SF: Problem mit zeitlicher Einordnung bei Verzicht auf Menschen

[Uwe Post]

SF: Problem mit zeitlicher Einordnung bei Verzicht auf Menschen

Angenommen, ihr wollt eine SF-Geschichte schreiben, in denen keine Menschen vorkommen und auch keine sonstwie anthropozentrische Perspektive. Abgesehen von solchen Dingen wie Einheiten und Eigennamen (Sterne dürfen dann nicht Wega heißen, Entfernungen nicht in Metern gemessern werden), stellt sich mir aktuell ein anderes Problem: Die zeitliche Einordnung.
Wie kann ich bei völligem Verzicht auf menschliche Einflüsse meine Geschichte in die Frühzeit der Galaxis einordnen?
Ich kann keine Zeitangaben machen, nicht schreiben "lange bevor es Leben auf der Erde gab" und auch nicht "als die Milchstraße erst 5 Mrd Jahre alt war". Nicht einmal "3000 Umdrehungen der Galaxis" funktioniert, weil die Sterne abhängig vom Zentrum unterschiedlich schnell sind.
Ein Dilemma - aber für meine Geschichte ist wichtig, dass sie in der Frühzeit der Galaxis spielt.
Irgendwelche Ideen?

 

[Uwe Post]

Wer ist hier der Astrophysiker und weiß, wie's damals ausgesehen hat?

Ich
Das Problem ist ja, dass es auf den ersten Blick genauso ausgesehen hat. Ein Mensch, den man an den Ort der Handlung setzen würde, hätte keine Möglichkeit, herauszufinden, ob er sich 13,7 oder nur 7,5 Mrd. Jahre nach dem Urknall aufhält.

 

[Naut]

Ähm, aber die Galaxis war doch noch jünger, also müsste ein Blick zum Rand einen anderen Anblick bieten (mehr Staub und weniger Sterne). Bin mir nicht ganz sicher, sollte aber richtig sein.

Ansonsten verlässt Du halt mal kurz die personelle Perspektive und schreibst: Kurz nach Stabiliserung des Galaxis ...
oder so.

 

[Dante]

Du nennst die Story: "Galaktische Frühzeit". TÄDÄÄ!

 

[Uwe Post]

Egal, welche physikalischen Werte man sich anschauen würde - es gibt keinen Vergleich zum Jetzt, allein schon, weil die Einheiten nicht dieselben sind.

Ich fürchte, es bleiben nur formale Aspekte: Etwa eine alt klingende Sprache, Anleihen beim Feudalismus etc. Vielleicht erweckt das den gewünschten Eindruck.

 

[Naut]

Oder Du baust einen Pulsar in die Story ein und ergänzt die Zwischenüberschriften durch die Anzahl der absolvierten Schwingungen. Dann kannst Du die Handlung auf die Mikrosekunde genau festlegen.

 

[Megabjörnie]

Moment, habe ich das richtig verstanden - die Galaxis sah vor fünf Milliarden Jahren im Prinzip genauso aus? Aber die Astronomen können doch das Alter von Galaxien an ihrem Aussehen feststellen.
Wenn du sehr langlebige Protagonisten hast, könntest du einen bei der Entstehung eines Sterns zuschauen und ihn denken lassen, dass immer mehr von ihnen um das Schwarze Loch ( oder was immer du für eine Bezeichnung nimmst ) kreisen werden. Dann könnte ein Satz kommen wie "Und all diese Kugeln würden bald eine riesige Scheibe bilden, die durch den ganzen Raum strahlte" oder sowas.

Wie viel sollen denn deine Prots von ihrer Umgebung wissen?

 

[Uwe Post]

Wenn du sehr langlebige Protagonisten hast

Nein, leider nicht.

Meine Figuren sind eine raumfahrende Zivilisation, nur eben ein paar Mrd. Jahre in der Vergangenheit. Wieviele, weiß ich nicht genau, ist auch nicht so wichtig.

 

[Naut]

Meine Figuren sind eine raumfahrende Zivilisation, nur eben ein paar Mrd. Jahre in der Vergangenheit. Wieviele, weiß ich nicht genau, ist auch nicht so wichtig.

Dann lass sie den Abstand zur nächsten Spiralgalaxie messen. Das ist (schon sehr lange) Andromeda, und es sollte möglich sein, festzustellen, ob der früher größer oder kleiner war. Als Abstandsmaß kannst Du ein Lichtjahr nehmen, zumindest, wenn Du ein Jahr ungefähr so groß wie unser Jahr definieren kannst (was irgendwie möglich sein sollte: Ökozone, Bioparameter und so; die Lichtgeschwindigkeit ist ja konstant).

 

[Uwe Post]

Irgendwie wird mir das zu wissenschaftlich ... *seufz*

 

[jobär]

Du nennst zwei Aspekte, die nichts miteinander zu tun haben: Alter der Galaxie oder eines Systems und Alter einer Kultur. Eine feudale Hirarchie sagt vielleicht etwas über das Alter der Zivilisation aus, aber nichts über das Alter des Systems. Und da wir auch keinen 'normalen' Ablauf für die Entstehung von Leben aus praktischen Erfahrungen kennen, sehe ich kaum eine Möglichkeit anhand objektiver Kriterien Hinweise auf das Alter deiner Welt zu geben. Es gäbe nur ganz grobe Pflöcke - Planeten bilden sich und kühlen ab, Wasser verflüssigt sich, erstes Leben entsteht usw.
Wenn das Alter für deine Geschichte wichtig ist, warum lässt du die Prots nicht feststellen, dass ihr System x-Millionen oder Tausend Perioden alt ist?

 

[Megabjörnie]

Dann lass sie doch eine, wenn nicht naturwissenschaftliche, so naturphilosophische Prognose anstellen. Lass sie darüber philosophieren, dass es in einigen Milliarden Jahren viele Milliarden Sterne mehr in dieser Region des Weltalls geben wird. Das kann man doch heute nicht mehr sagen, oder sehe ich das falsch?

 

[MisterSeaman]

Irgendwie wird mir das zu wissenschaftlich

Fast ganz unwissenschaftliche Lösung: Es gibt irgendeine übermächtige Alienrasse, die ihr Universum aus irgendwelchen Gründen gerne auf Zimmertemperatur hat und einfach ins nächste wechselt, sobald diese Temperatur unterschritten wird. Die könnten dann irgendwas zurücklassen, dessen Alter sich mit den gängigen Methoden (radioaktiver Zerfall etc.) bestimmen lässt.

 

[Megabjörnie]

Das würde aber nicht auf das Alter des Universums schließen lassen, Seaman.
Nee, ich schwöre auf meine Vorschläge. Die sind sowieso immer die besten.

 

[MisterSeaman]

Das würde aber nicht auf das Alter des Universums schließen lassen

Nicht unbedingt, möglicherweise aber doch - wenn Materie aus dem gleichen Universum zu dem Überbleibsel verarbeitet wurde, funktioniert das schon. Und das mit dem Universumswitchen müssen die vormenschlichen Raumfahrer ja nicht wissen.

Gute Nacht!

 

[Kerberos]

Und wenn du schlicht und ergreifend darauf verzichtest?

Oder anders gefragt: Was ist sowichtig, dass die Story ein paar Milliarden Jahre vor unserer Zeit spielen muss?

Aber ist es nicht schnuppe, wann die Geschichte spielt, wenn es sich ohnehin nicht gravierend auf das Setting auswirkt. Oder gibt es etwas, was nur in dieser Zeit stattgefunden hat? zB eine Supernova? Dann kannst du ja das erwähnen. Der fachkundige Leser kennt sich aus, der Rest würde so oder so nur Bahnhof verstehen, zumal du ja auf bekannte Maßeinheiten verzichten willst. Im Prinzip können sie ja Millionen von Skotschs in einen Menerelangen Zeitspanne überbrücken, nur um dann von einem kleinen Hündchen verschluckt zu werden. bhö...

Dass ist so, wie in einem Koordinatensystem ohne Bezugspunkte zu zeichnen. Als Aussenstehender kann man da nur verwirrt zukucken

 

[Uwe Post]

Ja, es ist in der Tat ein Ereignis, das nur vor ein paar Mrd. Jahren stattgefunden haben kann.

 

[Andreas F]

Warum nicht die einfachste (starwars) Variante? Die Geschichte mit 'Irgendwo im Universum 4 Milliarden Jahre vor unserer Zeit...' anfangen. Es ist doch für menschliche Leser gemacht, oder?

 

[Berg]

Spontane Einfälle:

* Die Regierungszeit irgendeines Herrschers
* Die Zeitrechnung irgendeiner Religion
* Ein absoluter Bezugspunkt (vermutliche Entstehung des Universums oder Dein Geburtstag)

 

[Porcupine]

Nimm den Klassiker: "Es war einmal, vor langer Zeit in einer weit weit entfernten Galaxis"

Wenn du keine definitiven Zeitangaben machen willst, könntest du vielleicht schreiben, dass die Galaxis noch "jung" war.
Wenn du andeuten willst, dass die Menschen irgendwann später in dieser Galaxis auftauchen werden, kannst du erwähnen, dass diese spezielle Rasse in deiner Geschichte, sich ungewöhnlich früh in einer derart jungen Galaxis entwickelt hat.