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Sonnenglut

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18.08.2002
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Sonnenglut

Dritte, überarbeitete Fassung

Ich blickte auf eine Großstadtstraße herab. Links und rechts ragten Wolkenkratzer empor. Die Autos tief unter mir glichen Spielzeug, und auf den breiten Gehwegen wuselten Menschen aneinander vorbei, klein wie Punkte. - Doch dann wurde alles größer und größer, und der Traum, der hatte ein Ende.

Verwundert setzte ich mich auf und schaute um mich. Wahrhaftig, ich befand mich in der Wüste, ein leidlich ungünstiger Platz zum Schlafen. In alle Richtungen erstreckte sich harte, aufgerissene Erde und es wuchs kein einziger Grashalm weit und breit. Wie konnte ich hier nur geschlafen haben?

Fassungslos richtete ich mich auf. Dabei erblickte ich ein Schild, welches hoch aufragte. Ich stand in der Mitte seines Schattens. Um die Haltbarkeit der Beschriftung hatte man sich offenbar nicht sonderlich gekümmert. Sie sah ganz mitgenommen aus, sodass nur noch der mittlere Teil halbwegs lesbar war:


...ommen in St. R...


So ging ich auf die Straße, die sich ein paar Meter entfernt an mir vorbeischlängelte, und machte mich auf den Weg nach "St. R", was auch immer das hieß und was mich dort erwarten würde. Am Horizont waren die grauen Silhouetten einer Stadt zu erkennen, schemenhaft flirrend in der heißen Luft.

Auf meinem Weg, der immer mühsamer wurde, versuchte ich die Gedanken zu ordnen. Immer wieder drifteten sie ab zum Traumerlebnis und kehrten zurück, um gegen eine Mauer aus Fragen zu prallen. Wo bin ich hier, und wie konnte ich mich hierher verirrt haben? Was ist das für eine Stadt vor mir in der Ferne? Und wo...- War ich überhaupt eingeschlafen?

Ich hielt an und schluckte. Vor mir lag die Stadt. Tot, verlassen. Große Hochhausruinen starrten auf mich nieder. Unzählige Schutthaufen umsäumten berußte Mauerreste und in der Luft lag ein beißender Modergeruch.
Ich war kaum weitergegangen, da ließ mich ein sehr seltsames Geräusch, ein metallisches Klimpern herumfahren. Schon bereute ich bis in die Knochen, hierher gelangt zu sein.

Mein Rückweg war abgeschnitten, und ich gefangen! Ein Schauer perlte mir den Rücken hinab, als ich sah, wie die Straße, die ich gekommen war, sich nicht etwa in der Wüste verlor, sondern nur in weiteren, verlassenen Gemäuern. Nirgends lugte ein Stück rissige Erde hervor, die Welt schien nur noch aus Beton zu bestehen.

Das Herz raste. Mit zitternder Hand wischte ich mir den Schweiß aus dem Gesicht. Ich rannte ungläubig vorwärts, schaute in alle Richtungen, doch je weiter ich lief, desto mehr offenbarte sich mein Schicksal.

***​

Irgendwann fand die Straße ein Ende, und ein Querläufer kreuzte sie. Ein Wegweiser stand direkt vor mir. Die Straße hatte eigenartigerweise zwei Namen: Nach rechts hieß sie Krafthandstraße, nach links jedoch Chaussee der offenen Türen.

Kurzerhand entschied ich mich für links, in der Hoffnung auf einen Weg hinaus.

Auf der Wanderung durch diese drückende Einöde nahm ich nur zu gut wahr, wie die Beine immer schwerer wurden und meine Hoffnung allmählich schwand. Das schmutzige Grau der Mauern, der Gestank und die Höllenhitze schienen sich allesamt gegen mich verschworen zu haben. Lange halte ich das nicht mehr aus!, sagte ich mir, raffte aber noch einmal alle Kraft zusammen.

Einmal spannte sich eine Brücke über den Weg. Unter ihr stehend rief ich laut "Hallo?", wenn auch nur, um der aufkommenden Angst etwas entgegen zu setzen. Das Echo sollte die Stimme beflügeln, sie hinaus in die Wirklichkeit tragen. Das Hallo aber wurde verschlungen von der dumpfen, moordicken Stille.

Zu meiner Überraschung entdeckte ich am anderen Ende der Unterführung eine Geldbörse, die ich sogleich aufhob und öffnete. Das Leder fühlte sich ganz hart und spröde an; es musste also schon einige Zeit her sein, dass jemand sie verloren hat.
Im Sichtfach steckte der Ausweis. Doch das Passfoto war bereits so verblasst, dass nur noch ein dunkler Haarschopf auszumachen war. Seltsamerweise waren alle Felder leer, weder den Namen des Inhabers, noch seine anderen Daten durfte ich erfahren.

Unter dem Ausweis, den ich aus der Lasche gezogen hatte, befand sich ein Foto, das eine achtköpfige Familie zeigte - diesmal mit kräftigen Farben und in schneidender Schärfe. In der Mitte saß ein Ehepaar auf einer Gartenbank, die Frau daneben war wohl eine Tante oder Cousine. Hinter ihnen standen die Großeltern, und vor ihnen kauerten die drei Kinder auf dem Boden.

Plötzlich löste sich der Verschlussknopf des Münzbeutels, woraufhin das darin befindliche Geld klimpernd zu Boden fiel. Aber was ...? Ein richtiger Goldregen prasselte auf meine Füße und wollte nicht enden. Fassungslos starrte ich abwechselnd auf diesen rasselnden Münzenfall und auf das Portemonnaie, das diese Metallmasse doch niemals hätte fassen können. Erst als meine Beine bis zu den Knien unter dem Geld begraben waren, fiel der letzte Taler auf den Haufen, rollte hinunter und legte sich auf die Seite. Vollkommen verblüfft stieg ich aus dem Münzberg, aber mein Blick haftete an diesem wie angeklebt.

Schließlich bückte ich mich und las den Ausreißer auf. Seine Kopfseite zeigte nicht etwa den Kopf einer berühmten Persönlichkeit, sondern denselben gesichtslosen Haarschopf wie das Lichtbild. Die Zahlseite war jedoch vollkommen blank. Trotzdem hielt sie den Blick auf eine merkwürdige Art fest. - Ein gelber Glanz, ein goldener Schimmer, erst ganz klein, wurde größer, und allmählich entwickelte er sich zu schnellen Bildern...

Der Schimmer verschärft sich zu Münzen. Zu Tausenden stürzen sie vom Fließband in einen Bottich. Der Behälter verwandelt sich sogleich in ein Bankgebäude. Gestürmt wird er, von Schwarzmaskierten. Schüsse fallen. Sie haben plötzlich Säcke in der Hand, steigen über Menschen, die leblos auf dem Boden liegen. Dann ein Raum, gedämpft beleuchtet. Ein Mann in grauem Anzug und mit dunkler Brille öffnet einen Koffer, voll mit blauen Banknoten. Auf diese rast mein Blick hinzu, in sie hinein, und düst über das Meer. Das Wasser verdunkelt sich. Wird schwarz und zäh. Der Blick stößt an eine rostige Schiffswand, fährt darüber hinweg, zeigt einen Strand, übersät mit schwarzen, toten Häufchen. Hinter der Küste brennt es. Vom Wind zerrissene Flammen lecken gierig an den Stämmen von Urwaldriesen. Dann sehe ich ein dünnes Gesichtchen mit abfallenden Mundwinkeln, fahle Augen in tiefen Höhlen blicken in eine Schüssel. Eine leere Schüssel ist es, doch dann wird sie zu einem reich gefüllten Teller, von dem sich fettige Finger bedienen. Im Raum sitzen viele Menschen, geblendet von gleißendem Strahlerlicht. Sie stieren alle zu einem Punkt hinauf, eine nackte Tänzerin, die sich verführerisch um die Stange windet. Dann trägt die Dame plötzlich Kleider, sitzt auf einem Stuhl, und hält ein Geldstück in der Hand. Lächelnd streckt sie es einer kleinen Hand entgegen. Die Eins auf der Münze glänzt...

...silbern in meiner Hand.
Die Gefühle mischten sich so durcheinander, ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Dann doch etwas angewidert, warf ich das Geldstück auf den Haufen der anderen zurück und verließ eilig den Ort.

***​

Jegliche Hoffnung, eine andere Farbe als Grau in dieser Stadt zu erblicken, hatte sich längst verflüchtigt. Ich glaubte schon mein ganzes Selbst ergraut und verstaubt, allen Lebens beraubt. Ich untersuchte die Hände: Es war wahrhaftig schon eine deutliche Gräue auf ihnen zu entdecken. Grau war auch das Gemüt, träge zog ich die grauen Füße einen nach dem anderen nach vorn.
Einzig der Himmel war blau, und treu hielt er zu mir.

Die Straße gabelte sich bald, und ein weiterer Wegweiser stellte mich vor die Wahl: Der Ausläufer nach rechts hieß Waagfragstraße, der nach links Seligenfreud. Die Straßen hatten hier wohl alle so ungewöhnliche Namen.

Ich spürte, wie es mich wieder nach links zog. Zögernd warf ich noch einen Blick nach rechts. Dort gab es jedoch nichts, was eine Überlegung rechtfertigen würde: Rechts wie links grau, wie Katzen in der Nacht.

So setzte ich endlich meinen Fuß linkswärts. Irgendwann und irgendwo würde ich schon einen Ausweg finden. In demselben Moment, wie diese Hoffnung wieder aufblühte, meldete sich ein sehr sonderbares Gefühl, für welches wohl die drückende Hitze verantwortlich war: In dieser Stadt heimisch zu sein, auf eine gewisse Art mit ihr verbunden.

Plötzlich hörte ich jemanden neben mir hässlich laut lachen. Als ich hinsah, war da aber nur eine jämmerliche, halbwegs freie Fläche. Sie war wohl einmal ein Spielplatz gewesen: Eine heruntergerissene Wippe, ein rostiges Klettergerüst, und zwei Stahlfedern, deren Reitaufsätze im Sand lagen. Doch als ich ein paar Meter weiter gegangen war, gellte dieses hämische Gelächter zum zweiten Mal. Bewegungen bemerkte ich aus dem Augenwinkel. Ich hielt abrupt inne und blickte dann, um nicht wieder auf eine lächerliche Sinnestäuschung hereinzufallen, ganz langsam und bedächtig zurück.

Wie ein Blitz raste der Schrecken durch meinen Körper. Dort, wo doch eben niemand war, standen jetzt zwei Kinder. Aber ihre Haut war fahl durchscheinend und blass wie der Tod; ihre Augen waren ganz und gar schwarz und mit fieberhaftem Glanz benetzt. Am Klettergerüst standen sie sich gegenüber; zwischen ihnen hing ein drittes, kleineres Kind kopfüber mit einem Strick an eine Querstange gebunden. Seine leeren, graugläsernen Augen starrten ins Nichts; aus seinem Mund troff schwarzes Blut.

Da stehen sie nun, bewegungslos, und grinsen mich an. Schließlich rufen sie langsam, und mit heiserer, aber durchdringender Stimme:

"... Komm, ..."

"und sei unser Gefährte, ..."

"spiel mit das Spiel, ..."

"... das das Gute uns bescherte ..."


Noch ehe ich mich aus der Starre lösen konnte, war die Erscheinung verschwunden. Blindlings machte ich einen Satz nach vorn und türmte wie vor wütenden Hornissen.

Wie lange ich schon lief, als die Panik langsam abklang und mit ihr die Stimme, die im Kopf noch nachwirkte, wusste ich nicht.
Die Umgebung hatte sich nicht verändert: Soweit das Auge reichte, fand es traurige Betonbauten mit zerschlagenen Fenstern, verfallene Steinmauern und teils haushohe Haufen von Schutt und Staub. Meine Augen brannten und die Lunge schmerzte. Atemlos hielt ich an, stützte die Hände in die Knie und spuckte mehrmals aus.

Und vor meinem inneren Auge blitzte etwas auf: Das Familienfoto. - Nein, dieser abscheuliche Gedanke gehörte verworfen; diese Kinder waren es nicht, ganz bestimmt nicht, sie sahen ganz anders aus.

Oder - etwa - ...doch?

***​

Beinahe hatte ich es erwartet, da war auch dieser Weg zu Ende und eine neue Entscheidung stand an. Der Wegweiser nannte den Weg nach links Straße zur Wahrheit und den rechten Häftlingsrückkehr.

Ich bog nach links ein. Mir kam der Einfall, die Schritte zu zählen, denn ich musste etwas tun, damit mich am Ende nicht die farblose Eintönigkeit und Verlassenheit überwältigt.

Beim zwölften Schritt hielt ich inne. Wie eine Erleuchtung erschien der Gedanke, warum ich, der nichts als aus dieser Stadt hinaus wollte, doch nur immer weiter hinein irrte. Ich habe mich bisher immer von den schönen Straßennamen blenden lassen, habe die Entscheidungen an Lügen gemessen anstatt meinen innersten Willen, das Herz zu fragen. Bin stets nach links gegangen -, die rechtige Seite habe ich verschmäht...

Schließlich schritt ich zurück und zählte: "Dreizehn".

Beim hundertzweiundsechzigsten Schritt hielt ich an und rieb mir die Augen. Es musste sich auch hierbei wieder um eine Täuschung handeln; wenn doch nur diese Hitze nicht wäre!
Die Stadt, eben noch zerfallen, seit Urzeiten vergessen, war nun zu neuem Leben erwacht. Ich stand am Tor zu einem recht weitläufigen Platz und staunte des Treibens, das auf ihm herrschte. An den Wänden der angrenzenden Häuser hingen die verschiedensten Formen von Girlanden, Lametta und bunten Lampen. Die Menschen wandelten lachend Hand in Hand umher, tanzten in grenzenferner Harmonie zu einer alles überwindenden, hochmelodiösen Musik. Sie verloren sich selbst, waren eins.

Mit dem Handrücken wischte ich mir über die Augen, die bereits feucht waren.

Ihre Masken, ihre Kostüme schillerten in allen Farben des Regenbogens, und ich ertappte mich bei dem Wunsch, mit ihnen zu feiern, in Glückseligkeit zu ertrinken und mit Schäfchenwolken Fußball zu spielen.

Es war ein willkommener Lohn für... Ach, das zählte sowieso nicht mehr; Klänge, Licht und Formen, kommt heim zu mir, ich will euch genießen, will euch verschlingen! Oh, feiert die neue Selbstfreiheit, lobpreiset die schöne Weltfreiheit, alle Fesseln der Vergangenheit!

Sie sprangen um den Brunnen herum, Männer, Frauen und Kinder, sie sangen Endorphina in allen möglichen Tönen, dieses Wort nur konnte beschreiben, was sie empfanden. Immer höher und kreischender beschwor man damit den Zutritt zu anderem Bewusstsein. Schließlich wuchs eine schillernde Fontäne aus dem Brunnen, und die Extase erreichte ohrenbetäubende Sphären, als ob alles nur danach gelechzt hätte.

Nun erst dämmerte mir, warum ich bisher gezögert hatte, teilzunehmen und mich dieser Wonne hinzugeben. Zuerst freute ich mich darüber. Die Freude aber währte nur kurz, verwandelte sich bald in Mitleid. Mitleid für diese Menschen, die auf einen Schlag all ihre Vorfreude eingelöst hatten. Wie sie badeten und planschten in ihrem Wasser der Freude, des Lebens, der Freiheit oder was auch immer, wie sie von der Unwirklichkeit förmlich erobert werden, sich aus dem Wasser erheben, zum Himmel empor, wo sie langsam, gleich Seifenblasen, zergingen...

Ich taumelte aus dem Tor hinaus, wahrlich übel war mir von diesem Anblick geworden. Ich hörte noch immer die Betrogenen klagen und weinen, ihre Schreie, in meinen Ohren verdichtet zu einem einzigen, quälend pfeifenden Ton, eine Schwingung, welche sich bald auftürmte zu einer Woge des Wahnsinns. Mit feuriger Wut raste sie auf mich zu und verbrannte meinen Verstand zu einem Häuflein Asche. Ich schrie. Helle Panik peitschte mich unerbittlich vorwärts, strikt geradeaus. Dabei kniff ich die Augen zu, beugte mich der Stadt, die mich nun gefügig gemacht hatte wie einen Drillsoldaten. Tausende Mal schlug ich auf den Boden hin, riss mir an dem körnig brüchigen Asphalt die Knie auf, wimmerte verzweifelt. Ich stand auf und rannte weiter, immer und immer wieder, schien dennoch nicht vom Fleck zu kommen.

Wer hat mich nur in dieses gottverdammte, abirdische Verlies gezwungen? Was habe ich demjenigen angetan? Was musste ich gar für ein Tyrann gewesen sein...

Ich stolperte und übergab mich der Schwerkraft vollends. So lag ich eine Zeit lang still auf dem Erdboden.

***​

Nun schien alles vorbei zu sein. Die Hitze war verschwunden, die Luft frisch; ich lag in kühlem Schatten und spürte, wie meine Kräfte zurückkehrten.
Doch wovon stammte der Schatten? Ich hob den Kopf und entdeckte, rechts und links vor mir sitzend, zwei riesige Sphinxen. Sie blickten forschend auf mich nieder. Langsam, stets die Sphinxen im Blick behaltend, stand ich auf und strich mir den Schmutz von der geschundenen Kleidung.

Die linke Sphinx trug jenen Kopf mit dem Haarschopf, den ich auf der Münze gesehen hatte, diesmal aber mit einem deutlichen und scharfen Gesicht. Das der rechten, umrahmt von der roten Sonne, welche schon tief am Himmel stand, kam mir ebenfalls bekannt vor, wenn ich auch nicht wusste woher. Und mitten in diesem Dreieck, das durch mich, den rechten und den linken Löwenkörper gebildet wurde, lag das Springbrunnbecken, welches ich noch in lebhafter Erinnerung behalten hatte. Diesmal hatte es keine Fontäne, das Wasser in ihm war spiegelklar.

Ich drehte mich um; hinten am Horizont erhoben sich die Silhouetten der Stadt. "Diese Stadt da in der Ferne," - ich zögerte - "...wie heißt sie?"
Ganz früher, ich kann mich noch schwach daran erinnern, hatte ich in einem Buch gelesen, dass Sphinxen sprechen können. Das wollte ich ausprobieren.

"Diese Stadt heißt: Saint Richard!", sprach die rechte in tiefer Stimme, die den Boden erzittern ließ.

"Ich ... Ich komme von dort!", stotterte ich.

"Du siehst, wir können uns nicht mehr bewegen", sagte sie, nun sanfter. "Bitte sage uns: Wie sieht es da aus?"

Die andere Sphinx durchbohrte mich mit prüfendem Blick. Ich erzählte ihnen von der Stadt und von meinen schrecklichen Erlebnissen dort. Als der Bericht zu Ende war, herrschte lange Zeit tiefe Stille.

Schließlich sagte die rechte: "Nun weißt du vielleicht, wie du gelebt hast..."

Erst fragte ich mich, was sie damit sagen wollte, doch dann stand ich da wie vor den Kopf geschlagen. Ich war es, ich war Richard. Als ehemals zweitmächtigster Mann der Welt, an der Spitze eines Weltkonzerns, der Internationalen Körperschaft für Lebensplanung, organisierte ich das Leben von siebeneinhalb Milliarden Erdenbürgern. War nie um Mittel verlegen, sie zu konditionieren, zu manipulieren, zu kontrollieren, während ich ihnen stets ein glückliches Leben in Frieden und Reichtum versicherte, sie eigentlich aber aussaugte. Doch ich war viel zu erhaben über alle, so auch über meinen Konkurrenten, so dass er mich allmählich ruinierte und ich tiefer und tiefer fiel, bis ich weder aus noch ein wusste...

Da zwinkerte mir die linke Sphinx zu und lächelte; die Gesichter waren offenbar das einzig Lebendige an den versteinerten Körpern.
"Noch ist nicht alles entschieden," sagte sie, "du bist sehr mächtig und kannst dein Leben fortführen."

"Es kommt eben darauf an, wie!", empörte sich die Rechte. Und zu mir gewandt: "Du musst dich wohl oder übel entscheiden, welche Tür du nimmst."

Inzwischen hatte ich die Pforten auf der Brust der beiden Sphinxen gesehen.

"Aber bitte schnell! Dein Leben kann schließlich nicht ewig aufrecht erhalten werden!" sagte die Linke.

"Das ist Unsinn! Sieh zuerst einmal in den Brunnen dort."

Zögernd trat ich an den Brunnen heran und beugte mich über das Wasser. Erst sah ich nur meinen Kopf, der aber sogleich verschwamm, und ein anderer Kopf erschien. Dessen Anblick jedoch verengte mir die Kehle: Deborah. Die rotbraunen Locken fielen auf die Schultern meiner einstigen Geliebten und auf ihr schwarzes Seidenkleid. Tränen rannen über ihr Gesicht und verwuschen die Schminke, die die Narbe an der Unterlippe verdecken sollte.

Dass ich deinem schönen Antlitz jemals etwas antun konnte...

Doch dann verjüngte es sich, fing zu strahlen an und entfernte sich, und plötzlich hatte ich dasselbe Bild vor Augen, das ich unter der Brücke in den Händen gehalten hatte. Aber damit packte mich auch die lähmende Gewissheit, dass... Das Gesicht hinter den Händen vergraben, drehte ich mich weg. Nein, das war doch unmöglich, das durfte nicht sein! Ich atmete tief ein und wandte mich wieder dem klaren Nass zu.

Jetzt sah ich Zeitungsblätter, die mir mit ihren Schlagzeilen entgegen flatterten.

"Kritischer Künstler eröffnet Ausstellung" ... "Interview mit einem Neu-Denker" ... "Neue Worte für Neue Dinge" ... "Neue Partei gegründet" ... "Revolutionär vor Friedensgericht" ... "Richard entschuldigt sich"

Und ein anderes Blatt schließlich zeigte ein Foto von mir. Die rechte Sphinx stellte also mich dar, als oder bevor ich die erste Sprosse der Karriere erklomm.

"Ich gebe ja zu, dass du ein paar Fehler gemacht hast," sagte schließlich die linke. "Aber die Macht ist geduldig. Besinn dich doch, um Himmels Willen, was du geschafft hattest. Von ganz unten nach gaaanz oben. Bist den anderen weit voraus gewesen. Bis dann dieses ..., dieses ..., dieser Heuchler kam und deine Pläne zunichte machte. Ich schlage vor, du räumst deinen Weg frei, du verstehst?", und nach einer kleinen Pause fügte sie in flüsterndem Ton hinzu: "Diesmal wird es dir gelingen, jaaa, es musssss vollends gelingen. Du brauchst nur ein bisschen Selbstvertrauen haben. Und vor allem musst du an dich glauben, musst nur an dich glauben!"

Wartende Stille.

"Ja!", sagte ich schließlich. "Ich glaube an mich. Du hast Recht. Ich habe mich entschieden."

Ich ging der Sphinx entgegen - meiner Sphinx; das Lächeln der Anderen verblasste. Als ich an der Pforte stand, war deren Gesicht gar bemitleidenswert.
Ich drückte die Klinke. In diesem Moment ließ sie, tief aus der Kehle, ein Seufzen vernehmen, welches bald in wummerndes Grollen überging. Risse zerspalteten ihr Gesicht, die Brust und die mächtigen Vordertatzen. Krachend barst der gesamte Vorderbau und wirbelte eine dichte Staubwolke auf.
Diese verwehte allmählich und gab den Blick in das Innere frei. Ich nickte traurig beim Anblick des unförmigen, blutroten 'R' auf dem Grabstein, dort in der Mitte des Raumes.

Mein Gesicht war wie versteinert. Erschauern. Für eine Sekunde oder zwei hätte ich wahrhaftig den falschen Weg beschritten.

Als ich über die Schwelle trat, war da kein Boden mehr - ich stürzte in schwarze Tiefe. Oder nein: schwebte. Behaglich warmer Wind strich über meine Haut. Und bald vernahm ich aus weiter Ferne, aber immer näher kommend, einen zarten, gleichmäßig wiederkehrenden Piepton.

Es war das Kontrollsignal der Krankenbettapparatur.

[highlight]Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE (s. Profil)[/highlight]​

 

Hallo floh,

Deine Geschichte erinnert mich sehr an Phantasie- Stories. Welche philosophische Idee wolltest Du vermitteln? Die Wahl von gut und böse klingt zwar an, wird aber nur pauschal (links – rechts – Wahlmöglichkeit) abgehandelt.
Im Text sind leider etliche Schönheitsfehler, z.B. sollte es wohl heißen:

In alle Richtungen, erhob ich mich (richtete ich mich auf),
ging ich auf der Straße entlang,
Silhouetten,
Und wo – bin (irgendwo? Ist das Wort nötig?),
Weg hinaus aus der Stadt, der Verlust mußte also schon ...,
ein dunkler Haarschopf,
doch niemals hätte halten können , einem reich gedeckten Teller (mit Speisen beladenem), das die Menschen blendet, einer nackten Tänzerin, um eine Stange. ... ...

Was ist Gestädt ?
Es ist schade, wenn die recht gut nachvollziehbare Schilderung der Eindrücke durch solche Fehler zerstört wird.
Bis dann ...

tschüß... Woltochinon

 
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Hallo Woltochinon,

Erstmal vielen Dank für deine Kritik.

Deine Geschichte erinnert mich sehr an Phantasie- Stories. Welche philosophische Idee wolltest Du vermitteln? Die Wahl von gut und böse klingt zwar an, wird aber nur pauschal (links � rechts � Wahlmöglichkeit) abgehandelt.

Die Assoziation ist an sich korrekt; ich hab lange umher und herum gerätselt, ob ich sie nach 'Fantasy/Märchen' oder 'Philosophie' stecke. Na ja, der beträchtliche implizite philosophische Anteil hat dann doch den Ausschlag (???) für meine Wahl gegeben. Die philosophische Grundidee war die Langbeinigkeit der Lüge, und ich finde es ein bissl blöd das jetzt so ausposaunen zu müssen.
Mir schoss durch den Kopf, warum ich, der verbissen aus dieser Stadt heraus wollte, doch nur immer weiter hinein zu irren schien. Ich habe mich bisher immer von den schönen Straßennamen blenden lassen, habe meine Entscheidungen an Lügen gemessen anstatt meinen innersten Willen, mein Herz zu fragen. Bin stets nach links gegangen -, und habe die rechtige Seite verschmäht...

Die Lüge ist es IMHO, was unsere Menschen Welt seit jeher umgarnt, uns in klebrigen Fäden gefangen hält und in immer schwärzere Abgründe reißt. Was wir dafür bekommen: nichts als süßen Saft.
Und diese Idee zieht sich durch den ganzen Text. Vielleicht ja zu versteckt, war ja auch mein erster Versuch.

Und nicht nur das habe ich in diesem Text verarbeitet, sondern noch viele andere Ideen. Was du liest, sollte eigentlich nur die Spitze des Eisberges sein, der Rest war zum Zwischen-den-Zeilen-lesen.

Zu den 'Schönheitsfehlern' ist zu sagen, dass ich manche als kleine stilistische Besonderheiten ansah, z.B. das "Gegen alle Richtungen". Diese Formulierung finde ich sehr schön und v.a. logischer, ich habe sie aus Seghers' Siebtes Kreuz. Doch andererseits hast du Recht, als Anfänger sollte ich nicht zweischneidige Schwerter führen. Sie sind und bleiben den Meistern vorbehalten (Allerdings hat jeder Meister einmal mit solchen Fehlern begonnen). Nun, lRkS, ich werde sie korrigieren.


FLoH.

 

Hallo Floh,

wenn Du die ` stilistischen Besonderheiten´ sehr wichtig findest (sie können ja auch Ausdruck von Kreativität sein), dann behalte sie bei, Du nimmst dann halt eventuell eine geringere gute Lesbarkeit Deiner Geschichten in Kauf.
Außerdem gebe ich Dir völlig recht, Fehler sind ein Teil vom Lernprozeß.
Das Thema `Lüge´ gehört als Unterkapitel in die philosophische Sparte `Moral´ , also ist die Rubrik nicht falsch gewählt. Dein Anliegen über Lüge zu reflektieren wäre deutlicher geworden, wenn z.B. ein Gegenspieler zu dem in Lügen verfangenen Protagonisten aufgetreten wäre. Man müßte dann nicht so viel „zwischen den Zeilen“ lesen.
Weiterhin viel Spaß,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

So nun habe ich die Geschichte noch mal überarbeitet ins Forum gestellt. Viele der von dir angesprochenen Fehler habe ich behoben, andere wieder nicht, und wieder andere Korrekturen stammen von den Lesern meiner Familie.

Apropos Gestädt: Einsilbige Dingwörter können durch die Anfügung der Vorsilbe Ge- (+Wechsel des Stammvokals) sprachlich verstofflicht werden, beispielsweise: Gebälk <= Balken. Grundwort in meinem Fall ist "Stadt". Du willst mir doch nicht weismachen, dass Du das nicht gewusst hast. Ursprünglich hatte ich ja "Stadtgefilde" genommen, aber was hat eine Stadt schon mit Feldern zu tun.

Den Krankenhausteil am Ende der Geschichte habe ich gestrichen. Er war das Produkt meiner Ungeduld und der Tendenz zum Kitsch (ich sollte aufhören, beim Schreiben Musik zu hören). Dafür habe ich den zum Schluss umfunktionierten Absatz stark pointiert. Ich hoffe, das ist mir gelungen.

Tschüß, FLoH

 

Hallo FloH,

die Vorsilbe „Ge“ ist halt, obwohl möglich, bei diesem Begriff unüblich und mir deshalb aufgefallen. (Womit wir wieder bei den stilistischen Besonderheiten wären). Es gibt ja auch den Unhold, doch wer spricht von einem Hold?
Der Schluß ist jetzt wirklich besser, ich bin auf Deine nächste Story gespannt.

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo floh!

Habe Deine Geschichte jetzt einmal gelesen und sie hat mir sehr gut gefallen - meine Kritik dazu kommt, sobald ich wieder ausgeschlafen bin.
Ich poste das nur mal schnell, damit ich sie dann leichter wiederfinde, lege sie mir sozusagen griffbereit zu den heutigen Beiträgen. :D ;)

Liebe Grüße,
Susi

 

Ui, da bin ich aber froh, dass du Dir gerade diese Geschichte ausgewählt hast :) Mit ca. 10 Wochen geistiger und schreiblicher Arbeit ist sie bis jetzt mein persönlicher Favorit unter meinen 4 Kindeken (Rabenvater, der eines bevorzugt :) ).

FLoH.

 

Hallo Floh!

Also Deine Geschichte hat mich auch beim nochmaligen Lesen wirklich beeindruckt. Daß da eine Menge Arbeit drinsteckt, glaub ich Dir gern.
Und vonwegen Rabenvater: Ich behandle auch manche meiner Geschichten richtig stiefmütterlich... ;)

Du hast einige Stationen, oder besser Eindrücke, im Leben Deines Protagonisten verdammt gut in Worte gekleidet und man muß das alles glaub ich mehrmals lesen, um wirklich alles erfassen zu können.

Leicht ist natürlich das gesichtslose Foto, aber gerade so Stellen, wie das mit dem Münzberg gefallen mir besonders gut. Am besten gefällt mir aber die Stelle mit der Schüssel:

Dann sehe ich ein dünnes Gesichtchen mit abfallenden Mundwinkeln, fahle Augen in tiefen Höhlen. Sie sehen auf eine Schüssel, eine leere Schüssel, doch dann wird sie zu einem reich gefüllten Teller, von dem sich fettige Finger bedienen.
Da sah ich richtig den Kameraschwenk vor mir, von den Augen, in die Schüssel, deren Inhalt sich verändert und dann diese Finger, wie sie alles in einen übergewichtigen Körper stopfen.

Worunter ich mir nichts vorstellen kann, ist die Krafthandstraße. Was hätte ihn dort erwartet?

So, jetzt aber zu meinen Anmerkungen... ;) (Alles in der Reihenfolge des Vorkommens)

"der richtige Ort für Schlaf suchende."
- Schlaf Suchende oder Schlafsuchende

"hoch zu mir auf ragte."
- "aufragte" fände ich besser, ist aber beides möglich

"so dass"
- findest Du es nicht auch schöner, wenn es zusammengeschrieben ist? Es ist nämlich beides erlaubt (sagst Du es getrennt?)... "sodass"

"was auch immer das hieß und was mich dort erwarten würde."
- Ich würde "auch immer" ebenfalls wiederholen, klingt find ich besser, auch wenn es eine Wiederholung ist... "was auch immer das hieß und was auch immer mich dort erwarten würde."

"gegen eine Mauer von Fragen zu prallen."
- heißt es nicht eine Mauer aus Fragen?

"Und wo - War ich überhaupt..."
- Und wo - war ich...

"berußte Mauerreste, und in der Luft lag..."
- ohne Beistrich

"Dann rannte ich ungläubig vorwärts, schaute um mich, doch je weiter ich lief, desto furchtbarer erschien mir das Schicksal. Aber dann fand die Straße..."
- eliminiere doch bitte zumindest eines... ;)

"von dumpfer alles verschlingenden Stille"
- verschlingender Stille

"weder der Namen des Inhabers, noch seine Daten wurden eingetragen."
- der Name (ohne n)
- meiner Meinung nach müßte es "waren eingetragen" heißen, aber mit den Zeiten kennen sich andere besser aus, zum Beispiel Anna. Schreib ihr, wenn Du willst, ein PM und frag sie, Du findest sie ganz oben unter "kg.de-Team". ;)

"Plötzlich löste sich der Verschlussknopf des Münzbeutels, so dass das darin befindliche..."
- "so dass das" klingt nicht so gut. Würde "worauf das" schreiben.

"das Portemonnaie, dass diese..."
- das

"Schließlich bückte ich mich und las jenes Geldstück auf,..."
- daß sich "jenes" auf das zuletzt heruntergefallene bezieht, ist an dieser Stelle nicht mehr so ganz einfach nachzuvollziehen, vielleicht "jenes letzte"?

Seltsamerweise fehlt auf meinem Ausdruck bei...
"Dann ein Raum, gedämpft beleuchtet,.."
...das Wort "Raum" - wie das geht, weiß ich nicht, denn hier stehts drinnen... :susp:

"von dem sich fettige Finger bedienen."
- meinst Du nicht "fette" (=dicke) Finger?

"geblendet von gleißenden Strahlern."
- die Strahlen sind gleißend, nicht die Strahler, oder?

Den Übergang finde ich ganz besonders gelungen:

Die Eins auf der Münze glänzt...

...silbern in meiner Hand.

:thumbsup:

"Einzig der Himmel war blau, treu hielt er zu mir."
- Schöner fände ich "war blau und hielt treu zu mir." Ist aber Geschmacksache, lies es mal laut... ;)

"Da stehen sie nun, bewegungslos, und grinsen mich an. Schließlich rufen sie..."
- Da wechselst Du plötzlich in die Gegenwart...
"Da standen sie nun, bewegungslos und grinsten mich an. Schließlich riefen sie..."

"Kommh, ..."
- ohne h, Komm

"...was das Gute uns bescherte!"
- da fände ich ein "welches" schöner

"Meine Augen brannten und die Lunge schmerzte. Atemlos hielt ich an, stützte die Hände in die Knie und..."
- würde statt "stützte die Hände" "stützte meine Hände" schreiben...

"es waren diese Kinder nicht,..."
- das wirkt so verdreht, findest Du nicht auch "es waren nicht diese Kinder,..." schöner?

"und habe die rechtige Seite verschmäht..."
- "rechtige", ist das eine gewollte Wortkonstruktion oder ein Tippfehler?

"Beim Hundertzweiundsechzigsten..."
- Es bezieht sich auf den Schritt und gehört, wie auch zuvor richtig der dreizehnte, klein geschrieben - "hundert..."

"hält diese Hitze aus auf längere Zeit."
- "aus" und "auf" direkt hintereinander machen sich nicht so gut beim Lesen. Würde den Satz umstellen: "...auf längere Zeit aus."

"warum ich bis hierher gezögert hatte, teilzunehmen,..."
- hatte, teilzunehmen

"lag jenes Springbrunnbecken, das ich..."
- sagt man das bei Euch so? Ich sag "Springbrunnenbecken"...

"können uns nicht mehr bewegen." sagte sie,..."
- bewegen.", sagte

"von fast siebeneinhalb Milliarden Erdenbürger."
- Erdenbürgern

"eben darauf an, wie!" antwortete die Rechte"
- wie!", antwortete

"dasselbe Bild vor Augen, dass ich..."
- das

"Die rechte Sphinx stellte mich so da, als..."
- dar

"Krachend barst der gesamter Vorderbau..."
- der gesamte (ohne r)

"wirbelte eine dichte Staubwolke auf. Diese löste sich auf und gab den Blick auf das Innere frei."
- aufaufauf...;)

Alles liebe,
Susi

 

Salute Susi,

:kuss: Du bist die erste, welche kompatibel zu meiner Denkweise zu sein scheint. Du lobst mich gerade dieser Absätze, die mir zum Teil richtig Kopfweh bereiteten, und das macht mich glücklich.

Was ihn in der Krafthandstraße erwartet hätte? Das erklärt Dir wohl die "Chaussee der offenen Türen" am besten, denn es handelt sich bei allen dreien jeweils um Extrema. Das mag einigen Lesern naiv erscheinen, dafür liegt die bessere Entscheidung eben nicht immer rechts (apropros 'Rechts'extremismus - nicht unbedingt was Gutes). Angedeutet habe ich diese Falle im Satz mit "und habe stets die rechtige Seite verschmäht", in die der Protagonist prompt hinein gelaufen ist. Das Wort "rechtig" ist also eine Komposition aus rechts und richtig.
So irrt der Protagonist von einem -tum zum nächten. - Früher war er ein 'linker' Revolutionär. Wäre er nur einen Deut klüger gewesen... ... ...

Siehste so leicht wird man dazu verleitet, seinen eigenen Geschichten durch Erklärungen den letzten Zauber zu nehmen. So könnte ich ewig weitermachen. Jetzt staune selbst ich wieviel ich darin verwoben habe, in meinem Netz der Welträtsel.

Absolutes Vorbild war hier "Die Unendliche Geschichte" von Michael Ende. Dieses Buch war es vor allem, wie mir scheint, durch das sich meine Persönlichkeit gehäutet hat.

Pardon, ich fange an mich wichtig zu tun. Wünschst Du weitere Erläuterung, will ich mich liebend gerne via PM mit Dir austauschen.

Die von Dir aufgezeigten, teils arg peinlichen Fehler werde ich freilich korrigieren, wenn ich wieder Zeit habe. Zur Zeit habe ich das Probeabitur am Hals.

Herzlichen Dank nochmal für dein aufbauendes Foodback :)

FLoHrian.

 

Hallo Floh!

Wenn man seine Freude mitteilt, verdoppelt sie sich meistens, weil z.B. ich mich jetzt auch wieder freue, daß ich Dir eine Freude machen konnte. - Ein schöner Lohn für die Arbeit einer Kritik. Danke. :)

Daß "rechtig" kein Tippfehler war, hab ich fast angenommen - wollte mich nur vergewissern. ;)

Schick mir doch bitte eine PM, wenn Du sie überarbeitet (die Fehler ausgebessert) hast. Dann les ich sie nocheinmal und schreib Dir, was mir dann noch unklar ist. ;)

Alles liebe,
Susi

 

Hallo Susi,

Die arg peinlichen Fehler brachte ich nicht übers Herz, stehen zu lassen. Pff, vonwegen Probeabitur, das kann mir mal... (?...??...!!!)

Ein paar Fehler sind gar keine, vielmehr sprachliche "Besonderheiten" (s. Dialog mit Woltochinon). Hier muss ich in Kauf nehmen, dass der Leser eventuell stutzt und sein "Vorstellungsfaden" abreißt. Beispielsweise habe ich bei den Zombie-Kindern die Gegenwartsform benutzt, um den Adrenalinspiegel des Lesers ein bisschen zu hochzusticheln (litwiss: "Gegenwärtigmachung"). Sei's mir vergeben :D

FLoH.

 

Hallo Floh!

Hab Deine Geschichte jetzt noch einmal gelesen und bin einfach begeistert. :)

Ich hab mir jetzt auf meinem Ausdruck am Rand in Stichworten aufgeschrieben, was ich alles in Deiner Geschichte gefunden habe - der Rand ist ziemlich vollgeschrieben... Aber ich werds jetzt nicht an die große Glocke hängen, wollen doch alle selber denken und nicht alles vorgekaut bekommen. :)

Aber:
"Dann ein gedämpft beleuchtet," klingt immer noch sehr komisch und "Komm,..." schreibt man wirklich ohne h. ;)

Alles liebe,
Susi

 
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:bounce: Danke, danke!! :bounce:

Wo ist der Raum denn hinne :). Der steht doch da: "Ein Raum, gedämpft beleuchtet, ...". Verstehe ich nicht. Hat dein Compi eine Phobie gegen bestimmte Wörter, ist "Raum" von einem gewissen Unternehmen aus Redmond patentiert und daher für die freie Benutzung gesperrt? Im Seitencode kann ich keine Steuerzeichen finden, welche die Zeichenfolge "Raum," als nicht-druckbare Zeichen deklarieren. Vielleicht könntest Du noch versuchen, den Text in Deine Textverarbeitung zu copy-and-paste'en und von dort aus zu drucken.

apropos "kommh": Mit diesem H wollte ich die Bezwingung in der Stimme der Kinder zum Ausdruck bringen. Auszusprechen ist das wie ein verlängertes mm. Würde sich ein "kommm" besser lesen?

Würde mich interessieren, was Du alles gefunden hast. Vielleicht findest Du ja mehr als ich :D. Generell ist es für einen Autor sehr aufschlussreich, wie seine Geschichten interpretiert werden. Fehler in der Tiefenstruktur wären nämlich die peinlichsten.

Ich will wieder so eine tiefsubstanzielle Geschichte schreiben, aber ich habe leider noch keinen Stoff. Auch mit Tiefensubstanz ist meine letzte Geschichte, falls du Interesse hast... (Achtung, noch etwas offensiver als "Sonnenglut")

FLoH.

 

Du hast Recht, floh, ich schrieb ja oben schon

Seltsamerweise fehlt auf meinem Ausdruck bei...
"Dann ein Raum, gedämpft beleuchtet,.."
...das Wort "Raum" - wie das geht, weiß ich nicht, denn hier stehts drinnen...
Aber komisch is das schon...
(Restl. Antwort kommt noch...)

 

Hallo,

Tschuldigung, diese Geschichte persönlich aus der Versenkung zu holen, mir kribbelte es einfach in den Fingern. Ich habe sie in den letzten drei Tage gehörig überarbeitet, habe vor allem den Textfluss verdaulicher gemacht und das Vorkommen des Selbstbezuges (ich, mein usw.) reduziert.

Ich brauche einfach noch ein paar Meinungen dazu.

Ich fand sie vor allem zu linear. Da hechtet jemand von einem Erlebnis zum anderen, und ich befürchtete, der Leser misst daher den einzelnen Passagen weniger Bedeutung zu, als ihnen eigentlich gebührt. Jetzt, da der Text etwas aufgelockert ist, müsste sich die Lesegeschwindigkeit verringern, und die Athmosphäre würde besser zur Geltung kommen - und allgemein müsste das Lesen jetzt flüssiger gehen. Ist mir das gelungen?


FLoH.

 
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Hallo FloH!

Die optische Auflockerung sowie das Einfügen von Kursivstellen tun Deiner Geschichte auf jeden Fall gut. Es liest sich so wesentlich leichter. Auch durch die eliminierten „Aber dann ...“, teilweise kürzere Sätze, und sonstige Kleinigkeiten, die Du verändert hast, ist sie jetzt wesentlich angenehmer zu lesen.
An der Geschichte selbst hast Du ja eigentlich nichts verändert. Aber das ist auch, finde ich, nicht nötig. Mir gefällt die Geschichte so, und daß sie jetzt besser lesbar ist, wertet sie auf. (Hehe, ja ich hab den Ausdruck von der alten Version noch... und extra rausgesucht... :))

Was aus der Welt doch werden kann, wenn jemand mit Macht und Geld gegen sein Gewissen eintauscht. Gut, daß es sich wieder meldet, hoffentlich nicht zu spät...
Am besten gefällt mir immer noch die Stelle mit der Münze bzw. den Münzen, dem rostigen Schiff (die schwarzen, toten Häufchen sind die angeschwemmten Tiere, weil das Öl ausgeronnen ist?), und dem brennenden Urwald. Da zeigt sich die Gewissenlosigkeit ja auch in der Realität besonders stark, oder besser, da fällt sie uns am meisten auf. Leute, die Geld wittern, sind in der Lage, die Erde bis aufs Letzte auszubeuten.
Aber das ist ja nur eine miteingeflossene Kritik innerhalb Deiner Geschichte, die den ganzen Werdegang Deines Protagonisten zeigt, bis es ihm das alles im Traum/Koma (?) aufzeigt.
Daß er sich zu Beginn in der Wüste befindet, sollte vermutlich die innere Leere zeigen? ;)

Natürlich hab ich ein paar Anmerkungen für Dich:

1

»Doch dann wurde alles größer und größer, und der Traum, der hatte ein Ende.«
- vielleicht findest Du ja noch eine schöndere Formulierung statt „und der Traum, der hatte ein Ende“? Also zumindest könntest Du den Beistrich und das „der“ rausnehmen – aber Dir fällt sicher was viel Schöneres ein, wenn Du willst. ;)

»Wahrhaftig, ich befand mich in der Wüste, sicher nicht der richtige Ort für Schlaf Suchende.«
- ich würde zwei Sätze draus machen oder den zweiten Teil umformulieren (z.B. „das ist sicher nicht …“)

»was auch immer das hieß und was mich dort erwarten würde.«
- das zweite „was“ könntest Du weglassen

»Und wo - War ich überhaupt eingeschlafen?«
- hier würd ich statt dem Gedankenstrich drei Punkte machen

»metallischem Geklimper ähnelndes Geräusch«
- besser „metallenem Geklimper …“ – weil „metallisch“ ja schon impliziert, daß es nur metallartig, also ähnlich wie Metall ist. Also entweder „metallischem Geklimper“ ohne „ähnelndes“ oder „metallenem Geklimper ähnelndes“

»Ein Schauer perlte den Rücken hinab«
- fände besser „meinen Rücken“ – allerdings hast Du dann eine Wortwiederholung zum Satz davor, wo ja „Mein Rückweg“ steht... Vielleicht „perlte mir den Rücken hinab“?

»Das Herz raste.«
- das klingt so nach einem fremden Herz, würde da unbedingt ein „Mein“ davor schreiben oder sowas wie „Das Herz in meiner Brust raste.“

»desto offenbarer zeigte sich mein Schicksal.«
- das ist die Formulierung, die mir am wenigsten gefällt... Vorschlag: „desto mehr offenbarte sich mein Schicksal.“ ;)


2

»Das Hallo aber wurde verschlungen von dumpfer, alles verschlingender Stille.«
- Wortwiederholung „verschlungen“ und „verschlingender“ – vielleicht kriegst Du sie weg?

»noch seine anderen Daten durfte man erfahren.«
- „man“-Sätze würde ich nach Möglichkeit vermeiden – hier gehts leicht, etwa durch „waren zu erfahren“

»Aber was - ?«
- besser drei Punkte und vorm Fragezeichen keine Leertaste

3

»"Kommh, ..."«
- das stört mich immer noch, dieses h paßt da einfach nicht hin – es gibt bei Mitlauten kein stummes h. Ich weiß nicht, wie Du das besser machen könntest, was Du damit bezweckst, vielleicht durch zwei o und drei m – is natürlich auch sehr künstlerisch frei … :D

»Blindlings machte ich einen Satz nach vorn und türmte als ob von Hornissen gejagt.«
- „als ob von Hornissen gejagt“ finde ich nicht so toll, besser wäre in meinen Augen „als würde ich von Hornissen gejagt“

4

»tanzten in grenzenferner Harmonie zu einer alles überwindenden, hochmelodischen Musik.«
- viel melodiöser als melodisch klingt, finde ich, „hochmelodiös“

»Es war ein willkommener Lohn für- Ach, das zählte sowieso nicht mehr...«
- besser drei Punkte statt Gedankenstrich – und wenn Gedankenstrich, dann ohne Leerzeichen davor und das „Ach“ klein, da dann kein neuer Satz anfängt

»Wie sie badeten und planschten in ihrem Wasser der Freude, des Lebens, der Freiheit oder was auch immer, wie sie von der Unwirklichkeit förmlich erobert werden, sich aus dem Wasser erheben, zum Himmel empor, wo sie langsam, gleich Seifenblasen, zergehen...«
- den Zeitenwechsel find ich nicht so grandios, außerdem zergehen Seifenblasen nicht, sondern zerplatzen, oder täusch ich mich?

»Tausende mal schlug ich auf den Boden hin«
- Mal

»Wer hat mich nur in dieses gottverdammte, abirdische Verließ gesteckt?«
- Verlies

5

»Die linke Sphinx trug den Kopf mit dem Haarschopf, den ich auf jener Münze gesehen hatte«
- finde, es würde besser passen „trug jenen Kopf“ und „auf der Münze“

»"Du siehst, wir können uns nicht mehr bewegen.", sagte sie«
- bewegen“, sagte (ohne Punkt)

»War nie um Mittel verlegen, sie zu konditionieren, zu manipulieren, zu kontrollieren, während …«
- würde die „zu“ wegrationalisieren: zu konditionieren, manipulieren oder kontrollien

»Doch dann verjüngte es sich, fing zu strahlen an und entfernte sich, und plötzlich hatte ich dasselbe Bild vor Augen, das ich unter der Brücke in den Händen gehalten hatte.«
- würde den Satz teilen und mit „Plötzlich“ einen neuen Satz beginnen
- „in Händen gehalten“ – das „den“ könntest Du streichen

»Aber damit packte mich auch lähmende Gewissheit, dass -«
- ich tät „auch die lähmende Gewissheit, dass“ schreiben

»Bis dann dieses..., dieses..., dieser Heuchler kam und deine Pläne zu Nichte machte.«
- vor den drei Punkten jeweils eine Leertaste
- zunichte

»…, du verstehst?", und nach einer kleinen Pause …«
- nach der direkten Rede wäre es hier besser, einen neuen Satz zu beginnen

»"Diesmal wird es dir gelingen, jaaa, es musssss vollends gelingen.«
- muss statt mit fünf s besser kursiv: muss – dann ist es auch betont ;)

»das Lächeln der Anderen verblasste.«
- der anderen

»das Kontrollsignal der Krankenbettapparatur«
- die Krankenbettapparatur kann bestenfalls die Steuerung zum Rauf- und Runterlassen des Kopfteils usw. sein, die braucht kein Kontrollsignal... Du meinst die Überwachungsgeräte – spezifischen Namen weiß ich keinen, aber das ist auf jeden Fall richtiger als Krankenbettapparatur. ;)

Nach dem Schreiben dieser Liste hab ich die Geschichte noch einmal gelesen, dabei sind mir noch Sachen aufgefallen, aber ich bin jetzt zu faul, um die noch dazuzuschreiben. Nur einen Zeitfehler will ich Dir sagen, das andere ist eh nicht so wichtig: »es musste also schon einige Zeit her sein, dass jemand sie verlor.« - „verloren hat“.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Herzlichen Dank Susi, für Deine Meinung zu der Geschichte und die Korrekturen. Werde mich heute nachmittag nochmal ransetzen. Manche Deiner "Fehler" werde ich so stehen lassen, weil ich nichts daran falsch finde. Schließlich gehören wir ganz unterschiedlichen Dialektgebieten an :).

Sind die "schwarzen, toten Häufchen" gefährlich, muss ich mal fragen? Ich meine, meine Mutter mag diese Formulierung überhaupt nicht, da sie da immer an Sch... Kot denken muss ;).


FLoH.

 

Sind die "schwarzen, toten Häufchen" gefährlich, muss ich mal fragen? Ich meine, meine Mutter mag diese Formulierung überhaupt nicht, da sie da immer an Sch... Kot denken muss
"gefährlich"? Nein find ich nicht. Zwischen einer rostigen Schiffswand und dem brennenden Urwald konnten es irgendwie nur tote Tiere, oder auch Menschen sein. ;)
Ein skrupelloser Geschäftemacher ist er geworden, Dein Protagonist...

Was Du vielleicht hättest noch ein bisschen anklingen lassen können, ist der Grund, warum er im Krankenhaus liegt und diesen "Film" sieht. Aber ist auch nicht so wichtig, hatte nur grad die Idee. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Was Du vielleicht hättest noch ein bisschen anklingen lassen können, ist der Grund, warum er im Krankenhaus liegt und diesen "Film" sieht. Aber ist auch nicht so wichtig, hatte nur grad die Idee.

Geht das nicht aus dem ersten Absatz hervor, bzw. aus der späteren Phrase "...bis ich wieder aus noch ein wusste"?

Naja, bissl spät für nachmittag, aber jetzt kommt sie noch mal unter die Korrektur.


FLoH.

 

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