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Schwarz, Weiß und Grau

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15.04.2011
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Schwarz, Weiß und Grau

Prolog​

„Woher hätten wir das wissen sollen? Wir hatten hin und wieder davon gehört, ja, aber wir haben es nicht so richtig geglaubt, es war einfach unvorstellbar. Keiner von uns hatte selbst zuvor so etwas erlebt. Niemals hätten wir damit gerechnet. Nie im Leben. Sie kam über uns wie…“, der Mann machte eine kurze Pause, um nach den passenden Worten zu suchen. „Wie ein Geist“, sagte er schließlich, „wie ein böser Geist, direkt aus der Dunkelheit. Sie hatte uns überrascht, vollkommen überrascht. Eine solche Geschwindigkeit. Und sie zeigte keinerlei Erbarmen.“ Der Mann schüttelte bei den letzten Worten seinen Kopf, dann setzte er seine Erzählung fort. „Dabei wollte ich nur meine Familie ernähren, verstehen Sie? Von irgendwas müssen wir doch leben! Und jetzt….“ Er verstummte. Seine Lippen begannen zu vibrieren, sein Gesicht verzerrte sich zu einer Maske des Leids und Schmerzens. Das warme, monotone Surren der Kamera, welches bisher unaufdringlich im Hintergrund verklang, schallte nun wie ein Dieselmotor in seinen Ohren, fordernd und leidenschaftslos. Er versuchte die Tränen, die seinen Wangen hinunterrannen, zu verbergen und hielt die Hand vor sein Gesicht. Zwei, drei laute Schluchzer noch kamen über seine Lippen, dann fasste er sich wieder, massierte mit Zeigefinger und Daumen seine Augenlider und sprach schließlich weiter. „Sehen Sie sich das an“, und hob anklagend seinen rechten Arm, der knapp unterhalb der Schulter in einen Stumpf mündete. „Zum Krüppel hat sie mich gemacht.“
Dann senkte sich sein Blick und ein Ausdruck unendlicher Leere breitete sich in seinen Augen aus. „Zum Krüppel“, flüsterte er wie abwesend.


Kapitel Eins​

Es war dunkel. Sternenklar lag der Nachthimmel über der Landschaft, die friedlich zu schlummern schien, gewogen in den Schlaf vom Gesang der Zikaden.
Vor vier Tage war sie zurückgekehrt an die Stelle, wo sie den niedergeschossenen Körper der jüngsten von ihnen im Gras liegen gesehen hatte; dorthin, wo sie und die anderen heimgesucht worden waren.
Sie war nicht mehr da gewesen.
Wo hatten die Männer sie hingebracht?
Sie hatte sich erinnert, daß in einiger Entfernung eine Siedlung war, an der sie vor ein paar Monaten mit den anderen zusammen vorbeikamen. Damals hatten sie dieses Dorf nur aus dem Augenwinkel wahrgenommen und es keiner weiteren Beachtung geschenkt.
Ungeachtet des weiten Weges hatte es ihr aussichtsreich erschienen, auch dort zu suchen. Schließlich war es eine der wenigen ihr bekannten Orte, wo eine größere Anzahl an Menschen anzutreffen war. Und er war der nächstgelegene.
Nun endlich stand sie hier, nach viertägiger Wanderung, und sah in der Entfernung etwas Helles funkeln.
Auf ihr Gedächtnis war Verlass.
Müdigkeit und Erschöpfung hatten sich bereits in ihrem Körper breitgemacht, aber die Lichter der Siedlung gingen durch ihre Augen hindurch in ihr Herz, und brachten dort den Saatkorn der Sehnsucht, den sie seit vier Tagen in sich trug, zum Keimen.
Vitalisierend verströmte er seine Energie durch ihre Lebensadern und schien sie die letzten Meter wie auf einer Sänfte gleich über den Boden zu tragen, den Lichtern entgegen.
Je näher sie ihnen kam, desto deutlicher vernahm sie Stimmen und Gelächter, die durch das akustische Gewand, in das die Singzikaden die Nacht kleideten, zu ihr hindrangen.
Noch vor Mitternacht würde sie dort sein, und etwas nährte in ihr die Gewissheit, daß sie in diesem Dorf finden würde, wonach sie suchte.


Kapitel Zwei​

Die Menschen des Dorfes saßen kreisförmig um ein riesiges Lagerfeuer, das sie auf einem Platz inmitten ihrer Siedlung aufgeschichtet hatten. Gelbe und orange Flammen, die knisternd auf und ab tanzten, tauchten einige Meter um sie herum alles in ein warmes und weiches Licht. Offensichlich vergnügten sich die Dorfbewohner bei einer Art Feier und waren bei Tanz und Gesang in freudiger und ausgelassener Weise mit sich selbst beschäftigt.
Niemand von ihnen hatte sie das Dorf betreten sehen. Still stand sie da, getaucht in der Schwärze eines Schattens, den eines der Gebäude spendete. Wissend, daß sie niemand bemerkt hatte, ließ sie ihren Blick über die Versammlung am Feuer schweifen.
War sie hier?
Waren auch die Männer hier?
Sie setzte noch einen Schritt vor. Obwohl sie sich keinerlei Mühe gab, leise zu sein, gab sie kaum vernehmbare Geräusche von sich. Noch immer hatte keiner von ihr Notiz genommen. Mit ihrer kleinen Bewegung nach vorn hatte sich ihr Sichtfeld erheblich verbessert.
Und dann erblickte sie einen der Männer. Sie war sich sicher. Er war einer von ihnen. Nicht der, der geschossen hatte. Aber er war mit ihnen da draußen. Sie spürte, daß ihr Herz anfing schneller zu schlagen. Weiter unbemerkt tastete ihr Blick über die Gesichter der Dorfbewohner. Es dauerte nicht lange, nur ein paar Sekunden, und sie machte den nächsten ausfindig. Keine Minute war vergangen und sie hatte alle Männer gesichtet.
Aber wo war sie?
Sie musste hier sein, da war sie sich sicher.
Nun war es an der Zeit für sie zu handeln.
Sie preschte mit blitzartiger Geschwindigkeit in die Menschenmenge hinein. Bevor der erste von ihnen mitbekam, was los war, war es bereits um ihn geschehen. Mit aufgerissenen Augen landete er tot in der staubigen Erde.
Blut ran aus seinem Mund, der Nase und den Ohren. Einer seiner Knochen, vermutlich das Schlüsselbein, ragte bleich und blutverschmiert unterhalb seines Halses heraus.
Das lähmende Staunen der Überraschung wich hellem Entsetzen, welches nun die Dorfbewohner erfasste. Schiere Todesangst ließ sie stolpern und strampeln und übereinander fallen. Heulend und winselnd rappelten sie sich wieder auf, versuchten auf die Füße zu kommen, einige krochen auf allen Vieren davon. Über all dem Getümmel wütete ein ohrenbetäubender Lärm. Knochen knackten hörbar. Ein weiterer Mann ging zu Boden. Dort, wo sich vor ein paar Sekunden noch sein Kopf befunden hatte, war nun ein breiiges, kelchförmiges Etwas, aus dessen geborstenem Ende eine hellrosa geléeartige Masse wie in Zeitlupe blutend herausquoll und sich über die staubige Erde ausbreitete.
Einen weiteren Augenblick später übertönte jäh ein gellender, schmerzerfüllter Schrei das panische Gewusel, der ebenso abrupt mit einem knirschenden Geräusch endete.

Kapitel Drei​

Einige derer, die unversehrt blieben, sollten später berichten, wie sehr sie fasziniert waren von der Betrachtung dieser Komposition der Zerstörung, in deren Zentrum sie stand und alles Leben wie ein Mahlstrom anzog und in dunkle Tiefe hinabriss. Hypnotisiert von ihrer Gewandtheit, ihren geschmeidigen Bewegungen auf kleinstem Raum voll von Kraft und Anmut gleichermaßen und ihre unglaubliche Geschwindigkeit, mit der sie einem Sturm gleich über sie alle hereinbrach, vermochten die Überlebenden nicht, ihre Blicke abzuwenden, bar jeglichen Bewußtseins, ebenso aus dem Leben ins Verderben hineingezogen werden zu können.
Denjenigen, die vor vier Tagen da draußen waren, diesen Männern machte sie den Garaus. Und jenen Unglücklichen, die ihr dabei im Wege standen. Niemand war imstande, ihr etwas entgegen zu setzen. Zu groß war der Schrecken, zu gut war sie bewaffnet, zu gewaltig war sie in diesem Moment.
Es dauerte nicht lange, nur wenige Minuten, und der einseitig geführte Kampf war zu Ende. Stille legte sich über den Schauplatz ihres todbringenden Tanzes.
Allein stand sie auf dem Dorfplatz und schaute sich wieder um. Frauen und Männer, tot oder schwerverletzt, lagen um sie herum über den Boden verstreut.
Jetzt, wo der Platz um das Lagerfeuer gelichtet war, entdeckte sie sie.
Sie erkannte sie fast nicht wieder, so schrecklich entstellt hatte man sie. Gehemmt von dem entsetzlichen Anblick, bedrückt von der Gewissheit ihres Todes, die nun zur Herrin ihrer Sehnsucht wurde, begab sie sich langsamen Schrittes zu ihr hin. Sie blickte hinab auf ihr Antlitz und sah die schmerzerfüllten Züge, die die geschlossenen Lider und die Partien rund um die Augen zeichneten. Sanft strich sie über die Haut ihres geschundenen Leibes, aus dem alles Leben und alle Würde qualvoll vertrieben worden waren. Ihr Tod, ihre Pein erfüllte sie mit Traurigkeit, die ihre Seele durchströmte gleichsam eines reißenden Flusses, der sich seinen Weg durch die Wildnis bahnt.

Kapitel Vier​

Vier Tage zuvor.

Der Schuß brach. Aufgeschreckt durch den Knall stieg ein Schwarm Vögel kreischend und mit wildem Flügelschlag aus den Wipfeln einer nahegelegenen Baumgruppe empor und verschwand rasch.
Unten am Boden sah es nicht anders aus. Panik machte sich breit und hatte auch die anderen erfasst, selbst die Alten und Erfahrenen. Die nackte Angst um das eigene Leben löste bei ihnen den naturgegebenen Trieb der Selbsterhaltung aus, der ihnen unbändige Kraft, Energie und auch Kopflosigkeit bescherte.
Alle anderen um sie herum nahmen lärmend Reißaus von den Männern. Nur sie, sie allein blieb stehen. Nicht nur ihr Blick, ihr ganzer Körper war denjenigen zugewandt, die den Tod über sie hineinbrachten.
Ihre gesamte Körpersprache war Ausdruck ihrer Standhaftigkeit und ihres Mutes, gespeist aus der Verantwortung, die sie den anderen gegenüber trug. Trotz der Gefahr, in der sie sich befand, verspürte sie keinerlei Angst, zumindestens nicht um sich selbst. Stattdessen überkam sie Kummer. Kummer über den regungslosen Körper, den sie nur wenige Meter entfernt vor sich am Boden liegen sah. Nur ein paar Schritte und sie wäre bei ihr.
Sie musste ihr helfen.
Sie musste wissen, ob sie noch lebt.
Ihr Verlangen, ihr zur Hilfe zu eilen, zu gucken, ob sie noch atmet, wurde erstickt, als sie hochblickte und sah, wie einer der Männer den Lauf seines Gewehrs auf sie gerichtet hatte.
Sie waren immer noch rund einhundert Meter entfernt.
Würde er auch sie niederstrecken?
Wieder krachte ein ohrenbetäubender Schuss. Ihr Herz raste. Sie hörte, wie die Kugeln mit einem hohen, sirrenden Ton an ihr vorbeisausten. Sie glaubte sogar einen Luftzug zu spüren. Es gab für sie keine andere Möglichkeit, als sich zurückzuziehen. Ihr war es bewusst, daß die Männer nicht davon abließen, nach ihr zu trachten, ihr das für sie Wertvollste zu entreißen, wenn sie weiter hierbliebe. Bevor sie sich abwandte, ließ sie ihren Blick über die Gruppe ihrer Häscher wandern. Es reichte nur ein Moment, nur wenige Sekunden, und sie hatte sich all ihre Gesichter eingeprägt.
Dann machte sie eine Kehrtwendung und strebte den anderen hinterher. In diesem Moment war es an ihr, all die Ihresgleichen, die zuvor in Panik auseinandergestoben waren, wieder einzuholen und zu sammeln. Aber wenn das getan war, würde sie hierher zurückkommen. Sie würde sich vergewissern, was aus ihr geworden war.


Letztes Kapitel​

Sie schritt über den Platz vorbei am Lagerfeuer, über die zertrümmerten, verstümmelten und zerquetschten Leiber hinweg in Richtung des Dorfausganges.
Kurz bevor sie das Ende der Siedlung erreichte, blieb sie stehen und wandte sich um.
Noch einmal schaute sie die Gesichter derer an, die dort blutend, röchelnd, wimmernd und stöhnend inmitten der Verheerungen im Staub lagen.
Sie schwenkte ihren mächtigen Kopf in hin und her, reckte ihn dann empor, sodaß ihre imposanten Stoßzähne nach oben in den nächtlichen Himmel zeigten, hob ihren Rüssel und stieß einen langgezogenen und lauten trompetenden Ruf aus.
Dann drehte sie sich um, verließ das Dorf mitsamt all dem Kummer, all den Schmerzen und wanderte hinaus in die Savanne, zurück auf den Weg zu ihrer Herde.


E N D E​

 

Hallo Nimmermehr, herzlich willkommen auf kg.de!

Ich finde die Form deines Textes befremdlich. Diese Kapitelstruktur gehört eigentlich in die Romanwelt; sie dient dazu, die große Menge Stoff eines Romans zu gliedern und zu portionieren. Bei einem so kurzen Text wie deinem ist das aber unnötig und weckt nur die Erwartung, dass man jetzt auch etwas Episches zu lesen bekommt, was aber nicht der Fall ist. Es überfrachtet den Text also und zerhackt ihn. Wenn du statt den Kapitelangaben einfach die doppelten Zeilenumbrüche lässt, ist der Text beim Lesen viel mehr im Fluss und bricht nicht ständig ab.
Im Grunde ist das ja ein simpler Racheplot, den du versucht hast, durch den Doku- und den eingeschobenen Rückblenden-Teil etwas aufzumotzen. Aber wie gesagt, dafür brauchst du keine Kapitel.

Deine Schreibe fand ich etwas breitgetreten. Also für mich verharrst du mit deinen Beschreibungen oft zu lange bei einer Szene. Z.B. gleich am Anfang im Doku-Teil. Ja, das ist alles ganz dramatisch, aber nach dem dritten Satz, in dem dem Leser das unter die Nase gerieben wird, langweilt das irgendwann.
Oder wo die Erzählerin die Leute am Feuer beobachtet. Ja, sie ist leise, keiner hat sie bemerkt, und sie guckt einen nach dem anderen an ... Aber irgendwann soll's dann auch weitergehen.
Also bei sowas wirklich überlegen, was genau du ausdrücken willst, was wichtig ist, das dann schön prägnant formulieren, und weiter.

Textkram:

sein Gesicht verzerrte sich zu einer Maske des Leids und Schmerzens.
Schmerzes

an“, und hob anklagend seinen rechten Arm
Und? Da fehlt was. Sagte er, z.B.

gewogen in den Schlaf
gewiegt, und ich würd's auch umdrehen: in den Schlaf gewiegt

Vor vier Tage war sie
Tagen

Sie hatte sich erinnert, daß in einiger Entfernung eine Siedlung war, an der sie vor ein paar Monaten mit den anderen zusammen vorbeikamen.
Zeitfehler. Sie erinnerte sich, dass [...] zusammen vorbeigekommen war

und es keiner weiteren Beachtung geschenkt.
keine weitere

Ungeachtet des weiten Weges hatte es ihr aussichtsreich erschienen
war es ihr

war es eine der wenigen ihr bekannten Orte
einer

und brachten dort den Saatkorn der Sehnsucht, den sie seit vier Tagen in sich trug, zum Keimen.
Vitalisierend verströmte er seine Energie
das Korn, nicht der

getaucht in der Schwärze eines Schattens
in die

Aber er war mit ihnen da draußen.
gewesen

Blut ran aus seinem Mund
rann

eine hellrosa geléeartige Masse
geleeartige

Denjenigen, die vor vier Tagen da draußen waren
draußen gewesen waren

ihr etwas entgegen zu setzen.
entgegenzusetzen

zu gucken, ob sie noch atmet,
atmete

Sie schwenkte ihren mächtigen Kopf in hin und her
weg


Auf Vorvergangenheit achten: Wenn etwas in der Vergangenheit abgeschlossen wurde -> Plusquamperfekt.

So, ich hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen arbeiten.

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo Nimmermehr und herzlich willkommen im Forum,

erst einmal zu dem, was mir an Deiner Geschichte gefällt: Du erzählst aus der Perspektive der Elefantenkuh, ohne diese allzu sehr zu vermenschlichen. Außerdem gestehst Du den afrikanischen Dörflern einen gewissen Fortschritt zu, wenn Du den Mann anfangs in die Kamera sprechen lässt.

Allerdings finde ich, durch viele der angewandten Kunstgriffe gewinnt die Geschichte nicht wirklich, und sie würde an nichts verlieren, wenn Du darauf verzichtetest (außer an ein wenig Konfusion). Dazu gehört die willkürliche Szenenfolge. Auch dass Du bis zum Schluss verschweigst, dass es sich bei "ihr" und "ihr" um eine Elefantenkuh und ihr weibliches Kalb handelt, bringt der Geschichte nicht wirklich etwas. Man kann durchaus ein Tier wie eine furchteinflösende, todbringende Urgewalt darstellen, ohne seine Identität zu verschleiern.

Sich in Details verlieren bingt dem Text nur etwas, wenn dadurch Athmosphäre entsteht, wenn man die Figuren durch sie besser kennen lernt, oder wenn die Details später noch einmal von Bedeutung sind. Ich denke, dahingehend kannst Du Deine Geschichte nochmals ausdünnen.

LG, Pardus

 

Hallo Nimmermehr,

willkommen auf KG.de!
Ich habe Deine Geschichte gerne gelesen und finde auch Deinen Schreibstil, vor allem für Deine erste Geschichte, recht gut. Ich denke allerdings auch, dass ein paar Kürzungen und weniger Effekthascherei der Geschichte sehr gut tun würden.
Lass mich Dir gleich ein paar Passagen aufzeigen, aber vorher noch zwei Dinge:

1. Die Aufteilung ist tatsächlich überflüssig. Kapitel brauchst Du bei einer Kurzgeschichte nicht, auch wenn Du von Szene zu Szene springst. Ich weiß, dass Du es dem Leser dadurch leichter machen wolltest, aber trau dem Leser ruhig etwas zu! Und dass die Geschichte nach dem letzten Satz zu Ende ist, erkennt mana uch ohne Hilfe ;o)
Du scheinst mehr in Filmsequenzen zu denken, als in Geschichten, darum teilst Du eine Geschichte ein wenig wie einen Plot auf. Das wirkt auf Leser allerdings weniger spannend, also viel mehr wie Unsicherheit der Geschichte selbst gegenüber. Eine richtig gute Geschichte braucht keine Effekte.

2. Zu Beginn des Prologes hätte ich schwören können, dass es sich um eine Geschichte über ein Konzentrationslager handelt. Ich bilde mir ein das fast wörtlich mal in einem Interview eines (angeblich) ahnungslosen Bewohners von Dachau gehört zu haben, allerdings könnte ich das natürlich nicht beschwören.
Erst mit dem Satz "... wie ein böser Geist, direkt aus der Dunkelheit. Sie hatte uns überrascht, vollkommen überrascht. Eine solche Geschwindigkeit. Und sie zeigte keinerlei Erbarmen." Ist mein Bild dann ins Wanken geraten.
Das soll keine Kritik sein. Ich, als Schreiber, finde es nur immer ganz interessant was in den Köpfen meiner Leser vorgeht.

So, nun aber los:

Von irgendwas müssen wir doch leben! Und jetzt….“

Leerzeichen, dann die drei Punkte und dann die Anführungszeichen. Die Punkte deuten ja auf etwas offenes hin. Das kann nicht mit einem Punkt abgeschlossen werden.

Das warme, monotone Surren der Kamera, welches bisher unaufdringlich im Hintergrund verklang, schallte nun wie ein Dieselmotor in seinen Ohren, ...

Sehr schön beobachtet und gut bebildert!

schließlich weiter. „Sehen Sie sich das an“, und hob anklagend seinen rechten Arm, ...

Das "und" durch ein "er" oder so ersetzen.

Müdigkeit und Erschöpfung hatten sich bereits in ihrem Körper breitgemacht, aber die Lichter der Siedlung gingen durch ihre Augen hindurch in ihr Herz, und brachten dort den Saatkorn der Sehnsucht, den sie seit vier Tagen in sich trug, zum Keimen.

Schön ausgedrückt! (Das Saatkorn)

... schien sie die letzten Meter wie auf einer Sänfte gleich über den Boden zu tragen, ...

Das ist doppelt gemoppelt. Entweder einer Sänfte gleich, oder wie uf einer Sänfte.

... die durch das akustische Gewand, in das die Singzikaden die Nacht kleideten, zu ihr hindrangen.

Schönes Bild!

Offensichlich vergnügten sich die Dorfbewohner bei einer Art Feier ...

Warum eine Art Feier?

Niemand von ihnen hatte sie das Dorf betreten sehen. Still stand sie da, getaucht in der Schwärze eines Schattens, den eines der Gebäude spendete.

... in die Schwärze

War sie hier?

... und viele andere Stellen. Ich verstehe die Schwierigkeit, aber ich finde es irritierend, das sowohl von der "Hauptperson", als auch von der toten Elefantenkuh als "sie" gesprochen wird.

Aber er war mit ihnen da draußen.

Das würde, denke ich, nur ein Mensch sagen. Ein "da draußen" gibt es doch für einen Elefanten sicherlich nicht? Höchstens ein dort drinnen.

Keine Minute war vergangen und sie hatte alle Männer gesichtet.

Komma nach vergangen.

Blut ran aus seinem Mund, der Nase und den Ohren. Einer seiner Knochen, vermutlich das Schlüsselbein, ragte bleich und blutverschmiert unterhalb seines Halses heraus.
Das lähmende Staunen der Überraschung wich hellem Entsetzen, welches nun die Dorfbewohner erfasste. Schiere Todesangst ließ sie stolpern und strampeln und übereinander fallen. Heulend und winselnd rappelten sie sich wieder auf, versuchten auf die Füße zu kommen, einige krochen auf allen Vieren davon. Über all dem Getümmel wütete ein ohrenbetäubender Lärm. Knochen knackten hörbar. Ein weiterer Mann ging zu Boden. Dort, wo sich vor ein paar Sekunden noch sein Kopf befunden hatte, war nun ein breiiges, kelchförmiges Etwas, aus dessen geborstenem Ende eine hellrosa geléeartige Masse wie in Zeitlupe blutend herausquoll und sich über die staubige Erde ausbreitete.
Einen weiteren Augenblick später übertönte jäh ein gellender, schmerzerfüllter Schrei das panische Gewusel, der ebenso abrupt mit einem knirschenden Geräusch endete.

Das ist mir zu viel. Das klingt wie ein Splatter-Movie. Viel kuhler, und auch grausamer und gewaltiger, wirkt so eine Szene, wenn nur angedeutet, nicht aber zu viel bebildert wird.
und:
unterhalb seines Halses
Wo sonst soll das Schlüsselbein rausragen? ;o)

... in deren Zentrum sie stand und alles Leben wie ein Mahlstrom anzog und in dunkle Tiefe hinabriss.

... in deren Zentrum sie standen. Sonst ist das schön ausgedrückt.

Hypnotisiert von ihrer Gewandtheit, ihren geschmeidigen Bewegungen auf kleinstem Raum voll von Kraft und Anmut gleichermaßen und ihre unglaubliche Geschwindigkeit, mit der sie einem Sturm gleich über sie alle hereinbrach, vermochten die Überlebenden nicht, ihre Blicke abzuwenden, bar jeglichen Bewußtseins, ebenso aus dem Leben ins Verderben hineingezogen werden zu können.

Der Satz ist ziemlich konfus - den würde ich aufteilen und aufklaren.

Stille legte sich über den Schauplatz ihres todbringenden Tanzes.

Super Satz!

Gehemmt von dem entsetzlichen Anblick, bedrückt von der Gewissheit ihres Todes, die nun zur Herrin ihrer Sehnsucht wurde, begab sie sich langsamen Schrittes zu ihr hin. Sie blickte hinab auf ihr Antlitz und sah die schmerzerfüllten Züge, die die geschlossenen Lider und die Partien rund um die Augen zeichneten. Sanft strich sie über die Haut ihres geschundenen Leibes, aus dem alles Leben und alle Würde qualvoll vertrieben worden waren. Ihr Tod, ihre Pein erfüllte sie mit Traurigkeit, die ihre Seele durchströmte gleichsam eines reißenden Flusses, der sich seinen Weg durch die Wildnis bahnt.

Schöner, trauriger Moment. Hier siehst Du, dass eine Geschichte von der Kürze profitiert!
Der Schuß brach.

Hä?
naturgegebenen Trieb

Ein Trieb ist immer naturgetrieben, das zu sagen ist also überflüssig. :o)

Selbsterhaltung aus, der ihnen unbändige Kraft, Energie und auch Kopflosigkeit bescherte.

"bescherte" finde ich hier nicht richtig.

Alle anderen um sie herum nahmen lärmend Reißaus von den Männern.

Heißt das nicht "vor den Männern"?

... nach ihr zu trachten ...

Die Männer trachten nach ihrem Leben, nicht nach ihr (hoffe ich ;o) )

Es reichte nur ein Moment, nur wenige Sekunden, und sie hatte sich all ihre Gesichter eingeprägt.

Dass Elefanten ein gutes Gedächtnis haben ist bekannt, aber diese Aussage scheint mir übertrieben. Kannst Du das belegen?

Sie schritt über den Platz vorbei am Lagerfeuer, ...

Komma nach Platz

Sie schritt über den Platz vorbei am Lagerfeuer, über die zertrümmerten, verstümmelten und zerquetschten Leiber hinweg in Richtung des Dorfausganges.
Kurz bevor sie das Ende der Siedlung erreichte, blieb sie stehen und wandte sich um.
Noch einmal schaute sie die Gesichter derer an, die dort blutend, röchelnd, wimmernd und stöhnend inmitten der Verheerungen im Staub lagen.

... zertrümmerten, verstümmelten, zerquetschten, blutend, röchelnd, wimmernd, stöhnend ...
Dass das Ausmaß gewaltig ist, hat schon jeder vor Augen. Du übertreibst es und ziehst somit die Situation ins Komische.
... und lauten trompetenden Ruf aus.

Trompetenruf ist besser.
Dann drehte sie sich um, verließ das Dorf mitsamt all dem Kummer, all den Schmerzen und wanderte hinaus in die Savanne, zurück auf den Weg zu ihrer Herde.

Guter Schlusssatz.


So, Du siehst ich hatte noch einiges zu Deiner Geschichte zu sagen. Sowohl Lob, als auch Kritik. Ich glaube Deine Hauptaufgabe sollte es sein überflüssige Beschreibungen und übertriebene Bilder aus dem Text zu kürzen, denn nur dadurch kommen die guten Stellen zur Geltung und verschwinden nicht in dem ganzen Wirrwarr.

Viel Spaß für all die Geschichten, die Du noch schreiben wirst und bis demnächst

elisabeth

 

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