mal noch Gedanken dazu.
Ach was. Würd ich nicht machen, in einer Horrorgeschichte die Gefühlslage des Monsters erklären. ;)

Wäre dieses eine Kriminalgeschichte, würd ich schon gern das Motiv des Täters erfahren. Das ist ja gerade das interessante Element in den Krimis, weil in der Realität, man mag es kaum glauben, das Motiv keine Rolle spielt, wenn, und das ist meist der Fall, die Beweislast ausreichend ist.

Lieben Gruß

Asterix

 

Nojo,

bei Hannibal Rising und Zombies Halloween-Remake ist das in die Hose gegangen. Allerdings ist Aberlächerias auch kein derartiges Böse-Destillat, dass du Angst haben müsstest, ihn mit Infos über sein Seelenleben zu entzaubern. Psycho wird ja auch nicht weniger schockig, weil Norman Bates am Ende wie ein armes Würstchen dasteht. Fast schon im Gegenteil. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Geschichte mit einer Erklärung gewinnt. Vor allem auch, weil ich es bei längerem Nachdenken rein küchenpsychologisch gefühlt eher als logisch erachte, dass jemand zum Vegetarier wird, weil er mal gezwungen war, Menschenfleisch zu essen.

 

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